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STADTMAGAZIN Bremen Februar 2020

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TITEL<br />

„Die ersten Wochen war ich total verzweifelt“<br />

Profitänzer und Wahlbremer Evgeny Vinokurov im Interview<br />

12<br />

Wie kriegt man einen blutigen Tanzanfänger innerhalb<br />

kurzer Zeit fit für die große Showbühne? Mit dieser<br />

Frage musste sich Profitänzer Evgeny Vinokurov im<br />

letzten Jahr eingehend auseinandersetzen. Gemeinsam mit Realitity-TV-Star<br />

Evelyn Burdecki fegte der 29-Jährige im Rahmen<br />

des RTL-Formats „Let’s Dance“ wöchentlich über das Parkett und<br />

stellte sich dem kritischen Urteil der Jury. Im Interview mit dem<br />

<strong>STADTMAGAZIN</strong> <strong>Bremen</strong> gibt Evgeny Vinokurov Einblicke in die<br />

Welt des Profitanzes, lässt seine Teilnahme bei „Let’s Dance“ Revue<br />

passieren und verrät, warum er mittlerweile in <strong>Bremen</strong> lebt.<br />

Herr Vinokurov, Sie haben die Frankfurter Wolkenkratzer gegen<br />

das Weserufer eingetauscht. Was verschlägt Sie nach <strong>Bremen</strong>?<br />

Evgeny Vinokurov: Das Tanzen, was auch sonst (lacht). Eigentlich<br />

hatte ich 2016 meine Karriere als Profitänzer bereits beendet. Unterrichtet<br />

habe ich zwar nach wie vor, war aber nicht mehr selbst aktiv.<br />

Meine Teilnahme bei „Let’s Dance“ im vergangenen Jahr hat mich<br />

dann zum Umdenken bewegt. Ich habe gemerkt, dass ich die Bühne<br />

vermisse.<br />

Wie ging es dann weiter?<br />

Im Anschluss an die Show bin ich privat mit der Tänzerin Nina Bezzubova<br />

zusammengekommen. Sie hat mir vorgeschlagen, zukünftig<br />

zusammen zu tanzen. Das war natürlich ein tolles Angebot für mich,<br />

das ich angenommen habe. Da Nina beim Grün-Gold-Club tanzt,<br />

lebt sie in <strong>Bremen</strong> und auch ihr Trainerteam ist hier ansässig. Es gab<br />

also zwei Möglichkeiten: Entweder zieht Sie zu mir nach Frankfurt<br />

oder ich ziehe nach <strong>Bremen</strong>. Und seien wir ehrlich – fürs Tanzen ist<br />

<strong>Bremen</strong> einfach die bessere Wahl. Im Oktober 2019 bin ich dann umgezogen.<br />

Und, fühlen Sie sich wohl?<br />

Ja, absolut. <strong>Bremen</strong> ist total süß und sehr herzlich. Außerdem finde<br />

ich es faszinierend, wie die Bremerinnen und Bremer ihre Heimat<br />

wertschätzen. Das kannte ich aus Frankfurt nicht so, da es eine klassische<br />

Arbeiterstadt ist: Viele Menschen arbeiten dort von montags<br />

bis freitags und verbringen ihre Wochenenden dann außerhalb.<br />

Lassen Sie uns einmal an den Anfang Ihrer Karriere zurückspulen:<br />

Wie und wann sind Sie zum Tanzen gekommen?<br />

Sehr früh. Ich habe mit sechs Jahren angefangen und bin mit 14 sogar<br />

für den Sport von Russland nach Deutschland gezogen, um mit meiner<br />

damaligen Partnerin Christina Luft zu tanzen.<br />

Ist Ihre Familie mitgekommen?<br />

Nein, ich bin zur Familie meiner Tanzpartnerin gezogen und habe bei<br />

ihnen gelebt. Wir haben lange zusammen getanzt und waren auch<br />

13 Jahre ein Paar. 2016 habe ich dann, wie gesagt, entschieden, zukünftig<br />

einem „normalen Beruf“ nachzugehen und habe begonnen,<br />

bei einer Consulting-Firma zu arbeiten.<br />

Klingt so, als wäre der Umzug in ein anderes Land keine große<br />

Herausforderung für Sie gewesen.<br />

Naja, ich konnte kein Wort Deutsch, das war definitiv am Anfang<br />

problematisch. Generell glaube ich aber, dass man solche Erfahrungen<br />

und Veränderungen als Kind sehr viel einfacher wegsteckt als im<br />

Erwachsenenalter. Ich fand das alles unfassbar aufregend und cool.<br />

Wie findet man im Tanzsport als Paar zusammen, sind die Vereine<br />

die treibende Kraft oder ergreift man Eigeninitiative?<br />

Da gibt es mehrere Wege. Oft begeben sich die Vereine und Trainer<br />

tatsächlich auf die Suche, da sie entsprechende Beziehungen haben,<br />

von denen man profitieren kann. Man kann sich aber natürlich auch<br />

selbst bemühen und umschauen. Tänzer sind untereinander gut vernetzt.<br />

Man kennt sich einfach. Hat man Interesse an einer Person,<br />

nimmt man einfach Kontakt auf.<br />

Vor einigen Monaten haben Sie öffentlich verkündet, Ihren<br />

Vollzeitjob als Unternehmensberater gekündigt zu haben. In<br />

einem Instagram-Post schrieben Sie dazu, sich in den letzten<br />

Jahren „wie ein Vogel im Käfig“ gefühlt zu haben. Was meinten<br />

Sie damit?<br />

Unternehmensberater haben sehr viel Druck. Es gibt kurze Deadlines<br />

und wenn sich ein Projekt dem Ende zuneigt, sind 16-Stunden-Tage<br />

keine Seltenheit. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich realisiert<br />

habe: Verdammt, ich warte eigentlich nur darauf, dass endlich<br />

wieder Freitag ist. Ich sage nicht, dass ich diesen Beruf nie wieder<br />

ausüben möchte. Mit meinem momentanen Ziel, mich auf das Tanzen<br />

zu konzentrieren und alles aus meinen Körper herauszuholen, ist<br />

er jedoch nicht vereinbar.

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