14.05.2020 Aufrufe

WIRTSCHAFT+MARKT Frühjahr/Sommer 2020

WIRTSCHAFT+MARKT ist das einzige Wirtschaftsmagazin, das sich auf die Kommunikation zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in den neuen Bundesländern und Berlins konzentriert. Zweimal jährlich erscheint das Printmagazin, während das W+M-Onlinemagazin unter wirtschaft-markt.de geführt wird. Es enthält ein umfangreiches Nachrichtenportal und Beiträge. Wöchentlich erscheint ein Newsletter W+M Weekly.

WIRTSCHAFT+MARKT ist das einzige Wirtschaftsmagazin, das sich auf die Kommunikation zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in den neuen Bundesländern und Berlins konzentriert. Zweimal jährlich erscheint das Printmagazin, während das W+M-Onlinemagazin unter wirtschaft-markt.de geführt wird. Es enthält ein umfangreiches Nachrichtenportal und Beiträge. Wöchentlich erscheint ein Newsletter W+M Weekly.

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EDITORIAL

WIRTSCHAFT+MARKT 3

DIE ZAHL 30 ALS

MUTMACHER

Karsten Hintzmann

Chefredakteur

KH@WundM.info

Foto: Torsten George

DDie Corona-Krise, die Deutschland Mitte

März erfasste, hat zu unvorstellbaren

Einschnitten und Einschränkungen geführt.

Ein noch nie da gewesener Shutdown zwang

unzählige kleine und mittelständische Unternehmen

in die Knie und erlegte den Bürgern

über Wochen Ausgeh- und Kontaktverbote

auf. Noch ist unklar, wann hierzulande wieder

auf Normalbetrieb umgeschaltet werden

kann. Unklar ist auch, wie die Schlussbilanz

des Corona-Spuks aussehen wird.

Wir haben angesichts der aktuellen Entwicklungen

überlegt, in welche Richtung unser

Frühjahrs-Magazin gehen soll. Letztlich

entschlossen wir uns dazu, eine nahezu

„corona-freie“ Ausgabe zu gestalten. Aus

zwei Gründen: 1. Alle aktuellen Entwicklungen

in der Corona-Krise und vor allem

die Auswirkungen auf die Wirtschaft in den

neuen Bundesländern reflektieren wir tagesaktuell

in unserem W+M-Online magazin

(www.wirtschaft-markt.de). 2. Mit dem

gedruckten Magazin wollen wir den Blick

nach vorn richten und Mut machen. Mut,

der sich vor allem aus dem Engagement, der

Kreativität und der Innovationskraft all jener

Unternehmer, Wissenschaftler und auch

Politiker speist, die in den zurückliegenden

30 Jahren dafür gesorgt haben, dass Ostdeutschland

wirtschaftlich stark aufholen

konnte. Ganz bewusst haben wir daher die

Zahl 30 in den Mittelpunkt gerückt. Nicht

nur auf dem Cover des Magazins, sondern in

der gesamten Ausgabe. Schließlich befinden

wir uns im 30. Jahr der deutschen Wiedervereinigung.

In der Titelgeschichte (ab

Seite 8) etwa stellen wir 30 Zukunftsorte

in den neuen Ländern und Berlin vor. Sicher,

wir hätten auch 50 oder 100 dieser Orte

beschreiben können, die prägend für ganze

Regionen zwischen Ostsee und Fichtelberg

sind. Dass wir uns auf 30 Zukunftsorte

beschränkt haben, ist unsere Verbeugung

vor dem Einheitsjubiläum.

Mitunter hat man den Eindruck, die ostdeutsche

Wirtschaft werde vorrangig durch die

Herren der Schöpfung geprägt. Die vielen

erfolgreichen Unternehmerinnen, die ihre

Geschäftsideen zum Leben erweckt haben,

kommen in der öffentlichen Wahrnehmung

oft zu kurz. Um dieser Entwicklung etwas

entgegenzusteuern, präsentieren wir in diesem

Heft besonders erfolgreiche, von Frauen

geführte Unternehmen aus Ostdeutschland

– um genau zu sein, es sind 30 (ab Seite 58).

Anlässlich des 30. Jahrestages der Deutschen

Einheit haben wir alle sechs ostdeutschen

Regierungschefs interviewt. Wir

sprachen mit ihnen über das Zusammenwachsen

von Ost und West, die Angleichung

der Lebensverhältnisse und den Nutzen der

Transformationserfahrungen. Anders als

sonst bei uns üblich, bilden wir die Interviews

nicht einzeln ab, sondern konzertiert.

Da wir alle interviewten Ministerpräsidenten

im Kern mit ein und demselben Fragenkanon

konfrontiert haben, erhielten wir pro Frage

höchst unterschiedliche Antworten. Lesen

und vergleichen Sie selbst (ab Seite 38)!


4

WIRTSCHAFT+MARKT

INHALTSVERZEICHNIS

W+M TITEL

30 Zukunftsorte im Osten 8

Interview mit Sachsens

Wirtschaftsminister

Martin Dulig 13

Interview mit Sachsen-

Anhalts Wirtschaftsminister

Armin Willingmann 18

Interview mit Mecklenburg-

Vorpommerns Wirtschaftsminister

Harry Glawe 24

Interview mit Brandenburgs

Wirtschaftsminister

Jörg Steinbach 29

Analyse: Fokussierung auf

regionale Wachstumspole 34

Blick voraus: Zukunftschancen

im Osten – nur mit neuem

Denken möglich 36

POLITIK 38

30 Jahre deutsche Einheit – die Bilanz

der ostdeutschen Minister präsidenten

Fotos: W+M, Sächsische Staatskanzlei, Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern, Webdata Solutions GmbH

W+M POLITIK

30 Jahre deutsche Einheit:

Die Bilanz der ostdeutschen

Regierungschefs

Großes Interview mit den

Ministerpräsidenten

Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt),

Michael Kretschmer (Sachsen),

Bodo Ramelow (Thüringen),

Manuela Schwesig (Mecklenburg-

Vorpommern) und

Dietmar Woidke (Brandenburg)

sowie Berlins Regierendem

Bürgermeister Michael Müller 38

UNTERNEHMEN 58

Frauenpower im Osten

W+M POLITIK

Ostdeutsches Wirtschaftsforum:

Beim 5. „Davos des Ostens“

dreht sich alles um die Zukunft

der neuen Länder nach der

Corona-Krise 52

Debattenbeitrag von E.DIS-

Chef Alexander Montebaur:

Wie sieht die Stromversorgung

im Jahr 2038 aus? 56

Beiträge, die mit diesem Logo

gekennzeichnet sind, finden Sie

ausführlich im W+M-Onlinemagazin.


INHALTSVERZEICHNIS WIRTSCHAFT+MARKT 5

POLITIK 52

5. Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow

GESELLSCHAFT 80

Uhren: Glashütte zwischen

Innovation und Tradition

W+M UNTERNEHMEN

Frauenpower im Osten 58

Innovation: 30 Gründer

aus den neuen Ländern 68

TITEL 8

30 Zukunftsorte in den neuen Ländern

W+M GESELLSCHAFT

Berlin Capital Club:

Home away from home 74

Schloss Wackerbarth: Europas

erstes Erlebnisweingut 76

Businessmode 2020: lässiger,

bequemer, komfortabler 78

Uhren: Glashütte zwischen

Innovation und Tradition 80

Fotos: W+M, Glashütte original, NOMOS, Ralf Lehmann

IMPRESSUM

WIRTSCHAFT+MARKT

Das Ostdeutsche Unternehmermagazin

Ausgabe: Frühjahr/Sommer 2020

Redaktionsschluss: 11.05.2020

Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH

Friedrichstraße 171, 10117 Berlin

Tel.: 030 505638-00

info@wirtschaft-markt.de

redaktion@wirtschaft-markt.de

www.wirtschaft-markt.de

Herausgeber/Geschäftsführer:

Frank Nehring, frank.nehring@wirtschaft-markt.de

Chefredakteur:

Karsten Hintzmann, karsten.hintzmann@wirtschaft-markt.de

Autoren: David Eckel, Beate Lecloux, Prof. Dr. Joachim

Ragnitz, Matthias Salm, Thomas Strobel, Ron Uhden

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in

diesem Magazin auf eine durchgehende, geschlechtsneutrale

Differenzierung (z. B. Teilnehmer/Teilnehmerinnen)

verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der

Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.

Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und

beinhaltet keine Wertung.

Service: Abo- und Anzeigenverwaltung sowie Marketing

und Vertrieb, info@wirtschaft-markt.de

Layout & Design:

Möller Medienagentur GmbH, www.moeller-mediengruppe.de

Druck: Silber Druck oHG, ISSN 0863-5323

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur

mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht

mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos

übernehmen wir keine Haftung.

W+M DIE LETZTE SEITE

Mutmacher für die Zeit

nach der Corona-Krise 82

W+M WEITERE BEITRÄGE

Editorial 3

Impressum 5


Anmeldung gleich hier

15./16.Juni 2020

A-ROSA Bad Saarow bei Berlin

www.owf.de/anmeldung2020

BAD SAAROW JUNI 2020:

DAS ZUKUNFTSTREFFEN DER

OSTDEUTSCHEN WIRTSCHAFT

DAS ZUKUNFTSTREFFEN DER

OSTDEUTSCHEN WIRTSCHAFT

Wirtschaft trifft Politik trifft

Wissenschaft trifft Medien

Wirtschaft trifft Politik trifft

Wissenschaft trifft Medien

OWFZUKUNFT 2020

OSTDEUTSCHES WIRTSCHAFTSFORUM

WFZUKUNFT

Neuer Termin

21./22.09.2020

OSTDEUTSCHES WIRTSCHAFTSFORUM

WFZUKUNFT



8 WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

ZUKUNFTSORTE

IM OSTEN

Nach der deutschen Wiedervereinigung vor 30 Jahren

durchlebten die neuen Bundesländer und der Ostteil

Berlins einen fundamentalen Strukturwandel. Die ehemaligen

Kombinate und volkseigenen Betriebe wurden

abgewickelt, industrielle Großstrukturen plattgemacht.

Im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte entstand

Schritt für Schritt eine neue Wirtschaftsstruktur – mit

industriellen Kernen, vereinzelten Großkonzernen und

einem starken und vielseitigen Mittelstand. Nicht selten

wurden Industrien wiederbelebt, die schon zu DDR-

Zeiten prägend waren. Heute verfügen die neuen Länder

über eine Vielzahl wirtschaftlicher Leuchttürme und

Zukunftsorte. In unserer Titelstory stellen wir 30 dieser

Zukunftsorte vor. Wohl wissend, dass es wesentlich

mehr dieser Zukunftsorte zwischen Ostsee und Fichtelberg

gibt. Allein Sachsen-Anhalt vermarktet zwölf,

innerhalb der Berliner Stadtgrenzen zählt man elf

Zukunftsorte. In Brandenburg verwendet man einen

anderen Begriff für die 15 Orte – dort heißen sie

„regionale Wachstumskerne“.

Wir beschränken uns auf den folgenden Seiten auf 30

Zukunftsorte. Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht

um ein Ranking der besten und der größten. Die ausgewählten

Zukunftsorte stehen stellvertretend für

die vielen regionalen Wirtschaftszentren, die für Aufschwung

und Zuversicht sorgen. Sie alle eint, dass sie für

wirtschaftliche Impulse in weiten Regionen sorgen, dass

in diesen Orten zukunftsfähige Branchen zu Hause sind

und dass es eine enge Vernetzung mit Wissenschaft und

Forschung gibt.

VON KARSTEN HINTZMANN


WIRTSCHAFT+MARKT 9

30 ZUKUNFTSORTE

MV

BB

MECKLENBURG-VORPOMMERN

11. Greifswald

12. Neubrandenburg

13. Parchim

14. Rostock

15. Wismar

TH

ST

SACHSEN-ANHALT

21. Barleben

22. Bitterfeld-Wolfen

23. Halle (Saale)

24. Leuna

25. Magdeburg

THÜRINGEN

26. Eisenach

27. Erfurt

28. Ilmenau

29. Jena

30. Weimar

BRANDENBURG

5. Grünheide

6. Eberswalde

7. Ludwigsfelde

8. Schönefeld

9. Schwarzheide

10. Schwedt

SN

B

SACHSEN

BERLIN

1. Adlershof

2. Marzahn

3. Schöneberg

4. Siemensstadt

16. Annaberg-Buchholz

17. Chemnitz

18. Dresden

19. Leipzig

20. Zwickau


10

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Annaberg-

Buchholz

B

Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof.

Adlershof

Adlershof ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk

Treptow-Köpenick. Auf dem Gelände der

früheren Akademie der Wissenschaften der

DDR entstand seit den späten 1990er-Jahren

die Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und

Medien – kurz WISTA genannt. Heute ist

WISTA in Adlershof Deutschlands größter

Wissenschafts- und Technologiepark und

Berlins größter Medienstandort – eingebettet

in ein städtebauliches Gesamtkonzept.

Auf einem Gebiet von 4,2 Quadratkilometern

sind 1.144 Unternehmen und wissenschaftliche

Einrichtungen mit 19.400 Mitarbeitern

tätig. Hinzu kommen ca. 6.330 Studenten.

Im Wissenschafts- und Technologiepark

konzentrieren sich die 537 Unternehmen

und außeruniversitären Forschungsinstitute

auf folgende Technologiefelder: Photonik

und Optik, Photovoltaik und erneuerbare

Energien, Mikrosysteme und Materialien,

Informationstechnik (IT) und Medien, Biotechnologie

und Umwelt. Hinzu kommen

diverse Institute der Humboldt-Universität –

für Chemie, Geografie, Informatik, Mathematik,

Physik und Psychologie.

In unmittelbarer Nachbarschaft ist neben

der Medienstadt mit ihren 170 Unternehmen

ein Ensemble von mittlerweile 430 gewerblichen

Unternehmen, Geschäften, Hotels und

Restaurants entstanden. Hier, wie auch auf

dem rund 45 Hektar großen Areal des 1998

geschlossenen Verschiebebahnhofs Schöneweide,

stehen dem Wissenschafts- und

Technologiepark ideale Flächen für weiteres

Wachstum zur Verfügung.

Westlich des 66 Hektar großen Natur- und

Landschaftsparks „Flugfeld Johannisthal“

sind in den vergangenen Jahren 360 Einfamilienhäuser

errichtet worden. Auf einem Areal

von 14 Hektar in unmittelbarer Nähe zum

Campus der Humboldt-Universität entstehen

derzeit rund 1.400 Wohneinheiten. Ende

2018 wohnten im Adlershofer Entwicklungsgebiet

bereits rund 3.800 Menschen.

SN

Annaberg-Buchholz.

Annaberg-Buchholz ist Große Kreisstadt

im sächsischen Erzgebirgskreis und dessen

Verwaltungssitz. Mit ihren rund 20.000

Einwohnern steht die Stadt stellvertretend für

das Erzgebirge, das in seiner Komplexität und

Vielfalt ein Zukunftsort ist.

Infolge des über Jahrhunderte betriebenen

Bergbaus entwickelte sich im Erzgebirgskreis

eine überproportional hohe Industriedichte.

Etwa 30 Prozent aller Beschäftigten sind in der

Industrie mit den Schwerpunkten Werkzeugbau,

Maschinenbau und Elektrotechnik tätig.

Weiteres Kennzeichen der vorwiegend von

kleinen und mittelständischen Unternehmen

geprägten Wirtschaftsstruktur ist eine breite

Branchenvielfalt. So bilden auch Wirtschaftszweige

wie Handwerk und Dienstleistung

starke Standbeine. Im Erzgebirgskreis befinden

sich die meisten produzierenden Unternehmen

Sachsens.

Seit Jahrhunderten werden im Erzgebirge

Innovationen geboren. Manch weltberühmte

Erfindung hat hier ihre Wurzeln: Die Region gilt

als die Wiege der deutschen Automobilindustrie,

denn die ersten serienmäßig gefertigten

Metallkarosserien für Pkw kamen Anfang des

20. Jahrhunderts aus dem Erzgebirge. Auch der

weltweit erste FCKW-freie Kühlschrank kommt

von hier. Selbst das erste digitale Bahnstellwerk

Europas ist im Erzgebirge zu finden.

Vor Ort gibt es einen engen Austausch zwischen

praxisnaher Forschung und Wirtschaft.

Sechs Hochschulen und über 20 außeruniversitäre

Forschungseinrichtungen finden sich im

oder in unmittelbarer Nähe zum Erzgebirge. In

verschiedenen Projekten wird geforscht und

gearbeitet, zum Beispiel am Durchbruch der

Brennstoffzelle für Pkw, an intelligenten, mit

Sensoren ausgestatteten Werkstoffen und

Textilien oder an der Nutzung bestehender

Altlasten als Rohstoffquelle. Überregional

bekannt ist das Projekt „Smart Rail Connectivity

Campus“, ein Gemeinschaftsvorhaben unter

Federführung der Stadt Annaberg-Buchholz

und der Technischen Universität Chemnitz. Primäres

Ziel des Bündnisses ist es, Innovationen

im Feld der digitalen Vernetzung und Kommunikation

im Schienenverkehr zu initiieren und

zu befördern, die vor allem schrittweise das

automatisierte Fahren auf der Schiene und die

Integration des Bahnverkehrs in multimodal

vernetzte Mobilitätsangebote ermöglichen.

Foto: WISTA-MANAGEMENT GMBH (oben), bajo57 – stock.adobe.com (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 11

Barleben

Foto: Dirk Mahler IKAM GmbH (oben), Hi-Bis GmbH (unten)

Die Gemeinde Barleben mit den Ortschaften

Ebendorf, Barleben und Meitzendorf liegt

nördlich der Landeshauptstadt Magdeburg –

südlich durch die Autobahn A2, westlich

durch die Autobahn A14 und der Weiterführung

der B 71, nördlich durch den Mittellandkanal

und östlich durch die Eisenbahnstrecke

Magdeburg-Stendal begrenzt. Dank

der idealen Verkehrsanbindung ist hier ein

Standort für Forschung, Fertigung und

Vertrieb entstanden – der Technologiepark

Ostfalen. Innovativ ist bereits das Konzept

des Gewerbegebietes: Die Gewerbeflächen

wurden in einen Landschaftspark integriert.

Dafür steht auch das Innovations- und Gründerzentrum

Magdeburg (IGZ Magdeburg),

in dem Existenzgründer, wissenschaftliche

Einrichtungen und mittelständische Unternehmen

Produktideen zur Marktreife führen.

Allein im IGZ arbeiten heute 75 Unternehmen

mit etwa 450 Mitarbeitern. Für Innovation

im Technologiepark steht auch das 2016

eröffnete Zentrum für Elektromobilität und

Energieeffizienz (ZEE), in dem Unternehmen

integrierte Mobilitätsdienstleistungen

entwickeln.

Insgesamt nutzen 140 Unternehmen die

idealen Standortbedingungen des Gewerbeparks,

der in direkter Nachbarschaft zur

Landeshauptstadt Magdeburg und an gleich

zwei Autobahnen gelegen ist, für Produktion

und Logistik.

Ebenfalls in Barleben beheimatet ist das

Institut für Kompetenz in AutoMobilität

(IKAM) der Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg (OVGU). Gefördert durch das

Land Sachsen-Anhalt wurde das IKAM im

Jahr 2012 mit dem Ziel gegründet, eine

hochmoderne Ausstattung für Forschung

und Entwicklung bereitzustellen, mit der

Wissenschaftler sowie Industrieunternehmen

mit ihren Ideen, Entwicklungen und

Innovationen den Automobil- und Mobilitätssektor

im 21. Jahrhundert maßgeblich

mitgestalten können. Als fakultätsübergreifende

Plattform zur Durchführung von

Forschungs- und Entwicklungsprojekten auf

dem Gebiet der Mobilität ist das IKAM fest in

den Forschungs- und Transferschwerpunkt

„Automotive“ der OVGU eingebunden und

fungiert hier als Schnittstelle zwischen der

OVGU und externen Partnern im Rahmen

von Wissenschaftskooperationen sowie Forschungs-

und Entwicklungsdienstleistungen.

ST

Bitterfeld-Wolfen

Bitterfeld-Wolfen ist die größte Stadt im

Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Die Stadt liegt im

Südosten des Landes Sachsen-Anhalt. Bitterfeld-Wolfen

entstand am 1. Juli 2007 durch die

Fusion der ursprünglich eigenständigen Städte

Bitterfeld und Wolfen sowie der Gemeinden

Greppin, Holzweißig und Thalheim. Wer heute

nach Bitterfeld-Wolfen kommt, wird vom

Strukturwandel der Region überrascht sein.

Aus der einstigen Bergbaulandschaft ist eine

intakte Naturlandschaft mit einer Wasserfläche

von 2.600 Hektar und interessanten Landschaftskunstprojekten

entstanden. Die neu

entstandene Seenlandschaft ist für Touristen

und Wassersportler gleichermaßen attraktiv.

Und mittendrin befindet sich ein innovativer

Chemiepark. „Die Welt der Chemie. Chemie

für die Welt.“ Mit diesem Anspruch präsentieren

sich die Unternehmen im Chemiepark

ST

Das Institut für Kompetenz in AutoMobilität

hat einen modernen Standort in Barleben.

Die Firma Hi-Bis stellt in Bitterfeld-Wolfen

Spezial-Bisphenole her.

Bitterfeld-Wolfen, mit 1.200 Hektar eines

der größten Areale für Chemie- und Pharmaunternehmen

Deutschlands. Darunter sind

Global Player wie Bayer, Nouryon und Evonik.

Schon vor 125 Jahren wurde hier der Grundstein

für die Chemieindustrie gelegt – heute

existiert ein autarkes Netzwerk aus nationalen

und internationalen Konzernen, mittelständischen

Unternehmen und Start-ups. Das

Profil des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen ist

geprägt durch Chlor-, Spezial- und Feinchemie

sowie Pharma- und Hightech-Produkte.

Mehr als 300 Unternehmen mit über 12.000

Beschäftigten stellen ein breites Spektrum

an Lieferanten, Dienstleistern und potenziellen

Partnern dar. Zudem steht für erste

Ansiedlungsschritte oder Neugründungen ein

Technologie- und Gründerzentrum zur Unterstützung

bereit.


12

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Dresden

SN

Chemnitz

Chemnitz ist eine kreisfreie Stadt im Südwesten

des Freistaates Sachsen. Mit ihrer

über 200-jährigen Industriegeschichte ist die

Stadt heute ein Technologiestandort mit den

Branchenschwerpunkten Automobil- und

Zulieferindustrie, Informationstechnologie

sowie Maschinen- und Anlagenbau. Zudem gibt

es in Chemnitz eine Technische Universität.

Die Kernbranchen sind eng vernetzt mit einer

breiten Basis aus Unternehmen angrenzender

Branchen, vor allem der Werkstoff- und

Beschichtungstechnik, Metallverarbeitung,

Automatisierungstechnik und Mikrosystemtechnik.

Nicht ohne Grund genießt Chemnitz

den Ruf als Zentrums des Maschinenbaus

– mehr als 100 Unternehmen sind in diesem

Industriezweig tätig. Darüber hinaus finden sich

mehr als 500 Maschinenbau- und Zulieferunternehmen

im regionalen Umfeld. Die Branche

zeichnet sich durch eine über fünfzigprozentige

Exportquote aus. Herausragende Kompetenzen

im Raum Chemnitz liegen in der Herstellung

von Werkzeug-, Textil- und Sondermaschinen

sowie in der Automatisierungstechnik. Mehr

als 10.000 Fachkräfte sind in diesem Sektor

beschäftigt.

Montagehalle des Maschinenbauunternehmens

NILES-SIMMONS in Chemnitz.

Am Standort haben sich Wirtschaft und

Forschung auf verschiedenen Gebieten eng

verzahnt. Ein Beispiel ist der „Smart Systems

Campus“, ein Kompetenzzentrum für Mikrosystemtechnik.

In unmittelbarer Nachbarschaft

zur Technischen Universität Chemnitz, zum

Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen

und Umformtechnik und zum Fraunhofer-

Institut für Elektronische Nanosysteme können

sich junge, schnell wachsende Start-ups neben

den renommierten internationalen Unternehmen

ansiedeln.

2017 wurde das Innovationscluster „HZwo

– Antrieb für Sachsen“ gegründet, in dem

Entwickler aus der TU Chemnitz, des Fraunhofer-Instituts

für Werkzeugmaschinen und

Umformtechnik sowie regionaler Unternehmen

mitwirken. Ziel ist es, am Standort Sachsen

eine vollständige Wertschöpfungskette für

Brennstoffzellenfahrzeuge zu erschließen.

SN

Der E-Golf wird in Dresden produziert.

Dresden ist die Landeshauptstadt des

Freistaates Sachsen. Die an der Elbe gelegene

kreisfreie Stadt ist das wirtschaftliche

Zentrum des Ballungsraumes Dresden, einer

der ökonomisch dynamischsten Regionen

in Deutschland. Innovationen und Spitzentechnologien

spielen im Raum Dresden eine

herausragende Rolle. Die sächsische Metropole

gilt als führender europäischer Standort der

Halbleiterindustrie. Ebenfalls große Wertschöpfung

im Raum Dresden erbringen die

Branchen Pharmazie, Kosmetik, Maschinen-,

Fahrzeug- und Anlagenbau, Lebensmittel,

optische Industrie, Dienstleistungen, Handel

sowie der Tourismus.

Wirtschaftlich bedeutend sind die Informationstechnik

und Nanoelektronik, weshalb sich

die Stadt als Zentrum von „Silicon Saxony“

positioniert hat. Der Silicon Saxony e. V. ist mit

rund 350 Mitgliedern das größte Hightechnetzwerk

Sachsens und eines der größten

Mikroelektronik- und IT-Cluster Deutschlands

sowie Europas. Als eigenfinanzierter

Verein verbindet „Silicon Saxony“ seit seiner

Gründung im Jahr 2000 Hersteller, Zulieferer,

Dienstleister, Hochschulen, Universitäten,

Forschungsinstitute, öffentliche Einrichtungen

sowie branchenrelevante Start-ups am Wirtschaftsstandort

Sachsen und darüber hinaus.

Der thematische Fokus des Clusters liegt auf

den technologischen Trends der Gegenwart

und Zukunft – beispielsweise künstliche

Foto: NILES-SIMMONS GmbH (oben), VW AG (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 13

Foto: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft

Intelligenz, Robotik, Automatisierung, Internet

of Things, Sensorik, Energieeffizienz oder Edge

Computing.

In der „Gläsernen Manufaktur“ von Volkswagen

kann man schon heute die Zukunft der

Automobilität bestaunen. Zudem wird in Dresden

bereits der E-Golf hergestellt. Seit 2016

ist die Stadt – neben Berlin, Braunschweig,

Düsseldorf, Hamburg, Ingolstadt und München

– digitales Testfeld für automatisiertes und

vernetztes Fahren.

Eberswalde

Auf die Frage, welcher Ort im Nordosten Brandenburgs

eine Zukunft hat, antwortet man in

der Kreisstadt des Barnims mit dem selbstbewussten

Slogan: Natürlich Eberswalde. Schon

jetzt gibt es manches Kleinod zu bestaunen

– der beste kleine Zoo Deutschlands, das

schönste Standesamt in der Märchenvilla

oder das „Paul-Wunderlich-Haus“, vielfach

als umweltfreundlichster Verwaltungssitz

Deutschlands prämiert, mit einer ständigen

Kunstausstellung des namensgebenden Malers

von Rang. Den Weg in die Zukunft weisen

vor allem aber Wirtschaft und Wissenschaft:

Nach dem Ende der DDR hatte die damals

vor allem für den Kranbau, ein Walzwerk, den

Rohrleitungsbau und die Fleischwirtschaft

bekannte Kommune eine enorme Schrumpfkur

zu verkraften. Tausende Arbeitsplätze

brachen weg. Die Einwohnerzahl ging zurück.

Aus den aufgelösten einstigen volkseigenen

DDR-Kombinaten gründeten sich aber viele

kleinere Betriebe heraus, die mit ihrem Knowhow

zu einem großen Teil Nischen bis in den

Weltmarkt gefunden haben. Auf dem Gelände

des ehemaligen VEB Kranbau arbeiten heute

in etwa wieder so viele Menschen wie einst in

dem Kombinat – nur eben in vielen kleinen und

mittelständischen Unternehmen.

„Das Eberswalder Metall-Gen vererbt sich bis

heute“, sagt Rüdiger Thunemann, Geschäftsführer

der Wirtschafts- und Tourismusentwicklungsgesellschaft

des Landkreises. „Hier

ist sicher nicht die bekannteste Industrieregion

des Landes, aber eine der traditionsreichsten“,

sagt er.

Für junge Familien – aus der Region einer wachsenden

Schar von Zuzüglern – werden immer

neue Bauareale ausgewiesen. Die genehmigten

Bauanträge für Eigenheime stiegen in den

vergangenen acht Jahren um 25 Prozent. Schon

„SACHSEN IST EIN

LAND KLUGER UND

NEUGIERIGER KÖPFE“

W+M: Welche Bedeutung haben die Zukunftsorte

für die Regionen und das Land?

Martin Dulig: Sachsen ist ein offenes und

dynamisches Land. Die Menschen prägen

es durch ihren Mut, ihren Erfindergeist, ihre

Neugier und ihre Tatkraft. Unser gemeinsames

Ziel ist ein Land mit hohem Wohlstandsniveau

und guter Arbeit, in dem wir gut und gerne

leben. Das gilt für Stadt und Land, das gilt für

ländliche und urbane Regionen gleichermaßen.

Zukunftsorte helfen uns dabei, Industrie, Mittelstand

und regionale Wertschöpfungsketten

zu stärken und die Herausforderungen, vor

die uns Trends wie Urbanisierung, Digitalisierung,

Internationalisierung oder auch die

demografische Entwicklung stellen, besser zu

meistern. Sie sind Inspiration für Innovationen

und „Energiezentren“ der wirtschaftlichen

Entwicklung. Sie sind gleichermaßen Anker

und Motor unseres Wohlstands.

W+M: Welche Branchen haben in Ihrem

Land besonders große Zukunftsperspektiven?

Martin Dulig: Zu Beginn dieses Jahres hat

der Freistaat Sachsen seine Innovationsstrategie

fortgeschrieben und strategisch besonders

wichtige Themenbereiche innerhalb der

Zukunftsfelder Umwelt, Rohstoffe, Digitales,

Energie, Mobilität und Gesundheit definiert.

Als für Sachsen besonders chancenreich haben

wir die Themenfelder nachhaltige Rohstofferschließung,

Kreislaufwirtschaft oder medizinische

Biotechnologie identifiziert. Auch auf den

Themengebieten Datenübertragung, Sensorik,

Medizintechnik, Recycling und Energiespeicherung

sehen wir großes Potenzial sächsischer

Akteure. Den Schlüsseltechnologien intelligente

Materialien, Mikro- und Nanoelektronik

und fortgeschrittene Produktionstechnologien

kommt nach wie vor eine besondere Bedeutung

für das sächsische Innovationssystem zu.

Für Deutschland insgesamt beträgt der Anteil

der Schlüsseltechnologien an allen Patentanmeldungen

17 Prozent, wovon etwa sechs

Prozent von sächsischen Erfindern angemeldet

wurden.

W+M: Wie sieht Ihre Vision von der Wirtschaft

Ihres Landes im Jahr 2030 aus?

Martin Dulig: In erster Linie sehe ich den

Erhalt und die Weiterentwicklung der sozialen

Marktwirtschaft mit einer wettbewerbsfähigen

Wirtschaft, die Werte und Beschäftigung

schafft und Ressourcen schont. Sachsen

soll auch im Jahr 2030 Energie- und Industrieland

sein, mit guter Arbeit sowie einem

starken Handwerk und Mittelstand. Dazu

gehört eine leistungsfähige, bezahlbare und

klimafreundliche Energieversorgung sowie

eine verlässliche Mobilität. Die Automobil- und

Mikroelektronikindustrie sowie der Maschinen-

und Anlagenbau sind das Rückgrat

unserer Wirtschaft. Das soll auch so bleiben,

weil es Wohlstand und Beschäftigung sichert.

Unsere Position als Halbleiterindustriestandort

Nr. 1 in Europa soll auch in Zukunft nicht

nur erhalten bleiben, sondern gefestigt und

ausgebaut werden. Sachsen soll zum Kernland

der Innovation werden. Vor allem Wasserstoff

bietet als Energieträger vielversprechende

Anwendungsmöglichkeiten. Brennstoffzellen

und Brennstoffzellensysteme gewinnen

immer größere Bedeutung. Dies gilt nicht nur

für Straßenfahrzeuge. Sachsen ist ein Land

kluger und neugieriger Köpfe, von Gründerinnen

und Gründern. Es soll auch in Zukunft

einen Spitzenplatz bei der Mittelstands- und

Gründerfreundlichkeit einnehmen.

SN

Sachsens Wirtschaftsminister

Martin Dulig (SPD).


14

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

BB

Moderner Fahrzeugzulieferer aus Eberswalde –

die Finow Automotive GmbH.

Investitionsprojekte gab es 299 Millionen

Euro aus GRW- und EFRE-Mitteln. Darüber

hinaus wurden 19 Projekte zur Schaffung

wirtschaftsnaher Infrastruktur mit einem

Gesamtvolumen in Höhe von 110 Millionen

Euro gefördert.

Das lokale Automobilflaggschiff Opel ist dabei,

sich konsequent auf die Zukunft auszurichten.

Seit März dieses Jahres läuft im Eisenacher

Opelwerk die Hybridversion des Stadtgeländewagens

„Grandland X“ vom Band. Das

Fahrzeug fährt mit einer Kombination aus

klassischem Verbrenner- und Elektromotor,

schafft mit rein elektrischem Antrieb mehr

als 50 Kilometer. In Eisenach produziert das

Unternehmen erstmals in Deutschland ein

Hybrid-Fahrzeug, Teil der Elektrifizierungs-

Offensive des Konzerns.

rein physisch für ständig neue junge Leute in

der Stadt, sorgt die Hochschule für nachhaltige

Entwicklung (HNE), an der 2.500 Studenten

eingeschrieben sind. Mit ihren inzwischen 17

Studiengängen besitzt die Hochschule ein individuelles,

dem nachhaltigen Wirtschaften verpflichtetes

Profil. Fachbereiche sind Wald und

Umwelt, Landschaftsnutzung und Naturschutz,

Holzingenieurswesen, Nachhaltige Wirtschaft.

Eisenach

Eisenach ist eine kreisfreie Stadt im Westen

Thüringens. International bekannt ist der Ort

als Lutherstadt und durch die Wartburg, die

TH

Opel in Eisenach.

zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Seit knapp 125 Jahren ist Eisenach ein Zentrum

der Automobilindustrie. Zunächst wurde

der „Dixi“ produziert (1904), es folgten Fahrzeuge

der Marke BMW (1928), zu DDR-Zeiten

der „Wartburg“ und seit 1990 engagiert sich

die Adam Opel AG am Standort. Die weit über

2.000 ansässigen Industrie- und Gewerbebetriebe

haben ihren Schwerpunkt im Automobilbau

und der Zulieferindustrie, der Metallverarbeitung

und der Logistik. Auf 1.000 Jobs

kommen in Eisenach 133 Industriearbeitsplätze.

Damit belegt Eisenach Platz 1 im Thüringer

Landesranking.

Seit 1990 wird am Standort stark investiert

– rund 1,85 Milliarden Euro flossen bislang

in Fabriken und Maschinenparks. Für 276

Erfurt

Erfurt ist Landeshauptstadt und mit rund

214.000 Einwohnern zugleich Thüringens

größte Stadt. Die Wirtschaft der Stadt ist

von Verwaltung und Dienstleistung geprägt.

Darüber hinaus ist Erfurt aber auch Standort

diverser innovativer Unternehmen im Maschinen-

und Anlagenbau. Speziell in den letzten

Jahren hat sich ein kontinuierlicher Wandel

zum Hightechstandort vollzogen. Hier wachsen

Unternehmen in den Bereichen Mikroelektronik,

Mikrotechnik sowie Solartechnik. Mit

dem Neubau des Technologiezentrums, dem

Anwenderzentrum für Mikrosystemtechnik

und dem geplanten Medienapplikations- und

Gründerzentrum setzt die Stadt bewusst auf

die Zukunft. Erfurt ist Standort mehrerer

Weltmarktführer. Die QUNDIS GmbH beispielsweise

ist international führend bei der Entwicklung

und Herstellung von Messgeräten.

Ferner hat sich auf Grund der niedrigen Lohnkosten

und der zentralen Lage in Deutschland

eine marktstarke Logistik-Branche etabliert.

Erfurt ist nach Leipzig die Stadt mit der zweitgrößten

Messe in den ostdeutschen Ländern.

Der Erfurter Hauptbahnhof gilt als wichtiger

Eisenbahnknotenpunkt im deutschen Personenverkehr.

Mit jährlich mehr als acht Milliarden Euro

erwirtschaften die Erfurter ein Bruttoinlandsprodukt,

das im Pro-Kopf-Vergleich

mit 38.284 Euro (2016) nicht nur deutlich

über dem Thüringer Wert (27.674 Euro) liegt,

sondern auch über dem Bundesdurchschnitt

Foto: Finow Automotive GmbH (oben), © Wikipedia / CEphoto, Uwe Aranas (unten)


HIER

TRIFFT WIRTSCHAFT

WISSENSCHAFT.

Team Bilberry, Mateyusz Krain (li.) und Krzysztof Dobrinin

©Marco Warmuth/TGZ Halle GmbH

ES IST EIN GÄNGIGES KLISCHEE: SACHSEN-ANHALT UND INNOVATIONEN?

DAS PASST NICHT ZUSAMMEN.

Wir treten den Gegenbeweis an und zeigen, dass in Sachsen-Anhalt Prägendes

entsteht. Standorte in Sachsen-Anhalt bieten dazu die perfekten Bedingungen.

Es sind unsere ZUKUNFTSORTE. Hier konzentrieren sich Wissenschaft, Forschung

und Wirtschaft an einem Ort. Die Wege sind kurz, das ermöglicht Begegnung

und Austausch. Neue Ideen entstehen und werden so einfacher realisiert.

www.zukunftsorte-sachsen-anhalt.de


16

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Gründer- und Innovationszentrum arbeiten.

Es sieht vor, die ehemalige Mensa zu einem

zentralen Kommunikations- und Kooperationspunkt

für Start-ups, für die IT- und Kreativszene

sowie für bestehende Unternehmen,

Handwerk und weitere Bereiche zu entwickeln.

Das Zentrum soll ein Schaufenster für

Innovation, Start-ups, digitale (und normale)

Wirtschaft und die Arbeits- und Lebenskultur

in Greifswald werden.

TH

Die in Erfurt beheimatete QUNDIS GmbH ist ein

Vorreiter bei der Entwicklung von Messgeräten.

(38.180 Euro). In Sachen Wirtschaftsleistung

belegte Erfurt damit Platz 44 im Vergleich aller

deutschen Städte.

In die Wirtschaft der Landeshauptstadt wird

seit 1990 stark investiert – bislang insgesamt

2,7 Milliarden Euro, die von öffentlichen

Fördermitteln in Höhe von 576 Millionen Euro

flankiert wurden.

Greifswald

Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald

ist die Kreisstadt des Landkreises Vorpommern-Greifswald

im Nordosten von Mecklenburg-Vorpommern.

Neben der Universität

Greifswald ist in der Stadt das Leibniz-Institut

für Plasmaforschung und Technologie ansässig.

In unmittelbarer Nähe zum Hochschul- und

Forschungscampus stellt das BioTechnikum

Greifswald über 4.300 Quadratmeter vermietbare

Labor- und Büroflächen sowie einen

repräsentativen Schulungs- und Konferenzbereich

für Unternehmen zur Verfügung, die

gemeinsam etwa mit der mathematisch-naturwissenschaftlichen

Fakultät der Universität

Greifswald oder der Universitätsmedizin

arbeiten möchten.

Zudem ist jüngst der Grundstein für das Zentrum

für Life Science und Plasmatechnologie

in Greifswald gelegt worden. Die inhaltliche

Ausrichtung dieses Zentrums, nämlich die

Branchen industrielle Biotechnologie und

Plasmatechnologie in einem Komplex zu

verbinden, ist neuartig. Die industrielle Biotechnologie

befasst sich mit der Nutzung von

biotechnologischen Methoden für industrielle

Produktionsverfahren. Durch die Nutzung

nachwachsender Rohstoffe sollen in zunehmendem

Maße Produkte aus erdölbasierten

Rohstoffen ersetzt werden.

Darüber hinaus eröffnet sich inmitten der

Greifswalder Innenstadt derzeit eine Chance,

der IT- und Kreativszene der Stadt und der

Region substantiellen Schub zu verleihen: in

der geschlossenen Mensa am Wall soll ein

Creative Dialogue Hub entstehen. Grundlage

dieser Idee ist eine gemeinsame Initiative der

Universität Greifswald, der Stadt Greifswald

und der WITENO GmbH, die derzeit an einem

gemeinsamen Konzept für ein digitales

MV Universität Greifswald.

Grünheide

Grünheide ist mutmaßlich der jüngste unter

den in diesem Beitrag abgebildeten 30 Zukunftsorten.

Denn auf wirtschaftlichem Gebiet

hat die knapp 8.300 Einwohner zählende

amtsfreie Gemeinde im Landkreis Oder-Spree,

südöstlich von Berlin, in den zurückliegenden

drei Jahrzehnten kaum Schlagzeilen gemacht.

Neben einem Güterverkehrszentrum war

bis vor Kurzem lediglich eine Fachklinik für

neurologisch-neurochirurgische Rehabilitation

erwähnenswert.

Doch seit dem 19. November 2019 kennt

ganz Deutschland den Ort Grünheide. Nach

monatelangen Sondierungen und diskreten

Verhandlungen war Tesla-Gründer Elon Musk

nach Deutschland gekommen, um sich direkt

vor Ort ein Bild von Grünheide zu machen.

Am Nachmittag desselben Tages traf er sich

mit Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg

Steinbach im Berliner Hotel Adlon und machte

Foto: QUNDIS GmbH (oben), JungerBerg – stock.adobe.com (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 17

den Deal klar. Am Abend dann verkündete er

auf einer Autopreisverleihung: Der US-Konzern

Tesla baut auf einem 300-Hektar-Areal in

Grünheide seine europäische Gigafactory für

Elektroautos und Batterien.

Im Januar dieses Jahres verständigte man

sich auf den Kaufvertrag, Tesla zahlte für das

Grundstück 43 Millionen Euro.

Der Bau des Werkes soll mit atemberaubendem

Tempo erfolgen – schon ab Sommer 2021 soll

die Produktion starten. Die Tesla-Planungen

sehen vor, dass jährlich zunächst 150.000 Elektroautos

der Typen Model 3 und Y gebaut werden,

nach einem Ausbau bis zu 500.000 Fahrzeuge

im Jahr. Dafür will Tesla eigenen Angaben

zufolge mehrere Milliarden Euro investieren und

bis zu 12.000 Mitarbeiter beschäftigen.

BB

In Grünheide wird Tesla künftig

auch das Model 3 bauen.

Halle (Saale)

Ilmenau

Foto: Jteder auf Pixabay (oben), TGZ Halle GmbH/Marco Warmuth (unten)

Halle ist eine kreisfreie Großstadt im Süden von

Sachsen-Anhalt. Die Stadt ist eines der drei

Oberzentren des Landes. Halle ist Sitz einer der

ältesten Universitäten Deutschlands, der Martin-Luther-Universität

Halle-Wittenberg. Mehr

denn je verschmelzen heute in der Saalestadt

Forschung und Wirtschaft. Im Technologiepark

Weinberg Campus etwa, dem zweitgrößten ostdeutschen

Technologiepark. Vor 25 Jahren auf

einem ehemaligen Kasernengelände entstanden,

haben sich hier inzwischen mehr als 200

Unternehmen gegründet. Eine Milliarde Euro

wurde investiert.

Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

hat am Weinberg Campus ihre naturwissenschaftlichen

Institute konzentriert. Außerdem

sind alle bedeutenden außeruniversitären

Forschungseinrichtungen der Fraunhofer- und

Max-Planck-Gesellschaften sowie der Helmholtz-und

Leibniz-Gemeinschaften vertreten.

Neben etwa 7.500 Studierenden arbeiten hier

5.500 Menschen in Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

Inzwischen sind dort

neben Gründungsprojekten und verschiedenen

Start-ups auch Unternehmen, die sich bereits

erfolgreich am Markt etabliert haben: das

börsennotierte Biotechnologieunternehmen

Probiodrug AG zum Beispiel, das an neuartigen

therapeutischen Lösungen zur Behandlung

von Alzheimer forscht, oder auch das Biotechnologie-Unternehmen

Scil Proteins GmbH.

Mehr als 100 Unternehmen der Life-Sciencesund

Material-Sciences-Branche arbeiten auf

dem Weinberg Campus.

Ebenfalls in Halle befindet sich das Mitteldeutsche

Multimediazentrum (MMZ). Es ist als Exis-

gut 30 Kilometer südwestlich der Landes-

Die Goethe-Stadt Ilmenau liegt in Thüringen,

tenz- und Technologiezentrum der bedeutendste

Standort der Kreativ- und Medienwirtschaft Nordrand des Thüringer Waldes. Zusammen

hauptstadt Erfurt im Tal des Flusses Ilm, am

in Sachsen-Anhalt. Unter seinem Dach sind mit Arnstadt prägt der Ort wirtschaftlich

Produktion sowie Forschung und Lehre vereint. den Ilm-Kreis. Im Ilm-Kreis befindet sich

Rund 36 Millionen Euro investierten die Stadt das größte Industriegebiet Thüringens, das

Halle und das Land Sachsen-Anhalt in das 2007 Erfur ter Kreuz. Es erstreckt sich auf einer

eröffnete Zentrum. Mehr als 150 Unternehmen Fläche von rund 140 Hektar. Seit Ende der

haben im MMZ bislang als Start-ups ihre geschäftliche

Entwicklung begonnen. Das Institut neue Jobs entstanden. Zu den am Erfurter

1990er-Jahre sind allein dort mehr als 5.000

für Medien- und Kommunikationswissenschaft Kreuz angesiedelten Unternehmen zählt

der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

mit rund 500 Studierenden hat hier seinen Services, die sich auf die Wartung und

die innovative Firma N3 Engine Overhaul

Sitz. Herzstück ist das neue Postproduktionsstudio

mit Dolby-Atmos-Kinomischung, dessen Flugzeugtriebwerken, etwa des Airbus A380,

Generalüberholung von Rolls-Royce-

Standard europaweit einzigartig ist.

spezialisiert hat.

ST

Bio-Zentrum Halle auf dem Weinberg Campus.


18

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

„WIR WERDEN EIN LAND DER

ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN SEIN“

W+M: Welche Bedeutung haben die Zukunftsorte

für die Regionen und das Land?

Armin Willingmann: Sachsen-Anhalt

entwickelt sich verstärkt zu einem Land der

Zukunftstechnologien, und es gibt landesweit

Orte, die dieser Entwicklung besonderen

Schub verleihen. In Leuna beispielsweise

gibt es einen der größten Chemieparks in

Deutschland mit mehr als 100 Unternehmen

aus zehn Nationen. Derartige dynamische

Innovationsorte ziehen international weitere

Investoren wie den finnischen Konzern UPM

an, der Anfang Januar 2020 bekannt gab,

dass er dort für 550 Millionen Euro eine

Bioraffinerie errichten wird. Orte wie Leuna

zeichnen sich dabei nicht allein als Cluster

bestimmter Branchen oder Unternehmen aus.

ST

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister

Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD).

Eine hochklassige, wirtschafts- und ortsnahe

Wissenschaftslandschaft aus Forschungseinrichtungen

und Hochschulen gewährleistet

den Zugang zu Nachwuchskräften und ermöglicht

Forschungskooperationen. Langfristig

tragen die Zukunftsorte wesentlich dazu bei,

Wirtschaftskraft und Wohlstand in Sachsen-Anhalt

weiter zu stärken, weshalb sie vom

Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium

insbesondere in den vergangenen drei Jahren

gezielt gefördert wurden.

W+M: Welche Branchen haben in Ihrem

Land besonders große Zukunftsperspektiven?

Armin Willingmann: Es gibt bereits starke

Branchen wie die Ernährungswirtschaft

oder die eben bereits erwähnte Chemie, die

enormes Zukunftspotenzial aufweisen. Sachsen-Anhalt

kann aber auch vom Wandel in der

Autoindustrie hin zu alternativen Antrieben

profitieren: Schon heute arbeiten rund 24.000

Beschäftigte in 300 Unternehmen, die der

Autozuliefererindustrie zugerechnet werden

– weshalb Sachsen-Anhalt mit Blick auf vorhandenes

Know-how auch hier für Investoren

attraktiv ist. 2019 konnten wir bekanntgeben,

dass der Batterie-Konzern Farasis in Bitterfeld-Wolfen

ein neues Werk für mehr als 600

Millionen Euro errichten und 600 Arbeitsplätze

schaffen wird. Der japanische Brennstoffzellen-Spezialist

Horiba kündigte Ende 2019

zudem an, im Technologiepark Ostfalen –

ebenfalls ein Zukunftsort bei Magdeburg – für

30 Millionen Euro seinen Standort auszubauen,

und Porsche errichtet, gemeinsam mit der

Schuler AG, ein neues Werk bei Halle für 100

Millionen Euro. Besonders gefreut habe ich

mich aber auch darüber, dass es uns gelungen

ist, dem ehemaligen Regional-Airport

Cochstedt bei Magdeburg eine Zukunftsperspektive

als europaweit einzigartigen

Forschungsflughafen zu ermöglichen. Das

Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt

wird hier ein nationales Erprobungszentrum

für Drohnen-Technologie aufbauen; ich bin

davon überzeugt, dass sich im Umfeld dieser

einzigartigen Forschungseinrichtung weitere

Technologie-Unternehmen und Start-ups

ansiedeln werden.

W+M: Wie sieht Ihre Vision von der Wirtschaft

Ihres Landes im Jahr 2030 aus?

Armin Willingmann: Sachsen-Anhalt wird

ein Land der Zukunftstechnologien sein, mit

innovativen Wachstumstreibern, insbesondere

in den Bereichen Chemie, Energie und Automotive.

Es wird weiter geprägt sein von einer

gestärkten mittelständischen Wirtschaft, die

sich in einem noch höheren Maße durch hohe

Wertschöpfung, eigene Forschungsaktivitäten

und hochwertige Arbeitsplätze auszeichnet.

Sachsen-Anhalts Wirtschaft wird sich 2030

zudem im ländlichen Raum noch dynamischer

entwickeln, weil moderne Infrastrukturen wie

flächendeckende Gigabit-Netze und 5G-Mobilfunk

bis dahin ausgebaut sein werden. Um

diese Vision zu verwirklichen, kommt es aber

nicht nur auf wirtschaftspolitische Weichenstellungen

an. Es muss uns bis dahin auch

gelingen, unsere demokratische, freiheitliche

Grundordnung zu stärken und antidemokratische,

populistische Kräfte zurückzudrängen.

Hier ist nicht nur Politik, hier sind alle gesellschaftlichen

Kräfte gefragt!

Foto: Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 19

Foto: Jan Kobel (oben), Carl Zeiss (unten)

In Ilmenau und Arnstadt sind traditionell

die Metallindustrie und der Maschinenbau

angesiedelt. Wichtigste Institution in Ilmenau

ist jedoch die Technische Universität, an der

rund 5.600 Studierende eingeschrieben sind.

Die Universität ist nach der Friedrich-Schiller-Universität

in Jena die zweitgrößte in

Thüringen. In Zusammenarbeit mit der

Universität Ilmenau sind in den letzten Jahren

viele kleinere Hochtechnologieunternehmen

entstanden.

Die gewerbliche Wirtschaft im Ilm-Kreis hat

in den zurückliegenden drei Jahrzehnten erhebliche

Investitionen erfahren. Rund 1.600

Investitionsvorhaben wurden für insgesamt

rund drei Milliarden Euro realisiert. Dazu

flossen öffentliche Fördermittel in Höhe

von 622 Millionen Euro. Hinzu kommen 122

Vorhaben im Bereich der wirtschaftsnahen

Infrastruktur, die rund 400 Millionen Euro

kosteten und mit rund 290 Millionen Euro

gefördert wurden.

Jena

Jena ist eine kreisfreie Großstadt (rund

111.000 Einwohner) in Thüringen. Die bereits

1558 gegründete Friedrich-Schiller-Universität

Jena ist mit gut 17.000 Studierenden

Thüringens größte Hochschule.

Die Stadt ist ein Zentrum der deutschen Optik-

und Feinmechanikindustrie rund um das

Traditionsunternehmen Carl Zeiss.

Seit 1990 investierten Unternehmen in Jena

rund 2,2 Milliarden Euro. Für 623 Investitionsprojekte

gab es öffentliche Fördermittel in

einer Gesamthöhe von 370 Millionen Euro.

Zusätzlich wurden 30 wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen

mit einem Gesamtvolumen

von 150 Millionen Euro von Fördermitteln

in Höhe von 78 Millionen Euro flankiert.

Allein die ZEISS-Gruppe investiert aktuell

über 300 Millionen Euro in einen neuen

Zukunfts-Standort. Das Unternehmen will bis

2023 seine bisherigen Jenaer Liegenschaften

und Produktionsstätten zusammenführen.

Jena ist mit insgesamt 2.000 Mitarbeitern

bereits heute der weltweit zweitgrößte

ZEISS-Standort. Auf dem zusätzlich erworbenen

80.000-Quadratmeter-Gelände will

ZEISS nach eigener Aussage einen integrierten

Hightech-Komplex errichten, der

durch seine Modernität, Offenheit und die

dort entwickelte und gefertigte Technologie

TH

Strahlkraft für die Hochtechnologie- und

Wissenschaftsstadt Jena hat.

Jena ist eine international bekannte

Wissenschaftsstadt und beherbergt neben

der Friedrich-Schiller-Universität und der

praxisorientierten Ernst-Abbe-Hochschule

auch eine Reihe renommierter Forschungseinrichtungen,

darunter Institute

der Max-Planck- und Fraunhofer-Gesellschaft,

der Leibniz-Gemeinschaft sowie

ein Institut des Deutschen Zentrums für

Luft- und Raumfahrt (DLR). Ein Großteil

TH

Ilmenau: Bei N3 Engine Overhaul Services werden

Triebwerke von Airbus-Maschinen gewartet.

Hightech-Produktion bei Carl Zeiss in Jena.

der Institute ist am Beutenberg-Campus

Jena beheimatet. Insgesamt forschen in

Jena ungefähr 4.500 Wissenschaftler, rund

3.500 von ihnen an der Universität. Mit

Schwerpunkten in den Bereichen Optik

und Photonik sowie Gesundheit und den

Lebenswissenschaften orientiert sich die

Jenaer Forschung an Zukunftsfragen. Auch

in den Bereichen innovative Materialien

und Energiespeicher, Oberflächen- und Mikrotechnologie

spielt Jena eine bundesweit

herausragende Rolle.


20

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

SN

Die Leipziger Messe – ein Ort, an dem

sich Tradition und Zukunft vereinen.

einen Wirtschaftsförderschwerpunkt. Der

umsatzstarke Energieversorger VNG –

Verbundnetz Gas, der für Stadtwerke und kommunale

Energieversorger Erdgas bereitstellt,

hat in Leipzig seinen Sitz. In der Stadt wird

mit der European Energy Exchange die größte

Energiebörse Kontinentaleuropas betrieben.

Leipzig beherbergt drei Max-Planck-Institute,

das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und

Immunologie, das Fraunhofer-Zentrum für

Mittel- und Osteuropa, die Leibniz-Institut für

Troposphärenforschung und Oberflächenmodifizierung

sowie das Helmholtz-Zentrum für

Umweltforschung. Seit 2008 befinden sich

außerdem das Deutsche Biomasseforschungszentrum,

das Forschungs- und Transferinstitut

für Angewandte Informatik sowie das Deutsche

Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung

in Leipzig.

Leipzig

Leipzig ist eine kreisfreie Stadt und zugleich die

bevölkerungsreichste Metropole in Sachsen

(rund 590.000 Einwohner). Leipzigs Tradition

als bedeutender Messestandort in Mitteleuropa

mit einer der ältesten Messen der Welt geht

bis auf das Jahr 1190 zurück. Dank der vielschichtig

aufgestellten Unternehmenslandschaft

verfügt die Stadt über eine erhebliche

Wirtschaftskraft. Mit dem vor Ort erarbeiteten

Bruttoinlandsprodukt liegt Leipzig weit vorn

im bundesdeutschen Städtevergleich – im Jahr

2016 belegte man Platz 17.

Innerhalb von Sachsen hat sich die Stadt als

ST

Der Chemiepark Leuna aus

der Luft betrachtet.

bundesweit nachgefragter und dynamischer

Standort im Start-up-Bereich entwickelt. Davon

zeugt nicht zuletzt der Smart Infrastructure

Hub Leipzig. Das Gründer- und Innovationsökosystem

in Sachsen ist lebendig. Beispiele

sind das Spin-Lab in Leipzig, die Gründerinitiative

SMILE an der Universität Leipzig, der Digital

Hub sowie weitere Cluster und Netzwerke.

Nach der Wende gelangen einige große Industrieansiedlungen,

darunter Siemens, Porsche

und BMW. Mit Porsche und BMW konnte sich

die Stadt als neuer Automobilstandort etablieren.

Die gesamte Region Leipzig ist ein wichtiges

Zentrum der Energiewirtschaft. Leipzig betreibt

das Cluster Energie und Umwelt und hat dort

Leuna

Leuna ist eine Stadt im Saalekreis in Sachsen-Anhalt

mit rund 14.000 Einwohnern.

Bekannt ist der Ort vor allem durch seine

Chemieindustrie, weniger durch seinen Charakter

als Gartenstadt. Leuna – dieser Name

ist schon seit mehr als 100 Jahren ein Synonym

für Chemie. Hier wurde erstmals Methanol im

Hochdruckverfahren hergestellt und mit der

Braunkohlehydrierung im großen Maßstab

synthetischer Treibstoff produziert.

Im größten abgeschlossenen Chemiepark

Deutschlands arbeiten heute mehr als 100

Unternehmen aus zehn Nationen an der chemischen

Industrie der Zukunft. Renommierte

Namen wie ARKEMA, BASF, DOMO, Innospec,

Linde, TAMINCO (Eastman) und TOTAL gehören

ebenso dazu wie zahlreiche mittelständische

Firmen. Insgesamt wurden am Chemiestandort

Leuna seit 1990 mehr als sechs Milliarden

Euro investiert. Die notwendige, höchst

flexible und effiziente Infrastruktur für den

gesamten Standort wird von der InfraLeuna

GmbH betrieben. Die InfraLeuna bietet ein

breites Leistungsspektrum: Es umfasst unter

anderem die Lieferung notwendiger Medien

wie Energie und Wasser, die Entsorgung durch

die zentrale Abwasseraufbereitungsanlage

sowie analytische Leistungen in einem modernen

Labor. Darüber hinaus ist die InfraLeuna

nicht nur Serviceanbieter, sondern auch Standortentwickler.

Christof Günther, Geschäftsführer

der InfraLeuna GmbH: „Wir investieren

Foto: Leipziger Messe GmbH (oben), Ralf Lehmann (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 21

Foto: MTU Aero Engines

auch weiterhin kräftig in den Ausbau unserer

Infrastrukturen, damit die Unternehmen am

Chemiestandort Leuna optimale Bedingungen

für weiteres Wachstum und neue Projekte

vorfinden.“

Ludwigsfelde

BB

Die Firma MTU betreibt in Ludwigsfelde ein

Instandhaltungswerk für Flugzeugturbinen.

Ludwigsfelde ist eine amtsfreie Mittelstadt im

Norden des märkischen Landkreises Teltow-

Fläming mit 27.000 Einwohnern. Sie liegt rund

elf Kilometer südlich der Berliner Stadtgrenze

und ungefähr acht Kilometer östlich von Potsdam.

Der verkehrstechnisch optimal angebundene

Ort ist von technologieintensiven Industriezweigen,

insbesondere in den Bereichen

Automobilproduktion und Luft- und Raumfahrttechnik,

geprägt, die auf eine lange Tradition

zurückblicken. Bereits 1936 wurde hier

die Daimler-Benz Motoren GmbH gegründet,

die Flugzeugmotoren herstellte. Zu DDR-Zeiten

wurden im VEB Automobilwerke Ludwigsfelde

Lkw der Marke „W 50“ gebaut. Nach der

Wende kehrte Daimler-Benz an den Standort

zurück und produziert seither Nutzfahrzeuge.

Die Firma MTU Maintenance Berlin-Brandenburg

GmbH knüpft an die Luftfahrtgeschichte

Ludwigsfeldes an. Das Turboprop-Triebwerk

TP400-D6 für den Airbus A400M wird in Ludwigsfelde

abschließenden Serienabnahmetests

unterzogen und ausgeliefert.

Außerdem haben sich thyssenkrupp, Coca-Cola

sowie diverse Logistikfirmen angesiedelt.

Seit Juni 2006 betreibt die Volkswagen AG ein

Logistikcenter für Originalteile, von dem aus

600 VW-Händler in den neuen Bundesländern

beliefert werden. Auch der Siemens-Konzern

hat sich mit einem Logistikstandort in der

Stadt niedergelassen. Auf dem Industriepark

Ludwigsfelde sind auf einer Fläche von 256

Hektar über 70 Unternehmen konzentriert.

Hinzu kommen drei Gewerbeparks mit einer

Fläche von 618 Hektar. Insgesamt bieten rund

900 Unternehmen mit Schwerpunkten in den

Bereichen Fahrzeugbau, Verkehrstechnologie,

Luft- und Raumfahrttechnik sowie Spedition

und Logistik etwa 10.000 Arbeitsplätze.


22

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Marzahn

ST

Magdeburg

Magdeburg ist die Hauptstadt des Landes

Sachsen-Anhalt. Die Stadt an der Elbe ist eines

der drei Oberzentren und mit knapp 240.000

Einwohnern die zweitgrößte Stadt Sachsen-Anhalts

und die fünftgrößte Stadt der neuen

Bundesländer. Heute setzt man in der Stadt auf

den engen Schulterschluss von Wirtschaft und

Wissenschaft.

Auf dem Forschungscampus STIMULATE etwa

arbeiten Forschung und Wirtschaft eng zusammen.

Dort wird die Zukunft der medizinischen

Behandlung, beispielsweise durch den Einsatz

von Robotern als chirurgische Assistenzsysteme,

vorangetrieben. Der Campus entsteht an

einem Ort mit exzellenten Zukunftsperspektiven,

dem Wissenschaftshafen. Die Speichergebäude

des alten Handelshafens wandeln

sich zu einem urbanen Zentrum für Innovation

und Wissenstransfer. Im Mixed-Reality-Labor

B

Magdeburg: Fraunhofer-Institut IFF.

Viel Platz für nachhaltige Industrie bietet

der CleanTech Business Park in Marzahn.

mit einer 360-Grad-Laserprojektionswand

des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und

-automatisierung (IFF) können beispielsweise

Maschinen und ganze technische Anlagen noch

vor ihrem Bau virtuell-interaktiv dargestellt und

getestet werden. Langfristig wird der gesamte

Bereich des alten Handelshafens bis zur Elbe

geöffnet und städtebaulich sowie wirtschaftlich

entwickelt. Das hafentypische Erscheinungsbild

wird dabei, soweit möglich, als städtebauliches

Charakteristikum des Wissenschaftshafens

erhalten bleiben. Es entsteht ein vielfältiges,

lebendiges Stadtquartier an Elbe und Hafen als

Zentrum für Innovations- und Wissenstransfer,

mit Flächen für Wohnnutzungen, Dienstleistungen,

Freizeit und Tourismus. Der Umbau des

Handelshafens ist ein Symbol für den Wandel

Magdeburgs von der Stadt des Schwermaschinenbaus

zur Stadt der Wissenschaft.

Marzahn ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk

Marzahn-Hellersdorf, in dem 110.000

Menschen leben. Hier entstand ab Mitte der

1970er-Jahre die größte Plattenbausiedlung

der DDR. Bis heute tut sich der Ostberliner

Bezirk schwer, sich vom Image einer grauen

Schlafstadt zu befreien. Dabei gibt es zahlreiche

und vor allem hoch innovative Ansätze,

die lokale Wirtschaft anzukurbeln.

Der in Marzahn angesiedelte CleanTech

Business Park (CBP) ist mit 90 Hektar Fläche

Berlins größtes Industrieareal und speziell

zugeschnitten auf produzierende Unternehmen

aus der Cleantech-Branche. Als größtes

zusammenhängendes Berliner Industriegebiet

bietet der Standort eine Kernzone für

Störfallanlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz,

sodass nahezu alle industriellen

Produktionsprozesse auf dem Areal

möglich sind. Zulieferer und Dienstleister der

Branche können sich im unmittelbar angrenzenden,

1.200 Hektar großen Industrie- und

Gewerbegebiet „Berlin eastside“ niederlassen.

In direkter Nachbarschaft zum CBP-

Areal befindet sich das CleanTech Innovation

Center (CIC) für Start-ups.

Ebenfalls in Marzahn, auf dem Gelände des

Unfallkrankenhauses Berlin-Marzahn (ukb),

entwickelt sich ein moderner Gesundheitscampus

von nationaler Bedeutung, in dem

gut 2.000 Menschen arbeiten. Das ukb ist ein

klinisches Zentrum zur Behandlung schwer

kranker Patienten aller Unfall- und Krankenversicherungen

sowie zur Rettung und

Rehabilitation Schwerverletzter aus dem

gesamten Bundesgebiet. Bei der Versorgung

von Menschen mit Brand-, Rückenmarksund

Handverletzungen nimmt es auch

international eine Spitzenposition ein. Die

Rettungsstelle ist eine der modernsten in

Deutschland, dort werden 60.000 Patienten

pro Jahr behandelt. Der ukb-Gesundheitscampus

füllt sich von Jahr zu Jahr mehr und

beherbergt heute eine Poliklinik, eine Klinik

zur Behandlung psychosomatischer Erkrankungen

sowie eine Klinik für Altersmedizin.

Im kommenden Jahr wird das „Haus der Gesundheitswirtschaft“

eröffnet – ein in dieser

Form einmaliges Informationszentrum für ein

selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter in

den eigenen vier Wänden.

Foto: © Wikipedia / Goodway (oben), Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf (unten)



24 WIRTSCHAFT+MARKT

30

ZUKUNFTSORTE

Neubrandenburg

Neubrandenburg ist die Kreisstadt des Landkreises

Mecklenburgische Seenplatte. Als

drittgrößte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern

hatte sie in jüngster Vergangenheit die zweitgrößte

Wirtschaftskraft pro Einwohner aller

Städte in den neuen Bundesländern. Bedeutende

Wirtschaftszweige sind der Anlagen- und

Maschinenbau, Hochtechnologie, Logistik,

Gesundheitswirtschaft, IT und Dienstleistungen.

In und rund um Neubrandenburg wird stark

investiert. So wurden im Landkreis 13 Infrastrukturmaßnahmen

mit Gesamtinvestitionen

in Höhe von rund 13,9 Millionen Euro realisiert,

die vom Wirtschaftsministerium in Höhe von

12,2 Millionen Euro unterstützt wurden.

In Neubrandenburg haben etliche überregional

beziehungsweise global tätige Unternehmen

MV

Bei Webasto in Neubrandenburg

werden Standheizungen produziert.

bedeutende Außenstellen. Die Deutsche Post

beschäftigt in ihrem Logistikzentrum am

Standort Weitin mehr als 3.000 Mitarbeiter

und ist größter Arbeitgeber der Region. Das

Unternehmen Webasto, Weltmarktführer für

Standheizungen, produziert in Neubrandenburg

ebenso wie die Firma Weber Maschinenbau,

Weltmarktführerin bei der Herstellung von

Fleischverarbeitungsmaschinen. Wichtige

Arbeitgeber sind zudem die Maschinenbaufirma

SMW, Weka-Holzbau, das auf Klima-,

Wasserpump- und Heizanlagen spezialisierte

Unternehmen Spheros und die Neubrandenburger

Außenstelle der Pasewalker Bäckerei

„Unser Heimatbäcker GmbH“.

Die Hochschule Neubrandenburg ist eine von

drei staatlichen Fachhochschulen in Mecklenburg-Vorpommern,

mit mehr als 2.000

Studierenden in 14 Studiengängen. Ungefähr ein

Drittel der Studenten ist im Fach Soziale Arbeit

eingeschrieben. Weitere bedeutende Fächer

sind Agrarwirtschaft, Lebensmitteltechnologie,

Gesundheits- und Pflegewissenschaften,

Pädagogik, Geomatik sowie Landschafts- und

Umweltwissenschaften.

„DIE ZUKUNFTSORTE SOLLEN

STRAHLKRAFT FÜR DAS GANZE

LAND ENTWICKELN“

MV

Harry Glawe,

Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit

in Mecklenburg-Vorpommern (CDU).

W+M: Welche Bedeutung haben die Zukunftsorte

für die Regionen und das Land?

Harry Glawe: Die Unternehmen im Land

stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere

bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs,

den Auswirkungen des demografischen

Wandels, der Digitalisierung aller Lebens- und

Wirtschaftsbereiche sowie den zunehmenden

Unsicherheiten im internationalen Handel.

Zudem kommen erhebliche Veränderungen im

Mobilitäts- und Energiesektor durch den Klimaschutz

hinzu. In den Zukunftsorten wurden und

werden Vorhaben angeschoben, Projekte umgesetzt

und Veränderungen aktiv angegangen.

Deshalb stehen die Zukunftsorte beispielhaft

für innovative Veränderungen und sollen Strahlkraft

für das ganze Land entwickeln.

W+M: Welche Branchen haben in Ihrem Land

besonders große Zukunftsperspektiven?

Harry Glawe: Das produzierende Gewerbe, der

Tourismus, die maritime Wirtschaft, der Einzelhandel

sowie der Dienstleistungsbereich tragen

in Mecklenburg-Vorpommern deutlich zum

wirtschaftlichen Wachstum bei. Wir wollen vor

allem die noch wirtschaftlich jungen Bereiche

wie die Gesundheitswirtschaft sowie Forschung,

Entwicklung und Innovation vorantreiben. Im

Ergebnis wächst die Wirtschaftsleistung, die

Arbeitslosigkeit sinkt weiter, unsere Unternehmen

investieren und schaffen Arbeitsplätze. Wir

arbeiten an der Verbesserung der Rahmenbedingungen

für die heimische Wirtschaft.

W+M: Wie sieht Ihre Vision von der Wirtschaft

Ihres Landes im Jahr 2030 aus?

Harry Glawe: Wir arbeiten daran, die Voraussetzungen

für unternehmerische Investitionen

weiter zu verbessern. Deshalb unterstützen wir

beispielsweise die Vermarktung von Gewerbeflächen,

denn mit jeder neuen Investition in ein

Gewerbegebiet werden die Voraussetzungen

für weitere Arbeitsplätze geschaffen. Das Vorantreiben

der Gesundheitswirtschaft sowie der

Ausbau von Forschung, Entwicklung und Innovation

sind weitere wichtige Schwerpunkte der

Wirtschaftspolitik für Mecklenburg-Vorpommern.

Ich bin zuversichtlich, dass die Wirtschaft

bei uns im Land weiter stabil wachsen wird.

Foto: Webasto SE (oben), W+M (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 25

Foto: Thomas Schwandt

Parchim

Parchim ist die Kreisstadt des Landkreises

Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern,

40 Kilometer südöstlich der

Landeshauptstadt Schwerin gelegen. Die

gesamte Region hat eine rasante wirtschaftliche

Entwicklung genommen. Im Landkreis

Ludwigslust-Parchim wurden beispielsweise

seit 2011 bis September 2019 insgesamt 194

Vorhaben aus der Gemeinschaftsaufgabe

„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“

gefördert. Bei Gesamtinvestitionen

in Höhe von rund 637 Millionen Euro wurden

Zuschüsse vom Wirtschaftsministerium in

Höhe von insgesamt rund 126 Millionen Euro

bewilligt. Durch die Investitionsvorhaben

konnten knapp 2.000 neue Arbeitsplätze

geschaffen und knapp 10.400 Arbeitsplätze

gesichert werden.

Erfolgreiche Förderbeispiele für die Region

sind unter anderem das europäische Logistikzentrum

von DeLaval im Gewerbegebiet

MV

Innovatives Flaggschiff in Parchim –

die RoweMed AG – Medical 4 Life.

Valluhn-Gallin mit rund 230 Arbeitsplätzen.

Die DeLaval GmbH als Teil des Tetra-Laval-

Konzerns hat ihren Hauptsitz in Schweden und

verfügt über 18 Produktionsstätten weltweit

mit 4.500 Mitarbeitern. Das Unternehmen

ist Hersteller und Anbieter von technischen

Lösungen zur Produktion von Milch und bietet

Produkte, Systeme und Dienstleistungen unter

anderem zur Melk- und Futtertechnik, Kühltanks,

Klima- und Entmistungssysteme an.

Innovatives Flaggschiff in Parchim ist die

auf Medizintechnikprodukte spezialisierte

RoweMed AG – Medical 4 Life. Die Firma

wurde im Jahr 2000 in Melsungen zunächst

als reines Entwicklungsunternehmen im

Bereich Medizintechnik gegründet. Mit fünf

Ingenieuren entwickelte das Unternehmen

bereits damals innovative Spezialprodukte für

die Infusionstechnik. Vier Jahre später erfolgte

der Umzug nach Parchim. Hier wurde sowohl

die Entwicklungskapazität massiv ausgebaut

als auch eine zertifizierte Reinraum-Fertigung

errichtet. In den Folgejahren wurde stetig in

die Fertigungstechnologie und Kapazitätserweiterung

investiert. Heute beschäftigt das

Unternehmen mehr als 130 Mitarbeiter und

ist als Entwickler und Hersteller von medizinischen

Spezialprodukten weltweit aktiv.

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26

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

MV

Rostock

Die Achsen der Metropolen Berlin - Kopenhagen

sowie Hamburg - Stettin führen mitten durch

die Hansestadt an der Ostsee. Der moderne

Seehafen, der Flughafen und die hervorragenden

Hinterlandverbindungen machen Rostock

zu einem Verkehrsknotenpunkt. Dies garantiert

schnelle, kurze Wege zu den Märkten nach

Skandinavien oder Ost-, West- und Südeuropa.

Mit der ältesten Universität in Nordeuropa – die

Universität Rostock wurde 1419 gegründet –

verfügt die Stadt über ein breites und international

anerkanntes, fortschrittliches Lehr- und

Forschungsangebot. Die zahlreichen renommierten

Institute und Fakultäten der Universität

B

Die renommierte Firma Liebherr produziert

in Rostock weltweit gefragt Krane.

Der Gasometer ist das Wahrzeichen

des EUREF-Campus in Schöneberg.

Rostock, die außeruniversitären Forschungsinstitute

sowie Technologie- und Kompetenzzentren

und Wissenschaftsverbünde machen

die Hansestadt Rostock zu einem internationalen

Forschungsstandort.

Daneben existieren in Rostock viele Netzwerke

wie beispielsweise BioCon Valley, der Automotive

e.V., das Windenergie Netzwerk oder das

regionale Innovationscluster der maritimen

Wirtschaft.

Die starke Verzahnung von Wissenschaft und

Wirtschaft, bei der angewandte Forschung

zu einem großen Teil direkt in den Unternehmen

betrieben wird, zeigt sich in zahlreichen

erfolgreichen Ausgründungen aus Universität

und Forschungseinrichtungen. Die Universität

Rostock gehört zu den zehn gründerfreundlichsten

Hochschulen Deutschlands. Der Fokus

wird dabei auf Zukunftstechnologien gelegt,

denn Innovationen und neue Technologien sind

der Schlüssel für wirtschaftliches Wachstum

und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen

im globalen Markt. Folgende Technologieschwerpunkte

sind von besonderer Bedeutung:

Maritime Industrie, Life Sciences, Informations-

und Kommunikationstechnologien sowie

Erneuerbare Technologien.

Neben der Universität wird die Hanse- und

Universitätsstadt Rostock seit jeher durch

seinen Hafen, die Schifffahrt und den Schiffbau

geprägt. Neben dem Bau von luxuriösen Flusskreuzfahrtschiffen,

eisgängigen Megayachten

und großen Kreuzfahrtschiffen bei der MV

WERFTEN GmbH und der NEPTUN Werft GmbH

& Co. KG prägen auch die innovativen Reedereien,

maritime Zulieferunternehmen, Seeverkehr

und Hafenwirtschaft, Fischerei und Tourismus

die maritime Wirtschaft in der Region.

Schöneberg

Schöneberg ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk

Tempelhof-Schöneberg. Lange Zeit war die

Wirtschaft dieser eher beschaulichen Gegend

in der Bundeshauptstadt von kleinen und mittleren

Unternehmen in den Bereichen Handel,

Dienstleistungen sowie der Gastronomie und

Hotellerie geprägt.

Das änderte sich ab dem Jahr 2007, als der

Stadtplaner und Architekt Reinhard Müller ein

5,5 Hektar großes Areal am weithin sichtbaren

Gasometer in Schöneberg für rund eine

Million Euro vom Gasversorger „Gasag“ kaufte.

Seither entwickelt er mit seiner EUREF AG den

EUREF-Campus zu einer intelligenten Stadt für

Arbeiten, Forschen, Bilden und Wohnen – ein

Zukunftsort, bei dem energetisch optimierte

Gebäude, ein lokales „Micro Smart Grid“ sowie

geringe Betriebskosten durch Nutzung regenerativer

Energien im Mittelpunkt der Entwicklung

stehen.

Heute haben sich neben der Technischen Universität

Berlin, die auf dem EUREF-Campus vier

Masterstudiengänge anbietet, und Forschungseinrichtungen,

wie dem Mercator Research Institute

on Global Commons and Climate Change,

dem Climate-KIC und dem Wissenschaftszentrum

Berlin, zahlreiche Start-ups und international

renommierte Unternehmen wie Cisco,

Schneider Electric, WILO oder die Deutsche

Foto: Liebherr-MCCtech Rostock GmbH (oben), Karin Teichmann (unten)


Foto: .shock, Fotolia

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Deutschen Instituts für

moderne Büroarbeit DIMBA


28 WIRTSCHAFT+MARKT

30

ZUKUNFTSORTE

Bahn angesiedelt. Rund 150 Unternehmen und

Institutionen forschen, entwickeln und produzieren

mit ihren mehr als 3.500 Beschäftigten

am Rande des Gasometers. In einem engen

Austausch und mit zahlreichen Partnerschaften

entwickelt die innovative Gemeinschaft aus Global

Playern, Start-ups sowie forschenden und

lehrenden Einrichtungen intelligente Lösungen

für die Stadt der Zukunft.

Mit klimaneutraler Energieversorgung, einem

intelligenten Energienetz, energieeffizienten

Gebäuden, einer Erprobungsplattform für Elektromobilität

und zahlreichen Forschungsprojekten

wird rund um den Gasometer tagtäglich der

Beweis erbracht, dass die Energiewende machbar

und finanzierbar ist. Dieser ökologisch und

ökonomisch nachhaltige Standort erfüllt bereits

seit 2014 die CO 2

-Klimaziele der Bundesregierung

für das Jahr 2050.

Schönefeld

Mit einem Zuzug von 847 Personen belegte

die Gemeinde Schönefeld in der Jahresstatistik

2018 klar den zweiten Platz in Brandenburg,

gleich nach der Landeshauptstadt

Potsdam. Insgesamt hat sich die Bevölkerungszahl

Schönefelds seit 1990 fast

verdreifacht – und die Infrastruktur wächst

mit: 45 Millionen Euro will die Gemeinde jährlich

dafür ausgeben. Schließlich steht es um

die Finanzen bestens. Bereits 2007 titelten

Zeitungen: „Schönefeld im nächsten Jahr

schuldenfrei“, und bis heute scheint der erste

Platz der reichsten Gemeinden Brandenburgs

abonniert.

Aktuell trüben die verhaltene Konjunktur und

die Pleiten von Air Berlin und Germania das

Steuerwachstum etwas ein, doch Schönefelds

Kämmerin Simone Eberlein erwartet

angesichts der Sogwirkung im Zusammenhang

mit der für Oktober 2020 geplanten

Eröffnung des BER eine Stabilisierung der

Einnahmen auf hohem Niveau. Welches

Ausmaß dieser Sog hat, beweist eindrucksvoll

die vor einem Jahr vorgestellte Analyse der

Industrie- und Handelskammer Cottbus. In

dieser wird der Flughafenregion eine weitere

Bevölkerungszunahme von mehr als 40.000

Menschen bis zum Jahr 2030 prognostiziert

und ein Zuwachs von 140.000 Arbeitsplätzen.

Damit die vielen neuen Mitarbeiter bequem

zur Arbeit kommen, ist die verkehrliche

Infrastruktur ein wichtiges Thema. Kritiker

BB

Die Boom-Gemeinde Schönefeld

aus der Vogelperspektive.

bemängeln zwar, dass etwa die Autobahn zu

voll sei, doch verschiedene Verkehrsprojekte

wie der Bau der Transversale zwischen den

Autobahnen A 113 und A 117, die vierspurig

ausgebaute Bundesstraße B 96a sowie die

neue Durchbindung der Jürgen-Schumann-

Allee, vorbei am jetzigen Flughafen Schönefeld,

werden für Verbesserungen sorgen. Hinzu

kommen eine gut getaktete S-Bahn, drei

Linien der Regionalbahn mit Anbindung an

die Landeshauptstadt Potsdam, an Dessau,

Nauen und den Spreewald sowie über 100

nationale sowie internationale Destinationen

vom Flughafen aus, dessen Fernbahnhof auch

die Region versorgen wird.

20.000 dieser neu geschaffenen Arbeitsplätze

könnten laut Flughafengesellschaft

in den „Midfield Gardens“ einen Platz finden.

Diese schließt an die bereits bestehende

„Airport City“ an – Verträge werden allerdings

erst nach der Eröffnung des BER gezeichnet.

Deutlich optimistischer ist da die Alpine

Finanz Bau GmbH. Die deutsche Tochter

des Schweizer Traditionsunternehmens hat

bereits seit 1990 ihren Sitz in Schönefeld

und entwickelt bevorzugt Bürogebäude in

der Airport Region Berlin-Brandenburg. So

arbeitet Geschäftsführer Michael Saddei

seit Anfang 2019 an der Fertigstellung des

Business-Campus „BB Business Hub“ an

der Schönefelder Mittelstraße, das im 3.

Quartal 2021 durch den Büroneubau „Hub 3“

komplettiert wird. Auch andernorts laufen die

Planungen auf Hochtouren: Die mittelständische

IGP Gruppe, die sich vor 20 Jahren auf

immobilienbezogene Dienstleistungen von

der Projektentwicklung über die Planung und

Überwachung bis hin zum Facility Management

spezialisiert hat, plant etwa den Bau

eines Hotelhochhauses mitsamt Kongresszentrum

in Waltersdorf.

Ursprünglich sollten die ersten Flieger hier

bereits im Jahre 2011 starten. Nun ist die

Eröffnung für den 31. Oktober dieses Jahres

geplant und bringt so zusätzlichen wirtschaftlichen

Aufschwung. Künftig werden am

Airport Berlin Brandenburg jährlich rund 28

Millionen Passagiere abgefertigt. Durch Erweiterungsbauten

könnte die Gesamtkapazität

bis zum Jahr 2035 auf jährlich 58 Millionen

Passagiere steigen.

Schwarzheide

Schwarzheide ist eine amtsfreie Stadt im

Landkreis Oberspreewald-Lausitz, im Süden

des Landes Brandenburg. Bis Dresden sind

es 50 Kilometer, bis Berlin 110 Kilometer.

Beginnend mit der Braunkohleförderung in der

Lausitz wurde in Schwarzheide chemische Industrie

angesiedelt. Zu DDR-Zeiten dominierte

vor Ort der VEB Synthesewerk Schwarzheide.

Nach der deutschen Einheit siedelte sich auf

dem Gelände des Synthesewerks die BASF an.

Der Produktionsstandort der BASF Schwarzheide

GmbH ist einer der größten Standorte

der BASF-Gruppe in Europa. Er ist breit

aufgestellt bei der Produktion von funktionalen

Materialien und Lösungen. Zum Portfolio

gehören Polyurethane, technische Kunststoffe,

Schaumstoffe, Pflanzenschutzmittel,

Veredlungschemikalien und Lacke.

Die BASF ist weit und breit der größte Arbeitgeber.

In Schwarzheide beschäftigt das

Unternehmen rund 2.000 Mitarbeiter. Am

Foto: HPP Architekten - Bloomimages


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 29

BB

Brandenburgs Wirtschaftsminister

Prof. Dr. Jörg Steinbach (SPD).

„MIR SCHWEBT EIN MODERNES

INDUSTRIELAND VOR“

Foto: MWAE

W+M: Welche Bedeutung haben die Zukunftsorte

für die Regionen und das Land?

Jörg Steinbach: Ich möchte den Begriff

Zukunftsorte gern weiter fassen und von

Zukunftsräumen sprechen. Da haben wir den

Wirtschaftsraum Oder mit Schwedt im Norden

und Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt im

Süden. Da ist das Berliner Umland samt den

Städten in der „zweiten Reihe“, von Neuruppin

bis Luckenwalde. Da ist die Flughafenregion

rund um Schönefeld, Wildau, Königs Wusterhausen

und Ludwigsfelde – und mit der

Standortentscheidung von Tesla für Grünheide

wird sich die Flughafenregion auch bis dorthin

erstrecken. Und da sind die Lausitz sowie die

Wirtschaftsregion Nordwestbrandenburg. In

diesen Wirtschaftsräumen liegen auch die 15

Regionalen Wachstumskerne Brandenburgs,

die RWK – und da hat die Zukunft schon längst

begonnen! Da werden die Grundsteine für

zukünftiges nachhaltiges Wachstum in der

Hauptstadtregion gelegt.

Darüber hinaus strahlen die Wachstumskerne

in ihr jeweiliges Umland aus und setzen dort

Wachstumsimpulse.

Derzeit macht sich die Landesregierung

gemeinsam mit den RWK auf den Weg, diese

Zukunftsorte noch vernetzter weiterzuentwickeln

und in dynamischen Entwicklungsachsen

zu verknüpfen.

W+M: Welche Branchen haben in Ihrem

Land besonders große Zukunftsperspektiven?

Jörg Steinbach: Die starken Branchen, das

sind die auf Basis der gemeinsamen Innovationsstrategie

mit Berlin entwickelten Cluster.

Die fünf gemeinsamen Cluster mit Berlin sind

Energietechnik, Gesundheitswirtschaft, IKT,

Medien und Kreativwirtschaft, Optik sowie

Verkehr, Mobilität und Logistik. Hinzu kommen

die vier brandenburgspezifischen Cluster

Ernährungswirtschaft, Kunststoffe und

Chemie, Metall und Tourismus. Diese Cluster

werden von uns besonders unterstützt.

Lassen Sie mich beispielhaft zwei Bereiche

herausgreifen:

Da ist zum einen die Logistik. Für die deutsche

Hauptstadtregion ist diese Branche mit ihren

gut 200.000 Beschäftigten eine Wachstumsbranche.

Kaum eine Branche hat sich

in den vergangenen Jahren in Brandenburg

so stark entwickelt wie die Logistik. Gerade

Brandenburg hat sich aufgrund der guten

Verkehrsverbindungen in der jüngeren Vergangenheit

zu einem Top-Standort entwickelt

und in der Spitzengruppe der deutschen

Logistikstandorte gemeinsam mit Berlin fest

etabliert. Die Wachstumsmärkte Mittel- und

Osteuropas sind von Brandenburg aus gut erreichbar.

Das ist ein wichtiger Standortvorteil.

Und da sind die innovativen Energietechnologien,

die wir aus dem Forschungsstadium in

die Anwendung bringen müssen. Die Voraussetzung

dafür ist, dass aus der bisher lediglich

als Stromwende betriebenen Energiewende

endlich eine echte, energieträgerübergreifende

Energiewende wird. Das bedeutet:

Erneuerbare Energien dürfen nicht mehr nur

in der Form von Elektrizität, sondern sie müssen

auch in gasförmiger und flüssiger Form

die Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie

durchdringen. Power-to-X-Technologien und

Wasserstoff kommen dabei eine besondere

Rolle zu.

W+M: Wie sieht Ihre Vision von der Wirtschaft

Ihres Landes im Jahr 2030 aus?

Jörg Steinbach: Mir schwebt da ein modernes

Industrieland vor. Ein Land, in dem die

Unternehmen – inklusive der Handwerksbetriebe

– die Chancen der Digitalisierung

genutzt haben und sich mit ihren zukunftsfähigen

Produkten im internationalen Wettbewerb

behaupten können. Ich gehe davon aus,

dass die Strukturentwicklung in der Lausitz

bis 2030 weit vorangeschritten sein wird und

sich in der Region eine ganze Reihe neuer

Betriebe mit hoher Wertschöpfung und gut

bezahlten Jobs angesiedelt haben werden.

Und: Ich wünsche mir, dass wir dann auch eine

florierende Wasserstoffindustrie in Brandenburg

haben, die wichtige wirtschaftliche Impulse

für das Energieland Brandenburg liefert.


30

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Schwedt

BB

BASF-Standort gibt es 17 Produktions- und Infrastrukturanlagen,

12 Kilometer Straßen und

Rohrbrücken sowie 20 Kilometer Bahngleise.

Künftig werden bei BASF in Schwarzheide

auch Batteriematerialien für Elektrofahrzeuge

hergestellt. Dafür entsteht ein völlig neuer

Produktionsstandort. Dieser ist Teil eines

mehrstufigen Investitionsplans zum Aufbau

der europäischen Wertschöpfungskette

für Elektrofahrzeuge. Die neue Anlage wird

BB

Einer der größten Standorte der BASF-Gruppe

in Europa – das BASF-Werk in Schwarzheide.

Die PCK-Raffinerie prägt die Wirtschaft

in und um Schwedt.

Kathodenmaterialien mit einer Anfangskapazität

produzieren, die eine Ausstattung von

rund 400.000 vollelektrischen Fahrzeugen pro

Jahr mit BASF-Batteriematerialien ermöglicht.

Ein modularer Aufbau und die Infrastruktur

der Anlage in Schwarzheide erlauben einen

schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten.

Die Anlage in Schwarzheide wird Vorprodukte

aus der BASF-Anlage in Harjavalta

(Finnland) verwenden. Das Unternehmen

plant, die beiden Anlagen im Jahr 2022 in

Betrieb zu nehmen.

Die Wirtschaft der Stadt Schwedt im brandenburgischen

Landkreis Uckermark wird

seit vielen Jahrzehnten von der PCK-Raffinerie

dominiert, die zehn Prozent der Erdölverarbeitungskapazitäten

Deutschlands besitzt.

Mit ihr verbunden ist die Mineralölverbundleitung

Schwedt, die das über die Erdölleitung

„Freundschaft“ hier ankommende Erdöl

aufnimmt und an die PCK-Raffinerie sowie

an die Total Raffinerie Mitteldeutschland in

den Leunawerken weiterleitet. Ein weiterer

wichtiger Wirtschaftsfaktor ist die Papierindustrie

mit den drei Unternehmen Georg

Leinfelder Werk Süd (LEIPA), Werk Nord

(ehemals UPM) und Brandenburger Tapeten

Schwedt mit jährlich rund einer Million

Tonnen Altpapierverarbeitung. Zusammen

sorgen diese Firmen dafür, dass Schwedt der

zweitgrößte Papierproduktionsstandort in

Deutschland ist.

Darüber hinaus haben sich Akteure aus

Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung

auf den Weg gemacht, einen Innovations-Campus

der Zukunft zu errichten, in

dem industrienahe Forschung, Start-ups,

Ansiedlungen, Bildung, Freizeit und die Natur

des Nationalparks Unteres Odertal unter

einem Dach funktionieren. Der offizielle Titel

des Projektes lautet „Innovations Campus

Schwedt in der Metropolregion Berlin/

Stettin – das Reallabor“. In Kooperation von

Wissenschaft, Schulen, Start-ups und Industrie

soll so etwas wie eine kleine Hochschule

in Schwedt entstehen, die vor allem die

Nähe zur Industrie nutzt. In dem Reallabor

können Studenten und Start-ups das, was

sie vorher im Kleinen, in der Theorie oder im

Labor entwickelt haben, nun in der Realität

ausprobieren, großtechnisch ausreifen lassen

oder umsetzen. Start-ups, die in Berlin oder

Stettin an die Grenzen stoßen, finden am

Campus Schwedt die Nähe zur Industrie und

deren technisches Umfeld, zu Professoren

und Lehrkräften mehrerer Hochschulen, die

in Schwedt Studenten in Praxissemestern

oder in Forschungsaufträgen betreuen. Die

Campus-Entwickler rechnen damit, dass

die Umsetzung ihrer Ideen rund 27 Millionen

Euro kosten wird.

Foto: BASF Schwarzheide GmbH (oben), © PCK Raffinerie GmbH (unten)


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 31

Siemensstadt

Foto: Siemens AG (oben), marako85 – stock.adobe.com (unten)

Siemensstadt ist ein dünn besiedelter Ortsteil

(knapp 13.000 Einwohner) im Osten des

Berliner Bezirks Spandau. Er entstand vor

mehr als 100 Jahren durch die Neuansiedelung

der Werke von Siemens & Halske und deren

Tochtergesellschaft Siemens-Schuckert mit

den zugehörigen modernen Werkssiedlungen.

Bis heute unterhält die Siemens AG in Spandau

seinen größten deutschen Produktionsstandort

– mit 11.500 Mitarbeitern.

Seit Herbst 2018 arbeitet Siemens, unterstützt

vom Berliner Senat, an der Umsetzung

des Projektes Siemensstadt 2.0: Der Konzern

will in den kommenden Jahren rund 600 Millionen

Euro investieren, um auf einer 70 Hektar

großen Fläche – eine Größe, die etwa 100

Fußballfeldern entspricht – eine zukunftsorientierte

„Smart City“ aus dem Boden zu

stampfen. Zentraler Punkt soll ein weithin

sichtbares Hochhaus (150 Meter) werden. Die

Bandbreite, die die Siemensstadt 2.0 umfassen

soll, ist groß: Denkmalgeschützte historische

Gebäude prägen das Areal, gleichzeitig

soll es zu einem Forschungsfeld für die Stadt

der Zukunft werden. Die Planer wollen viel

Grün bieten, aber auch große, offene Plätze.

Und nicht zuletzt sollen Wohnen, Produktion,

Lernen und Wissenschaft auf dem Innovationscampus

verknüpft werden.

Die Siemens AG sieht das Projekt als ein

langfristiges und in die Zukunft gerichtetes

Bekenntnis zum Standort Berlin. Bis zum Jahr

2030 wird sich das neue Siemens-Areal zu

einem hochmodernen Zukunftsort und Inkubator

entwickeln. Innovativ werden soll das

TH

B

Quartier vor allem durch seine Energie- und

Mobilitätskonzepte. Das Areal soll komplett

CO 2

-frei betrieben werden. Im Inneren ist es

weitestgehend autofrei konzipiert. An den

Quartierseingängen, wo Gebäude mit bis

zu 60 Metern Höhe vorgesehen sind, soll

es Mobilitätshubs geben, mit Parkplätzen,

Car- und E-Bike-Sharing, Wartungs- und

E-Ladestationen.

Weimar

Weimar ist eine kreisfreie Stadt in Thüringen

und vor allem bekannt für ihr kulturelles Erbe,

zu dem neben den Traditionen der Weimarer

Klassik um Wieland, Goethe, Herder und

Das Goethe- und Schillerdenkmal auf dem Theaterplatz in Weimar.

In Berlin-Spandau unterhält die Siemens AG ihren

größten deutschen Produktionsstandort.

Schiller auch das Bauhaus und die Nationalversammlung

von 1919, von der sich der Name

der Weimarer Republik herleitet, sowie eine

Vielzahl weiterer hochrangiger kultureller

Hinterlassenschaften aus den vergangenen

Jahrhunderten gehören. Das Bauhaus und

seine Stätten in Weimar (und Dessau) wurden

1996, das „klassische Weimar“ im Dezember

1998, von der UNESCO zum Weltkulturerbe

erklärt.

Aber auch wirtschaftlich verfügt Weimar über

erhebliches Potenzial. Im Zukunftsatlas 2016

belegte Weimar Platz 108 von 402 Landkreisen,

Kommunalverbänden und kreisfreien

Städten in Deutschland und zählt damit zu den

Regionen mit „Zukunftschancen“. Im diesbezüglichen

Landesranking Thüringens nimmt

die Stadt den zweiten Platz ein.

Um Kräfte zu bündeln und gemeinsame Interessen

vorantreiben zu können, ist die Stadt

Partner in verschiedenen Kooperationen. Mit

dem Masterplan Weimar/Weimarer Land

existiert ein zukunftsweisendes Konzept zur

Entwicklung eines Wirtschaftsraumes Weimar/Weimarer

Land. Gemeinsame Projekte

und Veranstaltungen fördern die Zusammenarbeit

zwischen Stadt und Landkreis. Ein

einheitliches Außenmarketing und regionale

Netzwerke sind etabliert. Weimar ist Teil und

geografische Mitte des Kooperationsraumes

Impulsregion. Zusammen mit den Partnern

Erfurt, Jena und dem Kreis Weimarer Land

werden Maßnahmen aus einem Wirtschaftsentwicklungskonzept

umgesetzt.

Die Energieversorgung in Weimar ist zunehmend

durch erneuerbare Energien geprägt.

Neben Photovoltaik spielen insbesondere

interkommunale Windprojekte eine Rolle.

Bereits 2014 wurde Weimar zur „Energiekommune“

ernannt.


32

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

entstehen hier Fluss- und Kreuzfahrtschiffe.

Neben den genannten Wirtschaftsbereichen

hat sich die 1908 von Robert Schmidt als

Ingenieur-Akademie gegründete Hochschule

Wismar zu einer wissenschaftlichen Institution

am Standort entwickelt. Über 8.000 Studenten

studieren derzeit an den drei Fakultäten

Technik, Wirtschaft und Gestaltung.

MV

Blick auf den Hafen Wismar.

Zwickau

Zwickau ist mit etwa 90.000 Einwohnern

Wismar

Die Hansestadt Wismar zeichnet sich durch

eine günstige zentrale Lage direkt an der

Ostsee aus, wodurch ein schneller Zugang

zu den wachstumsstarken Märkten in Nordund

Osteuropa möglich ist. Durch die direkte

Straßenanbindung an die Autobahn A 20 ist

Wismar ein wichtiger Knotenpunkt innerhalb

des Ost-West-Verkehrs zwischen Hamburg

und Osteuropa. Mit dem 800 Jahre alten

Seehafen Wismar und zweitgrößten Ostseehafen

bietet die Stadt beste Voraussetzungen

für die logistische Organisation von Güterströmen

in der Ostsee, in Deutschland und ganz

Europa. Der Universalhafen übernimmt mit

einem durchschnittlichen Jahresumschlag von

rund 7,1 Millionen Tonnen Logistikleistungen –

neben Umschlag und Lagerung zwischen den

Produktionsstandorten – auf Schiene, Straße

und Seeweg.

SN Volkwagen-Werk in Zwickau.

Ein großer Teil der hafennahen Entwicklungsflächen

wird für hafenaffine Industrien ausgebaut.

So stehen mit den Gebieten Dargetzow,

Kritzowburg und Hornstorf im Osten von

Wismar attraktive Großgewerbestandorte für

Ansiedlungen zur Verfügung beziehungsweise

werden diese derzeit für die gewerbliche und

industrielle Nutzung erschlossen.

Im Industrie- und Gewerbegebiet Haffeld ist

eines der größten und modernsten Holzverarbeitungszentren

Europas, das sogenannte

Holzcluster, entstanden. Mit rund 2.000 Arbeitsplätzen

ist es eines der größten Arbeitgeber

in der Region. Neben dem Holzcluster spielt

die maritime Wirtschaft eine große Rolle. Aktuell

befindet sich der Hafen durch die am Standort

befindliche Werft (MV WERFTEN) in der

Umgestaltung zu einem der größten Hersteller

von Kreuzfahrtschiffen. In den nächsten Jahren

die viertgrößte Stadt in Sachsen. Die Stadt

ist Gründungsmitglied der Metropolregion

Mitteldeutschland und Teil des Ballungsraums

Chemnitz-Zwickau.

Zwickau ist die Wiege der sächsischen Automobilindustrie.

Die mehr als hundertjährige

Tradition in der Automobilherstellung begann

Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Gründung

der Werke von Horch (1904) und Audi

(1909/1910), die in den 1930er- und 1940er-

Jahren von der Auto Union und während der

DDR-Zeit von den Sachsenring-Werken weitergeführt

wurde. Nach dem Ende der Teilung

Deutschlands gründete die Volkswagen AG im

Zwickauer Stadtteil Mosel eines der größten

Unternehmen der neuen Bundesländer, die

Volkswagen Sachsen GmbH, die diese Automobilbau-Tradition

weiterführt. Zwickau ist der Pilotstandort

für die industrielle Serienfertigung

von E-Fahrzeugen im Hoch-Volumen-Segment

des größten Automobilherstellers der Welt,

der Volkswagen AG (VW). Gemeinsam mit

den Aktivitäten von BMW und PORSCHE in

Leipzig sowie den übrigen Aktivitäten von VW

in Dresden übernimmt der Automobilstandort

Sachsen damit insgesamt eine Pionierfunktion

für den Transformationsprozess.

Aktuell investiert Volkswagen kräftig am Standort.

Neben der Erweiterung des bestehenden

Presswerks und einer neuen Logistikhalle entsteht

mit einem neuen Karosserie-Speicher das

dann höchste Gebäude im VW-Werk Zwickau

– elf Ebenen für 800 Pkw-Karossen. Diese

Bauvorhaben sollen sicherstellen, dass die

Erhöhung der maximalen Produktionskapazität

von 1.350 auf 1.500 Fahrzeuge pro Tag ab 2021

realisiert werden kann. Das Investitionsvolumen

der drei Neubau- und Erweiterungsprojekte

liegt bei mehr als 115 Millionen Euro. Insgesamt

investiert Volkswagen rund 1,2 Milliarden Euro

in die Transformation des Zwickauer Werks zum

reinen Standort für Elektromobilität.

Foto: Matthias – stock.adobe.com (oben), © Wikipedia / André Karwath aka Aka (unten)


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34

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

Nach vorliegenden Prognosen wird die Zahl der Personen

im erwerbsfähigen Alter in vielen Landkreisen Ostdeutschlands

um mehr als 30 Prozent zurückgehen, und das dämpft

die wirtschaftliche Entwicklung hier. Es ist jedenfalls kaum

vorstellbar, dass dies durch Produktivitätssteigerungen im

Zuge von Rationalisierung und Digitalisierung auch nur näherungsweise

ausgeglichen werden kann, und auch die Potenziale

durch Erhöhung der Erwerbsquote oder durch Zuwanderung sind

begrenzt. Damit werden Teufelskreise ausgelöst, denn wenn

Arbeitskräfte fehlen, werden sich auch viele Unternehmen nicht

mehr halten können, und wenn Unternehmen fehlen, drohen

weitere Abwanderungen. Abgesehen davon muss man auch mit

erheblichen Steuerausfällen rechnen, was die Fähigkeit der Kommunen

dämpft, die Leistungen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge

in gewohntem Ausmaß aufrechtzuerhalten. All das ist lange bekannt,

aber in seiner Dramatik wird es weder von der Politik noch von der

Öffentlichkeit in dem Maße erkannt, wie es eigentlich nötig wäre.

Natürlich ist es keine Option, Regionen, in denen noch Menschen leben,

vollständig aufzugeben, also auf Wirtschaftsförderung, Ausbau von

Infrastrukturen oder Aufrechterhaltung von staatlichen Leistungen des

Bildungssystems, der Gesundheitsversorgung oder der öffentlichen

Sicherheit gänzlich zu verzichten. Wer so etwas vorschlägt, stellt jeglichen

gesamtgesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit „gleichwertiger

Lebensverhältnisse“ infrage. Geisterstädte, oder auch nur Geisterdörfer,

kann und darf man in Deutschland weder aus politischen noch aus ethischen

Gründen akzeptieren. Aber es kann natürlich auch nicht darum gehen,

Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang mit Geld zu überschütten, um

Foto: IRStone – stock.adobe.com


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 35

FOKUSSIERUNG

AUF REGIONALE

WACHSTUMSPOLE

Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen ostdeutschen

Regionen werden sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren

deutlich vertiefen. Wesentlicher Grund hierfür ist der zunehmende Mangel an

Arbeitskräften.

VON PROF. DR. JOACHIM RAGNITZ

Foto: ifo-Institut

ineffiziente Wirtschafts- und Siedlungsstrukturen

aufrechtzuerhalten. Dies würde letzten

Endes zu einer Überforderung jener Regionen

führen, die aufgrund relativer Wirtschaftsstärke

die notwendigen Mittel hierfür aufbringen

müssen, und das wiederum kann das Wohlstandsniveau

in ganz Deutschland gefährden.

Man wird sich deshalb Strategien überlegen

müssen, wie man den betroffenen Regionen

am besten helfen kann.

Konzentration der Fördermittel

Mit Blick auf die Wirtschaftsförderung (und in

ähnlicher Weise gilt das auch für die öffentliche

Daseinsvorsorge) geht dies nur, indem

man versucht, regionale Wachstumspole zu

etablieren, die nicht nur Pendlern aus dem

jeweiligen Umland einen Arbeitsplatz bieten,

sondern über Lieferverflechtungen Ausstrahleffekte

auch in die Umgebung auslösen können.

Es wird also darum gehen, in den ländlich

geprägten Landkreisen die jeweiligen zentralen

Orte (zumeist: die Kreisstädte) besonders

zu fördern, indem man dort die notwendigen

Infrastrukturen aufrechterhält, die verkehrsmäßige

Anbindung an die großen Wirtschaftszentren

verbessert, Gewerbeflächen anbietet

und gegebenenfalls auch private Investoren

durch Fördermittelanreize hierhin zu lenken

versucht. Es gibt viele Beispiele für Klein- und

Mittelstädte in Ostdeutschland, wo dies gut

funktioniert hat (siehe hierzu die in diesem

Heft vorgestellten „Zukunftsorte“). Notwendig

ist es aus meiner Sicht, auch in anderen Regionen

die zentralen Orte zu identifizieren, die

eine solche Rolle als regionaler Wachstumspol

einnehmen können und sollen. In den Raumordnungs-

und Landesentwicklungsplänen

der Länder gibt es derartige Festlegungen in

aller Regel schon; sie müssen jetzt aber auch

konsequent umgesetzt werden: Indem abseits

der Zentren eben keine Wohn- und Gewerbeflächen

mehr ausgewiesen werden, auch

indem dort nicht mehr exzessiv in verkehrliche

Anbindungen investiert wird, und auch, indem

Fördermittel, wenn schon nicht gesetzlich,

so aber doch zumindest im Vergabeprozess,

entsprechend konzentriert werden. Selbst das

wird auf Widerstände stoßen, nicht zuletzt

auch bei den betroffenen Gemeinden. Umso

wichtiger ist es, auf kommunale Kooperationen

hinzuwirken: Kommunaler Wettbewerb

stößt an Grenzen, wenn damit ein ineffizienter

Subventionswettlauf initiiert wird.

Versprechen, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse

im Sinne gleicher Einkommens-

und Arbeitsmarktchancen flächendeckend zu

erreichen, müssen als das entlarvt werden,

was sie sind: Nebelkerzen nämlich. Aber

Rauch in den Augen hilft nicht dabei, klare und

manchmal auch unbequeme Entscheidungen

zu treffen. Genau diese sind aber nötig, wenn

man Ostdeutschland auch über die kommenden

15 Jahre hinaus eine Chance auf Teilhabe

am gesamtdeutschen Wohlstandsniveau

geben will.

Prof. Dr. Joachim Ragnitz

ist Managing Director des ifo-Instituts Dresden.


36

WIRTSCHAFT+MARKT

TITEL

1

„ZEITREISE NACH ÜBERMORGEN“

BILD

HEUTE

3

Bedarfe von

morgen

2

Blick zurück

auf morgen

ZUKUNFTSBILD

ÜBERMORGEN

Handlungsoptionen

Dokumentierte Prämissen

HEUTE 2035

2050

ZUKUNFTSCHANCEN IM

OSTEN – NUR MIT NEUEM

DENKEN MÖGLICH

Zwischen Wiedervereinigung und

Jahrhundertmitte ist im Jahr 2020

Halbzeit. Hatte seither Nach- und

Aufholen Priorität, sollten im Osten

mit Blick auf 2050 vorausschauend

Zukunftsthemen mit originärem

Entwicklungspotenzial gestartet

werden. Nur der strategische Fokus

auf zukunftstaugliche Wirtschaftszweige

sichert an diesem Standort

vitale, nachhaltige und weiterhin

lebenswerte Entwicklungen –

idealerweise als Vorbild für das

wandelträge Westdeutschland.

VON THOMAS STROBEL

AAls Zukunftslotse habe ich mit Rundumblick

auf ostdeutsche Gegebenheiten strategische

Wandelerfordernisse identifiziert. Zwar zeigen

sich in den wirtschaftlich schwächer entwickelten

neuen Bundesländern Erosionen und Brüche

derzeit deutlicher als im Rest des Landes. Andererseits

bieten die 100.000 Quadratkilometer

Ost etliche Chancen für die Entwicklung und

Umsetzung neuer Denkmodelle.

Wie sehen Zukunftsorte aus?

Ihre Stärke ist vor allem die Bereitschaft zur

Planung überregionaler Stadt- und Standortentwicklung

auf der Grundlage einer gemeinsam

entwickelten, überregionalen Zukunftsvision für

2050+, die Experten und Bürger beteiligt. Koordinatoren

dieser Zukunftsdiskurse sollten je

Bundesland parteiunabhängige Staatssekretäre

für Zukunftsfragen sein. Wegen des Anpassungsdrucks

aus Trends und globalen Faktoren

wird klar: Nachhaltige Lebensqualität und

Zukunftsperspektive müssen künftig Vorrang

haben gegenüber Parteiinteressen, persönlichen

Befindlichkeiten und Lobbyismus.

Zukunftsorte mit perspektivischen Wettbewerbsvorteilen

sind integrierte Industriestandorte

für „Wertschöpfungsketten der Zukunft“,

denn sie revitalisieren in Netzwerken und mit

der Wissenschaft von „nebenan“ regionale Wirtschafts-

und Rohstoffkreisläufe, entwickeln

neuartige Mobilitäts- und Energiekonzepte und

zielen auf Nullemission bei Treibhausgasen. Sie

planen die Nutzung regional verfügbarer (auch

nachwachsender) Rohstoffe, um damit die

Autarkie zu erhöhen, Logistik zu reduzieren und

eine Kreislaufwirtschaft zu fördern. Sie beenden

beispielsweise einen bis heute zu beobachtenden

Wettbewerb um Gewerbesteuern und

streben stattdessen einen regionalen Gewerbesteuerpool

als eine Grundlage für künftige

Beschäftigungserfolge an. Sie setzen auf eine

Grafik: Fenwis


30

ZUKUNFTSORTE WIRTSCHAFT+MARKT 37

Umnutzung vorhandener (Industrie-/Agrar-)

Gelände statt auf weitere Flächenversiegelung.

Und sie entwickeln partnerschaftlich Zukunfts-

Cluster, die – in Technologie, Wirtschafts- oder

Zukunftszentren – das Fundament für die

Zusammenarbeit von Start-ups, Universitäten

und Forschungseinrichtungen legen.

Zeiten ändern sich radikal

und stürmisch

Auf der einen Seite Globalisierung, Klimawandel,

eine Abkehr von fossilen Brennstoffen

und die alles durchdringende Digitalisierung;

auf der anderen radikale Einschnitte in die Arbeitswelten

durch Industrie 4.0, eine alternde

Gesellschaft, das Aufweichen demokratischer

Fundamente und politischer Populismus. Wir

ahnen: Die Zeiten, in denen erfahrungsbasierte

Denkweisen zur Lösung der Zukunftsherausforderungen

einfach fortgeschrieben

werden konnten, sind endgültig vorbei. Die

neuen Aufgaben zur Sicherung einer nachhaltigen,

lebenswerten Zukunft bis Mitte des

Jahrhunderts erfordern Mut zu Neuem und

Experimentierfreude, um Neuland zu betreten

und aus den Erfahrungen schnell zu lernen.

Die Automobilindustrie beweist: Traditionelles

Können ohne Zukunftsvorschau führt auch

ohne Abgasskandal zur Schieflage.

Sie haben dann die Aufgabe, Handlungsentscheidungen

im Sinne des gemeinsamen

Zielbildes zu koordinieren.

An der Schwelle zu den 30ern

In gut zehn Jahren wird der Osten nicht nur

vom nahen Ende der Braunkohle geprägt sein,

sondern auch von Tesla mit seinen Entwicklern

und Zulieferern profitieren. Die Digitalisierung

wird Arbeitsplätze gekostet haben; andererseits

werden neue Dienstleistungen rund um

Mobilität, Versorgung und Rohstoffkreisläufe

neu entstehen.

Für den Osten gilt: Nicht mehr das Aufholen und

Erreichen des „Westniveaus“ ist die Maxime,

sondern „Vorsprung für Zukunftssicherheit“.

Es geht jetzt darum, die Zukunft proaktiv für

neue Anforderungen und Erfolgsfaktoren einer

Transformation in eine „grüne, nachhaltige,

ressourcenschonende Wirtschaft“ zu gestalten:

Welche Wege sollen bis 2035 verfolgt werden?

Etwa: Wie behält Dresden seine internationale

Führungsrolle bei Textilbeton und seiner

Verbreitung in der Baupraxis? Welche weiteren

Zukunftsthemen und Technologien mit ähnlicher

Hebelwirkung können an Hochschulen und

durch beispielhafte interdisziplinäre Zusammenarbeit

gestartet werden?

Werkstoff mit Zukunft: textiler Terrazzobeton

– super leicht und nicht rostend.

Künstliches und kompostierbares Leder

des Leipziger Start-ups Scobytec.

Zukunftslandkarten und

Retropolation

Wie können sich die ostdeutschen Regio-

Mit welchen Technologien zum

Erfolg?

Womit kann der Osten punkten? Einerseits mit

Foto: BNB (oben), Scobytec (Mitte), W+M (unten)

nen mittelfristig auf die Anforderungen der

kommenden Jahrzehnte am besten einstellen?

Wichtig ist, die Zukunft vorausschauend zu

gestalten – dazu gilt es, das Denkbare zu machen,

statt das Machbare zu denken. Der Osten

benötigt dafür einen Masterplan in Form einer

Zukunftslandkarte, die unabhängige Experten

im Zusammenspiel mit Politik und Wirtschaft

erarbeiten. Dazu könnte ein interdisziplinär besetztes

Team mit der Methodik „Retropolation“

nach einer moderierten Zeitreise eine erstrebenswerte

Zukunft 2050 entwerfen. Von dort

ist dann ein „Rückblick“ auf die dafür notwendigen

Voraussetzungen im Jahr 2035 möglich.

Abgestimmte Maßnahmen für die nächsten

15 Jahre können daraus abgeleitet werden.

Erst wenn Ergebnisse dieser Schwerpunkte

wie Puzzle-Steine zusammenpassen, wird

Zukunft erfolgreich gestaltbar. Ein Netz von

vorausschauend denkenden „Zukunftsarbeitern“

sollte frühzeitig etabliert werden, denn

Erkenntnisgewinn und Veränderungen entlang

des Weges werden Anpassungen erzwingen.

vorhandenem Know-how – Beispiele sind: technische

Textilien wie Smart Textiles und Carbonbeton,

Umwelttechnik für Luft-, Wasser- und

Bodenreinigung oder IT-Technik, Biofabrikation

und 3D-Druck als additive Fertigungstechnik.

Es bietet sich mit Blick auf Flächen, Fachkräfte

und die Nähe zur Wissenschaft an, den bisherigen

deutschen Rückstand bei der Biologisierung

vorrangig in den neuen Bundesländern

aufzuholen. In dünn besiedelten Gebieten mit

großen Anbauflächen könnte mit autonomer

Präzisionslandwirtschaft begonnen werden,

was auch 5G-Mobilfunk und künstliche

Intelligenz als Zukunftsbausteine erfordern

würde. Mit seinen zahlreichen externen und

industrienahen Forschungsinstituten hätte der

Osten ferner das Potenzial, zu den Großthemen

GreenTech und CleanTech – kreislaufwirtschaftstaugliche

Prozesse und Verfahren

mit hoher Ressourceneffizienz und geringen

Emissionen und Abfallmengen – einen großen

Beitrag zu leisten. Die Biotransformation

startet als Zukunftstrend gerade.

Autor

Thomas

Strobel ist

Geschäftsführer

der

FENWIS GmbH

(www.fenwis.de). Als

Ingenieur für Maschinenwesen gilt der

56-Jährige mit beruflichen Stationen in

branchenübergreifenden Strategie- und

Planungsteams sowie im Innovationsmanagement

als industrienah. In seiner

Rolle als Zukunftslotse ist er methodisch

und inhaltlich darauf spezialisiert,

aus relevanten Zukunftstrends

erfolgversprechende Geschäftsstrategien

und neue Geschäftsmodelle sowie

Umsetzungspläne abzuleiten.


38

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

DR. REINER HASELOFF

MICHAEL KRETSCHMER

MICHAEL MÜLLER

Fotos: W+M, Sächsische Staatskanzlei, Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 39

DIE BILANZ DER

OSTDEUTSCHEN

REGIERUNGSCHEFS

Seit Mitte März dominiert die Corona-Krise deutschlandweit die Schlagzeilen.

Nahezu alle anderen Themen wurden in den Wochen danach in den Hintergrund

gedrängt. Durchaus verständlich, schließlich hat es eine Pandemie

mit diesem Ausmaß seit der Hongkong-Grippe, die zwischen 1968 und 1970

weltweit mehr als eine Million Menschen in den Tod riss, nicht gegeben.

Dennoch hat sich WIRTSCHAFT+MARKT entschieden, den Blick nach vorn zu

richten und ein Ereignis ganz besonders zu würdigen, das im Herbst 2020 ansteht

– den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit. Aus diesem Anlass sprachen

wir mit allen fünf ostdeutschen Ministerpräsidenten – Dr. Reiner Haseloff

(CDU, Sachsen-Anhalt), Michael Kretschmer (CDU, Sachsen), Bodo Ramelow

(Die LINKE, Thüringen), Manuela Schwesig (SPD, Mecklenburg-Vorpommern)

und Dr. Dietmar Woidke (SPD, Brandenburg) – sowie mit Berlins Regierendem

Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Die Regierungschefs ziehen eine Zwischenbilanz der wirtschaftlichen

Entwicklung ihrer Länder, sprechen über blühende Landschaften, die Angleichung

der Lebensverhältnisse zwischen West und Ost sowie über die

Stabilität von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft angesichts der

Zugewinne der AfD speziell in den neuen Bundesländern.

VON KARSTEN HINTZMANN UND FRANK NEHRING

BODO RAMELOW

MANUELA SCHWESIG

DR. DIETMAR WOIDKE

Foto: XXX


40

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

FÜR BERLIN WAREN

SPEZIELL DIE LETZTEN

FÜNF, SECHS JAHRE

SEHR GUTE JAHRE.

Michael Müller

In diesem Jahr feiert Deutschland den 30. Jahrestag der Wiedervereinigung.

Wie würden Sie den Stand der wirtschaftlichen Entwicklung Ihres Bundeslandes

nach drei Jahrzehnten im geeinten Deutschland bewerten?

Reiner Haseloff: Der jeweilige Stand der

wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen

Ländern weist seit 1990 grundsätzlich Jahr

für Jahr einen Aufwärtstrend aus, wenn wir

die unmittelbaren Umbruchjahre am Beginn

der 1990er-Jahre etwas außen vor lassen.

Von den harten Fakten her unterscheiden

sich die Zahlen in den fünf neuen Bundesländern

nur marginal. Auch Sachsen-Anhalt

hat es geschafft, einen Schub nach vorn zu

machen, im Rahmen der historisch gegebenen

Möglichkeiten und auch vom Instrumentenkatalog

her. Wir haben versucht, das

Maximum zu erreichen, können allerdings

die Jahrzehnte zuvor nicht ungeschehen

machen. Dieses Erbe werden wir auch in

den kommenden Jahrzehnten noch mit uns

herumtragen müssen. Wer glaubt, die unterschiedlichen

Wege, die der Westen und der

Osten in der Historie Deutschlands gegangen

sind, lassen sich völlig ausgleichen, der weiß

über Ökonomie und Geschichte nur wenig

Bescheid. Die nüchternen Fakten ergeben

hier ein klares Bild: Es gibt nach wie vor ein

Gefälle hinsichtlich der Löhne, der Unternehmensdichten,

der Unternehmensgrößen und

der Branchenverteilung.

Michael Kretschmer: Sachsen hat sich zu

einer dynamischen und erfolgreichen Industrieregion

im Herzen von Europa entwickelt. In

kaum einem anderen Bundesland gibt es eine

so große Bandbreite erfolgreicher industrieller

Wertschöpfung – von der Automobilindustrie

über den Maschinen- und Anlagenbau und die

Mikroelektronik bis zur Textilindustrie. Hinzu

kommen – ebenso breit aufgestellt und stark -

Handwerk, Tourismus und Dienstleister. Außerdem

ist der Freistaat ein gutes Pflaster für Startups

und Zukunftstechnologien wie künstliche

Intelligenz. Die Wirtschaft hat sich auch deshalb

gut entwickelt, weil hier in den vergangenen

drei Jahrzehnten sehr viele Menschen auch in

schwierigen Zeiten nach vorne geschaut, Neues

gewagt und aufgebaut haben. Darauf wird es

auch jetzt ankommen. Die Coronavirus-Pandemie

ist die größte Bewährungsprobe für unser

Land seit der deutschen Wiedervereinigung. Die

Auswirkungen werden noch lange zu spüren

sein. Für uns als Staatsregierung ist ganz klar:

Wir stehen an der Seite der Unternehmerinnen

und Unternehmer. Gemeinsam mit ihnen und

der Bundesregierung kämpfen wir darum, dass

kein gesundes Unternehmen in dieser Situation

aufgeben muss. Der Freistaat Sachsen hat deswegen

in kürzester Zeit ein eigenes Programm

aufgelegt. Der Bund hat ebenfalls zahlreiche

Maßnahmen beschlossen, damit wir möglichst

gut durch diese schwierige Zeit kommen. Damit

es nach den Einschränkungen möglichst schnell

wieder aufwärtsgehen kann, müssen wir uns

aber schon jetzt Gedanken über ein großes

Konjunkturprogramm machen.

Michael Müller: Für Berlin waren speziell

die letzten fünf, sechs Jahre sehr gute Jahre.

Gerade was die wirtschaftliche Entwicklung

betrifft. Die Stadt hatte sich davor schon gut

entwickelt, insbesondere als Kulturmetropole.

Aber wir hatten eine Menge im wirtschaftlichen

Bereich aufzuholen. Jetzt haben wir spektakuläre

Ansiedlungserfolge und die Unternehmen,

die hier geblieben sind, investieren zum Teil

massiv. Dadurch sind viele neue Arbeitsplätze

entstanden, die Arbeitslosigkeit wurde zurückgedrängt.

Bei den Wachstumsraten lagen wir in

den letzten Jahren immer über dem Bundesdurchschnitt.

Dennoch wollen wir uns nicht

zurücklehnen. Es ist im Vergleich zu anderen

Bundesländern noch Luft nach oben. Und nun

müssen wir auch die weiteren Entwicklungen

und Folgen der Corona-Krise abwarten.

Foto: W+M


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 41

Bodo Ramelow: Wir haben das Tal der

Tränen verlassen – in mehrfacher Hinsicht.

Die doppelte De-Industrialisierung nach dem

Zweiten Weltkrieg und nach 1990 hat aber

tiefe Spuren hinterlassen. Private wie staatliche

Forschung und Entwicklung, als Grundlage

für Innovation, Wirtschaftswachstum

und Steigerung der Wertschöpfung, hinken

deshalb signifikant hinter den westdeutschen

Ländern her. Das sollte man auch im

Westen zur Kenntnis nehmen. Wahr ist aber

auch, Thüringen wäre in einer Rangliste mit

den 27 EU-Staaten auf Platz 10 noch vor

Italien mit seinem BIP pro Kopf.

Manuela Schwesig: Mecklenburg-

Vorpommern ist in den letzten 30 Jahren

gut vorangekommen. Die Wirtschaftskraft

ist deutlich gestiegen, die Arbeitslosigkeit

so niedrig wie nie zuvor. Städte, Dörfer und

Verkehrswege sind umfassend modernisiert

worden. Wer auf Bilder aus dem Jahr 1990

schaut, erkennt viele Orte kaum wieder.

Aber, und auch das gehört zu einer ehrlichen

Bilanz, wir haben trotz aller Fortschritte

noch keine gleichwertigen Lebensverhältnisse

erreicht, weil eben auch die westdeutschen

Länder Fortschritte gemacht haben.

Ich würde sagen: Das Glas ist zu drei Vierteln

voll.

Dietmar Woidke: Es gab unterschiedliche

Phasen, die vergleichbar sind mit

der Entwicklung in ganz Ostdeutschland.

Wenn ich an die 1990er-Jahre denke, war

das eine Zeit, wo Industriearbeitsplätze

verteidigt wurden, wo die Landespolitik in

der Situation war, den Retter in der Not zu

spielen. Manchmal erfolgreich, manchmal

auch nicht. Mit all den Konsequenzen, die

das dann für die ökonomische und soziale

Leistungsfähigkeit des Landes hatte. In den

späteren 2000er-Jahren gab es einen Prozess

der Konsolidierung. Die Arbeitslosigkeit

nahm ab und liegt jetzt bei unter sechs Prozent.

Heute haben wir eher das Problem des

Fachkräftemangels. Als Land haben wir uns

auf den Weg gemacht, den Sektor Erneuerbare

Energien aufzubauen. Heute sind wir

in einer Phase, in der wir optimistisch in die

Zukunft blicken und sagen können, dass wir

in den kommenden Jahrzehnten eine noch

stärkere Industrieregion werden wollen.

Brandenburg hat alles, was es braucht, um

in diesem Jahrzehnt eine Gewinnerregion zu

werden.

Was sind aus Ihrer Sicht die

größten Errungenschaften, die

seit 1990 erreicht wurden?

Reiner Haseloff:

Wir haben es nach den

unmittelbaren Umbruchjahren geschafft, dass

die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze

Jahr für Jahr gestiegen ist. Dieses

Beschäftigungswachstum hat uns in die Nähe

der Vollbeschäftigung gebracht. Als ich vor 18

Jahren in die Landesregierung eingetreten bin,

war die Arbeitslosenquote vier Mal höher als

heute und die Unterbeschäftigungsquote noch

deutlich höher. Dass wir heute eine Arbeitslosenquote

um die sechs bis sieben Prozent

haben und damit fast auf einem Niveau mit

Nordrhein-Westfalen liegen, ist ein Zeichen

von Wirtschaftskraft und auch von Innovationskraft,

die eng verbunden sind mit unseren

Leitbranchen Chemie, Automobilzulieferung,

Agrar- und Ernährungsgüterwirtschaft. Das

zeigt sich auch beim Bruttoinlandsprodukt.

Es ist seit 2014 jedes Jahr real gewachsen.

Zudem ist auch die Arbeitsproduktivität in

Sachsen-Anhalt von 67 Prozent des gesamtdeutschen

Wertes im Jahr 2000 auf aktuell 83

Prozent gestiegen.

Michael Kretschmer:

Die Mauer

trennte nicht nur Ost und West. Sie

trennte Familien und Freunde.

Es ist wunderbar, dass sie seit

gut drei Jahrzehnten

weg

ist. Unglaublich

mutige Menschen

– darunter

besonders

viele aus Sachsen

– haben dafür viel riskiert. Ihnen ist zu

verdanken, dass das SED-Regime zerfiel;

dass der Staat endlich am Ende war, der an

der Grenze auf seine Bewohner schießen ließ,

weil sie in die Freiheit wollten, der Menschen

wegsperrte und auf sie einprügelte, sobald

sie in der Öffentlichkeit aufbegehrten. Das

wiedervereinigte Land, in dem wir heute leben,

ist sicherlich nicht perfekt. Aber wir leben im

besten Deutschland, das wir je hatten: mit

einer funktionierenden Demokratie, mit Meinungsfreiheit

und immer weiter wachsendem

Wohlstand.

Michael Müller: Mit Blick auf die Wirtschaft:

dass Industrie wieder eine Rolle spielt.

Wer hätte das gedacht? Schließlich hat Berlin

nach der Wende rund 200.000 Industriearbeitsplätze

verloren. Jetzt nimmt die Industrieproduktion

stark zu, nicht nur bei Siemens,

auch bei Bayer, Berlin Chemie, BMW, Mercedes.

Der zweite große Schritt nach vorn ist uns

in der Wissenschafts- und Forschungspolitik

gelungen. Meine These lautet: 90 Prozent der

wirtschaftspolitischen Erfolge sind uns gelungen,

weil wir diese Schnittstelle zur Wissenschaft

haben. Das macht uns attraktiver als

andere Regionen.


42

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

Bodo Ramelow: Wir verzeichnen einen

erfolgreichen Re-Industrialisierungsprozess.

Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an

der Thüringer Bruttowertschöpfung hat sich

seit Mitte der 90er-Jahre etwa verdoppelt und

liegt mit knapp einem Viertel heute auf westdeutschem

Niveau. Mit einer Arbeitslosenquote

von 5,3 Prozent im Jahresdurchschnitt

2019 liegt Thüringen deutlich unter der Quote

der ostdeutschen Länder (6,4 Prozent) und an

siebter Stelle im bundesweiten Ranking. Da

wir vor Kurzem den Internationalen Frauentag

begangen haben, lassen Sie mich auch hier

ein paar interessante Zahlen nennen: Mit 64

Prozent weist Thüringen nach Sachsen im

Bundesvergleich die zweithöchste Beschäftigungsquote

für Frauen aus. Bei den Männern

liegen wir nach Bayern und Baden-Württemberg

auf Rang 3. Bemerkenswert ist, dass

die Frauen-Beschäftigungsquote bei uns in

Thüringen noch über der Männerquote von

beispielsweise Nordrhein-Westfalen und

Rheinland-Pfalz liegt.

Manuela Schwesig: Das Wichtigste

ist, dass sich junge Menschen heute eine Zukunft

in Mecklenburg-Vorpommern aufbauen

können. Das war früher viel schwerer. Ich habe

das Anfang der Neunzigerjahre, damals noch

in Brandenburg, selbst erlebt. Mein Vater

wurde arbeitslos. Viele meiner Freunde sind

nach der Schule in den Westen gegangen,

weil die Berufsaussichten dort besser waren.

Heute gibt es bei uns ausreichend Arbeits- und

Ausbildungsplätze. Und mancher, der in den

Neunzigerjahren weggegangen ist, kommt

heute zurück. Weil es inzwischen auch bei uns

gute Chancen gibt, weil wir die Elternbeiträge

für die Kita abgeschafft haben und auch weil

sich die Umwelt in einem besseren Zustand

befindet als in den großen Ballungszentren.

Phase eingetreten. In den industriellen Kernen

kommen wir in einen Ausbau, der zukunftsorientiert

ist und bei dem neue Industriearbeitsplätze

entstehen. Auch und besonders

in der Lausitz. Sozial war es eine schwierige

Situation. Anfangs drohte uns der Bund

Mittelkürzungen im Länderfinanzausgleich

an, für den Fall, dass wir die Kitastandards

nicht absenken. Oder die Rolle der Frau in der

Arbeitswelt. Damals hatten wir eine Diskussion,

die darin gipfelte, dass man uns sagte,

wir hätten in Ostdeutschland doch eine viel

geringere Arbeitslosenquote – die lag mancherorts

bei weit über 20 Prozent –, wenn wir

die Frauen aus der Arbeitslosenstatistik rausnehmen

würden. Heute lachen wir darüber.

Aber damals war die Gleichberechtigung der

Frau im Arbeitsleben keineswegs gesichert.

Auch das Thema Polikliniken war umstritten.

Sozialministerin Regine Hildebrandt kämpfte

wie eine Löwin für den Erhalt. Und heute haben

wir diese Strukturen wieder. Deutschland

wäre insgesamt besser dran gewesen, wenn

man früher und offener auf durchaus positive

Entwicklungen aus DDR-Zeiten reagiert hätte.

Es war vieles schlimm, aber weiß Gott nicht

alles schlecht.

Wo gibt es in Ihrem Bundesland

konkret die einst von Bundeskanzler

Helmut Kohl versprochenen

„blühenden Landschaften“?

Reiner Haseloff:

Ich bin vor wenigen

Wochen mit dem Zug von München nach

Wittenberg gefahren. Und wenn man dann

direkt an Leuna vorbeifährt und die imposante

Nachtsilhouette betrachtet, kann

man sich die Skyline so mancher Großstadt

zumindest optisch ersparen. Unlängst war

ich im Kohlekraftwerk Schkopau, einem

kompletten Neubau nach der Wiedervereinigung.

Von dem 130 Meter hohen Turm dort

sieht man den „ValuePark“ von Schkopau,

ehemals Buna. Heute sind dort Dow Chemical

und viele andere Unternehmen zu Hause. Es

ist eine Freude zu sehen, wie auf einem von

Altlasten befreiten ehemaligen Chemiestandort,

der seit über 100 Jahren existiert, durch

politische Entscheidungen – maßgeblich von

Helmut Kohl – ein hochmoderner Chemiepark

entstanden ist. Das bedeutet

auch sichere Arbeitsplätze. In der

Dietmar Woidke: Der größte Erfolg, den

wir in den 1990er-Jahren hatten, war der Erhalt

industrieller Kerne. BASF in Schwarzheide,

Märkische Faser in Premnitz,

das PCK in Schwedt, EKO Stahl in

Eisenhüttenstadt oder Riva Stahl

in Hennigsdorf und Brandenburg

an der Havel seien hier nur

beispielhaft genannt. Diese

industriellen Kerne haben

geholfen, dass wir rund

herum eine mittelständische

Wirtschaft aufbauen

konnten. Jetzt

sind wir in eine neue


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 43

Raffinerie in Leuna konnten über 2.500 neue

Arbeitsplätze entstehen, bei Dow fast 1.500.

Das war nur möglich durch die Investitionen,

die nach 1990 in die Standorte geflossen sind.

in den vergangenen drei Jahrzehnten auch

hier im Freistaat bereits gelungen sind und

können mit großer Zuversicht und Selbstvertrauen

an die Dinge herangehen.

Foto: W+M

Michael Kretschmer: Es gibt ganz

bemerkenswerte Fotos von Görlitz. Aufgenommen

hat sie der Dresdner Fotograf Jörg

Schöner – in der Zeit vor und nach der deutschen

Wiedervereinigung. Es sind Dokumente

des Verfalls – und der Auferstehung einer

Stadt. Die Fotos sind an mehreren Orten in

einer Ausstellung gezeigt worden und haben

viele Menschen, darunter auch mich, tief

beeindruckt. Görlitz ist nur ein Beispiel von

vielen für den erfolgreichen Aufbruch und

für Neubeginn. Es gibt viele andere. Flüsse,

die wieder sauber sind. Die internationale

Spitzenforschung, die hier zu Hause ist. Eine

Kultur- und Theaterlandschaft, um die uns

auch andere Bundesländer beneiden. Sanierte

Museen, Burgen und Schlösser, spannende

Ausstellungen, die Menschen weit über

Sachsen hinaus begeistern. Gerade erst hat

die renommierte New York Times Leipzig

als „das neue Berlin“ gelobt. Wir haben allen

Grund, stolz zu sein auf die vielen Dinge, die

Michael Müller: Das ist meines Erachtens

kein sehr glückliches Sprachbild.

Aber wir haben mit Sicherheit sich großartig

entwickelnde Gebiete in unseren Zukunftsorten.

Also in speziellen Stadtquartieren wie

dem EUREF-Campus in Schöneberg, bald

in Tegel, in Buch, Adlershof oder auch im

Siemens-Campus, wo eine komplett neue

Infrastruktur wächst. Da entwickelt sich

wirklich etwas Neues und das kann man am

ehesten im übertragenen Sinn mit blühenden

Landschaften vergleichen.

Bodo Ramelow: Ich habe mit solchen

Begrifflichkeiten so meine Schwierigkeiten.

Viele derartige Sprachbilder wurden in der

Vergangenheit bemüht, um Ostdeutschland

zu beschreiben. Wahr bleibt: Von blühenden

Landschaften können die Wenigsten leben,

und über den Prozess der Wiedervereinigung

sollte sich vielleicht rückblickend jeder

für sich mit einem Zitat von Willy Brandt im

Hinterkopf vom 25.02.1990 ein Urteil bilden:

„Wenn der Zug der deutschen Einheit rollt,

dann kommt es darauf an, dass wenn‘s

irgend geht dabei niemand unter die Räder

kommt.“ Gemeinsam haben Westdeutsche

und Ostdeutsche in Thüringen ein Land aufgebaut

mit einer Weltklasse-Infrastruktur,

mit exzellenter Bildung von der Krippe bis zur

Universität, mit erfolgreichen Traditionsfirmen

und innovativen Start-ups. Unsere

Städte und Dörfer sind bei allen Herausforderungen,

die zweifellos bestehen, ich nenne

die demografische Entwicklung, gelebte und

attraktive Heimat. Jena ist zweifellos das

bekannteste nationale wie internationale

Aushängeschild Thüringens, aber die Hidden

Champions finden Sie überall im Freistaat,

nicht zuletzt, weil nicht nur die aktuelle,

sondern auch vorherige Landesregierungen

konsequent an die Menschen im ganzen Land

glauben und entsprechend investieren.

BRANDENBURG HAT

ALLES, WAS ES BRAUCHT,

UM IN DIESEM JAHRZEHNT

EINE GEWINNERREGION

Dietmar

ZU WERDEN.

Woidke

Manuela Schwesig: Unser Land hat

sich sehr gut entwickelt. Im Tourismus, auch

in der Gesundheitswirtschaft. Wir haben

starke Unternehmen in Biotechnologie und

Medizintechnik, erstklassige Zulieferer in

der Automobil- und Flugzeugindustrie, einen

sehr robusten handwerklichen Mittelstand.


44

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

Dietmar Woidke: Die Entwicklung

ist in allen Landesteilen positiv, auch wenn

die Rahmenbedingungen durchaus unterschiedlich

sind. Deshalb finde ich es gut und

richtig, dass das Bundeskabinett erst jüngst

beschlossen hat, noch mehr Geld in die

Infrastruktur zu investieren. Aber der Begriff

„blühende Landschaften“ erinnert mich an

eine andere Diskussion, die wir auch bei uns

im Land sehr erfolgreich geführt haben –

über das Tafelsilber der Deutschen Einheit,

wie es genannt wurde. Gemeint war die Naturausstattung

der neuen Länder und speziell

Brandenburgs. Die Diskussion führte dazu,

dass wir Naturparks, Biosphärenreservate

und einen Nationalpark bekommen haben.

Alles Dinge, die uns auch heute helfen.

Rechnen Sie noch mit einer

Angleichung der Lebensverhältnisse

zwischen Ost und West?

Reiner Haseloff:

Der individuelle Lebensstandard

wird sich weiter annähern,

zumal Fachkräfte aufgrund der demografischen

Entwicklung überall Mangelware

geworden sind. Das wird sich positiv auf die

Lohnentwicklung auswirken. Die höchsten

Lohnsteigerungen der letzten Jahre sind

übrigens, vergleicht man die neuen Länder,

in Sachsen-Anhalt zu verzeichnen gewesen.

Auch, weil sich die stark tariflich geprägten

Branchen Chemie, Metallbau oder Maschinenbau

in einem deutschlandweiten

Wettbewerb befinden. Von den Renten her

werden wir das Problem bekommen, dass die

Menschen, die nach der Wiedervereinigung

arbeitslos wurden und damit unterbrochene

Erwerbsbiografien haben, deutlich geringere

Altersrenten erhalten werden. Eine wirkliche

Angleichung der Lebensverhältnisse wird es

nur dann geben, wenn die Forschungs- und

Wirtschaftslandschaft auf gleichem Niveau

angekommen ist. Das ist zum Teil eine politische

Entscheidung, da es hier um die Steuerung

von Ressourcen geht. Hier müssen noch

etliche Lücken geschlossen werden. Aber ich

nenne auch noch einen anderen Bereich –

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Von den

rund 44 Gemeinschaftseinrichtungen sind

gerade mal – je nach Zählweise – ein bis zwei

Einrichtungen in Ostdeutschland angesiedelt.

Die vielen Milliarden Euro, die von diesen

Einrichtungen umgesetzt werden, von der

Auftragsvergabe bis zu den unternehmensnahen

Dienstleistungen kommen also nur zu

einem Bruchteil in den neuen Ländern an. Die

damit verbundenen wirtschaftlichen Impulse

gehen an Ostdeutschland vorbei. Hier fordern

wir politische Entscheidungen, die zu einer

gerechteren Verteilung führen. Wenn es die

nicht gibt, wird die alte DDR-Grenze auch in

50 Jahren noch erkennbar sein.

Michael Kretschmer: Gleichwertige

Lebensverhältnisse haben hierzulande

Verfassungsrang. Die messen wir nicht

nur am Wohlstand, sondern am Zugang zu

Bildung, zu Kindergärten, zur gesundheitli-

DER INDIVIDUELLE

LEBENSSTANDARD WIRD SICH

WEITER ANNÄHERN,

ZUMAL FACHKRÄFTE AUFGRUND

DER DEMOGRAFISCHEN

ENTWICKLUNG ÜBERALL

MANGELWARE GEWORDEN SIND.

Reiner Haseloff

Foto: W+M


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 45

chen Versorgung und an Umweltstandards,

die überall gleich gelten. Was wir machen

müssen, ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

vieler Regionen zu stärken, und

da kommen wir voran. Die wirtschaftliche

Situation in Ostdeutschland hat sich in den

vergangenen fünf bis zehn Jahren weiter

verbessert. Wir brauchen beispielsweise jetzt

in allen Regionen in Sachsen Fachkräftezuwanderung

aus dem Ausland, so gut geht es

der Wirtschaft. Aber klar ist, dass wir noch

nicht da sind, wo wir hinwollen. Klar ist auch,

dass eine stärkere Wirtschaftsförderung

strukturschwacher Regionen im Westen

nicht zu Lasten Ostdeutschlands gehen darf.

Die Corona-Krise wird auch in dieser Frage

ganz neue Herausforderungen bringen. Wir

müssen alles dafür tun, dass durch Corona

nicht 30 Jahre Aufbau- und Aufholleistung in

den neuen Ländern den Bach runtergehen.

Michael Müller: Wir haben in Berlin

wegen der Sondersituation der beiden Stadthälften

schon einiges in Sachen Angleichung

vorgezogen. Etwa bei den Gehältern oder

Versorgungsfragen. Aber wir dürfen uns

nichts vormachen: Es gibt eine strukturelle

Schwäche des Ostens, gerade wegen

der fehlenden Industrie oder durch den

Fachkräftebedarf, der in einigen Regionen

Ostdeutschlands nicht zu decken ist. Hier

werden wir noch einige Jahre brauchen, um

wirklich aufschließen zu können zu Bayern,

Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz.

Wir müssen viel in Bildung und Ausbildung

investieren, damit die Fachkräfte auch in den

Regionen bleiben und wir müssen jungen

Menschen und jungen Familien attraktive

Arbeitsplätze und Zukunftsperspektiven hier

vor Ort bieten. Kreative Köpfe kommen nur

dann, wenn sie für sich und ihre Familien auch

eine Perspektive, eine Zukunft sehen. Dazu

gehören die Infrastruktur und darüber hinaus

auch ein gutes Gehaltsniveau.

Bodo Ramelow: Frühere Prognosen

wurden deutlich übertroffen: In der ifo-Broschüre

5/2014 wurde für das Jahr 2030 ein

reales BIP für Thüringen in Höhe von 43,9

Milliarden Euro prognostiziert. Dieser Wert

wurde bereits im Jahr 2017 erheblich überschritten

(BIP 61,9 Milliarden Euro). Es ist also

möglich. Auf der anderen Seiten sagen uns

zahlreiche Statistiken, dass der Konvergenzprozess

– gelinde gesagt – noch lange nicht

abgeschlossen sein wird. Ich bin aber auch

überzeugt, dass die realen Lebensverhältnisse

der Menschen in Ost und West längst näher

beieinander sind, als das manche Statistik

über volkswirtschaftliche Kennzahlen zum

Ausdruck bringt. Eine Einordnung der Wirtschaftskraft

Thüringens in den EU-Kontext

hatte ich im Zusammenhang mit Ihrer ersten

Frage bereits vorgenommen. Wir brauchen

in vielerlei Hinsicht den Vergleich mit vielen

anderen europäischen Regionen nicht zu

scheuen. Was uns vielleicht in der Wahrnehmung

im Wege steht, ist etwas, dass Sören

Kierkegaard einmal sehr weise zusammengefasst

hat in den Worten: „Das Vergleichen

ist das Ende des Glücks und der Anfang der

Unzufriedenheit“. Vielleicht wäre es zuweilen

hilfreich, nicht immer nur nach Bayern oder

Baden-Württemberg zu schauen, sondern

den Blick auch nach Osten zu richten.

Gleichwohl stehen wir in den nächsten Jahren

vor großen Herausforderungen. Ich spreche

vom Fachkräftebedarf als Grundlage für

Wohlstandswachstum: Thüringen hat im

Zeitraum von 1990 bis 2018 rund 450.000

Einwohner verloren. Bis zum Jahr 2035 wird

ein weiterer Rückgang um etwa 10 Prozent

vorhergesagt. Das Erwerbspersonenpotenzial

wird in den nächsten 15 Jahren um 20 Prozent

sinken. Bis 2030 entsteht in Thüringen ein

Ersatz- und Erweiterungsbedarf von 345.000

Arbeitskräften. Schwerpunktbereiche sind hier

das Gesundheits- und Sozialwesen und das

verarbeitende Gewerbe. Um diesen Bedarf zu

decken, reicht das inländische Potenzial an

Arbeitskräften nicht aus. Was wir brauchen,

ist qualifizierte Zuwanderung. Wahrscheinlich

wird dazu auch der Aufbau von Qualifizierungszentren

in den Herkunftsstaaten

notwendig sein. Darüber werden wir offen

reden müssen. Um die enormen Chancen der

Digitalisierung zu nutzen, umgekehrt, um den

technischen Anschluss nicht zu verlieren, ist

Thüringen zudem, wie ganz Ostdeutschland,

auf Förderung durch den Bund angewiesen,

möchte man das „abgehängt sein“ nicht als

Dauerzustand akzeptieren.


46

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

30

JAHRE

DEUTSCHE

EINHEIT

Manuela Schwesig: Wir müssen

am Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse

festhalten. Der wichtigste Punkt ist, dass

wir zu einer Angleichung der Löhne kommen.

Es wird zu Recht als große Ungerechtigkeit

empfunden, dass die Löhne im Westen vielfach

noch höher sind als im Osten. Deshalb

werben wir in Mecklenburg-Vorpommern

dafür, dass mehr Unternehmen Tariflohn

zahlen. Denn im tarifgebundenen Bereich ist

die Lohnangleichung weiter fortgeschritten.

Und wir haben die Wirtschaftsförderung und

die Vergabe öffentlicher Aufträge stärker an

Kriterien guter Arbeit gebunden.

Dietmar Woidke: Wir brauchen eine

ähnliche Wirtschaftskraft, wie sie Westdeutschland

hat. Da hilft Jammern überhaupt

nicht weiter, sondern es hilft, klare Antworten

auf die Frage zu finden: Was können wir

verbessern, um noch attraktiver zu werden

für Unternehmen, die sich ansiedeln wollen?

Wirtschaftskraft bekomme ich nur ausgeglichen

mit einem Zuwachs an Wirtschaftskraft.

Wir wollen und können aufholen und

ein bisschen Konkurrenz untereinander ist

gar nicht schlecht. Wir haben schon einige

Länder überholt, was Wirtschaftskraft,

Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen

betrifft. Wir sind auf der Überholspur.

Mein Ziel ist es, in den nächsten zehn Jahren

mindestens unter die TOP 5 der deutschen

Bundesländer zu kommen.

Wo liegen Ihrer Einschätzung

nach aktuell die größten Defizite

beim Zusammenwachsen von

Ost und West?

Reiner Haseloff:

Die soziale Marktwirtschaft

der Bundesrepublik Deutschland ist

ein System, das sehr optimiert arbeitet und

durch die Sozialpartnerschaft historisch so

aufgestellt ist, dass die Konfliktbewältigung

im Sinne einer Konsensgesellschaft bislang

erfolgreicher war als jedes andere Gesellschaftsmodell.

Es ist aber zudem eine Wettbewerbsgesellschaft,

die es mit sich bringt, dass

es einen harten und individuellen Wettbewerb

um Posten und Positionen gibt. Diese Mechanismen

machen bestimmte Eigenschaften

erforderlich, über die große Teile der jetzt im

Erwerbsleben stehenden mittleren und älteren


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 47

Foto: Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern

Bevölkerungsgruppen aus den neuen Ländern

einfach nicht verfügen. Von Ausnahmen

abgesehen. Das sieht man am deutlichsten

bei der Verteilung von Führungspositionen. Da

ist der Osten signifikant unterrepräsentiert.

Das wächst sich erst über Jahrzehnte aus,

da wird es noch zwei bis drei Generationen

brauchen, bis die Unterschiede kleiner werden.

Das ist leider so, wenn unterschiedliche

Systeme zusammenkommen. Das ist keine

moralische Bewertung, die ich hier vornehme,

sondern eine Systembeschreibung. Wir sind

vor 30 Jahren – aus einem bankrotten System

kommend – einem Erfolgssystem beigetreten.

Und befinden uns bis heute in einem Anpassungsprozess.

Michael Kretschmer: Die Deutschen

in Ost und West haben drei Jahrzehnte

erfolgreicher gemeinsamer Geschichte. Wir

haben eine ostdeutsche Bundeskanzlerin,

sind Fußball-Weltmeister geworden. Ich finde

es falsch, jetzt Diskussionen über Deutsche

erster und zweiter Klasse zu führen oder darüber,

was noch nicht erreicht worden ist. Ich

sage: Kommt, lasst uns mit Schwung weiter

nach vorn gehen und gemeinsam noch mehr

erreichen.

Michael Müller: Ich glaube, dass immer

noch und in beide Richtungen die Wertschätzung

fehlt oder zumindest nicht ausreichend

ausgedrückt wird. In beiden Teilen unseres

Landes wurde viel und gute Arbeit geleistet,

damit diese Einigung überhaupt gelingen

konnte. Das Anerkennen der unterschiedlichen

Lebenswege und Biografien, das Anerkennen

der unterschiedlichen Kompetenzen,

insbesondere die der Ostdeutschen, die einen

erfolgreichen Lebensweg für sich organisiert

hatten, mit Studium, mit Berufsausbildung,

mit einem guten Arbeitsplatz. All das wurde

über Nacht infrage gestellt oder sogar entwertet.

Es ist eine Frage der Anerkennung,

nicht einer erwarteten Dankbarkeit. Die

Menschen erwarten, dass diese Anerkennung

auch mal ausgedrückt wird und dass gesehen

wird, was ein jeder einbringt in dieses gemeinsame

Land. Das spielt eine große Rolle.

Bodo Ramelow: Der Transformationsprozess

von der Plan- zur Marktwirtschaft

war ein großer Kraftakt – für jede und jeden

Einzelnen. Die wirtschaftliche Entwicklung

der letzten 30 Jahre ist beeindruckend. Dennoch

ist ebenso wahr, dass jede Familie aus

diesen Jahren bewegende Geschichten erzählen

kann – nicht nur von großen und kleinen

Erfolgen und von verwirklichten Träumen.

Viele haben – zuweilen lange – Phasen der

Arbeitslosigkeit durchgemacht und diesen

Bruch ihrer Erwerbsbiografie als große individuelle

und soziale Verunsicherung erlebt.

Wenn wir heute auf die hohen Arbeitslosenzahlen

der 90er-Jahre blicken, können wir

sagen: Wir haben sehr viel erreicht, aber am

Ziel sind wir noch lange nicht. Heute bestehen

die Aufgaben zum Beispiel darin, Arbeitsplätze

zu halten, Zuwanderung klug zu organisieren,

weitere Wirtschaftsansiedlungen zu

ermöglichen und den sozialen Zusammenhalt

zu stärken. Auch gilt es zum Beispiel,

das nicht mehr vermittelbare Lohngefälle

zwischen Ost und West und die Rentenunterschiede

abzubauen. Ebenso müssen wir im

Punkt „Ostdeutsche in Führungspositionen“

zulegen. So mancher Frust entsteht aus dieser

keineswegs nur „gefühlten“ Diskrepanz.

Ich denke, wir brauchen eine neue Anerkennungskultur

gegenüber den Lebensleistungen

des Ostdeutschen, und so einiges könnte der

Westen auch vom Osten lernen, ich nenne die

Stichworte Kinderbetreuung und medizinische

Gesundheitszentren.

Manuela Schwesig: Ich glaube, dass Ost

und West insgesamt gut zusammengewachsen

sind. Wir leben heute ganz selbstverständlich

in einem vereinten Deutschland. Wer

unter 35 ist, kennt das gar nicht mehr anders.

Aber wir brauchen sicherlich noch mehr Austausch

und noch mehr wechselseitiges

Verständnis.

Dietmar Woidke: Einer

der Punkte ist, dass die

Leistungen, die von den

DAS WICHTIGSTE IST,

DASS SICH JUNGE

MENSCHEN HEUTE EINE

ZUKUNFT IN

MECKLENBURG-

VORPOMMERN

AUFBAUEN KÖNNEN.

Manuela

Schwesig


48

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

Menschen im Osten zu DDR-Zeiten vollbracht

wurden, im Westen nicht oder zu wenig

wahrgenommen werden. Fast 80 Prozent

der Ostdeutschen, die 1989 in Lohn und Brot

waren, mussten nach der Einheit mindestens

einen neuen Beruf lernen. Alles das, was sich

in den letzten 30 Jahren bei uns entwickelt hat,

hat sehr stark mit der Veränderungsbereitschaft

der Menschen hier zu tun. Mit Ausdauer,

mit Disziplin, mit Qualifikationsmaßnahmen.

Das ist die eigentliche Stärke Ostdeutschlands.

Und das kommt mir in der aktuellen Debatte

zu kurz.

Fürchten Sie angesichts der Wahlerfolge

der AfD – speziell in den

neuen Ländern – um den Fortbestand

von Demokratie und sozialer

Marktwirtschaft in Deutschland?

Reiner Haseloff:

Ich glaube, dass nach

wie vor die große Mehrheit der ostdeutschen

Bevölkerung weder zurückwill in das alte

System, geschweige denn in eine Diktatur, die

sie zum Großteil noch erlebt hat, noch, dass

sie die Demokratie dem Grunde nach infrage

stellt. Wir müssen uns vielmehr eine weitere

Frage stellen: Welchen Eindruck macht aktuell

im Tagesgeschäft die Demokratie? Im Umgang

miteinander, in Sachen Problemlösungsfähigkeit

oder auch hinsichtlich der handelnden

Personen, die die Demokratie repräsentieren.

Und da ist die Enttäuschung in Ostdeutschland

deutlich größer als in West- und Süddeutschland.

Möglicherweise deshalb, weil man in

letzteren Gebieten einiges gewöhnt ist und wir

im Osten vielleicht mit zu idealen Vorstellungen

gekommen sind. Vielleicht haben wir nicht

erwartet, dass in diesem für uns neuen System

ganz reale Menschen mit allen Stärken und

Schwächen unterwegs sind. Und dass es an

jedem selbst liegt, wie Demokratie von unten

nach oben entwickelt wird. Die Unzufriedenheit

mit der Darstellung der Demokratie und den

handelnden Persönlichkeiten kann nur dann abgebaut

werden, wenn Politik Lösungsansätze

dafür anbietet. Grundsätzlich glaube ich nicht,

dass die Demokratie gefährdet ist. Die große

Mehrheit der Bevölkerung wird auch weiterhin

verantwortungsvoll wählen.

Michael Kretschmer:

Wir erleben, wie

abschätzig Abgeordnete und Führungspersönlichkeiten

der AfD in den Landtagen und im

Bundestag über Demokratie und Freiheit reden,

wie sie über Grundwerte und Vertreter anderer

Parteien herziehen. Die AfD ist europafeindlich,

sie verdreht die deutsche Geschichte.

Einflussreiche Leute in dieser Partei spalten die

Gesellschaft, sie grenzen aus, schüren Ängste.

Auf wichtige Zukunftsfragen haben sie keine

belastbaren Antworten. Ich bin überzeugt:

Die große Mehrheit in diesem Land will das so

nicht. Und immer mehr Leute sehen, dass diese

Partei unserem Land schadet. Es muss darum

gehen, zusammenzuführen und einen Ausgleich

zu suchen. Das ist der richtige Weg. Das ist

auch mein Weg.

Michael Müller: Es ist jetzt eine sehr

kritische Situation. Ich glaube, dass unsere

Demokratie stark genug ist, um diese Situation

zu bewältigen. Aber das geht nicht von allein.

Jeder muss sich im Rahmen seiner Möglichkeiten

in diesem demokratischen System auch

engagieren für die Grundwerte der Freiheit

und des guten Zusammenlebens. Weil uns

die Demokratie etwas wert ist. Aber ich habe

große Befürchtungen, dass die Präsenz der

AfD wirtschaftliche Rückschläge zur Folge

haben kann. Denn natürlich werden wir aus

dem Ausland beobachtet. Und internationale

Konzerne schauen genau, wo sie investieren.

Sie investieren dort, wo ihre Mitarbeiter frei

und unvoreingenommen ihren Lebensentwurf

leben können. Und wenn die Unternehmen den

Eindruck haben, dass das bei uns derzeit nicht

möglich ist, investieren sie andernorts. Wir

müssen daher Offenheit und Toleranz als harte

Standortfaktoren erkennen.

Bodo Ramelow: Angst ist kein guter

Berater und in diesem Sinne machen wir Politik

gegen Ängste und gegen Angstmacher. Die

neue rot-rot-grüne Minderheitsregierung, die

in vielen Punkten eine enge Zusammenarbeit

mit der CDU vereinbart hat, wird auch Bereiche

der direkten Demokratie und der Bürgerbeteiligung

stärken. Außerdem werden die Mittel

für die ländlichen Räume deutlich erhöht. Wir

lassen niemanden hängen! Gute Politik hat das

ganze Land im Blick, der Fortbestand unserer

Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft

ist keineswegs gefährdet. Gleichwohl müssen

wir die Entfernung zwischen Bürgerschaft und

Politik verringern und mehr Demokratie wagen.

Eines aber bleibt politisch unabdingbar: Die

demokratischen Parteien müssen gegen die

Demokratieverächter der AfD zusammenstehen.

Unser Stabilitätsmechanismus mit der

CDU schließt prinzipiell aus, dass Regierung

oder demokratische Opposition sich zur

Durchsetzung politischer Ziele der Stimmen

der AfD bedient. Das ist meines Erachtens ein

wichtiges Signal.

Manuela Schwesig: Nein, das nicht.

Aber es ist in den letzten Jahren deutlicher

geworden, dass Freiheit und Demokratie keine

Selbstverständlichkeit sind, sondern immer

wieder neu begründet werden müssen. Wir

müssen diejenigen noch stärker unterstützen,

die vor Ort für die Demokratie und eine offene

Gesellschaft eintreten.

Dietmar Woidke: So weit würde ich nicht

gehen. Das wäre ein Stück weit übertrieben.

Was mir wirklich Sorge macht, sind die Signale,

die von der beschriebenen Entwicklung ausgehen.

Das sind Signale der Instabilität. Ich habe

den Eindruck, dass in Deutschland manchmal

sehr gute Entwicklungen, die wir aus den


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 49

JENA IST ZWEIFELLOS DAS

BEKANNTESTE NATIONALE

WIE INTERNATIONALE

AUSHÄNGESCHILD

THÜRINGENS, ABER DIE HIDDEN

CHAMPIONS FINDEN SIE ÜBERALL

IM FREISTAAT.

Bodo Ramelow

Foto: W+M

vergangenen 70 Jahren gewohnt sind – die

politische Stabilität beispielsweise – gering

geschätzt und unsere Demokratie verhöhnt

werden. Gerade wenn man die Entwicklung

Deutschlands betrachtet, war und ist die

politische Stabilität stets die Grundlage für

die erreichten Erfolge. Sie ist übrigens auch

die Grundlage für Investitionsentscheidungen.

Insofern hoffe ich, dass manch einer künftig

etwas aufmerksamer registriert, wofür die

AfD steht. Es ist kein Zufall, dass sich gegen

positive Entwicklungen bei uns im Land vor

allem die AfD stellt. Gegen die Tesla-Ansiedlung

haben zuallererst AfD-Politiker protestiert. Für

die AfD ist alles, was positiv bei uns geschieht,

politisch gesehen Gift. Damit sieht man auch,

woraus diese Partei ihre Erfolge ziehen will. Wir

müssen sehen, dass wir die Erwartungen der

Menschen erfüllen und dass sich Brandenburg

weiterhin gut entwickelt. Das und gute politische

Arbeit sind die eigentlichen Gegenmittel

gegen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten.

Welche Möglichkeiten sehen Sie,

die vielen Protestwähler, die derzeit

für die AfD votieren, zurückzugewinnen?

Reiner Haseloff:

Den Protestwähler gibt

es sicherlich nicht, das sieht man auch an der

Soziostruktur der Wähler. Da sind viele Vertreter

der Mittelschicht dabei, die unzufrieden

sind mit bestimmten gesellschaftlichen Zielstellungen.

Etwa bei der Frage, welchen Weg

geht Deutschland im Kontext der europäischen

Union oder welche Rolle spielt die Nation als

Ordnungsfaktor und was Sicherheitsthemen

anbelangt. Wenn wir die Probleme, die die

Menschen aus der Mitte der Gesellschaft an

die Ränder gebracht haben, lösen, holen wir sie

auch wieder zurück. Die wenigsten sind ideologisch

verhärtete Extremisten. Politik muss

jedoch Handlungsfähigkeit zeigen.

Michael Kretschmer:

Es geht darum,

Probleme zu lösen und in der Sache zu

überzeugen. Dazu gehört auch, Fehler klar

zu benennen und abzustellen. Wir müssen

deutlich machen, dass Hass, Spaltung und

Ausgrenzung am Ende der Demokratie und uns

allen schaden. Und wir müssen viel miteinander

statt nur übereinander reden.

Michael Müller: Es muss in Richtung

Rechtspopulismus und Rechtsextremismus

eine klare Kante geben. Wir müssen deutlich

machen, wo die Grenzen sind und worüber

wir nicht verhandeln werden. Den Wählerinnen

und Wählern müssen wir zeigen, dass wir

eine gute, seriöse Wirtschaftspolitik machen,

Arbeitsplätze schaffen, in ganz Deutschland

investieren, niemanden zurücklassen. Wir

dürfen der AfD gar keinen Spielraum geben

für ihre These, dass sie das Sprachrohr der

Abgehängten und Zurückgebliebenen sind,

um die sich niemand kümmert. Wir müssen

zeigen: Dort, wo ein Mangel erkannt wird, ist

die Politik bereit, diesen Mangel zu beheben.

Bodo Ramelow: Klarheit, Ehrlichkeit und

eine glaubwürdige Nähe zu den Thüringerinnen

und Thüringern. Politik ist die Kunst des

Kompromisses. Nur mit Kompromissen können

wir möglichst viele Menschen in demokratische

Prozesse einbinden. Thüringen hat enorm viel

erreicht und jede und jeder kann und soll sich

für eine weitere gute Entwicklung in Land und

Stadt einbringen. Ich setze mich dafür ein, diese

Mitwirkungsprozesse zu stärken. So wird es

gelingen, zukunftsorientierte Politik spürbarer

zu machen – und eine Politik destruktiver Angst

in die Schranken zu weisen. Wichtig ist vor

allem, dass wir als Akteure in der Politik auch

den Mut aufbringen, deutlich über diejenigen


50

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

Dinge zu sprechen, die die Menschen bewegen.

Globalisierung und die gefühlte Unübersichtlichkeit,

die damit in gesellschaftliche Prozesse

eindringt, sind nicht leicht zu erklären.

Wir kommen aber als verantwortungsvolle

Staatsbürger nicht drum herum, uns auch mit

unbequemen Wahrheiten zu beschäftigen.

Auch Flüchtlinge müssen die demokratische

Hausordnung respektieren. Gleichzeitig müssen

wir aber auch darauf hinweisen, dass höhere

Zäune unsere Probleme nicht lösen werden.

Wir müssen als deutsche und europäische

Gesellschaften auch reflektieren, wo wir durch

unser eigenes Verhalten und unsere wirtschaftlichen

Aktivitäten in der Welt zu mehr

Ungleichheit beitragen. Die enorme wirtschaftliche

Ungleichheit der Lebensverhältnisse

ist nun einmal – neben den kriegerischen

Auseinandersetzungen in vielen Erdteilen –

ein weiteres Motiv für die Sehnsucht vieler

Menschen nach einem Leben in Europa. Wir

dürfen die Debatte um solche heiklen Themen

nicht den Populisten überlassen. Das ist eine

ziemliche Herausforderung, weil es eben auch

einfach viele Reflexe im Politikbetrieb gibt, die

bei jeder Äußerung sofort zu Aufregung führen.

Ich bin überzeugt, dass wir mit einer ehrlichen,

gelassenen und sachlichen Auseinandersetzung

über die Themen, die die Menschen

umtreiben, als verantwortliche demokratische

Parteien werden punkten können.

Manuela Schwesig: Das geht nur im Dialog.

Ich biete als Ministerpräsidentin regelmäßig

Bürgerforen an. Das Motto lautet: „Alle Fragen

sind erlaubt“. Da diskutieren wir dann zwei

Stunden über die Themen, die den Menschen

auf den Nägeln brennen. Und wir starten als

Landesregierung gerade eine Veranstaltungsreihe,

in der wir mit den Bürgerinnen und Bürgern

darüber sprechen wollen, wie unser Land

2030 aussehen soll.

Dietmar Woidke: Indem man einfach

zeigt, dass Demokratie funktioniert. Demokratie

funktioniert dann, wenn die Menschen das

Gefühl haben, dass ihre Sorgen und Probleme

von der Politik nicht nur ernst genommen

werden, sondern dass es auch Lösungen

gibt. Es ist beispielsweise notwendig, dass

wir in Deutschland eine andere, eine höhere

Entscheidungsgeschwindigkeit bekommen. Bei

Ansiedlungen haben wir eine hohe Dynamik.

Aber wir haben oft viel zu lange Planungszeiten

beim Infrastrukturausbau. Das macht mir große

Sorgen. Die Dynamik, die in vielen Bereichen

herrscht, lässt sich nicht mehr mit den oft viel

zu langen Genehmigungszeiten synchronisieren.

Eine dauerhafte Auseinanderentwicklung

von Dynamik und Entscheidungsfindung

wäre für Deutschland schädlich.

Die Mehrzahl der Bürger Ihres

Landes hat durch den auf die deutsche

Wiedervereinigung folgenden

wirtschaftlichen Strukturwandel

(zwangsläufig) Transformationserfahrungen

gesammelt. Was

glauben Sie, sind die Ostdeutschen

aufgrund dieser Transformationserfahrungen

besser für die

Herausforderungen der Zukunft

gerüstet als die Bürger als den

Altbundesländern?

Reiner Haseloff:

Es gibt einige grundlegende

Erfahrungen, die wir gesammelt haben

und die sicherlich bleiben: Man kann mit sehr

viel weniger leben, als wir das heute tun. Eine

Wettbewerbsgesellschaft bedeutet, dass man

ausgelesen wird, wenn man sich nicht weiterentwickelt

und gegenhalten kann. Unternehmen

können bankrottgehen und schließen, aber

man fällt deshalb in Deutschland dennoch nicht

durchs soziale Netz. Es kommt allerdings noch

etwas dazu, das mit der Untergangserfahrung

und dem Systembruch zusammenhängt: Es

gibt ein Frühwarnsystem und eine Sensibilisierung

dafür, zu reagieren, wenn globale und exis-

WIR HABEN ALLEN GRUND

STOLZ ZU SEIN AUF DIE VIELEN

DINGE, DIE IN DEN VERGANGENEN

DREI JAHRZENTEN AUCH HIER

IM FREISTAAT BEREITS

GELUNGEN SIND.

Michael Kretschmer

Foto: Sächsische Staatskanzlei


30

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT WIRTSCHAFT+MARKT 51

tenzbedrohende Probleme entstehen. Etwa bei

der Migrationsfrage. Wo die Befürchtung bei

vielen Menschen entstanden ist, dass man all

das, was man sich in den zurückliegenden drei

Jahrzehnten mühsam aufgebaut hat, plötzlich

wieder infrage gestellt wird. Die Menschen

hier wünschen sich keine neuen gesellschaftlichen

Experimente. Die Herausforderungen,

die entstehen, sollen nicht unkontrolliert und

nicht ohne ständige Steuerungsmöglichkeit

des Staates zugelassen werden. Die Politik ist

gefordert, die Probleme, die sich aus dieser

Stimmung ergeben, zu lösen.

Michael Kretschmer: Im Freistaat gibt

es eine lange Tradition und eine gelebte

Praxis, auch in schwierigen Zeiten zusammenzustehen,

wieder aufzustehen und

nach vorne zu schauen. Dass dies so ist, hat

sicherlich auch mit den Erfahrungen und auch

schmerzhaften Brüchen nach der Wiedervereinigung

zu tun. Digitalisierung und Strukturwandel

stellen uns heute vor neue Herausforderungen,

bieten aber auch Chancen. Die

müssen wir jetzt nutzen. Sachsen hat die

Möglichkeiten und vor allem die Menschen

mit all ihren Erfahrungen, ihrem Wissen und

Können, um unser Land weiter nach vorn zu

bringen. Hier bei uns gab es schon immer

einen großen Erfinder- und Machergeist,

eine unglaubliche Kraft und Zuversicht. All

das hilft uns auch in schwierigen und durch

schwierige Zeiten.

Michael Müller: Unbestreitbar ist die

Erfahrung da, wie man mit Brüchen im Leben

und in der Erwerbsbiografie umgeht. Und

wie man voller Mut wieder durchstartet.

Die Ostdeutschen haben bewiesen, dass

sie das können. Es gibt viele Menschen in

Ostdeutschland, die gezeigt haben, dass sie

flexibel sind, dass sie neu lernen, dass sie

sich weiterbilden, sich auf neue Situationen

einstellen können. Und dieses Potenzial und

diese Lebenserfahrungen werden in Unternehmen

durchaus registriert und geschätzt.

Bodo Ramelow: Ich halte nichts davon,

Ost und West gegeneinander auszuspielen.

Denken Sie zum Beispiel an das Ruhrgebiet

oder meine Geburtsregion Osterholz-Scharmbeck,

auch dort wurden zum Teil sehr harte

Transformationserfahrungen gemacht. Viel

wichtiger ist jetzt eine intensivere Zusammenarbeit

zwischen den Regionen, die vor

ähnlichen Aufgaben stehen. Auf diese Weise

können wir voneinander lernen und Herausforderungen

besser gestalten! Wichtig ist die

Solidarität der Bundesländer untereinander

und die Kooperation mit dem Bund.

Manuela Schwesig: Das ist eine

interessante Überlegung. Ich glaube

aber, dass man das nicht pauschal beantworten

kann. Mecklenburg-Vorpommern

und die anderen ostdeutschen Länder

haben gute Zukunftschancen. Und da

ist es sicher hilfreich, dass die Menschen

hier kräftig anpacken und sich durch

Rückschläge und Umstellungen nicht

entmutigen lassen.

Dietmar Woidke: Ich glaube vor allem,

dass es gut wäre, wenn wir in ganz

Deutschland aus den Erfahrungen lernen

und Fehler, die es damals gegeben hat,

nicht wiederholen. Die Ostdeutschen

haben gezeigt, dass sie schwere Zeiten

überstehen und meistern können. Diese

Erfahrungen muss man nutzen. Denn die

Transformationsprozesse sind nicht vorbei

mit der Deutschen Einheit. Sie laufen momentan

mit einer Geschwindigkeit wie nie

zuvor. Die Industrie verändert sich massiv,

wenn ich nur an die Automobilindustrie und

die Herausforderungen der Elektromobilität

oder an die branchenübergreifende Digitalisierung

denke. Wichtig ist, die Menschen

auf diesem Weg mitzunehmen, ehrlich zu

ihnen zu sein und Perspektiven für sie zu

schaffen.

30

JAHRE

DEUTSCHE

EINHEIT


52

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

Olaf Scholz und Frank Nehring.

Peter Altmaier und Anne-Marie Desĉotes.

OSTDEUTSCHLANDS ZUKUNFT

NACH DER CORONA-KRISE

Ostdeutsches Wirtschaftsforum findet in diesem Jahr zum 5. Mal statt

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum (OWF), das

auf Grund der Corona-Krise verschoben werden

musste und nunmehr am 21. und 22. September

2020 in Bad Saarow stattfindet, feiert in diesem

Jahr ein kleines Jubiläum: Es wird bereits zum

5. Mal ausgerichtet. Seit 2016 hat sich das Spitzentreffen

von in Ostdeutschland agierenden

Unternehmern, einflussreichen Managern, führenden

Politikern aus Bund und Ländern sowie

renommierten Vertretern aus Wissenschaft

und Medien zu einem Ereignis von nationaler

Relevanz entwickelt. Das OWF richtet den Blick

konsequent nach vorn. In den Debatten geht

es weniger um das tagtägliche Geschäft von

Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, sondern

um die Zukunft des Wirtschaftsraumes

Ostdeutschland. Diese zukunftsorientierte

Perspektive hat dem OWF den anerkennenden

Beinamen „Davos des Ostens“ eingetragen.

Das diesjährige OWF findet nicht nur im Jubiläumsjahr

der Deutschen Einheit statt, sondern

zugleich unter wirtschaftlich und gesellschaftlich

schwierigen Rahmenbedingungen, wie

sie Deutschland noch nie seit dem Ende des

Zweiten Weltkrieges erlebt hat. Die Corona-Krise

hat nicht nur die Wirtschaft und das Leben in

den neuen Ländern, sondern weltweit massiv

beeinflusst. Daher wird sich das OWF intensiv

mit den Auswirkungen der Corona-Krise auf die

Wirtschaft befassen und zugleich die zentrale

Zielstellung des jährlichen Ost-Gipfels im Blick

behalten – die Zukunft Ostdeutschlands.

Foto: W+M


POLITIK WIRTSCHAFT+MARKT

53

Veranstaltungsort Bad Saarow aus der Vogelperspektive.

„Seien Sie dabei, wenn sich einmal im Jahr die Spitzen

der ostdeutschen Politik und Wirtschaft in exklusiven

Runden in einer der schönsten Landschaften Deutschlands

treffen. Wir sind stolz auf den Beinamen, den

man unserem OWF.Zukunft gab: Davos des Ostens.“

Frank Nehring, Veranstalter OWFZUKUNFT

Dietmar Woidke

im Pressegespräch.

Michael Müller wird von Karsten Hintzmann begrüßt.

Foto: W+M


54

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

BAD SAAROW – TREFFPUNKT

DER WICHTIGSTEN ENTSCHEIDER

Gleich im Premierenjahr 2016 begriff man in

der Bundesregierung, dass sich das OWF zu

einer Plattform für ostdeutsche Entscheider

aus allen neuen Ländern entwickeln

würde. So etwas gab es bis dato noch nicht.

Entsprechend stark war seinerzeit die

bundespolitische Präsenz. Der damalige

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel

(SPD) kam bereits am Eröffnungstag in

den märkischen Kurort und stellte sich

geduldig den Fragen der 130 Unternehmer

und Firmenlenker. Tags darauf appellierte

die damalige Bundesforschungsministerin

Johanna Wanka (CDU) an die Kreativität der

ostdeutschen Mittelständler und versprach

zusätzliche Unterstützung im Bereich von

Forschung und Entwicklung. Die Ministerpräsidenten

Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt)

und Dietmar Woidke (SPD,

Brandenburg) sowie Berlins Regierender

Bürgermeister Michael Müller (SPD) zählten

zu den ranghöchsten Repräsentanten der

ostdeutschen Länder. Seither steht das

OWF als Pflichttermin in den Kalendern der

ostdeutschen Regierungschefs und aller

Wirtschaftsminister.

Zwei Jahre später, im November 2018, wandte

sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

mit einem Grußwort an die OWF-Teilnehmer:

„Die ostdeutsche Wirtschaft hat einen hohen

Anteil daran, dass Deutschland gesamtwirtschaftlich

gut dasteht. Das haben wir – neben

einer beeindruckenden Forschungslandschaft

– vor allem dem breit aufgestellten Mittelstand

zu verdanken.“ Dazu zähle auch eine

Reihe Weltmarktführer, hob die Kanzlerin hervor.

„Ob es um Mikroelektronik, Elektromobilität,

Leichtbau oder andere wichtige Branchen

geht, für die Bundesregierung ist die Stärkung

solcher Kompetenzfelder ein vorrangiges

Anliegen.“ Die Bundeskanzlerin unterstrich

die Bedeutung des Davos des Ostens: „Mit der

dritten Auflage ist das Ostdeutsche Wirtschaftsforum

auf dem besten Weg, sich als

wichtige Diskussionsplattform zu etablieren.“

Mittlerweile hat sich der handverlesene

OWF-Teilnehmerkreis Schritt für Schritt

erweitert. Im vergangenen Jahr zählten die

Veranstalter mehr als 300 Gäste. Ganz offenkundig

hatte das zentrale Motto „Zeitenwende

- wo die Zukunft Ostdeutschlands liegt“ starke

Zugkraft. Vizekanzler und Bundesfinanzminister

Olaf Scholz (SPD) ließ es sich nicht nehmen,

zum Auftakt über die Herausforderungen der

Energie- und Mobilitätswende zu referieren.

Im Zusammenhang mit dem beschlossenen

Kohleausstieg erläuterte Scholz Einzelheiten

des von der Bundesregierung aufgelegten

Sofortprogramms für den Strukturwandel.

Am Folgetag debattierte Bundeswirtschaftsminister

Peter Altmaier (CDU) mit Unternehmern

und Führungskräften mittelständischer

Firmen aus den neuen Ländern über die von

ihm konzipierte Industriestrategie.

Seinerzeit konnte niemand ahnen, dass

die ganze Welt nur wenige Monate später

urplötzlich vor gewaltigen Problemen stehen

würde – ausgelöst durch das Corona-Virus.

Jetzt gilt es, die größte Herausforderung seit

dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu meistern

– in Deutschland, Europa und der ganzen

Welt. Das OWF im Jahr 2020 wird ganz speziell

darauf fokussiert sein, Lösungen für den ostdeutschen

Wirtschaftsraum zu finden.

Karsten Hintzmann

Foto: W+M, Bundespresseamt


POLITIK WIRTSCHAFT+MARKT 55

OWF-Finale 2018.

Mit Grußbotschaft beim OWF: Angela Merkel.

Peter Altmeier.

Frank Nehring und Olaf Scholz.

Reiner Haseloff im Interview.

Foto: XXX


56

WIRTSCHAFT+MARKT

POLITIK

WIE SIEHT DIE

STROMVERSORGUNG

IM JAHR 2038 AUS?

Debattenbeitrag von Dr. Alexander Montebaur, Vorstandsvorsitzender

des Energiedienstleisters E.DIS AG

MMit einer Zukunftsprognose über 18 Jahre ist

es so eine Sache. Denn niemand kann seriös die

Zukunft über einen solchen Zeitraum voraussehen.

Gleichwohl gibt es Einflüsse, die die Richtung

definieren. Die großen Stichworte für die

Stromversorgung sind Dekarbonisierung, Dezentralisierung

und Digitalisierung. Bis 2038 soll

das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland vom

Netz gehen (Stromanteil heute: 28 Prozent). Aus

der Kernenergie werden wir bereits Ende 2022

ausgestiegen sein (heute: 12 Prozent). Dieser

Strom sowie die dahinterstehende gesicherte

Leistung sollen zum großen Teil durch erneuerbare

Energien ersetzt werden. Ist das realistisch?

Werfen wir einen Blick 18 Jahre zurück. Im

Jahr 2002 trugen die Erneuerbaren acht Prozent

zur deutschen Stromversorgung bei – heute

sind es 40. Ziel der Bundesregierung ist es, bis

2040 den Anteil auf 65 Prozent zu erhöhen. Ist

das Ziel also ambitioniert, aber schaffbar?

Wie beim Marathon gilt auch hier, die zweite

Hälfte wird schwieriger, und es wird sich

zeigen, wer trainierter Laie und wer Profi ist.

Dr. Alexander Montebaur.

Ein Blick in das Netzgebiet der E.DIS – von der

Ostseeküste bis zum oberen Spreewald – hilft.

Wir sind bei der Stromwende mit einem Grünstromanteil

von 126 Prozent bereits in der

Zukunft. Die Region ist aber durch ihre dünne

Besiedlung, gute Bedingungen für Windparks

und großflächige Photovoltaik-Anlagen (PV)

und einem geringen Stromabsatz nicht repräsentativ

für Deutschland. Es zeigt sich zugleich

jedoch auch, dass der Wind- und PV-Strom

den Strombedarf nicht zu jedem Zeitpunkt im

Jahr deckt. Denn zu jeder dritten Stunde im

Jahr ist die Region auf Stromimporte angewiesen

– Stichworte sind hier Einspeisemanagement

und Regelenergie. Letztere stammt

heute aus konventionellen Großkraftwerken –

noch vor allem aus dem In-, aber auch bereits

aus dem Ausland.

Einen Beitrag für den zwingend notwendigen

Gleichklang von Angebot und Nachfrage kann

die Digitalisierung leisten. Stromnetze müssen

sich zu digitalen Energiewende-Plattformen

entwickeln. Bausteine sind zum Beispiel intelligente

Ortsnetzstationen und Messsysteme.

Mit den Daten lässt sich das Netz besser steuern,

messen und überwachen, und Verbraucher

können als Flexibilitäten genutzt werden. So

wird ein Fokus in der Zukunft auch darauf

gerichtet sein, wie sich der Beitrag von Data

Analytics, Big Data, Blockchain und Co. für die

Energiewirtschaft entwickeln wird.

Auch wenn – wie gesagt – langfristige Entwicklungen

nur begrenzt voraussehbar sind,

bezweifle ich, dass Laststeuerung alleine

ausreicht. Ich sehe die Frage einer in 2038

rund um die Uhr gesicherten Stromversorgung

in Deutschland als ungelöst. Wenn wir künftig

nicht dauerhaft in enormen Größenordnungen

vom Stromimport abhängig sein wollen, benötigen

wir Realismus und konkrete Lösungsansätze.

Beides gibt es derzeit im politischen

Gesamtbild nicht in ausreichendem Maße.

Nach heutigem Stand kommt dem Energieträger

Erdgas für die Versorgungssicherheit

eine zentrale Rolle zu. Um eine wirtschaftliche

Gasnetzinfrastruktur in der Fläche, auch für

eine etwaig künftige anteilige Wasserstoffversorgung,

zu erhalten, sind die Regulierungsbeziehungsweise

Investitionsbedingungen

anzupassen.

Wir brauchen zudem einen ehrlichen gesellschaftlichen

Diskurs über die Verteilung der

Lasten der Energiewende. Wir erleben derzeit

eine Entsolidarisierung zwischen Stadt und

Land. Die Netzkosten und die Vor-Ort-Belastung

durch die Präsenz der Erneuerbaren sind

ungleich verteilt. Eine bundesweite Angleichung

der Kosten beziehungsweise des Ausbauniveaus

sollte politisch angestrebt werden.

Hierzu gehört auch, dass Energiewirtschaft

und Politik gemeinsam in der Verantwortung

stehen, vor Ort für Akzeptanz zu werben. Wir

brauchen zudem Anreize für Ansiedlungen

von Unternehmen mit großem Strombezug in

Netzgebieten mit überdurchschnittlich vielen

Wind- und PV Anlagen – Stichwort Tesla.

Schließlich sollten die genehmigungstechnischen

Rahmenbedingungen stärker mit den

energiepolitischen Zielen korrespondieren.

Kurzum: Damit Deutschland Energiewendeprofi

wird, muss der Trainingsplan im politischen

Berlin deutlich erweitert werden.

Foto: E.DIS AG


OSTDEUTSCHES WIRTSCHAFTSFORUM

WFZUKUNFT

OWFZUKUNFT 2020

Neuer Termin

21./22.09.2020

DAS ZUKUNFTSTREFFEN DER

OSTDEUTSCHEN WIRTSCHAFT

MITVERANSTALTER

MITVERANSTALTER

Institut

Niederlassung Dresden

Ostdeutscher

Bankenverband

W+M

WIRTSCHAFT+MARKT

Chemnitz

Ostbrandenburg

EUROPAS ERSTES ERLEBNISWEINGUT

W+M

WIRTSCHAFT+MARKT

LeipzigerEnergie

W+M

WIRTSCHAFT+MARKT

W+M

WIRTSCHAFT+MARKT

BAD SAAROW 21./22.09.2020

www.ostdeutscheswirtschaftsforum.de


58

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

VON MATTHIAS SALM

Nur 16,1 Prozent der kleinen und

mittleren Unternehmen in Deutschland

werden von Frauen geführt.

Auch in den ostdeutschen Bundesländern

sind Frauen in Chefsesseln

eher eine Ausnahme. Dabei gibt

es zwischen Ostsee und Erzgebirge

viele leuchtende Vorbilder.

WIRTSCHAFT+MARKT stellt sie vor:

30 ambitionierte Gründerinnen,

erfolgreiche Mittelständlerinnen und

führungsstarke Managerinnen.

VVon den rund 3,81 Millionen mittelständischen

Betrieben in Deutschland werden 16,1

Prozent von einer Frau geführt. Das belegt

eine aktuelle Auswertung des KfW-Mittelstandspanels

mit Zahlen für das Jahr 2018.

Immerhin: Der Trend war zuletzt positiv, der

Zuwachs rührte vor allem aus einer gestiegenen

Zahl an Gründerinnen. Noch aber herrscht

Aufholbedarf und ein starkes Gefälle zwischen

den Branchen: Etwa 85 Prozent der Chefinnen

hierzulande sind Dienstleisterinnen, seltener

finden sich Frauen an der Führungsspitze im

Maschinenbau, in der Medizintechnik oder in

pharmazeutischen Betrieben. Der Schwerpunkt

im Dienstleistungssegment – etwa im

Tourismus, in der Aus- und Weiterbildung oder

im Gesundheitswesen – erklärt wiederum

auch regionale Unterschiede. Laut KfW liegt

so beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern

mit einem Anteil von 27 Prozent frauengeführter

KMU bundesweit an zweiter Stelle

(hinter Schleswig-Holstein). Sachsen folgt an

dritter Stelle (22 Prozent). Berlin (13 Prozent)

und Thüringen (12 Prozent) bilden dagegen die

Schlusslichter im Bundesvergleich.

Starke Frauen finden sich in Ostdeutschland

aber dennoch in allen Branchen: Es sind

Wendekinder, die sich für die Selbstständigkeit

entschieden haben, es ist die junge

Unternehmerinnengeneration der nach 1990

Geborenen, es sind mutige Nachfolgerinnen in

Familienunternehmen, Rückkehrerinnen und

Zugezogene, die hier ihre unternehmerische

Heimat gefunden haben. W+M stellt 30 von

ihnen vor:

Foto: vinzstudio – stock.adobe.com


30

UNTERNEHMERINNEN WIRTSCHAFT+MARKT 59

Fotos: Molkerei Naturprodukt GmbH Rügen, eingebrand.

Die Gründerin der Inselfrische

Dr. Sylva Rahm-Präger

Geschäftsführerin Molkerei

Naturprodukt GmbH Rügen

Ort:Poseritz

Branche:Lebensmittel

Es ist eine Geschichte vom Mut in unsicheren

Zeiten: Mitte der 1990er-Jahre, für viele

Ostdeutsche eine berufliche wie private Umbruchphase,

gründete Dr. Sylva Rahm-

Präger die Molkerei Naturprodukt GmbH Rügen

in Poseritz. Für die alleinerziehende Mutter

eine Rückkehr in die Heimat – die eigentlich im

sächsischen Riesa geborene Unternehmerin,

Jahrgang 1960, war schon als zweijähriges Kind

an die Ostsee gezogen, wo ihre Großeltern als

Leuchtturmwärter auf der Greifswalder Oie

arbeiteten. Und auf Rügen wollte sie nach ihrem

Studium der Agrarwissenschaft in Ost-Berlin

auch ihre Tochter Caroline aufwachsen sehen.

Auf dem Gelände einer stillgelegten Schweinezuchtanlage

nahm die Rügener Molkerei 1998

ihre Produktion auf. „Die Gründerjahre waren

prägend“, erklärt Sylva Rahm-Präger rückblickend.

Rund fünf Jahre dauerte es, bis sich die

Produkte in der Region etabliert hatten, heute

beliefern die Poseritzer auch Handelsketten

in Berlin und Brandenburg. Ein Erfolg, für den

auch die mittlerweile 16 Angestellten stehen

– von Beginn an gab Sylva Rahm-Präger vor

allem arbeitslosen Frauen auf Rügen eine

berufliche Perspektive.

„Wir sind immer in kleinen Schritten gewachsen

und haben unsere Produktion nach fast

22 Jahren vervierfacht“, so die heutige Bilanz

der Rügenerin, deren Molkerei für naturbelassene

Produkte wie Joghurt, Quark oder

Buttermilch bekannt ist. Aber auch Desserts,

Kräuterfrischkäse und Käsebällchen gehören

unter dem Namen „Rügener Inselfrische“ zur

Produktpalette. Als Vorstandsmitglied des

Rügen-Produkte-Vereins ist Rahm-Präger

regelmäßig als Botschafterin für die Qualitätsprodukte

von Deutschlands bekanntester Insel

im Einsatz. Darüber hinaus leitet sie in Mecklenburg-Vorpommern

die Strategiegruppe

„Ernährung für die Gesundheit“ im Kuratorium

Gesundheitswirtschaft.

Dr. Sylva

Rahm-Präger

Die Netzwerkerin aus Magdeburg

Janine Koska

Geschäftsinhaberin von eingebrand.

Agentur für Markenkommunikation

Ort:Magdeburg

Branche:Kommunikation

Janine Koska hat in Magdeburg die bundesweit

arbeitende Agentur eingebrand. gegründet.

Ihre besondere Kompetenz: der Aufbau und

die Führung von Arbeitgebermarken, insbesondere

über Social Media. Zu den Kunden

zählen etwa Aurora Deutschland, Fraunhofer

sowie verschiedene Ministerien des Landes

Sachsen-Anhalt.

Doch die 37-Jährige ist nicht nur Medien- und

PR-Profi, sie wirbt auch unablässig für ihre

Heimatstadt. Koska ist Magdeburgerin mit

Leib und Seele. Nach ihrem Abschluss als

Diplom-Medienwirtin an der Hochschule

Magdeburg-Stendal 2007 ging es für Janine

Koska zwar erst einmal Richtung Hannover

– als Presseverantwortliche einer amerikanischen

Bank –, doch nach Stationen im

In- und Ausland entschied sie sich bewusst

für eine Rückkehr an die Elbe. Hier wirkt sie als

leidenschaftliche Netzwerkerin. So gehört sie

zu den Initiatoren der Jobmesse „hierbleiben“,

arbeitet im Vorstand der Wirtschaftsjunioren

Magdeburg und engagiert sich im Verein „Pro

Magdeburg e.V.“, einer Initiative von Unternehmen

für das Magdeburger Stadtmarketing.

Ihre Erfahrungen in jungen Jahren mit den

gesellschaftlichen Umbrüchen in Ostdeutschland

sieht sie heute als Vorteil: „Wer sie erlebt

hat, ist flexibler und weniger dogmatisch.“ Die

ZEIT reihte Koska jüngst unter die wichtigsten

100 jungen Ostdeutschen ein – neben illustren

Namen wie Fußballstar Toni Kroos oder den

erfolgreichen Rostocker Rapper Materia.

30 UNTERNEHMERINNEN

1. JULIANNE BECKER

2. DR. UTE BERGNER

3. JUDITH BOROWSKI

4. STEPHANIE BSCHORR

5. NICOLE EGGERT

6. CLAUDIA FRESE

7. ANJA FRITZ

8. DR. CAROLIN GABOR

9. DR. PETRA GÖRING

10. KERSTIN HANSMANN

11. KATJA HILLENBRAND

12. DR. TINA KLÜWER

13. ALEXANDRA KNAUER

14. GABRIELE KÖNTOPP

15. DR. HANNA KÖPCKE

16. SILVIA KOHLMANN

17. JANINE KOSKA

18. DR. BEATRICE KRAMM

19. TIFFANY LA

20. JANET LANGE

21. MONIKA LELONEK

22. SABINE MASSMANN

23. GOEDELE MATTHYSSEN

24. JANINA MÜTZE

25. DR. SYLVA RAHM-PRÄGER

26. CARINA RÖLLIG

27. SONJA SCHILG

28. CHRISTIANE SEITZ

29. JULIANNE UTZ-PREUSSING

30. BIANCA ZORN

Janine

Koska


60

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

Dr. Tina

Klüwer

Eine Unternehmerin im Landtag

Dr. Ute Bergner

Geschäftsführerin der VACOM Vakuum

Komponenten & Messtechnik GmbH

Ort: Großlöbichau

Branche: Maschinenbau

Mit gerade einmal zwei Mitarbeitern begann

1992 die Erfolgsstory der VACOM Vakuum Komponenten

& Messtechnik GmbH. Heute arbeiten

rund 300 Beschäftigte für den Vakuumtechnik-Spezialisten

aus dem bei Jena gelegenen

Großlöbichau. Die wachsende Kundennachfrage

nach innovativen Lösungen führte schon bald

nach der Gründung zum Aufbau eigener Fertigungskapazitäten.

Und rasant ging es weiter:

Mit dem Bau eines eigenen Produktionsgebäudes

in Großlöbichau startete 2007 die Fertigung

komplexer Bauteile. Ab 2009 unterhält das

Unternehmen eine eigene Forschungsabteilung.

2019 wurde eine nach Industrie-4.0-Maßstäben

errichtete neue Fertigungshalle in Betrieb

genommen. Heute gehören die weltweit

Dr. Ute

Bergner

exportierenden Thüringer zu den führenden

europäischen Anbietern für Vakuumtechnik.

Hinter all dem steht die Physikerin Dr. Ute Bergner.

Geboren 1957 in Jena promovierte Bergner

1987 an der heimischen Friedrich-Schiller-Universität.

Ihre Leistung wurde bereits vielfach

gewürdigt: Sie wurde als Unternehmerin des

Jahres der Stadt Jena ausgezeichnet und erhielt

den Ernst-Abbe-Preis für innovatives Unternehmertum.

Dem Vorstand des Bundesverbandes

der Mittelständischen Wirtschaft gehört

Bergner ebenso an wie dem Beirat der Stiftung

für Technologie, Innovation und Forschung

Thüringen. Seit 2019 setzt sich die Jenaerin

nun auch in der Politik an höchster Stelle für

den Thüringer Mittelstand ein. Als Mitglied der

FDP-Fraktion zog sie nach der Landtagswahl

im Oktober in den Erfurter Landtag ein.

Die Fachfrau für künstliche

Intelligenz

Dr. Tina Klüwer

Geschäftsführerin der parlamind GmbH

Ort: Berlin

Branche: Künstliche Intelligenz (KI)

Dr. Tina Klüwer (38) hob 2015 als Mitgründerin

in Berlin die parlamind GmbH aus der Taufe.

Sie repräsentiert damit die junge innovative

KI-Szene an der Spree, die eine führende Rolle

bei der Entwicklung von unternehmerischen

Lösungen mithilfe künstlicher Intelligenz spielt.

Vor der Gründung von parlamind arbeitete

Klüwer über zehn Jahre als Wissenschaftlerin

am Deutschen Forschungszentrum für künstliche

Intelligenz und promovierte in Computerlinguistik.

Im September 2018 wurde die

Berliner Unternehmerin als Sachverständige

in die Enquete-Kommission des Bundestages

für künstliche Intelligenz berufen. Seit 2019 ist

Klüwer darüber hinaus Mitglied im Vorstand

des KI-Bundesverbandes.

Die parlamind GmbH offeriert ihren Kunden

Lösungen zur Steigerung der Qualität und

Effizienz im Kundenservice via Chat, E-Mail

und Telefonie. „Unsere Software versteht eingehende

Kundenwünsche autonom und kann

sie entweder vollautomatisch erledigen oder

für die Bearbeitung durch die Kundenservicemitarbeiter

vorbereiten”, erklärt Klüwer. Die

KI-Lösungen der Berliner kommen weltweit

beispielsweise in den Bereichen E-Commerce,

der Energiewirtschaft oder der Logistik zum

Einsatz.

Die Erneuerin der

Meinungs forschung

Janina Mütze

Gründerin und COO der Civey GmbH

Ort: Berlin

Branche: Digitalwirtschaft

Bei Rankings zu jungen Unternehmern der

Zukunft reiht sich Janina Mütze fast immer in

die Liste der Hoffnungsträger ein. 2015 hat sie

das Start-up Civey GmbH in Berlin mitgegründet,

da war sie gerade mal 24 Jahre alt.

Civey entwickelt mit mittlerweile rund 60

Mitarbeitern Tools zu Online-Umfragen. Die

werden beispielsweise auf Nachrichtenseiten

wie „ DER SPIEGEL“ eingebunden und

sollen Umfragen in Echtzeit ermöglichen.

Das Verfahren bleibt nicht ohne Kritik vom

Establishment der Meinungsforscher, die an

der Repräsentativität von Online-Umfragen

zweifeln. Janina Mütze lässt sich davon nicht

beirren. Ihre Kunden setzen nicht zuletzt

deshalb auf die digitale Pionierin, weil es den

klassischen Instituten zunehmend an willigen

oder erreichbaren Teilnehmern für Umfragen

über das Festnetz mangelt.

Janina Mütze ist Mitglied in den Beiräten für

junge digitale Wirtschaft beim Bundesministerium

für Wirtschaft und Energie sowie für

Fotos: Arlene Knipper (links), parlamind GmbH (oben)


30

UNTERNEHMERINNEN WIRTSCHAFT+MARKT 61

Sabine Maßmann,

Dr. Hanna Köpcke,

Carina Röllig

Fotos: Webdata Solutions GmbH, Civey GmbH, Bürgschaftsbank Brandenburg

Janina

Mütze

Gründungen an der Hochschule für Technik und

Wirtschaft in Berlin. Als früheres Vorstandsmitglied

im Bundesverband Deutsche Startups

e.V. hat sie zudem ein besonderes Anliegen

verfolgt: die Gründerszene hierzulande weiblicher

zu machen.

Das IT-Trio, das blackbee erfand

Carina Röllig, Sabine Maßmann,

Dr. Hanna Köpcke

Geschäftsführerinnen der

Webdata Solutions GmbH

Ort: Leipzig

Branche: IT

Frauen in Führungspositionen gelten für viele

in der IT-Branche immer noch als Besonderheit.

Die Ansicht mag mittlerweile überholt

sein. Drei Frauen, die gemeinsam ein IT-Unternehmen

gründen, sind aber nach wie vor eine

Seltenheit.

Carina Röllig, Sabine Maßmann und Dr. Hanna

Köpcke hat das aber nicht davon abgehalten,

vor acht Jahren in Leipzig ihre Kräfte

zu bündeln. Ihr Unternehmen, die Webdata

Solutions GmbH, entwickelte die innovative

Business-Intelligence-Technologie blackbee,

mit der sich die Leipzigerinnen als Experten

für Preisüberwachung, Preismanagement

und Online-Marktforschung etabliert haben.

Die Webdata Solutions GmbH sammelt online

weltweit Produkt- und Preisdaten, analysiert

diese und strukturiert sie als Entscheidungsgrundlage

für Unternehmen. In ihrer selbst

entwickelten Plattform-Technologie sehen

die drei Gründerinnen den entscheidenden

Wettbewerbsvorteil. „Zwar haben wir heute

die Möglichkeit, viele Daten zu sammeln, doch

daraus lassen sich noch keine Informationen

gewinnen. Erst durch die Aufarbeitung und

Auswertung – mit blackbee – lässt sich Big

Data nachhaltig nutzen“, erklärt Sabine Maßmann

den Erfolg. Der rührt aber nicht zuletzt

auch daher, dass das Trio als Team, das sich in

seinen Kompetenzen ideal ergänzt, bestens

harmoniert.

Entstanden ist Webdata Solutions aus einem

Forschungsprojekt an der Universität Leipzig.

Die Geschäftsführerin Carina Röllig hat an der

TU Dresden Betriebswirtschaftslehre studiert,

Sabine Maßmann, CIO des Unternehmens,

in Rostock und Leipzig Informatik, Dr. Hanna

Köpcke (CTO) absolvierte in Dortmund ein

Informatikstudium, bevor sie an der Uni Leipzig

promovierte. Sie wirkt zudem als Expertin für

Object Matching, Machine Learning und Data

Mining im Lenkungsausschuss „Lernende

Systeme“ des Bundesministeriums für Bildung

und Forschung mit.

Die Bankerin für Brandenburgs

Mittelstand

Gabriele Köntopp

Geschäftsführerin Bürgschaftsbank

Brandenburg

Ort: Potsdam

Branche: Finanzwirtschaft

Seit 2009 nimmt Gabriele Köntopp ihren Platz

in der Geschäftsführung der Bürgschaftsbank

Brandenburg ein. Vor ihrem Wechsel nach

Potsdam hat Köntopp eine langjährige Laufbahn

in der Bankenwelt absolviert, begonnen

mit der Ausbildung zur Bankkauffrau bei der

Berliner Bank und einem parallel zum Beruf

abgeschlossenen Studium zur Bank-Fachwirtin.

Im Mai 2008 entschloss sich Köntopp

zum Wechsel in die Brandenburger Bürgschaftsbank

und damit auch für eine direktere

Zusammenarbeit mit Unternehmern, wie sie

selber den Wechsel beschrieb.

Gabriele

Köntopp


62

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

Julianne

Utz-Preußing (l.)

& Nicole Eggert

Das Doppel, das die Familientradition

fortsetzt

Nicole Eggert, Julianne Utz-Preußing

Geschäftsführerinnen PALMBERG

Büroeinrichtungen + Service GmbH

Ort: Schönberg

Branche: Möbel

Janet

Lange

Während etliche Betriebe der DDR mit dem Fall

der Mauer an Investoren aus dem Westen gingen,

rettete 1990 der damalige technische Leiter

Uwe Blaumann per Management-Buyout

die Möbelproduktion in Schönberg. 1991 wurde

die Produktion auf Büromöbel umgestellt

und damit eine erfolgreiche Zukunft eingeläutet.

Seit 2017 stehen neben Geschäftsführer

Uwe Blaumann nun auch dessen Tochter

Nicole Eggert sowie Julianne Utz-Preußing,

Tochter des verstorbenen PALMBERG-Gesellschafters

Torsten Utz, als geschäftsführende

Gesellschafterinnen mit in der Verantwortung.

Das Familienunternehmen mit Firmenstandorten

in Schönberg und Rehna gehört heute zu

den größten Büromöbelherstellern in Europa.

Sowohl Nicole Eggert als auch Julianne

Utz-Preußing können sich heute noch gut

an den Zeitpunkt erinnern, als ihre Väter die

Nachfolge regeln wollten. Beide waren mit

dem Unternehmen seit Kindertagen vertraut.

Nicole Eggert: „Ich wusste, dass schon erste

Verkaufsgespräche geführt worden waren

und Interesse am Kauf des Unternehmens

von externer Seite bestand. Allerdings hätten

die Interessenten das Unternehmen nicht in

unserem Sinne weitergeführt.“ Ähnlich ging

es Julianne Utz-Preußing. „Auch ich wusste

bereits, dass es Verkaufsgespräche rund um

die Firma PALMBERG gab. Mein erster Impuls

damals - Nein, das darf nicht passieren!“.

Beide entschieden, dass das Unternehmen

in Familienhand bleiben müsse. Gemeinsam

wollen sie nun die Traditionen von PALMBERG

wahren und zugleich mit eigenen Vorstellungen

und Ideen neue Impulse setzen.

Dr. Carolin

Gabor

Die Managerin der Fintech-Szene

Dr. Carolin Gabor

CEO Joonko AG

Ort: Berlin

Branche: Finanzwirtschaft

An Karrierestationen in der Finanzbranche

und Internet-Szene mangelt es in der beruflichen

Biographie von Dr. Carolin Gabor (42)

wahrlich nicht. Jüngstes Kind: das Finanzportal

Joonko. Hier ist Gabor Mitgründerin und CEO.

Das Finanzportal hilft Verbrauchern, einfach

und schnell die für sie passenden Finanz- und

Versicherungsprodukte zu finden. Carolin

Gabor selbst bringt reichlich Know-how in das

Start-up ein, u. a. als frühere Geschäftsführerin

von Toptarif und Autohaus24. Beim Company-Builder

Finleap hat die studierte Betriebswirtin

die Idee zu Joonko mitentwickelt. Darüber

hinaus setzt sie sich für mehr weibliche

Führungskräfte in der Finanzwirtschaft ein.

Fotos: PALMBERG Büroeinrichtungen + Service GmbH (oben), Daniel Anger (Mitte), Joonko AG (unten)


30

UNTERNEHMERINNEN

WIRTSCHAFT+MARKT 63

Starke Frau auf dem Bau

Janet Lange

Geschäftsführerin Heinz Lange

Bauunternehmen GmbH

Ort: Ottendorf-Okrilla

Branche: Bau

Christiane

Seitz &

Tiffany La

Janet Lange (46) führt seit 2013 das in

ihren eigenen Worten „beste Tiefbau- und

Spezialtiefbauunternehmen der Branche

in der Region“. Ihr Stolz kommt nicht von

ungefähr: Die Heinz Lange Bauunternehmen

Fotos: Stefan Hopf (oben); MyHammer Holding AG (Mitte), Anja Fritz (unten)

GmbH in Ottendorf-Okrilla ist mit rund 80

Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber und

vor allem ein führendes Ausbildungsunternehmen

der Branche. Die Sachsen arbeiten

u. a. im Umwelt-/Hochwasserschutz sowie

für Stadtentwässerungen beim Bau von

Entwässerungsbauwerken und Großkanälen.

Dabei hat Janet Langes Vater einst wahrlich

klein angefangen, 1987 mit gebrauchten Maschinen

und zwei Mitarbeitern. Heute führt

Janet Lange an der Seite von Andreas Reck

das Unternehmen – ihre besondere Leidenschaft

in dem familiären Betrieb gehört der

Personalführung.

Eine Führungsfigur der

Digitalwirtschaft

Claudia Frese

CEO MyHammer Holding AG

Ort: Berlin

Branche: Digitalwirtschaft

Das Berliner Unternehmen MyHammer

zählt zu den Urgesteinen der Internet-Wirtschaft.

Vor 15 Jahren startete es als digitaler

Auftragsvermittler für das Handwerksgewerbe

und betreibt das größte Portal für die

Suche nach Handwerkern und Dienstleistern

im Internet sowie die Onlinevergabe von

Handwerks- und Dienstleistungsaufträgen im

deutschsprachigen Raum. Die 1971 geborene

Claudia Frese ist Vorstandsvorsitzende der

MyHammer Holding AG mit Zuständigkeit für

die Bereiche Marketing, Vertrieb und Produkt.

Sie ist eine der wenigen weiblichen Führungsfiguren

in der Digitalwirtschaft.

Anja

Fritz

Das Duo für große Größen

Christiane Seitz und Tiffany La

Gründerinnen Relax Commerce GmbH

Ort: Leipzig

Branche: Digitalwirtschaft

Weil sie auf einer gemeinsamen Shopping-Tour

nur wenig attraktive Mode in Plus-Size-Größen

fanden und auch das Online-Angebot eher

dürftig ausfiel, haben Christiane Seitz (30) und

Tiffany La (26) zur Selbsthilfe gegriffen und

eine Marktlücke gefüllt. Als Mitgründerinnen

der Leipziger Shopping- und Lifestyle-Plattform

Wundercurves konnten sie gemeinsam

mit Stephan Schleuß von ihrer Idee diverse

Investoren überzeugen und unter dem Dach

der Relax Commerce GmbH Deutschlands

größte Plattform für Mode in großen Größen

aufbauen.

Sachsens erste Weingutgründerin

Anja Fritz

Geschäftsführerin Weingut Mariaberg

Ort: Meißen

Branche: Lebensmittel

Anfang der 2000er-Jahre fand Anja Fritz nach

einer siebenmonatigen Weltreise einen neuen

Lebensmittelpunkt in Sachsen. Weil sich, so

Anja Fritz rückblickend, im Osten Deutschlands

noch Dinge bewegen ließen. Was sie

sich damals kaum träumen ließ: Dass sie sich

einmal rühmen darf, als erste Frau in Sachsen

ein Weingut gegründet zu haben. 2004 kaufte

sie das ehemalige Weingut auf dem Mariaberg.

Heute ist Anja Fritz (49) Winzerin, Gästeführerin

und Weinmoderatorin in Personalunion.

Den Mut, 2004 das sanierungsbedürftige

Haus in der Spaargasse zu erwerben und

den Weinberg in Steillage zu bewirtschaften,

würdigten 2019 auch die Juroren des Adelie-

Awards. Bei der Auszeichnung für erfolgreiche

sächsische Unternehmerinnen belegte Anja

Fritz den zweiten Platz.

Claudia

Frese


64

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

Dr. Beatrice

Kramm

Unternehmerin und IHK-Präsidentin

Dr. Beatrice Kramm

Vorsitzende der Geschäftsführung der POLY-

PHON Film- und Fernsehgesellschaft mbH

Ort: Berlin

Branche: Medien

Das Studium der Rechtswissenschaften führte

Dr. Beatrice Kramm (Jahrgang 1965) in die

Hauptstadt. An der Humboldt-Universität

promovierte Kramm, die seit 2014 als Vorsitzende

der Geschäftsführung die Geschicke der

in Adlershof ansässigen POLYPHON Film- und

Fernsehgesellschaft mbH leitet und damit beliebte

Fernsehserien wie das ZDF-Traumschiff

verantwortet. 2016 wurde die langjährige

Kennerin der Berliner Wirtschaft in das Präsidentenamt

der Berliner IHK gewählt. Einst

per Zuteilungsverfahren zum Studium eher

unverhofft in West-Berlin gelandet, ist Kramm

heute überzeugte Hauptstädterin.

Eine Amerikanerin in Brandenburg

Julianne Becker

Geschäftsführerin Dietrich & Kokosnuss OHG

Ort: Bad Belzig

Branche: Dienstleistung

Die Künstlerin, Filmemacherin und Kommunikationsexpertin

Julianne Becker (41) hat

es über Umwege aus Missouri in den Bad

Belziger Ortsteil Klein Glien geführt. Dort

ist sie Mitgründerin des Working Retreats

Coconat. Das lockt gestresste Großstädter

zum Arbeiten, Erholen und Tagen in die

beschauliche brandenburgische Provinz.

Hier können jene, die sich als digitale

Nomaden verstehen, in kreativer Gemeinschaft

konzentriert arbeiten und zugleich die

Natur genießen. Dafür hat Becker mit ihren

Mitstreitern einen alten Gutshof im Fläming

für das digitale Zeitalter ertüchtigt und

weltweite Resonanz erfahren.

Vorzeige-Unternehmerin

im Erzgebirge

Katja Hillenbrand

Vorstandsvorsitzende der Micas AG

Ort: Oelsnitz

Branche: Sensorik

Katja Hillenbrand, Vorstandsvorsitzende der

Micas AG, gründete bereits als junge Mutter

ihr eigenes Unternehmen. Die Micas AG

entwickelt und produziert unter anderem

hochqualitative und innovative Sensoren und

Steuerungen in der Gebäudeautomation. In

der Anfangszeit musste Hillenbrand, die auch

schon zu Sachsens Unternehmer des Jahres

gewählt wurde, ihre Kinder oft zu Geschäftsterminen

mitnehmen. Nicht zuletzt deshalb

richtete sie in ihrem Unternehmen schon 2009

einen Betriebskindergarten und 2013 einen

Hort ein. Die Micas AG gilt so als Vorbild-Unternehmen

in puncto Familienfreundlichkeit.

Julianne Becker

Katja

Hillenbrand

Fotos: Oliver Lang (oben), Julianne Becker, MICAS AG (unten)


30

UNTERNEHMERINNEN WIRTSCHAFT+MARKT 65

Judith

Borowski

Chefdesignerin von Luxusuhren

Judith Borowski

Geschäftsführerin der NOMOS

Glashütte/SA., Glashütte

Branche: Uhren

Die Berliner Kreative begann ihre berufliche

Laufbahn eigentlich als Journalistin, ehe sie

ein persönlicher Kontakt zum NOMOS-Gründer

Roland Schwertner in die Uhrenbranche

führte. Heute leitet sie von Berlin aus die

Markenkommunikation und das Design in

der Nomos-Tochtergesellschaft Berlinerblau.

Regelmäßig pendelt sie aber auch in die Firmenzentrale

nach Glashütte. Rund 300 Mitarbeiter

arbeiten heute für das 1990 gegründete

Unternehmen, das die Tradition der Glashütter

Uhrenmacher fortschreibt.

Führende Membran-

Spezialistinnen aus Halle

Monika Lelonek und Dr. Petra Göring

Geschäftsführerinnen SmartMembranes GmbH

Ort: Halle (Saale)

Branche: Nanotechnologie

Die Familienunternehmerin

aus Stendal

Bianca Zorn

Geschäftsführerin ZORN INSTRUMENTS

GmbH & Co. KG

Ort: Stendal

Branche: Messtechnik

Bianca Zorn steht an der Spitze des hochmodernen

Mess- und Prüfgeräteherstellers

ZORN INSTRUMENTS GmbH & Co. KG in

Stendal. 2017 übernahm sie den Staffelstab

in der Geschäftsführung von ihrem

Vater Bernd Zorn, der das mittelständische

Unternehmen, das hochpräzise Prüf- und

Messinstrumente herstellt, aufgebaut hatte.

Bianca Zorn tauschte damit nach einem Studium

im Wirtschaftsingenieurwesen an der

Hochschule Magdeburg-Stendal ihre Arbeit

im Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und

-automatisierung IFF in Magdeburg gegen

den Chefposten im Familienunternehmen. So

können auch weiterhin Anwender in über 80

Ländern von den technischen Innovationen

aus Stendal profitieren.

Bianca

Zorn

Fotos: NOMOS/Glashütte SA, ZORN INSTRUMENTS GmbH & Co. KG, SmartMembranes GmbH

Entstanden ist ihre Idee zur Firmengründung

auf einem Workshop für Unternehmerinnen

in der Nanotechnologie. Monika Lelonek und

Dr. Petra Göring stellten fest, dass sie an der

Universität Münster bzw. an der Universität

Halle-Wittenberg auf demselben Gebiet

Grundlagenforschung betrieben hatten.

Mit der Gründung der SmartMembranes GmbH

2009 haben sie daraus ein Produkt gemacht:

In der Herstellung von porösen hochgeordneten

Materialien aus Aluminiumoxid und

Silizium mit definiert einstellbaren Membraneigenschaften

und Strukturparametern sind

die Hallenserinnen weltweit führend.

Monika

Lelonek &

Dr. Petra

Göring


66

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

Stephanie

Bschorr

Die Expertin für Steuerfragen

Stephanie Bschorr

Geschäftsführende Gesellschafterin

der HTG Wirtschaftsprüfung GmbH

Ort: Berlin

Branche: Steuerberatung

Weltreisende in Sachen

Umwelttechnologie

Silvia Kohlmann

Geschäftsführerin envitecpro GmbH

Ort: Rostock

Branche: Umwelttechnologie

An der Seite von Angela Merkel und Ivanka

Trump hat man Stephanie Bschorr schon gesehen

– da war sie Präsidentin des Verbandes

deutscher Unternehmerinnen. Doch das eigentliche

Geschäft der studierten Berliner Juristin

ist die Steuer- und Rechtsberatung sowie Wirtschaftsprüfung

aus einer Hand für mittelständische

Unternehmen. Als geschäftsführende

Gesellschafterin der HTG Wirtschaftsprüfung

GmbH und der HTG Rechtsanwaltsgesellschaft

mbH in Berlin und Halle (Saale) steht Stephanie

Bschorr, Jahrgang 1966, seit dem Jahr 2002

rund 100 Mitarbeitern vor.

Silvia

Kohlmann

Botschafterin für sächsischen Wein

Sonja Schilg

Geschäftsführerin Sächsisches Staatsweingut

GmbH Schloß Wackerbarth

Ort: Radebeul

Branche: Lebensmittel

Sonja

Schilg

Inmitten der Radebeuler Weinberge führt seit

2003 Sonja Schilg das Staatsweingut Schloss

Wackerbarth. Hier atmet der Wein seit mehr als

850 Jahren Geschichte. Schloss Wackerbarth

reüssiert seit der Neueröffnung im Jahr 2002

als Erlebnisweingut. Unter der Führung von

Sonja Schilg hat sich das Sächsische Staatsweingut

nicht nur beim Erhalt der Weinkulturlandschaft

Sachsens einen Namen gemacht,

sondern auch eine Position an der Spitze der

deutschen Wein- und Sektwirtschaft erobert.

„Unsere Projekte im Bereich Umwelttechnologie

sind innovativ und nachhaltig. Gemeinsam

mit unseren internationalen Kunden entwickeln

wir Maßnahmen, wie Abfälle getrennt und

besser verwertet sowie erneuerbare Energien

genutzt werden können.“, so beschreibt

Silvia Kohlmann (40), Geschäftsführerin der

envitecpro GmbH in Rostock, ihr weltweit

aktives Unternehmen. 2018 wurde sie zur

Wirtschaftsbotschafterin Mecklenburg-

Vorpommerns ernannt und ist seit mehr als 18

Jahren u. a. in Brasilien, Peru, Kuba und Mexiko

im Projektgeschäft tätig. Kohlmann spricht vier

Sprachen und vernetzt als Geschäftsstellenleiterin

des Umwelttechnologienetzwerkes

enviMV KMU Partner aus der ganzen Welt.

Foto: VdU, Schloss Wackerbarth, envitecpro GmbH


30

UNTERNEHMERINNEN WIRTSCHAFT+MARKT 67

Nachhaltige Produzentin von

Messtechnik

Alexandra Knauer

Geschäftsführerin KNAUER

Wissenschaftliche Geräte GmbH

Ort: Berlin

Branche: Messtechnik

Alexandra

Knauer

Das Familienunternehmen, die von ihren Eltern

Dr. Herbert Knauer und seiner Frau Roswitha

1962 gegründete KNAUER Wissenschaftliche

Geräte GmbH, fertigt in Berlin wissenschaftliche

Hightech-Messinstrumente für

Forschung, Routine-Analyse und Qualitätssicherung.

Die 1966 geborene Alexandra Knauer

wurde 1996 zur Geschäftsführerin ernannt

und führt seit 2000 als Alleininhaberin das

Foto: KNAUER Wissenschaftliche Geräte GmbH, Confiserie Felicitas GmbH, Stephan Floss

weltweit exportierende mittelständische

Unternehmen mit heute 135 Mitarbeitern. Seit

Herbst letzten Jahres engagiert sich KNAUER

im IMPRESS-Forschungsprogramm der EU,

dessen Ziel es ist, die nachhaltige Produktion

wichtiger chemischer Rohstoffe voranzutreiben.

Nachhaltigkeit ist für Alexandra Knauer

von besonderer Bedeutung: „Unternehmerischer

Erfolg und nachhaltiges Handeln

schließen sich nicht aus, davon bin ich fest

überzeugt.“

Eine Chocolatier in der Lausitz

Goedele Matthyssen

Geschäftsführerin Confiserie Felicitas GmbH

Ort: Spremberg

Branche: Lebensmittel

Belgische Pralinenkunst in der Lausitz – dafür

steht Goedele Matthyssen mit der Confiserie

Felicitas GmbH im beschaulichen Hornow. Die

Belgierin hat in dem Spremberger Ortsteil zusammen

mit ihrem Ehemann Peter Bienstman

ein kleines Schokoladenreich aufgebaut, mehr

als 50 Frauen im Handwerk des Chocolatiers

angelernt und Filialen in Dresden und Potsdam

eröffnet. 1992 nahm die Confiserie in einer

leerstehenden LPG-Küche den Betrieb auf.

Seither wächst das Unternehmen beständig.

Matthyssen, 1968 im belgischen Leuven

geboren, wurde bereits zur Unternehmerin

des Landes Brandenburg gekürt und mit dem

Zukunftspreis Brandenburg ausgezeichnet.

2019 erhielten Goedele Matthyssen und Peter

Bienstman den Verdienstorden des Landes

Brandenburg.

Handwerkerin aus Leidenschaft

Kerstin Hansmann

Geschäftsführerin Metall- und Balkonbau

Hansmann GmbH

Ort: Guben

Branche: Metallbau

Seit genau 35 Jahren ist Kerstin Hansmann

(54) als selbstständige Handwerkerin im

Metallbau tätig und seit über 20 Jahren führt

sie die Geschäfte der Metall- und Balkonbau

Hansmann GmbH, seit 2018 in alleiniger

Verantwortung. Für ihre Lebensleistung wurde

sie 2018 als „Unternehmerin des Landes

Brandenburg“ und 2019 als „Selbstständige

Unternehmerfrau im Handwerk“ geehrt.

Die Metall- und Balkonbau Hansmann GmbH

gründete Kerstin Hansmann gemeinsam mit

ihrem Vater 1997 und baute den ursprünglich

kleinen Handwerksbetrieb zu einem modernen

und leistungsstarken Metallbauunternehmen

mit über 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

aus – spezialisiert auf die Entwicklung und

Produktion von Aluminiumbalkonsystemen.

Goedele

Matthyssen

Kerstin

Hansmann


68

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

Berlin ist laut KfW-Gründungsmonitor 2019 der Hotspot der deutschen Gründerszene. Im Durchschnitt

der Jahre 2016 bis 2018 haben hier von 10.000 Erwerbsfähigen jährlich 193 Personen eine selbstständige

Tätigkeit aufgenommen – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Doch auch an Standorten

wie Dresden, Chemnitz, Jena oder Magdeburg entstehen kreative neue Geschäftskonzepte.

VON MATTHIAS SALM


30

GRÜNDER WIRTSCHAFT+MARKT 69

Foto: Betterspace GmbH, mediaire GmbH, Sächsische Staatskanzlei, Fotograf: Oliver Killig

Das Berliner Gründergeschehen wird vor allem

von der Medien-, IT- und Software-Branche

getrieben. So ist Berlin Spitzenreiter bei Startups

rund um die künstliche Intelligenz. Ebenso

bei Fintechs, bei denen die Hauptstadt sowohl

bei den Neugründungen als auch beim investierten

Risikokapital den ersten Platz belegt.

Potsdam profiliert sich als Gründerstandort

mit der Nähe zu Berlin und punktet mit

Ausgründungen aus dem renommierten

Hasso-Plattner-Institut (HPI) oder dem von

der Universität Potsdam, dem HPI und der

Filmhochschule getragenen MediaTech Hub

Accelerator in Babelsberg.

Auch Leipzig genießt einen guten Ruf in der

bundesdeutschen Gründerszene. Zu den Leipziger

Gründerschmieden gehört etwa das Smart

Infrastructure Hub, ein Gründerzentrum für die

Sparten Energie, Smart City und Gesundheit.

Doch auch andernorts mangelt es nicht an

spannenden Gründungsideen. Wirtschaft +

Markt stellt vor: 30 ostdeutsche Start-ups, die

von sich reden machen.

WANDELBOTS GMBH

Roboter mit smarter Kleidung steuern

Kaum ein Preis in der Gründerszene, den

Christian und Maria Piechnick und ihre

Mitstreiter Christoph Biering, Jan Falkenberg,

Giang Nguyen, Dr. Georg Püschel und

Sebastian Werner in den letzten Monaten

nicht eingeheimst hätten. Beispielsweise den

Sächsischen Gründerpreis 2019 oder beim

Wettbewerb „Fabrik des Jahres“ den Preis als

bestes Start-up.

Gegründet wurde die Wandelbots GmbH

2017. Als Keimzelle dienten die Lehrstühle

für Softwaretechnologie und für Kommunikationsnetze

an der TU Dresden. Die Vision:

die Verbindung von intelligenten Textilien

und Softwaretechnologie. Smarte Kleidung –

beispielsweise Jacken oder Handschuhe – erfassen

mittels Sensoren Körperbewegungen

ihres Trägers und übertragen diese auf eine

Software. Die Software wiederum leitet die

Informationen an Roboter weiter. So können

auch Laien einen Roboter anlernen.

„Jeder Nutzer, unabhängig von seinem technischen

oder kulturellen Hintergrund, kann nun

jeden Roboter auf die natürlichste, intuitivste

Weise programmieren – per Demonstration”,

beschreibt Christian Piechnick das Verfahren.

Branche: Software/Robotics,

Gründung: 2017, Sitz: Dresden

BETTERSPACE GMBH

Die Digitalisierung der Hotelwelt

Eine thüringisch-hessische Koproduktion:

2014 fanden sich in Ilmenau die Gründer der SD

Concept GmbH zusammen. Sie entwickelten

für die Hotelbranche digitale Gästemappen und

interaktive Lobby-Displays. Das iQ-Tab etwa,

ein Tablet-PC mit maßgeschneiderter Software,

versorgt die Hotelgäste mit aktuellen Informationen,

Service-Angeboten und vielem mehr.

Ein Jahr später gründete sich in Kassel die Betterspace

GmbH. Ihr Produkt: eine intelligente

Raumsteuerung für Heizkörper und Klimaanlagen.

Studien in ausgewählten Hotels haben

gezeigt, dass sich die Energiekosten durch eine

solche Raumsteuerung um bis zu 31 Prozent

senken lassen.

Es lag nahe, die Kräfte zu bündeln. Die

beiden Firmen fusionierten im Jahr 2017 zur

Betterspace GmbH mit Hauptsitz in Ilmenau.

„Als Betterspace GmbH verstehen wir es als

unsere Aufgabe, die digitale Transformation

in der Hotelbranche voranzutreiben“, sagt

Geschäftsführer Alexander Spisla. Er bildet zusammen

mit Robert Böhl den Thüringer Gründerzweig

des Unternehmens, Dr. Siwanand

Misara, Benjamin Köhler und Gerhard Weiß ihr

Kasseler Pendant.

Branche: Hotellerie/IT, Gründung: 2014,

Sitz: Ilmenau

MEDIAIRE GMBH

Mit künstlicher Intelligenz

gegen Fehldiagnosen

Deutschland ist ein Land der Gründerwettbewerbe.

Und alljährlich wertet das Portal

„Für-Gründer.de“ aus den Wettbewerben die

erfolgreichsten Start-ups aus. Im Ranking

2019 auf Platz 2: die Mediaire GmbH aus

Berlin. Das Unternehmen produziert eine

Software für Radiologen, die bei der Beurteilung

und Auswertung von Gehirn-MRT unterstützend

wirkt. Das Ziel: neurodegenerative

BETTERSPACE GMBH

MEDIAIRE GMBH

Erkrankungen wie Alzheimer oder Multiple

Sklerose schneller zu erkennen.

Dazu werden die MRT-Aufnahmen eines Gehirns

mit einer großen Datenbank gesunder

Gehirne abgeglichen. Die Ergebnisse werden

innerhalb weniger Minuten in verständlichen

Befunden visualisiert. Mediaire wurde 2018

von Dr. Andreas Lemke und Dr. Jörg Döpfert

gegründet, ihre Mission lautet in eigenen

Worten, „mit einzigartigen Software-Lösungen

den Alltag von Radiologen zu revolutionieren“.

Branche: Gesundheit/Software,

Gründung: 2018, Sitz: Berlin

WANDELBOTS GMBH


70

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

ENGINSIGHT GMBH

NEXENIO GMBH

TWINNER GMBH

DUSCHKRAFT GMBH

DUSCHKRAFT GMBH

Kampf dem Schimmel

Die Rostocker Duschkraft GmbH hat dem

Schimmel im Badezimmer den Kampf angesagt.

Dazu haben die drei Gründer David Bredt, Stefan

Goletzke und Arvid Reinwald einen Luftentfeuchter

konzipiert, der direkt in der Dusche in-

INDUSTRIAL ANALYTICS IA GMBH

ENGINSIGHT GMBH

Schutz vor Cyberkriminalität

In der Zeit wachsender Cyberangriffe auf die

Wirtschaft verbreitet die Jenaer Enginsight GmbH

Hoffnung für betroffene Unternehmen. Das 2017

von Mario Jandeck und Eric Range gegründete

IT-Security-Unternehmen aus Jena bietet eine

zu 100 Prozent selbstentwickelte, autonome

All-in-One-Security-Software, basierend auf

intelligentem IT-Monitoring, effizienter IT-Security

und automatisiertem IT-Management.

Damit kann innerhalb kürzester Zeit die gesamte

IT von Unternehmen vollständig automatisiert,

überwacht und analysiert werden. Informationen

über Sicherheitslücken werden ebenso

aufgezeigt wie gerade aktuell stattfindende

Cyberangriffe. Die Software von Enginsight kann

aber auch Hackerangriffe simulieren.

Branche: IT, Gründung: 2017, Sitz: Jena

NEXENIO GMBH

Sichere Lösungen aus Berlin

Projektpartner von SAP und der Bundesdruckerei,

Gründungsexpertise des Potsdamer

Hasso-Plattner-Instituts, aus dem die Ausgründung

erfolgte – Patrick Henning und Philipp

Berger, die Macher der Berliner neXenio GmbH,

können bereits auf ein beachtliches Netzwerk

aufbauen. Mit der Bundesdruckerei etwa wurde

Bdrive entwickelt, eine sichere Cloud-Lösung,

die vor allem für mittelständische Unternehmen

konzipiert wurde. Ein weiteres Beispiel:

FOSANIS GMBH

die Softwarelösung für kontaktlose Authentifizierung

namens SeamlessMe, bei der Schlüssel

oder Schlüsselkarten durch das Smartphone

ersetzt werden.

Um Missbrauch zu verhindern, kann mittels einer

Ganganalyse der Besitzer eindeutig identifiziert

werden. Für diese Innovation wurde den Berlinern

2019 der Digital Champions Award verliehen.

Branche: IT, Gründung: 2015, Sitz: Berlin

INDUSTRIAL ANALYTICS

IA GMBH

Mit innovativer Software gegen Ausfallzeiten

Die Industrial Analytics IA GmbH hat eine

Softwarelösung zur Überwachung von Turbokompressoren

entwickelt. Mithilfe künstlicher

Intelligenz werten die Berliner Maschinendaten

aus, um Stillstandszeiten zu verringern und

Wartungsintervalle bei Turbokompressoren zu

optimieren. Turbokompressoren kommen vor

allem bei der Verdichtung von Gasvolumenströmen

zum Einsatz.

Die Gründermannschaft besteht zum Großteil

aus ehemaligen Mitarbeitern der MAN Diesel

& Turbo SE. Sie brachten ihre Erfahrung als

Maschinenbauer, die zuvor Software für die

Auslegung und Kalibrierung von Turbomaschinen

entwickelt haben, ein.

Branche: Software/Maschinenbau,

Gründung: 2017, Sitz: Berlin

stalliert wird und schon während des Duschens

die Luft entfeuchtet. Die technologischen

Grundlagen erforschten die Firmengründer an

der Universität Rostock.

Branche: Klimatechnik,

Gründung: 2017, Sitz: Rostock

TWINNER GMBH

Fahrzeuge digital bewerten

Die Twinner GmbH aus Halle (Saale) steht für

mehr Transparenz im Automobilhandel. Sie

hilft, Fahrzeuge digital abzubilden und damit

Fahrzeugbesichtigungen von Ort und Zeit

zu entkoppeln. Dazu hat Twinner ein Verfahren

entwickelt, mit dem jedes Fahrzeug

zeit sparend, extrem hochaufgelöst und mit

360°- Fotos von innen, außen sowie mit dem

Unterboden abgebildet wird.

Branche: Handel/IT, Gründung: 2018,

Sitz: Halle (Saale)

FOSANIS GMBH

Digitaler Begleiter für Krebspatienten

Bekannt ist das Berliner Unternehmen für mika,

einen digitalen Begleiter für Krebspatienten. Um

diesen zu helfen, haben Dr. Gandolf Finke und

Dr. Jan Simon Raue 2017 mika in Kooperation

mit der Berliner Charité und der Uniklinik Leipzig

als App für Patienten und deren Angehörige

entwickelt. Mika begleitet Patienten durch die

Therapie mit einem eigens entwickelten Unterstützungsprogramm.

Branche: Gesundheit/IT, Gründung: 2017,

Sitz: Berlin

Foto: oben v.l.n.r.: Deutsche Telekom AG, Susan Nurnberger, Twinner GmbH, Mitte: Duschkraft GmbH, unten v.l.n.r.: Industrial Analytics IA GmbH, Fosanis GmbH


30

GRÜNDER WIRTSCHAFT+MARKT 71

VOTE2WORK GMBH

Die Personalplanung digitalisieren

Foto: Synfioo GmbH, Kristina Becker Photovisionen (l.), Packwise GmbH (r.), Magnosco GmbH/Marie-Luise Marchant, 3dvisionlabs GmbH, Thorsten Futh (l.), UniCaps GmbH (r.)

Die Vote2Work GmbH wurde 2015 von Katrin

Pape gegründet und widmet sich der Digitalisierung

der Arbeitswelt. Dazu entwickelt

das Unternehmen innovative Methoden und

smarte Assistenten, die Unternehmen bei der

Flexibilisierung der Arbeitswelt unterstützen

und die Mitarbeiterpartizipation fördern, wie

die Software Vote2Work, die erste Cloud-Lösung

für den flexiblen Personaleinsatz in der

Produktionsarbeit.

Branche: IT, Gründung: 2015, Sitz: Rostock

PACKWISE GMBH

Container optimal einsetzen

Das Dresdner Start-up Packwise GmbH wurde

2017 gegründet, um die Digitalisierung rund

um die Wiederaufbereitung und Wiederverwendung

von Intermediate Bulk Containern

(IBC) und Fässern sowie eine intelligente Kreislaufwirtschaft

voranzubringen. Die Dresdner

verstehen sich als Dienstleister im Bereich der

intelligenten Organisation von Transportverpackungen.

Branche: Logistik, Gründung: 2017,

Sitz: Dresden

SYNFIOO GMBH

Logistik-Abläufe in Echtzeit

Die Synfioo GmbH ging aus einem dreijährigen

Logistik-Forschungsprojekt am Hasso-Plattner-Institut

hervor. Um die Unsicherheit über

Ankunftszeiten bei Transporten zu reduzieren,

bietet Synfioo der Logistik-Branche eine innovative

Supply-Chain-Visibility-Plattform für

die Überwachung der Logistikabläufe mittels

Big Data an.

Branche: Logistik/IT, Gründung: 2015,

Sitz: Potsdam

BOREAL LIGHT GMBH

Trinkwasser für die Welt

Die Boreal Light GmbH wurde 2014 von Ali

Al-Hakim und Hamed Beheshti gegründet. Mit

ihrer Geschäftsidee überzeugten sie die Jury

des KfW Award Gründen 2019 und errangen

den Siegerpreis im Bundeswettbewerb. Mit

ihren selbstentwickelten solarbetriebenen

Wasserentsalzungsanlagen soll es möglich

werden, einen Produktionspreis von nur 0,50

Euro für 1.000 Liter Wasser zu erzielen.

Branche: Energie/Wasser,

Gründungsjahr 2014, Sitz: Berlin

MAGNOSCO GMBH

Hautkrebs frühzeitig erkennen

Die Magnosco GmbH ist ein MedTec-Unternehmen

mit Sitz im Technologiepark Berlin-Adlershof.

Es bietet eine nicht-invasive

Methode, die sogenannte Dermatofluoroskopie,

zur Unterstützung der Frühdiagnose

von schwarzem Hautkrebs auf der Basis der

Laser-Technologie. Mit einem Infrarotlaser

wird das Melanin zum Leuchten gebracht. Eine

Fluoreszenz im roten Bereich unter der Haut

weist auf eine maligne Entartung hin.

Branche: Gesundheit, Gründung: 2014,

Sitz: Berlin

UNICAPS GMBH

Nachhaltige Kapseln aus Frankfurt/Oder

UniCaps GmbH aus Frankfurt (Oder) bietet

Bio-Tee und Bio-Kaffee in Bio-Kapseln an.

Diese sind konsequent aus nachwachsenden

Rohstoffen gefertigt. Garantiert ohne Aluminium

zum Schutz der Umwelt, so beschreibt es

Geschäftsführer Dirk N. Tillmann.

Branche: Lebensmittel, Gründung: 2016,

Sitz: Frankfurt/Oder

SYNFIOO GMBH

VOTE2WORK GMBH

BOREAL LIGHT GMBH

PACKWISE GMBH

3DVISIONLABS GMBH

Revolutionäre Kameratechnologien

Das Start-up aus Chemnitz entwickelt neuartige

Kamera-Technologien, welche in Verbindung

mit KI-Methoden neue Möglichkeiten der

Digitalisierung erlauben. Mit ihrer revolutionären

Technologie HemiStereo® ist 3dvisionlabs

in der Lage, einen kompletten Raum mit einem

einzigen Sensor vollständig dreidimensional zu

erfassen und die Daten vor Ort und in Echtzeit

auszuwerten.

Branche: IT, Gründung: 2017,

Sitz: Chemnitz

MAGNOSCO GMBH

3DVISIONLABS GMBH

UNICAPS GMBH


72

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN

TESVOLT GMBH

Intelligentes Batteriemanagement

aus Wittenberg

Daniel Hannemann und Simon Schandert

PAMYRA GMBH

TESVOLT GMBH

LIVEEO GMBH

gründeten die Tesvolt GmbH mit dem Ziel

intelligenter Stromspeicher für die Energiewende.

Dafür entwickelte Tesvolt eine Batteriesteuerung.

Denn in Energiespeichern altern

die Batterien unterschiedlich schnell. Das

schwächste Element bestimmt dann die Gesamtleistung.

Das Batteriemanagement von

Tesvolt analysiert den Zustand der einzelnen

Zellen und verteilt anschließend den Strom

gleichmäßig auf die einzelnen Batterien.

Branche: Energie, Gründung: 2014,

Sitz: Wittenberg

PAMYRA GMBH

Vergleichsplattform für Transporte

Pamyra.de ist eine unabhängige Vergleichs-

und Buchungsplattform für Transporte. Auf

der Plattform können Preise und Leistungen

unmittelbar miteinander verglichen und

Speditionen sofort verbindlich beauftragt

werden. Ziel ist es, Pamyra als führende Vergleichs-

und Buchungsplattform zu etablieren.

Branche: Logistik, Gründung: 2016,

Sitz: Leipzig

LIVEEO GMBH

Infrastruktur per Satellit überwachen

Das Geschäftsmodell der Gründer Sven

Przywarra und Daniel Seidel: Das Monitoring

von Infrastruktur mittels Satellitendaten. Mit

seiner Software wertet das Unternehmen

Satellitenbilder von Pipelines, Bahn- und

Stromtrassen aus. Erster Kunde: die Deutsche

Bahn AG. Für sie wird mittels Satellitenaufnahmen

Vegetation in Gleisnähe mit erhöhtem

Risiko für das Schienennetz identifiziert.

Branche: Software, Gründung: 2017,

Sitz: Berlin

SENORICS GMBH

WP SYSTEMS GMBH

WP SYSTEMS GMBH

Windräder warten bei jedem Wetter

Im Süden Brandenburgs hat sich die WP Systems

GmbH als Dienstleister für Windenergiebetreiber

etabliert. Deren Rotorblätter müssen

regelmäßig gewartet und repariert werden.

Das ist mit offenen Arbeitsbühnen nicht bei

jeder Witterung möglich. Das von Holger Müller

gegründete Unternehmen entwickelt daher

Systemlösungen für die Wartung und den

Rückbau von Windenergieanlagen, so die weltweit

erste mobile Werkstatt für Rotorblätter.

Branche: Maschinenbau,

Gründung: 2015, Sitz: Ruhland

GERMAN AUTO LABS GAL GMBH

FLIIT HOLDING GMBH

SENORICS GMBH

Neue Generation von Infrarot-Sensoren

Die Gründer Dr. Ronny Timmreck, Robert

Langer, Dr. Robert Brückner sowie Dr. Matthias

Jahnel wollen mit ihrer Technologie den Markt

für kleine, leistungsstarke Infrarot-Sensoren

revolutionieren. Die neuartige Analysetechnik

ermöglicht den Nachweis und die Messung von

Inhaltsstoffen und Verunreinigungen in einer

Vielzahl von Feststoffen und Flüssigkeiten.

Branche: Sensorik/IT, Gründung: 2017,

Sitz: Dresden

GERMAN AUTO LABS

GAL GMBH

Sprachassistent für Autofahrer

Die Berliner Gründer der German Auto Labs

GmbH bauen eine Sprach-KI-Plattform für

die Automobilindustrie in Form der Sprachassistenz-Hardware

Chris. Chris ist der erste

Sprachassistent speziell für Autofahrer und für

jedes Fahrzeug nachrüstbar.

Branche: IT/Mobilität, Gründung: 2016,

Sitz: Berlin

FLIIT HOLDING GMBH

Lebensmittel effizienter transportieren

Die Jungunternehmer Nils Hempel und Flavio

Alario wollen die Lebensmittellogistik effizienter

und transparenter machen. Sie haben

bereits ein Partnernetzwerk vom mehr als 200

regelmäßigen Transportpartnern aufgebaut.

Gründer Flavio Alario bringt in das Unternehmen

seine langjährige Berufserfahrung beim

Logistikkonzern DHL ein.

Branche: Logistik, Gründung: 2016,

Sitz: Berlin

Fotos von oben nach unten: Pamyra GmbH (l.), Tesvolt GmbH (r.), Ellen Türke Fotografie (l.), LiveEO GmbH (r.), German Auto Labs GAL GmbH, Bundesumweltministerium/Sascha Hilgers (l.), Fliit Holding GmbH (r.)


30

GRÜNDER WIRTSCHAFT+MARKT 73

IFESCA GMBH

Strombedarf präziser vorhersagen

Das Unternehmen umfasst ein multidisziplinäres

Expertenteam mit vielfältigen

Erfahrungen in der Energiewirtschaft. Ihre

Plattform ifesca.AIVA ermöglicht die Analyse,

Aufbereitung und Weiterverarbeitung energiewirtschaftlicher

Daten. So hilft das selbstlernende

Prognosesystem, den zukünftigen

Bedarf etwa von Strom, Gas, Wärme und

Wasser besser vorherzusagen.

Branche: Energie, Gründung: 2016,

Sitz: Ilmenau

MOTIONTAG GMBH

REMIND ME GMBH

Fotos von oben nach unten: MotionTag GmbH (l.), Hoffotografen (r.), Evan GmbH (l.), Continental AG (r.), denovoMATRIX GmbH, morpheus space GmbH (l.), ifesca GmbH (r.)

MORPHEUS SPACE GMBH

Satelliten durch den Weltraum steuern

Das Dresdner Unternehmen entwickelte am

Lehrstuhl für Raumfahrtsysteme der TU Dresden

eine Antriebstechnik für Nano-Satelliten.

Nano-Satelliten werden zur Erdbeobachtung

eingesetzt, sind aber nicht manövrierfähig

und enden oft als Weltraumschrott. Mit den

sogenannten Ionenstrahlantrieben lassen sich

Nano-Satelliten zukünftig gezielt durch den

Weltraum manövrieren.

Branche: Luft- und Raumfahrttechnik,

Gründung: 2018, Sitz: Dresden

AUTOMOTIVE ARTIFICIAL

INTELLIGENCE AAI GMBH

Künstliche Intelligenz für virtuelle

Testfahrten

Experten der Virtual Reality und künstlichen

Intelligenz arbeiten am Berliner Salzufer daran,

virtuelle Testumgebungen für die Automobilindustrie

zu kreieren. AAI simuliert die Bewegung

von Fahrzeugen mit vielen Parametern

wie Wetterlage oder Verkehrsinfrastruktur.

Derzeit benötigt ein virtuelles Fahrzeug nur

acht Stunden für eine Strecke, für die ein physisches

Testfahrzeug einen Monat brauchen

würde, lobt Continental Automotive, einer der

Kooperationspartner.

Branche: IT, Gründung: 2017, Sitz: Berlin

MORPHEUS SPACE GMBH

MOTIONTAG GMBH

Die tägliche Mobilität besser verstehen

Die heutige Mobilität ist charakterisiert durch

Ineffizienz, Unbequemlichkeit und eine geringe

Nachhaltigkeit – vor allem in ländlicheren

Regionen. Mit der IT-Lösung MOTION OS lassen

sich Verkehrsströme in Echtzeit messen.

So können Mobilitätsakteure Betriebsoptimierungen

vornehmen, während Fahrgäste

personalisierte Angebote und Reiseinformationen

erhalten.

Branche: Mobilität, Gründung: 2015,

Sitz: Potsdam

EVAN GMBH

DENOVOMATRIX GMBH

IFESCA GMBH

REMIND ME GMBH

Der Erinnerungsservice für Verträge

Die remind.me GmbH wurde 2017 von Daniel

Engelbarts und Christian Lang gegründet. Die

B2C-Plattform bietet Nutzern die Möglichkeit,

sich rechtzeitig an Verträge aller Art erinnern

zu lassen und diese zu optimieren. In diesen

Service investierten u. a. die Berliner Volksbank

Ventures, die IBB Beteiligungsgesellschaft

und der High-Tech-Gründerfonds.

Branche: Finanzdienstleistungen,

Gründung: 2017, Sitz: Berlin

DENOVOMATRIX GMBH

Stammzellen mit besseren Eigenschaften

DenovoMATRIX ist zugleich der Name eines

jungen Dresdner Unternehmens und der von

ihm entwickelten Technologie zur Biomaterialbeschichtung

von Zellkulturträgern. Mit

diesem Verfahren ist es möglich, Stammzellen

mit höherer Reproduktionsrate und besseren

Eigenschaften zu kultivieren.

Branche: Biotech, Gründung: 2018,

Sitz: Dresden

AAI GMBH

EVAN GMBH

Business-Transaktionen digitalisieren

Die Dresdner Evan GmbH ist Initiator der

neutralen Business-Blockchain evan.network.

Das B2B-Start-up baut zurzeit seine Blockchain

zur Digitalisierung und Automatisierung von

Business-Transaktionen aus. Auf der Blockchain

erstellen Netzwerk-Mitglieder digitale Zwillinge

für ihre Maschinen und Produkte, die sich so in

unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse

einbinden lassen, wobei die unternehmenseigene

Autonomie und Sicherheit gewahrt bleibt.

Branche: IT, Gründung: 2016, Sitz: Dresden


74

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

16

13.Vinnustofa Kjarval

Vinnustofa Kjarval

11.The Village Club

Bloomfield Hills, Michigan, USA

12. Cercle de Wallonie

Namur, Belgien

Mitglieder des Berlin Capital Club und Berliner

Golf & Country Club Motzener See e.V. erwartet

in den schönsten privaten Clubs weltweit

ihr zweites Zuhause.

19.Calabasas Country Club

Calabasas, Kalifornien, USA

21.Capitol

Hill Club

Washington DC, USA

„Verbindungen schaffen“ ist einer der Vorteile

der IAC Clubs rund um den Globus, die die

Mitglieder weltweit so sehr schätzen. Auf lokaler

Ebene geschieht dies bei den zahlreichen

Clubveranstaltungen, wo sich gleichgesinnte

Mitglieder zu aktuellen politischen Themen

oder kulinarischen Highlights treffen und

austauschen.

Die Clubs im IAC-Netzwerk (International

Associate Clubs) öffnen ihren Mitgliedern die

Türen zu weltweit fast 250 privaten Stadt-,

Sport-, Golf- und Countryclubs. 2019 sind

wieder zahlreiche Clubs in verschiedensten

Metropolen dem Netzwerk beigetreten.

2. The Wingtip

San Francisco, USA

18. University Club of Mexiko

Mexiko City

19.Country Club Ejecutivos

Medellin, Columbien

Ein gutes Netzwerk zeichnet sich aber nicht

nur durch die Destinationen aus, an welchen

die Clubs zu finden sind. Höchste Qualitätsstandards

vom Empfang bis zur erstklassigen

Küche mit renommierten Küchenchefs machen

das IAC-Netzwerk einzigartig.

Die IAC-Webpage bietet für die Mitglieder ein

Buchungssystem für die Planung ihrer Besuche

in den anderen IAC-Clubs.

15

12

Fotos: Capital Club


NETZWERK WIRTSCHAFT+MARKT 75

11 13 22

8. House17 8. House17 22. Berlin 22. Berlin 23. Berliner 23. Berliner Golf & Country Golf & Country

Luxembourg LuxembourgCapital Capital Club Club Club Motzener Club Motzener See e.V. See e.V.

Berlin, Deutschland Berlin, Deutschland

Mittenwalde, Mittenwalde, Deutschland Deutschland

6. The Private 6. The Private Club Club Raffles at Raffles City City

Chongqing, Chongqing, China China

4. DO7 4. Eco DO7 Eco

Club House Club House

Milan, Italien Milan, Italien

3. Empyreal 3. Empyreal Club Club

Jaipur, Indien Jaipur, Indien

10.Club 10.Club

zum Rennweg zum Rennweg

Zürich, Schweiz Zürich, Schweiz

9. Malaysian 9. Malaysian

Petroleum Petroleum Club Club

Kuala Lumpur, Kuala Lumpur, Malaysia Malaysia

5. Sunplay 5. Sunplay Club Club

Pattaya, Pattaya, Thailand Thailand

6

14. Windsor 14. Windsor Golf Hotel Golf Hotel

& Country & Country Club Club

Nairobi, Nairobi, Kenia Kenia

15. The 15. Bryanston The Bryanston

Country Country Club Club

Johannesburg, Johannesburg, South Africa South Africa

1. Rancamaya 1. Rancamaya

Golf & Country Golf & Country Club Club

Jakarta, Jakarta, Indonesia Indonesia

17. The 17. Northern The Northern Club Club

Auckland, Auckland, New Zealand New Zealand

7. Ambrosia 7. Ambrosia

Private Private Club Club

Jakarta, Jakarta, Indonesia Indonesia

16. City 16. Tattersalls City Tattersalls Club Club

Sydney, Sydney, Australien Australien

Fotos: Capital Club

14


76

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

Europas erstes

Erlebnisweingut

Schloss Wackerbarth blickt auf eine höchst abwechslungsreiche Geschichte zurück, die vor fast

300 Jahren im sächsischen Radebeul ihren Ursprung hatte. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts

hatte das idyllisch gelegene Barock-Ensemble, umgeben von terrassierten Weinbergen, mehr als

20 verschiedene Besitzer. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten vollzog sich eine fulminante

Entwicklung. Heute ist Schloss Wackerbarth als Europas erstes Erlebnisweingut bekannt.

VON KARSTEN HINTZMANN

DDie Wurzeln von Schloss Wackerbarth liegen

in der jahrhundertelangen Genuss-Tradition im

sächsischen Elbtal: Seit mehr als 850 Jahren

prägt der Weinbau hier die Landschaft und das

Leben der Menschen. Vor 180 Jahren, genauer

im Jahr 1836, brachte der französische Kellermeister

Johann Joseph Mouzon die Kunst der

klassischen Flaschengärung aus seiner Heimat

Reims nach Radebeul.

Die Wendezeit und die ersten Jahre im geeinten

Deutschland zählen zu einer der wirtschaftlich

schwierigsten Perioden in der Historie des Hauses.

Schließlich hatten ostdeutsche Weinfreunde

mit der Öffnung der Grenze erstmals die

Möglichkeit, eine breite Palette von Weinen und

Sekten aus der ganzen Welt zu verkosten. Dadurch

brach für die heimischen Winzer zunächst

ein großer Teil der bestehenden Kundschaft

weg. Unter dem Slogan „Edel verpflichtet“ und

mit Investitionen in die Qualität der eigenen

Produkte gewann Schloss Wackerbarth im Laufe

der 1990er-Jahre erste Kunden zurück – ohne

damit jedoch den siebenstelligen Sanierungsbedarf

der barocken Anlage und der Terrassenweinberge

selbst schultern zu können.

Nach dem Ende der DDR-Zeit war die barocke

Anlage von Schloss Wackerbarth dem Freistaat

Sachsen übertragen worden – in einem maroden

und vernachlässigten Zustand. Versuche,

das Anwesen zu verkaufen, scheiterten jedoch

aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs und

der fehlenden Investitionsbereitschaft der

Foto: Heinz-Dieter Schulz


GENUSS WIRTSCHAFT+MARKT 77

Fotos: Schloss Wackerbarth

Interessenten. Rückblickend war das durchaus

verständlich, schließlich hätte allein die Instandsetzung

der über 400 Jahre alten Terrassenweinberge

wohl jeden Kleininvestor überfordert.

Um Schloss Wackerbarth als Kulturerbe zu

erhalten, entschloss sich der Freistaat Sachsen

im Jahr 1999, selbst zu sanieren und Wackerbarth

zum ersten Erlebnisweingut Europas zu

entwickeln – verbunden mit der Mission, die

sächsische Weinkulturlandschaft zu sichern und

zu fördern. Mit dieser innovativen Idee gab das

zu diesem Zeitpunkt kleinste Weinbaugebiet

Deutschlands einen wichtigen Impuls für die

Entwicklung, die sächsische sowie deutsche

Weinlandschaft als Kulturgut zu bewahren und

langfristig zu erhalten.

Als Erlebnisweingut ist Schloss Wackerbarth

heute ein beliebtes Ziel bei einheimischen und

internationalen Gästen. Pro Jahr besichtigen

mehr als 190.000 Besucher das einzigartige

Ensemble aus barocker Anlage, malerischen

Weinbergen und moderner Manufaktur.

Es ist ein Weingut zum Anfassen: Jeden Tag

können Besucher in der Manufaktur dem

Kellermeister über die Schulter schauen und

die Geheimnisse der Wein- und Sektbereitung

entdecken. Das ganze Jahr über lädt ein

abwechslungsreiches Programm rund um

Kunst, Kultur und Genuss zum Entspannen

und Entdecken ein – von Wanderungen durch

die Weinberge über kulinarische Abende bis

hin zu klassischen Konzerten im Rahmen der

Dresdner Musikfestspiele, Lesungen mit bekannten

Autoren wie Donna Leon oder einem

Manufakturen-Weihnachtsmarkt im Advent.

Das Erlebnisweingut bietet seinen Gästen

außerdem den passenden Rahmen für deren

individuelle Anlässe – von Tagungen und Unternehmensevents

bis hin zu privaten Feiern

oder rund 120 Hochzeiten pro Jahr.

Seit seiner Neueröffnung im Jahr 2002 hat sich

Schloss Wackerbarth auch sehr erfolgreich mit

dem Erhalt der Weinkulturlandschaft Sachsens,

mit der weinbaulichen Umstrukturierung seiner

Rebflächen sowie mit der stetigen Verbesserung

der eigenen Qualitäten beschäftigt und das

Portfolio mit neuen Produkten erweitert. Heute

werden die Weine und Sekte aus Radebeul

regelmäßig bei renommierten nationalen und

internationalen Wettbewerben und Verkostungen

wie der „Bundesweinprämierung“, „Mundus

Vini“ oder „Best of Riesling“ prämiert. Beim

„Deutschen Sekt Award 2018“ wurde Wackerbarth

sogar als „Bester Sekterzeuger Deutschlands“

ausgezeichnet.

Pro Jahr produziert das Weingut heute rund

600.000 Flaschen Wein und Sekt – davon etwa

350.000 Flaschen mit der für das Weinbaugebiet

Sachsen typischen „Cool Climate“-Weinstilistik

sowie 250.000 Flaschen klassische

Flaschengärsekte. In den letzten Jahren konnte

der Umsatz von 2,3 Mio. Euro im Jahr 2002

mehr als verfünffacht werden.


78

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

Lässiger,

bequemer,

komfortabler

Aber bitte keine weißen Socken –

was Man(n) in diesem Jahr alles zum

Businessanzug tragen darf.

VON BEATE LECLOUX

In dieser Saison geht in der Businessmode

für Herren vieles, was bislang als recht übler

modischer Fauxpas verschrien war: Kombinieren

Sie die in der Freizeitmode seit einem

Jahr omnipräsenten weißen und auch farbigen

Sneaker mit einem klassischen Businessanzug

oder setzen Sie auf halbhohe Brogue-Stiefel.

Substituieren Sie Krawatten durch das

Trend-Accessoire schlechthin – das Halstuch.

Ersetzen Sie das klassische Businesshemd

durch einen Strickpullover, einen Rolli oder gar

durch ein – edel glänzendes – T-Shirt. Auch

Kombinationen – auf Neudeutsch Broken

Suits – im Materialmix sind im Büro tragbar:

Chinos und Wollhosen kombiniert mit einem

Edelsakko.

Aber: Noch gibt es Unternehmen (und konservative

Vorgesetzte), die es nicht schätzen,

wenn Sie mit einem coolen Zipper-Hoodie

– auf Altdeutsch Kapuzenpullover mit

Reißverschluss – unter Ihrem natürlich weit

geschnittenen Businesssakko im Kundengespräch

sitzen. Auch hier gilt es, Fingergefühl

für Umgebung und Situation zu beweisen und

durchaus selbstbewusst und stilprägend, aber

nicht provokativ abgrenzend aufzutreten.

Ehrlich gesagt, selbst ich als erfahrene Modeund

Stilexpertin, aber auch als passionierter

Modejunkie hatte beim Besuch der großen

Modemessen für die anstehende Saison

einige Schwierigkeiten mit den gezeigten allzu

großen Brüchen angesichts der bisherigen

fixen Regeln für Businesskleidung: Nein, die

von Hermès gezeigten Businesssakkos auf

nacktem Oberkörper gehen gar nicht und der

völlige Verzicht auf Socken zum Businessanzug

auch nicht. Apropos Socken: Nein, auch

dem Retrotrend zu weißen Socken sollten Sie

außerhalb Ihres Tennisvereins konsequent

widerstehen.

Schnitte: Generell sind Sakkos und Hosen weit

geschnitten und wirken großzügig und locker.

Achten Sie aber gerade bei diesem Trend auf

eine perfekte Passform – zu leicht sieht ein

großzügig geschnittenes Sakko sonst aus wie

eines aus der falschen Regalreihe.

Farben: Einfarbiges ist entweder Blau – seit

wie vielen Saisons ist das eigentlich schon die

Trendfarbe? –, aber auch in sanften Pastelltönen

gehalten.

Muster: Klassische Karos und Glenchecks sind

angesagt, gerne auch bei dreiteiligen Anzügen.

Fazit: Vieles geht in dieser Saison, aber nicht

alles.

www.cutforyou.com

www.facebook.com/cutforyouberlin

Fotos: Atelier Torino (2x), munro (2x), Randy Tarango – Cut For You

T-Shirt zum

Businessanzug.


MODE WIRTSCHAFT+MARKT 79

Sommersaison 2020 –

großes Karo im Anzug

zum weißen Sneaker.

Sneaker und Loafer als Ergänzung

zum Businessanzug.

Chinos in gedeckten Farben passen in

dieser Saison zum Businesssakko.

„VIELES GEHT

IN DIESER SAISON,

ABER NICHT ALLES.“

Beate Lecloux

Die W+M-Modeberaterin Beate Lecloux

ist Inhaberin des Berliner Maßbekleiders

Cut For You mit Filialen in der Reinhardt straße

38 in Mitte und der Bleibtreustraße 13 in

Charlottenburg.


80

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

Glashütte

zwischen Innovation

und Tradition

30 Jahre sind vergangen seit Mauerfall und der Deutschen Einheit. In dieser Zeit sind im sächsischen

Ort Glashütte Uhren-Erfolgsgeschichten geschrieben worden und Freunde der Mechanik

aus aller Welt profitieren heute davon. Denn die Veränderung von einer Planwirtschaft zum Unternehmertum

beflügelte sowohl Erfindergeist und Innovationskraft als auch die Pflege von Traditionen.

Doch die Geschichte begann weit vorher, im Jahre 1845.

VON RON UHDEN

Auf 25 Stück limitiert:

die PanoInverse von

GLASHÜTTE ORIGINAL.

Ron Uhden ist Niederlassungsleiter

von Juwelier Leicht in Berlin.

Juwelier Leicht

Unter den Linden 77

10117 Berlin

www.juwelier-leicht.de

Der Name Glashütte ist eng verbunden mit

Adolph Lange, der nach seinen Wanderjahren in

der Schweiz die erlernten Fertigungsmethoden

in seiner Heimat etablieren wollte. Nach Verhandlungen

mit der sächsischen Regierung erhielt er

ein Darlehen, um in der von Armut geprägten

Bergbauregion seine Vision Wirklichkeit werden

zu lassen.

Bei GLASHÜTTE ORIGINAL steckt das Thema

Originalität bereits im Markennamen. Und so

werden bei der wohl bekanntesten Manufaktur

aus dem Müglitztal ganz faszinierende Interpretationen

Glashütter Handwerkskunst offeriert.

Mit der auf 25 Stück limitierten Uhr PanoInverse

zeigt sich das Herzstück, die Schraubenunruh,

unter der kunstvoll gravierten Unruhbrücke.

Üblicherweise ist diese auf der Werksrückseite

positioniert. Die außergewöhnliche Vorderseite,

auf der mit feinem Blattwerk von Hand gravierten

Platine, zieren weiterhin verschraubte

Goldchatons, rubinrote Lagersteine und gebläute

Schrauben. Dies alles macht die Uhr nicht genauer

– aber umso schöner. Und es ist die Bewahrung

altbekannter, fast vergessener traditioneller

Techniken, die Grundlage der Glashütter

Reputation.

Foto: Leicht Juweliere (links), Glashütte original (rechts)


UHREN WIRTSCHAFT+MARKT 81

Uhrmacherkunst

in höchster Qualität von

MORITZ GROSSMANN.

Und da die Uhrmacherkunst ein Handwerk ist,

wird gleichwohl immer wieder der Name MORITZ

GROSSMANN erwähnt. Auf seine Initiative hin

wurde 1878 die deutsche Uhrmacherschule in

Glashütte gegründet und somit auch die notwendige

Vertiefung und Weitergabe von Wissen und

Fertigkeiten sichergestellt.

Der Begriff Manufaktur ist ein häufig benutzter,

und nicht immer stehen wirkliche Werte dahinter.

Im Falle von MORITZ GROSSMANN-Uhren aber

ist er mehr als berechtigt. Dem historischen

Vorbild nacheifernd entstehen von der Skizze zur

fertigen Uhr Gesamtkunstwerke, mit markanten

Besonderheiten, die für Unverwechselbarkeit

stehen. Eine Handgravur findet sich auf der

aus Neusilber bestehenden Platine ebenso wie

erhabene Goldchatons, der dreifach gestufte

Sonnenschliff auf dem Sperrrad verleiht diesem

eine dreidimensionale Optik. Die äußere ästhetische

Schlichtheit steht bei MORITZ GROSSMANN

im Kontrast zu dem aufwändig hergestellten

Uhrwerk. Ganz im Sinne des Firmengründers,

zeitlose Kunst im Miniaturformat zu schaffen.

Foto: MORITZ GROSSMANN (oben), NOMOS (unten)

Als jung und aufstrebend ist NOMOS zu nennen,

ein Traditionsname, welcher unmittelbar nach

dem Mauerfall durch den Düsseldorfer Roland

Schwertner wieder ins Leben gerufen wurde.

Denn NOMOS gab es in der Vergangenheit schon

einmal. Nur die Firma musste seinerzeit die Tore

schließen, da die Uhrwerke aus der Schweiz

importiert wurden und somit zu Unrecht den

Schriftzug „Made in Glashütte“ trugen.

Mit drei Mitarbeitern in einer 3-Raum-Wohnung

begann 1992 die Produktion. Heute ist daraus

eine hochmoderne Manufaktur geworden. Aus

der 3-Raum-Wohnung wurden drei verschiedene

Fertigungsstätten. Mit der bewährten Strategie,

Uhren in einem sachlichen, aber unverwechselbaren

Design und in hoher Qualität zu fertigen,

wurden NOMOS mehr als 150 renommierte

Designpreise verliehen. Nicht zuletzt auch, da

der öffentliche Auftritt etwas frecher als bei den

gestandenen Marken ist. Die feinen Zeitmesser

werden in Glashütte gefertigt, das Design und

Gesicht der Uhr kommen jedoch aus Berlin.

Und somit steckt auch etwas Berlin in einer

NOMOS-Uhr, ganz besonders, wenn Sie Clärchen,

Nachtijall, Goldelse oder Kleene heißen. Typisch

Berlin. Typisch Glashütte.

In der NOMOS „Nachtijall“

steckt ein Hauch Berlin.


82

WIRTSCHAFT+MARKT

DIE LETZTE SEITE

STUNDE NULL

UND NUN?

MUT ZUM

VORSPRUNG!

Die Krise hat eine Art von Stunde null erzwungen. Angesichts der plötzlich neuen

Regeln für das Arbeiten im Job, das Lernen in der Schule und bei den sozialen

Kontakten muss sich Altbewährtes neu bewähren und Neues bekommt seine

Chance. Systemrelevanz mischt die bisherige Prioritätenliste auf. Just for fun

und allgemeine Lebenskunst im Business haben es schwer.

VON FRANK NEHRING

Noch ist nicht abzusehen, wie viele Unternehmen

es in den Ruin treibt, wer durch die

Zuschüsse, Darlehen und Kreditangebote von

Bund und Ländern die Zeit nach der Krise oder

wenigstens beim Weg aus der Krise gerettet

werden kann. Sicher ist jedoch: Nicht der beste

Zuschuss oder der günstigste Kredit sichern

das Überleben, wenn das Geschäftsmodell in

die Jahre gekommen ist und nur noch so mit

Ach und Krach funktionierte. Unternehmer,

die weder Mitarbeiter noch einen Nachfolger

finden, wird die Krise verstärkt zum Aufgeben

zwingen.

Geschäftsmodelle junger Gründer hingegen,

auch wenn sie sich noch nicht am Markt fest

platzieren konnten, erleben jetzt ihre Chance.

Plattformen und Services, die sich des Internets

bedienen, sind gerade in dieser Krise auf

einem guten Weg.

Aber nicht nur die Krisengründer und Startups,

sondern auch die gestandenen Unternehmer

haben ihre Chance, wenn sie jetzt etwas

tun und nicht abwarten. Nach der Krise wird es

nicht mehr wie vorher, das Hoffen darauf wird

vergeblich sein. Unternehmer sind Unternehmer,

weil sie etwas unternehmen, statt

abzuwarten. Und auch da hat die Krise bereits

viele gute Beispiele zutage gefördert.

Die Unfähigkeit, Schutzbekleidung zu beschaffen,

hat schnell dazu geführt, dass inländische

Textilunternehmen und andere flexibel reagierten,

ihre Produktion umstellten und nun

zur Bedarfsdeckung beitragen. Restaurants

liefern fertige Mahlzeiten bis nach Hause. Es

entstehen neue Portale nach dem Motto „Unternehmen

helfen Unternehmen“, es gründen

sich Initiativen, die neue Geschäftsmodelle

vorstellen. So manche Ad-hoc-Idee hat sicher

das Potenzial für ein künftiges Geschäftsmodell.

Die Corona-Krise ist wie alle großen Krisen

eine Raserei im Stillstand, Veränderungen

kommen im Zeitraffer und zumeist online. Ob

Arbeit und Schule, Banking, vernetzte Roboter

in heimischen Fabriken oder eben der Umgang

mit Big Data – vieles davon kommt nun

schneller und geht sicher nie wieder ganz weg.

Das gilt auch für die Politik. Effektive Rettungsschirme

und erfolgreiche Konjunkturprogramme

brauchen digitalisierte Verwaltungen,

beschleunigte Planungen und Genehmigungen

und bessere Leitungen und Netze. Wenn nicht

jetzt, wann dann?

Keine dieser Überlegungen ist neu. Es stimmt

bedenklich, dass es erst einer Pandemie

bedarf, um solche Veränderungen zu ermöglichen.

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum

OWF.ZUKUNFT appelliert seit seiner Gründung

im Jahr 2016 an Politik und Wirtschaft in den

neuen Bundesländern, sich den veränderten

Bedingungen an den Weltmärkten, der

Digitalisierung und der Nachhaltigkeit mutig

und ideenreich zu stellen. Umso wichtiger wird

jetzt die Diskussion beim bevorstehenden

Forum, wie es gelingen wird, gestärkt aus der

Krise zu kommen. Das Thema, das schon vor

der Krise entwickelt wurde, bleibt aktuell: Mut

zum Vorsprung – die Zukunft der ostdeutschen

Wirtschaft.

Foto: W+M


9. Polar Twist

Beach Polo World Masters

by BerlinMed

Unterstützt durch

Warnemünde 2020*

Täglich ab 12 Uhr // Strand Warnemünde

8 internationale Teams

DEUTSCHLAND

Freitag // 20 Uhr PLAYERS NIGHT

Samstag // 20 Uhr WHITE NIGHT

Eintritt frei am Spielfeldrand

Sponsor-Anfragen & VIP-Tickets:

kontakt@polo-riviera.de

www.polo-riviera.de

* Aufgrund der Corona-Pandemie kann das Poloturnier nicht wie geplant im Juni 2020 stattfinden.

Den neuen Termin erfahren Sie sofort auf unserer Homepage.

POLO RIVIERA DEUTSCHLAND . Seestraße 9 . 18119 Rostock Warnemünde . CEO Matthias Ludwig . T 0151 - 54 68 79 56


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