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Gazette Charlottenburg März 2020

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8 | Gazette Charlottenburg & | Wilmersdorf

März 2020

www.gazette-berlin.de

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) diskutiert

Denkmalschutz im Spannungsfeld zwischen Stadterneuerung und Baubehinderung?

Denkmalschutz – wertvoll für die Geschichte Berlins oder ein Hindernis für neue Gebäude?

In den folgenden Beiträgen nehmen die Fraktionen der BVV zu dem Thema Stellung.

Berlin SPD-Fraktion

Oft dienen Modernisierungsmaßnahmen

weniger dem Gedanken der Stadterneuerung

als vielmehr der Gewinnmaximierung

der Eigentümer und führen obendrein noch

zu einer Verdrängung von Mieter*innen aus

unserem Innenstadtbezirk - und das ganz

unabhängig davon, ob es sich um Gebäude

mit oder ohne Denkmalschutz handelt. In

der krassesten Form wird vom Eigentümer

sogar der Abriss eines durchaus noch intakten

Gebäudes angestrebt, selbst wenn es ein bemerkenswert

historisches Zeugnis darstellt,

das identitätsstiftend für die Gegenwart ist.

Misslich, dass das Landesdenkmalamt noch

immer nicht alle Gebäude in Berlin erfasst hat,

die denkmalschutzwürdig sind. Und misslich,

dass allzu häufig der Denkmalschutz nicht

konsequent von den Denkmalbehörden

gegen das Ansinnen mancher Investoren

verteidigt wird. Das betrifft insbesondere Gebäude,

die unter Ensembleschutz stehen. Ein

stärkeres Miteinander statt Gegeneinander

wäre wirklich wünschenswert! Das denkmalwerte

Alte bewahren, behutsam sanieren

und energetisch ertüchtigen, gleichzeitig

das Neue fördern, bezahlbaren Wohnraum

schaffen und mit dem bestmöglichen Energie-Standard

versehen, nur das kann eine

nachhaltige, richtungweisende Stadtentwicklungspolitik

sein. Christiane Timper

CDU-Fraktion

Denkmalschutz ist wichtig, dafür treten wir

ein. Es ist angebracht und richtig, im Einzelfall

zu prüfen, ob der Denkmalschutz wirklich

im Vordergrund steht oder ob es nur darum

geht, eine Modernisierung/Veränderung zu

verhindern. Es sind nicht nur denkmalrechtliche

Bedenken zu berücksichtigen. Um als BVV

eine „qualifizierte“ Kontrolle ausüben zu können,

muss die Denkmalschutzbehörde eine

Aufstellung erarbeiten aus der hervorgeht,

welche Gebäude wirklich denkmalschutzwürdig

sind. Es kann nicht sein, dass Mieter

bestimmen/vortragen, welches Gebäude unter

Denkmalschutz zu stellen ist. Dies kann

zur Verhinderung von Bauvorhaben führen,

denn manchmal ist es notwendig, etwas Altes

abzureißen, auch wenn es dem Einzelnen

nicht gefällt, um etwas Neues zu schaffen.

Um es auf einen Nenner zu bringen, wir fordern

Transparenz und Erklärung des BA´s,

warum wie entschieden/genehmigt wurde,

bevor Bescheide versendet werden und die

BVV keine Möglichkeit mehr hat, eingreifen

zu können. Der Denkmalbeirat ist nicht nur

ein Alibi für den Stadtrat, sondern in seiner

Zusammensetzung mit den Fachleuten ein

kompetenter Entscheidungsträger. Er muss

vor einer Entscheidung prüfen, ob ein Gebäude

die Kriterien für eine Unterschutzstellung

erfüllt oder ein Bauvorhaben verhindert werden

soll.

Hans-Joachim Fenske

B‘90/Grünen-Fraktion

Oft ist unsere Geschichte nur noch anhand

unserer gebauten Umgebung erlebbar. Wir

Grünen treten daher grundsätzlich dafür ein,

dass historisch wertvolle Gebäude erhalten

bleiben und unter Denkmalschutz gestellt

werden. Für die Unterschutzstellung ist allerdings

nicht der Bezirk, sondern das Landesdenkmalamt

(LDA) zuständig. Bedauerlicherweise

erhebt das LDA nicht systematisch

und für ganz Berlin, welche Gebäude denkmalwürdig

sind und welche nicht, sondern

überlässt es überraschenderweise dem Zufall.

Daher kommt es in letzter Zeit häufig zu Fällen,

in denen Investoren historisch wertvolle

Gebäude abreißen oder gravierend verändern

möchten, die leider vom LDA nicht unter

Denkmalschutz gestellt wurden.

Dennoch darf Denkmalschutz nicht zum

Selbstzweck werden. Gebäude müssen

auch in Zukunft nutzbar bleiben und dürfen

nicht reine Museen der Vergangenheit

darstellen. Daher müssen sie auch an neue

Nutzungen angepasst werden können oder

an neue Anforderungen an Brandschutz und

Klimaschutz. Weshalb darf eine denkmalgeschützte

Fassade z.B. nicht begrünt werden?

Weltweit gibt es viele Fälle von innovativen

Verschmelzungen zwischen Alt und Neu. Die

Transformation der ehemaligen Kantgaragen

in ein Gewerbe-Haus für Moderne Mobilität

ist ein Vorbild in unserem Bezirk.

Jenny Wieland

FDP-Fraktion

In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es aktuell

1.921 Denkmale. Denkmale sind identitätsstiftendes

baukulturelles Erbe, welches

zu schützen ist. Das Landesdenkmalamt ist

die bezirksübergreifende Fachbehörde für

Denkmalpflege in Berlin.

Oft hört man, Denkmalschutz verhindere

Stadterneuerung. Ist dem so? Im Spannungsfeld

zwischen Erneuern und Bewahren hat

die Denkmalpflege die oft kleinteilige Aufgabe,

denkmalwerte Substanz zu erkennen

und zu schützen, aber auch die Aufgabe,

liebgewonnenes der Erneuerung Preis zu

geben. Einfach ist dies nicht, denn gerade

gegenüber dem Bürger sind Entscheidungen

oft schwer zu vermitteln. Somit ist es folgerichtig,

dass bei avisierten Veränderungen im

Wohnumfeld gerne der Denkmalschutz als

Rettungsanker genutzt wird. Ist dies jedoch

die Aufgabe des Denkmalschutzes?

Um diese komplexe Aufgabe kompetent zu

meistern fordert die FDP-Fraktion seit Jahren

personelle Verstärkungen für die bezirkliche

Denkmalschutzbehörde. Denn ob es sich um

schützenswerte Substanz handelt, kann nur

nach zeitintensiver und fachkundiger Analyse

gesagt werden.

Der Denkmalbeirat des Bezirks berät den

Stadtentwicklungsausschuss. Es ist gut, dass

dieses Fachgremium existiert. Der Gedanke,

den Denkmalschutz zur Bauverhinderung zu

nutzen, sollte aufgegeben werden, da dies

den Denkmalschutz langfristig schwächt.

Johannes Heyne

Alternative

für

Deutschland

AfD-Fraktion

Denkmalschutz und Stadterneuerung beschäftigen

die Bürgerinnen und Bürger in

unserem Bezirk immer wieder – jüngste Beispiele:

der Erhalt des ICC und der Stadtvilla

aus dem 19. Jhdt. in der Wilhelmsaue Nr. 17.

Unser architektonisches Kulturerbe steht

unter dem Druck von Stadterneuerung und

globaler Investitionsbegehren. Die ständig

steigenden Grundstückspreise verschärfen

diesen Druck kontinuierlich. Stadterneuerung

ist unumgänglich - und sie birgt vielerlei

Chancen. Sicherlich lässt sich der Verlust mittelmäßiger

Gebäude verschmerzen. Es muss

nicht alles musealisiert und Denkmalschutz

darf nicht zu einem sinnentleerten Instrument

der Baubehinderung werden. Andererseits

muss Rücksicht genommen werden

auf die Gefühle der Einwohnerschaft. Sie

dürfen nicht einfach den kalten Regeln von

Investition und Profit geopfert werden. Wird

Neues gebaut, hat es sich selbstverständlich

in das Angestammte einzupassen.

Genauso wie Kunst, Musik, Malerei und

Literatur unser kulturelles Gedächtnis ausmachen,

so auch die Architektur mit der

Gestaltung des öffentlichen Raums. Tradition

und Identität sind Grundlagen unserer

Zivilisation.

Der Philosoph Odo Marquard sagt: Zukunft

braucht Herkunft. Dem stimmt die AfD-Fraktion

aus vollem Herzen zu.

Michael Seyfert

Linksfraktion

Denkmalschutz steht nicht gegen Stadterneuerung,

sondern gegen ungebremstes

Verwertungsinteresse des Stadtraums. Es

geht um bau-kulturelles Erbe, Einzigartigkeit,

Engagement von Bürger*innen und lebenswerte

Gestaltung. Denkmalerhaltung und

Stadterneuerung bilden keinen Gegensatz,

sie reagieren vielmehr von unterschiedlicher

Warte auf die notwendige Weiterentwicklung

der Stadt. Im Sinne einer traditionsbewussten

Zukunftsorientierung erteilt kluger

Denkmalschutz den gesichts- und identitätslosen

Retorten und einer nicht ortsbezogener

Allerweltsarchitektur eine Absage. Auch im

Sinne der erforderlichen Schonung vorhandener

Ressourcen ist der Erhaltung des Vorhandenen

Priorität einzuräumen.

Stadtentwicklung erfordert auch situationsbezogene,

zeitgemäße Lösungen und den

regelmäßigen Gedankenaustausch zwischen

Architekt*innen und Denkmalpfleger*innen

als unverzichtbare Partner*innen im Stadtentwicklungsprozess.

Das erfordert hohe Qualitätsmaßstäbe an

Denkmalpflege und Stadterneuerung. Der

an Profit orientierten Tendenz zu Wegwerfmentalität

und „Wegwerfarchitektur“

wirkt sie durch gezielte Aufklärungs- und

Bildungsmaßnahmen genauso entgegen wie

der Verwischung der Grenzen von Denkmalerhaltung

und Rekonstruktionen.

Volker Fischer

1 235 Zeinen pro Fraktion

Vorwort --

SPD 1229

CDU 1301

Grüne 1284

FDP 1339

AfD 1254

Linke 1238

Gregor Römhild

Andrea Kuhr

Dr. Axel von Stein-Lausnitz

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