01.06.2021 Aufrufe

WIRTSCHAFT+MARKT Frühjahr/Sommer 2021

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DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN

WIRTSCHAFT+MARKT FRÜHJAHR / SOMMER 2021

VORSPRUNG

Ostdeutschland lernt aus der Krise

NOMINIERUNG

Der Preis des OWFZUKUNFT

EXZELLENZ

Forschung im Osten

32. Jahrgang | Deutschland 9,50 €


WIRTSCHAFT+

MARKT

Aktuelle ostdeutsche

Wirtschaftsinformationen?

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Bild: Depositphotos 321921402


EDITORIAL WIRTSCHAFT+MARKT 3

DER OSTEN

KÖNNTE JETZT

PUNKTEN

Täglich geöffnet

Frank Nehring,

Herausgeber W+M

Dieses Heft erscheint wenige Tage vor

dem sechsten Ostdeutschen Wirtschaftsforum

OWFZUKUNFT. Es ist bereits das

zweite Forum in der Krise und worüber

redet man in der Krise? Über die aktuelle

Bewältigung und die Zeit danach. Wir haben

in der nun schon fast anderthalbjährigen

Pandemiezeit viel gelernt, nicht alles macht

uns hoffnungsfroh. Ist die Aussage, dass

Krisen viele Chancen bieten, nicht so eine

Seminarweisheit von Nichtbetroffenen

oder vielleicht eine Wahrheit, die es nur im

Nachhinein gibt? Sachsens Ministerpräsident

Michael Kretschmer nach Zukunftshilfen

in der Krise gefragt, hat es im W+M-

Interview auf den Punkt gebracht: „Seien

wir realistisch. Die Probleme der aktuellen

Krise sind so groß, dass die Hilfen von Bund

und Ländern vor allem auf die Bewältigung

der Pandemie gerichtet sind. Hier geht es

um Existenzsicherung nicht nur von Unternehmen,

sondern auch von Verbänden und

bürgerschaftlichem Engagement.“

Die ostdeutsche Wirtschaft kommt relativ

gut durch die Krise, die Einbußen sind

geringer als im Bundesdurchschnitt. Die

Herausforderungen hinsichtlich Strukturwandel

und Transformation sind nicht

mehr vorrangig nach Ländern verschieden,

sondern betreffen Branchen wie die

Automobilindustrie, die Stahlindustrie,

die Energiewirtschaft, den Handel u. a.

Und jedes Land und jede Region muss sich

fragen, wie sie für die Zukunft aufgestellt ist.

Plötzlich punktet Ostdeutschland mit

der Elektromobilität, den erneuerbaren

Energien, ergeben sich hoffnungsvolle

Ansätze für die Nutzung von Schlüsseltechnologien.

Entsteht hier vielleicht

sogar eine neue Erzählung, die die alte von

den „neuen“ Bundesländern, die sich als

Förderregion im Schatten der alten Länder

gut entwickelt hat, aber es doch nicht zu

einer Angleichung der Lebensverhältnisse

geschafft hat, ablöst?

Im sächsischen Elbtal

liegt eine der kleinsten,

aber auch schönsten

Weinregionen Deutschlands –

mit malerischen Terrassenweinbergen,

barocken

Sehenswürdigkeiten und

feinen Genussmomenten.

Den Weinreichtum Sachsens

mit allen Sinnen entdecken,

dazu lädt Schloss Wackerbarth

als Europas erstes Erlebnisweingut

jeden Tag ein.

Schloss Wackerbarth

verwandelt Zeit in Genuss,

gern auch Ihre!

Foto: Christine Fiedler

So verständlich und realistisch dies auch

sein mag, werden wir nicht müde, die Chancen

anzusprechen, die in der aktuellen Krise

liegen. Und das ist kein „Pfeifen im Wald“,

keine intellektuelle Diskussion, sondern

ein Weckruf. Das ganze Heft ist voll von

Beiträgen dazu.

Für die bevorstehende Transformation in

Wirtschaft und Gesellschaft ist der Osten

besser aufgestellt, als man denkt. Lassen

Sie sich von den großartigen Autoren dieses

Heftes inspirieren. Die meisten von ihnen

sind auch beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum

am 14./15.06.2021 zu erleben.

WWW.SCHLOSS-WACKERBARTH.DE

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


4

WIRTSCHAFT+MARKT

INHALTSVERZEICHNIS

08

W+M OSTDEUTSCHLAND

LERNT AUS DER KRISE

08 Fünf ostdeutsche Regierungschefs

über die Chancen ihres

Bundeslandes für die Zeit nach

Corona

14 Interview mit Marco Wanderwitz,

Ostbeauftragter der Bundesregierung

16 Prof. Dr. Christoph Meinel:

Wie wird (Ost)Deutschland

digital souverän?

18 Prof. Dr. Joachim Ragnitz:

Wege entstehen beim Gehen!

20 Prof. Dr. Thomas Brockmeier:

Die ostdeutsche Wirtschaft

sollte sich auf ihre Stärken

besinnen

22 Dr. Eric Weber: Der Osten

braucht mehr Startups

24 Ralf Sippel: The sound of

Eastern Germany

26 Fünf ostdeutsche Wirtschaftsminister

über die Lehren aus der

Corona-Krise

30

W+M ZUKUNFT

GESTALTEN

30 OWFZUKUNFT 2021: Die Wirtschaft

Ostdeutschlands braucht

eine Zukunftsstrategie

36 Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht:

Die Energiewende hat

noch einen weiten Weg vor sich

38 Thomas Strobel:

Ostdeutschland reif für

Zukunftswirtschaftszonen

40 Dr. Christian Ehler: Die deutsche

Ratspräsidentschaft hat eine

europäische Krise verhindert

W+M INTERVIEW 14

„Wir sollten eine Aufbruchstimmung spüren“

42

W+M UNTERNEHMEN

+ MACHER

42 OWFZUKUNFT 2021: 36 starke

Nominierungen für den

Wirtschaftspreis „Vorsprung“

55 Der W+M-Fragebogen

56 Stephan Lowis,

Vorsitzender ENVIA AG

58 Dr Ute Bergner, Geschäftsführerin

VACOM GmbH

60 Kirstin Knufmann,

Inhaberin Knufmann GmbH

W+M ZUKUNFT GESTALTEN 31

OWFZUKUNFT 2021: Die Wirtschaft Ostdeutschlands

braucht eine Zukunftsstrategie

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


INHALTSVERZEICHNIS WIRTSCHAFT+MARKT 5

62

W+M FORSCHUNG

IM OSTEN

62 Exzellente Forschungseinrichtungen:

Hier entsteht die Welt

von morgen

W+M HIER ENTSTEHT 62

DIE WELT VON MORGEN

03

W+M WEITERE

BEITRÄGE

03 Editorial

05 Impressum

W+M DER W+M-FRAGEBOGEN 55

Beiträge, die mit diesem Logo

gekennzeichnet sind, finden Sie

ausführlich im W+M-Onlinemagazin.

QR-Codes verweisen ebenso auf

Web-Content.

Fotos: Fraunhofer IMWS, Fraunhofer IVI

IMPRESSUM

WIRTSCHAFT+MARKT

Das Ostdeutsche Unternehmermagazin

Ausgabe: Frühjahr/Sommer 2021

Redaktionsschluss: 20.05.2021

Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH

Friedrichstraße 171, 10117 Berlin

Tel.: 030 505638-00

info@wirtschaft-markt.de

redaktion@wirtschaft-markt.de

www.wirtschaft-markt.de

Herausgeber/Geschäftsführer:

Frank Nehring, frank.nehring@wirtschaft-markt.de

Chefredaktion:

Karsten Hintzmann / Matthias Salm

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in

diesem Magazin auf eine durchgehende, geschlechtsneutrale

Differenzierung (z. B. Teilnehmer/Teilnehmerinnen) verzichtet.

Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung

grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform

hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Service: Abo- und Anzeigenverwaltung sowie Marketing

und Vertrieb, info@wirtschaft-markt.de

Layout & Design:

Möller Medienagentur GmbH, www.moeller-mediengruppe.de

Druck: Silber Druck oHG, ISSN 0863-5323

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur

mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht

mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos

übernehmen wir keine Haftung.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


6

WIRTSCHAFT+MARKT

W+M-ONLINEMAGAZIN

DAS W+M-ONLINEMAGAZIN

Aktuelle Interviews mit führenden Persönlichkeiten aus

Politik, Wirtschaft und Forschung, täglich neue Meldungen

aus ostdeutschen Unternehmen, Wirtschaftsverbänden,

Konjunkturberichte und Branchen-News – das alles

finden Sie auf Wirtschaft + Markt – das W+M-Onlinemagazin.

Ein zeitgemäßes Medium für Vertreter der

Wirtschaft, die wenig Zeit haben, aber dennoch einen

guten Überblick brauchen.

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und die Beiträge

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W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


W+M-ONLINEMAGAZIN

MACHER IM INTERVIEW

Die Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister

der neuen Länder und Berlin sind regelmäßig zu

Gast bei WIRTSCHAFT + MARKT. Ebenso Vorstandsvorsitzende,

Vorstände und Geschäftsführer wichtiger

Unternehmen, Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Wissenschaftler

aus den Forschungseinrichtungen aus unserem Wirtschaftsraum.

Ein Überblick zum Nachlesen:

Vertreter aus der Politik (Auswahl)

Die Ministerpräsidenten Michael Kretschmer

(Sachsen), Bodo Ramelow ( Thüringen), Dr. Reiner

Haseloff ( Sachsen- Anhalt), Dr. Dietmar Woidke

( Brandenburg) und der Regierende Bürgermeister

von Berlin Michael Müller (Berlin)

W+M-RUBRIKEN

Konjunktur

Unternehmen

Länderreports

Köpfe

Ratgeber

Interviews

Reports

Kommentare

Rankings

Die Wirtschaftsminister Martin Dulig (Sachsen),

Harry Glawe (Mecklenburg- Vorpommern),

Prof. Dr. Jörg Steinbach (Brandenburg),

Wolfgang Tiefensee ( Thüringen) und

Prof. Dr. Armin Willingmann (Sachsen-Anhalt)

Das ostdeutsche

Wirtschaftsmagazin, das Sie

auf dem Laufenden hält.

Fotos: Laurence Chaperon, Wolf Lux, EM Gohlke, Torsten Pross, David Marschalsky/WFBB, HPI / Kay Herschelmann, IHK Halle-Dessau

Dr. Christian Ehler, Abgeordneter

des Europäischen Parlaments

Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter

der Bundesregierung

Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft

(Auswahl)

Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender EWE AG

Ralf Sippel, Mitglied der Geschäftsleitung

zebra | group GmbH

Prof. Dr. Christoph Meinel, Geschäftsführer

Hasso-Plattner-Institut

Prof. Dr. Thomas Brockmeier,

Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau

Dr. Eric Weber, Geschäftsführer SpinLab –

The HHL Accelerator

Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht, Rektor

der TU Bergakademie Freiberg

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8

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

GROSSE CHANCEN

FÜR DIE OSTDEUTSCHE

WIRTSCHAFT

Ostdeutschland hat große Potenziale, gestärkt aus der Corona-Krise

hervorzugehen und die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Fünf

ostdeutsche Regierungschefs erklären im Wirtschaft+Markt-Interview,

welche Chancen sie für ihr Bundesland in den kommenden Jahren sehen:

Dr. Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU), Michael Kretschmer (Sachsen,

CDU), Michael Müller (Berlin, SPD), Bodo Ramelow (Thüringen, Die LINKE)

und Dr. Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD).

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 9

W+M: WO LIEGEN DIE CHANCEN IHRES BUNDESLANDES,

GESTÄRKT AUS DER KRISE HERVORZUGEHEN?

Fotos: Staatskanzlei Freistaat Sachsen, W+M

Dr. Reiner Haseloff: Im Detail wird sich das

erst später zeigen. Ich kann mir jedoch vorstellen,

dass der Digitalisierungsschub, den die

Gesellschaft erfahren hat, zum Treiber eines

neuen Aufschwungs werden kann. Das gilt für

Unternehmen, Verwaltungen, aber auch für die

privaten Haushalte.

Michael Kretschmer: Wir verfügen über eine

kleinteilige und agile Wirtschaftsstruktur. Viele

Akteure aus dem

Bereich der Elektromobilität

sind

bereits vor Ort, weitere

werden folgen.

Unsere Forschungs-

und Bildungslandschaft

bietet viele

Anknüpfungspunkte.

Wir investieren viel

in Forschung und

Innovation. Wir sind

in vielen Teilen der

Welt unterwegs,

um Fachkräfte zu gewinnen und den Zuzug zu

ermöglichen. Sachsen ist ein Land mit einer

starken Wirtschaft, viel Kultur und einer sehr

guten Lage inmitten in Europa. Sachsen muss

nicht schrumpfen, wir können sogar wachsen,

aber nur mit der Bereitschaft, Menschen von

außerhalb aufzunehmen. Das ist ein Phänomen,

das uns Sachsen schwerfällt, weil wir damit

wenig Erfahrungen haben. Wir führen aber viele

Gespräche mit der Wirtschaft, um für das Thema

Fachkräftezuwanderung zu sensibilisieren.

Zudem bietet uns der Strukturwandel Möglichkeiten,

in Größenordnungen zu investieren, die

einmalig sind in Europa. Hier sehe ich ebenfalls

große Chancen für den Freistaat.

Michael Müller: Wir können unterm Strich

ganz zuversichtlich sein, weil wir im Wissenschaftsbereich

und insbesondere im Bereich der

Gesundheit stark sind. Charité, Vivantes, Sanofi,

Pfizer, Bayer und andere – das sind jetzt die

Hauptakteure, die international beachtet wer-

Lesen Sie mehr

von Michael Kretschmer

online

WIR ZEIGEN, WIE

KLIMA NEUTRALITÄT

UND WIRTSCHAFTS-

WACHSTUM VERWOBEN

WERDEN KÖNNEN.

Dr. Dietmar Woidke

den. Hier geht es um Zukunft und das hilft uns

sicher auch, gut aus der Krise zu kommen. Zur

Wahrheit gehört aber auch, dass es von Branche

zu Branche sehr unterschiedlich ist, für die Gastronomie

und den Einzelhandel beispielsweise

ist es eine bittere Situation.

Es sind viele Zukunftsthemen und -technologien,

die eng mit der Wissenschaft verknüpft

sind und sich für Berlin als Chance darstellen.

Die Schnittstelle zu

Wissenschaft und

Forschung spielt

immer eine Rolle,

auch jenseits von

Gesundheit. Gerade

bei den Themen

Künstliche Intelligenz,

Energie und

Mobilität ist noch

viel Musik drin. Hier

erwähne ich nur

die Aktivitäten von

Siemens Energy, wo

es um die Energieversorgung der Zukunft geht

oder ein Thema, das alle Metropolen beschäftigt,

die Mobilität. Hier befinden sich eine

Vielzahl der Akteure vor Ort. Das reicht von der

TU Berlin über BMW und Mercedes bis hin zu

VW Digital Lab, die sich mit diesen Zukunftsthemen

befassen.

Bodo Ramelow: Die Chancen ergeben sich aus

den Schlussfolgerungen, die wir jetzt aus der

Krise ziehen. Der

Einzelhandel ist

eines der Sorgenkinder,

auch die

Automobilzulieferindustrie.

Die

Branche ist völlig

im Umbruch. Wer

zum Beispiel nur

Teile herstellt, die

im Verbrenner eine

Rolle spielen, wird

sich Gedanken

machen müssen.

Und deshalb erlebe

ich immer mehr

Unternehmen, die sich längst über drei oder

vier Geschäftsfelder verteilt haben. Wer dies

DER STRUKTURWANDEL

BIETET UNS

MÖGLICHKEITEN, IN

GRÖSSENORDNUNGEN

ZU INVESTIEREN,

DIE EINMALIG SIND

IN EUROPA.

Michael Kretschmer

Dr. Dietmar Woidke

(Brandenburg, SPD)

Michael Kretschmer

(Sachsen, CDU)

nicht schafft, wird

am Ende mit dem

Verbrennungsmotor

das Schicksal teilen.

Wir haben in der

Landesentwicklungsgesellschaft

eine eigene Transformationsstelle

eingerichtet, um

solchen Unternehmen

zu helfen. Es

kommen auch neue

Bereiche hinzu wie

die Batterie- und

Zelltechnik, die Ansiedlung des chinesischen

Batterieproduzenten CATL in Erfurt, die Bat-

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


10

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

W+M: WELCHE ROLLE SPIELT IHR

BUNDESLAND IN OSTDEUTSCHLAND?

terieforschung und -entwicklung, die viel Potenzial

für Unternehmen bieten. Ein weiteres

gutes Beispiel dafür ist die Va-Q-tec AG aus

Kölleda, ein Spezialist für Vakuumtechnik, der

plötzlich in aller Munde ist, weil er temperaturbeständige

Transportcontainer für Impfstoffe

herstellt. Bekannt gemacht hat das Produkt die

Krise, aber die Technologie bietet weitaus mehr

Chancen.

Dietmar Woidke: Alles, was wir jetzt, auch

mit der Unterstützung des Bundes, für unser

Land machen, dient der Stabilisierung der

Wirtschaft. Wir wollen, dass kein Unternehmen

wegen der Corona-Pandemie seine

Existenz verliert. Wir wollen nicht zurückfallen

in die 90er-Jahre, wo wir viele Teile der

Brandenburger Wirtschaft eingebüßt haben.

Es gab damals harte Strukturbrüche und es

hat bis weit in die 2000er-Jahre gebraucht, die

Wirtschaft wieder neu aufzubauen. Deshalb

ist das Geld, das jetzt investiert wird, gut

angelegtes Geld. Wir können nicht gegen die

Krise ansparen. Das würde alles nur schlimmer

machen.

Lesen Sie mehr

von Dr. Dietmar Woidke

online

Wir haben seit einigen Jahren einen ganz

klaren Kurs: Wir zeigen, wie Klimaneutralität

und Wirtschaftswachstum verwoben werden

können. Das zeigen große Investitionen in

Brandenburg wie zum Beispiel von Tesla oder

BASF in Schwarzheide, aber auch viele, viel

kleinere Unternehmen sind hier auf diesem

Weg in die Zukunft. Wir haben die erneuerbaren

Energien im Land, die Unternehmen

helfen, klimaneutral zu produzieren, und

diese klimaneutrale Produktion ist Ziel von

immer mehr Unternehmen. Die Kunden, privat

wie aus der Wirtschaft, wünschen nicht nur

möglichst klimaneutrale Produkte, sondern

sie wünschen sich auch, dass diese klimaneutral

hergestellt wurden. Und das ist der

Trumpf, den wir hier haben. Wir sind bundesweit

führend bei der Produktion erneuerbarer

Energien und diesen Vorteil nutzen wir.

Dr. Reiner Haseloff: Die Wirtschaftskraft

je Beschäftigtem in Sachsen-Anhalt ist

eine der höchsten im Osten Deutschlands.

Aufgrund der erwähnten Verflechtungen

ist unser Bundesland damit von besonderer

Bedeutung für die ostdeutsche Wirtschaft.

Sachsen-Anhalts Wirtschaft ist nicht nur für

Ostdeutschland, sondern für Deutschland

insgesamt ein wichtiger Bestandteil. Viele

Unternehmen sind in komplexe, oft internationale

Wertschöpfungsprozesse integriert.

Und als Logistikdrehkreuz und zudem als

einer der größten Windenergieproduzenten

hält Sachsen-Anhalt die deutsche Wirtschaft

quasi in Bewegung.

Politisch agiert das Land gegenüber dem

Bund und den Ländern auf Augenhöhe. Es

gelingt uns regelmäßig, Landesinteressen

im Einvernehmen mit unseren Partnern

umzusetzen bzw. zu platzieren. Bei allem

Einvernehmen gilt jedoch grundsätzlich,

Sachsen-Anhalt versteckt sich nicht, sei es

im Rahmen der Fachminister- oder Ministerpräsidentenkonferenzen

oder im Bundes-

rat, dessen Vorsitz ich derzeit einnehme.

Michael Kretschmer: Sachsen ist Kultur-

und Industrieland. Zudem Wissenschafts-

und Forschungsstandort. Die TU Dresden ist

die ostdeutsche Exzellenzuniversität. Sachsen

ist das größte ostdeutsche Bundesland.

Wir haben uns selbst eine sächsische

Bescheidenheit verordnet, denn wir werden

nur gemeinsam erfolgreich sein. Ich bin den

Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts und

Brandenburgs, Reiner Haseloff und Dietmar

Woidke, sehr dankbar für die Zusammenarbeit

in der Kohlekommission. Nur so war

es möglich, die 40 Milliarden Euro für den

Strukturwandel zu bekommen. Das sind

Ergebnisse, von denen wir noch Jahre zehren

werden. Das gegenseitige Belauern ist

weg. Was Halle oder Cottbus hilft, ist auch

für Sachsen gut. Vorbehalte gibt es da nicht

mehr. Also ich habe jedenfalls keine.

Lesen Sie mehr

von Dr. Reiner Haseloff

online

Sachsen-Anhalt

Dr. Reiner Haseloff

Thüringen

Bodo Ramelow

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 11

Brandenburg

Dr. Dietmar Woidke

Dr. Reiner Haseloff

(Sachsen-Anhalt, CDU)

Berlin

Michael Müller

gesamte Region aus und zieht viele Unternehmen

an, die hier das richtige Innovationsumfeld

und viele hervorragend ausgebildete

Fachkräfte finden. Natürlich hat Ostdeutschland

auch andere starke Standorte und wir

sollten daran arbeiten, mehr aus diesem

gemeinsamen Potenzial zu machen. Ich biete

es immer wieder an, Berlin ist für jede Kooperation

offen.

Sachsen

Michael Kretschmer

Bodo Ramelow: Ostdeutschland ist das

Scharnier zwischen Westeuropa sowie Mittelund

Osteuropa. Und Thüringen ist ein starker

Player innerhalb dieser Wirtschaftsregion. Mit

Jena sind wir ein wichtiger Technologiestandort.

Wir sind kein Standort für jeden und jedes.

Wir sind nicht vom Kohleausstieg betroffen,

aber in Kooperation mit den Nachbarländern

wird es einen Ausbau des Bahnverkehrs

geben, der es uns ermöglicht, noch stärker als

bisher zur Drehscheibe für Logistik in Europa

zu werden.

Foto: W+M

Michael Müller: Es ist schön, dass Tesla in

Grünheide seine Gigafactory baut. Ich kann mir

aber nicht vorstellen, dass Elon Musk in China

erklärt, dass seine

Gigafabrik in Grünheide

in Brandenburg

entsteht. Die

Hauptstadt ist hier

der Anziehungspunkt.

Und das ist

auch eine wichtige

Aufgabe Berlins. Die

Stadt ist international

anerkannt und

geschätzt.

Berlin hat sich zum

führenden deutschen Forschungsstandort

entwickelt, das strahlt natürlich auch in die

ALS LOGISTIKDREHKREUZ

UND WINDENERGIE­

PRODUZENT HÄLT

SACHSEN-ANHALT DIE

DEUTSCHE WIRTSCHAFT

IN BEWEGUNG.

Dr. Reiner Haseloff

Dietmar Woidke: Wir sind – mit Berlin – der

Motor der Wirtschaftsregion Ost. Das hat sich

in den letzten Jahren nicht durch Zufall ergeben.

Wir haben bei

der Wirtschaftskraft

und bei den

Arbeitsmarktzahlen

gegenüber Sachsen

und Thüringen aufgeholt.

Ostdeutschland

insgesamt hat

sehr gute Chancen

für die kommenden

Jahre und Jahrzehnte,

auch weil wir

führend sind beim

Ausbau der erneuerbaren

Energien. Wir sind so selbstbewusst

sagen zu können, dass man auch von Ostdeutschland

etwas lernen kann.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


12

WIRTSCHAFT+MARKT

GESELLSCHAFT

W+M: GIBT ES EIN GROSSES

ZUKUNFTSTHEMA, DAS SIE GERN IN

IHRER REGIERUNGSZEIT PLATZIEREN

ODER UNBEDINGT REALISIEREN

WOLLEN?

Michael Müller

(Berlin, SPD)

Dr. Reiner Haseloff: Die nun auslaufende

Legislaturperiode wurde umrahmt von zwei

großen, von außen auf unser Land wirkenden

Krisen. Der Zuzug der überwiegend aus

Syrien und dem Irak stammenden Flüchtlinge

in den Jahren 2015 und 2016 sowie

die anhaltende Corona-Pandemie haben

die Gesellschaft polarisiert und stellten

jeweils eine große Gefahr für die Stabilität

unserer demokratischen Grundordnung dar.

Dieser Gefahr habe ich an nahezu jedem

Tag meiner Amtszeit versucht entgegenzu

treten. Trotz mancher inhaltlicher

Unterschiede haben alle drei Koalitionspartner

dazu beigetragen, dieses Land

nicht nur regierbar zu halten, sondern auch

verlässlich zu regieren.

Michael Kretschmer: Da gibt es eine

ganze Reihe von Punkten. Wenn wir in zehn

bis 15 Jahren zurückschauen, möchte ich,

dass wir sagen können, damals wurden die

richtigen Weichen gestellt. Wir wollen mit

Großforschungszentren dieses Land völlig

neu aufbauen. Wir wollen, dass Digitalisierung

und Informatik in den Schulen Einzug

halten, dass Programmieren zur zweiten

Fremdsprache in Sachsen wird. Und wir

brauchen ein gemeinsames Verständnis

dafür, dass wir mit qualifizierter Zuwanderung

auf einen Wachstumspfad gelangen.

Das erfordert viele Investitionen. Wir sind

kein dünn besiedeltes Agrarland am Rande

Europas, sondern ein Kultur- und Industrieland

inmitten der Europäischen Union.

Sachsen hat eine große Perspektive.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 13

Fotos: W+M (2)

Michael Müller: Ich war 25 Jahre Mitglied

des Abgeordnetenhauses, zwölf Jahre

Parteivorsitzender

und zehn Jahre

Senatsmitglied, ich

habe also die Hälfte

meines Lebens der

Berliner Landespolitik

gewidmet und dies in

vorderster Reihe. Aber

die Entscheidung ist

gefallen. Wenn man

Mitte 50 ist und viel

Wissen und Erfahrungen

sammeln konnte,

dann möchte man dies aber auch künftig

einbringen. Ich bin überzeugt, dass meine

Hauptstadterfahrungen zu den Themen

Migration, Integration, Wohnungsbau und

Mieten, Wissenschaft und internationale

Netzwerke durchaus auch für die Arbeit im

Bundestag von Vorteil sein werden. Diese

will ich gern einbringen.

Lesen Sie

mehr von Michael Müller

online

Bodo Ramelow: Es gibt aktuell ein Thema,

das alles andere übertrifft, das ist der Zusammenhalt

der Gesellschaft. Alle anderen

Themen sind gefährdet, wenn wir diesen

Zusammenhalt nicht sichern. Ich bin bei allen

Fortschritten alarmiert, wenn aktuell die

Langzeitarbeitslosigkeit um zehn Prozent

gestiegen ist. Wir brauchen diese Menschen

alle, und zwar motiviert, nicht laut schreiend

durch die Städte laufend, die sich gegen den

Staat stellen oder apokalyptischen Ideen

nachrennen. Der Kitt, der die Gesellschaft

zusammenhält, ist ausgetrocknet. Wir brauchen

Zukunftsaussichten mit Aufstiegsperspektiven

für alle und besonders für die

Kinder, die jetzt die Schule besuchen.

BERLIN HAT SICH

ZUM FÜHRENDEN

DEUTSCHEN FOR-

SCHUNGSSTANDORT

ENTWICKELT.

Michael Müller

Eine reine Reduktion auf den Klimawandel,

ohne sie mit sozialen Themen zu denken,

wird nicht erfolgreich

sein. Der durch die

Energiewende erforderliche

Umbau muss

neben allen technologischen

Leistungen

auch so erfolgen, dass

er sozial bindend ist.

Die Diskussion um

die Aufstellung neuer

Windräder wäre eine

völlig andere gewesen,

wenn von vornherein

die Menschen und Kommunen einbezogen

und Vorteile für sie lokal und konkret aufgezeigt

worden wären. Der Zusammenhalt der

Gesellschaft ist das Thema. Was hilft mir

der beste technologische Fortschritt, wenn

in meiner Region keiner aus dem Ausland

arbeiten will. Auch Rassismus und Gewalt

sind standortprägend. Deshalb bin ich auf

die Unternehmen in Thüringen stolz, die sich

beispielsweise aktiv mit vietnamesischer

Zuwanderung beschäftigen.

Dietmar Woidke: Mein Ziel ist es, mit

Brandenburg bis zum Ende der 2020er-Jahre

unter die TOP 5

Deutschlands zu kommen.

Wir sind dazu auf

einem guten Weg und

wollen, wie man im

Fußballdeutsch sagt,

auf die Championsleague-Plätze

kommen.

Vieles läuft aktuell

genau in die richtige

Richtung. Wir kämpfen

nicht mehr – wie in

der Vergangenheit

– nur um die Erhaltung der Industrie, um

möglichst den Abbau von Industriearbeitsplätzen

zu verhindern. Wir kämpfen jetzt

dafür, neue und zukunftsfähige Industriearbeitsplätze

zu schaffen. Mit der Entwicklung

dieser Arbeitsplätze verbinden sich viele

WIR BRAUCHEN

ZUKUNFTSAUSSICHTEN

MIT AUFSTIEGSPERS-

PEKTIVEN FÜR ALLE.

Bodo Ramelow

Bodo Ramelow

(Thüringen, Die LINKE)

Effekte für die klein- und mittelständischen

Unternehmen, die als Dienstleister oder

Zulieferer profitieren können. Diese Industriepolitik

ist ein wichtiger Punkt für uns.

Ebenso am Herzen liegt mir, dass Brandenburg

in Bezug auf Klimaneutralität gut

unterwegs ist. Mit Tesla haben wir das

Thema der klimaneutralen Automobilität.

In Cottbus wird mit Hilfe der Strukturstärkung

aufgrund des Kohleausstiegs Europas

modernstes Bahnwerk aufgebaut. In der

Luft- und Raumfahrt, einem unserer aktuell

größten Sorgenkinder in der Krise, arbeiten

wir gerade mit unseren Partnern bei

MTU und Rolls-Royce daran, die Luftfahrt,

das Fliegen insgesamt klimaneutraler zu

machen. Das wird mittelfristig schon der

Fall sein. Langfristig wird dann die neue

Forschungseinrichtung, das Zentrum für

hybridelektrisches Fliegen, das gemeinsam

mit der Industrie

(Rolls-Royce) aus

der Taufe gehoben

wurde, eine besondere

Rolle spielen. Wir

stellen uns in allen drei

Mobilitätsbereichen

gut auf. Wir zeigen,

wie klimaneutrales

Wirtschaften und auch

Lesen Sie

mehr von Bodo Ramelow

online

klimaneutrale Mobilität

in der Zukunft

funktionieren können.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


14

WIRTSCHAFT+MARKT

INTERVIEW

„WIR SOLLTEN EINE AUF-

BRUCHSTIMMUNG SPÜREN“

Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung, über die Zukunft

seines Amtes, die ökonomischen Folgen der Corona-Krise und die Stärken der

ostdeutschen Wirtschaft

W+M : Herr Wanderwitz, Sie sind seit dem

Februar 2020 Parlamentarischer Staatssekretär

im Bundeswirtschaftsministerium und

Beauftragter der Bundesregierung für die

neuen Länder. Wie lange wird Deutschland

noch einen Ostbeauftragten brauchen ?

präsidentschaft inne, die natürlich auch von

Corona dominiert war.

W+M : Sie haben das Stichwort Corona

angesprochen. Wie kommt Ostdeutschlands

Wirtschaft Ihrer Sicht nach durch die Krise ?

Marco Wanderwitz : Ich nehme aktuell wahr,

dass es gerade unter den Jüngeren so etwas

wie ein stärkeres Ostbewusstsein gibt, das

aber deutlich positiver besetzt ist als das alte.

Die Thematik der alten und neuen Länder

wird zunehmend verblassen. Und wenn dies,

verbunden mit dem letzten Stück Weg der

wirtschaftlichen Angleichung, erreicht ist, dann

brauchen wir auch keinen Ostbeauftragten

mehr, sondern vielleicht noch einen Beauftragten

für strukturschwache Regionen. Ich glaube,

dass wir den Ostbeauftragten in der nächsten

Legislaturperiode sicher noch benötigen, aber

dann sollte es das langsam gewesen sein.

W+M : Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit

von den Erwartungen, die Sie mit der Aufgabe

verknüpft haben ?

Marco Wanderwitz : Im großen Ganzen ist es

schon so gekommen, wie ich es erwartet habe.

Neu war das Thema Corona, das vieles andere

überlagert hat. Wenn man als Parlamentarischer

Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium

während einer Wirtschafts krise

tätig ist, stehen die eigentlichen Aufgaben

im Vordergrund und dann kommen erst die

Beauftragungen. Ich bin als Staatssekretär für

Außenwirtschaft und für Europa zuständig. Im

vergangenen Jahr hatten wir die EU-Rats-

Marco Wanderwitz : Diejenigen Wirtschaftswissenschaftler

hatten recht, die prognostizierten,

dass der Osten weniger stark von der

Krise betroffen sein wird als die industriellen

Kerne des Westens. Überall dort, wo eine hohe

Exportabhängigkeit besteht, wirkt die Krise

am stärksten.

Das ostdeutsche Wirtschaftswachstum ist

weniger eingebrochen als im Westen, das

ist die nüchterne Seite der Betrachtung. Wie

steht es aber um die Chancennutzung im

Osten ? Da stellt sich die Frage, ob wir unsere

Transformationskompetenz wieder auf die

Piste bringen und wie es gelingt, sich der

Zukunftstechnologien zu bemächtigen. Ich

denke da an Künstliche Intelligenz, Digitalisierung,

Quantentechnologien, Wasserstoff, neue

Mobilität und Energie.

Angesichts dieser positiven Aussichten bedauere

ich, dass wir aktuell nur über das sprechen,

was nicht geht. Ich kann verstehen, dass viele

Menschen müde und wund sind, gerade auch

die Unternehmerinnen und Unternehmer, die

von der Krise teilweise hart betroffen sind.

Das Handwerk und die Industrie erkennen aber

auch an, dass wir in diesen Bereichen faktisch

alles offengelassen haben und die öffentlichen

Aufträge auf hohem Niveau geblieben sind.

Marco Wanderwitz

Foto: Marco Wanderwitz

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE WIRTSCHAFT+MARKT 15

W+M : Wo liegen aus Ihrer Sicht Ostdeutschlands

Chancen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen

? Haben wir eine Aufbruchstimmung ?

Marco Wanderwitz : Wir sollten eine

Aufbruchstimmung spüren, aber uns dessen

bewusst sein, dass sie kein Selbstläufer ist.

Wir sind in einem vielfältigen Strukturwandel,

ohne im Detail zu wissen wie er ausgeht. Entscheidend

sind neue Investitionen, wie die von

Tesla und CATL oder dass wir in Zwickau nach

Jahrzehnten nun wieder Audis produzieren,

dass wir das Leitwerk für Elektromobilität im

VW-Konzern geworden sind, dass BMW und

Porsche in Leipzig nachziehen.

W+M : Wo liegen aus Ihrer Sicht die wirtschaftlichen

Stärken der einzelnen neuen

Bundesländer ?

Marco Wanderwitz : Wir haben unterschiedliche

Schwerpunkte, den Optik- Schwerpunkt

in Jena, die Mikroelektronik in Dresden, die

Chemie- und Pharmaindustrie in Brandenburg,

Sachsen-Anhalt und Sachsen, den

Automobilbau in Sachsen und Thüringen und

natürlich auch in Brandenburg, die Startup-Szene

vor allem in Berlin, die maritime

Wirtschaft in MV. Nicht zu vergessen die

Tourismuswirtschaft, die das ostdeutsche

Portfolio ergänzt.

Auch die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien

ist ein besonderes Ostthema. Auf dieser

Grundlage bieten sich Chancen für das Thema

Wasserstoff. Ein Grund für die Ansiedlung

von Tesla war, dass der Anteil der erneuerbaren

Energien in den Netzen Ost höher ist als

anderswo, weil auch dieses Unternehmen auf

seinen CO 2

-Footprint achtet.

W+M : Was halten Sie von einer Sonderwirtschaftszone

Ost oder ist das Thema vom

Tisch ?

Marco Wanderwitz : So ganz ist das Thema

nicht von der Tagesordnung, allerdings müssen

wir klären, was wir damit meinen, denn wir

sind in europäisches Recht eingebunden. Geht

es um gewisse Freiheitsgrade, dann ist es

genau das, was wir beim Strukturwandel in der

Lausitz diskutieren. Das meint aber nicht die

klassischen Sonderwirtschaftszonendebatten

der Vergangenheit, die sich vor allem auf steuerliche

Themen konzentrierten. Da ist die Zeit

drüber gegangen, jetzt, wo erste ostdeutsche

Regionen aus der EU-Förderung fallen ob der

guten Entwicklung.

W+M : Wie bewerten Sie die Diskussionen um

das Verhältnis zu Russland, zumal gerade aus

der sächsischen Wirtschaft immer wieder auf

Benachteiligungen angesichts der Sanktionen

hingewiesen wird ?

Marco Wanderwitz : Wirtschaftlich betrachtet

ist die westdeutsche Industrie fast wie

die amerikanische aufgestellt. Es gibt kaum

Wirtschaftsbeziehungen nach Russland.

Das sieht im Osten etwas anders aus, da

haben die Beziehungen schon ein Gewicht.

Als Außenwirtschafts-Staatssekretär weiß

ich, dass es in der russischen Landwirtschaft

und der Ölindustrie beispielsweise Interesse

an deutschem Know-how gibt und natürlich

wäre es schön, wenn wir diesen Markt

wieder bedienen könnten. Aber das setzt

voraus, dass völkerrechtliche Spielregeln

berücksichtigt werden. Hier sehe ich leider

wenig Bewegung auf der russischen Seite. Die

deutsche Reaktion kann nicht sein, dass wir

unsere Einstellung ändern, nur weil Russland

sich nicht bewegt.

W+M : Sie selbst sind für die CDU im Wahlkreis

Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II

Bundestagsabgeordneter und kandidieren erneut.

Wie lautet Ihre Prognose für die Wahlen

zum Bundestag ?

Marco Wanderwitz : Wir sind programmatisch

gut aufgestellt, müssen dies aber erst

noch in einem gemeinsamen Wahlprogramm

von CDU und CSU abbinden. Wir haben wie die

Grünen ein klares Zukunftsbild. Unseres halte

ich allerdings für moderner, weil weniger regulierend.

Vielleicht passen die Zukunftsbilder

auch so gut zusammen, dass man gemeinsam

regieren kann. Ich wünsche mir vor allem

auch, dass wir am Wahlabend nicht darüber

sprechen müssen, dass in den neuen Ländern

wieder einmal die politischen Ränder stark

zum Zug kamen.

Interview : Frank Nehring

Lesen Sie

das ausführliche

Interview online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


16

WIRTSCHAFT+MARKT

DIGITALISIERUNG

WIE WIRD

(OST)DEUTSCHLAND

DIGITAL SOUVERÄN?

Die Corona-Pandemie war ein Katalysator für die Digitalisierung der

Verwaltung und Wirtschaft in Deutschland. Wenn auch noch kein echter

Digitalisierungsschub ausgelöst wurde, hat es zumindest einen ordentlichen

Erkenntnisschub gegeben: Es ist höchste Zeit, mit der Digitalisierung

voranzukommen, und zwar in allen Bereichen. Jetzt müssen wir diesen

Schwung nutzen!

Prof. Dr. Christoph Meinel,

Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts

VON PROF. DR. CHRISTOPH MEINEL, GESCHÄFTSFÜHRER

DES HASSO-PLATTNER-INSTITUTS IN POTSDAM

DDie Corona-Krise hat die Schwächen Deutschlands

im Digitalen schonungslos offengelegt:

Nach wie vor haben wir keine flächendeckende

Versorgung mit Gigabit-Netzen, souveränen

IT-Infrastrukturen und digitalen Geschäftsmodellen,

die auch international wettbewerbsfähig

sind.

Wieso versagt Deutschland bei der digitalen

Transformation? Das größte Problem bei der

digitalen Transformation ist, dass auf politischer

Ebene nicht verstanden wird, dass man

digitale Infrastrukturen und digitale Anwendungen

strikt getrennt denken und entwickeln

muss. Mit der fatalen Folge, in allen digitalen

Belangen trotz des Einsatzes großer Geldmengen

seit Jahren nicht voranzukommen.

Die Existenz leistungsfähiger digitaler Infrastrukturen

ist notwendige Voraussetzung für

den erfolgreichen Einsatz jedweder digitalen

Anwendungen. Für jede Anwendung braucht

es eine sichere Authentifizierung. Bei jeder

Anwendung müssen ein sicherer nutzerfreundlicher

Zugang und die Konformität zu

den geltenden Datenschutzregeln sichergestellt

sein. Die Bereitstellung und der Betrieb

leistungsfähiger Infrastrukturen können nur

über alle föderalen Ebenen hinweg erreicht

werden, einzelne Bundesländer geschweige

denn einzelne Kommunen können das

dauerhaft nicht stemmen. Nur wenn digitale

Infrastrukturen gemeinsam gedacht, entwickelt

und betrieben werden, wird es gelingen,

den Standort Deutschland auch im Bereich der

Digitalisierung nach vorne zu bringen.

Behindert der Datenschutz den Fortschritt?

Datenschutz behindert nur dann den Fortschritt,

wenn keine eigenen datenschutzkon-

Foto: HPI / Kay Herschelmann

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE WIRTSCHAFT+MARKT 17

formen Infrastrukturen zur Verfügung stehen

und diese zumindest von der öffentlichen Verwaltung

genutzt werden. Es ist unglaubwürdig

und kann auch nicht erfolgreich sein, wenn

Deutschland und die EU von erfolgreichen

ausländischen Dienstanbietern verlangen,

EU-Standards einzuhalten, ohne eigene Alternativen

anbieten und einsetzen zu können.

Das Thema digitaler Souveränität in

Deutschland und in der EU kann und muss

auf Infrastrukturebene gelöst werden.

Wir brauchen in Europa „Datenschutz as a

Service“, bei dem Datenschutz fest in die

europäischen Infrastrukturen hineinkodiert

ist und alle Anwendungen über entsprechende

Daten schützende Schnittstellen laufen

können. Dann werden die EU-Standards vom

Hemmschuh zum Wettbewerbsvorteil, weil

die allseits beliebten ausländischen Dienste

dann ohne viel Zutun auch Datenschutzkonform

genutzt werden können.

Die digitale Souveränität ist der Schlüssel zu

Wettbewerbsfähigkeit. Souverän kann nur

sein, wer weiß, wo und in welchen Kontexten

Daten anfallen, der beeinflussen kann, wie mit

den Daten umgegangen wird und der Daten

eigenverantwortlich nutzen, weiterverarbeiten

und löschen kann. Digitale Souveränität

bedeutet, die Hoheit über die eigenen

Daten und IT-Infrastrukturen zu haben. Auf

nationaler Ebene heißt das, dass ein Staat

mit eigenen Infrastrukturen sicherstellen

kann, dass die Daten seiner Bürger im eigenen

Hoheitsbereich verbleiben und unter den

geltenden, demokratisch vereinbarten Regeln

bewahrt und genutzt werden können und

dass Forschung, Bildung und Anwendung

digitaler Dienste nicht von ausländischen

Akteuren abhängig sind.

Es ist trotzdem wichtig, nicht in einen Digitalnationalismus

zu verfallen. Internationale

Kooperation ist lebenswichtig und für die

Entwicklung eigener Fähigkeiten notwendig.

Aber Kooperation lebt davon, dass jede Seite

etwas anzubieten hat und nicht, dass einer

alles anbietet und der andere ausschließlich

konsumiert. Digitale Souveränität bezeichnet

einen Zustand der Augenhöhe auch im Bereich

der neuen Digitaltechnologien, den Deutschland

und Europa anstreben müssen, um ihre

führende Position und den damit verbundenen

Wohlstand verteidigen zu können.

Digitale Souveränität setzt das Vorhandensein

eigener digitaler Infrastrukturen voraus,

die es Bürgern und Unternehmen ermöglichen,

gesetzeskonform auch im digitalen

Raum aktiv zu sein. Der Aufbau von Kompetenzen

im Bereich digitaler Infrastrukturen

hat enormes ökonomisches Potential, da in

diesem Bereich zukunftssichere Arbeitsplätze

entstehen können.

Das Thema digitale Souveränität ist grundsätzlich

zu groß für Ostdeutschland allein,

vielleicht sogar zu groß für Deutschland. Aber

die ostdeutschen Länder könnten vorangehen

und in gemeinsamen länderübergreifenden

Projekten beim Aufbau digitaler Infrastrukturen

einen Standortvorteil erringen. Gemeinsam

sind die neuen Länder so gewichtig wie

das größte deutsche Bundesland – allein sind

sie dagegen wenig bedeutend. Ostdeutschland

muss es gelingen, wichtige digitale

Infrastrukturprojekte gemeinsam aufzubauen

und so Fakten zu schaffen, an denen andere

nicht mehr vorbeikommen. Ein erstes sehr

einfach umzusetzendes Projekt könnte der

gemeinsame Betrieb einer digitalen Schul-

Infrastruktur – wie der HPI Schul-Cloud – sein.

Was muss geschehen, damit digitale Souveränität

in Deutschland erreicht wird? Der

IT-Planungsrat als wichtigstes deutsches Koordinierungsgremium

muss gestärkt und mit

weiteren Kompetenzen ausgestattet werden.

Das Prinzip „Einer entwickelt – Alle nutzen“

muss in allen Bereichen, in denen digitale

Technologien in der öffentlichen Verwaltung

verwendet werden, länderübergreifend

zur Anwendung kommen. Bei zukünftigen

öffentlichen Digitalisierungsprojekten muss

die strikte Trennung von digitaler Infrastruktur

und digitalen Systemen/Diensten/Anwendungen

eingehalten werden: Die Schaffung und

Bereitstellung digitaler Infrastruktur muss

ganz analog zu den Autobahnen in der analogen

Welt als gemeinsame Aufgabe vorangetrieben

werden. Dienste können und sollen

sich föderal ausdifferenzieren, so dass sie

auf der Basis offener Schnittstellen über gemeinsamen,

länderübergreifenden, digitalen

Infrastrukturen ausgespielt werden können.

Lesen Sie

den ausführlichen

Beitrag online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


18 WIRTSCHAFT+MARKT WIRTSCHAFT

WEGE ENTSTEHEN

BEIM GEHEN!

Wirtschaft und Gesellschaft stehen vor einem

nachhaltigen Umbau. Die neu entstehenden

Strukturen bieten Ostdeutschland neue Chancen.

Dabei sollten die ostdeutschen Länder an einem

Strang ziehen.

VON PROF DR. JOACHIM RAGNITZ,

MANAGING DIRECTOR DES IFO-

INSTITUTS DRESDEN

NNicht nur im Bund, auch

in den meisten ostdeutschen

Ländern werden

in diesem Jahr Landtagswahlen

abgehalten: In

Sachsen-Anhalt bereits am

6. Juni, in Mecklenburg-Vorpommern,

Thüringen und

in Berlin zeitgleich mit der

Bundestagswahl am 26. September.

Aktuellen Umfragen

zufolge dürften in allen

betroffenen Bundesländern die

aktuellen Koalitionspartner auch

die künftige Regierung bilden (in

Berlin allerdings möglicherweise

unter Führung der GRÜNEN);

in Thüringen ist ungewiss, ob das

gegenwärtige Dreierbündnis (aus

LINKEN, SPD und GRÜNEN) über eine

eigene Mehrheit verfügt oder weiterhin

auf eine Tolerierung durch andere

Parteien angewiesen ist.

Dies heißt nicht, dass es keine „Wechselstimmung“

gäbe – aber weil der Unmut

über die jeweils bestehende Regierungskoalition

oftmals primär der AfD zugutekommt,

die als Koalitionspartner nicht in

Frage kommt, wird wohl alles beim Alten

bleiben. Doch das heißt nicht, dass alles beim

Alten bleiben könnte. Die Corona-Pandemie

hat wie in einem Brennglas deutlich gemacht,

was in der öffentlichen Verwaltung in der

Vergangenheit verschludert und verschlampt

wurde; angefangen bei der oftmals versprochenen

Digitalisierung bis hin zur vorgeblichen

Priorisierung von Bildungsinvestitionen.

KLIMASCHUTZ ERFORDERT

GRAVIERENDE EINSCHNITTE

Die absehbare Verschärfung der Klimaschutzauflagen

– 65 Prozent CO 2

-Einsparung

gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 – bedeutet

gegenüber dem heutigen Stand eine annähernde

Halbierung der Treibhausgasemissionen bis

zum Ende des Jahrzehnts, was nicht ohne

gravierende Einschnitte in unsere bisherige

Produktions- und Lebensweise möglich ist.

Und schließlich wird Ostdeutschland zur

Verhinderung von Arbeitskräftemangel in allen

Bereichen jede Menge Zuwanderer aus dem

Ausland benötigen – was die Gesellschaft vor

erhebliche Integrationserfordernisse stellt

und politisch unbedingt sachgerecht begleitet

werden muss, um eine weitere Spaltung der

Bevölkerung zu verhindern.

Die Wahlprogramme der (führenden) Parteien,

soweit es überhaupt welche gibt, lassen nicht

erkennen, dass diese Herausforderungen

ausreichend erkannt und adressiert werden –

aber zum Glück dienen Wahlprogramme ja

ohnehin nur dazu, dem Wähler ein wohliges

Gefühl zu vermitteln; relevanter ist vielmehr,

was hinterher in Koalitionsverträgen zwischen

den künftigen Regierungspartnern ausgehandelt

werden wird. Leider bleibt dem Wähler

dann nichts übrig, als die sprichwörtliche „Katze

im Sack“ zu kaufen und auf die praktische

Vernunft handelnder Politiker zu hoffen (was

in der Vergangenheit, sieht man einmal von

den Wirrungen der Berliner Landespolitik ab, ja

auch ganz gut geklappt hat).

Foto: ifo-institut

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 19

Im Vorfeld der anstehenden Wahlen hat sich

das Ostdeutsche Wirtschaftsforum ausgiebig

mit den Herausforderungen befasst, denen sich

die Politik in Bund und Ländern in den kommenden

Jahren gegenübersieht, und Vorschläge

unterbreitet, wie insbesondere der wirtschaftlichen

Entwicklung in Ostdeutschland wieder

mehr Schwung verliehen werden kann. Dieses

Papier wird beim kommenden OWF vorgestellt

und ist auf Seite 31 dieser Ausgabe abgedruckt.

Grundgedanke dabei ist: Die Zeit des „Nachbau

West“ ist ein für alle Mal vorbei, denn neue

Zeiten erfordern neue Antworten.

CHANCEN FÜR OSTDEUTSCHLAND

Gerade weil die Zeichen in ganz Deutschland

auf einen Neubeginn gestellt sind, gibt es aber

gute Chancen für die ostdeutschen Länder,

denn der notwendige Umbau von Wirtschaft

und Gesellschaft wird sich nicht notwendigerweise

an bisherigen Strukturen ausrichten: So

hat Ostdeutschland beispielsweise überaus

günstige Perspektiven mit Blick auf Elektromobilität,

Wasserstoffwirtschaft oder auch

Erzeugung erneuerbarer Energien; auch bei

Künstlicher Intelligenz oder Medizintechnik gibt

es erfolgversprechende Potenziale.

Diese Technologien gilt es besonders zu

fördern, und zwar entlang der gesamten

Wertschöpfungskette. Ostdeutschland hat

aber auch besondere Kompetenzen mit Blick

auf strukturelle Umbrüche, die – so ist zu

hoffen – künftig gewinnbringend genutzt

werden können. Und Ostdeutschland ist trotz

aller historischen Gemeinsamkeiten so vielfältig,

dass gerade diese Vielfalt auch genutzt

werden kann, in vielen Bereichen erfolgreich

zu sein. Diesen „Mut zum Vorsprung“ muss

man allerdings fortentwickeln, und hier sollte,

ja muss sogar, die Politik eher Vorreiter als

Bremser sein.

Foto: Fotos: XXX Mit freundlicher Genehmigung von Tesla, Inc, Volkswagen AG, DLR

Gut wäre es, wenn die einzelnen ostdeutschen

Länder dabei an einem Strang ziehen würden

und sich nicht in lähmenden Verteilungskämpfen

untereinander und mit anderen aufreiben

würden. Denn die einzelnen ostdeutschen Länder

sind jedes für sich genommen auch nicht so

groß, als dass sie alles alleine machen könnten.

„Wege entstehen beim Gehen“, mit diesem

Motto sollte die künftige Wirtschaftspolitik

in und für Ostdeutschland die notwendigen

Veränderungen anpacken – und nicht dadurch,

auf ausgetretenen Pfaden (die nur dahin führen,

wo andere bereits vorangegangen sind) in die

Zukunft zu schreiten.

Die Zukunft in Ostdeutschland: In Grünheide entsteht die Gigafactory des

Autobauers Tesla, in Zwickau konzentriert VW seine E-Auto-Produktion

und in Cottbus gründet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein

Institut für die Erforschung emissionsarmer Luftfahrtantriebe.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


20

WIRTSCHAFT+MARKT

DIE OSTDEUTSCHE

WIRTSCHAFT SOLLTE

SICH AUF IHRE

STÄRKEN BESINNEN

Wie kann sich die ostdeutsche Wirtschaft strategisch neu ausrichten?

Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Perspektivwechsel geboten: Weg von

der rückwärtsgewandten Diskussion über Fehler beim Aufbau Ost, hin zu einer

Fokussierung auf die Stärken der ostdeutschen Wirtschaft.

VON PROF. DR. THOMAS BROCKMEIER,

HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER DER IHK HALLE-DESSAU

EEine strategische Neuausrichtung der ostdeutschen

Wirtschaft steht und fällt damit,

zunächst einmal überhaupt so etwas wie eine

eigene Strategie zu haben. Und eine solche

sollte eine originäre Strategie sein, das heißt

sie sollte nicht einfach darin bestehen, einer

westdeutschen nacheifern zu wollen.

Eine solche Forderung mag wohlfeil klingen,

banal ist sie indes nicht. Diese Überzeugung

speist sich aus den Erfahrungen rund um das

Thema „Aufbau Ost“, die nicht zuletzt von

einer aus meiner Sicht wenig konstruktiven,

weil überwiegend rückwärts gewandten Diskussion

darüber geprägt war, was bei diesem

in der Wirtschaftsgeschichte beispiellosen

Mammut vorhaben falsch gemacht worden ist.

Nicht wenige der in diesem Zusammenhang

immer wieder aufgerufenen Punkte möchte

ich mit der Überschrift „Falle“ versehen; in eine

Falle gerät man und kann sich in aller Regel

nicht allein und ohne Schaden aus ihr befreien.

Diskussionen darüber, warum man hineingeraten

ist, sind nach aller Erfahrung müßig. Wenn

ich an dieser Stelle auf einige dieser „Fallen“

zu sprechen komme, dann, weil ich gleichsam

mit deren Hilfe für einen Perspektivwechsel

werben möchte.

Der Perspektivwechsel besteht darin, sich

klar zu machen, dass es in der ostdeutschen

Wirtschaft offenkundig beachtliche Stärken

geben muss. Dies wird deutlich, wenn man die

besonders oft genannten Fallen einmal näher

beleuchtet:

Die „Wachstums-Falle”: Damit ist jene

Aussage gemeint, die sich wie folgt auf den

Punkt bringen lässt: „Die Schere schließt sich

nicht weiter, von Konvergenz sind wir weit

entfernt.“

Eine solche auf die nominalen Wachstumsraten

fokussierte Lesart freilich unterschlägt,

dass sich in der Wirtschaft Ostdeutschlands

spätestens seit Ende der 1990er-Jahre ein

erfolgsgeneigtes Strukturmuster herausgebildet

hat. Ein beachtlicher Teil der Wertschöpfung

wird von der Industrie und unternehmensnahen

Dienstleistern erbracht, die

vor allem auf überregionalen Märkten tätig

sind, deren Wachstumsmöglichkeiten mithin

keine „endogenen“ Grenzen kennen.

Bedeutsam ist dies deshalb, weil keineswegs

irrelevant ist, in welchen Bereichen Wachstum

erzielt wird. Gemessen an dem heute soliden

Strukturmuster ließen sich die ersten Jahre

nach der Wende beinahe als „Scheinblüte“

bezeichnen: Ein angesichts des enormen

Nachholbedarfs überproportionaler Bausektor

gepaart mit einem transfergestützten

Boom im Einzelhandel bescherte zwar hohe

Wachstumsraten, nicht aber eine weitgehend

selbsttragende Wirtschaftsentwicklung.

Die „Institutionen-Falle”: Damit ist jene These

benannt, dass die ostdeutsche Wirtschaft

durch den Institutionentransfer von Arbeitsrecht,

Tarifrecht etc. am dynamischen Durchstarten

gehindert worden sei. Der Befund mag

stimmen, bei der Diagnose wäre ich schon

skeptischer. Wie hätte der daraus abzuleitende

Therapieansatz aussehen sollen? Doch wohl

hoffentlich nicht darin, über womöglich Jahrzehnte

ein institutionell gespaltenes Deutschland

zu haben.

Die „Förder-Falle”: Hierbei geht es um

die These, dass in der Förderpolitik falsche

Ansätze verfolgt worden seien (vulgo:

„Gießkanne statt Leuchttürme“, „Ausgleich

in der Peripherie statt Wachstumsförderung

in den Zentren“). Hier gilt: Politik ist die Kunst

des Möglichen. Und diese Kunst kann nicht

bedeuten, ländliche Räume quasi ausbluten

zu lassen. Dies gilt zumal für die ostdeutschen

Länder, die zum großen Teil aus ländlichem

Raum bestehen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 21

Verstärkend kommt hinzu, dass die erreichten

ostdeutschen Erfolge unter erschwerten

Bedingungen errungen wurden. Hierfür seien

zwei Beispiele genannt:

Zum einen verfügten die ostdeutschen

Unternehmer über keinerlei Erfahrungen in

Sachen Marktwirtschaft; sie mussten jedes

Prozent Marktanteil etablierten Konkurrenten

abringen. Zum anderen hatte die ostdeutsche

Wirtschaft mit einem beispiellosen Aderlass

an Arbeitskräften zu kämpfen: Mehr als zwei

Millionen überwiegend gut ausgebildete Menschen

verließen ihre alte Heimat, darunter viele

junge Frauen. Per Saldo dürften heute wohl ca.

1,5 Millionen Erwerbstätige mehr im Westen

aktiv sein als vor der Wende. Einen durchschnittlichen

Beitrag zur Bruttowertschöpfung

von (lediglich) 50 000 bis 60 000 Euro pro Kopf

und Jahr unterstellt, hieße das, dass Westdeutschland

der deutschen Einheit Jahr für

Jahr zirka 75 bis 90 Milliarden Euro zusätzliche

Wertschöpfung verdankt.

Die Stärke „erfolgsgeneigtes Strukturmuster“

wurde bereits kurz erwähnt. Eine weitere

Stärke erkenne ich darin, dass Ostdeutschland

zu einem insgesamt attraktiven Standort zum

Leben, Arbeiten und Investieren herangereift

ist, der im Vergleich zum westdeutschen Teil

über einige Vorteile verfügt. Diese wären:

Die Lebenshaltungskosten sind sowohl auf

dem Land als auch in den Städten im Durchschnitt

noch immer geringer als an jeweils

vergleichbaren Standorten in Westdeutschland;

dadurch bleibt letztlich mehr vom

verfügbaren Einkommen übrig.

Die Kinderbetreuung ist in Ostdeutschland

spürbar besser als auf dem Gebiet der alten

Bundesrepublik; nicht zuletzt deshalb ist die

Frauenerwerbsquote im Osten nach wie vor

deutlich höher als im Westen.

Die ostdeutschen Immobilienpreise sind

niedriger als die westdeutschen.

Die ostdeutsche Hochschul- und Forschungslandschaft

ist hochmodern ausgestattet;

die Relationen von Lehrenden und

Studierenden können sich sehen lassen.

Im Angesicht solcher Stärken kann ich mit

einem positiven Fazit in die Zukunft blicken:

Die deutsche Einheit war das Beste, was uns

Deutschen passieren konnte. Seien wir dankbar,

freuen wir uns am Erreichten und schauen

nach vorn!

Foto: IHK Halle-Dessau

Fallen können Pfadabhängigkeiten bewirken

oder zumindest prägen. Was brauchen wir,

um uns aus diesen zu befreien bzw. zukünftig

nicht in weitere hineinzugeraten? Ich denke, wir

sind gut beraten, uns der Stärken Ostdeutschlands

zu vergewissern. Sodann könnten wir

diese Stärken in den Mittelpunkt einer eigenen

originären Strategie stellen. Teil einer solchen

Strategie wäre eine entsprechende Kommunikation

dieser Stärken nach innen und außen.

Die Knappheit an Industrie- und Gewerbeflächen

ist in den ostdeutschen Bundesländern

spürbar geringer. Hinzu kommt eine

hohe Industrieakzeptanz der ostdeutschen

Bevölkerung.

Erwähnenswert ist zudem die in Ostdeutschland

im Durchschnitt bessere, weil

jüngere (technische) Infrastruktur.

Prof. Dr. Thomas Brockmeier

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den ausführlichen

Beitrag online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


22 WIRTSCHAFT+MARKT

STARTUPS

DER OSTEN BRAUCHT

MEHR STARTUPS

Konzernzentralen sind in Ostdeutschland rar gesät. Doch die innovativen Startups

von heute könnten die Großunternehmen von morgen sein. Deshalb lohnt

sich eine gezielte Förderung von Startups in den ostdeutschen Bundesländern.

VON DR. ERIC WEBER, GRÜNDER UND GESCHÄFTSFÜHRER

SPINLAB – THE HHL ACCELERATOR*

Dr. Eric Weber

EEin oft beklagtes Problem der ostdeutschen

Wirtschaft ist die geringe Zahl an

Unternehmens zentralen. Von allen DAX-,

MDAX- sowie SDAX-notierten Unternehmen

haben mit Carl Zeiss Meditec und Jenoptik in

Jena sowie VERBIO in Leipzig lediglich drei ihren

Sitz in den ostdeutschen Flächenländern. Dass

bis 2018 selbst die Bundesregierung von ihren

eigenen 219 Bundesinstitutionen nur 25 im

Osten angesiedelt hatte, zeigt, wie schwer eine

Verlagerung von bestehenden Institutionen

oder Unternehmenssitzen ist. Mit der Standortwahl

für das Fernstraßenbundesamt sowie für

die Agentur für Sprunginnovationen zeigt der

Bund die Lösung des Problems : Neugründungen

gehören vermehrt in den Osten.

großer Beliebtheit und gilt mittlerweile als einer

der wichtigsten Startup-Standorte europa- und

weltweit. Laut dem Deutschen Startup Monitor

erreichen die ostdeutschen Flächenländer

einen Anteil von 7,8 Prozent aller Startups, also

deutlich weniger als der Bevölkerungsanteil von

rund 15 Prozent. Der Datenanalysedienstleister

startupdetector ermittelte bei einer Auswertung

von Handelsregisterneueintragungen im Jahr

2020 einen Anteil von 6 Prozent (173 Startups).

In beiden Studien erreichen die ostdeutschen

Flächenländer zusammen ungefähr den

Anteil des Bundeslandes Hessen, welches

aber weniger als halb so viele Einwohner hat.

Gerade auch im Hinblick auf die hohe Dichte

an Hochschulen und außeruniversitären

Forschungseinrichtungen im Osten ist noch

viel mehr Potenzial vorhanden.

BERLIN UND BRANDENBURG FÜHREND

Anzahl an Gründungen je 10 000 Erwerbsfähige

im Zeitraum 2017–2019 pro Jahr

Und das betrifft auch und vor allem Unternehmensgründungen,

die letztlich das Potenzial haben,

zu mittelständischen oder sehr großen Unternehmen

zu wachsen. Mut machen Beispiele

wie Delivery Hero (DAX, Berlin), HelloFresh

(MDAX, Berlin) oder eben auch VERBIO (SDAX,

Leipzig). Die Chance besteht, dass innerhalb der

nächsten Dekaden der Anteil ostdeutscher Konzerne

steigt, indem erfolgreiche ostdeutsche

Startups den Durchbruch schaffen. Dies könnte

einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Lücke

zwischen Ost und West weiter zu verringern.

BERLIN IST EINE WELTWEITE

STARTUP-METROPOLE

Und tatsächlich gibt es im Osten der Republik

einige spannende Ansätze – allen voran

natürlich in Berlin. So ist die Zahl der Existenzgründer

laut KfW in Berlin deutschlandweit am

höchsten. Von der Nähe zu Berlin profitiert auch

Brandenburg auf Platz 2. Auch bei den innovativen

Startup-Gründern erfreut sich Berlin

BREMEN

37

SCHLESWIG-HOLSTEIN

90

HAMBURG

122

NIEDERSACHSEN

116

NORDRHEIN-

WESTFALEN

109

HESSEN

108

RHEINLAND-PFALZ

94

SAARLAND

74

BADEN-

WÜRTTEMBERG

115

MECKLENBURG-

VORPOMMERN

41

BERLIN

198

THÜRINGEN

71

BRANDENBURG

165

SACHSEN-ANHALT

83

SACHSEN

86

BAYERN

121

Foto: XXX SpinLab Accelerator GmbH, Grafik: KfW-Gründungsmonitor 2020

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 23

Foto: Grafik: XXX EY Startup-Barometer Deutschland

STARTUP-FINANZIERUNG IN

OSTDEUTSCHLAND

Auch aufgrund der umfangreichen Maßnahmen

der ostdeutschen Landesregierungen ist die

Situation bei der Einwerbung von Finanzmitteln

durch Startups ausgeglichener. Die ostdeutsche

Förderlandschaft – bestehend aus diversen

Zuschuss-, Darlehens und Bürgschaftsprogrammen

– gilt weithin als besonders

leistungsfähig. Ob dieser Vorsprung auch in der

neuen EU-Förderperiode erhalten bleibt, wird

sich erst zeigen, denn längst sind die südlichen

und östlicheren Regionen Europas im stärkeren

Fokus der EU.

Die Länder initiierten in der Vergangenheit dazu

sehr gut ausgestattete regionale Venture-

Capital-Fonds. So zählten der Technologiegründerfonds

Sachsen (TGFS) und bm|t beteiligungsmanagement

thueringen zu den zehn aktivsten

Venture-Capital-Gebern deutschlandweit. Auch

dadurch konnte sich Sachsen bei der Anzahl

der VC-finanzierten Startups und beim Deal-

Volumen im Jahr 2020 einen respektablen Platz

5 bzw. 6 im Bundesländervergleich sichern. Dies

kann durchaus als Indikator für eine überproportional

hohe durchschnittliche Qualität der

ostdeutschen Startups interpretiert werden.

Beispielsweise ist das Chemnitzer Startup

staffbase auf dem Sprung zum Unicorn. Neben

einigen Unicorn-Kandidaten entstehen auch

sogenannte Zebras, also profitable Unternehmen

mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell.

Diese Unternehmen sind nicht nur die potenziellen

Mittelständler und Konzerne von morgen,

sondern auch interessante Kooperationspartner

und Investoren für zukünftige Startups.

STARTUP-ÖKOSYSTEM IN DEN OST-

DEUTSCHEN REGIONEN FÖRDERN

Es gilt diese positiven Ansätze weiter zu

stärken und noch mehr insbesondere technologisch

anspruchsvolle Gründungen in den

ostdeutschen Bundesländern zu unterstützen.

Einzelne Standorte sollten zu weltweit attraktiven

Leuchttürmen in engen technologischen

Spitzenfeldern weiterentwickelt werden, um

national und international Gründer, Fachkräfte,

Forscher und Entwickler sowie Investoren

anzuziehen. Grundsteine dafür gibt es etwa im

Bereich der Optik in Jena, im Bereich Mikroelektronik

in Dresden sowie in den Bereichen

Medizin und Energie / Umwelt in Leipzig. Dafür

sollten Bund und Länder mit einer gemeinsamen

Strategie Startups-Ökosysteme stärken –

übrigens nicht nur in Ostdeutschland, sondern

überall dort, wo Regionen neue Impulse für

eine wirtschaftliche Entwicklung brauchen.

Beispielsweise könnten bereits vorhandene

Ideen, Initiativen, Mechanismen und (Förder-)

Programme gezielt in den Regionen angepasst

werden. Geeignete Maßnahmen hierzu wären :

• Intensivere Außenkommunikation der

Stärken ostdeutscher Standorte, etwa

über die Digital Hub Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums.

Aktuell sind dort

neben Berlin die Standorte Potsdam sowie

Leipzig/Dresden vertreten.

• Stärkerer Fokus der GTAI zur Ansiedlung

in diesen Regionen durch entsprechende

Anreizmechanismen.

• Schaffung von Programmen nach den Vorbildern

von GISEP (Ansiedlung israelischer

Startups) oder GINSEP (indische Startups)

gezielt für ostdeutsche Regionen.

• Unterstützung der Kommunen zur Senkung

der Gewerbesteuerhebesätze gezielt für

junge Unternehmen.

SCHLESWIG-HOLSTEIN

7

HAMBURG

46

NIEDERSACHSEN

+ BREMEN

11

NORDRHEIN-

WESTFALEN

60

HESSEN

23

RHEINLAND-PFALZ

12

SAARLAND

2

• Schaffung von Reallaboren mit

regula torischen Vereinfachungen für

Zukunftstechnologien.

DAS MEISTE KAPITAL FLIESST NACH BERLIN

Zahl der Startups, die 2020 Finanzierungen erhalten haben,

nach Bundesländern

BADEN-

WÜRTTEMBERG

32

• Pilotprojekte zur Befreiung von Gründungen

bis zu einer Größe von zehn Mitarbeitern

von bürokratischen Hürden.Investitionen

der KfW Capital in VC-Fonds in ärmeren

Regionen auch bei kleineren Fondsvolumina

(< 50 Mio. Euro).

• Höhere Bezuschussung von Business

Angels bei der Nutzung des Invest-Zuschusses

für Wagniskapital zur Finanzierung von

Startups mit Sitz in diesen Regionen.

• Höherer Sachmittelzuschuss bei EXIST-

Gründerstipendien für Projekte an ausgewählten

Hochschulen zum Ausgleich der

schlechter ausgeprägten Business Angel-

Szene.

MECKLENBURG-

VORPOMMERN

4

THÜRINGEN

8

BERLIN

278

BRANDENBURG

6

SACHSEN-ANHALT

7

SACHSEN

28

BAYERN

163

Sicherlich finden sich noch viele weitere Ideen

und Ansätze zur Erweiterung der bereits

vorhandenen strukturpolitischen Maßnahmen

und zur gezielten Stärkung der Startup-Szenen

in den ostdeutschen Bundesländern, die in den

nächsten Jahren zu einer weiteren Angleichung

der Wirtschaftskraft beitragen können.

*INFO : SpinLab – The HHL Accelerator ist ein Spin-off der

HHL Leipzig Graduate School of Management. Der Accelerator

unterstützt innovative Startup-Projekte bei der

Umsetzung und Weiterentwicklung ihrer Vorhaben beispielsweise

mit Coaching und Mentoring- Programmen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


24 WIRTSCHAFT+MARKT

THE SOUND OF

EASTERN GERMANY

Hat Ostdeutschland die Kraft, eine eigenständige Standortmarke zu sein? Schließlich hat nur

Ostdeutschland eine ganzheitliche Transformationsgeschichte zu erzählen. Ein gutes Beispiel für

eine solche Erfolgsgeschichte ist die Wahl von Chemnitz zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025.

VON RALF SIPPEL, MITGLIED DER GESCHÄFTSLEITUNG

ZEBRA|GROUP GMBH, CHEMNITZ*

Ostdeutschland ist ein Begriff, der erst mit der

Wende entstanden ist. Vorher war es ein Staat

und mit dem Fall der Mauer eine kurze Idee

von Aufbruch. Dann kam der Einigungsvertrag,

womit der „Osten“ mit dem „Westen“ verschmolz.

Big Bang, Kaltstart, Währungsunion,

Privatisierung und Treuhand – so hießen die

Formate für den Weg. Zur Motivation gab es

die Reisefreiheit und als Vision das politische

Narrativ der „blühenden Landschaften“. Der

Osten wurde das Synonym für die Transformation

einer ganzen Gesellschaft.

Für eine solche Transformation gab es 1990

weltweit keine Blaupause. Ein Blick auf die

anderen Aspiranten des ehemaligen Ostblocks

verhieß nichts Gutes und so war die beste

Wahl ganz klar die rasche Wiedervereinigung

und Angleichung. Der Weg in den Wandel

begann schmerzvoll mit der Privatisierung

der Wirtschaft. Wenn es einen Sound dazu

gab, dann war er voller lauter, schiefer Töne.

Doch die Transformation kam voran, Dekade

für Dekade, und der Sound des Ostens bekam

einen besseren Klang.

In Zahlen gemessen kann sich nach 30 Jahren

die Transformationsbilanz Ostdeutschlands

sehen lassen. In wirtschaftlichen und sozialen

Parametern hat der Osten stetig aufgeholt

bis auf ca. 80 Prozent des Westniveaus. Im

europäischen Vergleich liegt der Osten deutlich

vor vielen Nachbarn.

Der Start für die Menschen war schwer, denn

die negative Beschreibung des Status Quo der

Wirtschaft Ost wurde auch auf sie übertragen.

In Verbindung mit Massenentlassungen

entstand ein Gefühl von Verlust und Abwertung.

Ein Kulturschock: eben noch friedlicher

Foto: zebra|group GmbH

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE

WIRTSCHAFT+MARKT 25

Revolutionär und auf einmal arbeitslos. Und

das Wort dazu war Ossi. Doch die 2000er-

Jahre brachten spürbare Erfolgserlebnisse im

Wiederaufbau, beim Lebensstandard und im

erneuerten Selbstwertgefühl. Nach 30 Jahren

lässt sich sagen: Ostdeutschland hat seine

Transformation geschafft.

Der Standort Ostdeutschland ist durch diesen

Transformationserfolg zum weltweiten best

case für die bevorstehende Zeit komplexen

Wandels geworden. Unabhängig von der pandemischen

Episode müssen in den nächsten

drei Dekaden weltweit multiple Wandel-Szenarien

gleichzeitig bewältigt werden und wieder

ohne Blaupause. Der Osten ist um diese Erfahrung

voraus und es lohnt sich ihm zuzuhören.

den Ort der Ansiedlung hinaus und zahlen so

auf die Marke Ostdeutschland ein, das zeigt

aktuell das Beispiel Tesla.

ERFOLGSGESCHICHTE: KULTUR-

HAUPTSTADT CHEMNITZ

Eine klare Antwort kommt auch aus Chemnitz

mit einer Erfolgsgeschichte aus Transformationskompetenz.

Chemnitz wird Europäische

Kulturhauptstadt2025.

Chemnitz ist seit über 100 Jahren als Stadt

ein Synonym des Wandels und der Brüche.

Ob Industrie oder Kultur, ob Architektur oder

Name – Krieg und Systemwechsel haben die

Stadt mehrfach transformiert. Doch die Chemnitzer

haben das Beste daraus gemacht.

Und der Sound of Eastern Germany, wie klingt

er denn nun? Da spürt man keinen melancholischen

Blues mehr. Es ist vielmehr ein kraftvoller

Rhythmus, ein „sound of change“. Das könnte

ein weltweiter Hit werden. Wir müssen nur mal

am Lautstärkeregler drehen – lassen wir doch

von uns hören!

* Die 1991 gegründete Chemnitzer Agentur zebra bietet

für Unternehmen und Marken medienübergreifende

Marketinglösungen in den Bereichen strategische Markenentwicklung

und -führung.

OSTDEUTSCHLAND ALS MARKE FÜR

TRANSFORMATION

Kann also Ostdeutschland zur Standortmarke

für das Gelingen von Transformation werden?

Aufgrund der Erfahrung kann der Osten sehr

wohl eine starke Marke für gelingende Transformation

sein. Und er kann aus dieser Erfolgsgeschichte

sein neues Narrativ einer Ost-Marke

finden und das weist klar nach vorn. Marken

verkörpern Identitäten und Ostdeutschland

ist eine starke Identität, bestehend aus Orten,

Stakeholdern sowie den Erzählungen vom

Lebensgefühl seiner Bewohner. Warum sollte

nun nicht auch der Transformationserfolg

Bestandteil der Erzählungen werden?

Man könnte einwenden, der Osten ist kein

Hightech-Land und dass es somit schwierig

sei, gerade hier etwas zu lernen für die Zukunft.

Doch der Osten hat viele kleine und große

Cluster für Zukunftstechnologien gebildet.

Manche sogar mit europäischer Alleinstellung

wie das Silicon Saxony. Dazu kommen wichtige

Handlungsfelder des Wandels wie Klimaschutz

mit Strukturwandel durch Kohleausstieg

oder Mobilität der Zukunft, mit Europas

größten e-mobility-Erzeugern VW und Tesla.

Ostdeutschland kann nicht nur Best Case

zum Lernen, sondern auch Tech-Cluster und

Sprungbrett nach Europa sein - dem immer

noch größten Markt der Welt.

Aus diesem Grund hat sich die Chemnitzer

Stadtgesellschaft 2015 für eine Bewerbung zur

Europäischen Kulturhauptstadt 2025 entschieden.

Denn sie hat Europa eine Geschichte

von dauerhafter Transformation zu erzählen,

passend zu der Zeit, in der so wenig noch stabil

erscheint. Diese Bewerbung wurde 2018 auf

eine harte Probe gestellt, als die Stadt zu fragwürdiger

Aufmerksamkeit gelangte. Extremisten

aus ganz Deutschland nutzten einen Anlass

und produzierten Spiegelbilder gesellschaftlicher

Zerrissenheit für die Weltpresse. Doch die

Stadt hat darüber nicht aufgegeben, sondern

das Ganze als neuen Bruch akzeptiert, mit dem

sie sich nun auseinandersetzt. Aus diesem

Diskurs kann kultureller Wandel gelingen, glaubt

Chemnitz. Und da sich die Herausforderungen in

Europa gleichen, lassen sich auch die Antworten

mit Europa teilen.

Die Fähigkeit zu solch umfassendem Wandel

ist gut abgespeichert in den Generationen

der Ostdeutschen, welche ihn erkämpft und

geleistet haben. Neben dem erreichten Guthaben

in Wirtschaft und Gesellschaft sind vor

allem diese Menschen das Kapital künftiger

Transformationsprozesse. Sie können das

Land, seine Gesellschaft und sich selbst so

grundlegend verändern und doch ihre Werte

und Haltung bewahren.

Ralf Sippel

Foto: Dirk Hanus, zebra-group

Und nur Ostdeutschland hat die ganzheitliche

Transformationsgeschichte zu erzählen und

bettet seine Städte und Länder mit ihren

Einzelgeschichten darin ein. Kommt dann ein

neuer Investor hinzu, strahlen die positiven

externen Effekte seiner Ansiedlung weit über

Lesen Sie

den ausführlichen

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W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


26

WIRTSCHAFT+MARKT

SO KOMMT

OSTDEUTSCHLAND

AUS DER

CORONA-KRISE

Wie haben die ostdeutschen Flächenländer die Corona-

Krise überstanden und welche Lehren ziehen sie aus den

während der Pandemie zu Tage getretenen Defiziten?

Wirtschaft+Markt hat nachgefragt: bei den Wirtschaftsministern

Martin Dulig (Sachsen, SPD), Harry Glawe

(Mecklenburg-Vorpommern, CDU), Prof. Dr. Jörg Steinbach

(Brandenburg, SPD), Wolfgang Tiefensee (Thüringen, SPD)

und Prof. Dr. Armin Willingmann (Sachsen-Anhalt, SPD).

W+M: Gehört die Wirtschaft in Ihrem

Bundesland zu den Gewinnern oder den

Verlierern der Krise?

Martin Dulig: Ich bin zuversichtlich und denke,

dass die sächsische Wirtschaft die Kraft

hat, gestärkt aus einer Krise hervorzugehen.

Allerdings differenziere ich gern, wenn es

um „die Wirtschaft“ geht, denn die pauschalen

Klagen über die nicht funktionierende

Wirtschaft stimmen so nicht. Sie funktioniert

in diesem Jahr besser als im Frühjahr des

Martin Dulig

(Sachsen, SPD)

vergangenen Jahres, als die internationalen

Lieferketten zusammengebrochen sind mit

weitreichenden Konsequenzen auch für unsere

produzierende Industrie. Jetzt funktionieren

die Lieferketten, die Menschen gehen

zur Arbeit, es wird produziert. Wir haben ein

Wirtschaftswachstum von über zwei Prozent

in Sachsen.

Aber es gibt auch Branchen, die massiv leiden:

der Einzelhandel, der Tourismus, die Reiseund

Eventbranche, die Kultur. Das sind Bereiche,

wo es tatsächlich äußerst problematisch

ist. Hier müssen wir dafür kämpfen, dass nach

Corona wieder alles gut zum Laufen kommt.

Harry Glawe: Die Corona-Krise hat unbestritten

die gute wirtschaftliche Entwicklung

der vergangenen Jahre unterbrochen. In Mecklenburg-Vorpommern

sind unsere starken

Dienstleistungsbereiche betroffen – der Tourismus,

der Einzelhandel und die Veranstaltungswirtschaft.

Zudem hat die Corona-Krise

insbesondere die Unternehmen getroffen, die

im oder für den Mobilitäts- und Reisesektor

arbeiten. Der Zusammenbruch des Kreuzfahrtmarktes

traf die Reedereien, die Werften

und ihre Zulieferer. Die Nachfrageeinbrüche

bei Airbus und im Automobilmarkt trafen

ebenfalls die Zulieferfirmen. Gestützt wird die

Wirtschaftsentwicklung derzeit insbesondere

durch das Handwerk, die Bauwirtschaft, die

Ernährungsindustrie und andere Bereiche des

Verarbeitenden Gewerbes.

Jörg Steinbach: Die Frage, ob wir zu den

Gewinnern gehören werden, wird sich erst

nach einem Jahr im Normalbetrieb beantworten

lassen. Im Augenblick sieht es so aus, als

würden wir besser als im Bundesdurchschnitt

durch die Krise kommen. 2020 verzeichnete

die Wirtschaft in Brandenburg im Vergleich

der Bundesländer den geringsten Rückgang

seiner Wirtschaftsleistung. Das zeigt uns, dass

unsere Unternehmen robust aufgestellt sind

und der Pandemie trotz aller Einschränkungen

ziemlich gut trotzen. Es zeigt aber auch, dass

die vom Staat aufgelegten Hilfsprogramme

greifen und effizient dazu beitragen, die Folgen

der Pandemie abzufedern.

Lesen Sie

mehr von Martin Dulig

online

Fotos: W+M

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE WIRTSCHAFT+MARKT 27

Wolfgang Tiefensee: Es gibt Branchen,

die sehr gut aufgestellt sind, denken Sie an

die Logistik, die Pharmazie, die Nahrungsgüterwirtschaft,

alle verzeichnen ein Umsatzwachstum.

Aber mich treibt um, dass es

eine Reihe wichtiger Branchen gibt, die stark

negativ, manche sogar existenzbedrohend

betroffen sind. Die Gastronomie, die Hotellerie,

der Einzelhandel und die Veranstaltungswirtschaft,

die Soloselbständigen und die

Kreativwirtschaft, sie alle haben schwer zu

kämpfen. Darüber hinaus sorge ich mich um

die Automobilzulieferer und die Branchen, die

auf internationale Zulieferketten angewiesen

sind. Aktuell haben wir zum Beispiel einen

Chipengpass, der die Produktion in Eisenach

beeinträchtigt. Aber insgesamt denke ich, dass

Thüringen gut durch die Krise kommt, weil wir

auf einem sehr soliden Fundament stehen.

Armin Willingmann: Grundsätzlich halte

ich es für problematisch, in dieser weltweiten

Krise nach Gewinnern oder Verlierern zu

unterscheiden. Sachsen-Anhalt ist mit einem

Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von

-3,9 Prozent allerdings noch vergleichsweise

glimpflich durch das Krisenjahr 2020 gekommen.

Bundesweit lag der Rückgang bei -4,9

Prozent. Während einige Branchen wie die

Tourismuswirtschaft, das Gastgewerbe oder

der Dienstleistungssektor stark unter der Krise

gelitten haben und zum Teil noch leiden, gab

es in anderen Bereichen sogar Zuwächse.

Harry Glawe

(Mecklenburg-Vorpommern, CDU)

W+M: Wo steht die Wirtschaft in Ihrem

Bundesland nach der Krise?

Martin Dulig: Corona ist nicht die einzige

Veränderungswelle, in der wir uns befinden,

sondern sie ist eher ein Katalysator für verschiedene

Transformationsprozesse, die im

Positiven wie im Negativen vorher existierten.

Der Einzelhandel hatte bereits vorher massive

Probleme und stand aufgrund der Digitalisierung

und des Onlinehandels unter Druck, die

Automobilindustrie stand schon vor Corona in

der Herausforderung der großen Transformation

hin zur E-Mobilität, der Maschinen- und

Anlagenbau ebenso, Stichwort Industrie 4.0.

Diese Entwicklungen werden jetzt beschleunigt.

Corona hat uns die Defizite deutlich vor

Augen geführt, aber ich bleibe bei der Zuversicht,

dass Sachsen besser durch die Krise

kommen wird als andere Länder. Ich glaube an

die Kraft der sächsischen Wirtschaft.

Harry Glawe: Für das laufende Jahr gehe ich

davon aus – sobald die Corona-Beschränkungen

gelockert oder aufgehoben werden –, dass

es eine spürbare Erholung der Wirtschaft gibt.

Ich erwarte deutliche Nachholeffekte gerade

im privaten Konsum, wovon Gastgewerbe und

Tourismus besonders profitieren werden. Der

Sommer im vergangenen Jahr hat gezeigt,

Lesen Sie

mehr von Harry Glawe

online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


28

WIRTSCHAFT+MARKT

dass die Nachfrage nach einem schönen und

sicheren Urlaub bei uns riesig ist.

Jörg Steinbach: Ich bleibe optimistisch, dass

die märkische Wirtschaft in ihrer Gesamtheit

die Herausforderungen der Pandemie meistern

wird. Aber wir müssen auch ehrlich sagen:

Wir werden diese Krise nicht ohne Verluste

überstehen, werden nicht jedes einzelne Unternehmen

retten können.

Wolfgang Tiefensee: Wenn man über

die Krise spricht, muss zunächst betrachtet

werden, wie wir vor der Krise aufgestellt

waren. Thüringen hat in den letzten 15 Jahren

eine atemberaubende Entwicklung genommen.

Wir sind im Wechsel mit Sachsen das

stärkste Industrieland im Osten. Die Anzahl

der Industriearbeitsplätze je 100.000 Einwohner

ist höher als in NRW, Niedersachen und

Hessen. Wir haben klassische Industrieländer

überholt, obwohl wir Anfang der 90er aus

einer Phase der Deindustrialisierung gestartet

sind. Unsere Arbeitslosenquote liegt unter

der von NRW, dem Saarland und Bremen.

Studien bescheinigen uns, bei Gründungen mit

Wirtschafts relevanz und im Hochtechnologiesektor

sehr gut aufgestellt zu sein. Auch wenn

starkes und innovatives Land, das trotz oder

wegen seiner kleinteiligen Struktur offenbar

nicht ganz so krisenanfällig ist. Ich gehe davon

aus, dass weite Teile der Wirtschaft relativ

stabil durch diese Krise kommen.

Armin Willingmann: Unserem Land kam

in der Krise einmal mehr die kleinteilige Wirtschaftsstruktur

zugute. Auch krisenbedingte

Verwerfungen im Außenhandel schlagen sich

bei uns nicht so stark nieder, obwohl sich

die Unternehmen in Sachsen-Anhalt in den

vergangenen Jahren internationaler aufgestellt

haben. Insofern rechne ich ab Mitte 2021 mit

einer deutlichen und zügigen Erholung der

Wirtschaft, mit Nachholeffekten durch Konsum

wie Investitionen.

W+M: Welche Defizite aus der Zeit vor der

Krise holen uns jetzt besonders ein?

Martin Dulig: Das Thema Digitalisierung

sollte nicht nur auf die Infrastruktur reduziert

werden. Ich gehe davon aus, dass viele Unternehmen,

die das Thema bisher noch nicht

für sich verstanden haben, spätestens jetzt

erkannt haben, dass der weltweiten Dynamik

nur entsprechen werden kann, wer über digitale

Kompetenz und Innovationskraft verfügt.

Vor der Krise zeigten sich in Sachsen etwa ein

Drittel noch reserviert gegenüber dem Thema

Digitalisierung. Das sollte der Vergangenheit

angehören.

Prof. Dr. Jörg Steinbach

(Brandenburg, SPD)

Harry Glawe: Die Krise hat die Digitalisierung

noch einmal beschleunigt. Es ist deutlich

geworden, dass der Ausbau der Infrastruktur

und die Digitalisierung von Prozessen noch

schneller gehen müssen. Dafür ist eine digitale

Wolfgang Tiefensee

(Thüringen, SPD)

das Lohnniveau ungenügend ist, auch wenn

wir Nachholbedarf bei der Forschung in den

Unternehmen haben – es gibt viele Indizien

für eine gestiegene nationale und internationale

Wettbewerbsfähigkeit. Thüringen ist ein

Lesen Sie mehr

von Wolfgang Tiefensee

online

Fotos: Wolfgang Tiefensee: W+M, Prof. Dr. Jörg Steinbach: Till Budde

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


OSTDEUTSCHLAND LERNT AUS DER KRISE WIRTSCHAFT+MARKT 29

Infrastruktur und Mobilfunkversorgung in der

Fläche notwendig, um im gesamten Land eine

Beteiligung am Digitalisierungsprozess zu

ermöglichen.

Jörg Steinbach: Einige Wirtschaftszweige

befinden sich unabhängig von Corona in einem

Transformationsprozess – beispielsweise die

Automobilbranche und ihre Zulieferer. Dass

jetzt noch die Pandemie hinzukommt, erhöht

die eh schon vorhandenen Probleme. Problematisch

ist auch die Situation in der Luft- und

Raumfahrtindustrie. Hier war man sich zu sicher,

dass das Vorkrisenniveau anhalten wird.

Ich gehe davon aus, dass das Wiederanlaufen

in diesem Bereich deutlich länger dauern wird

als in anderen Branchen. Es ist fraglich, ob ein

Lesen Sie mehr

von Prof. Dr. Jörg Steinbach

online

Vorkrisenniveau überhaupt wieder erreicht

werden kann. Ich glaube, dass auf Dauer

weniger Geschäftsreisen stattfinden werden.

Das bedeutet, dass andere Flugzeugmuster

gefragt sein werden und andere Personalausstattungen.

Der Luftfahrbereich wird komplett

neu aufgestellt werden müssen. Ich bin aber

überzeugt, dass es nicht zu einem totalen Zusammenbruch

der Luft- und Raumfahrtbranche

kommen wird. Ich halte es für realistisch,

dass die Branche nach der Krise ein Niveau von

80 Prozent im Vergleich zur Zeit vor Corona

erreichen kann.

Wolfgang Tiefensee: Vor allem die mangelnde

Digitalisierung in Deutschland, also

auch in Thüringen. Der Breitbandausbau ist

unbefriedigend, ein Dschungel an Insellösungen

erschwert, anders als z.B. in Estland,

ein kundenfreundliches E-Government, also

eine moderne Verwaltungsdigitalisierung.

Im Bildungssektor war E-Learning bisher ein

Fremdwort, das Equipment für die Schülerund

Lehrerschaft ist ungenügend – hier rächen

sich schwere Versäumnisse der letzten zwei

Jahrzehnte. Wir investieren in diesem Sektor

massiv, um die Rückstände aufzuholen. Im

Blick auf den Einzelhandel und die Entwicklung

der Innenstädte werden wir eine Verstärkung

der Krise sehen, weil sich der schon lang andauernde

Wettbewerb mit dem Onlinehandel

durch die Schließungen nochmal verstärkt.

Wir begegnen dem mit Kampagnen für den

stationären Handel und mit Digitalisierungsangeboten.

Mit und ohne Corona stellen die Veränderungen

im Automobilsektor eine große Herausforderung

dar. Um die Position im Markt zu

halten, müssen Unternehmen die Transformation

weg von fossilen Energieträgern meistern.

Hier stocken wir gerade unsere Transformationsagentur

personell auf, um Vorstände wie

Betriebsräte dabei noch besser unterstützen

zu können. Also, wir legen die Hände nicht in

den Schoß.

Prof. Dr. Armin Willingmann

(Sachsen-Anhalt, SPD)

Armin Willingmann: Die Pandemie hat uns

vor Augen geführt, wie bedeutsam leistungsfähige

digitale Infrastrukturen sein können.

Und sicher haben wir etwa beim Breitbandausbau

noch Nachholbedarfe. In den vergangenen

vier Jahren hat Sachsen-Anhalt allerdings

deutliche Fortschritte gemacht. Heute

verfügen mehr als 80 Prozent der Haushalte

über Anschlüsse mit 50 Megabit pro Sekunde.

2016 war nicht mal jeder zweite Haushalt angeschlossen.

Da hätte sich die Pandemie noch

viel gravierender ausgewirkt.

Foto: Andreas Lander

Lesen Sie mehr von

Prof. Dr. Armin Willingmann

online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


30

WIRTSCHAFT+MARKT

ZUKUNFT GESTALTEN

ZUKUNFT GESTALTEN – MUT ZUM VORSPRUNG

DIE WIRTSCHAFT

OSTDEUTSCHLANDS

BRAUCHT EINE

ZUKUNFTSSTRATEGIE

EMPFEHLUNGEN DES OSTDEUTSCHEN WIRTSCHAFTSFORUMS

OWFZUKUNFT 2021

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum 2021 will ein Zeichen setzen,

gestärkt mit Mut und neuen Ideen aus der Krise zu kommen. Der Optimismus

und das Selbstbewusstsein des Formats sind ungebrochen, aber

die Erfahrungen der Vergangenheit bei den Themen Digitalisierung,

Energiewende und mehr geben Anlass, nachdrücklicher zu werden.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


MUT ZUM VORSPRUNG WIRTSCHAFT+MARKT 31

DEUTSCHLAND BEFINDET SICH IN EINEM

UMBRUCH – DAS IST DIE CHANCE FÜR

OSTDEUTSCHLAND

DDeutschland befindet sich in einem Umbruch – wirtschaftlich,

gesellschaftlich und politisch. Die Digitalisierung umfasst immer

mehr gesellschaftliche Bereiche und stellt die Unternehmen vor

Herausforderungen, kann aber, vernünftig genutzt, zu enormen Produktivitäts-

und Effizienzsteigerungen führen. Die Bekämpfung des

Klimawandels, das wohl wichtigste Zukunftsthema jeder künftigen

Bundesregierung, erzwingt zwar eine Anpassung der Produktionstechnologien

wie auch der Produktionsstrukturen am Standort

Deutschland, bietet aber gerade ostdeutschen Unternehmen auch

neue Chancen. Die zur Bewältigung der aus demographischen

Gründen erforderlichen Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte

mag zwar integrationspolitisch schwierig sein, kann aber auch einen

Beitrag zur Überwindung verkrusteter Strukturen leisten. Aus Sicht

des Ostdeutschen Wirtschaftsforums OWFZukunft ist es notwendig,

die kommenden Jahre dafür zu nutzen, Deutschland fit für die

Zukunft zu machen. Für Ostdeutschland gilt dies nicht weniger als

für Deutschland insgesamt. Ein „Weiter so“ oder ein Beharren auf

liebgewonnenen Routinen wird es nicht geben können.

Die anstehende Transformation aller Teile des wirtschaftlichen,

politischen und gesellschaftlichen Lebens wird häufig noch nicht in

all ihren Facetten gesehen. Sie dürfte in ihren Wirkungen vergleichbar

sein mit den Umbrüchen, die sich in Ostdeutschland nach 1990

ergeben haben – mit dem Unterschied aber, dass dieses Mal das

ganze Land, wenn nicht die ganze Welt betroffen ist. Hilfen wie nach

der Vereinigung kann Ostdeutschland deswegen nicht erwarten.

Aber gerade die umfassende Dimension der Transformationsaufgabe

gibt auch Anlass zu der Erwartung, dass Ostdeutschland die sich

bietenden Chancen besser wahrnehmen kann als andere Regionen

in Deutschland und anderswo: Zum einen kann man hierzulande von

der „Transformationskompetenz“ profitieren, die die Menschen in

den ostdeutschen Ländern in der Vergangenheit erworben haben

und die auch bei den heute in Verantwortung stehenden Akteuren

aufgrund ihrer Sozialisation stärker ausgeprägt ist als anderswo,

zum anderen werden allerorten neue Strukturen entstehen (müssen),

die nicht notwendigerweise an bestehenden „Pfadabhängigkeiten“

anknüpfen müssen. In vielen Bereichen ist ein Neuanfang

erforderlich, insbesondere in der Wirtschaft, und dabei zählt wenig,

was in der Vergangenheit erreicht wurde. Dies ist eine Chance für

Ostdeutschland. Den „Mut zum Vorsprung“ müssen die Menschen in

den ostdeutschen Ländern, die heimische Wirtschaft und insbesondere

auch die Politik aber auch mitbringen. Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum

wirbt daher ausdrücklich für einen Neuanfang in der

Politik, der sich nicht an der Wahrung des Überkommenen ausrichtet,

sondern die offensive und proaktive Gestaltung von Wirtschaft und

Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Die anstehenden Wahlen

zum Deutschen Bundestag, aber auch zu den Landtagen in Mecklenburg-Vorpommern,

Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem

Berliner Abgeordnetenhaus bieten unabhängig von ihrem Ausgang

die Chance für einen solchen Neuanfang.

JETZT DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE

WIRTSCHAFTLICHE ZUKUNFT OSTDEUTSCH-

LANDS SCHAFFEN – EMPFEHLUNGEN AN

POLITIK UND WIRTSCHAFT

Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum sieht es nicht als seine Aufgabe an,

eine vollständige Blaupause für die künftige Wirtschafts- und Strukturpolitik

zu entwerfen. Vielmehr muss es darum gehen, jetzt die Voraussetzungen

dafür zu schaffen, dass die Wirtschaft in den ostdeutschen

Ländern sich in Zukunft gut entwickeln kann. Im Folgenden werden deshalb

nur einige wenige Anknüpfungspunkte genannt, an denen sich die

Politik des Bundes und auch der Länder, aber auch die Wirtschaft künftig

ausrichten sollte. Grundgedanke dabei ist: Nicht Nachteilsausgleich,

nicht „Nachbau West“ ist das Gebot der Stunde, sondern Besinnung auf

die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen, denn nur daraus kann etwas

Neues entstehen, das Ostdeutschland – so unsere feste Überzeugung

– in eine bessere Zukunft führen kann.

Wo es um gemeinsame Interessen geht, sollten die ostdeutschen Länder

an einem Strang ziehen. Kooperatives Verhalten statt Widerstreit

der Interessen ist einer der wesentlichen Ansatzpunkte dafür, sich als

Ganzes gut für die Zukunft aufstellen zu können.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


32

WIRTSCHAFT+MARKT

ZUKUNFT GESTALTEN

EMPFEHLUNGEN DES OSTDEUTSCHEN

WIRTSCHAFTSFORUMS OWFZUKUNFT 2021

1.

3.

DEN STRUKTUR-

WANDEL UND DIE

ENERGIEWENDE

IM ZEICHEN DER

KLIMANEUTRALITÄT ALS

ZUKUNFTSCHANCE

BEGREIFEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• Ostdeutschland seine Vorreiterposition

bei der Erzeugung erneuerbarer Energien

weiter ausbaut.

• die Standortvorteile für die erfolgreiche

Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft

konsequent genutzt werden.

• in der Lausitz ein Musterbeispiel für

gelungenen Strukturwandel und eine

Vorzeigeregion für Klimaneutralität

entsteht.

2.

EINE INVESTITIONS-

OFFENSIVE DER

ÖFFENTLICHEN HAND

IST DRINGEND

ERFORDERLICH

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• keine Zeit mehr verloren wird beim

schnellen und vor allem flächendeckenden

Ausbau schneller Breitbandverbindungen,

bei der Ertüchtigung und

Erweiterung des Schienennetzes und

schließlich auch bei der Sicherstellung einer

leistungsfähigen Energieversorgung.

• investive Maßnahmen zielgerichtet eingesetzt

werden und nicht nur deswegen

realisiert werden, weil es politischer Opportunität

entspricht und zufällig gerade

das Geld hierfür vorhanden ist.

PRIVATE

UNTERNEHMEN IN

OSTDEUTSCHLAND

MÜSSEN KÜNFTIG

MEHR INVESTIEREN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• die regionale Wirtschaftsförderung

im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe

„Verbesserung der regionalen

Wirtschaftsstruktur“ (GRW) in allen

ostdeutschen Regionen auch unter den

Bedingungen eines „gesamtdeutschen

Fördersystems“ fortgesetzt wird.

• die GRW-Förderung dabei nicht wie

bisher vorrangig auf die Schaffung bzw.

den Erhalt von Arbeitsplätzen ausgerichtet

wird, sondern insbesondere auch die

gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswirkungen

von Investitionen einbezogen

werden.

• eine weitere Verstärkung der Kooperation

der ostdeutschen Länder erfolgt,

beispielsweise durch Gründung eines

gemeinsamen Fonds zur Unterstützung

aussichtsreicher anwendungsorientierter

Vorhaben. Gerade neugegründete (Technologie-)Unternehmen

weisen häufig

einen hohen Kapitalbedarf auf, der über

eine klassische Bankenfinanzierung nicht

gedeckt werden kann.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


MUT ZUM VORSPRUNG WIRTSCHAFT+MARKT 33

• der private Risikokapitalmarkt gestärkt

wird. Dies könnte beispielsweise durch

Öffnung des Beteiligungskapitalmarkts

für institutionelle Anleger (z.B. Pensionsfonds)

und gemeinsame Finanzierungsangebote

von staatlichen und privaten

Risikokapitalgesellschaften erfolgen.

5.

6.

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• alle derzeit bestehenden Programme auf

ihre tatsächliche Wirksamkeit geprüft

werden. Im Zweifelsfall sollten Programme

auch beendet und die freiwerdenden

Mittel in andere Maßnahmen umgeschichtet

werden.

4.

FORSCHUNG UND

INNOVATION

MÜSSEN GESTÄRKT

WERDEN

UNTERNEHMENS-

GRÜNDUNGEN

MÜSSEN VEREINFACHT

UND GEZIELT

GEFÖRDERT WERDEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• für neugegründete Unternehmen in allen

Bereichen günstigere Rahmenbedingungen

geschaffen werden.

• technologieintensive Neugründungen

wie Startups eine besondere Förderung

erhalten, wenn sie zur Stärkung des

Mittelstandes beitragen.

• bürokratische Erleichterungen bzw. verstärkte

Hilfestellungen bei notwendigen

Verwaltungsakten kurzfristig wirken.

DEM FACHKRÄFTE-

MANGEL MUSS DURCH

DIE ENTSCHIEDENE

NUTZUNG DER

DIGITALISIERUNG IN

DEN UNTERNEHMEN

UND DURCH VERSTÄRKTE

ARBEITSKRÄFTE-

ZUWANDERUNG

ENTGEGENGETRETEN

WERDEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• der Erwerb digitaler Kompetenzen bei

den Erwerbspersonen unterstützt wird,

was angesichts der Defizite wichtiger als

die direkte Unterstützungsangebote für

Unternehmen erscheint.

• eine technologiespezifische Förderung,

die beim Bundesministerium für Bildung

und Forschung anzusiedeln wäre, nicht

mit regionalökonomischen Zielsetzungen

überfrachtet wird.

• die Finanzierung der Forschung an den

Hochschulen verstärkt wird.

• die verfügbaren MIttel so eingesetzt

werden, dass leistungsfähige Einheiten

auch in der Forschung entstehen.

• die Förderprogramme des Staats auf die

Bereiche konzentriert werden, in denen

er die originäre Verantwortung für eine

Verbesserung der Standortbedingungen

besitzt oder in denen ein besonderer gesamtwirtschaftlicher

Nutzen erkennbar ist.

• eine verstärkte Arbeitskräftezuwanderung

nach Ostdeutschland zur Lösung

des Fachkräfteproblems konsequent

angegangen wird.

• die Ausarbeitung einer aktiven Anwerbungsstrategie

über die bisherigen Ansätze

hinaus entwickelt wird. Hier könnte

es sinnvoll sein, Ausbildungsangebote in

ausgewählten Zielländern mit der Verpflichtung

zu finanzieren, nach Abschluss

für gewisse Zeit in Ostdeutschland tätig

zu werden.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


34

WIRTSCHAFT+MARKT

ZUKUNFT GESTALTEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

7.

• die Potenziale für eine Region der

Zukunftstechnologien in enger Zusammenarbeit

der Länder geprüft werden.

In Zeiten der Transformation kommt der

existierenden Transformationskompetenz

in Ostdeutschland eine besondere Rolle zu.

DIE DIGITALISIERUNG

DER ÖFFENTLICHEN

VERWALTUNG

MUSS SPÜRBARE

ERLEICHTERUNGEN FÜR

WIRTSCHAFT UND VER-

WALTUNG BEWIRKEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• die Umbruch- und Gestaltungserfahrungen

des Ostens als neues zukunftsgerichtetes

Narrativ für eine gelingende

Transformation genutzt werden.

9.

10.

• die grundsätzliche Bereitschaft bei allen

Beteiligten erhöht wird, dass Vorbehalte

und Ängste abgebaut werden, in dem

Sinn und notwendige Kompetenzen in

neuer Qualität vermittelt werden.

• länderübergreifende Lösungen entwickelt

und angewandt werden, die von

Ostdeutschland aus Impulse für ganz

Deutschland senden.

8.

DIE TRANSFORMA-

TIONSKOMPETENZ

DES OSTENS MUSS

EINEN IMPULS FÜR EIN

NEUES NARRATIV OST-

DEUTSCHLAND

VERMITTELN

LEADERSHIP – MADE

IN EASTERN GERMANY

ALS BESONDERE STÄRKE

DEFINIEREN, UM DIE

CHANCEN FÜR OST-

DEUTSCHE IN

FÜHRUNGSFUNKTIONEN

ZU VERSTÄRKEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• die Transformationskompetenz ostdeutscher

Fach- und Führungskräfte als

besondere Stärke erkannt und gefördert

wird. Das ist gegenüber den (potenziellen)

ostdeutschen Führungskräften

ebenso zu kommunizieren wie gegenüber

den Personalverantwortlichen in den Unternehmen

in Ost- und Westdeutschland.

• die Überwindung einer mangelnden

Präsenz Ostdeutscher in Führungsposition

in Verwaltung, Wissenschaft und

Wirtschaft nicht staatlichen Quotenregelungen

überlassen, sondern proaktiv

durch die verantwortlichen Akteure vor

Ort gestaltet wird.

DIE INTERNATIO-

NALISIERUNG MUSS

DURCH WIRKSAME

HILFEN STÄRKER IN

DEN MITTELPUNKT

WIRTSCHAFTLICHER

AKTIVITÄTEN RÜCKEN

Das OWFZukunft empfiehlt, dass

• sich Ostdeutschland durch klare Technologieprofile,

geeignete Flächen und

„Teslageschwindigkeit“ in der Verwaltung

als attraktiver Ansiedlungsstandort für

Zukunftstechnologien präsentiert.

• die zentrale Lage Ostdeutschlands als

Scharnier zwischen Ost- und Westeuropa

genutzt wird, um verstärkt international

tätig zu werden.

• die Förderangebote für ostdeutsche Unternehmen

zur Verstärkung der Exporttätigkeit

hinsichtlich ihrer Wirksamkeit

überprüft werden.

• die traditionellen Kontakte auf ihre

Wiederbelebung und einen möglichen

Ausbau analysiert werden. Das betrifft

nicht nur Osteuropa und Russland, sondern

auch Länder wie Frankreich u.a.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


MUT ZUM VORSPRUNG WIRTSCHAFT+MARKT 35

OSTDEUTSCHES WIRTSCHAFTSFORUM

WFZUKUNFT

ZUKUNFT GESTALTEN –

MUT ZUM VORSPRUNG

Das Zukunftstreffen der

ostdeutschen Wirtschaft

OWFDIGITAL

kostenfrei online dabei

ANMELDUNG HIER

MITVERANSTALTER

MITVERANSTALTER

UV

Interessengemeinschaft der

Unternehmerverbände

Ostdeutschlands und Berlin

Ostbrandenburg

Chemnitz

E U R O P A S E R S T E S E R L E B N I S W E I N G U T

Nordost

Ostdeutscher

Bankenverband

BAD SAAROW 14./15.06.2021

www.ostdeutscheswirtschaftsforum.de

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


36 WIRTSCHAFT+MARKT

Windenergie – hier der Windpark Druiberg in Sachsen-Anhalt – spielt im Energie-Mix eine wichtige Rolle, reicht aber allein für die Energiewende nicht aus.

DIE ENERGIEWENDE HAT

NOCH EINEN WEITEN

WEG VOR SICH

Die Energiewende ist in aller Munde. In der Praxis ist die Umstellung der gesamten

Energieversorgung auf erneuerbare Energien in vielen Bereichen aber

noch im Anfangsstadium. Die Herausforderungen sind nach wie vor immens.

VON PROF. DR. KLAUS-DIETER BARBKNECHT,

REKTOR DER TU BERGAKADEMIE FREIBERG

Foto: Windpark Druiberg

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


ZUKUNFT GESTALTEN

WIRTSCHAFT+MARKT 37

Foto: Detlev Müller / TU Bergakademie Freiberg

DDer politisch geprägte Begriff der Energiewende

suggeriert, dass gegenwärtig eine

fundamentale Änderung der gesamten Energieversorgung

und damit der Ressourcen für

den Primärenergieverbrauch vollzogen wird.

Nüchtern betrachtet sind wir von einer solchen

Änderung in der Realität sowohl national als

auch international aber noch sehr weit entfernt.

Fakt ist: Nur im Bereich der elektrischen Energie

hat es bisher nennenswerte Entwicklungen

gegeben. Betrachtet man jedoch alle großen

Sektoren des Primärenergieverbrauchs –

nämlich Transport, Industrie, Gebäude und

nichtenergetischen Verbrauch –, stellt man

schnell fest, dass die fossilen Energieträger

nach wie vor die Hauptrolle spielen.

So stellen etwa Öl, Kohle und Erdgas momentan

noch rund 80 Prozent aller Primär energieträger,

nur etwa 20 Prozent verteilen sich auf

erneuerbare Energieträger wie etwa Biomasse,

Wasserkraft und Kernenergie. Bei einem

steigenden Weltwirtschaftswachstum ist

zudem davon auszugehen, dass der Primärenergieverbrauch

mit wachsendem Wohlstand

insbesondere in großen und bevölkerungsreichen

Weltregionen in einem höheren Maße

ansteigen wird, als dies Einsparungen in Europa

und Nordamerika kompensieren können.

Gleichzeitig ist natürlich nicht wegzudiskutieren,

dass die Erderwärmung und die damit

einhergehende Klimaveränderung deutliche

Bedrohungen für die Welt und die Menschheit

darstellen und nach heutigem Kenntnisstand

auch – und zwar in signifikanter Größenordnung

– auf das „Verbrennen“ fossiler Rohstoffe

zurückzuführen ist. Mit diesem Wissen

ergeben sich zwangsläufig Herausforderungen

hinsichtlich der Bereitstellung bezahlbarer

Energie für den Verbraucher, die für die

Menschen zugänglich ist und nicht zum reinen

Luxusgut nur für industriell hochentwickelte

Weltregionen wird.

Energiebedarf wächst weltweit rasant

Weltweit ist insbesondere in Eurasien, Indien,

China, Afrika, Südamerika und Südostasien

bis 2040 mit einem enorm ansteigenden

Energiehunger zu rechnen. Dem werden wir

allein mit der Umstellung der Stromerzeugung

auf erneuerbare Energieträger nicht gerecht

werden können. Die hierzu mir bekannten

verschiedenen Studien sind hinsichtlich der

Analyse der Ausgangsvoraussetzungen und

der in Betracht gezogenen Szenarien zwar unterschiedlich,

jedoch in der Grundaussage einig,

dass die fossilen Energieträger auch 2050

noch die Hauptrolle in der Primärenergieversorgung

spielen werden und zwar sowohl

hinsichtlich ihres Anteils an den Primärenergieversorgungsträgern

als auch hinsichtlich

ihres Gesamtvolumens. Es stellt schon eine

beachtliche Herausforderung dar, wenigstens

den wachsenden Stromverbrauch weltweit mit

erneuerbaren Energien abzudecken, was optimistische

Studien durchaus für möglich halten.

Das alles soll und darf uns zwar nicht davon

abhalten, alles für die Abkehr von fossilen

Energieträgern zu tun, aber das Resümee auf

die Frage, wie es um die Energiewende steht,

muss leider mit „ schlecht – sowohl global als

auch national“ beantwortet werden.

Chancen und Risiken der

Energiewende

Optimistisch stimmt, dass der größte Teil der

Nationen seine Anstrengungen zur Lösung

des Problems in den letzten Jahren enorm

gesteigert hat. Wenn die Wirtschaft entdeckt,

dass der Klimaschutz ein Geschäftsmodell

zur Gewinnmaximierung sein kann, werden

die Anstrengungen diesbezüglich exponentiell

wachsen. Wenn die Regierungen dieser Welt

dazu noch klar definierte Ziele vorgeben, bin

ich zuversichtlich, dass es zu konkreten Lösungen

kommen wird.

Doch es bestehen auch Risiken: Dazu gehören

selektive Vorgaben und Förderungen für ausgewählte

Methoden oder Technologien seitens

der Politik. Dieser Fehler wurde in der Vergangenheit

bereits gemacht: Mit der einseitigen

Förderung von Windkraft und Solaranlagen

in den 1990er- und 2000er-Jahren wurden

andere Technologien und Energieträger wie

z. B. Erdgas vernachlässigt. Ähnliches erleben

wir aktuell mit dem Hype um die Wasserstofftechnologien.

Wasserstoff ist sicherlich

eine Möglichkeit der Energiespeicherung und

der Erzeugung sauberer Energie, aber nicht

die alleinige. Wir sollten offener herangehen

und Überlegungen zu anderen Methoden und

Technologien gleichermaßen fördern.

Zudem sind die mit der Erzeugung von erneuerbaren

Energien einhergehenden Risiken für

Ressourcen, Umwelt, Kosten und Versorgungssicherheit

noch nicht hinreichend betrachtet.

Hier verschließen wir ob der großen Herausforderungen

des Klimawandels allzu schnell

die Augen und überlassen die Klärung daraus

gegebenenfalls erwachsender Probleme den

zukünftigen Generationen. Als Beispiele seien

das Recycling von alten Solar- oder Windkraftanlagen

oder die Entsorgung von atomarem

Abfall in den Atomkraftanlagen genannt.

Aufgaben für die Zukunft

Wir haben weiterhin einen enormen Forschungs-

bedarf beispielsweise in den Fragen der Ersetzung

von Primärenergierohstoffen, in der Optimierung

von Prozessen, in der Energieeinsparung

oder in der Speicherung von erneuerbaren

Energien. Doch nicht nur die Forschung steht

im Fokus. Wir können und müssen alle etwas

tun durch eine Umstellung unseres eigenen

Verbrauchsverhaltens. Die derzeitige durch

Covid-19 verursachte schwere gesellschaftliche,

wirtschaftliche und vielerorts persönliche Krise

hat zu neuen Prozessen und zum Verzicht auf

liebgewordene Gewohnheiten geführt. Plötzlich

ist vieles möglich, was vorher nicht einmal

gedacht wurde, wie z. B. die Digitalisierung von

Team-Meetings und Wissensvermittlung. Das

sollte auch für die Energiewende gelten und

zwar möglichst, bevor wir durch eine noch spürbarere

Krise dazu gezwungen werden.

Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht

Lesen Sie

den ausführlichen

Beitrag online

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


38

WIRTSCHAFT+MARKT

OSTDEUTSCHLAND

REIF FÜR ZUKUNFTS-

WIRTSCHAFTSZONEN

Als Zukunftslotse begleitet Thomas Strobel seit Jahren mit methodengestützter

Zukunftsarbeit komplette Industriezweige bei ihrer Neuausrichtung.

Der 1963 geborene Dipl.-Ing. für Maschinenwesen hat sich auf systematische

Zukunftsplanung, Trendwirkungen und neue Geschäftsmodelle spezialisiert.

Für Wirtschaft + Markt beleuchtet er die Frage, welche Chancen Zukunftswirtschaftszonen

für Ostdeutschland eröffnen könnten.

VON THOMAS STROBEL,

ZUKUNFTSLOTSE UND GESCHÄFTSFÜHRER

DER FENWIS GMBH

IIn der EU sind Sonderwirtschaftszonen

selten; in Deutschland bis auf Freihäfen kaum

anzutreffen. Dennoch könnte diese Grundidee

in moderner Form den zukunftsorientierten

Rahmen bieten, um unternehmerische Aktivitäten

in Teilen Ostdeutschlands auf die enormen

Nachhaltigkeitserfordernisse des Weges

bis 2050 auszurichten. Ich plädiere deshalb für

die Weiterentwicklung von regionalen Clustern

und Netzwerken zu Zukunftswirtschaftszonen.

Die Ostdeutschen können mit Blick auf

die Erfordernisse 2050 jetzt beispielgebende

Strukturen aufbauen.

Das wäre ein völlig neuer Ansatz zur beschleunigten,

zukunftssichernden Entwicklung

solcher Großregionen wie Südbrandenburg/

Oberlausitz oder in der grenzüberschreitenden

Variante Uckermark/Region Stettin. In diesen

Räumen soll modellhaft heute und morgen

schon entstehen, was übermorgen unser Leben

bestimmen wird: nachhaltiges Wirtschaften

und Leben auf CO 2

-neutraler Basis, mit

geschlossenen Stoffkreisläufen ebenso wie

„grünen“ Energien, naturnahen Agrartechnologien,

neuen Mobilitätskonzepte und hohen

sozialen Mindeststandards.

Die Ostdeutschen sollten mit

Blick auf die Erfordernisse

2050 jetzt beispielgebende

Strukturen aufbauen

Für wirtschaftliche Zukunftstreibhäuser zur

Anzucht der Firmen-Pflänzchen für die Erfolge

von morgen braucht es zukunftsorientierte

Entscheidungsträger, Strukturkonzepte,

Ansiedlungen und politischen Willen. Wie in

nachhaltiger Forstwirtschaft sollte es darum

gehen, jetzt die passenden Setzlinge für einen

klimaresistenten Mischwald zu finden und an

geeigneten Stellen aufzuforsten.

Foto: W+M / Ralf Succo

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


ZUKUNFT GESTALTEN

WIRTSCHAFT+MARKT 39

Was sind Zukunftswirtschaftszonen?

Nur die ostdeutschen

Bundesbürger haben

echte Wendeerfahrung.

Zukunftswirtschaftszonen (ZWZ) können

Erfolgsfaktoren so bündeln, dass daraus ein

Vorsprung für den Weg in eine nachhaltige

Welt 2050 erwächst. Das kann regionale

Rohstoffe und Wertstoffkreisläufe ebenso

betreffen wie die Fokussierung von Kompetenzen

und Bildungseinrichtungen für den

Aufbau von vorwiegend regionalen Wertschöpfungsnetzwerken

für morgen benötigte

Produkte, Dienstleistungen und Lösungen.

Solche Wirtschaftszonen sollten durch

möglichst vielfältige Teams von interdisziplinär

ausgerichteten, zukunftsoffenen Unternehmern,

Wirtschaftsentwicklern, Planern

und Bürgern entstehen.

Sie können dabei methodisch in Form einer

Retropolation begleitet werden: Nach einem

gemeinsamen Blick in die Zukunft 2050 folgen

ein Rückblick auf die nähere Zukunft 2030

und daraus abgeleitet Handlungsfelder und

Prioritäten für konsistente und zielgerichtete

Maßnahmen auf dem Weg von 2021 nach

2030. Dazu zählen regionale Stärken und

Besonderheiten, die sich mit neuen Bedarfen

kombinieren und weiterentwickeln lassen. Das

Konzept könnte dann als Entwicklungsplan

(Roadmap) modellhaft etabliert und als Blaupause

in andere deutsche Transformationsregionen

übertragen werden.

Ostdeutschland bietet sich an

Auf dem Weg in das Jahr 2050 hatten die

1990 gebildeten und durch mittelständische

Strukturen geprägten ostdeutschen Länder

im Jahr 2020 „Halbzeit“. Ihre Spezifik ist

vielseitig und immer wieder Ausgangspunkt

für letztlich erfolgreiche gesamtdeutsche

Innovationsexperimente. In der zweiten

Halbzeit muss es jetzt um Ideen für die

Erfolge von morgen gehen. Dafür bieten

sich Umbruchsregionen wie die noch gut ein

Jahrzehnt auf Braunkohle fokussierte Lausitz

besonders an.

Der allgegenwärtige Transformationsdruck

trifft hier auf die Fähigkeit der Ostdeutschen,

sich den notwendigen Veränderungen zu

stellen. Nur die ostdeutschen Bundesbürger

haben echte Wendeerfahrung – und vor

uns liegen drängende Wendeanforderungen

beispielsweise bei Energie, Agrar, Mobilität,

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Wann,

wenn nicht jetzt, sollte dieser 30-jährige

Erfahrungsvorsprung als Trumpf ausgespielt

werden?

Mögliche Etappen zu den ZWZ

Zukunftswirtschaftszonen lassen sich nur

bedingt administrieren; sie sollten durch

zukunftsoffene Mitgestalter auf allen Ebenen

gewollt und als regional startendes Modell

für ganz Deutschland verstanden werden. Auf

dem Weg dahin sind Vorbereitungsgremien

unter Leitung von Experten für Zukunftsfragen

zu schaffen. Dafür sind aus meiner Sicht vier

Handlungsstränge notwendig:

• (2021–2022): Zukunftsbild 2050 für

eine Rückschau auf die Zwischenstation

2030 entwerfen und mögliche Zukunftswirtschaftszonen

identifizieren.

• (2021–2025): Mittelständler, Startups,

Wissenschaftler, Bürger und Politiker

verstärkt in die vorausschauende

Zukunftsplanung einbeziehen.

• (2021–2030): Konzepte zukunftssicherer

Regionalentwicklung in Form von

Roadmaps entwickeln und schrittweise

umsetzen.

• (2025–2030): Roadmaps für überregionale

Zukunftswirtschaftszonen entwickeln und

entsprechende Strukturen, gesetzliche

Bedingungen, Förderprogramme etc. für

ausgewählte Regionen umsetzungsreif

vorbereiten.

Dazu müssen folgende Fragen noch in diesem

Jahrzehnt beantwortet werden:

• Welche regionalen Stärken können für die

Zukunftssicherung genutzt oder ausgebaut

werden?

• Welche alten Industriestandorte, Ex-Flughäfen

oder aufgelassene Truppenübungsplätze

können einer neuen Nutzung

idealerweise mit geplanten Rohstoffketten

und -kreisläufen zugeführt werden?

• Welche praxisnahen Zukunftscluster

können in der Region entstehen, z. B. autonome

Landwirtschaft mit Robotern und

Drohnen, Kreislaufwirtschaft mit nachwachsenden

Rohstoffen, Kombination von

Photovoltaik mit Ackerbau und Tierhaltung

(Agrophotovoltaik), Mobilitätskonzepte für

Mittelstädte mit urbanem Einzugsgebiet…?

• Welche vorausschauenden Entwicklungen

für Arbeitnehmerattraktivität sind geplant,

beispielsweise bezahlbarer Wohnraum für

Familien, Kindergärten, Schulen, Bildungseinrichtungen

usw.?

Grundvoraussetzung für eine attraktive

Region ist zunächst eine ausreichende Anzahl

von Gestaltungsbausteinen, die so kombiniert

werden können, dass damit eine erfolgversprechende

Weichenstellung für die Zukunft

2050 skizziert werden kann.

Lesen Sie

den ausführlichen

Beitrag online

Foto: XXX

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


40 WIRTSCHAFT+MARKT

DIE DEUTSCHE

RATSPRÄSIDENTSCHAFT

HAT EINE EUROPÄISCHE

KRISE VERHINDERT

Dr. Christian Ehler, Mitglied des Europäischen Parlaments, über die

Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft, den Klimaschutz in

Europa und die Kritik an den europäischen Institutionen

W+M: Herr Dr. Ehler, wie bewerten Sie die Ergebnisse

der deutschen Ratspräsidentschaft?

W+M: Welche Zukunftswirkungen gehen denn

von der deutschen Ratspräsidentschaft aus?

Dr. Christian Ehler: Es ist ja ein Stück weit

die Tragik der Ratspräsidentschaft von Angela

Merkel, aber überhaupt der Politiker-Generation

in Deutschland und in Europa in den

letzten fünfzehn Jahren, dass die Politik quasi

im permanenten Krisenmodus stattfindet. Und

die Größe der deutschen Ratspräsidentschaft

liegt vielleicht darin, eine in ihren Konsequenzen

gar nicht verstandene europäische Krise

verhindert zu haben. Wenn Sie gerade mit

meinen Kollegen aus Südeuropa sprechen, die

auch sehr kritisch Deutschland gegenüber sind,

herrscht schon allgemein das Gefühl vor, dass

ohne die deutsche Ratspräsidentschaft Europa

wahrscheinlich in eine Krise gekommen wäre

in einer Größenordnung, wie sie vorher noch

nicht bekannt war. Wenn man es ganz pauschal

nehmen will, hat die deutsche Ratspräsidentschaft

ein doch erschüttertes Europa wieder

auf die Füße gestellt. Zu Beginn der deutschen

Ratspräsidentschaft gab es ja weder einen

europäischen Haushalt noch eine finanzielle

Einigung, wie man mit der Covid-Pandemie und

ihren Folgen umgehen kann.

Dr. Christian Ehler: Ich glaube, man wird

Ende des Jahres erst wirklich absehen können,

wie die deutsche Ratspräsidentschaft

einzuordnen ist. Dann lassen sich die Dinge,

die unter der deutschen Ratspräsidentschaft

begonnen wurden, bewerten. Dazu zählen die

großen Gesetzgebungs- und Regulierungsprozesse

für den europäischen digitalen Binnenmarkt,

z. B. den Data Governance Act, den

Data Service Act oder den Data Market Act.

Und das gilt auch für das Thema Green Deal

und für das Corona-Recovery-Programm.

W+M: Glauben Sie, dass sich die deutsche

Ratspräsidentschaft in den deutschen Medien

adäquat widergespiegelt hat?

Dr. Christian Ehler: Ich glaube, dass die Medien

im Moment das Problem haben, dass die

zunehmende Komplexität und die Gleichzeitigkeit

von Themen fast gar keine entsprechend

komplexe Widerspiegelung findet. Wir

haben eine mediale Wiedergabe, die doch sehr

auf Personen und Konflikte zugeschnitten

ist. Aber wenn Sie jetzt eine Umfrage machen

würden unter den 50 wichtigsten CEOs in

Europa, was denn entscheidend in diesen

Tagen und Monaten ist, dann werden sie

wahrscheinlich gar nicht so heroische Themen

haben in der Art von „Driftet Europa auseinander?“,

sondern die Antworten würden sehr

binnenmarktbezogen sein.

W+M: Welche Themen wären dies?

Dr. Christian Ehler: Wir haben beispielsweise

mit dem Ziel der CO 2

-Reduktionen um

55 Prozent in diesem Jahrzehnt einen geradezu

transformatorischen Prozess angestoßen. Wir

haben jetzt neun Jahre Zeit, sämtliche industrieintensive

Industrien und Sektoren in Europa

technisch so umzubauen, dass wir 55 Prozent

weniger CO 2

emittieren. Das heißt aber, dass

wir das Karbon aus sämtlichen Verbrennungsprozessen

herausnehmen müssen. Das ist eine

Revolution vergleichbar mit dem Beginn der

chemischen Industrie im 19. Jahrhundert.

Foto: CDU Brandenburg

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


ZUKUNFT GESTALTEN

WIRTSCHAFT+MARKT 41

W+M: Was heißt das konkret, z. B. für die

ostdeutsche Wirtschaft?

Dr. Christian Ehler: Wenn wir unsere energieintensiven

Industriestandorte in den neuen

Bundesländern betrachten und wissen, dass

wir bis 2030 55 Prozent CO 2

reduzieren wollen,

müssen wir jetzt ermitteln, welche Schritte in

eine Wasserstoffökonomie notwendig sind.

Denn ohne Wasserstoff werden wir aus den

großen Verbrennungsprozessen Karbon nicht

rausnehmen können. Wir müssen verlässlich

wissen, dass und bis wann wir Wasserstoff in

einer bestimmten Größenordnung produzieren

können. Wir brauchen die Infrastruktur, die das

ermöglicht. Die Investitionsprozesse müssen

jetzt über neun Jahre so gesteuert werden,

dass die Ziele am Ende dieses Jahrzehntes

erfüllbar sind. Deshalb müssen wir jetzt prüfen,

wie Planungsrecht, die Ertüchtigung der

Gasleitungen zum Transport und die Ertüchtigung

der Produktionsstrukturen und die

dafür notwendigen staatlichen und privaten

Investitionen zusammenpassen. Wir müssen

Wasserstoff in großen Mengen produzieren,

wir müssen ihn in großem Umfang über Strecken

zu den Industriestandorten transportieren

können und wir müssen bei Marktpreisen

für CO 2

-freie Produkte ankommen, die die

europäische Wirtschaft im globalen Markt

weiter wettbewerbsfähig halten.

W+M: Neun Jahre sind eine kurze Zeit. Glauben

Sie, dass im Zweifelsfall die EU zum Sündenbock

für unrealistische Ziele erklärt wird?

man kognitive Dissonanz nennen könnte. Als

ob es so etwas wie eine verselbstständigte

Europapolitik gäbe. De facto entscheiden

in den Räten nationale Regierungschefs

und Minister und im Parlament sind alle

Abgeordneten gewählte Vertreter aus den

Mitgliedstaaten. Europapolitik ist eine Ebene

deutscher Regierungspolitik. Wenn wir in

Europa scheitern, dann scheitert nicht die EU,

sondern die deutsche Klimaschutzpolitik, es

scheitern wir als Generation zu Lasten unserer

Kinder und Enkel.

W+M: Ein weiterer häufig geäußerter Kritikpunkt

lautet ja: Muss eigentlich Europa immer

so langsam sein?

Dr. Christian Ehler: Europa ist eigentlich ein

Beschleunigungsinstrument. Betrachten Sie

die Entwicklung der europäischen Infrastrukturen

von Autobahnausbau bis hin zu

Zug- und Flugverkehr. Wir hätten heute nicht

eine so hohe Mobilität in all diesen Bereichen

ohne Europa. Auch das Beispiel Wasserstoff

belegt das. Kein Mitgliedstaat ist in der Lage

so schnell Kapazitäten für Elektrolyseprozesse

aufzubauen. Wir haben unter der Ägide

der deutschen Ratspräsidentschaft binnen

weniger Monate eine Produzenten-Allianz

aus dem Boden gestampft. Das wird alles

nur gemeinsam gelingen, weil es schlicht und

ergreifend der Aufgabenteilung einer ohnehin

tief integrierten europäischen Volkswirtschaft

entspricht.

Dr. Christian Ehler ist seit 2004 Abgeordneter

für Brandenburg im Europäischen Parlament

und gehört der Fraktion der Europäischen

Volkspartei (EVP/CDU) an. Er ist seit über

zehn Jahren Mitglied des Ausschusses für

Industrie, Forschung und Energie und seit

Beginn dieser Legislaturperiode dessen

Koordinator für die EVP.

Lesen Sie

das ausführliche

Interview online

Dr. Christian Ehler: Sie meinen das alte

Prinzip der Nationalisierung des Erfolges bei

Europäisierung der Misserfolge? Die Klimaschutzziele

sind unsere Ziele. Wir können

sie nur gemeinsam in Europa schaffen. Aber

die Verlagerung politischer Entscheidungen

nach Europa bewirkt oft ein Phänomen, dass

Foto: XXX

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


42

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

36 STARKE NOMINIERUNGEN

FÜR DEN WIRTSCHAFTSPREIS

„VORSPRUNG“

In diesem Jahr wird „Vorsprung“ – der Preis des Ostdeutschen Wirtschaftsforums

– zum zweiten Mal verliehen. 36 innovative und für den Standort

prägende Unternehmen stehen einer prominent besetzten Jury zur Auswahl.

Gekürt werden die Preisträger auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum am

14./15. Juni in Bad Saarow.

DDie Jury unter der Leitung von Matthias Platzeck,

Vorsitzender der Kommission 30 Jahre

Friedliche Revolution und Deutsche Einheit

und brandenburgischer Ministerpräsident a. D.,

steht vor der schweren Aufgabe, aus den 36

Nominierungen insgesamt fünf Preisträger

auszuwählen. Alle nominierten Unternehmen

stehen sinnbildlich für die Innovationskraft

und den Unternehmergeist zwischen Ostsee

und Erzgebirge. Sie besitzen regionale oder gar

überregionale Strahlkraft und haben sich seit

ihrer Gründung mit innovativen Geschäftsideen

zu einem wirtschaftlichen Leuchtturm entwickelt.

In den schweren Zeiten der Corona-Pandemie

haben die nominierten Unternehmen

mit Umsicht Kurs gehalten. Ihr Erfolg kommt

dabei auch dem Gemeinwohl zugute, denn die

36 Unternehmen stehen auch für ein soziales,

kulturelles oder sportliches Engagement in

ihrer Heimatregion. Mit ihrem Vorbild machen

sie jungen Menschen Mut, selbst Geschäftsideen

weiterzuentwickeln und eigene Startups zu

gründen. Im Folgenden werden die hervorragenden

Leistungen der 36 nominierten Unternehmen

mit einem Kurzporträt gewürdigt.

BRANDENBURG

Christoph Miethke GmbH & Co. KG

Sitz des Unternehmens: Potsdam

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 1992

Anzahl der Beschäftigten: 160

Die Christoph Miethke GmbH & Co. KG hat sich

in neurochirurgischen Fachkreisen weltweit

einen Namen gemacht. Sie entwickelt seit

1992 neurochirurgische Implantate zur Therapie

des Hydrocephalus (auch als Wasserkopf

bekannt), die fortlaufend weiterentwickelt

werden. Das Potsdamer Unternehmen wurde

mehrfach ausgezeichnet : So wurde es 1999

und 2006 zum Innovationspreisträger des

Landes Brandenburg gekürt und 2008 als ausgewählter

Ort im Land der Ideen prämiert.

Foto: Wirtschaft + Markt

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 43

Christoph Miethke

Ab 1999 ging die Christoph Miethke GmbH &

Co. KG eine erfolgreiche Vertriebskooperation

mit B.BRAUN Aesculap ein. Seither ist das

Unternehmen zu den weltweit führenden

fünf Playern seiner Branche aufgestiegen. In

Deutschland sind die Potsdamer Marktführer.

Firmenchef Christoph Miethke ist zudem

Mitglied im Expertenkreis HF 2 „Medizintechnik“

im Cluster Gesundheitswirtschaft

Berlin-Brandenburg.

GA Generic Assays GmbH

Wachstumskern „Praemed. Bio – Präzisionsmedizin

durch biomarkerbasierte Diagnostik

– Senftenberg“, der einen Beitrag zum

Strukturwandel in der Lausitz leisten soll.

Die neueste Entwicklung der GA Generic

Assays GmbH heißt CytoBead Assays. Dabei

handelt es sich nach Unternehmensangaben

um eine revolutionäre Kombination aus

Zell-basierter Immunfluoreszenz für das

Screening und antigenbeschichteter Mikropartikel

zur Differenzierung und Bestätigung

der Antikörper-Spezifität. Diese Einstufendiagnostik

von Serumproben anstelle der zurzeit

gängigen Zweistufendiagnostik ermöglicht

eine völlig neue Organisation von medizinischen

Laborprozessen. Firmenchef Prof. Dr.

Dirk Roggenbuck ist zudem Mitglied im Expertenkreis

HF 1 „Biotechnologie“ im Cluster

Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg.

Getemed Medizin- und

Informationstechnik AG

Die Körber & Körber GmbH Präzisionsmechanik

liefert Anwendungen in der Medizintechnik,

für OP-Ausrüstungen, aber auch für

die Raumfahrt. In Birkenwerder entstehen

Prüfgeräte für Kabel, die sowohl große Hitze

als auch feinstem Sand sowie hohem Druck

standhalten müssen. Heute finden sich von

der Körber & Körber GmbH produzierte Teile

auf der ISS oder im CERN, werden aber auch

bei Gehirn-Operationen oder beim Betrieb von

Sportflugzeugen eingesetzt. Das Unternehmen

engagiert sich in den Clustern Verkehr,

Mobilität und Logistik (Berlin-Brandenburg)

sowie Metall (Brandenburg).

Landgut Stober

Sitz des Unternehmens: Nauen

Branche: Tourismus

Gründungsjahr: 2005

Anzahl der Beschäftigten:

50 (Vollzeit) / 150 (saisonal)

Sitz des Unternehmens:

Fotos: Christoph Miethke, Landgut Stober, Generic Assays Gmb

Blankenfelde-Mahlow

Branche: Biotechnologie

Gründungsjahr: 2002

Anzahl der Beschäftigten: 22 (2018)

Die GA Generic Assays GmbH entwickelt und

produziert In-vitro-Diagnostika im Bereich

der Autoimmunkrankheiten. Das Produktprogramm

umfasst heute über 200 Testbestecke.

Das Unternehmen ist Bündnispartner im

Prof. Dr. Dirk Roggenbuck gründete

die Generic Assays GmbH

Sitz des Unternehmens: Teltow

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 1984

Anzahl der Beschäftigten: 70

Das Unternehmen entwickelt und produziert

Medizinprodukte in drei Hauptsegmenten :

kardiologische Funktionsdiagnostik, ambulantes

Vitalfunktions-Monitoring und Telemonitoring.

Mit diesen Produkten eroberte sich

die Getemed AG eine anerkannte Stellung

auf internationalen Märkten. Die Teltower

gewannen u. a. 2013 den Deutschen Innovationspreis

in der Kategorie Mittelstand

und 2014 den Zukunftspreis Brandenburg.

Der Vorstandsvorsitzende Michael Scherf ist

darüber hinaus Mitglied im Expertenkreis HF 2

„Medizintechnik“ des Clusters Gesundheitswirtschaft

Berlin-Brandenburg.

Körber & Körber GmbH

Präzisionsmechanik

Sitz des Unternehmens: Birkenwerder

Branche: Präzisionsmechanik

Gründungsjahr: 2010

Anzahl der Beschäftigten: 40

Im Jahre 2000 kaufte der Unternehmer

Michael Stober das verfallene ehemalige

landwirtschaftliche Mustergut der Eisenbahnerdynastie

von Borsig im Nauener Ortsteil

Groß Behnitz. Er restaurierte und entwickelte

das Gut zu Deutschlands nachhaltigstem

privat geführten Tagungshotel. 2012 wurde

es zum ersten Biohotel der Region Berlin/

Brandenburg, 2017 mit dem „Winner Hotel

Green Award Europe“ als Europas grünstes

Hotel ausgezeichnet.

Das Landgut Stober im Nauener Ortsteil Groß Behnitz

Michael Stober fühlt sich der Gemeinwohlökonomie

verpflichtet. So führt er 20 Prozent

seiner Gewinne an die Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter in Form von höheren Löhnen oder

Sozialleistungen ab, 20 Prozent werden fürs

Gemeinwohl, also für soziale und humanitäre

Zwecke, gespendet.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


44

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

SuperVista AG

Sitz des Unternehmens: Schönefeld

Branche: Optiker

Gründungsjahr: 2012

Anzahl der Beschäftigten: 200

Das Geschäftsmodell der SuperVista AG :

Preisbewusste Konsumenten, speziell im

Gleitsichtsegment, suchen sich im Internet

oder im Geschäft beim Lizenzpartner Brillen

aus. Aufgrund eines ausgereiften Bestell- und

Logistiksystems ist bei preiswerter Produktion

der Brillen in Shanghai das fertige Endprodukt

in maximal zehn Tagen beim Augenoptiker

vor Ort. Hier erfolgt dann die individuelle

Anpassung des Brillengestelles an den Träger.

So entfällt das Schleifen der Gläser durch den

Optiker. Die SuperVista AG kombiniert die

Zuverlässigkeit des klassischen Optikers mit

den günstigen Preisen und den Akquisitionsmöglichkeiten

des Internets.

Nachhaltiger Genuss mit UniCaps-Produkten

Alle Kaffees und Tees sind bio-zertifiziert,

die Kapseln verzichten auf Aluminium und

herkömmliches Plastik. Sie geben nachhaltig

orientierten Konsumenten die Möglichkeit,

hochwertigen Kaffee und Tee aus der Kapselmaschine

zu genießen und gleichzeitig einen

wichtigen Beitrag zum Schutz von Mensch und

Natur zu leisten.

MECKLENBURG-VORPOMMERN

arztkonsultation ak GmbH

Die SuperVista AG setzt auf

preisbewusste Brillenkäufer

Sitz des Unternehmens:

Frankfurt (Oder)

UniCaps GmbH

Branche: Ernährungswirtschaft

Gründungsjahr: 2016

Anzahl der Beschäftigten: 20

Die UniCaps GmbH mit Sitz in Frankfurt

(Oder) ist ein Technologierunternehmen, das

Kaffee- und Teeprodukte in nachhaltigen

Verpackungen produziert. Damit hat das

Unternehmen die Kaffeekapsel-Branche

revolutioniert. Mit eigenem Online-Shop und

rund 13 000 Verkaufsstellen in Deutschland

ist UniCaps einer der größten Anbieter nachhaltiger

Kaffeeprodukte.

UNITAX-Pharmalogistik GmbH

Sitz des Unternehmens: Schönefeld

Branche: Pharmalogistik

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: 150

Für national und internationale arbeitende

Hersteller und Großhändler von Arzneimitteln

und Medizinprodukten realisiert UNITAX

seit Jahrzehnten erfolgreich die gesamte

Wertschöpfungskette der Pharmalogistik.

Als Dienstleister mit den Zertifikaten für

die Good Distribution Practice (GDP), Good

Storage Practice (GSP) und Good Manufacturing

Practice (GMP) lagert und transportiert

die UNITAX-Pharmalogistik GmbH Wirkstoffe

und Fertigarzneimittel. 1991 von André Reich

gegründet, beschäftigt das inhabergeführte

Familienunternehmen aktuell 150 Mitarbeiter

an vier Standorten.

Sitz des Unternehmens: Schwerin

Branche: Gesundheit / IT

Gründungsjahr: 2017

Anzahl der Beschäftigten: 22

Die Videosprechstunde der arztkonsultation

ak GmbH mit Sitz in Schwerin ist

eine der ersten zertifizierten Videosprechstunden

in Deutschland. Sie ist von der

Dr. Peter Zeggel, Geschäftsführer

der arztkonsultation ak GmbH

Fotos: SuperVista AG, UniCaps GmbH, arztkonsultation ak GmbH

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 45

Kassenärztlichenund der Kassenzahnärztlichen

Bundesvereinigung sowie für

Krankenhäuser und Pflegedienste für den

Einsatz mit Patienten zugelassen. Mit ihrer

innovativen webbasierten Software kommt

die Videosprechstunde vor dem Hintergrund

der aktuellen Corona-Pandemie, aber auch

grundsätzlich für die medizinische Versorgung

der ländlichen Bevölkerung zum Einsatz.

Seit Beginn der Pandemie haben nahezu

7 000 medizinische Nutzerinnen und Nutzer

die Videosprechstunde zur Patientenversorgung

eingesetzt und bereits über 650 000

Gespräche mit Patienten durchgeführt.

lysen sowie Fußdruckmessungen ermöglicht.

Mit Beginn der 2000er-Jahre erfolgte der

Eintritt in internationale Märkte. Der Medicare

GmbH ist der Wandel vom reinen Sanitätshaus

zu einem Unternehmen, das an eigenen

Produkten forscht und mit Hochschulen

kooperiert, gelungen.

Oehm und Rehbein GmbH

Sitz des Unternehmens: Rostock

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: 60

SkenData hat dafür mehrere internationale

Auszeichnungen erhalten und zweimal die

Nominierung zum Digitalen Leuchtturm der

Versicherungswirtschaft.

Medicare GmbH

Sitz des Unternehmens:

Neubrandenburg

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 1993

Anzahl der Beschäftigten: 47

Die Medicare GmbH hat sich auf Orthopädietechnik,

Rehabilitationstechnik, Schuhtechnik

und Homecare spezialisiert. Heute fertigt die

Tochterfirma Medicare Schuhtechnik GmbH

maßgeschneiderte Schuhe auch für Nicht-Patienten,

insbesondere aber orthopädische

Schuhe mittels traditioneller Handwerkskunst

sowie individuell und nach Maß.

Die Oehm und Rehbein GmbH ist Hersteller

von digitaler Röntgentechnik, Entwickler von

Bildmanagementsoftware und Anbieter von

Systemlösungen in Human- und Veterinärmedizin

sowie für die Industrie und Sicherheitsbehörden.

2003 erfolgte der Eintritt in

internationale Märkte. Aktuell werden die

Produkte in über 100 Ländern an mehr als

120 Vertriebspartner verkauft. Die Rostocker

veränderten sich vom Softwarehaus

zum Systemanbieter. Seither macht sich

das Unternehmen mit eigenentwickelten

und -produzierten Röntgensystemen einen

Namen. Zu den Entwicklungen zählt u.a. ein

Röntgenkoffer unter dem Markennamen

„Leonardo DR II mini“, eines der leichtesten

Röntgensysteme weltweit.

Sven Jantzen, CEO der SkenData GmbH

SACHSEN-ANHALT

FEW Chemicals GmbH

Sitz des Unternehmens:

Bitterfeld-Wolfen

Branche: Feinchemie

Gründungsjahr: 1997

Anzahl der Beschäftigten: 50

Fotos: Medicare GmbH, SkenData GmbH

Matthias Heicke ist Geschäftsführer

der Medicare GmbH

Das Unternehmen betreibt darüber hinaus

eigene Forschungsprojekte zum 3D-Druck von

Orthesen. Im Medicare-Lauflabor im Klinikum

Malchin werden Gang- und Bewegungsana-

SkenData GmbH

Sitz des Unternehmens: Rostock

Branche: Informationstechnologie

Gründungsjahr: 2014

Anzahl der Beschäftigten: 15

Die Unternehmer Jon Meis und Sven Jantzen

haben SkenData gegründet, um ein Problem

für die Versicherungswirtschaft zu lösen : die

digitale und einfache Ermittlung des Versicherungswertes

für Gebäude. Die von SkenData

entwickelte Lösung Wert14 ist heute in

Deutschland Branchenstandard und wird

von über 30 Versicherern mit Unterversicherungsverzicht

akzeptiert. Die Rostocker sind

so zum Marktführer in der digitalen Gebäudewertermittlung

für Versicherungen geworden.

Die FEW Chemicals GmbH in der heutigen

Rechtsform wurde 1997 gegründet und

stellt als unabhängiges und eigentümergeführtes

Unternehmen Spezial- und

Feinchemikalien her. Hervorgegangen ist

das Unternehmen aus der Forschungs- und

Entwicklungsabteilung der früheren Filmfabrik

in Wolfen. Den wesentlichen Anteil der

Umsätze generiert es mit neuen Produkten

und Systemlösungen aus der eigenen

Forschungs- und Entwicklungstätigkeit.

So hat die FEW Chemicals GmbH beispielsweise

gemeinsam mit der GB Neuhaus

GmbH (Neuhaus a. Rennweg) und der RAS

AG (Regensburg) den transparenten und

abriebfesten Schutzlack SANPURE® mit lang

anhaltenden, keimabtötenden Eigenschaften

entwickelt.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


46

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

Innovate GmbH

Sitz des Unternehmens: Naumburg (Saale)

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 2002

Anzahl der Beschäftigten: 130

Seit fast 20 Jahren produziert die Innovate GmbH

Feuchttücher für eine Vielzahl von Anwendungsgebieten.

Die jährliche Produktionskapazität

beträgt 60 Millionen Packungen im Zwei- bzw.

Drei-Schicht system mit über 130 Mitarbeitern.

Im hauseigenen Labor entstehen neue Produkte

unter Berücksichtigung neuester Trends und

Marktentwicklungen mit besonderem Fokus auf

ökologische Aspekte. Die Naumburger Innovate

GmbH versteht sich als Spezialist in den

Bereichen Medizinprodukte und Desinfektion und

ist Lieferant für Chemiehersteller, Eigenmarken,

Industrie und Großhandel.

Die PureRaw-Produkte der Knufmann GmbH

Join GmbH

Sitz des Unternehmens: Magdeburg

Branche: Informationstechnologie

Gründungsjahr: 2018

Anzahl der Beschäftigten: 85

Auch wenn das Unternehmen – erst 2018

gegründet – noch recht jung ist, reichen die

Wurzeln der Join GmbH viel weiter zurück. Sie

entstand aus einer Fusion der Lintra Solutions

GmbH (2002 gegründet) und der BSS Business

Software Solutions GmbH (1999 gegründet)

und kann deshalb auf über 20 Jahre Erfahrung

am IT-Markt zurückgreifen. Mittlerweile umfasst

das Team 85 Mitarbeiter an Standorten

in Magdeburg, Eisenach, Dresden, München

und in Hamburg und hilft über 600 Kunden in

über 3 000 Projekten weltweit dabei, Arbeits-,

Kommunikations- und Geschäftsprozesse in

Unternehmen zu optimieren.

Mecotec GmbH

Sitz des Unternehmens: Bitterfeld-Wolfen

Branche: Medizintechnik

Gründungsjahr: 2000

Anzahl der Beschäftigten: 44

Die Mecotec GmbH hat sich 2013 in Sachsen-Anhalt

angesiedelt und versteht sich als

Pionier in der Herstellung von Kältetechnologien

im Medizin-, Sport- und Wellnessbereich.

Damit kann das Unternehmen auch in der

aktuellen Corona-Krise punkten – mit einem

selbstentwickelten mobilen Hightech-Container

für den Transport und die Lagerung von

Corona-Impfstoffen.

In dem Container können rund eine halbe

Million Impfdosen bei -20°C bis -80°C

transportiert und gelagert werden. Der

weltweit erste Container dieser Art soll auf

die Philippinen geliefert werden. Dabei zahlen

sich für Mecotec über 20 Jahre Erfahrung

im Bereich der industriellen Tiefst- Kühlung

aus.

Knufmann GmbH

Sitz des Unternehmens: Klötze

Branche: Ernährungswirtschaft

Gründungsjahr: 2015

Anzahl der Beschäftigten: 8

2010 hat die Gründerin Kirstin Knufmann

die Marke PureRaw ins Leben gerufen und

seitdem kontinuierlich ihre Vision verfolgt,

natürliche und hochwertige Ernährungsprodukte

zu entwickeln. Die Knufmann GmbH

ist ein dynamisches und inhabergeführtes

Unternehmen und bietet mittlerweile über

240 verschiedene roh-vegane Lebensmittel

und andere Produkte an. Sie alle sind frei

von künstlichen Zusatzstoffen, Aromen, Zucker,

Laktose und Gluten. Kirstin Knufmann

ist zudem deutschlandweit eine gefragte

Expertin für vegane Ernährung.

SONOTEC GmbH

Sitz des Unternehmens: Halle (Saale)

Branche: Elektronik

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: ca. 180

Das Unternehmen Sonotec GmbH stellt u.a.

Durchfluss-Sensoren her. Eine Expertise,

die gerade in Corona-Zeiten gefragt ist. Die

Messgeräte aus Halle kommen bisher etwa

in den Anlagen von Biontech/Pfizer zum

Einsatz und nun auch in der Produktion der

Impfstoffe bei Johnson & Johnson. Die Durchfluss-Sensoren

messen dabei per Ultraschall

die Fließgeschwindigkeit des Impfstoffes

selbst oder der verwendeten Hilfsstoffe und

biologischen Nährmedien.

Foto: Knufmann GmbH

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 47

Die Projekte der YouVista UG dienen der Berufsorientierung

junger Menschen im Bereich

audiovisueller Medien und der Entwicklung

von praktisch anwendbarer Medienkompetenz.

Sie können das Filmemachen in der

Praxis lernen – in einer Woche von der Idee

zum fertigen Film.

SACHSEN

Die Sonotec-Geschäftsführer Manuela Münch,

Michael Münch und Hans-Joachim Münch

Gegründet hat die Sonotec GmbH 1991

Hans-Joachim Münch mit seinem Kollegen

Santer zur Horst-Meyer. Mit Erfolg : Auf der

Kundenliste stehen heute reihenweise Konzerne

wie BASF oder Bayer. Seit 2019 stehen

Münchs Tochter Manuela und Sohn Michael

als Geschäftsführende Gesellschafter für die

Nachfolge bereit.

Twinner GmbH

Sitz des Unternehmens: Halle (Saale)

Branche: Automobil

Gründungsjahr: 2017

Anzahl der Beschäftigten: ca. 160

Die Entwicklung der Twinner Technologie

wurde von dem renommierten Automotive

Process Institute Leipzig (APi) gestartet. In

2017 wurde die Twinner GmbH gegründet

mit der Zielsetzung, den Automobilhandel zu

revolutionieren. Der Twinner Space ist eine

Scanplattform für Gebrauchtwagen. Fahrzeuge

können vom Twinner in wenigen Minuten

360° gescannt und bewertet werden.

Das Jugendfilmcamp ist Preisträger des Tourismuspreises

„Vorreiter des Landes Sachsen-Anhalt“

2018 und Preisträger des Ostdeutschen

Sparkassenverbandes „Leuchttürme der

Tourismuswirtschaft“. Die Vision lautet : einen

kreativen und auch identitätsstiftenden Ort zu

schaffen – eine Filmstadt für Jugendliche und

Interessierte aus aller Welt in Arendsee.

Das Jugendfilmcamp am Arendsee

anona GmbH

Sitz des Unternehmens: Colditz

Branche: Nahrungsmittel

Gründungsjahr: 1826

Anzahl der Beschäftigten: 500

Anonas Wurzeln reichen auf eine Mühlengründung

am Colditzer Ufer der Mulde im Jahr

1826 zurück. Die eigentliche Erfolgsgeschichte

beginnt aber 1990, als der einstige Hersteller

von Knuspermüsli und Instantpulvern

sich auf die Produktion von Backmischungen

für Industrie und Handwerk zu fokussieren

begann. Seit 1994 liegt der Schwerpunkt auf

diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel.

Anona exportiert in mehr als 30 Länder. Man

konzentriert sich dabei auf die Nahrungsmittelentwicklung

und -herstellung im Auftrag

von Vertriebsunternehmen (Private Label).

Als Spezialität stellt anona seit über 50 Jahren

Pulvermischungen für Soft- und Speiseeis her.

Hochwertige Fotos der Fahrzeuge werden

zusammen mit dem technischen Zustand des

Fahrzeugs in einem einfachen und benutzerfreundlichen

Format präsentiert. Die Lösung

ermöglicht einen sicheren Online-Handel von

Gebrauchtwagen.

Fotos: Twinner, YouVista UG, Sonotec GmbH

YouVista UG

Sitz des Unternehmens: Arendsee

Branche: Kreativwirtschaft

Gründungsjahr: 2014

Anzahl der Beschäftigten: 1

Die Twinner-Technologie im Einsatz

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


48

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

CADA – Chemnitz Automated

Driving Alliance

Sitz des Unternehmens: Chemnitz

Branche: IT / Automobil

Gründungsjahr: 2019

Anzahl der Beschäftigten: ca. 430

Die Chemnitz Automated Driving Alliance ist

ein Zusammenschluss innovativer Technologie-Unternehmen

der regionalen Automobilbranche.

Die beteiligten Unternehmen

generieren Lösungen für eine durchgehende

Softwarekette für das automatisierte Fahren.

Dabei werden starre Fahrzeugstrukturen mit

flexiblen IT-Architekturen zu dynamischen

selbstlernenden Lösungen verknüpft.

Die CADA Allianz besteht aus fünf Unternehmen,

die sich im Umfeld der Professur für

Nachrichtentechnik der TU Chemnitz gegründet

haben : FDTech GmbH – Gründung 2017,

mehr als 120 Mitarbeiter, Baselabs GmbH –

Ausgründung der TU Chemnitz 2012, ca. 50

Mitarbeiter, INTENTA GmbH – Gründung 2011,

mehr als 180 Mitarbeiter, Naventik GmbH –

Ausgründung der TU Chemnitz 2017, mehr

als 20 Mitarbeiter und die FusionSystems

GmbH – Ausgründung der TU Chemnitz 2005,

ca. 60 Mitarbeiter.

Das Entwicklungszentrum der digades GmbH

digades GmbH

Sitz des Unternehmens: Zittau

Branche: Elektronik

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: ca. 160

Lutz Berger gründete das Unternehmen 1991

gemeinsam mit sechs weiteren Gesellschaftern.

Aus einem Büro für Ingenieurdienstleistungen

entwickelte sich digades in Zittau über

die Jahre zu einem international agierenden

mittelständischen Automobilzulieferer und

einem der größten Arbeitgeber in der Region.

Seit 2011 führt Lutz Berger die digades GmbH

als alleiniger Geschäftsführer.

Gleichzeitig wuchs die digades GmbH zum

Hidden Champion und Weltmarktführer

im Bereich von Fernbediensystemen zur

Fahrzeugklimatisierung heran. Die Fima

Webasto als Zulieferer von vielen internationalen

Automobilherstellern, die komplette

Volkswagen-Gruppe sowie Daimler setzen

inzwischen auf Fernbediensysteme aus

dem Hause digades. Bereits im Mai 2018

wurde der Generationswechsel eingeleitet.

Dr.-Ing. Sascha Berger übernahm als gleichberechtigter

Geschäftsführer Aufgabenbereiche

von Lutz Berger.

CADA ist eine High-tech-Allianz für automatisiertes Fahren.

Fotos: digades GmbH, CADA

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 49

HIER

TRIFFT WIRTSCHAFT

WISSENSCHAFT.

Team Bilberry, Mateyusz Krain (li.) und Krzysztof Dobrinin

©Marco Warmuth/TGZ Halle GmbH

ES IST EIN GÄNGIGES KLISCHEE: SACHSEN-ANHALT UND INNOVATIONEN?

DAS PASST NICHT ZUSAMMEN.

Wir treten den Gegenbeweis an und zeigen, dass in Sachsen-Anhalt Prägendes

entsteht. Standorte in Sachsen-Anhalt bieten dazu die perfekten Bedingungen.

Es sind unsere ZUKUNFTSORTE. Hier konzentrieren sich Wissenschaft, Forschung

und Wirtschaft an einem Ort. Die Wege sind kurz, das ermöglicht Begegnung

und Austausch. Neue Ideen entstehen und werden so einfacher realisiert.

www.zukunftsorte-sachsen-anhalt.de

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


50

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

Dr. Födisch

Umweltmesstechnik AG

Sitz des Unternehmens: Markranstädt

Branche: Umwelt- und

Prozessmesstechnik

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: 84 (2020)

Dr. Holger Födisch ist Vorstand und Gründer

der Dr. Födisch Umweltmesstechnik AG. Das

Unternehmen hat sich mit Prozess- und Umweltmesstechnik

auf dem internationalen Markt

etabliert. Am Hauptsitz in Markranstädt werden

Staubmesstechnik und Gasanalysatoren für

die Emissionsüberwachung in der Industrie

ent wickelt, gefertigt und weltweit vertrieben.

Einsatz findet die Emissionsmesstechnik

in Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen,

Chemie-, Zement- und Betonwerken sowie

Glas- und Papierfabriken. Der Jahresumsatz

der AG beträgt zurzeit rund 22,4 Millionen

EUR (2019). Dazu gehören mehrere Tochterunternehmen

und verschiedene Beteiligungen

aus den Branchen Umwelttechnik

und Automatisierung.Etwa 40 Prozent des

Umsatzes wird aktuell durch den Export von

Messgeräten und -systemen erwirtschaftet.

Mittlerweile hat das Unternehmen mehrere

Niederlassungen in Deutschland und eine in

China für den Vertrieb und den Service der

Geräte „Made in Sachsen“.

HYDRIVE Engineering GmbH

Sitz des Unternehmens: Freital

Branche: Antriebs- und

Steuerungstechnik

Gründungsjahr: 2005

Anzahl der Beschäftigten: 13

Diese neuartigen Steuerungs- und Bedienansätze

von HYDRIVE Engineering kommen

sowohl in Anlagenmodulen der Fabrikautomation,

in der Vakuumtechnik als auch bei

mobilen Maschinen zum Einsatz.

ibes AG

Sitz des Unternehmens: Chemnitz

Branche: Informationstechnologie

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: 48

Von der ursprünglichen Ausrichtung auf

Ausrüstungen für Industrie-, Büro- und Elektroniksysteme

hat sich das Unternehmen zielgerichtet

auf mobile Software für Datenerfassung

in der Transportlogistik, mobile Lösungen

für die Digitalisierung und Verbesserung der

Zugänglichkeit von Behördendiensten sowie

internationale Herkunftsnachweise und Handelsdokumentation

für Rohstoffe spezialisiert.

Erfolgreicher Unternehmer: Dr. Holger Födisch

HYDRIVE Engineering hat ein Softwareframework

für Maschinensteuerungen entwickelt,

welches die vorteilhaften Eigenschaften

der objektorientierten Programmierung

für industrielle Steuerungen nutzbar macht.

In Verbindung mit modernen Displaylösungen

können innerhalb kurzer Zeit innovative und

intuitive Bedien- und Steuerungskonzepte

für Maschinen und Anlagen realisiert werden.

Ein wesentlicher Schwerpunkt seit 2005 ist

dabei die Stärkung der Volkswirtschaften

Afrikas durch Verbreiterung des Steueraufkommens.

Ein Beispiel dafür ist das TaxOn-

Phone-Projekt in Sambia. Mit einfachen

Tastenkombinationen lässt sich das System

auf nicht internetfähigen Mobiltelefonen anwenden.

So wird der Besuch der Steuerbüros

überflüssig und eines der Haupthindernisse

für die Steuerzahlung ausgeräumt.

Der Firmensitz der Robotron Datenbank-Software GmbH

Fotos: Robotron Datenbank-Software GmbH, Dr. Födisch Umweltmesstechnik AG

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 51

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (r.) testet die Wandelbots-Technologie.

Robotron

Datenbank-Software GmbH

Wandelbots GmbH

Sitz des Unternehmens: Dresden

Branche: Informationstechnologie

Gründungsjahr: 1990

Anzahl der Beschäftigten: 450

Sitz des Unternehmens: Dresden

Branche: Robotik

Gründungsjahr: 2017

Anzahl der Beschäftigten: 130

THÜRINGEN

EPC Engineering &

Technologies GmbH

Foto: Sächsische Staatskanzlei (Fotograf: Oliver Killig)

Die Robotron Datenbank-Software GmbH ist

ein etabliertes Software-Unternehmen, das

zukunftsfähige IT-Lösungen für die effiziente

Verwaltung und das Management großer

Datenmengen entwickelt. Das Unternehmen

versteht sich als umfassender IT-Dienstleister

innerhalb der Energiebranche, der Industrie

und der öffentlichen Verwaltung.

Mit Pilotprojekten wie dem Robotron SMART

Campus in Dresden etabliert Robotron

ein Modell für intelligentes Energiedatenmanagement,

das Produkttests, Realitätschecks

und das Erleben von Software

ermöglicht. Das Modell verbindet und steuert

verschiedene Bestandteile des Energiesystems

wie z. B. dezentrale Erzeuger erneuerbarer

Energien, flexible Energieverbraucher

wie Elektromobile, das Smart Grid und

Stromspeicher, um das Energiemanagement

zu optimieren.

Wandelbots ist das weltweit führende Startup

im Bereich No-Code-Robotics. Das 2017

gegründete Unternehmen erhielt dafür bereits

zahlreiche Auszeichnungen. Wandelbots hat

als eines der wenigen sächsischen Unternehmen

mehr als 34 Millionen Euro Risikokapital

erhalten, von namhaften Unternehmen wie

Siemens, Microsoft und 83North. Zudem

wurde erfolgreich der No-Code-Ansatz in die

Robotik eingeführt. Als Keimzelle dienten die

Lehrstühle für Softwaretechnologie und für

Kommunikationsnetze an der TU Dresden.

Die Idee basiert auf der Annahme, dass intuitive

Eingabeformen, etwa mit menschlichen

Bewegungen, eine Erleichterung der Robotikprogrammierung

ermöglichen. Das Produkt

wurde mit Firmen wie BMW und Volkswagen

in verschiedenen Use-Cases erarbeitet.

Sitz des Unternehmens: Arnstadt

Branche: Ingenieur- und Anlagenbau

Gründungsjahr: 1994

Anzahl der Beschäftigten: ca. 100

Die EPC Group ist ein internationaler Prozess-

Technologieanbieter sowie ein Ingenieur- und

Anlagenbauunternehmen. Schwerpunkt ist die

Lizensierung von Technologien, aber auch die Planung

und Realisierung von Infrastrukturprojekten

und Industrieanlagen.

Die Leidenschaft für Maschinen- und Anlagenbau

bestimmt seit Generationen die Geschichte der

Familie Henkel, den Gründern der EPC Group. Mit

der Gründung der EPC Engineering Consulting

GmbH im Jahr 1994 setzte sich nach der Wiedervereinigung

Deutschlands die Erfolgsgeschichte

des Familienunternehmens an seinem ursprünglichen

Standort in Thüringen fort. In Verantwortung

der EPC entstanden bereits in über 40 Ländern

und mehr als 1 000 weltweit realisierten Projekten

moderne Industrie- und Chemieanlagen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


52

WIRTSCHAFT+MARKT

UNTERNEHMEN + MACHER

Glatt Ingenieurtechnik GmbH

Sitz des Unternehmens: Weimar

Branche: Fabrikplanung und

Life-Science-Anlagenbau

Gründungsjahr: 1991

Anzahl der Beschäftigten: ca. 140

Vitamine im Tierfutter, Enzyme im Waschmittel

oder Pulverwerkstoffe für Hochleistungsbatterien

– daran arbeitet der

Weimarer Anlagenbauer und Prozessexperte

Glatt. Mit Erfolg : Im Frühjahr 2021

erweiterte Glatt sein Technologiezentrum

in Weimar zum dritten Mal innerhalb von

zwölf Jahren. Die Glatt Ingenieurtechnik

GmbH ist weltweiter Technologieführer bei

der APPtec-Pulversynthese und kontinuierlichen

Wirbelschicht- und Strahlschichtverfahren

zur Herstellung und Verarbeitung von

Pulvern zu Granulaten mit hochwertigen,

funktionalen Produkteigenschaften. Am

Standort Weimar werden entsprechende

Anlagen für unterschiedlichste Industrieanwendungen

aus diversen Branchen entwickelt,

konstruiert und vertrieben.

LAYERTEC GmbH

Sitz des Unternehmens: Mellingen

Branche: Optik

Gründungsjahr: 1990

Anzahl der Beschäftigten: ca. 300

Micro-Hybrid Electronic GmbH

Sitz des Unternehmens: Hermsdorf

Branche: Elektronik

Gründungsjahr: 1992

Anzahl der Beschäftigten: 220

Die Micro-Hybrid Electronic GmbH ist ein

führendes Technologieunternehmen auf dem

Gebiet der Mikroelektronik. Die Entwicklungs-

und Fertigungskompetenzen des Unternehmens

konzentrieren sich insbesondere auf die

Geschäftsfelder Mikrosystemtechnik und

Infrarot-Messtechnik. Das Unternehmen

entwickelt und vertreibt eigene kundenspezifische

Dienstleistungen und Produkte für eine

Vielzahl verschiedener Branchen.

Dr. Knuth Baumgärtel,

CEO der Micro-Hybrid Electronic GmbH

Die Kernmärkte liegen dabei in der Sensorik,

dem Maschinen- und Anlagenbau sowie in der

Medizintechnik. Das Unternehmen ist einer

der größten regionalen Arbeitgeber und der

größte in Hermsdorf sowie ein maßgeblicher

Treiber des regionalen Industrienetzwerks

Tridelta Campus e.V.

Pflegeplatzmanager GmbH

Sitz des Unternehmens: Greiz

Branche: Digital Health

Gründungsjahr: 2018

Anzahl der Beschäftigten: 29

Der Pflegeplatzmanager ist eine webbasierte

Plattformlösung, die das Entlassungsmanagement

der Krankenhäuser erleichtert und

darüber hinaus das Belegungs- und Aufnahmemanagement

der Weiterversorger professionalisiert.

Nachdem die Firma im Februar

2018 von Chris Schiller und Alexander Bauch

gegründet wurde, ist sie bis zum aktuellen

Zeitpunkt auf 29 Mitarbeiter an den Standorten

Greiz und Jena gewachsen.

Die Pflegeplatzmanager GmbH möchte die Stellung

als eine der führenden B2B-Plattformen im

Gesundheitswesen in Deutschland weiter ausbauen.

Durch die aktuelle Gesetzgebung (Krankenhaus-Zukunftsgesetz)

ist die Einführung in

fast allen Kliniken in Deutschland vorprogrammiert.

Die aktuelle Anzahl der Klinikkunden soll

daher bundesweit stark wachsen. Besonders

stolz ist die Firma über die Prämierungen wie

den Thüringer Innovationspreis 2018 oder den

ThEx AWARD 2020 – der Thüringer Gründerpreis

in der Kategorie „Durchstarter“.

LAYERTEC wurde 1990 als Spin-Off der

Friedrich-Schiller-Universität Jena gegründet.

Das Unternehmen produziert Optiken

höchster Qualität für Laseranwendungen.

Seit den Anfängen in den frühen neunziger

Jahren finden die Produkte weltweit

Anwendung in Industrie, Universitäten und

Forschungseinrichtungen. Viele wichtige

Entwicklungen der vergangenen Jahre im

Bereich der Lasertechnik wurden durch

Produkte von LAYERTEC unterstützt.

Im Jahr 2020 feierte das Unternehmen von

Hartmut Heyer sein 30-jähriges Bestehen

und damit auch seinen stetigen Aufstieg :

vom Ein-Mann-Betrieb zum inzwischen

weltweit agierenden Unternehmen mit

300 Mitarbeitern.

Die Gründer und Geschäftsführer der Pflegeplatzmanger GmbH: Alexander Bauch (l.) und Chris Schiller

Fotos: Pflegeplatzmanager GmbH, Micro-Hybrid Electronic GmbH

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


NOMINIERUNGEN WIRTSCHAFT+MARKT 53

rooom AG

Sojka Solutions Sondermaschinen &

Anlagenbau GmbH

Sitz des Unternehmens: Jena

Branche: Informationstechnologie

Gründungsjahr: 2016

Anzahl der Beschäftigten: ca. 30

Sitz des Unternehmens: Ponitz

Branche: Sondermaschinenbau

Gründungsjahr: 2018

Anzahl der Beschäftigten: 26

Mit rooomEXPO-X bietet das Tech-Startup aus

Jena u.a. eine Komplettlösung an, die für digitale

Messen und Events aller Art genutzt werden

kann. So können ganze Messehallen digital in

3D abgebildet werden. Aussteller können ihren

eigenen Stand gestalten und mit persönlichen

Avataren, digitalen Broschüren, Videos, Links

etc. ausstatten – ohne spezielle Vorkenntnisse.

Besucher können die Messe bequem von zu

Hause aus über das Internet entdecken.

Auch Events mit Live-Stream und On-Demand-Verfügbarkeit

sind umsetzbar, was

für hybride Eventkonzepte genutzt werden

kann. Die Thüringer waren Gewinner des ThEx

AWARD – der Thüringer Gründerpreis 2019

in der Kategorie „Durchstarter“ sowie des

Thüringer Innovationspreises.

Die Sojka Solutions GmbH bietet Maschinenbauunternehmen

auf Grundlage

transparenter Werkverträge mit seinen

Spezialisten die Möglichkeit, Projekte

termingerecht und wirtschaftlich umzusetzen

sowie komplexe Prozesse abzubilden,

ohne Kapazitäten im jeweiligen Fachbereich

vorhalten zu müssen.

Sojka Solutions ist spezialisiert auf die

Montage, Inbetriebnahme oder Optimierung

von Maschinen und Anlagen. Die

Verknüpfung der verschiedenen Bereiche

ist ein Paradebeispiel für Industrie 4.0. Das

Unternehmen wächst seit der Gründung

exponentiell.

Christian Sojka leitet die Sojka Solutions GmbH.

SZM Spannwerkzeuge GmbH

Sitz des Unternehmens: Zella-Mehlis

Branche: Maschinenbau

Gründungsjahr: 1955

Anzahl der Beschäftigten: 69

Das Unternehmen SZM Spannwerkzeuge

GmbH wurde 1955 in Zella-Mehlis gegründet.

Seit der Übernahme durch Sabine Weiß

hat sich die Mitarbeiterzahl von 45 in 2012

auf 69 in 2019 erhöht. Der Umsatz konnte

von 4,5 Millionen Euro in 2012 auf sechs Millionen

Euro im Jahr 2019 gesteigert werden.

Vor der Übernahme standen Kunden in der

Automobilbranche und im Maschinenbau im

Mittelpunkt.

Fotos: rooom AG., Sojka Solutions GmbH

Hans Elstner, CEO der rooom AG in Jena

Heute werden darüber hinaus Kunden in den

Bereichen Messtechnik, Medizintechnik und

der optischen Industrie beliefert. Während

früher ausschließlich Spannzangen gefertigt

wurden, bieten die Thüringer aktuell Komplettlösungen

für alle Spannprobleme der

Kunden. Sabine Weiß ist die Gewinnerin des

ThEx AWARD – der Thüringer Gründerpreis

2020 in der Kategorie „Nachfolge“.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


Wir vernetzen Strom,

Wärme und Verkehr.

enviaM-Gruppe treibt die Digitalisierung der Energiewende voran.

Die Energiewende ist maßgeblich für die Erreichung der Klimaschutzziele. In der Energiewelt von morgen wachsen

Strom, Wärme und Verkehr immer enger zusammen. Unter #enviaM2030 arbeitet auch die enviaM-Gruppe an der

Zukunft. Wir entwickeln mit Partnern aus der Region die erforderlichen Lösungen. Die Digitalisierung ist dabei unser

Treiber. Über all dem steht die Vision, das „Internet der Energie“ zu gestalten. Daran arbeiten täglich rund 3.300

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie füllen die Vision mit Leben – innovativ, partnerschaftlich und ökologisch.

Damit sorgen wir auch in Zukunft für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung in Ostdeutschland.

Mehr über unsere wegweisenden

aktuellen Projekte erfahren Sie unter:

www.enviaM-Gruppe2030.de


UNTERNEHMEN + MACHER

WIRTSCHAFT+MARKT55

Der W M-Fragebogen

Was heißt es, in heutigen Zeiten Unternehmer

oder Manager zu sein? Welche Ziele, Werte

und Visionen stehen im Fokus – sowohl privat

als auch beruflich? Wer sind die Menschen,

die hinter den erfolgreichen Unternehmen in

Ostdeutschland stehen? Und welche Erfolgsrezepte

können Sie an nachfolgende Unternehmergenerationen

weitergeben?

Antworten auf diese Fragen liefert der

W+M-Fragebogen. Regelmäßig geben hier

Persönlichkeiten der ostdeutschen Wirtschaft

Einblick in ihr strategisches Denken und Handeln.

Auf den folgenden Seiten finden Sie drei

ausgewählte Beispiele.

Weitere W+M-Fragebögen lesen Sie online

unter wirtschaft-markt.de.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


56

WIRTSCHAFT+MARKT

MACHER

Der W M-Fragebogen

Dr. Stephan Lowis

Vorstandsvorsitzender der envia Mitteldeutsche Energie AG

Geboren bin ich in Erkelenz.

Nach einer Ausbildung als Bankkaufmann habe

ich Volkswirtschaftslehre an der Universität

Köln mit dem Abschluss Diplom-Volkswirt

studiert und erlangte dort auch meine Doktorwürde.

2005 erfolgte der Einstieg in die

Energiewirtschaft bei der RWE AG in Essen.

Nach verschiedenen Führungspositionen war

ich zuletzt im RWE-Konzern als Chief Financial

Officer bei der damaligen RWE-Tochtergesellschaft

innogy SE im Segment Netz und

Infrastruktur tätig.

Heute bin ich: Vorstandsvorsitzender der

envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM)

mit Sitz in Chemnitz und Vorsitzender der

Geschäftsführung der MITGAS Mitteldeutsche

Gasversorgung GmbH mit Sitz in Kabelsketal.

Lebensmotto: Carpe diem – Nutze den Tag.

1. Startschuss

1. Wie heisst Ihr Unternehmen und

wann wurde es gegr ndet?

Das Unternehmen, das ich führe, heißt envia

Mitteldeutsche Energie AG (enviaM). Es wurde

2002 gegründet.

2. Was ist die Kernkompetenz

Ihres Unternehmens?

Wir sind der führende regionale Energiedienstleister

in Ostdeutschland und versorgen rund

1,3 Millionen Kunden mit Strom, Gas, Wärme

und Energiedienstleistungen.

3. Was hat Sie zum

Unternehmen gef hrt?

Die Frage eines weitsichtigen Menschen.

4. Geborener Unternehmer

oder Sp tberufener?

Spätberufener.

5. Was war Ihre bisher erfolgreichste

Idee als Unternehmer?

Der Börsengang der innogy SE.

6. Und wo haben Sie sich get uscht?

Die Liste ist zu lang.

2. Laufbahn

1. Was zeichnet einen guten Chef aus?

Zuhören und entscheiden.

2. Und was einen guten Mitarbeiter?

Sachlicher Widerspruch.

3. Welche wichtigen Eigenschaften

sollte ein Unternehmer haben?

Chancen zu erkennen und Risiken abzumildern

– so gut es geht.

4. Ihre Passion als Unternehmer:

Entwickeln, verkaufen oder

organisieren?

Entwickeln und dann verkaufen. Das Organisieren

überlasse ich denen, die es besser

können.

5. Was verbindet Sie mit Ihrem

Produkt oder Ihrer Dienstleistung?

Herzblut.

6. Und wohin soll die Reise Ihres

Unternehmens gehen?

Wir wollen die Nummer eins in Ostdeutschland

bleiben.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FRAGEBOGEN

WIRTSCHAFT+MARKT57

3. Zwischensprint

1. In einem Satz: Ein Buch, das Sie

jederzeit empfehlen w rden und

warum?

John Grisham: Die Firma; weil es spannend ist

und viele Wendungen hat, die man als Leser so

nicht kommen sieht.

2. In einem Satz: Ein Musikst ck,

das Sie immer wieder h ren k nnen?

The Cranberries: Zombie

3. Etwas, wobei Sie sich

entspannen k nnen?

5. zieleinkunft

1. Welche Vision von der Zukunft

fasziniert Sie?

Die, in der wir nicht alles wissen, aber es dennoch

schaffen, uns zurechtzufinden und neue

Dinge herauszufinden.

2. Und welche bereiteT Ihnen Sorge?

Eine problemlose Zukunft – was wäre dann

unsere Aufgabe beziehungsweise womit würden

sich Menschen dann beschäftigen?

3. Zum Abschluss:

Ein Rat an junge Menschen?

Macht das, was euch langfristig Spaß bereitet,

alles andere wird euch nicht zufriedenstellen.

Laufen

4. Ein Lieblingsplatz in der Welt?

Langeoog

4. Ausdauertest

1. Was bedeutet f r Sie Heimat?

Heimat ist für mich ein Gefühl und kein Ort.

2. Wenn Sie drei Dinge ideell oder

finanziell unterst tzen k nnten

oder es bereits tun, welche w ren/

sind dies?

– Kinder schützen

– Klimawandel bekämpfen

– Opfern von Katastrophen helfen

3. Wenn Sie nicht Unternehmer

geworden w ren, was w ren Sie

dann gerne geworden?

Irgendetwas in der Lehre oder Wissenschaft.

Foto: Michael Setzpfand

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


58 WIRTSCHAFT+MARKT

MACHER

Der W M-Fragebogen

Dr. Ute Bergner

Gesch ftsf hrende Gesellschafterin

VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH

Geboren bin ich in Jena.

Nach dem Abschluss meines Physikstudiums

1981 war ich zehn Jahre Assistentin in Lehre

und Forschung an der Friedrich-Schiller-Universität

Jena und habe 1987 zum Dr. rer.

nat. promoviert. 1991 bis 1992 war ich als

Außendienstmitarbeiterin bei der Vakuum-Firma

Balzers tätig. 1992 habe ich VACOM

gegründet.

Heute bin ich: Geschäftsführende

Gesellschafterin von VACOM und Mitglied des

Thüringer Landtags.

Lebensmotto: Nur was wir verstehen,

können wir beherrschen.

1. Startschuss

1. Wie heisst Ihr Unternehmen und

wann wurde es gegr ndet?

VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik

GmbH, gegründet 1992

2. Was ist die Kernkompetenz

Ihres Unternehmens?

– Ultrafeinst-Reinigung für Hochtechnologien

– Vakuum- und Sauberkeitsmesstechnik

– Fertigung von Vakuumkomponenten

3. Was hat Sie zum

Unternehmen gef hrt?

Ich wollte etwas von Anfang bis zum Ende

komplett selbst erschaffen und ein eigenes

Geschäftsmodell entwickeln.

Foto: Arlene Knipper

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FRAGEBOGEN

WIRTSCHAFT+MARKT59

4. Geborene Unternehmerin

oder Sp tberufene?

Geborene Unternehmerin. Als einzige bekam

ich die Note 1 in „Sozialistischer Betriebswirtschaft“

während des Studiums, da ich in einem

Computerspiel fiktiv den höchsten Gewinn

einstrich.

5. Was war Ihre bisher erfolgreichste

Idee als Unternehmerin?

Die Halbleitertechnologie tendiert dazu, immer

kleiner und schneller zu sein. Mir war deshalb

schnell klar, dass ich mich auf die Sauberkeitsmesstechnik

konzentrieren muss.

6. Und wo haben Sie sich get uscht?

Ich habe mich vor allem in Menschen getäuscht.

Ich habe ihnen vertraut, weil ich an

das Gute im Menschen glaube. Leider stellte

es sich manchmal heraus, dass sie sich mir

gegenüber nicht loyal verhielten.

2. Laufbahn

1. Was zeichnet einen guten Chef aus?

Eine wertschätzende Kommunikation und ein

respektvoller Umgang mit Mitarbeitern und

allen anderen Partnern tragen wesentlich zu

nachhaltigem Erfolg bei.

2. Und was einen guten Mitarbeiter?

Jeder Mensch sollte die eigenen Fähigkeiten

und Möglichkeiten realistisch einschätzen,

zugleich aber aufgeschlossen für Neues sein.

Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Loyalität sind

mir wichtig.

3. Welche Eigenschaften sollte ein

Unternehmer haben?

Er oder sie sollte für sein/ihr Unternehmen

„brennen“. Das legitime und wichtige Streben

nach Gewinn sollte kein Selbstzweck sein.

Neben dem klugen Abwägen von Chancen

und Risiken sollte er/sie bereit sein, neue

Wege zu gehen.

4. Ihre Passion als Unternehmerin:

Entwickeln, verkaufen oder

organisieren?

Ich bin Naturwissenschaftlerin und von Natur

aus neugierig. Mich reizt es, neue Lösungen zu

suchen und zu finden.

5. Was verbindet Sie mit Ihrem

Produkt oder Ihrer Dienstleistung?

Unser Slogan „Nichts ist unerreichbar“ ist ein

Wortspiel, das meinen Bezug zum Vakuum

ganz gut versinnbildlicht. Auch wenn das

absolute Nichts praktisch nicht realisierbar

ist, macht das Nahezu-Nichts unendlich viele

Dinge erst möglich.

6. Und wohin soll die Reise Ihres

Unternehmens gehen?

VACOM ist ein mittelständisches Familienunternehmen,

in dem Eigentum und Verantwortung

zusammengehören. Wir denken langfristig.

Seit vielen Jahren arbeiten wir an der

Digitalisierung und haben 2019/20 die erste

„smarte“ Fabrik Deutschlands eingeweiht.

3. Zwischensprint

1. In einem Satz: Ein Buch, das Sie

jederzeit empfehlen w rden und

warum?

Christopher Clark: Die Schlafwandler. Da

er Zusammenhänge zum 1. Weltkrieg aus

unterschiedlichen Perspektiven wunderbar

darstellt.

2. In einem Satz: Ein Musikst ck,

das Sie immer wieder h ren k nnen?

Beethovens 9. Sinfonie

3. Etwas, wobei Sie sich

entspannen k nnen?

Yoga und Wellness

4. Ein Lieblingsplatz in der Welt?

Das Berchtesgadener Land

4. Ausdauertest

1. Was bedeutet f r Sie Heimat?

Dort, wo ich glücklich bin, mich geborgen fühle,

meine Freunde und Familie sind und ich in einer

Kultur lebe, in der ich mich wohlfühle.

2. Wenn Sie drei Dinge ideell oder

finanziell unterst tzen k nnten

oder es bereits tun, welche w ren/

sind dies?

– Das Interesse junger Menschen an

Wissenschaft & Technik fördern.

– Umwelt und Technik in Einklang bringen.

– Aufforstung der Wälder, um die Kreislaufwirtschaft

zu stärken.

3. Wenn Sie nicht Unternehmerin

geworden w ren, was w ren Sie

dann gerne geworden?

Ich hätte Bionik studiert oder wäre eine gute

Ärztin geworden.

5. zieleinkunft

1. Welche Vision von der Zukunft

fasziniert Sie?

Die Idee, dass Menschen zusammen in einem

Netzwerk leben, sie im Mittelpunkt stehen und

sich die Frage „Wer herrscht über wen?“ nicht

stellt.

2. Und welche bereitet Ihnen Sorge?

Die Spaltung der Gesellschaft, das Säen von

Hass und Aggression und das Ignorieren von

Naturgesetzen.

3. Zum Abschluss:

Ein Rat an junge Menschen?

Wichtig ist eine gute Selbstreflexion. Jeder

sollte Zusammenhänge hinterfragen und nicht

kritiklos etwas hinterherlaufen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


60

WIRTSCHAFT+MARKT

MACHER

Der W M-Fragebogen

Kirstin Knufmann

Gesch ftsf hrende Inhaberin der PureRaw Knufmann GmbH

Geboren bin ich in Frechen bei K ln.

Nach einer Lehre im Immobilienbereich bei

einem großen Konzern in Leverkusen studierte

ich Fotografie in Köln und Barcelona.

Danach lebte und arbeitete ich in München,

anschließend in New York und Los Angeles als

Celebrity-Fotografin. Parallel dazu habe ich die

Marke PureRaw, anschließend die Knufmann

GmbH gegründet.

Heute bin ich: Geschäftsführende Inhaberin

der PureRaw Knufmann GmbH, Autorin und

Referentin.

Lebensmotto: Glaube an dich und deine

Ziele, sei mutig und mache die Welt durch dein

Handeln zu einem besseren Platz.

1. Startschuss

1. Wie heisst Ihr Unternehmen und

wann wurde es gegr ndet?

PureRaw Knufmann GmbH. Gegründet: 2010

2. Was ist die Kernkompetenz

Ihres Unternehmens?

PureRaw steht für hochwertige, faire, innovative,

pflanzliche und nachhaltige Lebensmittel,

mit Schwerpunkt auf u.a. algenbasierten

Produkten. Unsere Kernkompetenzen liegen

in unserer Außenkommunikation und unserer

Authentizität. Wir bieten gute Lebensmittel

aus einer Hand und kommunizieren dies mit

Know-how und Ehrlichkeit. Wir entwickeln

Produkte, die Freude bereiten, schmecken

und dazu einen Nutzen für den Kunden und

unseren Planeten bieten.

3.Was hat Sie zum

Unternehmen gef hrt?

Ich habe das Unternehmen gegründet mit

dem Anspruch, die bestmögliche Qualität für

Lebensmittel, welche ich auch selbst haben

möchte, anzubieten. Ganz ohne Schnickschnack

mit 100 Prozent echten Zutaten.

4. Geborene Unternehmerin

oder Sp tberufene?

Bereits parallel zu meiner Ausbildung war ich

selbstständig. Dennoch habe ich mich selbst

erst sehr spät als Unternehmerin bezeichnet,

auch wenn ich früh als solche tätig war.

5. Was war Ihre bisher erfolgreichste

Idee als Unternehmerin?

Meine erfolgreichste Idee war, mit dem ersten

Schritt zu starten und mutig neue Wege zu

gehen, auch wenn diese in der Anfangszeit

als unkonventionell abgetan wurden. Ich habe

das Unternehmen ständig dem Wandel der

Herausforderungen angepasst und bin dabei

meinen Prinzipien treu geblieben.

6. Und wo haben Sie sich get uscht?

Als ich PureRaw gegründet habe, dachte ich,

dass ich mich auf die Aufgaben konzentrieren

kann, die mich dazu bewegt haben zu starten

und die mir Freude bereiten. Je erfolgreicher

PureRaw wurde, desto mehr habe ich gemerkt,

dass ein nicht unbedeutender Teil meines

Alltags darin bestand, Dinge zu händeln, die

nicht zu meinen Kernkompetenzen gehörten.

Wie z.B. die Umsetzung von Regularien, der

Umgang mit Behörden, Fragen der Mitarbeiterführung,

des Arbeitsschutzes oder von Lebensmittelverordnungen.

Es galt, Strukturen

und Arbeitsabläufe zu erarbeiten, um meine

Ziele überhaupt umsetzen zu können.

2. Laufbahn

1. Was zeichnet einen guten Chef aus?

Ein guter Chef hat viele Facetten und ist nicht

perfekt. Er ist beständig, vertrauenswürdig

und ehrlich mit einer ordentlichen Portion

Ideen und Visionen. Dazu Kalkül und Mut,

diese abzuwägen und umzusetzen. Er mag

eigene Wege gehen und standfest sein, dennoch

wissbegierig, ehrgeizig und anspruchsvoll.

Er gibt Rahmen vor und lässt Freiräume.

Er muss mit Herausforderungen umgehen

können und bereit sein, sich und sein Handeln

kritisch zu betrachten. Er ist ein Teamplayer

und weiß um seine eigenen Stärken als auch

die seiner Mitarbeiter.

2. Und was einen guten Mitarbeiter?

Ein guter Mitarbeiter hat Freude an seiner

Arbeit, ist bereit Neues zu lernen und seine

eigenen Ideen mit einzubringen. Er ist loyal,

zuverlässig, ehrlich, kritikfähig, ehrgeizig, weiß

um seine Stärken, kennt seine Aufgaben und

deren Wichtigkeit und ist ein guter Teamplayer.

3. Welche Eigenschaften sollte eine

Unternehmerin haben?

Eine Unternehmerin sollte neben den Kompetenzen

einer Chefin noch mehr Begeisterung

für die Sache haben und möglichst viele

Personen mit auf diese Reise nehmen. Eine

Unternehmerin erzählt nicht nur Geschichten,

sondern schreibt diese.

4. Ihre Passion als Unternehmerin:

Entwickeln, verkaufen oder

organisieren?

Ich kann viele Bereiche miteinander kombinieren

und vernetzen, mich in neue Situationen

reinarbeiten und begeistern. Ich liebe es, neue

Ideen und Produkte zu entwickeln und diese

zu präsentieren.

5. Was verbindet Sie mit Ihrem

Produkt oder Ihrer Dienstleistung?

Die Wertschätzung des Ganzen, Liebe zum

Detail, der innovative Charakter. Meine

Produkte und Dienstleistungen

sind ein Teil von mir und ich

möchte damit etwas

Gutes in die Welt

geben.

Foto: PureRaw Knufmann GmbH

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FRAGEBOGEN

WIRTSCHAFT+MARKT61

6. Und wohin soll die Reise Ihres

Unternehmens gehen?

Der innovative Charakter meines Unternehmens

soll ausgebaut werden, um relevante

Projekte für unsere Gesundheit und Umwelt

weiter voranzutreiben. Ich möchte eine neue

Stufe schaffen von hochwertigen, innovativen

und guten Lebensmitteln mit Mehrwert,

diese vermehrt in den internationalen Handel

bringen und online verfügbar machen.

3. Zwischensprint

1. In einem Satz: Ein Buch, das Sie

jederzeit empfehlen w rden und

warum?

Hermann Hesse: Steppenwolf; Randy Pausch:

The Last Lecture; Antoine de Saint-Exupéry:

Der kleine Prinz; Haruki Murakami: Kafka am

Strand; Marc-Uwe Kling: Die Känguru-Apokryphen.

Dies sind Bücher, die die komplette

Bandbreite des Lebens aufzeigen und bei all

dem die Wunder des Lebens beinhalten.

2. In einem Satz: Ein Musikst ck,

das Sie immer wieder h ren k nnen?

Pro Pain: Don't kill yourself to live; Johnny

Cash: Hurt; Depeche Mode/Rammstein: Stripped;

Depeche Mode: Question of love.

3. Etwas, wobei Sie sich

entspannen k nnen?

Sport, lesen, kreativ sein, in der Natur sein,

mich in meine Projekte versenken können, Zeit

mit meiner Familie, neue Projekte entwickeln,

gute Gespräche.

4. Ein Lieblingsplatz in der Welt?

Da, wo ich meinen Gedanken freien Lauf lassen

kann und sich mein Herz mit Wärme und Liebe

füllt. Dies kann überall sein, solange ich mit

mir selbst im Reinen bin.

4. Ausdauertest

1. Was bedeutet f r Sie Heimat?

Heimat ist da, wo mein Herz zu Hause ist.

2. Wenn Sie drei Dinge ideell oder

finanziell unterst tzen k nnten

oder es bereits tun, welche w ren/

sind dies?

- Relevante und notwendige Projekte für

Mensch und Umwelt umzusetzen.

- Bildung und Förderung von Kindern und

Jugendlichen.

- Weichen stellen für Frauen als Unternehmerin,

insbesondere zur Vereinbarkeit von

Karriere und Familie.

3.Wenn Sie nicht Unternehmerin

geworden w ren, was w ren Sie

dann gerne geworden?

Unternehmerin ist ein so weitreichender Begriff,

dass es mir fast unmöglich scheint, nicht

irgendwann Unternehmerin geworden zu sein.

Es fasziniert mich, Neues zu entdecken und zu

entwickeln.

5. zieleinkunft

1. Welche Vision von der Zukunft

fasziniert Sie?

Dass alles möglich ist.

2. Und welche bereitet Ihnen Sorge?

Dass alles möglich ist.

3. Zum Abschluss:

Ein Rat an junge Menschen?

Finde deine Passion, folge deinem Herzen und

traue dich, Neues und Unbekanntes anzugehen.

Herausforderungen wird es immer geben.

Suche nach Lösungen. Traue dich, den eigenen

Stärken und Schwächen zu begegnen und

diese richtig einzusetzen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


62

WIRTSCHAFT+MARKT

50 EXZELLENTE FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN

HIER ENTSTEHT DIE

WELT VON MORGEN

Ostdeutschland verfügt über eine eindrucksvolle Dichte an weltweit anerkannten

Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Universitäten. Hier wird

an Lösungen für drängende Fragen der Zukunft etwa in der Medizintechnik,

der Energieversorgung oder der Mobilität geforscht. In enger Zusammenarbeit

mit der Wirtschaft entstehen so innovative Produkte und Verfahren,

die helfen, die Welt von morgen zu gestalten.

Dabei gesellen sich Forschungsinstitute und Universitäten mit bewegter

Geschichte und langer Tradition Seite an Seite mit neuen Forschungszentren,

wie sie gerade etwa beim Strukturumbau der Lausitz entstehen. WIRTSCHAFT+

MARKT stellt die spannendsten und innovativsten Forschungsstandorte

zwischen Ostsee und Erzgebirge vor – wohl wissend, dass die hier präsentierten

50 Einrichtungen nur einen Ausschnitt aus der reichhaltigen Forschungslandschaft

im Osten Deutschlands widerspiegeln können.

VON MATTHIAS SALM

Foto : TU Ilmenau / Michael Reichel

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT63

BERLIN

01

fest zu verankern und die Aus- und Weiterbildung

der weltweit dringend benötigten

KI-Experten.

Das Zentrum wird zwischen 2019 und 2022

insgesamt über 32 Millionen Euro Förderung

erhalten. Ebenso will Berlin acht neue Professuren

an der TU und an der FU in den Bereichen

Big Data und Maschinelles Lernen finanzieren.

02

DLR – INSTITUT FÜR OPTISCHE

SENSORSYSTEME

Die Forschungsergebnisse aus Adlershof

finden in der Raumfahrt und in robotischen

Systemen Anwendung. Aber auch im Bereich

Sicherheit ist die Expertise der Berliner

gefragt. Im Zuge eines Helmholtz Innovation

Lab arbeiten DLR-Forscher gemeinsam mit

Partnern aus Industrie, Forschung und Behörden

an optischen Technologien zur Situationserfassung

im Sicherheitsbereich. Dazu wird in

Berlin das Helmholtz Innovation Lab OPTSAL

aufgebaut.

03

EINSTEIN CENTER DIGITAL

FUTURE (ECDF)

BERLIN INSTITUTE FOR THE

FOUNDATIONS OF LEARNING

AND DATA (BIFOLD)

BERLIN-ADLERSHOF

BERLIN-MITTE

BERLIN-CHARLOTTENBURG

FORSCHUNGSFELD :

SENSORSYSTEME

FORSCHUNGSFELD :

DIGITALISIERUNG

FORSCHUNGSFELD :

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Ein zukünftiger Leuchtturm der Spitzenforschung

zur Künstlichen Intelligenz (KI) :

das Berlin Institute for the Foundations of

Learning and Data (BIFOLD). Es vereint die

beiden bestehenden KI-Kompetenzzentren an

der TU Berlin, das Berlin Big Data Center und

das Berliner Zentrum für Maschinelles Lernen.

So entsteht in der Hauptstadt ein KI-Nukleus,

der Forschung, Ausbildung und Innovation im

Zusammenspiel von Big Data und Maschinellem

Lernen verzahnt. Mit zusätzlichen

Professuren soll ein Forschungszentrum von

internationalem Rang entstehen und Berlins

Spitzenstellung in der KI-Forschung weiter

ausgebaut werden.

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt

(DLR) in Berlin-Adlershof entwickelt das

Institut für Optische Sensorsysteme aktive

und passive optische Sensorsysteme. Das

Institut ist am Wissenschaftsstandort Adlershof

ansässig und legt mit der Entwicklung von

sensornahen Algorithmen für die Informationsverarbeitung

die Grundlagen für intelligente

optische Sensorsysteme. Das Institut beteiligte

sich bereits an zahlreichen nationalen und

internationalen Weltraummissionen.

Das Einstein Center Digital Future (ECDF) ist

ein interdisziplinäres Projekt der Technischen

Universität Berlin, der Charité – Universitätsmedizin

Berlin, der Freien Universität Berlin,

der Humboldt-Universität zu Berlin und der

Universität der Künste Berlin. Das ECDF sieht

sich als Zentrum für Digitalisierungsforschung

und hat sich die innovative interdisziplinäre

Spitzenforschung zu digitalen Strukturen in

Foto: DLR

Inhaltlich verfolgt das BIFOLD drei wesentliche

Ziele : Spitzenforschung in den Bereichen Big

Data und Maschinelles Lernen, die Entwicklung

von Technologien, Werkzeugen und Systemen,

um das Thema KI in der Wissenschaft, aber

auch in der Wirtschaft und der Gesellschaft

Am Helmholtz Innovation Lab OPTSAL wird auch an neuen optischen

Technologien und Methoden für Lagebilder gearbeitet.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


64

WIRTSCHAFT+MARKT

FORSCHUNG IM OSTEN

Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft auf

die Fahnen geschrieben. Auch die Bandbreite

der Themen von elektronischen Textilien über

Sicherheit im Radverkehr bis hin zur Cyberkriminalität

macht das Einstein Center Digital

Future einzigartig.

Seit der Eröffnung im April 2017 wurde es

schnell zum Motor der deutschen Digitalisierungsforschung.

Das Robert-Koch-Forum, im

Herzen Berlins in der Wilhelmstraße gelegen,

fungiert dabei als Haus der Digitalisierung mit

Co-Working-Spaces, Laboren sowie Workshop-

und Kooperationsräumen.

04

EXZELLENZCLUSTER

UNISYSCAT

BERLIN-CHARLOTTENBURG

FORSCHUNGSFELD :

KATALYSEFORSCHUNG

Die Katalyse gilt als wirtschaftliche Schlüsseltechnologie

für den Wandel zu einer nachhaltigen

und grünen chemischen Produktion.

Schließlich kommen mehr als 80 Prozent aller

Produkte im Laufe der Produktion in Kontakt

mit einem Katalysator. Ziel der interdisziplinären

Forschung sind die Verbesserung

und Entwicklung von energie- und materialeffizienten

Transformationen in der Chemie

und Biotechnologie sowie Fortschritte in der

medizinischen Diagnostik und Therapie.

05

FERDINAND-BRAUN-INSTITUT,

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR

HÖCHSTFREQUENZTECHNIK

(FBH)

BERLIN-ADLERSHOF

FORSCHUNGSFELDER :

MIKROWELLENTECHNIK,

OPTOELEKTRONIK

Eine Mikrotechnologin arbeitet

im Reinraum am FBH

Praxisnähe gehört ebenso zu den Zielen des FBH

wie der Technologietransfer durch mittlerweile

mehr als zehn Spin-offs. Die Ausgründung UVphotonics

etwa entwickelt ultraviolette Leuchtdioden,

das Unternehmen BeamXpert bietet

Simulationssoftware für optische Systeme an.

Aus dem FBH stammen wichtige Komponenten

des LiDAR-Messsystems für den deutsch-französischen

Satelliten MERLIN, der aus dem All

die Methankonzentration auf der Erde messen

soll – ein Meilenstein in der Klimaforschung.

Diodenlaser aus dem FBH bewähren sich im

Weltraum, so in Atomuhren von GPS-Satelliten.

Auch verbesserte Verstärker für Green-IT-

Anwendungen stammen aus den Laboren der

Adlershofer ebenso wie neu entwickelte LED-

Strahler, mit denen Mikroorganismen in Krankenhäusern

mit ultrakurzwelligem UV-Licht abgetötet

werden können – ohne Nebenwirkungen.

Die Katalyseforschung ist ein wesentlicher

Bestandteil der Chemie. Das Exzellenzcluster

UniSysCat (Unifying Systems in Catalysis) an

der TU Berlin, eines von mehreren Berliner

Exzellenzclustern im Rahmen der Exzellenzstrategie

des Bundes und der Länder,

verbindet zahlreiche Forschungseinrichtungen

in Berlin inklusive im Rahmen der University

Alliance auch die Freie Universität Berlin und

die Humboldt-Universität Berlin.

Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut

für Höchstfrequenztechnik (FBH) zählt zu den

international führenden Instituten für anwendungsorientierte

und industrienahe Forschung

in der Mikrowellentechnik und Optoelektronik.

Hier entstehen Hochfrequenz-Bauelemente und

Schaltungen für die Kommunikationstechnik,

Leistungselektronik und Sensorik. Dies alles

geschieht in enger Zusammenarbeit mit Partnern

aus der Wirtschaft und mit Universitäten.

06

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

NACHRICHTENTECHNIK,

HEINRICH-HERTZ-INSTITUT

(HHI)

BERLIN-CHARLOTTENBURG

Das Hauptgebäude der TU Berlin

FORSCHUNGSFELDER :

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ,

SENSORIK, 5G

Am Berliner Einsteinufer verfolgen die Forschenden

des Fraunhofer HHI eine Mission :

den Wandel der Gesellschaft hin zu einer

Fotos: TU Berlin/Dahl, FBH / schurian.com

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT65

08

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

ZUVERLÄSSIGKEIT UND

MIKROINTEGRATION IZM

BERLIN-MITTE

Fotos: Berlin Philharmonic Orchestra/Monika Rittershaus, Fraunhofer IZM

OmniCam-360 beim Live-Streaming eines Konzerts der Berliner Philharmoniker

digitalen Informationsgesellschaft aktiv zu

gestalten. Die Geschichte der renommierten

Berliner Forschungseinrichtung reicht dabei

bis ins Jahr 1928 zurück, zu jener Zeit noch als

Institut für Schwingungsforschung.

Das Fraunhofer HHI ist weltweit führend in der

Erforschung von mobilen und optischen Kommunikationsnetzen

sowie in der Kodierung

von Videosignalen. So stellten Forschende des

Fraunhofer HHI im Jahr 2016 einen Weltrekord

in der optischen Freiraum-Datenübertragung

auf. Am Fraunhofer HHI entwickelte photonisch

integrierte Schaltkreise sind weltweit

bei der Übertragung hoher Datenraten durch

Glasfasernetze im Einsatz.

Die Forschenden des Fraunhofer HHI sind in

Berlin sehr präsent : Jüngst übertrugen sie

erstmals eine Charité-Operation als einen

Augmented-Reality-basierten 3D-Live-Stream.

An der TU Delft in den Niederlanden konnten

so HNO-Ärztinnen und -Ärzte sowie

Masterstudierende der Fakultät „Biomedical

Engineering“ die Operation an der Charité

Berlin zu Lehrzwecken live verfolgen. Mit Hilfe

des intraoperativen Annotationsmodus können

Chirurginnen und Chirurgen zusätzliche visuelle

Informationen wie Skizzen, Verweise und

bildbasierte Anatomievermessungen in den

Live-Stream einfügen.

Ebenfalls im Fraunhofer HHI wurde eine Serie

von skalierbaren spiegelbasierten Multikamera-Systemen

entwickelt, um hochaufgelöste

2D- und 3D-Panorama-Videoaufnahmen zu

erzeugen. Die so genannte OmniCam-360

kam zum Beispiel beim ersten Live-Streaming

eines Konzerts der Berliner Philharmoniker im

Panorama-Format zum Einsatz.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen

und Konstruktionstechnik IPK forscht zur

gesamten Bandbreite industrieller Aufgaben

– von der Produktentwicklung über den Produktionsprozess

und die Wiederverwertung

von Produkten bis hin zur Gestaltung und dem

Management von Fabrikbetrieben. Dazu gehören

die Themen Produktionsmanagement,

Digital Engineering, Produktionsverfahren und

-anlagen und Automatisierung. Darin finden

sich alle aktuellen Trends in der Industrie wieder

: Industrie 4.0, Additive Fertigung, Smart

Maintenance und Künstliche Intelligenz.

Direkt an der Spree zwischen Charlottenburg

und Moabit ist das Fraunhofer IPK im Produktionstechnischen

Zentrum Berlin beheimatet.

Es gehört zu den traditionsreichen Berliner

Forschungseinrichtungen mit mehr als 40-jähriger

Erfahrung.

07

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

PRODUKTIONSANLAGEN UND

KONSTRUKTIONSTECHNIK IPK

BERLIN-CHARLOTTENBURG

FORSCHUNGSFELDER :

PRODUKTIONSANLAGEN,

KONSTRUKTIONSTECHNIK

FORSCHUNGSFELD :

ELEKTRONIK UND DEREN

SYSTEMINTEGRATION

Das Fraunhofer IZM gehört zu den weltweit

führenden Instituten für die Forschung und

Entwicklung von zuverlässiger Elektronik und

deren Systemintegration. Als solches sind die

Berliner wichtige Partner von Unternehmen

in der Automobil- und Industrieelektronik, in

der Medizintechnik, in der Informations- und

Kommunikationstechnik und im Halbleiterbereich.

Neben dem Hauptsitz in Berlin unterhält

das Fraunhofer IZM auch Standorte in Dresden

und Cottbus. Eine enge Zusammenarbeit

wird mit der TU Berlin gepflegt. Mit mehr als

430 Mitarbeitern wurde 2019 ein Umsatz von

35,7 Millionen Euro erwirtschaftet. Rund 41,8

Prozent des Umsatzes wurde mit Vertragsforschung

aus der Wirtschaft erzielt.

Das Bewusstsein einer nachhaltigen Produktentwicklung

wächst nicht nur in der

gesamten Elektronikbranche, auch die gesetzlichen

Anforderungen an eine ressourcenschonende

Produktion nehmen zu. Forschende am

Fraunhofer IZM erstellen deshalb beispielsweise

Ökobilanzen für Elektronikprodukte und

analysieren den gesamten Lebenszyklus von

Elektronikprodukten und Produktgruppen.

Panel Level Moldtechnologien für

dreidimensionale Radarsensorik

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


66

WIRTSCHAFT+MARKT

Um beim automatisierten Fahren die höchste

Sicherheitsstufe gewährleisten zu können,

wurden beispielsweise im Projekt KoRRund

3D-Radarmodule entwickelt. Sie ermöglichen

eingebunden in ein Sensornetzwerk

die 360°-Rundumsicht. Für diese lückenlose

Abbildung der Umgebung entwickelten

Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer

IZM zusammen mit Projektpartnern Packaging-Verfahren

für zuverlässige Radarsensoren

mit revolutionären Freiformflächen, mit

denen jede Antennenform und Anbringung am

Fahrzeug künftig realisierbar wird. Ein Schritt

zum autonomen Fahren ohne tote Winkel.

Das Zuse-Institut Berlin

09

HELMHOLTZ-ZENTRUM BERLIN

FÜR MATERIALIEN UND

ENERGIE (HZB)

BERLIN-ADLERSHOF/

BERLIN-WANNSEE

zweier älterer Forschungseinrichtungen, des

ehemaligen Hahn-Meitner-Instituts und der

BESSY-Gesellschaft. Mit rund 1100 Mitarbeitenden

ist das HZB eines der größten außeruniversitären

Forschungszentren in Berlin mit

Standorten in Wannsee und Adlershof.

Das HZB hat es sich zur Aufgabe gemacht,

neue Energiematerialien zu entwickeln.

Beispielsweise neuartige Katalysatoren, die

Sonnenlicht in chemische Energie umwandeln

und so erneuerbare Brennstoffe erzeugen. Die

Forschung an Quantenmaterialien dient einer

energieeffizienten Informationstechnologie

der Zukunft.

10

ZUSE-INSTITUT BERLIN (ZIB)

BERLIN-DAHLEM

FORSCHUNGSFELDER :

COMPUTING, DATA SCIENCE

FORSCHUNGSFELDER :

MATERIALIEN ZUR

ENERGIEUMWANDLUNG,

QUANTENMATERIALIEN

Das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien

und Energie (HZB) besteht seit 2009.

Doch seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1959

zurück, denn das HZB entstand durch Fusion

Die BESSY-II-Halle in Adlershof

Besonders bekannt ist das HZB für BESSY

II am Wilhelm-Conrad-Röntgen-Campus in

Berlin-Adlershof. BESSY II ist eine Synchrotronstrahlungsquelle,

die extrem brillantes

Röntgenlicht erzeugt. Diese Anlage ist einzigartig

in Deutschland und lockt Forschende

aus der ganzen Welt – von der Chemie, Physik

und Biologie bis hin zur Geologie. Zirka 3 000

externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

aus 35 Ländern kommen jährlich

dafür nach Berlin.

Hochleistungsrechnen – dahinter stehen so

genannte Supercomputer. Ein solcher steht am

Zuse-Institut Berlin. Im weltweiten Vergleich

nimmt „Lise“, so der Name, benannt nach der

Physikerin Lise Meitner, Platz 56 ein. Kein

Wunder also, dass Berlin zu einem der acht

Zentren für „Nationales Hochleistungsrechnen“

(NHR) auserkoren ist.

Als solches erhält das Zuse-Institut Berlin

(ZIB) als Zentrum für Wissenschaftliches

Rechnen unter Mitwirkung der Berlin University

Alliance (BUA), dem Exzellenzverbund der

Berliner Universitäten Freie Universität Berlin,

Humboldt-Universität zu Berlin, Technische

Universität Berlin sowie der Charité – Universitätsmedizin

Berlin künftig umfangreiche

Förderung von Bund und Ländern. Schließlich

sind Supercomputer essenziell für die Vorhersagen

von Wetter und Klima, die Entwicklung

wirksamerer Medikamente oder neuer Materialien.

Auch die Zukunftsthemen Künstliche

Intelligenz und Maschinelles Lernen sind ohne

Supercomputer nicht denkbar.

Fotos: HZB, Zuse-Institut Berlin

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT67

BRANDENBURG

11

DEUTSCHES GEOFORSCHUNGS-

ZENTRUM GFZ

POTSDAM

Echtzeitmonitoring einer Bohrung durch das GFZ

in internationaler Kooperation die Gefährdung

durch Erdbeben und Tsunamis zu mindern.

Doch die Arbeit am GFZ ist auch für Ostdeutschland

relevant, sei es um die Sicherheit

in Tagebauen zu erhöhen oder um die Ursachen

von Abbrüchen der Rügener Kreideküste zu ergründen.

Ganz besonders wichtig für die wirtschaftliche

Zukunft der Region Berlin-Brandenburg

sind beispielsweise die Erkenntnisse

über die Chancen der Geothermie im künftigen

Energiemix. Zudem ist das GFZ eine wichtige

Institution bei der Entwicklung der Lausitz

zu einer Modellregion für die Anpassung der

Landnutzung an den Klimawandel.

im großtechnischen Bereich gekoppelt werden.

Sie ermöglichen neuartige Ansätze wie

Wärmespeicherkraftwerke, die erneuerbare

Energiequellen statt fossiler Rohstoffe nutzen.

Das Ziel der Cottbuser Forscher : Die Dekarbonisierung

großer energieintensiver Industrien

wie der Stahlerzeugung, Zementindustrie,

petrochemischen Industrie oder der Aluminiumproduktion.

Der Industriesektor verursacht

schließlich rund 20 Prozent aller CO 2

-Emissionen

in Deutschland. In den nächsten Jahren

soll das Institut auf rund 120 Mitarbeiter/

innen wachsen, von denen jeweils 60 am

Standort Cottbus und 60 am Standort Zittau

eingeplant sind.

13

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

ANGEWANDTE POLYMER-

FORSCHUNG IAP

POTSDAM

Foto: Daniel Acksel, GFZ

FORSCHUNGSFELDER :

GEORESSOURCEN, GEOENERGIE,

KLIMA, NATURGEFAHREN

Das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ

ist Deutschlands nationales Zentrum für die

Erforschung der festen Erde und hat seinen

Sitz auf dem Potsdamer Telegrafenberg. Mehr

als 1 200 Mitarbeiter forschen am GFZ, das

1992 innerhalb der Helmholtz-Gesellschaft

gegründet wurde und einen weltweiten Ruf in

der Geo- und Klimaforschung genießt. Es ist

die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Brandenburgs. Und es verfügt über

ein in Deutschland einzigartiges Transmissions-Elektronen-Mikroskop,

das allerkleinste

Strukturen von Gesteinen, Metallen und

Biomaterialien sichtbar machen kann.

Forscherinnen und Forscher des GFZ arbeiten

auf allen Kontinenten von der Antarktis

über Afrika, Asien und Südamerika bis nach

Grönland und Spitzbergen. In der breiten

Öffentlichkeit bekannt sind die Potsdamer vor

allem mit ihrer Erdbebenforschung. Mit dem

GEOFON-Projekt versuchen die GFZ-Forscher

12

DLR-INSTITUT FÜR CO2-ARME

INDUSTRIEPROZESSE

COTTBUS

FORSCHUNGSFELD :

ENERGIE, ENERGIESPEICHER,

PROZESSTECHNIK

Das erste Institut des Deutschen Zentrums

für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Bundesland

Brandenburg wurde im Sommer 2019

ins Leben gerufen. Hier werden Technologien

entworfen, mit denen industrielle Prozesse

weniger CO₂ ausstoßen.

Ein Beispiel : Konzepte für Hochtemperaturwärmepumpen,

mit denen Strom und Wärme

FORSCHUNGSFELD :

POLYMERANWENDUNGEN

Im Science Park in Potsdam-Golm hat sich das

Fraunhofer IAP als Spitzeninstitut der Bioökonomie-Forschung

etabliert. Für die Wirtschaft

entstehen hier seit 1992 Entwicklungen

wie nachhaltige Verpackungen, abriebarme

LKW-Reifen aus Synthesekautschuk oder

biobasierte und kompostierbare Kunststoffschienen

für die Medizin.

Ziel der rund 250 Mitarbeiter ist es, umweltverträgliche

Produkte und Dienstleistungen auf

der Basis nachhaltiger Rohstoffe zu entwickeln.

Die Anwendungsfelder reichen von Biotechnologie,

Medizin, Pharmazie und Kosmetik über

Elektronik und Optik bis hin zu Anwendungen in

der Luftfahrt-, Automobil-, Bau- und Lackindustrie.

Neben Potsdam betreibt das Fraunhofer

IAP auch Standorte in Schkopau, Teltow,

Schwarzheide, Cottbus, Wildau und Hamburg.

Viele Forschungsaktivitäten werden zusammen

mit dem ostdeutschen Mittelstand betrieben.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


68

WIRTSCHAFT+MARKT

FORSCHUNG IM OSTEN

So werden beispielsweise seit über 25 Jahren

am Fraunhofer IAP Mikrokapseln für verschiedenste

Anwendungen entwickelt – vom

verkapselten Schmiermittel für bewegte

Kunststoffbauteile wie Zahnräder oder Gleitlager

über Düngemittel, die im Boden über einen

langen Zeitraum freigesetzt werden, bis hin zu

Pigmenten, die in Agrar- bzw. Gewächshausfolien

den Lichteinfall steuern.

Das IHP in Frankfurt (Oder)

14

HASSO-PLATTNER-INSTITUT

(HPI)

POTSDAM

FORSCHUNGSFELD :

IT-SYSTEME

Das Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam

ist Deutschlands universitäres Exzellenz-Zentrum

für Digital Engineering und einzigartig in

der deutschen Universitätslandschaft. Mit dem

Bachelorstudiengang „IT-Systems Engineering“

bietet die gemeinsame Digital-Engineering-Fakultät

des HPI und der Universität Potsdam ein

einmaliges und besonders praxisnahes ingenieurwissenschaftliches

Informatikstudium an,

das von rund 600 Studierenden genutzt wird.

Unterstützt durch den Stifter und Namensgeber

Hasso Plattner und durch internationale

Kooperationen belegt das HPI bei Hochschulrankings

stets Spitzenplätze. Derzeit sind am

HPI 21 Professorinnen und Professoren sowie

Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam

über 50 weitere Gastprofessoren, Lehrbeauftragte

und Dozenten tätig. Das HPI steht so für

exzellente Forschung zu den Grundlagen und

Anwendungen hoch komplexer und vernetzter

IT-Systeme, Digital Health, Data Engineering

und Cybersecurity. Dabei legen die Potsdamer

Wert auf Praxisnähe und gemeinsame Projekte

mit der Industrie.

15

IHP – LEIBNIZ-INSTITUT FÜR

INNOVATIVE MIKROELEKTRONIK

FRANKFURT (ODER)

FORSCHUNGSFELDER :

SILIZIUMBASIERTE SYSTEME,

HÖCHSTFREQUENZ-

SCHALTUNGEN UND

-TECHNOLOGIEN

Das IHP in Frankfurt (Oder) arbeitet an

innovativen Lösungen beispielsweise für die

drahtlose Kommunikation, die Breitbandkommunikation,

Medizintechnik, Industrie

4.0, Mobilität und Raumfahrt. Rund 300

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben

Universitäts-Gebäude der BTU Cottbus-Senftenberg

das IHP zu einem international anerkannten

Kompetenzzentrum für Silizium-Germanium-Technologien

entwickelt. Auch in

der Höchstfrequenzelektronik gehören die

Frankfurter zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen.

Zu den Forschungsfeldern gehören drahtlose

Systeme und ihre Anwendungen, Hochfrequenz-Schaltkreise,

Technologien für smarte

Systeme und Materialien für die Mikro- und

Nanoelektronik. Das IHP ist darüber hinaus Teil

der Forschungsfabrik Mikroelektronik, einer

Kooperation von 14 Forschungseinrichtungen

mit dem Ziel, die Herstellung und Vermarktung

mikroelektronischer Produkte in Deutschland

zu fördern.

16

INNOVATIONSCAMPUS

MIKROSENSORIK (ICAMPUS)

COTTBUS

FORSCHUNGSFELD :

SENSORISCHE SYSTEME

Am Innovationscampus Elektronik und Mikrosensorik

Cottbus bündeln die BTU Cottbus-

Senftenberg, das IHP – Leibniz-Institut für innovative

Mikroelektronik, das Ferdinand-Braun-

Institut – Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik

(FBH), das Fraunhofer-Institut für

Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Fotos: HPI / Kay Herschelmann, IHP - Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik, BTU Cottbus–Senftenberg

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT69

und das Fraunhofer-Institut für Photo nische

Mikrosysteme (IPMS) ihre Kräfte in der

Spitzenforschung. Im Mittelpunkt steht die

wirtschaftliche Verwertbarkeit von sensorischen

Systemen in der Industrie 4.0 und im

Bereich Smart Health. Ein Ziel der Kooperation :

die Wettbewerbsfähigkeit der Region Lausitz

zu steigern.

MECKLENBURG-

VORPOMMERN

17

PANTA RHEI GGMBH –

FORSCHUNGSZENTRUM FÜR

LEICHTBAUWERKSTOFFE

COTTBUS

18

Das Fraunhofer IGP in Rostock

Floating Offshore Wind Solutions des Bundesforschungsministeriums

ist das IGP ebenfalls

beteiligt : In diesem Projekt entwickeln die

Partner Lösungen für schwimmende Windparks.

Auch an Folienbeschichtungssystemen

als Korrosionsschutz für Offshore-Windkraftanlagen

oder an der Verbesserung

der Schweißnahtqualität beim Unterwasser-Schweißen

wird in Rostock geforscht.

FORSCHUNGSFELD :

LEICHTBAUWERKSTOFFE

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

GROSSSTRUKTUREN IN DER

PRODUKTIONSTECHNIK IGP

19

Foto: Fraunhofer IGP

Leichtbauwerkstoffe verringern die Energiekosten

und den Schadstoffausstoß in

der Industrie. Das gilt für die Verkehrstechnik

ebenso wie für den Maschinenbau. Das

Forschungszentrum für Leichtbauwerkstoffe

Panta Rhei gGmbH widmet sich seit 2001 in

enger Abstimmung mit der Brandenburgischen

Technischen Universität Cottbus-Senftenberg

der Produktion und Verarbeitung solcher

innovativer Leichtbauwerkstoffe, insbesondere

den metallischen Leichtbauwerkstoffen,

deren Herstellungs- und Fügetechnologien.

Diese Leichtbauwerkstoffe basieren auf Aluminium,

Magnesium und Titan. Eine besondere

Expertise der Cottbuser liegt auch auf hochwarmfesten

Titanaluminid-Legierungen und

höherfesten, oberflächenveredelten Stählen.

Der Leichtbau soll in zahlreichen Projekten

für und mit Industriepartnern zu einem der

wirtschaftlichen Standbeine beim Umbau der

Wirtschaftsstruktur in der Lausitz ausgebaut

werden. Das neue Forschungslabor 3DLAB

wird hierbei eine wichtige Rolle spielen, um

die Potenziale der additiven Fertigung für

Serienanwendungen von der Ersatzteilherstellung

bis zum Ultra-Leichtbau ausschöpfen

zu können.

Das Rostocker Fraunhofer IGP erarbeitet

gemeinsam mit Kooperationspartnern aus der

Industrie Konzepte für Produkt- und Prozessinnovationen.

Das Augenmerk gilt dabei dem

Schiff- und Stahlbau, der Energie- und Umwelttechnik,

dem Schienen- und Nutzfahrzeugbau

sowie dem Maschinen- und Anlagenbau.

Seit 2020 gehört das ehemals eigenständige

Institut in der Rostocker Südstadt offiziell

zur Fraunhofer-Gesellschaft und ist damit

mit rund 200 Mitarbeitern das erste Fraunhofer-Institut

mit Hauptsitz in Mecklenburg-

Vorpommern.

ROSTOCK

FORSCHUNGSFELDER :

FERTIGUNGSTECHNIK, PRO-

DUKTIONSSYSTEME, LOGISTIK

Ein Forschungsschwerpunkt der Rostocker

wird künftig das Thema Werft 4.0 sein. Dabei

geht es unter anderem um die Forschung zu

Fertigungstechniken und Werkstoffen unter

Wasser. Am Wachstumskern OWSplus –

FRIEDRICH-LOEFFLER-INSTI-

TUT, BUNDESFORSCHUNGSIN-

STITUT FÜR TIERGESUNDHEIT

(FLI)

GREIFSWALD – INSEL RIEMS

FORSCHUNGSFELD :

TIERGESUNDHEIT

Die Corona-Pandemie rückte auch dieses in

Deutschland einzigartige Forschungsinstitut

in die Schlagzeilen. Denn rund 75 Prozent

aller neu auftretenden Infektionskrankheiten

beim Menschen haben ihren Ursprung im

Tierreich. Diesen Zoonosen, zwischen Mensch

und Tier übertragbaren Krankheiten, ist das

Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als Bundesforschungsinstitut

für Tiergesundheit auf der Insel

Riems auf der Spur. Zur Früherkennung und

Bekämpfung solcher Infektionskrankheiten ist

das FLI in zahlreiche nationale und internationale

Forschungsprojekte eingebunden. Zur

Eindämmung der Corona-Pandemie wurden

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


70

WIRTSCHAFT+MARKT

Mit seinen aktuell 33 Mitarbeitenden sind die

Die Insel Riems vor der Küste Greifwalds

etwa Untersuchungen unternommen, welche

Gefahr für Nutztiere wie Schweine, Hühner

oder Rinder besteht.

Warnemünder Forschungs- und Entwicklungspartner

der Medizintechnikindustrie. Durch

die Unterstützung der regionalen Industrie

und die enge Hochschulkooperation trägt

der IIB e.V. wesentlich zum Ausbau Mecklenburg-Vorpommerns

als Technologiestandort

bei. Geprägt wurde das Institut von seinem

Direktor, Professor Klaus-Peter Schmitz. 1998

gelang ihm die Ausgründung und Ansiedelung

des Medizintechnikunternehmens CORTRO-

NIK. Das Unternehmen, ein Tochterunternehmen

der BIOTRONIK-Gruppe, beschäftigt

mittlerweile 450 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

und gehört damit zu einem der größten

Arbeitgeber in Rostock.

22

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR

KATALYSE (LIKAT)

ROSTOCK

FORSCHUNGSFELD :

KATALYSEFORSCHUNG

Am Hauptstandort auf der Insel Riems arbeiten

450 Mitarbeiter, weitere Standorte befinden

sich in Jena und in Niedersachsen. Wegen

des besonderen Forschungsgegenstands verfügt

das FLI auf Riems über Sicherheitslabore,

die zum Teil in Europa einzigartig sind.

20

21

INSTITUT FÜR REGENERATIVE

ENERGIESYSTEME IRES

STRALSUND

Das Leibniz-Instituts für Katalyse e. V. an der

Universität Rostock (LIKAT), 1952 gegründet, ist

eines der größten öffentlich geförderten Forschungsinstitute

im Bereich der angewandten

Katalyse in Europa. Es gehört zu den europaweit

führenden Forschungseinrichtungen

bei der Entwicklung von homogenen und

heterogenen Katalysatoren. Forscherinnen

und Forscher des LIKAT veröffentlichen jährlich

fast 250 Artikel in anerkannten Fachjournalen

weltweit.

Das Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien

e.V. (IIB e.V.) wurde 1996 im Rostocker

Ortsteil Warnemünde gegründet. Das IIB

ist eine gemeinnützige, außeruniversitäre und

wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung. Seit

dem Jahr 2013 ist es zudem ein An-Institut der

Universität Rostock. Der IIB e.V. beherbergt

das Kompetenzzentrum für Medizintechnik

Mecklenburg-Vorpommern und ist Partner

des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums

Rostock.

INSTITUT FÜR IMPLANTAT-

TECHNOLOGIE UND BIO-

MATERIALIEN (IIB)

ROSTOCK

FORSCHUNGSFELD :

MEDIZINTECHNIK

FORSCHUNGSFELD :

REGENERATIVE ENERGIE-

SYSTEME

Die Hochschule Stralsund betreibt wirtschaftsnahe

Forschung in den Bereichen

Elektrotechnik, Informatik, Maschinenbau und

Wirtschaft. Seit 2009 stehen am Institut für

Regenerative EnergieSysteme die Nutzung

erneuerbarer Energiequellen und der Wasserstofftechnologie

im Fokus. Jüngst ist den

Stralsundern mit der hauseigenen Methanol-Synthese-Anlage

erstmals die direkte

Produktion von Methanol aus Wasserstoff und

Kohlendioxid gelungen. Die Wissenschaftler

haben damit gemeinsam mit Partnern der bse

Engineering Leipzig GmbH den problemlosen

Einsatz von Wasserstoff als Energieträger

für die Wirtschaft ermöglicht. Das Institut gilt

als international angesehenes Kompetenzzentrum

zur Speicherung, Wandlung und zum

Einsatz erneuerbarer Energien. Und es ist

wesentlicher Treiber einer Wasserstoffregion

Rügen-Stralsund.

Gegenwärtig arbeitet das LIKAT beispielsweise

im Forschungsvorhaben E4MeWi unter Leitung

des Berliner Startups CreativeQuantum mit

Chemikern und Ingenieuren aus ganz Deutschland

an einer Chemiefabrik in Containergröße,

die hocheffizient Methanol aus Wasser, Kohlendioxid

und erneuerbaren Energien produzieren

soll. Damit könnten in einigen Jahren auch kleine

und mittelständische Unternehmen sowie

regionale Versorger dezentral und umweltfreundlich

Methanol herstellen. Die Rostocker

arbeiten eng mit großen Konzernen wie Evonik

oder Henkel zusammen. So zum Beispiel bei der

Entwicklung eines Klebstoffs aus Reststoffen

der Papierindustrie.

Foto: Friedrich-Loeffler-Institut

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT71

SACHSEN

Das Leibniz INP ist in Greifswald beheimatet.

23

24

25

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR

PLASMAFORSCHUNG UND

TECHNOLOGIE (INP)

MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR

PLASMAPHYSIK (IPP)

BARKHAUSEN INSTITUT

GREIFSWALD

GREIFSWALD

DRESDEN

FORSCHUNGSFELD :

PHYSIKALISCHE PLASMEN

FORSCHUNGSFELDER :

PLASMAPHYSIK,

FUSIONSFORSCHUNG

FORSCHUNGSFELD :

INTERNET OF THINGS (IOT)

Das Barkhausen Institut wurde 2019 in

Fotos: Leibniz INP, TUD / Eckold

Das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und

Technologie e.V. (INP) in der Hansestadt Greifswald

zählt zu den größten außeruniversitären

Forschungseinrichtungen für Niedertemperaturplasmen

in Europa. Die Greifswalder forschen an

plasmagestützten Verfahren und Technologien,

die etwa zur Beschichtung von Oberflächen, zur

Dekontamination von Lebensmitteln, zur Reinigung

von Abwasser und Abluft, aber auch in der

Medizin eingesetzt werden können.

Das INP ist zudem leitende Einrichtung des

CAMPFIRE Bündnisses der Region Nord-Ost, in

dem sich über 30 hauptsächlich regionale Partner

die dezentrale Herstellung grünen Ammoniaks

aus Luft, Wasser und erneuerbaren Energien

zum Ziel gesetzt haben. Dieser soll beispielsweise

als emissionsfreier Schiffstreibstoff genutzt

werden. Hier hilft das INP, die Energiebranche

mit der maritimen und chemischen Industrie zu

verknüpfen. In Kooperation mit der Universität

Greifswald konnte zudem die weltweit erste

Professur für Plasmamedizin initiiert werden.

Grundlagenforschung mit Weltgeltung : Das

Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP)

mit den Standorten im bayerischen Garching

und in Greifswald erforscht die physikalischen

Grundlagen für ein Fusionskraftwerk, das

Energie aus der Verschmelzung von leichten

Atomkernen gewinnen soll. In dem 1994 gegründeten

IPP-Teilinstitut Greifswald wird die

Fusionsanlage Wendelstein 7-X betrieben.

Die Experimentieranlage, die weltweit größte

ihrer Art, soll die Kraftwerkstauglichkeit

von Fusionsanlagen des Typs „Stellarator“

nachweisen. Ziel der Fusionsforschung ist es,

ein klima- und umweltfreundliches Kraftwerk

zu entwickeln. Ähnlich wie die Sonne soll

es aus der Verschmelzung von Atomkernen

Energie gewinnen, ohne dass große Mengen

hochradioaktiver Stoffe anfallen, wie es bei

der Kernspaltung der Fall ist.

Dresden offiziell eröffnet. Hier reifen neuartige

Technologien zur Steigerung der Verlässlichkeit

von IoT-Systemen. Dazu zielt das Barkhausen

Institut, benannt nach dem deutschen Physiker

Heinrich Barkhausen, auf die Integration von

Hardware-, Software- und Kommunika tionskomponenten

ab.

Als Innovationszentrum für IoT-Technologien

ist das Institut Ansprechpartner für die nationale

und internationale Industrie. Es arbeitet

Der Barkhausenbau an der TU Dresden

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


72

WIRTSCHAFT+MARKT

FORSCHUNG IM OSTEN

eng mit der TU Dresden, dem Hightech-Netzwerk

Silicon Saxony und dem Smart Systems

Hub Dresden zusammen. Das Barkhausen Institut

fungiert als gemeinnützige GmbH und ist

eine Tochterfirma der Technischen Universität

Dresden. Es soll sich zu einem Forschungskompetenzzentrum

entwickeln, um Sachsen

für das Internet der Dinge zu rüsten. Zudem

soll es helfen, den Wissenschaftsstandort

Dresden zu einem Zentrum des Taktilen Internets

zu etablieren.

27

EXZELLENZCLUSTER MERGE

CHEMNITZ

eingebunden. Die Projektergebnisse des

Clusters kommen der Automobilindustrie, der

Luft- und Raumfahrt, dem Maschinenbau und

der Mikrosystemtechnik zugute. Die Region

Chemnitz zählt gerade im Textilen Leichtbau

eine hohe Zahl an Forschungseinrichtungen

und soll daher zum nationalen und internationalen

Leichtbau-Zentrum ausgebaut werden.

28

Das seit 2014 bestehende nationale Kompetenzzentrum

für Big Data, ScaDS Dresden/

Leipzig, wird künftig zu einem der deutschen

Zentren für Künstliche Intelligenz (KI) ausgebaut.

Dieses erweiterte Zentrum trägt den

Namen ScaDS.AI (Center for Scalable Data

Analytics and Artificial Intelligence) Dresden/

Leipzig und wird im Rahmen der KI-Strategie

der Bundesregierung gefördert. Auf

universitärer Seite sind die TU Dresden und

die Universität Leipzig beteiligt. Zusätzlich

zu den Forschungsbereichen KI-Grundlagen,

Wissensmanagement und Angewandte

KI untersucht ScaDS.AI Dresden/Leipzig die

Herausforderungen der Anwendung von KI in

vier neuen Anwendungsbereichen : Sicherheit,

Softwareengineering, hyperspektrale Bildgebung

und biomedizinische Anwendungen. Als

KI-Anwendungen werden u.a. Einsatzfälle in

der Medizin zur besseren Erkennung von Tumoren

sowie die Aufdeckung von Hacker-Angriffen

erforscht.

26

CENTER FOR SCALABLE DATA

ANALYTICS AND ARTIFICIAL

INTELLIGENCE (SCADS.AI)

DRESDEN/LEIPZIG

FORSCHUNGSFELD :

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Das Exzellenzcluster „Technologiefusion

für multifunktionale Leichtbaustrukturen“

(MER- GE) der Technischen Universität

Chemnitz war das erste und einzige Bundesexzellenzcluster

auf dem Gebiet der Leichtbauforschung.

In diesem Projekt arbeiten

Wissenschaftler/innen seit acht Jahren an

Technologiefusionen für multifunktionale

Leichtbaustrukturen. Es wurde von 2012

bis 2019 mit rund 40 Millionen Euro von

der Deutschen Forschungsgemeinschaft

(DFG) gefördert. Heute wird in zahlreichen

Einzelprojekten diese Forschungsarbeit

fortgesetzt.

FORSCHUNGSFELD :

LEICHTBAU

Ziel ist es, heute noch getrennte Fertigungsprozesse

in den Bereichen Kunststoff, Metall,

Textil und Smart Systems zusammenzuführen

sowie gleichzeitig Bauteile mit Sensorik

und Aktorik auszustatten. Das Forschungszentrum

„Lightweight Technologies MERGE“

schafft hierfür die Voraussetzungen.

Bei MERGE sind auch Großunternehmen und

zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen

Das MERGE Technologiezentrum in Chemnitz

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

ELEKTRONISCHE NANO-

SYSTEME ENAS

Das Chemnitzer Fraunhofer-Institut für

Elektronische Nanosysteme ENAS konzentriert

sich auf die wissenschaftliche Arbeit

zu Smart Systems unter der Nutzung von

Mikro- und Nanotechnologien. Smart Systems

verbinden Elektronikkomponenten, Mikro- und

Nanosensoren sowie -aktoren mit Schnittstellen

zur Kommunikation und einer autarken

Energieversorgung. Sie spielen eine Schlüsselrolle

bei der Digitalisierung in verschiedenen

Bereichen – z.B. in der Automobilindustrie, in

der Medizintechnik oder im Logistik-Bereich.

Das Fraunhofer ENAS entwickelt Einzelkomponenten

für deren Fertigung sowie gesamte

Systemkonzepte und Technologien zur

System integration.

CHEMNITZ

FORSCHUNGSFELDER :

SMART SYSTEMS, MIKRO- UND

NANOTECHNOLOGIEN

Dazu passt der Standort Chemnitz, denn

ähnliche Kernkompetenzen gelten auch für

den Bereich Materialien und Intelligente

Systeme an der TU Chemnitz. Die Forschung

ist eingebunden in den Smart System Campus

Chemnitz, den Smart Systems HUB, den Netzwerken

Silicon Saxony und Biosaxony sowie

der Forschungsfabrik Mikroelektronik.

Foto: Wolfgang Schmidt

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT73

30

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

VERKEHRS- UND INFRA-

STRUKTURSYSTEME IVI

DRESDEN

Forschung am Fraunhofer FEP

FORSCHUNGSFELDER :

FAHRZEUG- UND ANTRIEBS-

TECHNIK, INTELLIGENTE VER-

KEHRSSYSTEME

29

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

ORGANISCHE ELEKTRONIK,

ELEKTRONENSTRAHL- UND

PLASMATECHNIK FEP

DRESDEN

FORSCHUNGSFELDER :

OBERFLÄCHENTECHNOLOGIEN,

ORGANISCHE ELEKTRONIK

Das Fraunhofer FEP versteht sich als führender

Forschungs- und Entwicklungspartner

für Oberflächentechnologien und organische

Elektronik. Die Bandbreite der FEP-Forschung

ist enorm : von Wärmespeichermaterialien für

die Energiewende über Radarsensoren, die in

die Frontscheinwerfer eines Autos integriert

werden können, bis hin zu optoplasmonischen

Sensoren, die eine schnelle Qualitätsanalyse

von Milch ermöglichen.

Künftig beteiligt sich das Fraunhofer FEP am

europäischen „PhotonHub“, das kleine und mittelständische

Unternehmen bei der Lichtforschung

unterstützt. Das Fraunhofer FEP bringt

sein Know-how für organisch-elektronische

Bauelemente wie OLED (organische Leuchtdioden)

für Beleuchtung, organische Solarzellen,

OPD (Organische Photodioden) etwa zur Verbesserung

von Kamerachips und OFET (Organische

Feldeffekttransistoren) zur Entwicklung

neuartiger Displays in das Projekt ein.

Das Fraunhofer FEP ist in der Lage, kundenspezifische

OLED-Beleuchtungs- und Beschilderungsmodule

zu entwerfen und zu fertigen.

Darüber hinaus bietet das Institut Services wie

die Materialevaluation, Prozesstechnologie,

Systemintegration und elektro-optische Charakterisierung

und Zuverlässigkeitstests an.

Autonomes Fahren – das ist einer der

Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer

IVI in Dresden. Dabei geht es aber nicht nur

um die Zukunft des Individualverkehrs auf

Deutschlands Straßen. In der sächsischen

Landeshauptstadt wird beispielsweise an autonomen

Arbeitsmaschinen für die Landwirtschaft

geforscht – im Fraunhofer-Leitprojekt

Cognitive Agriculture oder im Innovativen

Regionalen Wachstumskern „Feldschwarm“.

Aber auch Schlüsseltechnologien für autonome

Nutzfahrzeuge zum Einsatz in Logistikzentren,

Häfen oder Flughäfen entstehen am

Fraunhofer IVI.

Fotos: Fraunhofer FEP, Fraunhofer IVI

Das autartec®-Haus des Fraunhofer IVI am Bergheider See

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


74

WIRTSCHAFT+MARKT

Geforscht wird auch zu Ladesystemen für

die Elektromobilität und zur Ferndiagnose

von Batteriezustand und Akkulebensdauer

von Fahrzeugbatterien. Das Fraunhofer IVI

baut dabei auch auf die Kompetenzen seiner

Partner an der TU Dresden, der Bergakademie

Freiberg und der TH Ingolstadt. Aber auch

ganz außergewöhnliche Ideen entstehen am

Fraunhofer IVI. So wie das schwimmende

Selbstversorger-Haus autartec, eine Innovation

auf dem Gebiet der autarken Versorgungssysteme,

mit der die Attraktivität und

Lebensqualität in ländlichen Regionen wie dem

Lausitzer Seenland gesteigert werden soll.

Ein weiterer Bereich sind seit 2003 Lösungen

für die innere Sicherheit mit dem

Schwerpunkt Führungs- und Kommunikationssysteme.

Partner und Anwender dieser

Entwicklungen sind Entscheidungsträger und

Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr, des

Rettungsdienstes und des Katastrophenschutzes.

In Chemnitz, Dresden und Zittau forschen 600

Mitarbeitende des Fraunhofer-Instituts für

Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU

an Bauteilen, Verfahren und Prozessen sowie

zu den dazugehörigen komplexen Maschinensystemen.

31

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

WERKZEUGMASCHINEN UND

UMFORMTECHNIK IWU

CHEMNITZ

FORSCHUNGSFELDER :

MASCHINENSYSTEME,

BAUTEILE, VERFAHREN UND

PROZESSE

Im Fokus stehen die ressourceneffiziente

Produktion, Leichtbaustrukturen und die Verarbeitung

neuer Werkstoffe. Ein besonderes

Am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie wird zu Rohstoffen und Recycling geforscht.

Highlight ist die „E³-Forschungsfabrik Ressourceneffiziente

Produktion“ – hier wird die

Fabrik der Zukunft geplant. Davon profitieren

beispielsweise Fahrzeughersteller, Anlagen-

und Maschinenbauer und die Medizintechnik.

In den für Sachsen wichtigen Innovationsclustern

„HZwo – Antrieb für Sachsen“ und „HZwo

CONNECT“ arbeitet das Fraunhofer IWU mit

der TU Chemnitz an dem Strukturwandel

im Automobilland Sachsen. Dazu gehört die

Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie.

Auch an der Umwandlung des Kraftwerksstandorts

Boxberg zu einem Zentrum für

carbonfaserverstärkte Leichtbaustrukturen

wirken die Chemnitzer mit.

32

HELMHOLTZ-INSTITUT

FREIBERG FÜR RESSOURCEN-

TECHNOLOGIE (HIF)

FREIBERG

FORSCHUNGSFELDER :

ROHSTOFFE, RECYCLING

Dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie

(HIF), eine Außenstelle

des Helmholtz-Instituts Dresden-Rossendorf,

kommt eine besondere Forschungsaufgabe

zu. Es wurde von der Bundesregierung

im Rahmen der Rohstoffstrategie im Jahr

2011 gegründet und kooperiert eng mit der

Bergakademie Freiberg, die einen bedeutenden

Ruf als Ressourcenuniversität genießt.

Am HIF sollen Wege gefunden werden, um

mineralische und metallhaltige Rohstoffe effizienter

bereitzustellen und umweltfreundlich

zu recyceln.

Das Freiberger Institut hat sich zum Ziel

gesetzt, einen bedeutenden Beitrag zur

nationalen Rohstoffversorgung zu leisten. Im

Mittelpunkt stehen Hochtechnologiemetalle

wie Gallium, Indium, Germanium und Seltene

Erden. Sie bilden die Grundlage für wirtschaftliche

Zukunftsthemen wie erneuerbare

Energien oder Elektromobilität. Aktuell sind

etwa 140 Mitarbeiter/innen am HIF beschäftigt.

Bis 2029 soll der Forschungscampus in

der Silberstadt Freiberg auf 350 Beschäftigte

wachsen. Zum Ausbau gehört beispielsweise

der Neubau eines Metallurgie-Technikums.1992

wurde das Helmholtz-Zentrum

Dresden-Rossendorf gegründet, seit 2011

ist es Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft.

Neben Dresden arbeitet das HZDR

auch an den sächsischen Standorten in

Görlitz, Freiberg und Leipzig. Mit rund 1 400

Mitarbeiter/innen und einem jährlichen Etat

von etwa 157 Millionen Euro zählt das HZDR

zu den größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen

in Ostdeutschland.

Foto: HZDR / Frank Schinski

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT75

SACHSEN-ANHALT

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

33

HELMHOLTZ-ZENTRUM

DRESDEN-ROSSENDORF

(HZDR)

34

HELMHOLTZ-ZENTRUM FÜR

UMWELTFORSCHUNG (UFZ)

35

FORSCHUNGSCAMPUS

STIMULATE

DRESDEN

LEIPZIG

MAGDEBURG

Foto: HZDR / Oliver Killig

FORSCHUNGSFELDER :

ENERGIE, GESUNDHEIT, MATERIE

Am nordöstlichen Rand von Dresden arbeitet

das HZDR in den Forschungsbereichen Energie,

Gesundheit und Materie. Im Forschungsbereich

Energie etwa daran, Energie und

Ressourcen in Industrieprozessen einzusparen.

Auch zur Sicherheit von Kernkraftwerken

wird in Dresden geforscht. Im Forschungsbereich

Gesundheit steht das HZDR für die

Entwicklung von Strategien im Kampf gegen

den Krebs. Im Forschungsbereich Materie

untersuchen die Dresdner Materialien unter

extremen Bedingungen wie beispielsweise

sehr hohe Magnetfelder oder sehr tiefe Temperaturen.

Dafür stehen große Forschungsanlagen

für Forschende aus dem In- und Ausland

zur Verfügung.

FORSCHUNGSFELDER :

ÖKOSYSTEME, UMWELT-UND

BIOTECHNOLOGIEN, WASSER-

RESSOURCEN

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

(UFZ) beschäftigt rund 1 100 Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter an den Standorten Leipzig,

Halle (Saale) und Magdeburg. Seit 1992 hat es

sich einen anerkannten Ruf als internationales

Kompetenzzentrum für Umweltwissenschaften

erworben. In sechs Themenbereichen

befasst sich das UFZ mit Wasserressourcen,

Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und

Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt,

Modellierung und sozialwissenschaftlichen

Fragestellungen. Im jährlichen Wissenschaftsranking

der meistzitierten und damit weltweit

einflussreichsten Forscher/innen sind gleich

fünf UFZler vertreten.

Am UFZ werden Pläne zur Rettung des Leipziger

Auwalds vor der Austrocknung entworfen,

Maßnahmen gegen die Erwärmung der Wassertemperaturen

in der Rappbodetalsperre im

Harz vorgeschlagen und im UFZ-Dürremonitor

täglich flächendeckende Informationen zum

Bodenfeuchtezustand in Deutschland ermittelt.

FORSCHUNGSFELDER :

MEDIZINTECHNIK,

BILDGESTÜTZTE MINIMAL-

INTENSIVE THERAPIEN

Am Forschungscampus STIMULATE bündeln

die Universitätsmedizin und die Ingenieurwissenschaften

der Otto-von-Guericke-Universität

ihre Kräfte und arbeiten gemeinsam mit

der Industrie an neuartigen Entwicklungen in

der Medizintechnik. Schwerpunkt : bildgestützte

minimal-invasive Therapien, die sich

gerade bei Tumor- und Gefäßerkrankungen

als für den Patienten schonendere Behandlungsform

mit kürzeren Klinikaufenthalten

erwiesen haben.

Die Vision, chirurgische Eingriffe durch

minimal-invasive Techniken – unterstützt

von Bildgebung und Robotik – abzulösen,

wird nur an wenigen Standorten so wie in

Magdeburg vorangetrieben. Hier arbeiten

rund 60 Wissenschaftler/innen in der Medizintechnik,

Robotik und Kunststofftechnik mit

nationalen und internationalen KMU und

Konzernen zusammen.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


76

WIRTSCHAFT+MARKT

FORSCHUNG IM OSTEN

mobilen Test von Solarmodulen im Freien auf

so genannte Potential-induzierte Degradation

(PID), eine der häufigsten Ursachen

von Leistungseinbußen von Solarmodulen.

So können aufwendige Prüfverfahren im

Labor künftig entfallen.

37

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

FABRIKBETRIEB UND

-AUTOMATISIERUNG IFF

MAGDEBURG

Forschung am Forschungscampus STIMULATE

Seit letztem Jahr ist der Forschungscampus

im Magdeburger Wissenschaftshafen beheimatet.

Und genießt weiterhin Anerkennung

auch vom Bundesministerium für Forschung

und Bildung, das dem Projekt für weitere

fünf Jahre zehn Millionen Euro Fördermittel

zugesagt hat.

36

FRAUNHOFER-CENTER FÜR

SILIZIUM-PHOTOVOLTAIK CSP

HALLE (SAALE)

Die Forscher/innen am Fraunhofer CSP arbeiten

seit 2007 entlang der gesamten photovoltaischen

Wertschöpfungskette : Themen

wie Siliziumkristallisation, Waferfertigung,

Solarzellencharakterisierung und Modultechnologie

stehen dabei im Mittelpunkt. Das

Fraunhofer CSP hat sich in seiner Arbeit dabei

auch thematisch immer wieder dem starken

Wandel der Solarbranche in Sachsen-Anhalt

und Mitteldeutschland angepasst.

Beispiele für die Forschungsaktivitäten : Im

Fraunhofer-Leitprojekt „MaNiTU“ entwickeln

sechs Fraunhofer-Institute, darunter das

Fraunhofer CSP, höchsteffiziente und kostengünstige

Tandemsolarzellen. Solche Hocheffizienz-Solarzellen

können beispielsweise

in Dächern von Elektrofahrzeugen integriert

werden, um die Reichweite zu erhöhen.

FORSCHUNGSFELDER :

INTELLIGENTE ARBEITS-

SYSTEME, INDUSTRIE 4.0,

RESSOURCENEFFIZIENTE

PRODUKTION

Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und

-automatisierung IFF in Magdeburg forscht an

innovativen Lösungen in den Aufgabenfeldern

„Intelligente Arbeitssysteme“, „Ressourceneffiziente

Produktion und Logistik“, „Konvergente

Versorgungsinfrastrukturen“ und „Digital

Engineering“. Dabei setzen die Wissenschaftler

auf ihre Kompetenzen in der Robotik, beim

Messen und Prüfen und bei der Gestaltung von

Prozessen in Produktion und Logistik.

FORSCHUNGSFELDER :

SILIZIUMKRISTALLISATION,

WAFERFERTIGUNG,

MODULTECHNOLOGIE,

WASSERSTOFFERZEUGUNG

Das Fraunhofer CSP in Halle (Saale) ist ein gemeinschaftliches

Institut des Fraunhofer-Instituts

für Mikrostruktur von Werkstoffen und

Systemen IMWS und dem Fraunhofer-Institut

für Solare Energiesysteme ISE, dem größten

Solarforschungsinstitut in Europa.

Das mit dem Unternehmen Freiberg Instruments

entwickelte Testgerät PIDcheck

ermöglicht einen kostengünstigen und

Die Digitalisierung nutzt das Fraunhofer CSP für

die Qualitätskontrolle in der Photovoltaik.

So gehören beispielsweise neueste Entwicklungen

zur sicheren Mensch-Roboter-Kollaboration

und der Assistenzrobotik zu den

Kompetenzen des Fraunhofer IFF – ein

Themenfeld, das vor allem für die Automobilproduktion

der Zukunft von besonderer

Bedeutung ist.

Das Fraunhofer IFF ist in nationale und

internationale Wirtschafts- und Wissenschaftsnetzwerke

eingebunden und kooperiert

eng mit der Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg. Gegenwärtig entsteht eine

neue Forschungsfabrik im Magdeburger

Wissenschaftshafen. Im Elbfabrik getauften

Forschungszentrum wollen die Wissen-

Fotos: H. Krieg / Otto-von-Guericke-Universität, Fraunhofer CSP

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT77

39

FRAUNHOFER-PILOTANLAGEN-

ZENTRUM FÜR POLYMER-

SYNTHESE UND -VERARBEITUNG

PAZ

SCHKOPAU

Bauarbeiten für die künftige Elbfabrik

FORSCHUNGSFELD :

POLYMERSYNTHESE UND

-VERARBEITUNG

schaftler/innen an Technologien arbeiten, mit

denen sich Unternehmen künftig robuster und

widerstandsfähiger gegenüber Störungen und

Krisen wappnen können. Die Fertigstellung der

Elbfabrik ist für den Herbst 2021 geplant.

38

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

MIKROSTRUKTUR VON WERK-

STOFFEN UND SYSTEMEN IMWS

Davon profitieren Auftraggeber aus der Mikroelektronik

und Mikrosystemtechnik ebenso

wie Unternehmen aus der Photovoltaik, der

chemischen Industrie oder dem Automobilbau.

Forschungsgebiete in enger Kooperation mit

der Industrie sind etwa Leichtbau-Technologien

oder das Chemische Recycling. In einer

Bestenliste des Wirtschaftsmagazins Capital

zu Deutschlands innovativsten Unternehmen

2020 schaffte es das Fraunhofer IMWS jüngst

in die Reihe der besten Forschungseinrichtungen

Deutschlands.

Am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für

Polymersynthese und -verarbeitung PAZ im

ValuePark in Schkopau werden gemeinsam

mit industriellen Partnern Polymersyntheseund

-verarbeitungsprozesse im industrienahen

Maßstab durchgeführt. Das Fraunhofer PAZ

ist die größte außerindustrielle Polymersyntheseeinrichtung

Europas.

Es entstand 2005 auf gemeinsame Initiative

der Fraunhofer-Institute für Angewandte

HALLE (SAALE)

FORSCHUNGSFELDER :

MIKROELEKTRONIK, KUNST-

STOFFE, LEUCHTSTOFFE,

WASSERSTOFF

Fotos: Fraunhofer IFF / Viktoria Kühne, Fraunhofer IMWS

Die Frage, wie sich Werkstoffe und Bauteile

mit weniger Gewicht, höherer Zuverlässigkeit

und längerer Lebensdauer entwickeln lassen,

wird zunehmend zu einem Schlüsselfaktor für

die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Die Forscher am Fraunhofer IMWS untersuchen

die Mikrostruktur solcher Werkstoffe

und Bauteile auf der Grundlage experimenteller

und rechnerischer Mikrostrukturaufklärung.

Mit hochauflösenden Methoden entwickelt das Fraunhofer IMWS

Lösungen für neue Werkstoffeigenschaften.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


78

WIRTSCHAFT+MARKT

Ein Reifen aus naturidentischem, biomimetischen

Synthesekautschuk

Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm und

für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen

IMWS in Halle. Das Fraunhofer PAZ hat

sich mittlerweile als wichtiger Bestandteil

der ostdeutschen Kunststoffindustrie und

als Partner der Wirtschaft etabliert.

Eine bedeutende Entwicklung des Fraunhofer

PAZ ist beispielsweise der BISYKA-Kautschuk

für die Reifenherstellung. Hierbei wurden die

einzigartigen mechanischen Eigenschaften

des Naturkautschuks auf Synthesekautschuk

übertragen. Der BISYKA-Kautschuk enthält

hoch mikrostrukturreines Polyisopren und

relevante Biokomponenten und überzeugt

durch 30 Prozent weniger Abrieb als Naturkautschukreifen.

Pflanzen, Stroh, Holz oder Mikroalgen statt

Erdöl als Rohstoffe für die chemische Industrie

– das ist die Vision, die am Fraunhofer CBP in

Leuna seit 2012 verfolgt wird. Das Fraunhofer

CBP ist ein Institutsteil des Fraunhofer-Instituts

für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik

in Stuttgart.

40

FRAUNHOFER-ZENTRUM FÜR

CHEMISCH-BIOTECHNO-

LOGISCHE PROZESSE CBP

LEUNA

FORSCHUNGSFELD :

NACHWACHSENDE ROHSTOFFE

Besonders bedeutend sind die Aktivitäten des

Fraunhofer CBP auf dem Gebiet der Wasserstoffforschung.

Denn Sachsen-Anhalt will

im Zuge der Energiewende und als Reaktion

auf den Kohleausstieg zu einer Modellregion

für grünen Wasserstoff heranreifen. Dazu

entsteht in Leuna gegenwärtig die Elektrolysetest-

und -versuchsplattform ELP.

Diese Pilotanlage soll grünen Wasserstoff zur

emissionsarmen Herstellung von Grundchemikalien

und Kraftstoffen produzieren. Sie setzt

dabei auf nachhaltige Quellen statt auf fossile

Rohstoffe : Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen

wird genutzt, um mittels Elektrolyse

Wasserstoff aus Wasser zu erzeugen. Die

Elektrolysetest- und -versuchsplattform ELP

wird gemeinsam vom Fraunhofer CBP in Leuna

und dem Fraunhofer IMWS betrieben.

41

INSTITUT FÜR KOMPETENZ IN

AUTOMOBILITÄT – IKAM GMBH

MAGDEBURG/BARLEBEN

FORSCHUNGSFELDER :

ANTRIEBSTECHNIK, ELEKTRO-

MOBILITÄT, LEICHTBAU, MESS-

UND PRÜFTECHNIK

Spatenstich für die Elektrolysetest- und -versuchsplattform ELP mit

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (r.)

Das Institut für Kompetenz in AutoMobilität

– IKAM GmbH mit Sitz auf dem Universitätscampus

in Magdeburg sowie im Industrie- und

Gründerzentrum in Barleben versteht sich als

wirtschaftsorientierte Forschungseinrichtung

für die Automotive-Branche. Antriebstechnik,

Elektromobilität, Leichtbau sowie Mess- und

Prüftechnik gehören zum Profil der wissenschaftlichen

Arbeit der IKAM GmbH.

Das IKAM wurde 2012 an der Otto-von-

Guericke-Universität Magdeburg gegründet,

um Forschungs- und Entwicklungsprojekte

für den Automobil- und Mobilitätssektor im

21. Jahrhundert durchführen zu können. Als

solches ist es auch Teil des Forschungs- und

Transferschwerpunkts Automotive der Ottovon-Guericke-Universität.

Fotos: Fraunhofer IAP / Till Budde, Fraunhofer IMWS

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT79

THÜRINGEN

Am IKAM wird an neuen Antriebstechniken geforscht.

43

42

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR WIRT-

SCHAFTSFORSCHUNG HALLE

(IWH)

HALLE (SAALE)

ABBE CENTER OF PHOTONICS

JENA

FORSCHUNGSFELDER :

ULTRAOPTIK, STARKFELD-

PHYSIK, BIOPHOTONIK

Fotos: Dirk Mahler IKAM GmbH, IWH / freistil Fotostudios

FORSCHUNGSFELDER :

MAKROÖKONOMIK, FINANZ-

MÄRKTE, FINANZ- UND

ARBEITSMARKTFORSCHUNG

Das 1992 gegründete Leibniz-Institut für

Wirtschaftsforschung Halle (IWH) gilt als die

Stimme der wirtschaftswissenschaftlichen

Forschung in Ostdeutschland. Neben aktuellen

Erhebungen wie dem IWH-Insolvenztrend

oder den regelmäßigen Konjunkturprognosen

liefern die Forscher am IWH der Politik auch

wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über

den Strukturwandel in Ostdeutschland. Das

IWH ist aber auch stark international ausgerichtet.

So sucht das IWH, in Halles Altstadt

beheimatet, in einem neuen Forschungsprojekt

Antworten auf die Frage, inwiefern

ökonomische Faktoren populistische Politik

in Europa befördern. Zu dem internationa-

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

in Halle (Saale)

len Projektteam gehören Forschende der

Wirtschafts- und Politikwissenschaften der

Universitäten von Nottingham und Glasgow

sowie des Wirtschaftswissenschaftlichen

Instituts der Tschechischen Akademie der

Wissenschaften in Prag. Auch im EU-Forschungsprojekt

MICROPROD arbeitet das IWH

mit europäischen Partnern zusammen – hierbei

zur Frage, wie sich Produktivitätswachstum

künftig in einer digitalen Welt erzielen

lassen wird.

Der Forschungsstandort Jena ist untrennbar

mit der Optik und Photonik verbunden. An der

Friedrich-Schiller-Universität Jena zählen sie

zu den herausragenden Forschungsschwerpunkten.

Im Abbe Center of Photonics auf

dem Beutenberg-Campus sind diese Kompetenzen

gebündelt.

Hier wird Spitzenforschung in den Bereichen

Ultraoptik (Nanooptik, Laserphysik,

photonische Materialien, optische Systeme),

Starkfeldphysik (Hochintensitätslaser,

Laserphysik, Röntgenoptik) und Biophotonik

(Spektraloptische Analytik, Biomedizinsche

Bildgebung, Chipbasierte Analytik und Diagnostik)

betrieben. Die disziplinenübergreifende

Forschung repräsentiert die Profillinie

LIGHT der Universität Jena.

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


80

WIRTSCHAFT+MARKT

FORSCHUNG IM OSTEN

44

CIS – FORSCHUNGSINSTITUT

FÜR MIKROSENSORIK GMBH

ERFURT

FORSCHUNGSFELDER :

MIKROSYSTEM-TECHNO-

LO GIEN, SENSORSYSTEME,

SILIZIUMDETEKTOREN

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (r.) gibt den Startschuss

für das neue Batterieforschungszentrum.

Das CiS – Forschungsinstitut für Mikrosensorik

GmbH in Erfurt forscht zu den Themen

Mikrosystem-Technologien, Mikrosensoren,

Sensorsysteme und Siliziumdetektoren. Es

ist Mitglied der Zuse-Gemeinschaft, einem

Verbund unabhängiger privatwirtschaftlich

organisierter Forschungseinrichtungen. Das

CiS-Forschungsinstitut im Erfurter Südosten

ist Partner zahlreicher nationaler und europäischer

Netzwerke in Wissenschaft und Industrie.

45

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

ANGEWANDTE OPTIK UND

FEINMECHANIK IOF

Bis heute zählt Jena auch zur Speerspitze der

Forschung im Bereich der Lasertechnologien.

Am Fraunhofer IOF sowie am Institut für

Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität

Jena arbeiten seit mehr als 20 Jahren

Forscherinnen und Forscher kontinuierlich

daran, die Anwendungsmöglichkeiten von

Lasern zu verbessern.

Vielfältige Beispiele illustrieren das Forschungsspektrum

am CiS-Forschungsinstitut.

So werden etwa kleinste Drucksensorelemente

entwickelt, die Druck

und Dehnung messen. Die piezoresistiven

Drucksensorchips sind überall dort gefragt,

wo Prozesse hohe Präzision, Stabilität und

Zuverlässigkeit erfordern.

JENA

FORSCHUNGSFELDER :

LICHTQUELLEN UND LASER,

OPTO-MECHANISCHE SYSTEME,

SENSORIK

46

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR

KERAMISCHE TECHNOLOGIEN

UND SYSTEME IKTS

In der Medizintechnik arbeitet das CiS-Forschungsinstitut

an der Entwicklung von

photoplethysmographischen Sensoren zur

kontinuierlichen Messung von Vitalparametern

wie Herzfrequenz und Blutsauerstoffsättigung.

Jüngstes Ergebnis dieser

Forschungen ist ein miniaturisierter Sensor,

der im Ohr außerdem noch den Blutdruck

überwacht.

Am traditionsreichen Optik-Standort Jena

ist das Fraunhofer IOF angesiedelt. Hier

wird buchstäblich an der Welt von morgen

geforscht. Gerade erst haben die Experten

des Fraunhofer IOF gemeinsam mit der

ZEISS-Sparte SMT und TRUMPF Lasersystems

for Semiconductor Manufacturing den

Deutschen Zukunftspreis gewonnen. Ihr

Forschungsfeld : die EUV-Lithographie. Sie

ermöglicht die Herstellung winziger Mikrochips

u.a. für die nächste Generation von Smartphones.

Mit dieser Technologie lassen sich

weitaus leistungsfähigere, energieeffizientere

und kostengünstigere Mikrochips herstellen.

HERMSDORF

FORSCHUNGSFELDER :

HOCHLEISTUNGSKERAMIK,

MEMBRANENTWICKLUNG,

BATTERIEFORSCHUNG

Das Fraunhofer IKTS wurde 1992 als Fraunhofer-Institut

für Keramische Technologien und

Sinterwerkstoffe IKTS in Dresden gegründet.

Im Februar 2010 wurde das Hermsdorfer

Institut für Technische Keramik HITK mit dem

Foto: Fraunhofer IKTS

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


FORSCHUNG IM OSTEN

WIRTSCHAFT+MARKT81

Fraunhofer IKTS vereint, um die Kompetenzen

beider Einrichtungen auf dem Gebiet der Hochleistungskeramik

zusammenzuführen.

Am Thüringer Standort in Hermsdorf bilden

vier Schwerpunkte die wesentlichen Forschungsaktivitäten.

Das Institut zählt zum

einen zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen

auf dem Gebiet der Membranentwicklung

für die Wasseraufbereitung,

Luftreinigung und Gastrennung.

Darüber hinaus werden dichte, hochfeste

Oxidkeramiken für die Medizintechnik, den

Werkzeug- und Maschinenbau, für die Automotivebranche

sowie für Beleuchtungstechnik

und optische Anwendungen entwickelt.

Der dritte Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet

der Funktionskeramiken für sensorische und

aktorische Anwendungen.

Schlagzeilen machte das Fraunhofer IKTS aber

jüngst vor allem in der Batterieentwicklung :

Im Fokus stehen hier keramische Natrium-Ionen-Batterien.

So hat das vom Land Thüringen

mit über 13,5 Millionen Euro geförderte Batterie-Innovations-

und Technologie-Center BITC

in diesem Jahr im Industriegebiet Erfurter Kreuz

seine Arbeit aufgenommen. Als Außenstelle

des Fraunhofer IKTS, das als eines der größten

Batterieforschungsinstitute Deutschlands gilt,

erarbeitet es Systemlösungen für die vernetzte,

digital unterstützte Produktion und Qualitätssicherung

von Batteriezellen und -modulen. Das

Center soll zu einem europaweiten Leuchtturm

für energieeffiziente und ressourcenschonende

Batteriefertigung aufsteigen. Industriepartner

des ersten Projekts „BattLife“ ist CATT, Tochter

des chinesischen Batterieherstellers CATL.

47

IMMS INSTITUT FÜR MIKRO-

ELEKTRONIK- UND MECHATRO-

NIK-SYSTEME GGMBH (IMMS)

ILMENAU

FORSCHUNGSFELDER :

MIKROELEKTRONIK, SYSTEM-

TECHNIK, MECHATRONIK

Das Ilmenauer IMMS Institut für Mikroelektronik-

und Mechatronik-Systeme versteht

sich als strategischer Partner der kleinen und

mittleren Unternehmen. Es wurde 1995 als

An-Institut der TU Ilmenau gegründet. Neben

dem Hauptsitz im Ilmenauer Mittelstand

4.0-Kompetenzzentrum unterhält es noch

einen Institutsteil in Erfurt.

Das Institut entwickelt Gesamtlösungen für

Medizintechnik und Life Science, Automatisierungs-,

Umwelt- und Verkehrstechnik

sowie die Halbleiterfertigung. Auch zu den

Basistechnologien Kommunikationstechnik,

Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie

Mikro- und Nanotechnologien wird in Ilmenau

gearbeitet. Dabei steht der Transfer von

Forschungsergebnissen in die Wirtschaft im

Vordergrund.

Die Einsatzmöglichkeiten der Innovationen am

IMMS sind vielfältig. So arbeitet das IMMS im

mitteldeutschen Experimentierfeld EXPRESS.

Dieses widmet sich Sonderkulturen im Pflanzenbau.

Digitale Technologien sollen dort die

Ressourceneffizienz steigern, eine umweltschonende

Produktion unterstützen und

die Biodiversität langfristig bewahren. Zum

Einsatz kommen innovative Technologien wie

Sensorik, Blockchain, Virtual Reality, Feldroboter

und 5G-Anwendungen. In der „Modellfabrik

Migration“ hilft das IMMS Firmen beispielsweise

bei der schrittweisen Einführung von

Digitalisierungslösungen zur Verbesserung

von Anlagen und Prozessen.

Foto: IMMS / ELMUG eG

Forschung im mitteldeutschen Experimentierfeld EXPRESS

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


82

WIRTSCHAFT+MARKT

48

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR PHO-

TONISCHE TECHNOLOGIEN E.V.

(LEIBNIZ-IPHT)

JENA

FORSCHUNGSFELDER :

PHOTONIK, BIOPHOTONIK

der Infektionsforschung (LPI) eine Schlüsselrolle

spielen. Das nutzeroffene Zentrum

soll 2026 eröffnen und wird getragen vom

Leibniz-IPHT, der Universität, dem Universitätsklinikum

sowie dem Leibniz-Institut für

Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie

– Hans-Knöll-Institut.

49

THÜRINGER ENERGIE-

FORSCHUNGSINSTITUT

(THEFI)

Erforscht wird der gesamte Energiesektor,

angefangen bei der Energieerzeugung und

-verteilung über die Energiespeicherung und

-steuerung bis hin zur Energiewandlung.

Dazu gehören innovative Energieversorgungstechnologien,

neue Formen elektrischer

Netze, effektive Antriebe für Fahrzeuge,

Maschinen und Anlagen sowie innovative

Solar- und Windkraftanlagen.

50

THÜRINGER INNOVATIONS-

ZENTRUM MOBILITÄT (THIMO)

Das Leibniz-IPHT steht für exzellente

Leistungen in der Erforschung lichtbasierter

Verfahren für Medizin, Umwelt und Sicherheit.

Mit modernen lichtbasierten Methoden

erschafft es zukunftsweisende Lösungen zu

einer genaueren medizinischen Diagnostik, zu

sicheren Medikamenten, einer verbesserten

Lebensmittel- und Wasseranalytik und zu

innovativer Sicherheitstechnik. Die über

400 Mitarbeiter/innen (2019) stammen aus

36 Ländern.

Neben der Beteiligung des Leibniz-IPHT an

mehreren Sonderforschungsbereichen an der

Universität Jena sowie dem einzigen Exzellenzcluster

in Thüringen wird das Institut auch im

geplanten Leibniz-Zentrum für Photonik in

Das Thüringer Energieforschungsinstitut

(ThEFI) ist ein Verbund von insgesamt

13 Fachgebieten und Forschergruppen an der

Technischen Universität Ilmenau in den Bereichen

Energie- und Umwelttechnik. Es bündelt

die Forschungsaktivitäten der Fachgebiete

der TU auf dem Gebiet der Energietechnik und

bietet dafür eine einzigartige Forschungsinfrastruktur

an.

ILMENAU

FORSCHUNGSFELD :

ENERGIE- UND UMWELTTECHNIK

Das im Jahr 2011 an der TU Ilmenau gegründete

„Thüringer Innovationszentrum Mobilität“

(ThIMo) konzentriert sich in Kooperation mit

mehr als 200 nationalen und internationalen

Forschungspartnern auf die Lösung wissenschaftlicher

Fragen der Mobilität.

Dazu gehören etwa neuartige Methoden zur

Bestimmung der Umweltbelastung durch

Rußpartikel im Abgas oder durch Feinstaubabrieb

an Reifen und Bremsen. Am ThIMo wird

aber auch zur störsicheren Satellitennavigation

für hochautomatisiertes und fahrerloses

Fahren, an Testverfahren für Elektrofahrzeuge

oder an neuartigen Rad nabenmotoren

geforscht, die einem SUV-Elektrofahrzeug bei

einer einmaligen Aufladung von weniger als

90 Minuten eine Reichweite von 1 000 Kilometern

ermöglichen sollen.

ILMENAU

FORSCHUNGSFELD :

FAHRZEUGTECHNIK,

ANTRIEBSTECHNIK, LEICHTBAU

Der Campus der TU Ilmenau

Foto: Michael Reichel / arifoto.de

W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021


2038

ist der

CO 2 -neutrale

Chemiepark Zeitz

ein internationales

Vorzeigeprojekt.

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stellt der Bund bis 2038 allen Revieren für den Strukturwandel zur

Verfügung. Machen wir das Beste daraus: Unsere Zukunft.

Arvid Friebe,

Geschäftsführer, Infra-Zeitz

Servicegesellschaft mbH,

Chemie- und Industriepark

Zeitz

strukturwandel.sachsen-anhalt.de

Glück auf, Zukunft.

STRUKTUR

WANDEL

MITTELDEUTSCHES

REVIER SACHSEN-ANHALT


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