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Militaer_Aktuell_1_2020

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weLtgeschehen<br />

<strong>Aktuell</strong>e Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

tRuppenbesuch<br />

Militär <strong>Aktuell</strong> beim<br />

Pionierbataillon 2<br />

in Salzburg — S. 20<br />

militär<br />

maDe in austRia<br />

Eska liefert<br />

Qualitäts-Handschuhe<br />

für Streitkräfte — S. 46<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 1|20<br />

EURO 3,80<br />

AKTUELL<br />

veRteiDigungsministeRin kLauDia tanneR:<br />

„Wir müssen das Bundesheer<br />

an die Herausforderungen des<br />

21. Jahrhunderts anpassen!“ — S. 32<br />

Von Black Hawk über Alouette III<br />

bis Hercules und Eurofighter:<br />

Österreichs Luftstreitkräfte<br />

im Militär <strong>Aktuell</strong>-Check.<br />

Wie steht es derzeit um die<br />

Einsatzbereitschaft? Welche<br />

Modernisierungen sind geplant?<br />

Welche Beschaffungen notwendig?<br />

schweRpunkt-thema<br />

Der große<br />

Luft-Report


E D I T O R I A L<br />

0 0 3<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />

it oder ohne Eurofighter? Eine gute Frage,<br />

M<br />

die derzeit (wieder einmal) den Generalstab<br />

des Bundesheeres beschäftigt. Nach<br />

der Zuspitzung des Konflikts zwischen<br />

Österreich und dem Eurofighter-Hersteller<br />

Airbus hat Verteidigungsministerin<br />

Klaudia Tanner vor wenigen Wochen die Prüfung neuer<br />

Varianten für die Luftraumüberwachung angeregt, wie sie<br />

auch im Interview mit Militär <strong>Aktuell</strong> (nachzulesen ab Seite<br />

32) bestätigt: „Derzeit arbeiten die Experten des Hauses an<br />

den Varianten für die kosteneffizienteste Lösung der aktiven<br />

Luftraumüberwachung. Dabei sind alle Optionen offen“,<br />

so Tanner, die eine Entscheidung über die zukünftige Ausgestaltung<br />

und damit auch über die Zukunft des Eurofighters<br />

jedenfalls noch vor dem Sommer treffen möchte.<br />

Wie diese aussehen wird? Das ist aktuell selbst für unseren<br />

Experten Georg Mader, der sich seit Jahrzehnten eingehend<br />

mit der nationalen und internationalen Militärluftfahrt beschäftigt,<br />

schwer zu prognostizieren. Viel spricht aus seiner<br />

Sicht für eine (vergleichsweise kostengünstige) Aufwertung<br />

und einen Weiterbetrieb der Eurofighter-Flotte. Denkbar ist<br />

aber auch der Umstieg auf ein anderes System wie den französischen<br />

Rafale oder den schwedischen Gripen. Den vereinzelt<br />

geäußerten politischen Vorschlägen des kompletten Verzichts<br />

auf Überschalljets zugunsten von leistungsfähigen Unterschallmaschinen<br />

hat Ministerin Tanner bereits eine Absage<br />

erteilt. „In Europa gibt es kein Land, das bei der aktiven<br />

Luftraumüberwachung auf Überschall-Flieger verzichtet“, so<br />

die Ministerin. Aber: Soll der Eurofighter (oder ein alternativ<br />

zu beschaffender Jet) in Zukunft die Luftraumüberwachung<br />

komplett übernehmen? Oder wird er dabei – so wie jetzt von<br />

der Saab-105Ö, die mit Ende des Jahres allerdings altersbedingt<br />

aus dem Flugbetrieb ausscheidet – von einem anderen<br />

System unterstützt? Welche Vorteile bietet eine derartige<br />

Zwei-Flotten-Lösung? Wie steht es darüber hinaus um die<br />

anderen Flächenflugzeuge des Bundesheeres, von der PC-6<br />

bis zur C-130 Hercules? Welche Modernisierungen und<br />

Nachbeschaffungen sind in den kommenden Jahren notwendig?<br />

Und was ist bei den Hubschraubern geplant? Fragen<br />

über Fragen, die Georg Mader in den Mittelpunkt unseres<br />

8-seitigen „Luft-Schwerpunkts“ gerückt hat und ab Seite 38<br />

gewohnt informativ beantwortet.<br />

Was Sie in dieser Ausgabe außerdem erwartet? Wir haben<br />

mit IFK-Experte Walter Posch über die jüngsten Entwicklungen<br />

im Nahen Osten gesprochen (Interview ab Seite 14), dem<br />

Pionierbataillon 2 in der Salzburger Schwarzenberg-Kaserne<br />

einen Besuch abgestattet und beim Lehrgang „Taktischer &<br />

Strategischer Patientenlufttransport“ am Fliegerhorst Vogler<br />

vorbeigeschaut. Brigadier Walter Feichtinger beleuchtet auf<br />

Seite 50 die sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen<br />

Nebenwirkungen des Coronavirus für die politische Führung<br />

in China, und Viktor Kladow, Direktor der russischen Staatsgesellschaft<br />

Rostec, informiert über Gegenwart und Zukunft<br />

der russischen Rüstungsexporte (Seite 37).<br />

COV E R FOTO : TO M W E B E R / M I L P I C T U R E S .CO M FOTO S : C H R I ST I A N H U B E R<br />

Handschuhmachen wie früher<br />

In vierter Generation fertigt man bei der Firma<br />

Eska in Thalheim nicht nur feines und robustes<br />

Lederzeug für den alltäglichen Gebrauch, sondern<br />

auch erstklassige Militärhandschuhe für<br />

Streitkräfte weltweit. Bei unserem Firmenbesuch<br />

(ab Seite 46) wurde klar: Senior-Chef Paul<br />

Loos treibt auch mit 78 Jahren die Produktentwicklung<br />

voran und beherrscht nach wie vor<br />

das alte Handwerk der Handschuhmacherei<br />

(im Bild mit Chefredakteur Jürgen Zacharias).<br />

Mann hinter der Linse<br />

Fast 20 Jahre lang war Christian Huber europaweit<br />

als Consultant tätig, seine Leidenschaft gehörte<br />

aber schon damals der Fotografie. In den 2010er-<br />

Jahren hat der Oberösterreicher sein Hobby<br />

schließlich zum Beruf gemacht und sich auf exklusive<br />

Porträts, Imagefotografie und Unternehmens-<br />

Reportagen spezialisert. Für die vorliegende Ausgabe<br />

hat er unsere Besuche bei der Firma Eska<br />

und am Fliegerhorst Vogler begleitet. Infos unter<br />

www.christianhuberfotografie.at<br />

iMpressuM<br />

Medieninhaber und Herausgeber:<br />

QMM Quality Multi Media GmbH,<br />

Mariahilfer Straße 88a/II/2a, A-1070 Wien,<br />

FN 349501 y, UID:ATU65891526,<br />

Chefredaktion: Jürgen Zacharias,<br />

j.zacharias@qmm.at<br />

key account Management:<br />

Thomas Jusko, t.jusko@qmm.at, René<br />

Niehoff, r.niehoff@qualitymultimedia.ch<br />

artdirektion: Gottfried Halmschlager<br />

textchef: Jakob Hübner<br />

Fotoredaktion: Nati Trimmel<br />

Lektorat: Gunther Natter<br />

redaktion, Beirat und textbeiträge:<br />

Anton Dengg, Walter Feichtinger,<br />

Moritz Kolar, Georg Mader,<br />

Hersteller: PrintandSmile<br />

redaktionskontakt:<br />

Brigitte Janko, b.janko@qmm.at,<br />

Tel. 01/342 242-0, Mariahilfer Straße<br />

88a/II/2a, A-1070 Wien, Österreich<br />

Geschäftsführung: Andreas Dressler,<br />

a.dressler@qmm.at<br />

www.qmm.at<br />

M i L i t ä r a k t u e L L


0 0 4 I N H A L T<br />

INHALT<br />

020<br />

Überprüfen,<br />

Reportage: Zu Besuch<br />

beim Lehrgang „Taktischer<br />

& Strategischer<br />

Patientenlufttransport“<br />

am Fliegerhorst Vogler<br />

in Hörsching.<br />

029<br />

ausstatten und vorbereiten: Das<br />

Pionierbataillon 2 checkt den Bundesheer-Roll-out<br />

der neuen Gefechtsfahrzeuge Hägglunds BvS10AUT.<br />

„Ich bin zuversichtlich,<br />

dass wir mehr Geld<br />

bekommen werden!“<br />

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner<br />

im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong><br />

032<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Gipfelstürmer! Soldaten des<br />

Jägerbataillons 24 im Gebirge.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 DIE NEUE GEFAHR<br />

Künstliche Intelligenz und<br />

autonome Systeme erobern<br />

immer mehr Lebensbereiche,<br />

viele technische Entwicklungen<br />

stammen vom Militär.<br />

014 INTERVIEW<br />

IFK-Experte Walter Posch: „Die<br />

Nahost-Probleme werden auch<br />

bei uns immer spürbarer.“<br />

018 NEUES AUS DEM HEER<br />

<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

020 LOKALAUGENSCHEIN<br />

Militär <strong>Aktuell</strong>-Truppenbesuch<br />

beim Pionierbataillon 2 in der<br />

Schwarzenberg-Kaserne.<br />

029 HELFEN WILL GELERNT SEIN<br />

Lehrgang: In Hörsching werden<br />

beim Lehrgang „Taktischer &<br />

strategischer Patientenlufttransport“<br />

Aeromedical Evacuation<br />

Crew Member ausgebildet.<br />

032 INTERVIEW<br />

Verteidigungsministerin Klaudia<br />

Tanner über Gegenwart und<br />

Zukunft des Bundesheeres.<br />

036 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />

038 SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Die rot-weiß-roten Luftstreitkräfte<br />

auf dem Militär <strong>Aktuell</strong>-Prüfstand.<br />

046 UNTERNEHMENS-PORTRÄT<br />

Eska reüssiert mit Qualität und<br />

Innovationsgeist am Weltmarkt.<br />

050 SCHLUSSPUNKT<br />

Kommentar: IFK-Leiter<br />

Brigadier Walter Feichtinger<br />

analysiert die sicherheitspolitsischen<br />

Auswirkungen<br />

des Coronavirus.<br />

051 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale des<br />

neuen M-346FA von Leonardo.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / H E L M U T ST E G E R , C H R I ST I A N H U B E R , B U N D E S H E E R / P U S C H<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Zu Dienen und<br />

zu Schützen<br />

Der AW169 ermöglicht es die strengen und hohen Sicherheitsanforderungen des 21.<br />

Jahrhunderts zu erfüllen.<br />

Der AW169 zählt zu der neuesten Generation zweimotoriger Hubschrauber mit<br />

klassenführender Leistung und vielfältigen Kompetenzen in den anspruchsvollsten<br />

Einsatzbedingungen.<br />

Ein leistungsstarker, allwettertauglicher Hubschrauber mit modernster Ausrüstung<br />

und neu ester Standards für Leistung und Sicherheit. In entsprechender<br />

Militärversion kann der AW169 dank seiner Mehrzweckfähigkeiten eine<br />

Vielzahl von Missionen erfolgreich ausführen. Dazu zählen Truppentransport;<br />

Logistikunterstützung; Überwachung und Aufklärung; Spezialstreitkräfte; Command<br />

und Control; Medizinische Evakuierung und Evakuierung von Unfallopfer; Training;<br />

Such- und Rettungseinsätze.<br />

Inspiriert von der Vision, der Neugier und der Kreativität des großen Künstlers –<br />

Leonardo entwickelt die Technologie der Zukunft.<br />

leonardocompany.com<br />

Helicopters | Aeronautics | Electronics, Defence & Security Systems | Space


0 0 6 P A N O R A M A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M O M E N T U M<br />

Gebirgsausbildung<br />

Soldaten der 2. Kompanie des Jägerbataillons<br />

24 aus St. Johann in Tirol<br />

bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel<br />

des Tristkogels. Aufgenommen wurde<br />

das Bild – nach einer Nacht im Biwak<br />

in den Kitzbüheler Alpen – Anfang<br />

Jänner im Rahmen der spezialisierten<br />

Truppengebirgsausbildung.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / F LO R I A N B R U C K N E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

EUROPÄISCHE ATOMDEBATTE<br />

Soll Europa oder nicht? Nachdem der französische Präsident<br />

Emmanuel Macron in einer Rede an der Pariser L’École de<br />

Guerre den Aufbau einer eigenen europäischen nuklearen Abschreckung<br />

vorgeschlagen hat, hat sich NATO-Generalsekretär<br />

Jens Stoltenberg auf der Münchner Sicherheitskonferenz<br />

dagegen ausgesprochen. „Wir haben schon eine<br />

nukleare Verteidigung in Europa – die der<br />

Nato“, sagte Stoltenberg. Bereits im Jänner<br />

hatte der Nato-Chef den Ausbau der<br />

Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten<br />

der Nato angekündigt.<br />

Grund dafür: Seit dem Aus des INF-<br />

Vertrags stationiert Russland atomwaffenfähige<br />

SSC-8-Raketen in Europa.<br />

SPANNUNGEN ZWISCHEN<br />

TÜRKEI UND ZYPERN<br />

Seit der Entdeckung von Gasvorkommen vor der Küste Zyperns<br />

gibt es heftigen Streit zwischen der Republik Zypern und der<br />

Türkei – beide Länder beanspruchen das Seegebiet gleichermaßen<br />

für sich. Die Regierung in Nikosia hat bereits Verträge<br />

mit internationalen Energiekonzernen über die Ausbeutung<br />

der Gasvorkommen abgeschlossen, die Türkei wiederum<br />

entsandte Bohr- und Forschungsschiffe in die Region, um ihrem<br />

Anspruch Geltung zu verschaffen. Nun scheint sich Zypern<br />

inmitten der Spannungen für eine mögliche Konfrontation<br />

zu rüsten: Die zypriotische Armee hat kürzlich Verträge<br />

in Millionenhöhe mit Raketenhersteller MBDA über die<br />

Lieferung von Mistral-Boden-Luft-Raketen und Exocet-<br />

Schiffsabwehrraketen geschlossen.<br />

„Die Europäer agieren etwas seltsam,<br />

wenn sie die Nato einspannen, um<br />

Europa vor einer möglichen<br />

Aggression Russlands<br />

zu bewahren, und<br />

gleichzeitig von<br />

russischer Energie<br />

abhängig sind.“<br />

US-Handelsminister Wilbur<br />

Ross geißelte kürzlich in einem<br />

Interview mit der Presse das Pipeline-Projekt<br />

Nord Stream 2, das Gas<br />

von Russland nach Europa bringen soll.<br />

Nord Stream 2 erhöhe die Abhängigkeit Europas von russischem<br />

Erdgas, so Ross. Die USA wollen das Projekt deshalb verhindern<br />

und haben Sanktionen gegen Firmen verhängt, die an der<br />

Pipeline mitbauen. Eine Finanzspritze von einer Milliarde Euro<br />

soll nun darüber hinaus die energiepolitische Unabhängigkeit<br />

ost- und mitteleuropäischer Länder fördern.<br />

Das globale Waffengeschäft ist laut einem kürzlich erschienenen<br />

Factsheet des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI fest<br />

in der Hand US-amerikanischer Unternehmen. Demnach entfallen<br />

rund 59 Prozent aller globalen Investitionen in Waffen und militärische<br />

Dienstleistungen auf Firmen aus den Vereinigten Staaten,<br />

gleich 43 der 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren<br />

Sitz zwischen Washington und Los Angeles. Weit abgeschlagen<br />

landen die russische und britische Rüstungsindustrie (mit einem<br />

Weltmarktanteil von 8,6 beziehungsweise 8,4 Prozent) auf den<br />

Plätzen. Unternehmen aus Frankreich, Italien, Deutschland, Japan,<br />

Israel und dem restlichen Europa spielen im Umsatz-Ranking überhaupt<br />

nur untergeordnete Rollen. Mit BAE Systems, Airbus, Leonardo<br />

und Thales haben es allerdings zumindest vier europäische<br />

Konzerne in die Top-10 der umsatzstärksten Unternehmen der<br />

Branche geschafft. Vorneweg führen mit Lockheed Martin (siehe<br />

Grafik unten), Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und General<br />

Dynamics fünf US-Unternehmen das Ranking an.<br />

DIE 10<br />

GRÖSSTEN<br />

PLAYER<br />

WELTWEIT<br />

43,1 Mrd. Euro<br />

26,6 Mrd. Euro<br />

23,9 Mrd. Euro<br />

21,4 Mrd. Euro<br />

20,1 Mrd. Euro<br />

19,3 Mrd. Euro<br />

10,6 Mrd. Euro<br />

9,0 Mrd. Euro<br />

8,8 Mrd. Euro<br />

8,6 Mrd. Euro<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E LT G E S C H E H E N<br />

DIE USA UND DANN LANGE NICHTS<br />

USA<br />

RUSSLAND<br />

GROSSBRITANNIEN<br />

FRANKREICH<br />

REST-EUROPA<br />

ITALIEN<br />

JAPAN<br />

ISRAEL<br />

DEUTSCHLAND<br />

INDIEN<br />

SÜDKOREA<br />

SCHWEDEN<br />

TÜRKEI<br />

SONSTIGE<br />

8,6%<br />

8,4%<br />

5,5%<br />

3,7%<br />

2,8%<br />

2,4%<br />

2,1%<br />

2,0%<br />

1,4%<br />

1,2%<br />

0,8%<br />

0,7%<br />

1,4%<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , P I C T U R E D E S K , 1 2 3 R F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

DIE BÜCHSE<br />

DER PANDORA?<br />

Künstliche Intelligenz (KI) hält allmählich Einzug in all unsere<br />

Lebensbereiche. Dies bringt ungeahnte Herausforderungen und<br />

Chancen mit sich. Streitkräfte bleiben davon nicht unberührt.<br />

Eine Analyse von IFK-Experte Oberst Anton Dengg.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I F K - A N A LY S E<br />

FOTO : 1 2 3 R F<br />

I<br />

nvestitionen in die KI-<br />

Forschung steigen stetig.<br />

Dennoch existiert<br />

immer noch keine einheitliche<br />

Definition<br />

von Künstlicher Intelligenz<br />

(englischer Begriff: Artificial Intelligence<br />

– AI). Die Idee ist, Maschinen<br />

zu entwerfen, die dem menschlichen<br />

Denken ebenbürtig oder sogar<br />

überlegen sind, um so den Menschen<br />

zu unterstützen. In der wissenschaftlichen<br />

Welt versteht man unter KI –<br />

einem Teilgebiet der Informatik –,<br />

dass aus einer Vielzahl vernetzter<br />

Datenmengen Muster erkannt werden.<br />

Dadurch sollen Zusammenhänge<br />

und neue selbstständige, intelligente<br />

Lösungen für Abläufe geschaffen<br />

werden – Schlagwort selbstlernende<br />

Systeme. Der Mensch ist mittlerweile<br />

nicht mehr in der Lage, die<br />

Fülle an komplexen Datensätzen in<br />

einer adäquaten Zeit zu verarbeiten.<br />

Computer mit hoher Rechenleistung<br />

aber können das und immer bessere<br />

und fortschrittlichere Computer<br />

erledigen in Kürze, wofür heutige<br />

PCs Wochen, Monate, Jahre oder<br />

gar Jahrzehnte brauchen. Sie schaffen<br />

damit auch die Voraussetzung für<br />

immer leistungsfähigere und komplexere<br />

KI und fortgeschrittene Robotertechnologie.<br />

Der weltweite Kampf um die Vorherrschaft<br />

bei Technologie ist längst<br />

in vollem Gange. Aus gutem Grund,<br />

denn: Ein Forschungsvorsprung bedeutet<br />

einen Wettbewerbsvorteil,<br />

sowohl in wirtschaftlicher als<br />

auch in machtpolitischer Hinsicht.<br />

Große Staaten und die<br />

Europäische Union konkurrieren<br />

auf diesem Technologiefeld.<br />

Das Center for<br />

Data Innovation (CDI)<br />

führte dazu eine KI-<br />

Vergleichsstudie<br />

mit dem Titel<br />

„Who is Winning<br />

the AI<br />

Race“ durch.<br />

In der<br />

Analyse<br />

werden unterschiedliche Kategorien<br />

von Forschungsanstrengungen der<br />

USA, Chinas und der EU hinsichtlich<br />

Stärken und Schwächen im Bereich<br />

der KI verglichen. Führend sind laut<br />

Studie die USA, gefolgt von China.<br />

Das Ergebnis kommt nicht überraschend,<br />

beweist das Reich der Mitte<br />

seinen Vorsprung in diesem Bereich<br />

doch immer wieder. So wird im Land<br />

beispielsweise seit Längerem mit Hilfe<br />

von KI-Gesichtserkennnung das<br />

Aufspüren von Drogenmissbrauchstätern<br />

im großen Maßstab getestet,<br />

118 Millionen Menschen beteiligen<br />

sich daran. In Zukunft soll KI auch<br />

dabei helfen, gesundheitliche Anomalien<br />

festzustellen und damit Forschern<br />

im Fall von Epidemien wie<br />

aktuell beim Coronavirus frühzeitig<br />

Möglichkeiten zum Gegensteuern<br />

geben. Mit KI sind neben vielen Vorteilen<br />

aber auch einige Gefahren verbunden<br />

– die wohl größte sind laut<br />

Meinung vieler Experten Fake News,<br />

also bewusst falsche oder verfälschte<br />

Informationen. KI könnte zur Meinungssteuerung<br />

eingesetzt werden,<br />

so die Befürchtung. Die Anzahl von<br />

mit KI gefälschten Webseiten zum<br />

Zwecke von Desinformation steigt<br />

schon jetzt besorgniserregend.<br />

Propaganda wird damit zur Waffe.<br />

Apropos Waffen: Die Drohnenentwicklung<br />

der vergangenen Jahre<br />

zeigt, dass die KI-Forschung und<br />

-Entwicklung längst auch bei Sicherheitskräften<br />

und in der Rüstungsindustrie<br />

ihren Einzug gehalten hat<br />

und die Bedeutung weiter zunimmt.<br />

In den USA wird zur Überwachung<br />

der Grenze zu Mexiko aktuell eine<br />

sogenannte „smart wall“ getestet.<br />

Dabei handelt es sich um Grenzüberwachung<br />

mittels in Kriegsgebieten<br />

weiterentwickelten Drohnen vermengt<br />

mit Gesichtserkennung. Ziel<br />

ist eine wesentlich kostengünstigere,<br />

raschere und effizientere Grenzüberwachung<br />

als durch den Bau einer<br />

realen Mauer. Forscher arbeiten aber<br />

auch daran, Drohnen in Schwärmen<br />

zum Einsatz zu bringen und damit<br />

deren Einsatzmöglichkeiten zu multiplizieren.<br />

Dabei spielen zahlreiche bis<br />

zu handtellergroße Kleinstdrohnen –<br />

entlassen aus einem Behältnis (egal<br />

ob unterwasser-, boden- oder luftgestützt)<br />

– zusammen, stimmen ihre<br />

Zielwahl untereinander selbstständig<br />

ab und verfolgen diese dann auch.<br />

Die Beispiele zeigen: KI ist drauf und<br />

dran, Streitkräfte und das Gefechtsfeld<br />

zu transformieren. Daraus ergeben<br />

sich direkte oder indirekte militärische<br />

Implikationen. Anwendungsgebiete<br />

von KI liegen bei Militärs vor<br />

allem in der Führungs-, Mobilitäts-,<br />

Wirkungs- und der Durchhaltefähigkeit.<br />

Bilderkennung mithilfe von KI<br />

und deren automatische Umsetzung<br />

unterstützt beispielsweise entscheidend<br />

die Führung im Gefecht. Eine<br />

wesentliche Kostenersparnis bringt<br />

KI bei intelligentem Nachschubwesen,<br />

wenn Material und Ausrüstung<br />

völlig autonom zum Einsatzort gebracht<br />

werden. Die Waffenwirkung<br />

wird mittels KI durch die selbstständige<br />

Zielwahl und die dazugehörige<br />

Präzision erhöht und des Weiteren<br />

haben intelligente Systeme gegenüber<br />

Militärpersonen den Vorteil, dass sie<br />

jederzeit und rund um die Uhr einzusetzen<br />

sind. Einschränkungen wie<br />

beispielsweise Müdigkeit spielen keine<br />

Rolle mehr.<br />

Der als Transhumanismus – eine<br />

Verschmelzung von Mensch und<br />

Maschine – bekannte Forschungszweig<br />

erzeugt weitere, über die schon<br />

geschilderten Beipiele hinausgehende,<br />

spektakuläre Visionen. Elon<br />

Musk, Gründer von Tesla, Space X<br />

und Neuralink schwärmte in einer<br />

Präsentation an einer US-Akademie<br />

sogar von ins Gehirn implantierten<br />

elektronischen Chips. Musk sieht in<br />

Zukunft wesentliche Vorteile in einer<br />

Verbindung von Mensch und Computer,<br />

wenngleich er darin auch Gefahren<br />

erkennt. Würde dies Realität,<br />

hätte es enorme Auswirkungen auf<br />

Streitkräfte und Konfliktbilder. Aber<br />

auch so wird KI in der Streitkräfte -<br />

entwicklung große Veränderungen<br />

herbeiführen. Kein Staat kann es sich<br />

in Zukunft mehr erlauben, seine Verteidigungsmaßnahmen<br />

ohne KI-Systeme<br />

zu planen und entsprechende<br />

Ausrüstung zu beschaffen. Dabei<br />

stellt sich die Frage: Selbst entwickeln<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 2 w e l t & s t r A t e g i e<br />

DIGITALISIERUNG DES<br />

KRIEGES In einem Strategiepapier<br />

präsentierte und visualisierte<br />

die US-Armee kürzlich<br />

ihre Vision für künstliche Intelligenz<br />

in der Kriegsführung.<br />

oder zukaufen? Ersteres ist kostenund<br />

ressourcenintensiv, Letzteres<br />

birgt stets die Gefahr potenzieller<br />

„Hintertüren“, die für Attacken oder<br />

Spionagezwecke (Schlagwort Rubikon-Affäre)<br />

genützt werden können.<br />

Dazu kommt: Das Problem bei<br />

selbstlernenden KI-Systemen ist, dass<br />

Lösungsschritte aufgrund ihrer Komplexität<br />

kaum mehr nachvollziehbar<br />

sind. Dies erschwert zunehmend eine<br />

Überprüfung auf eingespeiste und<br />

unerwünschte „Fremdfunktionen<br />

und -Aktivitäten“. Bei alledem gilt es<br />

stets zu verhindern, dass nichtstaatliche<br />

Akteure mit negativen Motiven<br />

wie beispielsweise Terroristen KI-<br />

Systeme in die Hände bekommen.<br />

Aufgrund bedenklicher menschenrechtlicher<br />

Entwicklungen, die KI mit<br />

sich bringen kann – Beispiel Transhumanismus<br />

oder Waffensysteme,<br />

die ihr Ziel selbständig suchen und<br />

bekämpfen – müssen zudem gesellschaftspolitische<br />

Diskussionen geführt<br />

werden. Darüber hinaus gilt es,<br />

international verbindliche rechtliche<br />

Regelungen zu schaffen und dabei<br />

auch die ethische Komponente mit<br />

zu berücksichtigen.<br />

„Künstliche Intelligenz stärkt die USA und China“<br />

BRIGADIER WALTER<br />

FEICHTINGER ist seit<br />

2002 Leiter des Instituts<br />

für Friedenssicherung und<br />

Konfliktmanagement (IFK)<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

der chinesische experte Kai-Fu lee, der<br />

die entwicklung von künstlicher intelligenz<br />

(Ki) maßgeblich vorangetrieben<br />

hat, vergleicht diese mit der revolutionären<br />

erfindung der elektrizität. Allerdings<br />

mit dem Zusatz, dass Ki massive produktivitätszuwächse<br />

bringen, große Verwerfungen<br />

auf den Arbeitsmärkten und<br />

tiefgreifende sozialpsychologische<br />

Auswirkungen auf die menschen haben<br />

wird.<br />

damit bestätigt er Befürchtungen, die<br />

vielerorts um sich greifen und für Verunsicherung<br />

sorgen. denn niemand kann<br />

wirklich sagen, ob dadurch jobs zur<br />

mangelware werden, ob Computer den<br />

menschen beherrschen oder waffensysteme<br />

über leben und tod entscheiden<br />

können. es wird auch keine eindeutigen<br />

Antworten geben, denn der einsatz -<br />

bereich von Ki ist universell – vom<br />

handy über den haushalt, den Arbeitsplatz,<br />

den Kommunikationsbereich<br />

und moderne Kriegführung bis zur<br />

Altenbetreuung.<br />

geostrategisch betrachtet wird aber<br />

klar, dass auf absehbare Zeit nur China<br />

und die Vereinigten staaten das gesamte<br />

Feld beherrschen und dominieren<br />

werden. sie verfügen über die besten<br />

experten, unglaubliche investitionsmöglichkeiten<br />

und datenmengen. die<br />

regierungen sind sich der tragweite<br />

bewusst und treiben die Forschungsprogramme<br />

voran. europa hinkt hier weit<br />

hinterher, kann seine expertise nicht<br />

bündeln und wird immer unselbstständiger.<br />

das gezerre um den einsatz von<br />

huawei-technologie im 5g-Netz veranschaulicht<br />

treffend die Konkurrenz<br />

zwischen washington und peking<br />

einerseits und europas Abhängigkeit<br />

andererseits.<br />

möchte europa – und damit ist die europäische<br />

Union gemeint – in Zukunft<br />

nicht in totale Abhängigkeit geraten,<br />

wäre es höchst an der Zeit, Ki den<br />

nötigen stellenwert einzuräumen und<br />

europäische systeme mit Nachdruck<br />

zu forcieren.<br />

Foto s : U. s . A r m y p h oto, N A d j A m e i st e r<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


VERBUND.<br />

FLY<br />

Airbus ist ein weltweit führendes<br />

Unternehmen im Bereich Luft- und Raumfahrt<br />

sowie den dazugehörigen Dienstleistungen.<br />

Der Umsatz betrug €70 Mrd. im<br />

Jahr 2019, die Anzahl der Mitarbeiter rund<br />

135.000. Airbus bietet die umfangreichste<br />

Verkehrsflugzeugpalette. Das Unternehmen<br />

ist europäischer Marktführer bei Tank-,<br />

Kampf-, Transport- und Missionsflugzeugen<br />

und eines der größten Raumfahrtunternehmen<br />

der Welt. Die zivilen und<br />

militärischen Hubschrauber von Airbus<br />

zeichnen sich durch hohe Effizienz aus und<br />

sind weltweit gefragt.<br />

Together. We make it fly.<br />

airbus.com


0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

„ICH SEHE DIE ZUKUNFT SEHR<br />

PESSIMISTISCH“<br />

Walter Posch vom Institut für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement (IFK) gilt als<br />

einer der renommiertesten Nahostexperten<br />

im deutschsprachigen Raum. Wir haben mit<br />

ihm über den „Bösewicht“ Iran, die Kosten-<br />

Nutzen-Rechnung einer Eskalation des<br />

Nahostkonflikts und den längst noch nicht<br />

besiegten Islamischen Staat gesprochen.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

H<br />

err Posch, die Tötung<br />

des iranischen<br />

Generals Soleimani<br />

am 3. Jänner stellte<br />

eine neuerliche Eskalation<br />

im Konflikt<br />

zwischen den USA und dem Iran dar.<br />

Mit welchen mittel- bis langfristigen<br />

Folgen ist zu rechnen?<br />

Was oft übersehen wird: Neben Kassem<br />

Soleimani wurde bei diesem Angriff<br />

auch Abu Mahdi al-Muhandis von den<br />

irakischen Volksverteidigungsmilizen<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


getötet. Beide waren für den Kampf gegen den Islamischen<br />

Staat und für die militärische Präsenz des Iran<br />

in der Region von entscheidender Bedeutung. Soleimanis<br />

Tötung dürfte trotzdem vor allem eine Prestigefrage<br />

gewesen sein, er war nie der allmächtige Strippenzieher,<br />

als der er in westlichen Medien häufig dargestellt<br />

wird. Bei Mahdi al-Muhandis ist das anders:<br />

Er galt zwar als anti-amerikanisch, aber auch als sehr<br />

besonnen, stand über den politischen Parteien und<br />

genoss das Vertrauen aller Seiten. Die Volksmobilisierungseinheiten<br />

im Irak unter Kontrolle zu bringen,<br />

wird ohne ihn deutlich schwieriger oder sogar<br />

unmöglich.<br />

Ist die Tötung Mahdi al-Muhandis aus US-Sicht<br />

damit nicht kontraproduktiv?<br />

Das hängt davon ab, was man will. Wenn es ein Versuch<br />

war, die Iraner aus der Region zu treiben und die<br />

Volksmobilisierungseinheiten zu vernichten, dann<br />

dürfte der Plan gescheitert sein. Möglicherweise<br />

war seine Tötung aber auch eine Abrechnung unter<br />

Geheimdiensten, oder sie war ein reiner Willensakt<br />

von Präsident Trump.<br />

Als Reaktion auf die Tötung Soleimanis unternahm<br />

der Iran einen Raketenangriff auf US-Luftwaffenstützpunkte<br />

…<br />

… schon davor gab es allerdings im Dezember einen<br />

Raketenangriff einer unbekannten Gruppe auf einen<br />

US-Militärstützpunkt im Nordirak, bei dem ein<br />

Amerikaner getötet wurde.<br />

Das war aber vor der Tötung Soleimanis.<br />

Das stimmt, ist aber für das Gesamtverständnis entscheidend,<br />

denn anschließend haben die Amerikaner<br />

einen Gegenschlag gegen die Kataib Hisbollah mit<br />

zumindest 25, wahrscheinlich eher 40 Toten, geführt.<br />

Die Verhältnismäßigkeit war dabei überhaupt nicht<br />

gegeben. Folge davon war, dass die Defensive, in der<br />

die schiitischen Milizen nach der Protestbewegung im<br />

Irak waren, zum Erliegen gekommen ist und viele sich<br />

wieder verstärkt anti-amerikanisch positioniert haben,<br />

was mit dem Sturm auf die amerikanische Botschaft in<br />

Bagdad in der Silvesternacht augenscheinlich wurde.<br />

Danach kam das Attentat auf Soleimani und dann<br />

die iranischen Angriffe auf die amerikanischen<br />

Luftstützpunkte.<br />

FOTO : P I C T U R E D E S K<br />

Diese seien überraschend zielgenau gewesen,<br />

heißt es.<br />

Heißt es, ja. Das mag stimmen oder auch nicht – wir<br />

kennen diesbezüglich nur das westliche Medienbild.<br />

Viel wichtiger ist, wie Militärs und Geheimdienste die<br />

Angriffe einschätzen und welche Schlussfolgerungen<br />

sie daraus ziehen. Wirklich entscheidend für die weitere<br />

Entwicklung des Konflikts ist aber eine andere Frage.<br />

Nämlich?


0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />

Schwächung des Gegenübers ist. Diese<br />

müsste allerdings so stark ausfallen,<br />

dass der andere nie mehr zurückschlagen<br />

kann und selbst wenn das beispielsweise<br />

Israel gelingen sollte, würde<br />

man sich im Nachgang einer noch<br />

feindlicheren schiitischen Nachbarschaft<br />

im Libanon gegenübersehen,<br />

was Jerusalem ganz sicher vermeiden<br />

will.<br />

AKTION UND REAKTION Infolge des Drohnenangriffs auf den iranischen General Kassem<br />

Soleimani (Bild rechts) und den irakischen Milizenführer Abu Mahdi al-Muhandis griff der Iran –<br />

angeblich überraschend zielgenau – US-amerikanische Luftwaffenstütztpunkte im Irak an.<br />

Wenn mit keiner Eskalation zwischen<br />

Israel und dem Iran zu rechnen<br />

ist: Dient die scharfe Rhetorik<br />

zwischen den beiden Ländern dann<br />

vor allem dazu, die jeweilige Glaubwürdigkeit<br />

aufrechtzuerhalten?<br />

Die Israelis haben den Iranern ihre<br />

roten Linien bereits klar aufgezeigt<br />

und die Iraner haben diese auch ausgereizt,<br />

indem sie nach dem Libanon<br />

im Norden auch im Osten Israels in<br />

Syrien eine Art Front aufgebaut haben.<br />

Israel hat mit mehreren Angriffen<br />

klar aufgezeigt, dass sie dort jederzeit<br />

potenzielle Abschussvorrichtungen<br />

von Raketen oder andere Einrichtungen<br />

ausschalten können. Das Resultat<br />

ist eine Art „ konfliktuelle Stabilisierung“<br />

mit klar definierten Spielregeln.<br />

Ob die Amerikaner nun wie vermutet<br />

tatsächlich die extremistische, exiliranische<br />

Gruppe Volksmudschahedin unterstützen.<br />

Sollte das der Fall sein, ist in<br />

nächster Zeit mit Aktionen in Albanien<br />

und in anderen Ländern zu rechnen,<br />

wo sich viele Mitglieder der militanten<br />

iranischen Oppositionsbewegung<br />

aufhalten.<br />

Welche Rolle spielen bei alledem<br />

die Angriffe auf die Erdölanlagen<br />

Abqaiq und Churais in Saudi-Arabien<br />

im September 2019?<br />

Diese werden dem Iran zugeschreiben,<br />

aber dabei hat sich das Narrativ der<br />

Amerikaner ähnlich wie zuvor schon<br />

bei den Angriffen auf die Öltanker in<br />

drei Tagen vier Mal geändert. Fakt ist,<br />

dass bis jetzt nicht zweifelsfrei festgestellt<br />

werden konnte, ob die Iraner<br />

tatsächlich dahinterstecken.<br />

Es besteht also die Möglichkeit,<br />

dass jemand dem Iran die Schuld in<br />

die Schuhe schieben möchte?<br />

Lassen Sie es mich so sagen: Viele Staaten<br />

haben das Zurückrollen des iranischen<br />

Einflusses in der Region zum Ziel<br />

– und zwar um jeden Preis. Nur selbst<br />

wollen sie dabei nicht Ziel der Iraner<br />

werden.<br />

Sie meinen die Israelis?<br />

Wie die Iraner sind auch die Israelis<br />

sehr kalkulierend, aber sie sind keine<br />

verantwortungslosen Hasardeure.<br />

Ich habe den Eindruck, dass weder<br />

der Iran noch Israel eine direkte oder<br />

indirekte Konfrontation etwa über<br />

den Libanon wollen. Alleine schon<br />

aus dem Grund, weil das unglaublich<br />

teuer werden würde.<br />

Man will sich einen Konflikt nicht<br />

leisten?<br />

Ein Konflikt würde auch politisch<br />

keiner der beiden Seiten nützen. Der<br />

Aufwand wäre nur dann gerechtfertigt,<br />

wenn das Resultat eine eindeutige<br />

Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen<br />

nun für die Zukunft der<br />

gesamten Region?<br />

Eine gute Frage, die aber niemand beantworten<br />

kann. Da gibt es derart viele<br />

offene Fragen und Probleme, was mich<br />

die Zukunft sehr pessimistisch sehen<br />

lässt. Nehmen wir zum Beispiel den<br />

Iran, wo sich das Regime in den vergangenen<br />

Jahren durch Inkompetenz,<br />

durch Arroganz und nicht gehaltene<br />

Reformversprechen delegitimiert hat.<br />

Diese Entwicklung wurde durch den<br />

Austritt der USA aus dem Nuklearabkommen<br />

noch verstärkt, dazu kommen<br />

Massenarmut und Massenauswanderung<br />

der Gebildeten. Damit wurde<br />

jede Möglichkeit einer Reform oder<br />

Deeskalation vernichtet und mit dem<br />

Abschuss des Passagierflugzeuges<br />

haben die Revolutionsgarden zudem<br />

einmal mehr gezeigt, wie inkompetent<br />

und brutal sie sind.<br />

Droht damit im Iran mittel- bis langfristig<br />

ein Umsturz?<br />

Der Staat stirbt ab, was oft als Umsturz<br />

missverstanden wird, aber das Regime<br />

FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S , P R I VAT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

überlebt. Die Frage wird sein, ob die<br />

USA in Teheran einen Regimewechsel<br />

anstreben oder einen Staatszusammenbruch.<br />

Die Erfahrungen aus dem Irak<br />

sollten ihnen zeigen, dass Sanktionen<br />

und Interventionen einen Staat zum<br />

Verschwinden bringen, aber das Regime<br />

stärken. Im Iran wird wohl trotzdem<br />

Ähnliches passieren. Im Endeffekt<br />

bleibt damit für Millionen Menschen<br />

im Iran – und dasselbe gilt für Millionen<br />

Menschen in der gesamten Region<br />

– als Ausweg nur die Flucht nach<br />

Europa.<br />

Das heißt, wir sollten uns auf eine<br />

neue Flüchtlingswelle einstellen?<br />

Natürlich. Wir haben auf die Probleme<br />

in der Region immer noch keine Antwort,<br />

lassen uns immer noch von<br />

Ängsten und Furcht treiben. Außerdem<br />

müssen wir uns endlich eingestehen,<br />

dass die Probleme in der Region aufgrund<br />

der demografischen Entwicklung<br />

in den vergangenen Jahren auch<br />

bei uns in Westeuropa immer mehr<br />

spürbar werden – und das zum Teil<br />

auch längst sind.<br />

Es bräuchte also dringend Lösungen<br />

vor Ort, um potenzielle zukünftige<br />

Probleme möglichst vermeiden oder<br />

eindämmen zu können?<br />

Unbedingt, ja. Aber wie sollen die aussehen,<br />

wenn wir momentan nicht einmal<br />

die grundlegendsten Fragen beantworten<br />

können? Wie wollen wir mit<br />

Assad weiter verfahren? Was machen<br />

wir mit den Kurden in Nordsyrien?<br />

Was tun wir mit den vielen Flüchtlingen<br />

in der Region, die teils über beträchtliche<br />

klandestine nachrichtendienstliche<br />

und militärische Fähigkeiten<br />

verfügen? Und, ganz entscheidend:<br />

Wollen wir den Islamischen Staat militärisch<br />

weiter bekämpfen und, wenn ja,<br />

wie? Die Reorganisationsfähigkeiten<br />

des IS werden gemeinhin gewaltig unterschätzt,<br />

weil nur auf seine konventionellen<br />

Fähigkeiten geachtet wird,<br />

aber beispielsweise kulturelle Aspekte<br />

völlig außer Acht lässt.<br />

GESPRÄCHS-<br />

PARTNER Walter<br />

Posch studierte<br />

Islamwissenschaft,<br />

Turkologie und<br />

Iranistik in Wien,<br />

Istanbul und Bamberg.<br />

Er arbeitet<br />

am Institut für<br />

Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement<br />

der Landes -<br />

verteidi gungs akademie<br />

in Wien.<br />

Braucht es für einen erfolgreichen<br />

Kampf gegen den IS die Unterstützung<br />

des Iran?<br />

In der Tat könnte eine stille Partnerschaft<br />

mit dem Iran dahingehend viel<br />

bewirken, so wie es die USA beginnend<br />

mit 2015 gemacht haben. Das würde<br />

zugleich auch den Iran stabilisieren<br />

und alleine schon deshalb für mehr<br />

Stabilität in der Region sorgen. Aber<br />

dazu wird es nach den jüngsten Entwicklungen<br />

wohl nicht kommen.


0 1 8 H E E R & M E H R<br />

AUF NUMMER SI<br />

Von 20. bis 24. Jänner <strong>2020</strong> sicherte das Bundesheer anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos verstärkt den<br />

österreichischen Luftraum. Dazu wurde ein Flugbeschränkungsgebiet über Teilen Vorarlbergs und Tirols errichtet,<br />

mehr als 1.000 Soldaten waren mit zehn Hubschraubern und zehn Flächenflugzeugen im Einsatz. Dieses Bild zeigt<br />

eine Rotte Pilatus PC-7 auf einem Flug in den Einsatzraum über den Bergen Tirols.<br />

ÜBUNG „FLINTLOCK <strong>2020</strong>“<br />

Wie schon in den vergangenen Jahren nahmen im<br />

Februar rund 20 Soldaten des Jagdkommandos an<br />

der multinationalen Übungsserie „Flintlock“ in Afrika<br />

teil. Während das Schwergewicht der Übung dieses<br />

Jahr in Mauretanien über die Bühne ging, trainierten<br />

die Österreicher im Senegal gemeinsam mit Soldaten<br />

aus dem Gastgeberland, aus Burkina Faso, Marokko,<br />

Nigeria, Kamerun sowie den USA, Großbritannien und<br />

den Niederlanden. Ziel der von der US-Armee initiierten<br />

Übungsserie ist es, afrikanische Soldaten für den<br />

Krieg gegen den Terror und den Einsatz in internationalen<br />

Missionen von UNO und Afrikanischer Union auszubilden<br />

und damit zu mehr Sicherheit und Stabilität in<br />

den einzelnen Ländern und Nordafrika beizutragen.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / P U S C H , B U N D E S H E E R / L A M P E R S B E R G E R ,<br />

B U N D E S H E E R / A B C - A BW E H R Z E N T R U M , B U N D E S H E E R / M Ü H LT H A L E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

CHER<br />

MILITÄRAKADEMIE:<br />

FÜHRUNGSAUSBILDUNG<br />

Anfang Februar trainierten die Fähnriche der Militäraka -<br />

demie die Führung eines Zuges im Gefecht. Während der<br />

1. Jahrgang am Truppenübungsplatz Allentsteig trainierte,<br />

war der 2. Jahrgang in den Gutensteiner Alpen (Führungsausbildung<br />

4, siehe Bilder) unterwegs. Insgesamt umfasst<br />

die Führungsausbildung fünf Teile.<br />

ABC-ABWEHR IM TV: GEGEN<br />

UNSICHTBARE GEGNER<br />

Das ORF-Landesstudio Niederösterreich<br />

bereitet derzeit eine Ausgabe der Sendung<br />

„Österreich Bild“ mit dem Titel „Gegen unsichtbare<br />

Gegner – das ABC-Abwehrzentrum“ vor.<br />

Dafür wurde in den vergangenen Wochen<br />

unter anderem in der Dabsch-Kaserne in Korneuburg,<br />

am ABC-Katastrophenhilfeübungsplatz<br />

Tritolwerk sowie im Forschungszentrum<br />

„Seibersorf Laboratories“ gedreht. Geplanter<br />

Sendetermin ist der 5. April um 18:25 auf ORF2.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 0 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

BAUEN&<br />

ZERSTÖREN<br />

Die Salzburger Pioniere sind Spezialisten<br />

im Errichten von Brücken, Wegen, Straßen und im<br />

Feldlagerbau. Als Pionierbataillon der Gebirgsbrigade<br />

verstehen sie sich zudem auf Pionierunterstützung im alpinen<br />

Gelände. Ein Besuch in der Schwarzenberg-Kaserne in Salzburg.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

enn man mit<br />

W<br />

Oberstleutnant<br />

Klaus Rosenkranz<br />

über<br />

das Areal der<br />

Schwarzenberg-Kaserne<br />

marschiert, erlebt man<br />

einen ruhigen und zufriedenen Kommandanten,<br />

dem anzusehen ist, wie<br />

stolz er auf seine Salzburger Pioniere<br />

ist. „Die Spezialisierung und das Aufga-<br />

benspektrum sind vielseitig“, sagt er<br />

und verweist auf den umfangreichen<br />

Fuhrpark seines Verbandes. Von Hub -<br />

ladern über Grader bis hin zu mobilen<br />

Kränen, Baggern, Schwerlasttransportern<br />

sowie Arbeits- und Transportbooten<br />

verfügt das Pionierbataillon 2 über<br />

Dutzende unterschiedliche Bau- und<br />

Spezialfahrzeuge. „Dazu kommt das<br />

unglaubliche Know-how und die große<br />

Erfahrung unserer Soldatinnen und<br />

Soldaten“, sagt Rosenkranz, der seit<br />

2001 in verschiedenen Funktionen<br />

im Verband ist und im vergangenen<br />

Sommer die Nachfolge von Oberst des<br />

Generalstabsdienstes Thomas Bauer<br />

als Kommandant antrat. Im Sold des<br />

Bataillons stehen Elektriker ebenso wie<br />

Tischler, Maurer, Mechaniker, Zimmerer,<br />

Klimatechniker, Metallfacharbeiter<br />

und viele andere gut ausgebildete<br />

Spezialisten.<br />

FOTO S : A R C H I V P I B 2 ,<br />

B U N D E S H E E R / M A R T I N H O E R L<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

SALZBURGER PIONIERE<br />

VIELE FACETTEN Es gibt kaum etwas, das<br />

die Salzurger Pioniere nicht können: Die Errichtung<br />

von Behelfsbrücken gehört ebenso<br />

zum Repertoire des Bataillons wie die Beseitigung<br />

von Sturm- und Unwetterschäden,<br />

die Errichtung von Gebirgsstraßen und<br />

Sperren (etwa durch Sprengungen) oder<br />

der Feldlagerbau. Dazu zählen behelfsmäßig<br />

errichtete Notunterkünfte ebenso wie<br />

große Camps mit eigener Energie- und<br />

Sanitärversorgung für lange Einsätze.<br />

Das Pionierbataillon<br />

2 ist eines<br />

von drei<br />

Pionierbataillonen<br />

des Bundesheeres<br />

und<br />

in der Schwarzenberg-Kaserne<br />

in Wals/Siezenheim<br />

stationiert.<br />

Die Wurzeln des<br />

nunmehr zur 6. Gebirgsbrigade gehörenden<br />

Verbandes gehen zurück<br />

bis ins Jahr 1956: Damals wurde in<br />

Melk die 1. Kompanie des Pionierbataillons<br />

8 aufgestellt und noch<br />

im selben Jahr nach Salzburg verlegt.<br />

Im Jahr 1963 wurde es in Pionierbataillon<br />

3 umbenannt, 1994<br />

folgte schließlich die Umbenennung<br />

in Pionierbataillon 2. <strong>Aktuell</strong><br />

gliedert sich der Verband in das<br />

Kommando und die Stabskompanie,<br />

das Kommando Feldlagersysteme,<br />

eine Pionierkampfunterstützungskompanie,<br />

eine Pionierkompanie<br />

(gebirgsbeweglich), eine Pionierbaukompanie<br />

sowie eine technische<br />

Pionierkompanie mit rund<br />

230 Kadersoldaten und – je nach<br />

Zuteilung – zwischen 180 und<br />

280 Grundwehrdienern. Zu den<br />

Aufgaben des Bataillons gehört<br />

vor allem die Unterstützung der<br />

Kampftruppe durch pioniertechnische<br />

Maßnahmen. Dazu zählen<br />

beispielsweise der Straßen-,<br />

Wege- und Brückenbau, Sprengen,<br />

Feldlager- und Seilbahnbau,<br />

Kampfmittelabwehr und<br />

-beseitigung und die Hilfe bei<br />

Elementar ereignissen.<br />

Das originäre Aufgabenfeld der Pioniere<br />

ist die Kampfunterstützung der<br />

Truppe. Sie sorgen also dafür, dass die<br />

Kampfverbände im Einsatz beweglich<br />

bleiben und gut versorgt werden können,<br />

etwa durch die Errichtung von<br />

Straßen, Wegen und Brücken. Aufgabe<br />

der Pioniere ist es aber auch, die Bewegungen<br />

des Gegners durch das Errichten<br />

von Sperren einzuschränken, beispielsweise<br />

durch das Verlegen von<br />

Minenfeldern und Panzergräben oder<br />

die Zerstörung strategisch wichtiger<br />

Infrastruktur wie Bahnlinien. Zudem<br />

errichten die Pioniere bei Bedarf Stellungen<br />

und bauen diese aus, sie<br />

kommen bei der Kampfmittelabwehr<br />

und im Katastrophenschutz<br />

zum Einsatz. Im Unterschied<br />

zu den beiden anderen Pionierbataillonen<br />

des Bundesheeres sind die<br />

Salzburger Pioniere – als Teil der 6.<br />

Salzburg<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 2 H e e r & M e H r<br />

Gebirgsbrigade – auf Unterstützungsleistungen<br />

im Gebirge spezialisiert. Dafür<br />

steht besonderes Gerät zur Verfügung:<br />

Einzigartig im Bundesheer sind<br />

beispielsweise die zwei Materialseilbahnen,<br />

die vor allem der Versorgung der<br />

im Gebirge eingesetzten Truppe dienen<br />

und mit denen Lasten von bis zu fünf<br />

Tonnen über Distanzen von rund zwei<br />

Kilometer transportiert werden können,<br />

wie Oberstleutnant Rosenkranz<br />

erklärt. Daneben besitzt das Bataillon<br />

auch verschiedene, im unwegsamen<br />

und steilen Gelände bewegliche Pioniermaschinen<br />

und Transportfahrzeuge.<br />

Dazu zählen etwa Schreitbagger<br />

und die ab 2016 eingeführten Polaris-<br />

Quads.<br />

Das zweite große Alleinstellungsmerkmal<br />

der Salzburger Pioniere innerhalb<br />

der rot-weiß-roten Streitkräfte ist der<br />

Feldlagerbau. „Dabei können wir von<br />

der Notunterkunft für kurze Zeit bis<br />

zum großen Camp mit eigener Energie-<br />

und Sanitärversorgung für lange<br />

Einsätze praktisch alles abdecken“, sagt<br />

Oberstleutnant Rosenkranz, der sich<br />

im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong> gegen<br />

den Ausdruck „Improvisation“ verwahrt.<br />

„Wir improvisieren niemals, das<br />

würde bedeuten, dass wir Kompromisse<br />

eingehen“, sagt er. „Abhängig von<br />

Situation, Ort, Wetter und Zeit sowie<br />

den zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />

setzen wir aber immer die beste<br />

leistbare Alternative um – ohne Kompromisse!“<br />

HÄGGLUNDS ROLL-OUT Bei Oberstleutnant Klaus Rosenkranz (im Gespräch mit Chefredakteur<br />

Jürgen Zacharias) und seinen Soldaten dreht sich derzeit viel um das neue Gefechtsfahrzeug.<br />

„Wir machen den Hägglunds Pionier-fit“<br />

STABSWACHTMEISTER<br />

FRANJO LJUBIC,<br />

Zugskommandant-Stellvertreter in<br />

der Kampfunterstützungskompanie<br />

des Pionierbataillons 2.<br />

Herr Stabswachtmeister, das Pionierbataillon<br />

2 verantwortet den Roll-out der<br />

Universalgeländefahrzeuge BvS10AUT.<br />

Acht der insgesamt 32 Hägglunds sollen<br />

beim Pionierbataillon verbleiben<br />

und werden nun für Einsätze adaptiert.<br />

das ist richtig. die österreichische Variante<br />

des BvS10 weist zur standardversion<br />

bereits einige Unterschiede etwa im bereich<br />

des ballistischen schutzes und der<br />

bewaffnung auf. Auch ein rundum-Kamerasystem<br />

wurde montiert, zur Zusatzausrüstung<br />

gehören etwa AbC-schutz,<br />

schneepflug, seilwinden, ein skiträger<br />

und brandunterdrückungsanlagen. wir<br />

gehen nun noch einen schritt weiter und<br />

adaptieren das Fahrzeug speziell für den<br />

einsatz bei uns im Pionierbataillon.<br />

Sie machen den Hägglunds also<br />

gewissermaßen „Pionier-fit”?<br />

das könnte man so sagen, ja. da wir<br />

neben der Mannschaft auch immer viel<br />

Gerät und Material transportieren müssen,<br />

haben wir einen Personenträger mit<br />

drei der insgesamt sechs sitze aus der<br />

hinteren Kabine durch Halterungen für<br />

Aluboxen ersetzt. Außerdem haben wir<br />

Vorrichtungen für zwei Minensuchgeräte<br />

und einen zusätzlichen 20-liter-wassercontainer<br />

eingebaut und auf der innenseite<br />

der Hecktür einen Griff montiert,<br />

um diese leichter schließen zu können.<br />

durch den Ausbau der drei sitze muss<br />

das in unseren Fahrzeugen ein soldat<br />

alleine machen, in den anderen Fahrzeugen<br />

helfen zwei soldaten zusammen.<br />

Welche weiteren Adaptionen und<br />

Umbauten sind geplant?<br />

da gibt es noch einige wie beispielsweise<br />

einen außen an der hinteren Kabine<br />

montierten Aufsatz zur Mitführung eines<br />

erdbohrers, den wir für sprengungen<br />

benötigen, oder einen speziellen Pivot -<br />

zapfen, damit die lafette auf der zweiten<br />

Kabine mit unserem Maschinengewehr<br />

kompatibel wird. Momentan nehmen wir<br />

alle Änderungen an einem Prototyp vor.<br />

sobald diese zertifiziert und abgenommen<br />

sind, können wir sie auch in die<br />

anderen Fahrzeuge übernehmen.<br />

Foto s : w i l d b i l d/ H e r b e r t r o H r e r<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Held under the prestigious patronage of<br />

His Majesty King Hamad bin Isa Al Khalifa<br />

supported by the Royal Bahraini Air Force and Air Defense<br />

and Ministry of Transportation and Telecommunications<br />

Official Conference of<br />

3 rd Supported by<br />

MANAMA<br />

SYMPOSIUM<br />

November 17, <strong>2020</strong> - Manama, Bahrain<br />

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around the world, MAPS is where you position your<br />

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0 2 4 H E E R & M E H R<br />

EINZIGARTIGES EQUIPMENT Die Materialseilbahnen des Pionierbataillons 2 dienen zur Versorgung der Truppe im Gebirge. Abseits von Wegen<br />

und Straßen können damit Wasser, Betriebsmittel, Munition, schwere Waffen und Verpflegung rasch bergauf und bergab gebracht werden.<br />

Die Container mit den Elementen<br />

für den Feldlagerbau – Unterkunftsund<br />

Werkstattzelte, Küchensysteme,<br />

Müllverbrennungs- und Kläranlagen,<br />

Dusch- sowie Sanitärausstattung,<br />

Blitzschutz-, Erste-Hilfe- sowie<br />

Brandschutzgeräte und vieles mehr –<br />

lagern in einer kürzlich errichteten<br />

Halle in unmittelbarer Nähe des<br />

Gleisanschlusses im nördlichen Teil<br />

der Schwarzenberg-Kaserne. Dazu gehört<br />

auch das Feldlagersystem COL-<br />

PRO („Collective Protection“), das<br />

vom Pionierbataillon 2 für Einsätze<br />

des Bundesheeres im In- und Ausland<br />

bereitgehalten und betrieben wird.<br />

Die Manipulation erfolgt mittels<br />

Krananlage und eines 55 Tonnen-<br />

Staplers. „Zweck der Halle ist es, dass<br />

die Container im Sommer nicht dem<br />

direkten Sonnenlicht ausgesetzt sind“,<br />

sagt Rosenkranz. „Dann entwickelt<br />

sich im Inneren der Container starke<br />

Hitze, nachts kühlen sie wieder ab.<br />

Das belastet das Material und durch<br />

die Temperaturschwankungen kann<br />

Feuchtigkeit entstehen.“ Momentan<br />

ist die für bis zu 270 Container ausgelegte<br />

Lagerfläche nur zu rund einem<br />

Drittel gefüllt. „Der Rest steht draußen,<br />

weil wir noch mitten in der<br />

Nachbearbeitung der Großübung<br />

EURAD 2019 im vergangenen Spätherbst<br />

sind.“ Dabei stellten die Salzburger<br />

Pioniere sämtliche benötigten<br />

Feldlagerkomponenten, nun gilt es<br />

diese penibel zu reinigen, zu überprüfen<br />

und bis zu ihrer nächsten Verwendung<br />

einzulagern. „Der Aufwand<br />

dafür ist gewaltig“, sagt Rosenkranz,<br />

„und wird uns bis zur Kalenderwoche<br />

26 beschäftigen.“<br />

Als wir vor die Halle treten, röhrt in<br />

unmittelbarer Nähe der 285 PS starke<br />

5,9 Liter-Sechszylinder-Motor eines<br />

Hägglunds BvS10AUT auf. „Wir verantworten<br />

den gesamten Roll-out für<br />

das Bundesheer“, erklärt Rosenkranz,<br />

dessen Bataillon mit acht Stück des<br />

Geländefahrzeugs verstärkt werden<br />

soll. Insgesamt wurden 32 Fahrzeuge<br />

des Typs mit einem Volumen von<br />

rund 85 Millionen Euro beschafft. In<br />

den Hallen des Pionierbataillons 2<br />

werden die Fahrzeuge nun überprüft,<br />

Zubehörsätze gebildet und viele weitere<br />

Vorarbeiten für die Einführung<br />

getroffen. Teilweise werden die Fahrzeuge<br />

sogar umgebaut, wie Stabswachtmeister<br />

Franjo Ljubic, Zugskommandant-Stellvertreter<br />

in der<br />

Kampfunterstützungskompanie des<br />

Pionierbataillons 2 (siehe Interview<br />

auf der Vorderseite), erklärt. „Wir<br />

adaptieren das Fahrzeug speziell<br />

für den Einsatz bei uns im Pionierbataillon.“<br />

Einige Meter weiter – auf der gegenüberliegenden<br />

Seite des Gleisanschlusses<br />

und damit am Ende unseres<br />

Rundgangs durch die Schwarzenberg-<br />

Kaserne – befindet sich ein kleines,<br />

aber feines Übungsgelände. Dort lässt<br />

sich der Auf- und Abbau der Pionierbrücke<br />

2000 und des Infanteriestegs<br />

trainieren, mithilfe einer auf einem<br />

Erdhügel errichteten Seilbahnstütze<br />

aber auch der Betrieb der Materialseilbahn.<br />

In unmittelbarer Nähe ist<br />

eine Anfang 2019 neu zugelaufene<br />

Liebherr-Planierraupe des Straßenbauzugs<br />

des Pionierbataillons gerade<br />

damit beschäftigt, ein Gelände für einen<br />

für das Heereslogistikzentrum<br />

Salzburg geplanten Hallenneubau einzuebnen.<br />

Mit lautem Getöse fährt der<br />

19-Tonnen-Koloss vor und zurück,<br />

der Stahlschild der Baumaschine wird<br />

digital zentimetergenau ausgerichtet.<br />

Oberstleutnant Rosenkranz lächelt.<br />

Wie eingangs bereits erwähnt,<br />

verfügen die Salzburger Pioniere<br />

in Teil bereichen über modernstes<br />

Gerät zur Auftragserfüllung.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / W I L L I ST R E B<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


UNSERHEER<br />

EINE INFORMATION DES BMLV<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Das Bundesheer hat im<br />

„War for talents“ gute Karten<br />

Employer Branding: Das Bundesheer hat sich in den vergangenen<br />

Jahren mit zahlreichen Maßnahmen als Arbeitgeber noch attraktiver<br />

gemacht. Beim Jägerbataillon 18 wurden die Bemühungen nun sogar<br />

mit dem Gütesiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ honoriert.<br />

Foto: Bundesheer<br />

Wie lassen sich Familie und Beruf<br />

besser unter einen Hut bringen?<br />

Eine gute Frage, auf die man beim<br />

Jägerbataillon 18 im steirischen<br />

St. Michael gleich mehrere<br />

gute Antworten<br />

gefunden hat.<br />

Fachkräftemangel, der digitale Wandel<br />

und gut Ausgebildete, die sich<br />

die Jobs aussuchen können: Unternehmen<br />

und staatliche Organisationen<br />

müssen heute mehr denn je<br />

mit einer attraktiven Arbeitgebermarke<br />

punkten, um potenzielle Arbeitskräfte<br />

von sich zu überzeugen<br />

und die besten Köpfe an Bord holen<br />

zu können.<br />

Natürlich macht diese Entwicklung<br />

auch vor dem Bundesheer nicht<br />

UNSERHEER


halt: Im Wettstreit um qualifizierte<br />

und geeignete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

haben die rot-weißroten<br />

Streitkräfte daher in den vergangenen<br />

Jahren zahlreiche attraktive<br />

Angebote geschnürt und ihr Employer<br />

Branding deutlich geschärft.<br />

Freiwillige Sozialleistungen<br />

Zahlreiche Studien zeigen, dass<br />

bei der Auswahl eines Arbeitgebers<br />

nicht nur Gehalt und Karrierechancen<br />

ausschlaggebend sind, sondern<br />

auch viele Details und zusätzliche<br />

Angebote wie freiwillige Sozialleistungen<br />

oder die Frage der Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie eine<br />

wichtige Rolle spielen. Das Bundesheer<br />

kann dabei in den unterschiedlichsten<br />

Bereichen mit vielfältigen<br />

Vorteilen punkten: So bietet das<br />

Heer in Zeiten eines immer volatiler<br />

werdenden Arbeitsmarktes beispielsweise<br />

sichere Arbeitsplätze,<br />

gute Aufstiegschancen und gleiche<br />

Bezahlung für Männer und Frauen.<br />

Der Umgang mit Mitarbeitern und<br />

Mitarbeiterinnen ist respektvoll und<br />

wertschätzend, die Arbeitsatmosphäre<br />

ist angenehm und die<br />

Führungskräfte sind kompetent.<br />

Darüber hinaus gibt es seit zehn<br />

Jahren an 14 Standorten in jeweils<br />

vier bedarfsorientierten Wochen<br />

während der Sommerferien das<br />

Angebot einer temporären Kinderbetreuung<br />

direkt in den Kasernen.<br />

Ganzjährig werden an zehn Standorten<br />

Freizeitbörsen betrieben. Dort<br />

werden Sportgeräte, Videos, Lesestoff<br />

und verschiedenste Betreuungsprodukte<br />

zur Freizeitgestaltung<br />

in der Kaserne, aber auch Angebote<br />

zur Freizeitgestaltung mit der<br />

Familie bereitgestellt. Referenten<br />

für Soziale Betreuung in den Bundesländern<br />

beraten und unterstützen<br />

zudem bei Problemen in allen<br />

sozialrechtlichen Belangen.<br />

Passgenaue Wohnangebote<br />

Das breite Angebot umfasst darüber<br />

hinaus auch mehrere Formen<br />

der Wohnversorgung etwa in Form<br />

von Gästezimmern zur kurzfristigen<br />

dienstlichen Unterbringung, die<br />

aber auch zu Erholungszwecken<br />

genutzt werden können. Für Einzelpersonen<br />

werden Einbettzimmer als<br />

zeitgemäße, mittelfristige Wohnversorgung<br />

in Kasernen bereitgestellt.<br />

Insbesondere für jüngeres Kaderpersonal<br />

und ihre Familien werden<br />

Naturalwohnungen angeboten, da<br />

es vor allem für junge Menschen<br />

und Familien immer schwieriger<br />

wird, sozialadäquaten Wohnraum zu<br />

leistbaren Preisen zu bekommen.<br />

Familienfreundlicher Arbeitgeber<br />

Beim Jägerbataillon 18 geht man<br />

sogar noch einen Schritt weiter.<br />

Der in der Garnison St. Michael in<br />

der Obersteiermark beheimatete<br />

Verband hat von März bis Dezember<br />

2019 im Rahmen eines durch<br />

das Verteidigungsministerum initiierten<br />

Pilotprojekts das Audit „berufundfamilie“<br />

erfolgreich durchlaufen.<br />

Die Verleihung des Zertifikats,<br />

das den Verband als besonders familienfreundlichen<br />

Arbeitgeber auszeichnet,<br />

erfolgte am 28. Jänner<br />

dieses Jahres in der Aula der<br />

UNSERHEER<br />

Umfangreicher Maßnahmenkatalog Schon<br />

jetzt wird an vielen Standorten Ferienbetreuung für<br />

die Kinder von Soldatinnen und Soldaten angeboten.<br />

In Zukunft soll das Angebot weiter ausgeweitet<br />

werden, der Dienstplan soll zudem besser auf die<br />

Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

abgestimmt werden.<br />

Fotos: Bundesheer


Wissenschaften in Wien. Durch die<br />

Projektteilnehmer, die sich aus Bediensteten<br />

aller Dienstgrade (vom<br />

Gefreiten bis zum Oberst) des Jägerbataillons<br />

18 zusammensetzen,<br />

wurden im Rahmen verschiedener<br />

Workshops Handlungsfelder entwickelt,<br />

die innerhalb der nächsten<br />

drei Jahre umgesetzt werden. Dabei<br />

geht es etwa darum, den Leitsatz<br />

„Mission first – family always“<br />

(siehe auch Interview mit Bataillonskommandant<br />

Oberst Karl-Heinz<br />

Tatschl auf der nächsten Seite) in<br />

das Leitbild des Verbandes zu integrieren<br />

und an alle Kommandanten<br />

zu kommunizieren. Ziel ist es, die<br />

soziale Kompetenz, die Vorbildwirkung<br />

und das Bewusstsein für<br />

Familienfreundlichkeit der Führungskräfte<br />

zu stärken, sodass grundsätzlich<br />

auf das soziale Umfeld<br />

aller Bediensteten Rücksicht<br />

genommen wird. Dazu soll beispielsweise<br />

ab heuer in der Landwehr-<br />

Kaserne in St. Michael jährlich ein<br />

Familientag mit Rahmenprogramm<br />

stattfinden, an dem Familienangehörige<br />

den Arbeitsplatz besichtigen<br />

können. In der Region soll zudem<br />

die Möglichkeit von Rabatten für<br />

Bedienstete (beispielsweise in<br />

Geschäften oder Freizeiteinrichtungen)<br />

geprüft und während der Dienstzeit<br />

die Möglichkeit von Vorsorgeuntersuchungen<br />

geschaffen werden.<br />

könnten zudem schon bald Impfungen<br />

für Familienmitglieder der Soldaten<br />

und Soldatinnen angeboten<br />

werden und last, but not least, ist<br />

es auch ein Ziel, das Essensangebot<br />

in Abstimmung mit der Zentralküche<br />

des Bundesheeres gesünder<br />

und nahrhafter zu gestalten.<br />

Motivierter und leistungsfähiger<br />

Ziel all dieser Maßnahmen um mehr<br />

Familienfreundlichkeit ist es, das<br />

„bestehende Angebot zu optimieren<br />

und bedarfsgerecht neue Angebote<br />

zu entwickeln“, wie Oberst Tatschl<br />

im Gespräch mit „Unser Heer“<br />

betont. Damit sollen mehr Arbeitskräfte<br />

gewonnen werden. Es geht<br />

aber auch darum, die Wohlfühl -<br />

atmosphäre im Unternehmen<br />

Bundesheer weiter zu verbessern,<br />

um diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

auch möglichst lange<br />

halten zu können. Dadurch lassen<br />

sich mittel- bis langfristig Kosten<br />

sparen, müssen doch nicht immer<br />

aufwendig neue Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen gesucht und eingeschult<br />

werden. Und die Vorteile sind<br />

auch in den tagtäglichen Routinen<br />

spürbar: Zufriedene Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen sind schließlich<br />

nicht nur motivierter, sie leisten<br />

auch mehr.<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Zahlreiche Verbesserungen geplant<br />

Ein weiteres großes Ziel ist es, die<br />

Kinderbetreuung in den Ferienzeiten<br />

(aktuell vier Wochen in den Sommermonaten)<br />

um ein zusätzliches<br />

Angebot für eine Woche (beispielsweise<br />

im Rahmen eines Kinderskikurses<br />

in den Semesterferien) zu<br />

erweitern. Der Dienstplan soll besser<br />

auf die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf abgestimmt werden<br />

und vier kostenlose Vorträge im<br />

Jahr sollen sich in Zukunft um relevante<br />

Themen zu „Familie & Beruf“<br />

drehen. Am Standort in St. Michael<br />

Offizielle Bestätigung Seit Ende 2019 gilt das Jägerbataillon 18 offiziell als besonders<br />

familienfreundlicher Arbeitgeber. Das Zertifikat wurde im Jänner <strong>2020</strong> verliehen.<br />

UNSERHEER


Unser Motto: „Mission<br />

first – family always!“<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Oberst Karl-Heinz Tatschl ist Kommandant des Jägerbataillons 18<br />

und steht damit dem ersten ÖBH-Verband vor, der den Zertifizierungsprozess<br />

„berufundfamilie“ erfolgreich durchlaufen hat und mit dem<br />

Gütesiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnet wurde.<br />

Herr Oberst, das Bundesheer bemüht<br />

sich seit Jahren intensiv um<br />

eine bessere Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie für seine Soldaten<br />

und Soldatinnen. Wie wichtig<br />

ist dahingehend die Auszeichnung<br />

des Jägerbataillons 18 mit dem<br />

staatlichen Gütesiegel „Familienfreundlicher<br />

Arbeitgeber“?<br />

Wir sind sehr stolz, die Ersten im BMLV<br />

zu sein, die diesen Zertifizierungsprozess<br />

positiv durchlaufen haben. Dies<br />

ist vor allem mit dem Hintergrund zu<br />

sehen, dass es auch in einem Einsatzverband<br />

– wie wir einer sind – möglich<br />

ist, dem vorwiegend jungen Berufspersonal<br />

eine entsprechende Unterstützung<br />

zu ermöglichen. Der Begriff<br />

„Familie“ wurde von uns dabei bewusst<br />

weiter gesteckt und umfasst<br />

auch das Umfeld unserer Soldatinnen<br />

und Soldaten. Die gültigen Erlässe und<br />

Gesetzesgrundlagen ermöglichen es,<br />

eine breite Palette an Möglichkeiten<br />

umzusetzen – sie müssen nur genutzt<br />

werden. Im Audit wurde immer der<br />

jeweilige Auftrag vorangestellt, um<br />

dadurch die tragbaren Angebote für die<br />

familienfreundliche Unterstützung definieren<br />

zu können. Unter dem Motto<br />

„Mission first – family always“ wurde<br />

stets versucht, Synergien zu finden.<br />

Welcher Aufwand war für das<br />

Gütesiegel notwendig?<br />

Von März bis Dezember 2019 durchliefen<br />

wir verschiedene Workshops,<br />

die durch eine Auditorin begleitet<br />

wurden. Die dabei entwickelten<br />

Handlungsfelder wurden in einer<br />

Zielvereinbarung niedergeschrieben<br />

und bringen die Projekte einer familienfreundlichen<br />

Personalpolitik für die<br />

nächsten drei Jahre zum Ausdruck.<br />

Im Oktober wurden der Auditprozess<br />

sowie die Maßnahmen durch einen<br />

externen Begutachter des TÜV SÜD<br />

geprüft und bewertet.<br />

Die Gütesiegelverleihung erfolgte<br />

dann im Jänner <strong>2020</strong>. Macht sich<br />

der Erfolg im Alltag bemerkbar?<br />

Der wohl sichtbarste Erfolg ist, dass<br />

„In dieser<br />

Initiative geht<br />

es um ein<br />

wertvolles Gut –<br />

nämlich unsere<br />

Soldatinnen<br />

und Soldaten.“<br />

Oberst<br />

Karl-Heinz Tatschl<br />

die über die Jahre etablierten Angebote<br />

auch für das eigene Personal in<br />

einem weitgehend zivilen Vergleichsfeld<br />

sichtbar und vergleichbar<br />

gemacht wurden. Das stärkt die<br />

Akzeptanz der gesetzten Maßnahmen.<br />

Nun gilt es, das bestehende Angebot<br />

zu optimieren und bedarfsgerecht<br />

neue Ideen zu verwirklichen.<br />

Werden in den kommenden Jahren<br />

andere Dienststellen dem Vorbild<br />

des Jägerbataillons 18 folgen?<br />

Ich bin mir sicher, dass sich Mitstreiter<br />

finden werden, denn in dieser<br />

Initiative geht es um ein wertvolles<br />

Gut – nämlich unsere Soldatinnen<br />

und Soldaten.<br />

Foto: Bundesheer<br />

Impressum: Amtliche Publikation der Republik Österreich / Bundesministerium für Landesverteidigung. Medieninhaber, Herausgeber und<br />

Hersteller: Republik Österreich / Bundesministerin für Landesverteidigung, BMLV, Roßauer Lände 1, 1090 Wien. Erscheinungsjahr: <strong>2020</strong>.<br />

Druck: Heeresdruckzentrum 18-101010100.<br />

UNSERHEER


R E P O R T A G E P A T I E N T E N L U F T T R A N S P O R T<br />

FLUG<br />

RETTUNG<br />

Der „fliegende Sanitätsdienst“ des Bundesheeres garantiert die<br />

Versorgungssicherheit österreichischer Soldaten im Auslandseinsatz.<br />

Die notwendigen Kompetenzen für das fliegende Personal vermittelt<br />

der Lehrgang „Taktischer & Strategischer Patientenlufttransport”.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: CHRISTIAN HUBER<br />

m Ernstfall muss jeder<br />

I<br />

Handgriff sitzen. Es geht<br />

dann zwar nicht um Sekunden,<br />

aber doch um wertvolle<br />

Zeit, gilt es doch verletzte,<br />

verwundete oder erkrankte<br />

österreichische Soldaten von<br />

Auslandseinsätzen des Bundesheeres<br />

möglichst rasch und sicher einer umfassenden<br />

medizinischen Versorgung<br />

in der Heimat zuzuführen. Kein Wunder<br />

also, dass die Kommandantin des<br />

fünfköpfigen Ausbildungsteams die<br />

anderen Soldaten nun energisch zum<br />

Handeln auffordert. „Stanchion please!“,<br />

ruft sie. „Stanchion please!“<br />

(Anm.: Stange).<br />

Wir befinden uns an Bord einer C-130<br />

Hercules des Bundesheeres am Fliegerhorst<br />

Vogler und im Laderaum absolvieren<br />

fünf Soldaten aus Österreich<br />

und den Niederlanden gerade einen<br />

praktischen Teil des vierwöchigen Intensivlehrganges<br />

„Taktischer & Strategischer<br />

Patientenlufttransport“. Auf<br />

Basis fiktiver Patienteninformationen<br />

und in Abstimmung mit dem Loadmaster<br />

der Transportmaschine haben<br />

sie einen Ladeplan für einen potenziellen<br />

Patientenlufttransport erstellt. Nun<br />

gilt es diesen in die Tat umzusetzen.<br />

Aber: leichter gesagt als getan. Die ganz<br />

vorne im Laderaum der C-130 verstauten<br />

Stanchions sind für Ungeübte nur<br />

schwer aus ihrer Halterung zu lösen.<br />

Erst nach einigem Hin und Her gelingt<br />

es einem jungen Wachtmeister, eine<br />

der Stützen freizubekommen. Er hebt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 0 H E E R & M E H R<br />

sie hoch, dreht sie vorsichtig in die Horizontale.<br />

Langsam bewegt er sich<br />

dann damit zwischen den im Laderaum<br />

auf einer Passagiertransportpalette<br />

montierten Sitzreihen hindurch in<br />

Richtung Heck. „Stanchion is coming<br />

through!“, informiert er die anderen<br />

Soldaten. Die Bordsprache ist ebenso<br />

wie die Unterrichtssprache Englisch,<br />

jeder Handgriff wird lautstark kommentiert.<br />

Im nächsten Schritt muss der<br />

Unteroffizier die Stütze im Laderaum<br />

der Hercules verankern. Dazu führt er<br />

ein Ende der Stanchion oben in eine<br />

Aussparung der als „Hog trough“<br />

(Anm.: Sautrog) bezeichneten Montageleiste<br />

der Transportmaschine, fixiert<br />

anschließend das zweite Ende am Ladeboden.<br />

Eine niederländische Soldatin<br />

hilft ihm dabei. Sie trägt das runde<br />

Emblem des Centrum voor Mens en<br />

Luchtvaart (Zentrum für Mensch und<br />

Luftfahrt) der Koninklijke Luchtmacht<br />

in Soesterberg.<br />

GEMEINSAM HAND ANLEGEN Die Soldaten<br />

arbeiten im Laderaum der Hercules eng zusammen.<br />

Jeder Handgriff muss im Ernstfall sitzen.<br />

VOM PLAN ZUR PRAXIS Nach der Besprechung wird<br />

der Ladeplan in die Tat umgesetzt. Die Soldaten montieren<br />

unter dem prüfenden Blick eines Ausbildners zuerst Stützen<br />

und Gurte, anschließend hängen sie die Tragen ein.<br />

„Das sieht schon ganz gut aus“, sagt<br />

Lehrgangsleiter Oberst Hans Schalk<br />

von der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule<br />

in Langenlebarn. Gemeinsam<br />

mit Ausbildner Offiziersstellvertreter<br />

Martin Harrer von der<br />

Luftunterstützungsbrigade in Hörsching<br />

beobachtet er die Soldaten im<br />

Laderaum. „Ein Patiententransport für<br />

unsere Soldaten ist aus Krisen- oder<br />

gar Kriegsgebieten abgestützt auf zivile<br />

Leistungsträger im Extremfall nicht<br />

möglich“, erklärt Schalk. „Das Bundesheer<br />

muss daher selbst in der Lage<br />

sein, sogenannte Aeromedical Evacuations<br />

mit der C-130 oder bei Bedarf<br />

auch mit Hubschraubern oder zivilen<br />

Maschinen sicherzustellen.“ Die Ausbildung<br />

hier in Hörsching qualifiziert<br />

Ärzte und Sanitätspersonal dafür; bildet<br />

sie zu sogenannten Aeromedical<br />

Evacuation Crew Member (AECM)<br />

aus. Der Lehrgangsplan umfasst die<br />

medizinischen und pflegerischen<br />

Grundlagen für einen Patientenlufttransport<br />

ebenso wie flugbetriebliche<br />

Inhalte, psychologische Aspekte und<br />

das Verhalten bei fliegerischen Notlagen.<br />

Zudem lernen die Teilnehmer<br />

während der vier Wochen den Umgang<br />

mit der Notausrüstung und dem<br />

Sauerstoffsystem der Hercules sowie<br />

die Organisation und Administration<br />

von Aeromedical Evacuations. Auf<br />

dem Programm stehen neben einem<br />

Einweisungsflug auch vier Trainingsund<br />

Langstreckenflüge ins In- und<br />

Ausland, bei denen mithilfe von Patientendarstellern<br />

medizinische Notfälle<br />

praxisnah simuliert werden. „Die<br />

Kursteilnehmer sollten nach positivem<br />

Kursabschluss in der Lage sein, Patienten<br />

nach den gültigen internationalen<br />

Bestimmungen zu klassifizieren, deren<br />

Transportfähigkeit zu beurteilen und<br />

Prioritäten für den Lufttransport festzulegen“,<br />

erklärt Harrer. „Sie müssen<br />

Patienten zudem medizinisch und<br />

pflegerisch für Lufttransporte vorbereiten<br />

und medizinische Notfälle in<br />

der Luft behandeln können.“<br />

Damit aber nicht genug: Ergänzend<br />

zum Lehrgang in Hörsching gehören<br />

zur Ausbildung der Aeromedical Eva-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


R E P O R T A G E P A T I E N T E N L U F T T R A N S P O R T<br />

cuation Crew Member auch noch eine<br />

flugphysiologische Basisausbildung<br />

inklusive Unterdruckkammerfahrt, ein<br />

Flight Safety- und Security-Training,<br />

eine Gefahrstoff-Schulung sowie<br />

„Überlebenstrainings Land und See“.<br />

„Unter dem Strich ist das ein durchaus<br />

forderndes Programm, das – abhängig<br />

von den angebotenen Kursen und den<br />

verfügbaren Ausbildungsplätzen – bis<br />

zu zwei Jahre dauern kann“, sagt<br />

Schalk. <strong>Aktuell</strong> wird der Lehrgang in<br />

Hörsching in Kooperation mit der niederländischen<br />

Armee – die neben sieben<br />

der insgesamt 14 Lehrgangsteilnehmer<br />

auch zwei Ausbildner stellt<br />

und in ihrer Luftflotte ebenfalls C-130<br />

betreibt – einmal alle zwei Jahre angeboten.<br />

„Die Nachfrage ist sehr groß“,<br />

sagt der Bundesheer-Oberst. Das liegt<br />

auch und vor allem an den optimalen<br />

Bedingungen: Geübt und trainiert<br />

wird nämlich nicht nur in den drei im<br />

Flugbetrieb befindlichen Hercules,<br />

sondern auch im Rumpf einer 2015 aus<br />

britischen Beständen angekauften und<br />

nun in einem Hangar in Hörsching geparkten<br />

vierten Maschine.<br />

Einige Meter weiter im Hangar befindet<br />

sich ein weiteres Alleinstellungsmerkmal<br />

des rot-weiß-roten Patientenlufttransports,<br />

ein auf einer Luftfrachtpalette<br />

fixierter schall- und vibrationsgedämmter<br />

20-Fuß-Spezialcontainer<br />

aus Aluminium. Dieses vom<br />

Bundesheer gemeinsam mit einer<br />

TOP-AUSBILDUNG Lehrgangsleiter Oberst Hans Schalk und Offiziersstellvertreter Martin Harrer sind mit der Qualität<br />

des Ausbildungsangebots zufrieden. „Das Interesse am Kurs ist auch aus dem Ausland sehr groß.“<br />

oberösterreichischen Firma entwickelte<br />

Patientenlufttransportmodul (ME-<br />

DEVAC-Modul) mit eigener Notstromund<br />

Sauerstoffversorgung garantiert<br />

optimale Transportbedingungen für<br />

Patienten. „Etwas Vergleichbares gibt<br />

es in keiner anderen Armee“, erzählt<br />

Offiziersstellvertreter Harrer. „Darin<br />

können – abhängig von der gewählten<br />

Konfiguration mit Intensive Care<br />

Units und Non Intensive Care Units –<br />

zwei Intensivpatienten oder bis zu<br />

neun leicht verletzte Patienten transportiert<br />

und betreut werden.“ Die<br />

Ausstattung zur notfallmedizinischen<br />

Versorgung ist umfangreich: Dazu<br />

gehört ein Monitoring-System zur<br />

Überwachung der Atmung und Herzfrequenz<br />

ebenso wie ein Beatmungsund<br />

Absaugesystem, Möglichkeiten<br />

zur Infusionsbehandlung, ein Defibrillator<br />

sowie Geräte zur Erhaltung der<br />

Körperwärme.<br />

Für die Soldaten in der Hercules<br />

ist der weiße Container mit dem<br />

markanten roten Kreuz auf der Seite<br />

vorerst Zukunftsmusik. Nachdem sie<br />

die Stanchions in Position gebracht<br />

haben, sind sie nun damit beschäftigt,<br />

Gurte für die Krankentragen an<br />

Haken an der Decke des Laderaums<br />

zu befestigen. Ohne Container können<br />

in der Hercules bei der sogenannten<br />

Stretcher-Variante bis zu<br />

74 liegende Patienten transportiert<br />

werden. „Beim Bundesheer haben<br />

wir allerdings in der Regel eine Maximalbelegung<br />

von 18 Personen vorgesehen“,<br />

sagt Oberst Schalk und unterbricht<br />

einen der Soldaten in seiner<br />

Tätigkeit. Einer der Gurte ist verdreht.<br />

„Eine Kleinigkeit“, sagt der<br />

Offizier. „Aber beim Thema Sicherheit<br />

muss jeder Handgriff sitzen.“<br />

Im Ernstfall, aber auch schon jetzt<br />

während der Ausbildung.<br />

ALLEINSTELLUNGS-<br />

MERKMAL Das Patientenlufttransportmodul<br />

besteht<br />

aus einem auf einer Luftfrachtpalette<br />

montierten<br />

schall- und vibrationsgedämmten<br />

Spezialcontainer.<br />

„Etwas Vergleichbares gibt<br />

es in keiner anderen Armee“,<br />

sagt Offiziersstellvertreter<br />

Martin Harrer.


0 3 2 H E E R & M E H R<br />

WIR WERDEN DAS<br />

BUNDES<br />

HEER<br />

IN DER MITTE DER<br />

GESELLSCHAFT<br />

VERANKERN!<br />

F<br />

rau Minister, ihr Vorgänger<br />

Thomas Starlinger<br />

hat der Öffentlichkeit<br />

monatelang<br />

sehr drastisch vor Augen<br />

geführt, dass das<br />

Bundesheer in einem katastrophalen<br />

Zustand ist. Nach gut zwei Monaten<br />

im Amt: Wie katastrophal ist der<br />

Zustand tatsächlich?<br />

Ich darf am Anfang versichern, dass das<br />

Österreichische Bundesheer einsatzbereit<br />

ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten<br />

beweisen dies im täglichen Einsatz<br />

im In- und Ausland. Momentan beschäftigt<br />

uns die Frage, ob wir auch für<br />

die aktuellen und künftigen sicherheitspolitischen<br />

Herausforderungen richtig<br />

aufgestellt sind. Schließlich ist die Zeit<br />

des Kalten Krieges längst vorbei. Daher<br />

habe ich dem Generalstab den Auftrag<br />

erteilt, die Aufgaben des Bundesheeres<br />

nach den einsatzwahrscheinlichsten<br />

Anlassfällen zu reihen. Das Ergebnis<br />

wird als Priorisierung für die künftige<br />

Streitkräfteentwicklung angewandt.<br />

Die Einsatzfähigkeit des Heeres, die<br />

Starlinger in manchen Bereichen nur<br />

mehr sehr eingeschränkt sah, ist aus<br />

ihrer Sicht also immer noch gegeben?<br />

Unsere Soldaten erfüllen alle an sie gestellten<br />

Aufgaben. Das zeigt unsere Einsatzbereitschaft.<br />

Natürlich gibt es einen<br />

Investitionsbedarf. Hier möchte ich gezielt<br />

in jene Waffengattungen investieren,<br />

die für die einsatzwahrscheinlichsten<br />

Aufgaben bereitstehen. Ich spreche<br />

hier von Themen wie Cyberangriffe,<br />

Blackout oder Terroranschläge, die mit<br />

militärischen Mitteln geführt werden.<br />

Das sind die Herausforderungen des<br />

21. Jahrhunderts, im Gegensatz zum<br />

Kalten Krieg. Daher ist es wichtig, unser<br />

Bundesheer zukunftsfit zu machen.<br />

Es ist aber wohl trotzdem unbestritten,<br />

dass es dem Heer in sehr vielen<br />

Bereichen an wichtiger Ausrüstung<br />

und Infrastruktur mangelt, oder?<br />

Ich stehe als erste Verteidigungsministerin<br />

der Republik Österreich für Veränderung<br />

und Weiterentwicklung. Über<br />

Defizite zu reden ist zu wenig. Wir haben<br />

im Bundesheer Waffengattungen,<br />

die im Ausland hohe Anerkennung finden.<br />

Aber es gibt auch Waffensysteme,<br />

bei denen die Situation schwieriger ist.<br />

Mir ist wichtig, dass wir jene Truppen<br />

zuerst zukunftsfit machen, die wir in<br />

der derzeitigen sicherheitspolitischen<br />

Lage am wahrscheinlichsten brauchen.<br />

Wo sehen Sie dabei aktuell den dringendsten<br />

Handlungsbedarf? Wo gilt<br />

es den Hebel primär anzusetzen?<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / DA N I E L T R I P P O LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

Sie ist die erste<br />

Frau an der Spitze<br />

des Bundesheeres:<br />

Wir haben mit<br />

Verteidigungsministerin<br />

Klaudia Tanner<br />

über ihre ersten Tage<br />

im Amt, die Causa<br />

Eurofighter und ihre<br />

Zukunftspläne für das<br />

Heer gesprochen.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Jedes Waffensystem – auch die modernsten<br />

– brauchen gut ausgebildete<br />

Soldatinnen und Soldaten, um eingesetzt<br />

zu werden. Daher stelle ich unsere<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in<br />

den Fokus. Wir brauchen mehr junge,<br />

taugliche Österreicher und Österreicherinnen<br />

in unserem Bundesheer. Daher<br />

müssen wir das Bundesheer wieder<br />

in die Mitte der Gesellschaft rücken.<br />

Ein attraktiver und sinnstiftender<br />

Grundwehrdienst und ein modernes<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 4 H E E R & M E H R<br />

Dienstrecht sind wichtig, damit wir<br />

unser Bundesheer einsatzbereit halten<br />

können. Hier sehe ich großes Potential.<br />

Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von<br />

Maßnahmen, die aktuell zur Entscheidung<br />

heranstehen, wie etwa die Sicherstellung<br />

der aktiven Luftraumüberwachung,<br />

die Beschaffung neuer Hubschrauber<br />

sowie Investitionen in die<br />

Truppe und den Ausbau von Sicherheitsinseln.<br />

Sie haben die Luftstreitkräfte angesprochen:<br />

Die Saab-105Ö fliegt<br />

nur noch bis zum Jahresende, das<br />

Nutzungsende der Alouette III rückt<br />

immer näher und auch in anderen<br />

Bereichen stehen dringend<br />

notwendige Investitionen an.<br />

Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm<br />

zur aktiven Luftraumüberwachung<br />

bekannt. Wir werden<br />

dazu die kosteneffizienteste Variante<br />

suchen und implementieren. Mir ist dabei<br />

Transparenz besonders wichtig. Daher<br />

arbeite ich eng mit den Wehrsprechern<br />

der Parlamentsparteien zusammen,<br />

um eine gemeinsame demokratische<br />

Entscheidung zu treffen. Die Zeit<br />

einsamer Lösungen hinter verschlossenen<br />

Türen ist vorbei. Mit dem Ankauf<br />

von weiteren drei S-70 Black Hawk<br />

haben wir die Hubschrauberflotte<br />

gestärkt. Die Entscheidung zur Alouette<br />

III steht kurz bevor. Damit ist der<br />

Betrieb dieser, auch für den Katastrophenhilfseinsatz<br />

wichtigen, Elemente<br />

sichergestellt.<br />

Wie geht es mit dem Eurofighter<br />

weiter?<br />

Als Verteidigungsministerin ist für mich<br />

die Sicherstellung der aktiven Luftraumüberwachung<br />

wesentlich. Die Aufbereitung<br />

aller Daten für eine Entscheidung<br />

zur kosteneffektivsten Lösung überlasse<br />

ich den Experten. Momentan zweifle<br />

ich jedoch, dass der Airbus-Konzern als<br />

ein seriöser Ansprechpartner gesehen<br />

werden kann. Die Strafzahlungen in<br />

den USA und anderen europäischen<br />

Ländern lassen das Unternehmen in<br />

keinem guten Licht stehen. Die Entscheidung,<br />

wie die aktive Luftraumüberwachung<br />

aussehen wird, werde<br />

ich bis Sommer treffen.<br />

ZUKUNFTSPLÄNE Verteidigungsministerin<br />

Klaudia<br />

Tanner verschafft sich aktuell<br />

im Rahmen vieler Vor-Ort-<br />

Termine einen Überblick<br />

über die Stärken und<br />

Schwächen der rot-weißroten<br />

Streitkräfte. Die Aufgaben<br />

des Bundesheeres<br />

will sie nach den „einsatzwarhscheinlichsten<br />

Anlassfällen“ reihen und<br />

anschließend jene Truppen<br />

zuerst stärken, die „in der<br />

derzeitigen sicherheitspolitischen<br />

Lage am<br />

wahrscheinlichsten<br />

gebraucht werden“.<br />

Ist ein Ausstieg aus dem System Eurofighter<br />

und ein Wechsel auf einen<br />

anderen Flugzeugtyp immer noch<br />

eine Option?<br />

Derzeit arbeiten die Experten des<br />

Hauses an den Varianten für die kosteneffizienteste<br />

Lösung der aktiven<br />

Luftraumüberwachung. Dabei sind alle<br />

Optionen offen. Wichtig ist, dass wir<br />

mit dem Geld der Steuerzahlerinnen<br />

und Steuerzahler sorgfältig umgehen<br />

und die beste Lösung für Österreich<br />

finden.<br />

Eine finale Entscheidung, wie es mit<br />

der Luftraumüberwachung weitergeht,<br />

soll noch vor dem Sommer<br />

fallen. Wie zuversichtlich sind Sie,<br />

dass diese tatsächlich getroffen und<br />

dann auch zügig umgesetzt wird?<br />

Wir werden die aktive Luftraumüberwachung<br />

auch künftig sicherstellen<br />

können. Ich gehe davon aus, dass alle<br />

erforderlichen Maßnahmen nach der<br />

Entscheidung zügig umgesetzt werden<br />

können.<br />

Wie zuversichtlich sind Sie, dass es<br />

eine Aufstockung des Heeresbudgets<br />

geben wird?<br />

Das Budget verhandle ich gerade mit<br />

dem Finanzminister. Und ich bin zuversichtlich,<br />

dass wir mehr Geld für<br />

das Bundesheer erhalten werden. Aber<br />

es ist noch zu früh, um über Summen<br />

zu sprechen. Wichtig ist mir, dass wir<br />

dieses Geld in jene Bereiche investieren,<br />

die wir künftig zur Auftragserfüllung<br />

benötigen.<br />

Inwieweit fließen in die aktuellen<br />

Planungen die immer umfangreicher<br />

werdenden Aufgabengebiete ein?<br />

Der jüngste Hackerangriff auf das<br />

Außenministerium, der Großeinsatz<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / DA N I E L T R I P P O LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

rund um die Flüchtlingskrise 2015<br />

oder eine mögliche Reaktion im<br />

Falle einer weiteren Ausbreitung<br />

des Coronavirus zeigen schließlich,<br />

dass sich das Bundesheer auf immer<br />

mehr Einsatzwahrscheinlichkeiten<br />

vorbereiten muss.<br />

Sie sagen es: wir müssen das Bundesheer<br />

an die neuen Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts anpassen. Das<br />

steht auch im Regierungsprogramm.<br />

Abgesehen davon leisten unsere Soldaten<br />

und Soldatinnen schon jetzt mit<br />

sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen<br />

und Hilfseinsätzen bei Katastrophenfällen<br />

Dienste, wie sie wahrscheinlich<br />

in Zukunft noch häufiger<br />

auftreten werden. <strong>Aktuell</strong> steht das<br />

Bundesheer, allem voran die ABC-<br />

Abwehrtruppe und die Sanitätstruppe,<br />

jederzeit für Coronavirus-Einsätze<br />

bereit. Das zeigt, dass wir bereits jetzt<br />

reagieren können. Hier sind wir auf<br />

dem richtigen Weg. Jetzt gilt es, diese<br />

Kräfte für die einsatzwahrscheinlichsten<br />

Szenarien zu stärken. Das ist die<br />

von mir festgelegte Priorität bei der<br />

künftigen Streitkräfteentwicklung.<br />

Abschließend: Welche konkreten<br />

Maßnahmen und Umsetzungen wollen<br />

Sie am Ende ihres ersten Amtsjahrs<br />

unbedingt realisiert wissen?<br />

Wir werden das Bundesheer wieder in<br />

der Mitte der Gesellschaft verankern.<br />

Der Dienst für Österreich soll wieder<br />

attraktiv sein. Ich sehe in der Teiltauglichkeit<br />

einen wichtigen ersten Schritt,<br />

den ich heuer realisieren werde. Die<br />

ersten Untersuchungen im Rahmen<br />

der Stellung nach dem neuen System<br />

sollen bereits ab dem 1. Jänner 2021<br />

erfolgen. Die Sicherstellung der aktiven<br />

Luftraumüberwachung gehört<br />

ebenfalls zu den Prioritäten für das<br />

Jahr <strong>2020</strong> wie auch die Entscheidung<br />

über die Nachfolge der Alouette III.<br />

Und wohin wollen Sie die Streitkräfte<br />

darüber hinaus entwickeln?<br />

Wie sehen Sie das Bundesheer im<br />

Jahr 2025?<br />

Ich werde mein großes Ziel im Auge<br />

behalten und erste Weichenstellungen<br />

einleiten. In ein paar Jahren werden<br />

wir das Bundesheer an die neuen Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts<br />

angepasst und auf die einsatzwahrscheinlichsten<br />

Szenarien vorbereitet<br />

haben. Der Dienst an der Gesellschaft<br />

und insbesondere der Grundwehrdienst<br />

wird attraktiver und sinnstiftender<br />

gestaltet sein. Dazu wird das<br />

Österreichische Bundesheer als<br />

attraktiver Arbeitgeber jungen<br />

Menschen eine Karriere bieten.


0 3 6<br />

S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

CHINA FLIEGT<br />

AUFAFRIKA<br />

Europäer haben im Kolonialzeitalter die Welt erobert. Nun ist China in der Offensive: Seit Jahren baut Peking seinen Einfluss vor<br />

allem in Afrika mit Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Rohstoffe und seiner Prämisse, sich nicht in innenpolitische<br />

Angelegenheiten einzumischen, sofern sie den eigenen Interessen nicht schaden, in hohem Tempo aus. Längst hat China damit<br />

sowohl die USA als auch Frankreich als wichtigste Handelspartner des Kontinents hinter sich gelassen und nun entdecken auch<br />

chinesische Rüstungsbetriebe den Kontinent zusehends für sich. Produkte von Staatsunternehmen wie Catic, Avic und Norinco<br />

sind inzwischen wesentlicher Bestandteil diverser „Sicherheitskooperationen“ mit afrikanischen Staaten, das Volumen der<br />

chinesischen Rüstungsexporte nach Afrika stieg laut aktuellen Zahlen des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI<br />

von 2013 bis 2018 um 55 Prozent. Dieser Anstieg ist beispielsweise auf den bewaffnungsfähigen Hongdu K-8 Karakorum (Bild)<br />

zurückzuführen, der mit 175 Stück in sieben afrikanischen Luftwaffen inzwischen der meistverbreitetste Jet-Trainer des<br />

Kontinents ist und für dessen Nachfolger L-15 Sambia sogar Erstexportkunde wurde.<br />

im fokus<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

Gründung<br />

2015<br />

sitz<br />

Moskau<br />

umsatz<br />

8,8 Mrd. Euro (2018)<br />

Beschäftigte<br />

98.000<br />

PVO ALMAZ-ANTEY JSC<br />

Das 2015 zusammengefasste Konglomerat von rund 90 russischen<br />

Einzelherstellern bodengebundener Luftabwehr (inklusive<br />

Radars) PVO Almaz-Antey JSC ist die einzige russische<br />

Waffenschmiede unter den zehn umsatzstärksten Rüstungskonzernen<br />

der Welt. Bekannteste Produkte sind die –<br />

geläufig aktuell vor allem durch den kontroversen Verkauf<br />

ins NATO-Land Türkei – Luft- und Raketenabwehrkomplexe<br />

S-300PMU sowie S-400, das neue S-500 befindet sich bereits<br />

in Erprobung. Weiters zu erwähnen sind die Marschflugkörper<br />

3M14 der Kalibr-Klasse, 9K330 Tor, 96K6 Pantsir (Bild) und<br />

Viking sowie die neueste Exportversion M3 der auch aus dem<br />

Ukraine-Konflikt bekannten Buk-Familie. 2017 ist Almaz-<br />

Antej vor dem EU-Gerichtshof mit einer Klage gegen die<br />

2014 beschlossenen EU-Sanktionen gescheitert.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R , H E R ST E L L E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

„ANKARA HAT BEREITS EIN ANGEBOT FÜR SU-57E ERHALTEN“<br />

VIKTOR KLADOW<br />

ist Direktor der<br />

russischen Rüstungs-<br />

Staatsgesellschaft<br />

Rostec.<br />

Militär <strong>Aktuell</strong> sprach auf der Dubai Airshow mit dem<br />

Direktor für internationale Kooperationen des russischen<br />

staatlichen Rüstungskonzerns Rostec, Viktor<br />

Kladow, unter anderem über S-400, Su-57 und den Iran.<br />

Wie steht es aktuell um die russischen Rüstungsexporte?<br />

2018 lag Russland mit einem Marktanteil am globalen<br />

Geschäft von 21 Prozent hinter den USA mit 36 Prozent,<br />

aber deutlich vor Frankreich mit 6,8 Prozent. Von 2019<br />

haben wir noch keine finalen Zahlen, aber die zehn in<br />

den weltweiten Top 100 gelisteten russischen Konzerne<br />

verkauften Güter und Dienstleistungen im Gesamtwert<br />

von 32,9 Milliarden Euro. Das ist gleichauf mit 2018, fünf<br />

Unternehmen verzeichneten Zuwächse, fünf Einbußen.<br />

Die Türkei hat zuletzt Interesse am Su-57, dem russischen<br />

Stealth-Jäger der 5. Generation, angemeldet, da die Auslieferung<br />

des F-35 von den USA wegen Ankaras Ankauf russischer<br />

S-400 Luftwabwehr (Bild rechts) blockiert wird.<br />

Das stimmt und die Türkei hat auch bereits ein Angebot<br />

erhalten und denkt darüber nach. Formell ist Ankara immer<br />

noch Teil des F-35-Programms. Sollten sie die Entscheidung<br />

treffen, dort auszusteigen, ist unsere Industrie<br />

bereit, Su-35 oder Su-57E zu bauen und auch zu liefern.<br />

Vereinigten Arabischen Emirate mögliche Käufer. Teile<br />

könnten auch in diesen Ländern hergestellt werden – sofern<br />

die technischen Voraussetzungen eine Produktion zulassen.<br />

Die UdSSR hat sich militärisch und mit ihrer Rüstungsindustrie<br />

stark in Afrika engagiert. Täuscht der Eindruck oder richtet<br />

Russland nun seinen Fokus wieder verstärkt auf die Region?<br />

Der Eindruck täuscht nicht. Russland hat in den vergangenen<br />

Jahren Militär- und Sicherheitsabkommen mit vielen afrikanischen<br />

Ländern geschlossen. 2018 gingen 17 Prozent unserer<br />

Produkte nach Afrika, obwohl Ägypten zum Nahen Osten<br />

zählt, in den weitere 16 Prozent gehen. Dieser Anteil dürfte in<br />

Zukunft steigen, Kairo hat bereits 2017 einen Vertragsentwurf<br />

für neue Su-35 unterzeichnet.<br />

Was tut sich abseits von Kampfflugzeugen?<br />

Da russische Systeme immer öfter erfolgreich in regionalen<br />

Konflikten eingesetzt werden, können wir – den Sanktionen<br />

der USA und der EU zum Trotz – viele Wachstumsmärkte für<br />

uns nutzen. <strong>Aktuell</strong> gibt es großes Interesse am Luftabwehrsystem<br />

S-400 und dessen Radars, etwa von Saudi-Arabien und<br />

Katar. Potenzial sehen wir auch im Iran, der nach dem Nukleardeal<br />

von 2015 im Oktober wieder Zugang zum internationalen<br />

Rüstungsmarkt erhält. Der Bedarf Teherans umfasst Flugzeuge<br />

und Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, großkalibrige Artillerie,<br />

Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe und Raketensysteme.<br />

Der Su-57E ist die Exportversion des Su-57?<br />

Richtig. Dieser wurde vergangenen Sommer vorgestellt<br />

und neben der Türkei sind auch Indien, China und die


0 3 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

WAS GEHT NOCH IN DIE<br />

LUFT<br />

Analyse & Fotos: GEORG MADER<br />

Egal ob Saab-105Ö, Black Hawk, OH-58B Kiowa,<br />

C-130K Hercules oder Alouette III – bei den rot-weiß-roten<br />

Luftstreitkräften herrscht derzeit an praktisch allen Ecken<br />

und Enden dringender Aufholbedarf. Eine Übersicht.<br />

ie Saab-105Ö kann<br />

D<br />

nur noch bis Ende<br />

des Jahres, die Alouette<br />

III auch nur<br />

mehr bis 2023, die<br />

„Herkys“ brauchen<br />

immer öfter und längere Verschnaufpausen<br />

und auch sonst stellen sich<br />

rund um die rot-weiß-roten Luftstreitkräfte<br />

viele unbeantwortete Fragen und<br />

Problemfelder. Die meisten davon sind<br />

selbst verschuldet, auf immer wieder<br />

verschobene oder nicht und nur unzulänglich<br />

getroffene Entscheidungen zurückzuführen.<br />

Resultat davon ist ein<br />

gewaltiger „Investitionsrückstau Luft“,<br />

den es in den kommenden Jahren dringend<br />

aufzuarbeiten gilt. Allerdings:<br />

Anders als bisher stellt sich aufgrund<br />

der bereits vorgenommenen Einsparungen<br />

und der geringen vorhandenen<br />

Kapazitäten nun nicht mehr die Frage,<br />

ob es einzelne Systeme überhaupt noch<br />

braucht und sie nicht einfach aus der<br />

Flotte ausgeschieden werden können.<br />

Vielmehr geht es jetzt darum, wie<br />

anstehende Modernisierungen und<br />

Nachbeschaffungen am besten (und<br />

kosteneffizientesten) bewerkstelligt<br />

werden können.<br />

C-130K HERCULES<br />

Das Bundesheer betreibt in Hörsching<br />

drei C-130K, die 1967/68 an die RAF<br />

ausgeliefert wurden. Dank nahezu lückenloser<br />

Dauerpräsenz einer Maschine<br />

beim britischen Spezialisten Marshall of<br />

Cambridge können sie – erweitert um<br />

eine vierte ex-RAF-Maschine als Ersatzteilspender<br />

– noch bis mindestens 2025<br />

fliegen. Ein Problem sind die altersbedingt<br />

immer wieder auftretenden Störungen<br />

und Verzögerungen der viel<br />

geflogenen „Herkys“, so zuletzt im<br />

Dezember beim Hin- und Rückflug<br />

mit Minister Thomas Starlinger in den<br />

Kosovo. Der lange Ausfall 2019 war auf<br />

einen Unfall in den USA zurückzuführen,<br />

weltweit mussten bei allen C-130 die Propellerblätter<br />

getauscht werden. Folglich<br />

wurde die Versorgung der österreichischen<br />

Auslandskontingente über<br />

Wochen massiv beeinträchtigt, der benötigte<br />

Nachschub musste großteils per<br />

Lkw transportiert werden. Ein möglicher<br />

Ersatz wären – der notwendige politische<br />

Wille dafür vorausgesetzt – neue<br />

oder gebrauchte C-130J Juliet. Der Nachfolger<br />

der C-130K wird von den Briten<br />

zur Zeit ausgephast, zuletzt wurden Maschinen<br />

nach Bahrain und Bangladesh<br />

verkauft.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />

DA40 NG<br />

Am 19. September 2018 wurden die letzten beiden von insgesamt<br />

vier einmotorigen Diamond DA40 NG Schulungsflugzeugen an<br />

das Bundesheer übergeben. Das Flugzeug aus leichtem Verbundwerkstoff,<br />

angetrieben von einem hochmodernen 168 PS Jet-Fuel<br />

Motor von Austro Engine (Tochterfirma der Diamond Aircraft), ist<br />

eine außergewöhnliche Trainingsplattform für den Instrumentenflug<br />

(IFR). Das Cockpit ist mit G1000 NXi Avionik von Garmin ausgestattet,<br />

das jenen in großen Verkehrsflugzeugen sehr ähnlich ist. Die<br />

Ausstattung in diesem Bereich ist also „State of the art”, es besteht<br />

kein Modernisierungs- oder Nachrüstbedarf.<br />

„Österreichs Luftstreitkräfte sind in der Geriatrie gelandet“<br />

FOTO S : M A R S H A L L O F C A M B R I D G E , B U N D E S H E E R<br />

GEORG MADER ist einer<br />

der renommiertesten österreichischen<br />

Luftfahrtjournalisten,<br />

Korrespondent des britischen<br />

„Jane’s Defence“ und seit<br />

vielen Jahren Autor von<br />

Militär <strong>Aktuell</strong>.<br />

Die gute Nachricht vorweg: Obwohl mit<br />

dem strapazierten Begriff „Kosteneffizienz“<br />

versehen, findet sich im türkis-grünen Regierungsprogramm<br />

ein klares Bekenntnis zur<br />

Sicherstellung einer passiven und aktiven rotweiß-roten<br />

Luftraumüberwachung. Damit<br />

scheinen die in der Vergangenheit vielfach<br />

angedachten „Auslagerungsideen“ und<br />

möglichen „internationalen Kooperationen<br />

in der Luftraumüberwachung“ endlich passé.<br />

Diese waren souveränitäts- und neutralitätsbezogen<br />

sowieso stets Unsinn, hätten möglicherweise<br />

sogar dazu geführt, dass eine<br />

andere Macht für uns Neutrale (!) ihre eigenen<br />

militärischen Überflüge kontrolliert hätte. Ob<br />

sie da immer ganz genau hingesehen hätten?<br />

Wir brauchen uns trotzdem keinen Illusionen<br />

hingeben: Am Ende werden die längst überfälligen<br />

Entscheidungen über die künftige<br />

Gestaltung, Ausstattung oder weitere Ausdünnung<br />

unserer Luftstreitkräfte nicht von<br />

unseren Generälen getroffen, sondern von<br />

der Regierungsspitze, im Koalitionsausschuss<br />

und im Finanzministerium. Also von<br />

jenen Ebenen, für die Nulldefizit und Steuerentlastungen<br />

deutlich mehr Priorität zu genießen<br />

scheinen als moderne Abfangjäger,<br />

Jet-Trainer und Hubschrauber. Die Forderung<br />

von Expertenminister Thomas Starlinger<br />

nach Investitionen von 16 Milliarden Euro<br />

sind vor diesem Hintergrund nicht einmal<br />

mehr Schnee von gestern.<br />

Trotzdem gibt es einen Lichtblick: Sowohl<br />

jüngste grüne Wortmeldungen als auch persönliche<br />

Gespräche des Autors während der<br />

Koalitionsverhandlungen lassen nun deutlich<br />

mehr Realismus und Verständnis für die<br />

Beschaffung neuer Fluggeräte erkennen, als<br />

das früher der Fall war. Dass etwa Vizekanzler<br />

Werner Kogler in Diskussionen „den kleinen<br />

italienischen Fiat“, oder der grüne Wehrsprecher<br />

die „rasch umsetzbare Möglichkeit des<br />

Leasings von italienischen Advanced Jet Trainern“<br />

ansprechen, ist ein bemerkenswerter<br />

Wandel. „Wir verstehen, dass es einen Luftpolizeidienst<br />

im Friedensbetrieb geben<br />

muss – aber das kann und muss billiger als<br />

mit Hochleistungskampfflugzeugen gehen”,<br />

sagte mir ein grüner Verhandler. Der Ansatz<br />

stimmt, da fehlt eigentlich „nur” noch die<br />

„Denk-Schleife“ zur auch von Neo-Verteidigungsministerin<br />

Klaudia Tanner jüngst einmal<br />

mehr betonten umfassenden militärischen<br />

Landesverteidigung. Diese wurde<br />

in der Luft aber – im Vergleich mit ähnlich<br />

großen und wohlhabenden Staaten wie<br />

Österreich – ohnehin nie in konfliktrelevanter<br />

Anzahl und mit zeitgemäßer Bewaffnung<br />

erreicht. Augenscheinlich wird das etwa<br />

bei den mehr als 50 Jahre alten, anderswo<br />

höchstens noch von Museumsstaffeln betriebenen,<br />

Düsentrainern und Hubschraubern.<br />

Abschließend noch ein Hinweis an all jene,<br />

die glauben, es wäre damit getan, altes Gerät<br />

durch neues zu ersetzen: In Zeltweg wurde<br />

zwar im Zuge der Eurofighter-Beschaffung<br />

die Infrastruktur von „Besatzungszeit-Standard“<br />

auf zeitgemäßes Niveau gebracht.<br />

Anderswo stehen die Fluggeräte des Heeres<br />

aber nach wie vor in teils musealen Hangars.<br />

Dazu kommt eine Personalsituation, die<br />

selbst mit größtem Optimismus als unbefriedigend<br />

zu bezeichnen ist. Es fehlt auf praktisch<br />

allen Ebenen an Spezialisten und<br />

Fachkräften – nicht zuletzt bei den Piloten.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 0 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

EUROFIGHTER & SAAB-105Ö<br />

Soll der geplante und dringend notwendige<br />

Ersatz der altersschwachen<br />

Saab-105Ö so wie aktuell die „105er”<br />

einen Teil der Luftraumüberwachung<br />

übernehmen oder nicht? Eine gute<br />

Frage, deren Antwort wohl Dreh- und<br />

Angelpunkt der zukünftigen rot-weißroten<br />

aktiven Luftraumüberwachung<br />

ist und über die Eurofighter-Zukunft<br />

ebenso entscheidet wie über die<br />

Saab-Nachfolge<br />

Aber alles der Reihe nach, beginnen<br />

wir mit der Saab-105Ö: Auch wenn<br />

in Folge der Nach-Anfertigung der<br />

Rumpf/Leitwerksbolzen der Flugbetrieb<br />

Anfang Februar wieder aufgenommen<br />

werden konnte, ist die Einstellung<br />

des Betriebs mit Ende dieses<br />

Jahres fix. Dadurch ergeben sich gleich<br />

mehrere Probleme. Nummer eins: Zuletzt<br />

wurde von den „105ern” rund ein<br />

Viertel der aktiven Luftraumüberwachung<br />

getragen. Dieser Anteil könnte<br />

prinzipiell zwar von den Eurofightern<br />

mit ihren zurzeit 1.100 Flugstunden<br />

übernommen werden, allerdings ist<br />

das aktuell aufgrund von Personalengpässen<br />

und nur verfügbaren 16 bis 18<br />

Piloten nicht 1:1 möglich und sind die<br />

Flugstunden rund zehnmal teurer.<br />

Problem Nummer 2: Mit dem Ausscheiden<br />

der Saab-105Ö tut sich in der<br />

rot-weiß-roten Pilotenausbildung ein<br />

kostspieliges Fähigkeitenloch auf. Zu<br />

den Aufwänden für die ohnehin bereits<br />

ausgelagerte Jet-Pilotenausbildung (u.<br />

a. für Auslandsdienstreisen und -aufenthalte<br />

in Lecce und Laage) stellt sich<br />

dann auch die Problematik der „Proficiency“<br />

– also des Fähigkeitenerhalts.<br />

Wie soll der bereits zwei Jahre um viele<br />

Millionen Euro ausgebildete Jungpilot<br />

seine „Wings“ bis zur (angeblich ziemlich<br />

teuren) Eurofighter-Typenschulung<br />

viele weitere Monate gültig halten?<br />

Konsequenz davon ist wiederum ein<br />

erhöhter Kostenaufwand, der aber<br />

ohnehin kaum mehr zu vermeiden ist.<br />

Der Zulauf eines Nachfolgers bis Jahresende<br />

ist illusorisch, die Systemeinführung<br />

würde im Fall der Fälle ohnehin<br />

mehrere Jahre dauern. Immerhin: Eine<br />

Entscheidung über die Saab 105Ö-<br />

Nachfolge soll nun (nach vielen Verschiebungen<br />

in den vergangenen Jahren)<br />

Ende Juni fallen. Spätestens dann müsste<br />

es also auch eine Antwort auf die eingangs<br />

formulierte Frage geben.<br />

Um Verwerfungen wie im Nachgang des<br />

Eurofighter-Ankaufs zu vermeiden, wird<br />

bei der Saab-Nachfolge aktuell ein strikter<br />

Government-to-Government-Zugang<br />

ohne Mittelsmänner oder heimische<br />

Repräsentanten verfolgt. Laut Informationen<br />

aus der Gruppe Bereitstellung im<br />

Verteidigungsministerium, die für Beschaffungen<br />

zuständig ist, befindet man<br />

sich aktuell in Gesprächen mit Italien,<br />

Tschechien, Deutschland und Großbritannien.<br />

Obwohl diese Vorgangsweise<br />

prinzipiell zu begrüßen ist, hat sie mehrere<br />

Haken: So wissen Regierungsbeamte<br />

oft kaum über mögliche Produktionsslots<br />

und Subsystem-bedingte<br />

Preismargen der eigenen Hersteller bescheid.<br />

Bundesheer-Beschaffer beklagen<br />

zudem die fehlende Nähe zu Entwicklern<br />

und Ingenieuren. Technische Fragestellungen<br />

könnten daher nur schwer erörtert<br />

werden, was den Typenentscheid<br />

nicht vereinfache.<br />

Soll der Nachfolger so wie aktuell die<br />

Saab-Jets einen Teil der Luftraumüberwachung<br />

übernehmen, fallen die durchaus<br />

innovative tschechische L-39NG-Neuauflage<br />

des Albatros oder Leonardos M-345<br />

ebenso wie ältere Muster – etwa gebrauchte<br />

britische BAE-Hawk – von Vornherein<br />

durch den Rost. In diesem Falle<br />

bliebe mit dem M-346 wohl nur das stärkere<br />

der beiden in Frage kommenden<br />

italienischen Designs im Rennen. Dabei<br />

handelt es sich streng genommen zwar<br />

um einen Hochleistungstrainer und<br />

keinen Abfangjäger, allerdings ist eine<br />

Bewaffnung beispielsweise mit IRIS-T-<br />

Luft-Luft-Lenkwaffen möglich und die<br />

Performance – als einziger zweistrahliger<br />

Jet unter den Kandidaten – deutlich über<br />

den zuvor genannten Modellen. Eine<br />

Mehrheit im Heer scheint das italienische<br />

Muster auch deshalb zu favorisieren, weil<br />

es von der M-346 mit der M-346FA seit<br />

Kurzem eine „Fighter-Variante“ mit<br />

eigenem Griffo-Bordradar gibt.<br />

Alternativ zum M-346 könnten höhere<br />

Investitionen in den Eurofighter stehen.<br />

Zusätzlich zu den noch heuer notwendigen<br />

Investitionen für neue Mode-5/S-<br />

Transponder (rund 400.000 Euro pro<br />

Maschine) würde eine zeitgemäße<br />

Ausstattung mit Infrarot-Nachtsicht,<br />

elektronischem Selbstschutz samt Radarwarnempfänger<br />

und Radar-Allwetter-<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / Z I N N E R , G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />

Lenkwaffen mit maximal 200 Millionen Euro zu<br />

Buche schlagen. Eine Aufwertung des Eurofighter zur<br />

alleinigen Luftraumüberwachungsnutzung könnte<br />

auch L-39NG und Co wieder ins Spiel bringen, um die<br />

teure Ausbildung „heimzuholen”. Denkbar ist auch<br />

ein Systemwechsel vom Eurofighter auf einen anderen<br />

Jet wie den französischen Rafale oder schwedische<br />

Gripen. Gerüchten zufolge liegt den rot-weiß-roten<br />

Militärs seit 2017 eine „Information“ von Saab über<br />

15 plus drei Gripen-C/D MS20 mit Lieferung innerhalb<br />

von 18 Monaten zu Raten in Höhe der Eurofighter-<br />

Betriebskosten auf dem Tisch.<br />

Apropos Kosten: Die wirklich vergleichbaren operativen<br />

Aufwände (inklusive Tageswartung, Kerosin und<br />

Co, exklusive gesamte Systemkosten) liegen bei der<br />

Saab-105Ö bei rund 3.000 Euro pro Flugstunde. Der<br />

M-346FA wäre mit 4.000 bis 5.000 Euro geringfügig<br />

teurer, beim Gripen C/D liegen die Kosten pro Flugstunde<br />

zwischen 12.000 und 15.000 Euro und beim<br />

Eurofighter zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Die<br />

Ankaufkosten eines M-346FA dürften inklusive Supportanteil<br />

bei rund 30 Millionen Euro liegen, jene von<br />

M-345 und L-39NG um die 10 bis 12 Millionen Euro –<br />

für alle drei Varianten sind unseren Informationen<br />

zufolge Leasing-Beschaffungen möglich.<br />

PC-6<br />

TURBO PORTER<br />

Ebenso wie drei PC-7<br />

Turbo Trainer wurden<br />

2012 auch fünf Stück<br />

der PC-6 Turbo Porter an<br />

RUAG zurückverkauft.<br />

Allerdings handelte es<br />

sich dabei nicht um die<br />

ältesten Maschinen,<br />

sondern um jene, bei<br />

denen nach im Schnitt 5.800 Flugstunden die größeren<br />

Wartungsereignisse anstanden – die kurzfristige Einsparung<br />

stand im Vordergrund. Die übrigen acht Maschinen<br />

tun aktuell Dienst als Transport-/Verbindungsflugzeug,<br />

zum Absetzen von Fallschirmspringern, für Lastabwürfe,<br />

Luftbild- und Messflüge, als Löschflugzeug oder als<br />

Schleppflugzeug für Zielsäcke bei Übungen der Fliegerabwehr.<br />

Der frühere Airchief Generalmajor Karl Gruber<br />

bezeichnete die Maschinen aufgrund ihrer Ausstattung<br />

mit modernen Vexcel-Kameras (UltraCam Mk. 2 und Mk.<br />

3) scherzhaft als Drohnen. 2016 wurde auch eine interessante<br />

Funktion als Sprechfunk-Relaisstation in oder über<br />

Tälern angedacht, Upgrades bei Fluginstrumentierung<br />

und Navigation stehen demnächst an.


0 4 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

ALOUETTE III<br />

„Warum müssen uns Hubschrauber<br />

aus dem Ausland unterstützen? Haben<br />

wir selbst kein taugliches Gerät?“ Geschwaderkommandanten<br />

erinnern sich<br />

noch gut an den kritischen Unterton der<br />

vom damaligen Bundeskanzler Viktor<br />

Klima im Februar 1999 nach der Lawinenkatastrophe<br />

von Galtür gestellten<br />

und öffentlich vorgetragenen Fragen.<br />

Ihre Antwort lautete: „Nein”. Das Heer<br />

verfügte damals über keine großen<br />

Transporthubschrauber, in weiterer<br />

Folge wurde daher beschlossen, mit<br />

zwölf neuen Black Hawks diese Fähigkeitslücke<br />

zu schließen. Geworden sind<br />

es letztlich bekanntlich nur neun, von<br />

denen wiederum aktuell (siehe Infokasten<br />

Black Hawk auf der nächsten Doppelseite)<br />

nur vier flugfähig sind. Das hat<br />

natürlich immer wieder Engpässe zur<br />

Folge, die etwa rund um die massiven<br />

Schneefälle im Jänner 2019 augenscheinlich<br />

wurden, als insgesamt<br />

19 Bundesheer-Hubschrauber (neben<br />

den vier S-70 auch einige AB-212 aus<br />

Hörsching und Alouette III aus Aigen im<br />

Ennstal) im Dauereinsatz standen. Eine<br />

Katastrophe wie einst in Galtür wäre mit<br />

dieser Maschinen-Anzahl erneut nicht<br />

bewältigbar gewesen, dafür bräuchte<br />

man mindestens eine personell voll ausgestattete<br />

Staffel AB-212 (zwölf Maschinen)<br />

sowie zwei Staffeln (24 Stück)<br />

Black Hawk und zwölf bis 18 Mehrzweckhubschrauber<br />

wie die Alouette III.<br />

Das Problem: Österreich verfügt weder<br />

über ausreichend Black Hawks (auch<br />

wenn nun drei neue Maschinen beschafft<br />

werden) noch über neue Mehrzweckhubschrauber<br />

als Ersatz für die in<br />

die Jahrzehnte gekommene Alouette III-<br />

Flotte (1967), die bald ihren Dienst quittieren<br />

muss. Die Ersatzteilbevorratung<br />

der aktuell 19 Maschinen (darunter neben<br />

den Einsatzhelis in Aigen auch<br />

Schulungshubschrauber in Langenlebarn)<br />

reicht nur noch bis 2023, eine Ersatzbeschaffung<br />

wurde daher erstmals<br />

unter Verteidigungsminsiter Gerald<br />

Klug (2013 bis 2016) ins Auge gefasst.<br />

Unter Verteidigungsminister Mario<br />

Kunasek (2017 bis 2019) wurde der<br />

anschließend neuerlich verschobene<br />

geplante Zulauf dann mit einem Budget<br />

(politisch musste dafür das „Mascherl”<br />

eines Katastrohphenschutzpakets<br />

herhalten) hinterlegt und konkretisiert.<br />

Zur Disposition für den Ersatz der<br />

Alouette III standen damals zwölf<br />

leichte(re) bewaffnungsfähige Unterstützungs-Einsatzhubschrauber<br />

sowie<br />

sechs Schulungshubschrauber. Diese<br />

sollten bevorzugt vom selben Bieter<br />

und – zur Vermeidung einer zusätzlichen<br />

Logistikschiene – vom selben Typ<br />

beschafft werden. Laut aktuellen Informationen<br />

aus der Sektion Bereitstellung<br />

dürfte die im Regierungsprogramm<br />

explizit erwähnte Beschaffung weiter<br />

im Rahmen eines Katastrophenschutzpakets<br />

laufen. <strong>Aktuell</strong>e Überlegungen<br />

gehen nun aber dahin, ein Modell zu<br />

wählen, das in einigen Jahren auch die<br />

UH-58B Kiowa des Bundesheeres ersetzen<br />

könnte, um die Effizienz in Wartung<br />

und Betrieb zu verbessern.<br />

Kandidaten für die Nachfolge gibt es<br />

einige: Entgegen zwischenzeitlicher<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />

AB-212<br />

Die beginnend mit 1980 zugelaufenen<br />

23 Zweiblattrotor-Maschinen<br />

wurden ab 2010 bis 2016 um rund<br />

70 Millionen Euro einem sogenannten<br />

Midlife-Update unterzogen. Jenes<br />

ermöglicht die Steigerung des<br />

Situationsbewusstseins (Situational<br />

Awareness) bei gleichzeitiger Reduzierung<br />

sowie Herabsetzung der<br />

Arbeitsbelastung der Piloten. Dazu<br />

wurden eine moderne 3-Display-Auslegung der Überwachungs- und Anzeigesysteme der Flugsteuerung, neue Navigationsanzeigen<br />

mit Kartendarstellung, ein Helmdisplay, aber auch Selbstschutzsensoren mit Täuschkörperwerfern eingerüstet. Flugaufträge<br />

sind dank nachtsichttauglichem Cockpit sowie Nachtsichtbrillen auch 24/7 möglich, es gibt folglich bei den „212er“ sogar eine<br />

„Nacht-Einsatzbereitschaft“ von allerdings nur zwei Maschinen. Diese geringe Zahl ist das Ergebnis einer dünnen Personaldecke<br />

bei Piloten und Werftpersonal. Statt der nötigen rund 50 Piloten für die AB-212 stehen aktuell nur rund 20 im Bundesheer-Sold. Die<br />

derzeit in Ausbildung befindlichen 20 Piloten (drei Jahre Ausbildungszeit) werden den Bedarf kaum decken können, da weiter mit<br />

einer massiven Abwanderung in die Privatwirtschaft zu rechnen ist. Inzwischen soll<br />

aufgrund der tristen Personalsituation die Hälfte der Maschinen – also eine ganze<br />

Überlegungen und dem 2017 angepassten<br />

Pflichtenheft scheinen aktuell anstelle<br />

kleinerer Plattformen wie AW109 Trekker<br />

oder Bell-429 wieder größere Muster<br />

mit einer Kapazität von sieben oder<br />

acht Passagieren favorisiert zu werden.<br />

Der Trend zur Größe ist aktuell auch<br />

bei anderen Armeen und Rettungsdiensten<br />

wie der Schweizer Rettungsflugwacht<br />

festzustellen. Der Stand der<br />

Technik ( zwei Piloten, Perfomance<br />

Based IFR-Navigation, …) macht eine<br />

Entscheidung für den Leonardo AW169<br />

oder den Airbus H145M mit neuem Fünfblatt-Rotor<br />

wahrscheinlich. Ähnlich wie<br />

bei der geplanten Saab 105Ö-Nachfolge<br />

gehen die Überlegungen dabei in<br />

Richtung eines Government-to-Government-Geschäfts.<br />

Laut Beschaffungsoffizieren<br />

wäre man aber auch für eine<br />

„klassische“ Ausschreibung gerüstet.<br />

Staffel – „stehen“, von der zweiten Staffel soll ein harter Kern von sechs Stück im<br />

Bestand gehalten werden. Allerdings: Sollen diese auch stets einsatzbereit sein,<br />

wären dafür nach der 3-Regel (Startbereit, Reservemaschinen, Werft) 18 Maschinen<br />

notwendig. <strong>Aktuell</strong> plant das Bundesheer den Betrieb seiner AB-212-Flotte<br />

bis 2030.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R<br />

Zur Orientierung: Ungarn bezahlt aktuell<br />

für 20 (schwer) bewaffnete H-145M rund<br />

310 Millionen Euro. Das Bundesheer<br />

müsste demnach mit einem Preis von<br />

zehn bis 15 Millionen Euro pro Maschine<br />

rechnen. Ein Problem bleibt neben der<br />

(überschaubaren) Stückzahl der Faktor<br />

Zeit: Wie erwähnt ist ein Betrieb der<br />

Alouette-Flotte über 2023 hinaus nicht<br />

möglich. Für die Einführung und Fähigkeitsentwicklung<br />

eines neuen Musters<br />

bis hin zur Adaption aller Ausbildungsund<br />

Logistik-Notwendigkeiten veranschlagen<br />

Militärs aber durchschnittlich<br />

zehn Jahre.


0 4 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

PC-7 TURBO<br />

TRAINER<br />

Zwölf von einst 16 PC-7 Mk.1 (drei wurden<br />

2012 an RUAG „zurückverkauft“)<br />

werden in Zeltweg nach wie vor in der<br />

Piloten-Basisausbildung sowie (mit MG-<br />

Behältern ausgerüstet) gegen langsame<br />

Ziele bei Luftraumsicherungsoperationen<br />

eingesetzt. Nach 37 Einsatzjahren<br />

müssen nun allerdings einzelne Avionikkomponenten<br />

getauscht werden. Vom<br />

Bundesheer dürfte dabei eine kostengünstige<br />

Lösung präferiert werden, das<br />

vom Hersteller angebotene neue Glascockpit<br />

ist wohl zu teuer. Noch 2016<br />

ging man von einem Cockpit-Upgrade<br />

der PC-7 aus, das ARWT führte dafür bereits<br />

Vibrationsmessungen durch. Mittelfristig<br />

sollen die PC-7 (Planungsstand<br />

2017) durch „High Efficiency Trainer“<br />

ersetzt werden. Infrage kommende<br />

Kandidaten wären neue oder generalüberholte<br />

PC-7 und PC-9, neue PC-21,<br />

Beechcraft T-6II (eine solche Werksmaschine<br />

wurde mehrmals in Zeltweg gesichtet)<br />

oder leichte Jets wie Leonardo<br />

M345HET oder AERO L-39NG. Letztere<br />

werden mit Betriebskosten wie Turboprops<br />

beworben – und sind natürlich<br />

so wie die Zeltweger PC-7 mit MG- oder<br />

Raketenbehältern bewaffnungsfähig.<br />

OH-58B KIOWA<br />

Mit seiner M-134 Minigun 7,62 mm ist der OH-58B Kiowa aktuell der einzige –<br />

optional – offensiv bewaffnete Hubschrauber der rot-weiß-roten Luftstreitkräfte,<br />

mit 43 Jahren aber auch nicht mehr der Jüngste. Vor zehn Jahren wurde<br />

daher bereits ein budgetbedingtes Ausscheiden angedacht (und wieder verworfen),<br />

in der Zwischenzeit erhielten die zehn Maschinen (von ursprünglich<br />

zwölf) in Folge von Verlegungen zu Übungen von Norwegen bis Portugal<br />

„schicke” Winter- und Wüstenanstriche und sogar echte Rollenaufwertungen.<br />

So wurden die Kiowas zur Überwachung von Flugbeschränkungsgebieten<br />

(wie im Rahmen der Dädalus) und zur Abwehr von langsamen „Eindringlingen”<br />

mit einer binokularen Nachtsichtbrille mit Restlichtverstärker nachtkampftauglich<br />

gemacht. Zur Geländeüberwachung wurde zudem eine<br />

zeitgemäße und fernbedienbare Infrarotkamera (FLIR – in ihrer jüngsten<br />

Ausführung ein FLIR380HD) integriert, wie sie beispielsweise auch in der<br />

PC-6 Turbo Porter verbaut ist. Der HD-fähige Downlink ermöglicht eine Live-<br />

Übertragung der Aufklärungsergebnisse, die ebenfalls neue Senkrechtkamera<br />

Vexcel darüber hinaus verschiedene Prozessierstufen bis hin zu 3D-Ansichten<br />

wie jüngst beim Hochwassereinsatz in Osttirol und Kärnten. Angeblich stieg<br />

infolge der nun hochwertigeren Qualität der Luftaufklärung die entsprechende<br />

Nachfrage. Immer öfter genutzt wird der OH-58B auch in Zusammenhang mit<br />

vorgeschobenen Luftnahunterstützungs-Koordinatoren (JTAC), beispielsweise<br />

bei den Aufklärungs-Artilleriebataillonen.<br />

FLIEGERABWEHR<br />

Nach dem Motto „wer soll uns schon aus der Luft angreifen?“<br />

vielfach als überflüssig hinterfragt, wird im Bereich der Luftabwehr<br />

die steigende Notwendigkeit der Drohnenabwehr übersehen.<br />

Resultat davon: Auch in diesem Bereich herrscht dringender<br />

Nachholbedarf! Das Kurzstreckensystem Mistral wird heute<br />

schon lebensdauerverlängert, 2025 ist Nutzungsende. Und die<br />

ebenfalls in die Jahre gekommene 35-mm-Zwillingslfliegerabwehrkanone<br />

85 samt Skyguard-Feuerleitgerät kann mangels ausgephaster<br />

schwerer Lkw aktuell nur auf der Straße transportiert<br />

werden, aber nicht im Gelände, wo die Fliegerabwehr eigentlich<br />

positioniert werden sollte …<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R / M I L L E R ,<br />

F L I E G E R - U N D F L I E G E R A BW E H R - R U P P E N S C H U L E<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />

S-70A42 BLACK HAWK<br />

<strong>Aktuell</strong> sind lediglich vier von insgesamt<br />

neun Black Hawks des Bundesheeres<br />

einsatzbereit, obwohl das System „nur“<br />

17 Jahre alt ist. Grund dafür: In den<br />

Sikorsky-Hubschrauben sind – im Unterschied<br />

beispielsweise zu den dreimal so<br />

alten Alouette III – zahlreiche Computersysteme<br />

verbaut, die im Schnitt alle zehn<br />

Jahre sogenannte „Obsoleszenzen“ notwendig<br />

machen. Das heißt, bestimmte<br />

Ersatzteile oder Komponenten werden<br />

nicht mehr erzeugt. Im Fall des Black<br />

Hawk müssen die zunehmend ausfallenden<br />

Rockwell-Collins-Farbdisplays getauscht<br />

und folgedessen umfangreiche<br />

Cockpit-Umbauten vorgenommen werden.<br />

Zwar hat die 1. Staffel in Langenlebarn<br />

mittlerweile den ersten von der US-<br />

Firma Ace Aeronautis in Huntsville (Alabama)<br />

mit einem Garmin-basierten Ace<br />

Deck-Cockpit ausgestatteten (bei der<br />

Gelegenheit wurden auch Conrad- und<br />

Tetis-Funk integriert) Black Hawk zurückerhalten,<br />

die Modernisierung dauert<br />

allerdings länger als gedacht. Das liegt<br />

einerseits an der späten Einleitung des<br />

Überarbeitungsvorhabens. Andererseits<br />

haben sich laut Aussagen zuständiger<br />

Offiziere Testflüge, Werksgüteprüfung<br />

und in weiterer Folge der Schiffstransport<br />

verzögert, weil die US Federal<br />

Aviation Administration (Bundesluftfahrtbehörde)<br />

seit Bekanntwerden der gravierenden<br />

Probleme der Passagiermaschine<br />

Boeing 737 MAX deutlich<br />

„pingeliger“ prüfe als früher.<br />

Ungeachtet dessen sollen die übrigen<br />

acht Bundesheer-Black Hawks (anfänglich<br />

mit Unterstützung von Ace-Personal)<br />

in den nächsten zwei bis drei Jahren in<br />

der Fliegerwerft 1 in Langenlebarn<br />

dieselben Einbauten wie der bereits<br />

modernisierte S-70 erhalten. Parallel<br />

dazu sollen in Huntsville von Ace<br />

Aeronautics drei sehr baureihengleiche<br />

UH-60 (Typnummer des US-Militärs,<br />

die auch für über die US-Regierung<br />

verkaufte S-70 verwendet wird) der<br />

jordanischen Luftwaffe rüstmäßig an die<br />

Austro-Helis angeglichen werden und<br />

spätestens ab 2022 die rot-weiß-rote<br />

Black Hawk-Flotte verstärken. Die für<br />

die Beschaffung notwendige US-Exportgenehmigung<br />

wurde bereits erteilt.


0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

ZWISCHEN<br />

TRADITION UND<br />

INNOVATION<br />

Wie sich ein oberösterreichischer Familienbetrieb im globalen<br />

Handschuhgeschäft behauptet und den österreichischen Kampfpanzer-<br />

Besatzungen bei der „Strong Europe Tank Challenge“ zum Weltmeistertitel<br />

verhalf – ein Besuch bei der Firma Eska in Thalheim bei Wels.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Bilder: CHRISTIAN HUBER<br />

HANDSCHUHMACHEN<br />

WIE FRÜHER Mit diesen<br />

Materialien, Stanzformen<br />

und Werkzeugen wurden<br />

früher Straßenhandschuhe<br />

aus Ziegenfell hergestellt.<br />

Bei Eska kommt das alte<br />

Wissen auch heute noch<br />

immer wieder zum Einsatz.<br />

W<br />

ie oft Paul<br />

Loos in seinem<br />

Leben schon<br />

Handschuhe<br />

übergezogen<br />

hat, weiß er<br />

nicht. „Zehntausende Male bestimmt“,<br />

sagt er und lächelt. „Vielleicht auch öfter.“<br />

Egal, der Seniorchef des in Thal-<br />

heim bei Wels beheimateten oberösterreichischen<br />

Familienbetriebs Eska hat<br />

jetzt keine Zeit für Rechenspiele. Der<br />

78-Jährige schlüpft mit seiner rechten<br />

Hand gerade in den speziell für die<br />

deutsche Bundeswehr entwickelten<br />

Scharfschützenhandschuh „Tarius“ und<br />

beginnt zu erklären. Nein, vielmehr zu<br />

schwärmen. Von der exakten Passform,<br />

der feinen Naht, den verwendeten Materialien<br />

(„die Hülle besteht aus einem<br />

Spezial-Gestrick mit IR-Remissionsschutz“),<br />

der Anziehhilfe aus Digitalleder<br />

und dem perforierten Schießfinger<br />

mit Bewegungsfalte und Straffvorrichtung,<br />

der für sicheres Gefühl am Abzug<br />

und damit einen perfekten Waffengebrauch<br />

sorgt. „Da ist uns echt was<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />

Tolles gelungen“, sagt er irgendwann und man<br />

merkt: Der „Tarius“ ist für ihn weit mehr als nur<br />

ein Handschuh, er ist eine Herzensangelegenheit.<br />

„Natürlich“, sagt der charismatische Oberösterreicher<br />

und lächelt schon wieder. „Wir stecken schließlich<br />

in die Entwicklung jedes Handschuhs sehr viel<br />

Herzblut. Die Ansprüche an Taktilität, Schutz und<br />

Funktionalität sind gerade im Militärbereich sehr<br />

hoch.“ Das beweist auch die ebenfalls für die Bundeswehr<br />

ausgearbeitete Handschuhlinie „IdZ“, wie der<br />

mit seinem Vater namensgleiche Juniorchef Paul<br />

Loos beim Besuch von Militär <strong>Aktuell</strong> verrät: „Wir<br />

haben mit der Entwicklung vor rund zehn Jahren als<br />

Teil des deutschen Infanterie-Modernisierungsprogramms<br />

,Infanterist der Zukunft‘ (Anm.: daher auch<br />

die Abkürzung IdZ) begonnen. Alleine die Produktentwicklung<br />

dauerte sechs Jahre und schloss auch<br />

zahlreiche Tests unter anderem im Gebirge in Afghanistan<br />

ein. Immer wieder nahmen wir Änderungen<br />

und Verbesserungen vor.“ Ein Aufwand, der<br />

sich nun bezahlt macht: Das Set ist schon jetzt<br />

in geringen Stückzahlen bei der Bundeswehr<br />

eingeführt, in den kommenden Jahren sollen alle<br />

deutschen Soldaten damit ausgestattet werden.<br />

BIS ZU 160 EINZELTEILE<br />

Moderne Handschuhe sind<br />

Hightech und setzen sich aus<br />

zahlreichen unterschiedlichen<br />

Materialien und Einzelteilen<br />

zusammen. Die hohe Funktionalität<br />

seiner Produkte<br />

demonstriert Juniorchef<br />

Paul Loos gleich selbst, gefertigt<br />

werden die Handschuhe bei<br />

Eska immer noch in Handarbeit.<br />

Ob Firmengründer Josef Eska 1912 geahnt hat, dass<br />

die von ihm im Sudetenland gegründete und heute<br />

von Paul Loos Junior in vierter Generation geführte<br />

Handschuhmacherei dereinst spezielle Scharfschützenhandschuhe<br />

herstellen wird und Produkte Tausende<br />

Kilometer entfernt am Hindukusch auf ihre<br />

Funktionalität und Einsatztauglichkeit geprüft werden?<br />

Wohl eher nicht, obwohl schon damals neben<br />

klassischen Lederhandschuhen auch Militärhandschuhe<br />

zum Angebot gehörten. Allerdings: So technisch<br />

ausgereift und durchdacht wie heute war die<br />

Ware damals freilich nicht. Die Militärhandschuhe<br />

unterschieden sich von der Straßenware bestenfalls<br />

farblich, abhängig vom Kundenwunsch wurden sie<br />

gefüttert oder ungefüttert ausgeliefert.


0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

Heute ist die Auswahl mit rund 1.500<br />

(!) unterschiedlichen Modellen eine<br />

ganz andere, der Fertigungsprozess<br />

viel aufwendiger: Ein Paar Handschuhe<br />

besteht aus bis zu 160 Einzelteilen.<br />

Anstelle von ausschließlich Rehleder<br />

wie damals kommen heute robuste<br />

Hightech-Materialien wie Nomex,<br />

Gore-Tex, Kevlar und hochmoderne<br />

Beschichtungsmaterialtechniken zum<br />

Einsatz. Sie wirken hydrophob (wasserabweisend)<br />

und antistatisch, machen<br />

die Handschuhe feuerresistent, wasserund<br />

winddicht, Schnittschutzfutter aus<br />

Kevlar sowie anatomisch vorgeformte<br />

Hartschalen-Knöchel- und Handballen-Protektoren<br />

erhöhen den Schutz.<br />

Neben Feuerwehr- und Arbeitsschutzhandschuhen<br />

finden sich im Angebot<br />

auch Wintersport-, Multifunktionsund<br />

Motorradhandschuhe, elegante<br />

Lederhandschuhe sowie Spezialhandschuhe<br />

für Polizei und Militär. Letztere<br />

machen rund die Hälfte der jährlich<br />

produzierten 400.000 bis 500.000 Eska-<br />

Handschuhpaare aus, die Herstellung<br />

erfolgt vornehmlich in Ungarn. In der<br />

Zentrale in Thalheim bei Wels mit<br />

ihren 30 Mitarbeitern sind die Produktentwicklung,<br />

eine Produktion für<br />

Kleinserien, die Logistik und das Warenlager<br />

angesiedelt. Sämtliche Materialien<br />

werden dort vor Verwendung<br />

penibel auf mögliche Fehler überprüft,<br />

Fehlgriffe könne man sich gerade im<br />

Behördenbereich keine erlauben, sagt<br />

Seniorchef Paul Loos bei einem Gang<br />

durch das Lager. Qualität gehe über<br />

alles. „Wir haben praktisch keine Produktrückläufe“,<br />

sagt er zwischen großen<br />

Rollen mit Futterware und Oberstoffen.<br />

„Bei den in den vergangenen Jahrzehnten<br />

an das Bundesheer gelieferten mehr<br />

als 150.000 Paar Einsatzhandschuhen<br />

gab es keine einzige Reklamation.“<br />

Apropos Bundesheer: Neben Einsatzhandschuhen<br />

lieferte und liefert Eska<br />

auch Piloten- und Alpinhandschuhe an<br />

die rot-weiß-roten Streitkräfte. 2017<br />

waren Produkte der Firma sogar Teil<br />

des vom Panzerbataillon 14 in der Welser<br />

Hessen-Kaserne gestellten erfolgreichen<br />

österreichischen Kontingents bei<br />

der „Strong Europe Tank Challenge“.<br />

Bei dieser von der US-Army jährlich<br />

ausgerichteten inoffiziellen Panzer-<br />

Weltmeisterschaft am deutschen<br />

IN SEINEM ELEMENT Seniorchef Paul Loos ist immer noch im Unternehmen aktiv und informiert in allen Details<br />

über die Entwicklung des Scharfschützenhandschuhs „Tarius“ für die deutsche Bundeswehr. In dem bis an die<br />

Decke gefüllten Warenlager in Thalheim bei Wels lagern neben jeder Menge fertig produzierter Handschuhe<br />

auch Hunderte Rollen mit hochwertigen Materialien wie Nomex und Gore-Tex auf ihre Verarbeitung.<br />

Übungsplatz Grafenwöhr messen sich<br />

Panzerbesatzungen mehrerer Länder in<br />

unterschiedlichen einsatznahen Szenarien<br />

wie etwa Angriffs- und Verteidigungsschießen,<br />

Aufklärung, Präzisionsfahrten<br />

oder Versorgung eines Verwundeten.<br />

„Wir haben für die österreichischen<br />

Soldaten genau auf den Bewerb<br />

abgestimmt Spezialhandschuhe<br />

mit hoher Taktilität und Atmungsaktivität<br />

mit exakten Größen und teils langer<br />

Fingerausführung entwickelt“, sagt<br />

Seniorchef Paul Loos sichtlich stolz.<br />

„Den Ladenschützenhandschuh haben<br />

wir an der rechten Handkante beispielsweise<br />

Memory-verstärkt, um das<br />

Aufschlagen der Munitionshalterung<br />

in rascher Folge ohne Leistungsverlust<br />

zu ermöglichen.“<br />

Neben Bundeswehr und Bundesheer<br />

sind Eska-Handschuhe auch bei anderen<br />

Streitkräften sehr beliebt: Kleinere<br />

Stückzahlen wurden an zahlreiche Armeen<br />

weltweit geliefert, in größerem<br />

Stil setzen vor allem die französischen<br />

(Paul Loos senior: „Dort geht Qualität<br />

über alles.“), slowenischen, deutschen<br />

und australischen Streitkräfte auf<br />

„Made in Austria“. Der Abschluss in<br />

„Down Under“ ist den hochwertigen<br />

Eska-Feuerwehr-Handschuhen zu verdanken,<br />

die dort bei den Florianijüngern<br />

seit Jahren stark nachgefragt werden,<br />

wie Juniorchef Paul Loos erklärt:<br />

„Irgendwann begann sich dann auch<br />

die Armee für unsere Produkte zu<br />

interessieren und ähnlich verhält es<br />

sich nun auch in China, wo unsere<br />

Feuerwehr-Handschuhe für uns<br />

ebenfalls eine Art Eintrittsticket in<br />

den dortigen Markt sind.“<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


P R O M O T I O N<br />

„EIN SYSTEM MIT VIELEN VORTEILEN“<br />

Wie fliegt sich die neue L-39NG des tschechischen Herstellers AERO Vodochody?<br />

Was zeichnet den modernen Jet-Trainer aus? Über welche Reichweite und welche<br />

Bewaffungsmöglichkeiten verfügt er? Ein Gespräch mit Testpilot David Jahoda.<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

H<br />

err Jahoda, Sie sind<br />

die L-39NG bereits<br />

viele Stunden geflogen.<br />

Welche Vorteile<br />

bietet das System?<br />

Die L-39NG als Nachfolger<br />

der legendären L-39 Albatros<br />

kombiniert ein modernes Flugzeugsystem<br />

mit großer Robustheit und hoher<br />

Lebensdauer. Zudem ist der Betrieb äußerst<br />

unkompliziert: Die Maschine kann<br />

unter verschiedenen klimatischen Bedingungen<br />

betrieben werden, auch auf<br />

unbefestigten Pisten und sogar Schnee<br />

starten sowie landen und sie ist darüber<br />

hinaus sehr einfach im Handling – das<br />

ist gerade bei der Ausbildung von noch<br />

unerfahrenen Flugschülern ein nicht zu<br />

unterschätzender Vorteil.<br />

DAVID JAHODA<br />

ist Testpilot bei AERO<br />

Vodochody und kennt<br />

die L-39NG damit<br />

besser als jeder<br />

andere.<br />

FOTO : A E R O VO D O C H O DY<br />

Was macht das Handling so einfach?<br />

Da gibt es einige Faktoren wie beispielsweise<br />

die neue einteilige Cockpithaube,<br />

das moderne Bildschirmcockpit und die<br />

umfangreichen Simulationsmöglichkeiten,<br />

die zusammen alle Trainingsphasen<br />

von der Basis- über die Fortgeschrittenen-Ausbildung<br />

bis hin zu leichtem<br />

Kampf-Training abbilden. Im Vergleich<br />

zum Vorgänger wurde die neue Generation<br />

zudem leichter und wendiger.<br />

Die Manövrierfähigkeit wurde für die<br />

Grundausbildung der Piloten optimiert,<br />

ermöglicht aber trotzdem auch ein fortgeschrittenes<br />

Training, um die Piloten<br />

optimal auf die Jäger der 4. und 5. Generation<br />

vorbereiten zu können.<br />

Wie verhält sich die L-39NG im Flug?<br />

Da der Gesamtwiderstand durch Änderungen<br />

an der Flugzeugzelle verringert<br />

wurde, konnte die Leistung erhöht und<br />

gleichzeitig das Gewicht reduziert<br />

werden. Zusammen mit dem neuen<br />

Querruder machen diese Änderungen<br />

das Flugzeug einfach und sicher zu<br />

fliegen. Als vollkunstflugfähiges Flugzeug<br />

sind damit sogar ungewöhnliche<br />

Manöver wie Drehungen, Strömungs -<br />

abrisse oder „Tail Slides“ möglich.<br />

Wie sieht es mit der Reichweite und<br />

der möglichen Bewaffnung aus?<br />

Sehr gut. Der niedrige Kraftstoffverbrauch<br />

des Williams International<br />

FJ44-4M-Motors ermöglicht ohne<br />

Zusatztanks eine Reichweite von 2.130<br />

Kilometern und in der Light Attack-<br />

Variante kann die L-39NG mit ihren<br />

fünf Außenlaststationen gelenkte und<br />

ungelenkte Waffen mit einem Gesamtgewicht<br />

von bis zu 1.640 Kilogramm<br />

tragen. Das ist mehr als ausreichend, um<br />

damit zahlreiche Kampfaufgaben bis hin<br />

zur Luftverteidigung und Luftunterstützung<br />

abdecken zu können.<br />

Ein weiterer Vorteil ist das On-Board-<br />

Trainingssystem, oder?<br />

Ja, damit wird die Simulation und<br />

Übung unterschiedlichster Szenarien<br />

sowohl in virtueller als auch realer Umgebung<br />

möglich. Über Datalink können<br />

auf Wunsch im engen Zusammenspiel<br />

mit der Boden-Leitzentrale oder in<br />

Teams mit anderen Piloten virtuelle<br />

Ziele dargestellt, Szenarien wie Flugverbotszonen<br />

eingespielt und die Überwachung<br />

dieser Zonen geübt werden. Damit<br />

lassen sich sogar Szenarien trainieren,<br />

die aufgrund von Einschränkungen<br />

des Luftraums oder anderer Gründe<br />

sonst nicht möglich wären. Das vervielfacht<br />

den Trainingswert der Plattform,<br />

zudem lassen sich dadurch wertvolle<br />

Ressourcen sparen.<br />

Apropos Ressourcen sparen: Die<br />

L-39NG hilft Luftstreitkräften also<br />

dabei, Betriebskosten zu sparen<br />

Die Betriebskosten sind in der Tat sehr<br />

niedrig. Dazu kommt, dass die L-39NG<br />

aufgrund ihrer auch zivil zertifizierten<br />

Instrumentenausrüstung alle Arten von<br />

Instrumentenflügen ermöglicht. Die<br />

L-39NG ist damit in der Lage, einen Teil<br />

des Flugtrainings abzudecken, das sonst<br />

mit teureren Flugzeugen oder Hubschraubern<br />

absolviert werden müsste.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />

coronavirus:<br />

ein schock mit folgen<br />

Das Coronavirus gefährdet nicht nur die Gesundheit von Millionen Menschen in China und auf der<br />

ganzen Welt, sondern könnte für die politische Führung in Peking auch ungeahnte gesellschaftliche<br />

Nebenwirkungen haben. Eine Analyse von Brigadier Walter Feichtinger, Leiter des Instituts<br />

für Friedensforschung und Konfliktmanagement an der Landesverteidigungsakademie, der in<br />

Zukunft an dieser Stelle immer aktuelle Konflikt- und Sicherheitsthemen eingehend beleuchten wird.<br />

mehr als 2.500 tote, geschlossene<br />

Fabriken, sinkende Aktienkurse,<br />

abgeriegelte Großstädte und<br />

millionen menschen unter Quarantäne:<br />

das coronavirus ist ein drastisches Beispiel<br />

dafür, welch unglaubliche Wirkungen einzelne<br />

ereignisse auf politik, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft haben können und wie sie<br />

auch eine autoritäre regierung, die den<br />

gesamten medienbereich zu kontrollieren<br />

vermag, rasch in Bedrängnis bringen<br />

kann. Wer den Anspruch erhebt, die<br />

Bevölkerung zu schützen und deshalb<br />

individuelle rechte einschränkt, kommt<br />

zwangsläufig in die defensive, wenn<br />

genau das nicht passiert. es ist erwiesen,<br />

dass sich das Virus deshalb so stark verbreiten<br />

konnte, weil die ersten Warnungen<br />

amtlicherseits als „schädliche Gerüchte“<br />

eingestuft und unterdrückt wurden. schon<br />

2003 hatte peking beim ersten Auftreten<br />

von sArs mit dieser Vertuschungsstrategie<br />

reagiert. das untergräbt aber die<br />

Glaubwürdigkeit und Autorität jeder regierung<br />

und ruft misstrauen hervor – bei<br />

der eigenen Bevölkerung wie im Ausland.<br />

trotz aller folgenden, außergewöhnlichen<br />

kraftakte der regierung in peking wird<br />

wohl eine gewisse skepsis bleiben. manche<br />

meinen sogar, dass china gerade ein<br />

politisches erdbeben erlebe. extreme<br />

Folgen werden auch im ökonomischen<br />

Bereich erwartet. so könnte der schaden<br />

allein für china auf bis zu 300 milliarden<br />

euro ansteigen, in Österreich geht man<br />

von 1,1 miliarden euro aus. dabei ist es laut<br />

Who noch gar nicht möglich, den weiteren<br />

Verlauf der epidemie vorauszusagen.<br />

somit sind auch die tatsächlichen schäden<br />

und langzeitfolgen aktuell nur zum teil<br />

abschätzbar.<br />

Auf internationaler ebene war eine gewisse<br />

routine zu erkennen, da man ähnliche<br />

Virus- erfahrungen ja schon bei der Bekämpfung<br />

von sArs 2003 und ebola 2014<br />

„resilienz wird<br />

zukünftig vonnöten<br />

sein, denn schocks<br />

werden vermehrt<br />

auftreten.“<br />

sammeln konnte. diesmal traf es jedoch<br />

nicht uganda oder die demokratische republik<br />

kongo, sondern zum zweiten mal<br />

den politischen und wirtschaftlichen riesen<br />

china, der sich erstens nicht in die karten<br />

schauen lassen möchte und zweitens<br />

über einen internationalen Austausch von<br />

unvorstellbarem Ausmaß verfügt. somit<br />

stufte die Who das coronavirus als<br />

„public enemy number 1“ ein und rief<br />

eine „gesundheitliche notlage von<br />

internationaler tragweite“ aus.<br />

das coronavirus wird noch lange nachwirken,<br />

schon jetzt stellt sich aber die drängende<br />

Frage, ob es Ausnahmefall bleiben<br />

oder zum „normalfall“ werden könnte.<br />

Ähnlich der sogenannten „jahrhunderthochwasser“,<br />

die wir in Österreich und<br />

andernorts schon alle paar jahre erleben.<br />

Bereits evident ist, dass die Gefahr der<br />

Verbreitung von krankheiten infolge des<br />

zunehmenden internationalen reiseverkehrs<br />

enorm gestiegen ist und nur ein<br />

weltweites Warn- und kontrollsystem eine<br />

ungehinderte Ausbreitung verhindern<br />

kann. „message-control à la peking“ ist<br />

dabei doppelt gefährlich – denn es verhindert<br />

einerseits eine rasche, fokussierte<br />

Bekämpfung und andererseits riskiert damit<br />

jede regierung ihre Glaubwürdigkeit<br />

und den rückhalt in der Bevölkerung.<br />

damit sind wir beim letzten und wichtigsten<br />

punkt – der resilienz des politischen,<br />

wirtschaftlichen und sozialen systems. so<br />

fordert Österreichs Gesundheitsminister<br />

Anschober bereits eine pharmastrategie<br />

der eu, weil medikamentenversorgung<br />

auch eine sicherheitspolitische Frage sei.<br />

sogenannte schockereignisse erfordern<br />

nämlich entsprechende Vorkehrungen<br />

und größte entschlossenheit, Führungsfähigkeit<br />

und Flexibilität. entscheidend<br />

ist dabei auch der umgang mit und die<br />

nutzung von medien, um infos gezielt<br />

zu verbreiten und panik zu vermeiden. resilienz<br />

wird zukünftig vonnöten sein, denn<br />

schocks werden vermehrt auftreten, sei es<br />

infolge des klimawandels, von cyberattacken,<br />

eines Blackouts oder eines neuen<br />

Virus. die tatsächliche stärke eines politischen<br />

systems wird sich daran messen<br />

lassen, wie es damit umzugehen vermag.<br />

Foto s : A pA p i c t u r e d e s k , n A d j A m e i st e r<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 1 P a n o R a m a<br />

Der M-346FA wurde von<br />

Leonardo entwickelt, um den<br />

steigenden Anforderungen<br />

moderner Luftstreitkräfte<br />

gerecht zu werden. Das<br />

Resultat ist ein wirtschaftlich<br />

wie technisch hocheffizienter,<br />

zuverlässiger und mit Radar<br />

ausgestatteter Mehrzweck-<br />

Jet-Trainer und leichter Jäger.<br />

DER BESTE A<br />

Der neue M-346FA eignet sich sowohl<br />

für die fortgeschrittene Pilotenausbildung<br />

als auch für Luft-Luft- (Überwachung,<br />

Luftpolizei) und Luft-Boden-Einsätze<br />

wie Luftunterstützung mit präzisionsgelenkter<br />

Munition sowie taktische<br />

Aufklärung. Dabei behält der M-346FA<br />

alle Eigenschaften des M-346 Advanced<br />

Jet Trainers einschließlich des bordeige-<br />

nen eingebetteten taktischen Trainingssystems<br />

(ETTS). Dadurch kann der<br />

M-346FA weiter als Advanced Jet Trainer<br />

und Lead-in Fighter Trainer (LIFT)<br />

eingesetzt werden und deckt das gesamte<br />

Spektrum simulierter Trainingsfunktionen<br />

bis zum Integrierten Trainingssystem<br />

(IST) mit LVC-Trainingsumgebung<br />

(Live, Virtual, Constructive) ab.<br />

TRIEBWERK<br />

zwei Honeywell F124-GA-200-<br />

turbofan-triebwerke mit digitaler<br />

triebwerkssteuerung (Fadec). eine<br />

auxiliary Power unit erlaubt das<br />

starten ohne externe unterstützung.<br />

DEFENSIVE AIDS SUB-SYSTEM<br />

das system (kurz dass) umfasst eine<br />

Radarwarnanlage (RWR), ein Raketenwarnsystem<br />

(maW) sowie ein<br />

düppel-/leuchtfackelwerfersystem.<br />

MAXIMALE SICHERHEIT<br />

die zwei-triebwerks-Konfiguration, hydraulische und<br />

elektrische Redundanz, das Fly-by-Wire-steuerungssystem<br />

und das sogenannte „carefree handling“<br />

kombinieren mit unübertroffener manövrierfähigkeit,<br />

enormer steigleistung und hoher Geschwindigkeit.<br />

die leistung ist auch bei ausfall eines triebwerks<br />

hoch, zudem sorgen zahlreiche weitere Features<br />

für maximale sicherheit.<br />

GROSSE REICHWEITE<br />

der M-346FA verfügt über<br />

ein luftbetankungssystem.<br />

drei externe tanks fassen<br />

je bis zu 630 liter treibstoff.<br />

KOMMUNIKATION<br />

high-end, netzzentriertes<br />

system mit secure comms<br />

und tactical data link (tdl)<br />

sowohl für nato- als auch<br />

nicht-nato-standards.<br />

NIEDRIGE<br />

BETRIEBSKOSTEN<br />

durch den Wartungsansatz von<br />

nur zwei ebenen für Jet, equipment<br />

und systeme entfallen teure<br />

Generalüberholungen.<br />

das health & usage<br />

monitoring system<br />

(hums) und<br />

structural-health<br />

(s-hums)<br />

tragen<br />

ebenfalls<br />

zu niedrigen<br />

Betriebskosten bei.<br />

FACTBOX<br />

Aermacchi M-346FA<br />

Hersteller Leonardo Aircraft Division<br />

Startgewicht (mit zwei Lenkwaffen) 8.100 Kilogramm<br />

Maximale Zuladung 2.600 Kilogramm<br />

Triebwerke 2 Honeywell F124-GA-200-Turbofan<br />

Schub (SLS, ISA) 2 × 2.850 Kilogramm<br />

Interner Tank 2.005 Kilogramm<br />

Höchstgeschwindigkeit 1.065 km/h<br />

Dienstgipfelhöhe 13.715 Meter (45.000 Fuß)<br />

Zeit auf 9.144 Meter (30.000 Fuß) 2,5 Minuten<br />

Maximale Lastvielfache 7,3 g<br />

Gehaltene Kurvenrate (4.572 Meter/15.000 Fuß) 11,5 Grad/s<br />

Verweildauer (mit zwei Lenkwaffen und externem Tank)<br />

mehr als 3 Stunden<br />

M I L I T ä r A k T u e L L<br />

GRIFO-346-MULTI-MODE RADAR<br />

der M-346FA ist mit einer eigenen Version<br />

des von leonardo selbst entwickelten und<br />

gefertigten Grifo-multi-mode-Radars mit IFF-dipolen<br />

zur Freund-Feind-erkennung und mehreren luft-luftbeziehungsweise<br />

luft-Boden-Betriebsarten (darunter saR und<br />

IsaR) ausgestattet. damit sind in allen szenarien Fernerkennungen<br />

und -verfolgungen in hoher auflösung möglich,<br />

inklusive hotas und hmd-schnittstelle.<br />

TANDEM-SIT<br />

die Konfiguration ist auch<br />

komplexe luft-luft- und luft-Bode<br />

missionen geeignet und bietet hervorragen<br />

sicht von beiden sitzen au<br />

EINGEBETTETES TAKTISCHES<br />

TRAININGSSYSTEM (ETTS)<br />

trainingsalternative zu realen sensoren und W<br />

INFRAROT-SUCHER-NACHTSICHT-POD<br />

mit seinen hochauflösenden Infrarotsensoren (<br />

und seiner ccd-tV-Kamera identifiziert ein unt<br />

dem Rumpf getragener aufklärungsbehälter lu<br />

auch bei schlechten sichtverhältnissen und be<br />

SIEBEN AUSSENLASTSTATIONEN<br />

aufklärungsbehälter<br />

luft-luft-Flugkörper<br />

(short Range, z.B. IRIs-t)<br />

luft-luft-Flugkörper<br />

(medium Range)<br />

lasergelenkte Bomben<br />

GPs/Ins-g<br />

Freifallbom<br />

*für eine große auswahl an Waffen


I N F O G R A F I K<br />

US ZWEI WELTEN<br />

Zudem können Piloten damit die Rolle<br />

des angreifenden „Aggressors“ im Luft-<br />

Luft-Kampftraining oder die Rolle eines<br />

„Sparringspartners“ übernehmen. Das<br />

garantiert maximale Effizienz und Effektivität,<br />

operative Flexibilität und höchstes<br />

Trainingsniveau – bei gleichzeitig<br />

größtmöglicher Interoperabilität mit<br />

modernen Kampfjets wie zum Beispiel<br />

dem Eurofighter. Der M-346 gilt als fortschrittlichster<br />

Jet-Trainer am Markt,<br />

kombiniert in der Trainingsrolle den<br />

ökonomischen „Stunden-Download“ mit<br />

hoher Trainings-, aber auch Einsatzeffizienz<br />

bei niedrigen Betriebskosten und<br />

fliegt daher bereits bei einigen der anspruchsvollsten<br />

Luftstreitkräfte, darunter<br />

Israel, Singapur, Italien und Polen.<br />

INTERVIEW<br />

„Nahtlos vom Training<br />

zu Missionen wechseln“<br />

Giacomo Iannelli<br />

ist Testpilot und Trainer<br />

bei der Leonardo<br />

Aircraft Division.<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

TZ<br />

für<br />

ende<br />

us.<br />

affen.<br />

(FlIR)<br />

ter<br />

uftziele<br />

i nacht.<br />

*<br />

gelenkte Bomben<br />

mbe<br />

COCKPIT<br />

mensch-maschine-schnittstelle<br />

(hmI) der neuesten Generation mit<br />

sechs farbigen multi Function displays<br />

(mFd), zwei head-up-displays<br />

(hud, liquid crystal type), einem<br />

großen Bildschirm zur darstellung<br />

der Instrumente (up-Front control<br />

Panel, uFcP), einer digital moving<br />

map sowie hotas (hands on<br />

throttle and stick-) Bedienungselementen<br />

und Pedalen. Weiters<br />

gehören zum system zwei Martin<br />

Baker Mk-IT16D-schleudersitze<br />

(0-0-system), ein integriertes helmet-mounted<br />

display (hmd), eine<br />

nachtsichtbrille (nVG), Voice command<br />

(Vc) und ein on-Board oxygen<br />

Generator system (oBoGs).<br />

Raketenträger<br />

Kanonenbehälter<br />

n und aufhängungen (mehr können integriert werden)<br />

INTEGRIERTES TRAININGSSYSTEM<br />

der M-346 wurde als Kern eines Integrierten<br />

trainingssystems (Its) konstruiert.<br />

dieses umfasst neben dem eingebetteten<br />

taktischen trainingssystem<br />

(etts) auch computer aided Instruction-<br />

und computer Based trainingausbildungsaktivitäten,<br />

einen Full<br />

mission simulator und Part task trainer<br />

sowie ein mission support system mit<br />

mission Planning system und mission<br />

Brief/debrief system. zum Its gehören<br />

außerdem ein training need analysis<br />

(tna) und training management<br />

Information system (tmIs), eine lVctrainingsumgebung<br />

(live, Virtual,<br />

constructive) und integrierte logistikservices.<br />

I l lu st R at I o n e n & Foto s : l e o n a R d o,<br />

a n d R e a K R I z m a n I c h / c a R o l I n e s e I d l e R .co m<br />

Welche Eigenschaften zeichnen den<br />

M-346FA bei Kampfmissionen aus?<br />

Die Manövrierfähigkeit ist dank des Flyby-Wire-Steuerungssystems<br />

hervorragend.<br />

Zudem ermöglicht die hohe Leistung<br />

auch bei einem möglichen Triebwerksausfall<br />

und trotz voller Beladung<br />

die Rückkehr zur Basis – und das in einer<br />

Höhe, die Schutz vor den meisten Boden-<br />

Luft-Raketen bietet. Das sogenannte „Carefree<br />

Handling“ der M-346FA stellt dabei<br />

sicher, dass sich Piloten jederzeit voll auf<br />

ihre Mission konzentrieren können.<br />

Was ist mit Antrieb und Reichweite?<br />

Die Zwei-Triebwerks-Konfiguration sorgt<br />

einerseits für eine hohe Überlebensfähigkeit,<br />

der hohe Wirkungsgrad andererseits<br />

für einen vergleichsweise niedrigen Kraftstoffverbrauch.<br />

Ergebnis davon ist eine<br />

große Reichweite, die durch Luftbetankung<br />

– wie sie die italienische Luftwaffe<br />

bereits praktiziert – weiter erhöht werden<br />

kann. Durch die bordeigene Hilfsturbine<br />

ist ein unabhängiger Flugbetrieb möglich.<br />

Wie kann der M-346FA sowohl den<br />

Schulungs- als auch den Betriebsbedarf<br />

von Luftstreitkräften effektiv decken?<br />

Der M-346FA bietet alle Funktionen eines<br />

fortgeschrittenen Trainers, wie etwa das<br />

eingebettete taktische Trainingssystem<br />

(ETTS) und die LVC-Technologie (Live,<br />

Virtual and Constructive Simulation).<br />

Das ist ein entscheidender Vorteil für die<br />

Piloten, die dadurch nahtlos vom Training<br />

zu echten Missionen übergehen können,<br />

ohne das Flugzeug wechseln zu müssen.<br />

M I L I T ä r A k T u e L L


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