Reichswaldblatt Mai 2020
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AUS DER REGION<br />
erstellen Übersichten und Grafiken<br />
über die Lagerbestände und vieles<br />
mehr. Auch das Führen der Lagekarte<br />
gehört zu ihren Aufgaben.<br />
Der Fachberater Sanitätsdienst<br />
(FB SAN) kommt vom BRK und<br />
unterstützt als Sachverständiger<br />
vor allem bei Beschaffungen von<br />
medizinischem Material und geht<br />
mit den Kollegen in der FüGK<br />
unterschiedliche Szenarien und Projekte durch. Er<br />
plant den Einsatz von Personal und Material des<br />
Sanitäts- und Betreuungsdienstes des BRK und des<br />
ASB im Nürnberger Land, um bei einer möglichen<br />
Veränderung der Lage kurzfristig reagieren zu können.<br />
Die BeaBwZMZ sind die Beauftragten der Bundeswehr<br />
für Zivil-Militärische Zusammenarbeit – also die<br />
Offiziere der Bundeswehr, die in „normalen“ Zeiten<br />
regelmäßig Kontakt zur FüGK bzw. zum Landratsamt<br />
halten. Als Fachberater der Bundeswehr erkunden und<br />
beurteilen sie in der Coronakrise zunächst ausführlich<br />
die Lage – das bedeutet insbesondere Besuche in<br />
den Krankenhäusern im Landkreis. Auch im ehemaligen<br />
Krankenhaus Hersbruck. Zusammen mit einer<br />
Erkundungsgruppe aus dem Bundeswehrkrankenhaus<br />
Ulm waren sie vor Ort, um Möglichkeiten für eine<br />
Reaktivierung als Notfallkrankenhaus zu besprechen.<br />
Darüber hinaus bewerten sie Materiallieferungen von<br />
ärztlicher Seite und halten kontinuierlich Kontakt zu<br />
den Chefärzten der Krankenhäuser im Nürnberger<br />
Land und zu den Ärztlichen Leitern Führungsgruppe<br />
Katastrophenschutz auf Ebene der Integrierten<br />
Leitstelle.<br />
Wie Zahnräder im Uhrwerk<br />
Alle Rädchen greifen nahezu lautlos ineinander. Die<br />
Rollen und Aufgaben sind klar zugeordnet. Haupt- und<br />
Ehrenamtliche mit ihrem unterschiedlichen beruflichen<br />
Hintergrundwissen ergänzen sich gegenseitig: Juristen,<br />
Baufachleute, Mathematiker, Logistiker, Physiker, Ärzte,<br />
Sozialpädagogen – sie alle wirken zusammen, um die<br />
Coronakrise bewältigen zu helfen. Alles läuft routiniert,<br />
konzentriert und ruhig ab. Dank moderner Kommunikationstechnik<br />
der IT-Abteilung im Landratsamt – Laptops<br />
sowie Headsets zum Telefonieren – ist das Klappern<br />
der Tastatur oft das lauteste Geräusch im Raum. Außer<br />
jemand wirft die Kaffeemaschine an.<br />
Die FüGK ist Ende März/Anfang April im Schichtbetrieb<br />
24 Stunden täglich im Einsatz – auch am Wochenende.<br />
Sie arbeitet so lange, wie der Katastrophenfall gilt. Dass<br />
dieser landesweit ausgerufen wurde, gab es bisher in<br />
der Geschichte Bayerns noch nie. Auch wurde noch<br />
nie zuvor eine Pandemie zum Katastrophenfall erklärt.<br />
Neben der Pandemie-Bekämpfung informiert die<br />
FüGK die Bevölkerung über die aktuelle Lage – und<br />
damit gehört auch die Pressestelle des Landratsamts<br />
zur FüGK. Nur heißt sie da nicht so, sondern „S5“<br />
oder „BuMA“. Doch was fast wie der berühmte<br />
„Buhmann“ klingt, der die schlechten Nachrichten<br />
überbringt und die Prügel dafür bezieht, bedeutet<br />
in der Sprache der Stabsarbeit „Bürgerinformation<br />
und Medienarbeit“. Ein wichtiger Baustein<br />
dabei: die Corona-Hotline, das Bürgertelefon. Hier<br />
beantworten rund zwanzig fleißige, geduldige und<br />
höfliche Landratsamts-Mitarbeiterinnen täglich<br />
kompetent die Fragen von Bürgerinnen und Bürgern<br />
rund um die Corona-Krise. Ja: es sind – bis auf drei<br />
männliche Kollegen – fast ausnahmslos Frauen, die<br />
an der Hotline sitzen. In Briefings vor und nach der<br />
„Sprechstunde“ erhalten sie von Gesundheitsamt und<br />
Ein Blick in die Arbeit der Führungsgruppe Katastrophenschutz Nürnberger Land.<br />
Foto: Rolf List<br />
FüGK die neuesten Informationen und Fakten: Welche<br />
Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelten?<br />
Welche neuen Erkenntnisse im medizinischen Bereich<br />
gibt es? Welche Geschäfte dürfen geöffnet haben,<br />
welche nicht? – Die Mitarbeitenden in der Hotline<br />
fungieren sozusagen als Sprachrohr von Landrats- und<br />
Gesundheitsamt gleichermaßen, repräsentieren Staat<br />
und Demokratie nach außen.<br />
Überhaupt – Stabsarbeit: Damit die Abläufe<br />
reibungslos ineinandergreifen, üben Haupt- und<br />
Ehrenamtliche regelmäßig Katastrophenschutz-Szenarien<br />
und deren Bewältigung: Massenkarambolage auf<br />
der Autobahn, Zugunglück im Pegnitztal, solche Dinge.<br />
Doch die Situation, die sie zurzeit vor sich haben, ist<br />
anders: Der Feind ist unsichtbar, heimtückisch und<br />
unberechenbar: Das Coronavirus. Eine Infektion damit<br />
kann völlig harmlos verlaufen – oder tödlich. Es ist<br />
irgendwie surreal: Gestandene Frauen und Männer,<br />
die es gewohnt sind, Menschenleben zu retten, Unfallopfer<br />
aus Autowracks zu ziehen und zu reanimieren<br />
oder nach ein, zwei Stunden „Feuer aus!“ an den<br />
Einsatzleiter zu melden, arbeiten gegen einen Feind,<br />
den sie nicht mit der Tatkraft ihrer Hände beseitigen<br />
können. Frauen und Männer, die es gewohnt sind,<br />
nach einigen Minuten, bei Großschadensereignissen<br />
spätestens nach einigen Stunden die Lage unter Kontrolle<br />
zu haben, kämpfen seit Wochen im Schichtbetrieb<br />
gegen ein Erbgutschnipsel. Ein Stückchen RNA, das<br />
zum Leben immer einen Wirt braucht: eine Zelle, in<br />
die es eindringt und zur Virenschleuder umprogrammiert.<br />
Frauen und Männer, die es gewohnt sind, ein<br />
paar Stunden – wenn’s sein muss, auch Tage – kräftig<br />
draufzuhauen und dann siegreich in den Stützpunkt<br />
zurückzukehren, müssen einen Marathon absolvieren,<br />
der Wochen oder gar Monate dauern kann. Ausgang:<br />
ungewiss. Ende: offen. Eine ungewohnte Situation<br />
für alle. Besonders für die Ehrenamtlichen, die sich in<br />
ihrer Freizeit für die Bevölkerung im Nürnberger Land<br />
einsetzen. Und das unter dem Druck der Umstände:<br />
Was ist, wenn jemand aus meiner Familie krank wird?<br />
Wie geht‘s den Verwandten? Was wird mit meiner<br />
Firma? Meinem Einkommen? Werde ich arbeitslos?<br />
Dennoch engagieren sie sich. Sie stellen sich der<br />
Herausforderung. Pflichtbewusst. So, wie sie es aus<br />
ihren Organisationen gewohnt sind. Egal, ob Feuerwehr,<br />
THW, BRK, Bundeswehr oder andere Hilfs- und<br />
Rettungsorganisationen. Sie sind da, wenn man sie<br />
braucht. Immer. Zuverlässig. Einsatzbereit.<br />
„Die Bewältigung der Corona-Krise ist ein Marathon,<br />
kein Sprint!“, sagt Landrat Armin Kroder gleich zu<br />
Beginn, als die FüGK sich Anfang März zum ersten<br />
Mal trifft. Jetzt, Anfang April, ist das klarer denn<br />
je. Der Marathonlauf hat gerade erst begonnen.<br />
Das Licht am Ende des Tunnels glimmt noch recht<br />
schwach. Im Sitzungssaal ist es Abend geworden.<br />
Zwei Landratsamts-Mitarbeitende übernehmen die<br />
Nachtschicht von 20 bis halb acht Uhr. Die Arbeit<br />
geht weiter.