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Firmenlauf-Magazin 2016: Harte Sau vs. innerer Schweinehund

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12. Mai <strong>2016</strong> | Fühlinger See<br />

www.fila-koeln.de<br />

/// KRAUTMACHER IM INTERVIEW Über das »Wir-Gefühl« und Engagement » S.10 /// HARTE SAU VS. INNERER SCHWEINEHUND<br />

Grenzen der Leistungsfähigkeit » S.6 /// WAT ET NIT ALL JIT! Kurioses aus der Welt des Spitzensports » S.8 /// WELCHER TEAMTYP<br />

BIST DU? Interview mit Fußballtrainer Tim Kukzynski » S.24<br />

THEMENSCHWERPUNKT:<br />

SPORT<br />

IST MORD<br />

Teilt Eure<br />

FILA-Momente!<br />

#filakoeln<br />

IM INTERVIEW<br />

Henning<br />

Krautmacher:<br />

»Ich bin gar<br />

nicht der Boss«<br />

» S.10<br />

MADE BY RR BONN BEUEL<br />

Schutzgebühr 4,80 € (Düsseldorf: 9,60 €)


»HARTE<br />

SAU«<br />

VS.<br />

»INNERER<br />

SCHWEINE-<br />

HUND«<br />

Harald »Toni«<br />

Schumacher<br />

FC-Ikone und aktueller<br />

Vize-Präsident des<br />

1. FC Köln<br />

* 6. März 1954 in Düren<br />

Europameister 1980<br />

Vize-Weltmeister<br />

1982, 1986<br />

Deutscher Meister<br />

1978 (Köln),<br />

1996 (Dortmund)<br />

Türkischer Meister<br />

1989 (Fenerbahçe)<br />

Foto: imago/Kicker/Liedel<br />

6<br />

Fußballer des Jahres<br />

1984,1986<br />

»HARTE SAU« VS. »INNERER SCHWEINEHUND«


IN SPORT UND BERUF IST<br />

»GLÜCKSGEFÜHL EINE<br />

ÜBERWINDUNGSPRÄMIE«<br />

Denkt Reiner Calmund an einen<br />

»positiv Bekloppten«, wird es kaum<br />

ein Weichei sein. Aber Toni Schumacher<br />

könnte der Ex-Manager von<br />

Bayer 04 Leverkusen im Sinn haben.<br />

Der frühere Fußball-Nationaltorwart<br />

hält einen in Gips gemeißelten Rekord.<br />

Während seiner 20 Jahre währenden<br />

Profikarriere brach er sich fast<br />

alle Finger, dazu das Nasenbein, die<br />

Rippen, vom doppelten Kreuzbandriss,<br />

von Kapsel- und Sehnenrissen und diversen<br />

Knie-OPs ganz zu schweigen.<br />

»Brüchiger« Höhepunkt war das Europameisterschafts-Endspiel<br />

von 1980<br />

gegen Belgien in Rom. Der heutige<br />

Vizepräsident des 1. FC Köln erlitt im<br />

Abschlusstraining eine Mittelhandfraktur<br />

und spielte das Finale trotzdem<br />

komplett durch. Ergebnis: 2:1.<br />

Auf dem Weg zu höchsten Zielen<br />

wurde vor zehn Jahren auch der Berliner<br />

Profiboxer Arthur Abraham zum<br />

Großmeister der Selbstüberwindung.<br />

Im IBF-Weltmeisterschaftskampf in<br />

Wetzlar schlug in der 3. Runde die<br />

Faust seines kolumbianischen Herausforderers<br />

Edison Miranda ein. Diese<br />

Majestätsbeleidigung gegen »King<br />

Arthur« hatte einen doppelt gebrochenen<br />

Unterkiefer zur Folge. Und<br />

obgleich die Gesichtspartie sofort<br />

stark anschwoll und sein Schützling<br />

immer wieder Blut spuckte, peitschte<br />

Trainer Ulli Wegner mit herausgebrüllten<br />

Durchhalteparolen die innere »harte <strong>Sau</strong>«<br />

gegen den inneren »<strong>Schweinehund</strong>«<br />

auf. Und der grausam zugerichtete<br />

Mittelgewichtsboxer verteidigte nach<br />

weiteren neun Runden tatsächlich<br />

seinen WM-Gürtel, der unglaublichen<br />

Verletzung und allen Warnungen des<br />

Ringarztes zum Trotz.<br />

ZIELE, LUST UND LEIDENSCHAFT<br />

Im normalen Leben jenseits dieser<br />

sportlichen Hochleistungsextreme<br />

geht es nicht so martialisch zu. Dennoch<br />

machen Wesensmerkmale wie<br />

eindeutige Ziele, totale Konzentration,<br />

nicht erlahmende Willenskraft und<br />

fanatische Besessenheit jeden »positiv<br />

Bekloppten« aus. Diese Spezies kann<br />

sich von innen heraus motivieren. Sie<br />

begeistert allein das, was sie tut. Sie<br />

ist mit großer Leidenschaft bei der<br />

Sache, ob sie nun Sport treibt, Musik<br />

macht oder ganz einfach Lust am Job<br />

hat.<br />

Anreize von außen bilden die zweite<br />

Motivationsebene. Geld, Ruhm und<br />

Beifall (im Sport) gehören ebenso<br />

dazu wie Boni, Dienstwagen und<br />

Machtpositionen (im Firmenalltag).<br />

Doch ohne totale innere Hingabe an<br />

die Sache verfehlen alle diese Köder<br />

ihre Wirkung!<br />

DIE GRENZEN DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT<br />

Der Forscher Mihàly Csikszentmihàlyi<br />

entwickelte in den USA den Begriff<br />

des »Flow«, eine Art Glückserleben im<br />

Zustand totaler Selbstvergessenheit,<br />

weil man sich mit einer Sache völlig<br />

identifiziert. Der Oldtimerbesitzer, der<br />

über dem Restaurieren nach Feierabend<br />

völlig seine Familie aus den Augen<br />

verliert, der Wissenschaftler, der rastlos<br />

bis in den dämmernden Morgen<br />

hinein einem noch nicht geklärten<br />

Phänomen auf der Spur ist, der Existenzgründer,<br />

der wie im Rausch, ohne<br />

auf die Uhr zu schauen, an kniffligen<br />

Problemlösungen arbeitet – sie alle<br />

belohnen sich im Erfolgsfall mit der<br />

Ausschüttung von Amphetaminen,<br />

also mit Glückshormonen. Denn sie<br />

haben ihre Trägheit besiegt, die Grenzen<br />

ihrer Leistungsfähigkeit getestet und<br />

möglicherweise sogar überwunden.<br />

Csikszentmihàlyi: »Glück ist eine<br />

Überwindungsprämie.«<br />

»Sind Zielsetzung, Motivlage und<br />

Belohnungssystem im Einklang, hat<br />

der innere <strong>Schweinehund</strong> es schwer«,<br />

erklärte Axel Hager, Coach für Leistungsdiagnostik,<br />

der Zeitschrift »Fit<br />

for Fun«. Der Ex-Beachvolleyballer<br />

hat es selbst so erlebt: im Jahre 2000<br />

gewann er in Sydney die Bronzemedaille<br />

– das personifizierte Glück<br />

stand auf dem Siegerpodest.<br />

Im Sport können innere Dialoge, oder<br />

unfeiner augedrückt, Selbstgespräche<br />

Leistungssteigerungen bewirken.<br />

Wer sich selbst anfeuert, produziert<br />

nahrhaftes »Schweinefutter«. Denn<br />

dadurch wird die »harte <strong>Sau</strong>« schön<br />

rund und kann in stressreichen Situationen<br />

den inneren Dämon - den<br />

lähmenden »<strong>Schweinehund</strong>« - beherrschen.<br />

Der Sportwissenschaftler<br />

Antonis Hatzigeorgiadis von der Universität<br />

von Thessalien (Griechenland)<br />

empfiehlt, dass diese Autosuggestionen<br />

kurz sein sollten. Um schneller zu<br />

werden, sei ein »Explodiere« denkbar.<br />

Mehr Kraft entstünde etwa durch ein<br />

»Gib alles«.<br />

IM OLYMP DER »HARTEN SÄUE«<br />

Auf dem Weg von der »Gewöhnlichkeit<br />

zur Persönlichkeit« (dm-Gründer<br />

Götz Werner) trieb übermenschliche<br />

Selbstmotivation auch den Südtiroler<br />

Grenzgänger Reinhold Messner an. Im<br />

Jahre 1970 erfroren beim Abstieg vom<br />

8.125 Meter hohen Nanga Parbat bei<br />

40 Grad minus sieben seiner Zehen<br />

und drei Fingerkuppen. Sie mussten<br />

amputiert werden. Danach entfaltete<br />

er seinen unbändigen »Jetzt-erstrecht«-Ehrgeiz.<br />

Statt das Extrembergsteigen<br />

endgültig sein zu lassen,<br />

ging es nun richtig los: Mit nur drei<br />

Zehen bestieg Messner in den folgenden<br />

Jahren bis 1986 alle 14 Achttausender<br />

– und das auch noch ohne<br />

<strong>Sau</strong>erstoffflasche. So wurde er quasi<br />

zum Gottvater, zum Zeus im Olymp<br />

der »harten Säue«.<br />

Selbstüberwindung ist aber nicht<br />

nur eine Erscheinung, die sich erst<br />

in unseren Leistungsgesellschaften<br />

entwickelt hat. Sie war als Phänomen<br />

wohl schon immer ein Teil des Menschen.<br />

So schrieb der weise Dichterfürst<br />

Goethe vor immerhin 300 Jahren:<br />

»Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,<br />

befreit der Mensch sich, der sich überwindet.«<br />

(Mit »Gewalt« meinte er die<br />

Trägheit)<br />

»HARTE SAU« VS. »INNERER SCHWEINEHUND«<br />

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