WIRTSCHAFT+MARKT Frühjahr/Sommer 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
18 WIRTSCHAFT+MARKT WIRTSCHAFT
WEGE ENTSTEHEN
BEIM GEHEN!
Wirtschaft und Gesellschaft stehen vor einem
nachhaltigen Umbau. Die neu entstehenden
Strukturen bieten Ostdeutschland neue Chancen.
Dabei sollten die ostdeutschen Länder an einem
Strang ziehen.
VON PROF DR. JOACHIM RAGNITZ,
MANAGING DIRECTOR DES IFO-
INSTITUTS DRESDEN
NNicht nur im Bund, auch
in den meisten ostdeutschen
Ländern werden
in diesem Jahr Landtagswahlen
abgehalten: In
Sachsen-Anhalt bereits am
6. Juni, in Mecklenburg-Vorpommern,
Thüringen und
in Berlin zeitgleich mit der
Bundestagswahl am 26. September.
Aktuellen Umfragen
zufolge dürften in allen
betroffenen Bundesländern die
aktuellen Koalitionspartner auch
die künftige Regierung bilden (in
Berlin allerdings möglicherweise
unter Führung der GRÜNEN);
in Thüringen ist ungewiss, ob das
gegenwärtige Dreierbündnis (aus
LINKEN, SPD und GRÜNEN) über eine
eigene Mehrheit verfügt oder weiterhin
auf eine Tolerierung durch andere
Parteien angewiesen ist.
Dies heißt nicht, dass es keine „Wechselstimmung“
gäbe – aber weil der Unmut
über die jeweils bestehende Regierungskoalition
oftmals primär der AfD zugutekommt,
die als Koalitionspartner nicht in
Frage kommt, wird wohl alles beim Alten
bleiben. Doch das heißt nicht, dass alles beim
Alten bleiben könnte. Die Corona-Pandemie
hat wie in einem Brennglas deutlich gemacht,
was in der öffentlichen Verwaltung in der
Vergangenheit verschludert und verschlampt
wurde; angefangen bei der oftmals versprochenen
Digitalisierung bis hin zur vorgeblichen
Priorisierung von Bildungsinvestitionen.
KLIMASCHUTZ ERFORDERT
GRAVIERENDE EINSCHNITTE
Die absehbare Verschärfung der Klimaschutzauflagen
– 65 Prozent CO 2
-Einsparung
gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 – bedeutet
gegenüber dem heutigen Stand eine annähernde
Halbierung der Treibhausgasemissionen bis
zum Ende des Jahrzehnts, was nicht ohne
gravierende Einschnitte in unsere bisherige
Produktions- und Lebensweise möglich ist.
Und schließlich wird Ostdeutschland zur
Verhinderung von Arbeitskräftemangel in allen
Bereichen jede Menge Zuwanderer aus dem
Ausland benötigen – was die Gesellschaft vor
erhebliche Integrationserfordernisse stellt
und politisch unbedingt sachgerecht begleitet
werden muss, um eine weitere Spaltung der
Bevölkerung zu verhindern.
Die Wahlprogramme der (führenden) Parteien,
soweit es überhaupt welche gibt, lassen nicht
erkennen, dass diese Herausforderungen
ausreichend erkannt und adressiert werden –
aber zum Glück dienen Wahlprogramme ja
ohnehin nur dazu, dem Wähler ein wohliges
Gefühl zu vermitteln; relevanter ist vielmehr,
was hinterher in Koalitionsverträgen zwischen
den künftigen Regierungspartnern ausgehandelt
werden wird. Leider bleibt dem Wähler
dann nichts übrig, als die sprichwörtliche „Katze
im Sack“ zu kaufen und auf die praktische
Vernunft handelnder Politiker zu hoffen (was
in der Vergangenheit, sieht man einmal von
den Wirrungen der Berliner Landespolitik ab, ja
auch ganz gut geklappt hat).
Foto: ifo-institut
W+M – FRÜHJAHR/SOMMER 2021