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Liudger Ausgabe Mai 2020

In dieser Ausgabe des Magazins für Mitarbeitende dreht sich alles um das Thema "Nur Mut!! Viel Spaß beim lesen!

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Schule mit Courage<br />

IM EINSATZ<br />

FÜR DEN<br />

NÄCHSTEN<br />

Tanja Lamsieh-Köhl<br />

ALEXANDRINE-HEGEMANN-BERUFSKOLLEG<br />

IST „SCHULE MIT COURAGE“<br />

Seit 2003 trägt das Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg mit den Schwerpunkten Gesundheit und<br />

Soziales in Recklinghausen das Siegel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Was das für die<br />

Schulgemeinschaft bedeutet, wie aus Worten Taten werden und was das alles mit Mut zu tun hat,<br />

erläutert Tanja Lamsieh-Köhl im Interview mit Michaela Kiepe. Sie betreut, zusammen mit zwei<br />

Kolleginnen, das Projekt in dem Berufskolleg des Bistums Münster.<br />

Braucht es in der heutigen Zeit Mut, sich zu engagieren?<br />

Lamsieh-Köhl: Mut ist insofern erforderlich, als dass es insbesondere in diesen Zeiten gilt, rechtsextreme<br />

Hetze zu durchbrechen und sich populistischen Aussagen entgegen zu stellen. Sie fließen wie ein schleichendes<br />

Gift in die Köpfe der Menschen. Mut ist erforderlich, um nein zu sagen, wenn Vorurteile geschürt<br />

werden, und Mut ist auch gefragt, um sich selbst kritisch zu hinterfragen. Es erfordert ebenso Mut, sich<br />

auf Menschen zuzubewegen, Kulturen kennenzulernen, die mir vielleicht fremd erscheinen, um am Ende<br />

festzustellen: „Alle Menschen sind gleich, wir sind alle auf der Suche nach Liebe, Sicherheit, Geborgenheit.“<br />

Als Lehrerin empfinde ich es als besondere Verantwortung, das kritische Denken der Schülerinnen und<br />

Schüler anzuregen und sie anzuhalten, beherzt und mutig gegen alle Formen von Rassismus und<br />

Diskriminierung einzutreten.<br />

Sie sind auch Schulseelsorgerin. Welche Rolle spielt im Kampf gegen den Rechtsextremismus<br />

die Schulpastoral?<br />

Lamsieh-Köhl: Schulpastoral will „helfen und heilen aus dem Glauben an den Gott des Lebens und seine in<br />

Jesus Christus offenbar gewordene Menschenfreundlichkeit. Menschen aller Altersstufen und Lebenslagen<br />

im Lebensraum Schule soll geholfen werden, die im christlichen Glauben liegenden Lebenschancen zu<br />

verstehen und zu ergreifen“. So umschreibt die Deutsche Bischofskonferenz allgemein einen Grundsatz<br />

der Schulpastoral.<br />

Was bedeutet das konkret für das Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg?<br />

Lamsieh-Köhl: Auf unsere Schule bezogen bedeutet dies Parteinahme und Zuwendung für die Schwächeren<br />

der Schulgemeinde und Einsatz, aus einer christlichen Grundhaltung heraus, für die Schwachen und<br />

Benachteiligten dieser Welt. Konkretisiert beziehungsweise erweitert wird diese Haltung an unserer Schule<br />

durch die Projektarbeit im Rahmen der „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Dieses Projekt hat<br />

viele Facetten.<br />

So pflegen wir seit 25 Jahren einen jüdischen Friedhof in Miroslav / Tschechien, gestalten das Schulleben aktiv<br />

durch sogenannte Zeitzeichen unter anderem zur Reichsprogromnacht, begehen mit der Schulgemeinde<br />

die Gedenkveranstaltung zum Holocaust Gedenktag, laden zu Gesprächen mit Zeitzeugen ein, organisieren<br />

Ausstellungen und Aktionen. Seit dem Schuljahr 2015 / 16 wird das Projekt durch das Projekt „Begegnungen“<br />

erweitert, das für und mit Flüchtlingen durch Schülerinnen und Schüler unserer Schule durchgeführt wird.<br />

Schülerinnen und Schüler des bischöflichen Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg setzten sich dafür ein, dass die Familie ihrer<br />

Mitschülerin Milena Cela (Mitte) nicht abgeschoben wird. Sie durfte zwar bleiben, ihre Eltern und der jüngere Bruder mussten<br />

aber zurück in ihr Heimatland Albanien.<br />

Was verbirgt sich hinter dem Projekt?<br />

Lamsieh-Köhl: Die Flüchtlingsströme vor knapp fünf Jahren und das damit verbundene Schicksal der<br />

Betroffenen wirken auch in unsere Schulgemeinde hinein. So ist das Thema immer wieder präsent in<br />

Unterrichtsgesprächen, Atempausen und Pausengesprächen. Durch unseren Kontakt mit dem Sozialdienst<br />

katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen entstand die Idee, Ressourcen unserer Schülerinnen und Schüler<br />

für Flüchtlingskinder zu nutzen und in Zusammenarbeit mit dem SkF Recklinghausen Angebote in der<br />

Flüchtlingsunterkunft an der Herner Straße einzurichten. Die Projektidee stieß auf großes Interesse in<br />

der Schülerschaft. Die Schülerinnen und Schüler besuchten zunächst die Unterkünfte und die Bewohner,<br />

entwickelten dann eigene Ideen für Angebote und führten diese in der Unterkunft eigenständig und in<br />

ihrer Freizeit durch.<br />

Wie sieht das konkret aus?<br />

Lamsieh-Köhl: Die Angebotspalette ist sehr vielfältig und reicht von Bewegungsangeboten über gestalterisches<br />

Arbeiten bis hin zur Hausaufgabenhilfe. Einige Schülerinnen und Schüler haben auch eine Patenschaft für ein<br />

Flüchtlingskind übernommen und verbringen mit diesem seine Freizeit, um eine Abwechslung vom tristen<br />

Alltag im Flüchtlingsheim zu schaffen und das neue Umfeld besser kennenzulernen.<br />

In unregelmäßigen Abständen finden Besprechungen zwischen dem SkF und unserer Schule statt. Außerdem<br />

nehmen unsere Schülerinnen und Schüler an Festen in der Unterkunft teil, gestalten dort das Rahmenprogramm<br />

mit oder zeigen Präsenz am Weltflüchtlingstag in Kooperation mit UNICEF. Integration bedeutet<br />

nachhaltiges Arbeiten. Daher wird das Projekt in den kommenden Schuljahren fortgesetzt und somit fester<br />

Bestandteil unserer Schulkultur. Das Engagement unserer Schülerschaft zeigte sich auch bei der drohenden<br />

Abschiebung einer Mitschülerin. Die Klassenkameraden starteten eine Petition, und die Schülerschaft<br />

sammelte in der Projektwoche Geld für die Familie, um die Anwaltskosten zum Teil zu decken.<br />

Was treibt Sie an?<br />

Lamsieh-Köhl: Den katholischen Schulen kommt eine besondere Verantwortung zu, das Gebot der<br />

Nächstenliebe praktisch umzusetzen, indem man sich um seine Nächsten kümmert, offen und tolerant<br />

durchs Leben geht und gesellschaftliche Verantwortung übernimmt, wo die Gesellschaft droht, auseinanderzudriften.<br />

Es bedarf mutiger Menschen, die sich einsetzen für die Schwächsten unserer Gesellschaft.<br />

Dies beweisen unsere SchülerInnen und Schüler an vielen Stellen durch ihr Engagement. Das macht mich<br />

stolz und treibt mich jeden Tag auf‘s Neue an.<br />

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