„Wein zum Lesen“
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<strong>„Wein</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lesen“</strong><br />
Liebe Mitglieder des St.Urbanus Wein Ritter Ordenskollegiums !<br />
Als Service unseres Ordenskollegiums übersenden wir Euch via email, einmal pro Monat<br />
Wissenswertes <strong>zum</strong> Thema Wein. Solltet Ihr dieses Service nicht in Anspruch nehmen<br />
wollen, so könnt Ihr <strong>„Wein</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lesen“</strong> unter der E-Mail: office@gefas.at abbestellen.<br />
Gebt mir auch Euer Feedback, sowie Themenwünsche bekannt<br />
unter der Email: gmartin.weinkontakt@aon.at<br />
Das heutige <strong>„Wein</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lesen“</strong> erzählt Wissenswertes über die Entstehung der Schaumweine<br />
Champagner, Sekt, Prosecco, Frizzante etc.. Für Euch recherchiert und zusammengestellt von<br />
Gottfried MARTIN, Kanzler des Konventikels Wien, St. Urbanus Wein Ritter Ordenskollegium.<br />
Jänner 2009<br />
Pro Vino et Sodalitate<br />
Gottfried Martin<br />
Foto: Isabelle Mouton<br />
Champagner, Sekt, Kultgetränke ?<br />
Champagner, Sekt, Prosecco – sie stehen für sozialen Status,<br />
Ausgelassenheit, Frohsinn, Übermut, Kultgetränk und vieles<br />
mehr. Champagner wird im zweiten Akt der Operette „Die<br />
Rache einer Fledermaus“ von J. Strauss, als König „aller Weine<br />
bezeichnet“. Zu Sylvester, zu Neujahr und im Fasching gilt<br />
Sekt und Champagner als Muss; kein Galadinner, keine<br />
Haubenküche zu den Feiertagen ohne Champagner.<br />
"Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin, und wenn ich<br />
traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin;<br />
und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen.<br />
Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit,<br />
und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst<br />
aber rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst habe."<br />
Madame Lily Bollinger<br />
Im diesmaligen <strong>„Wein</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lesen“</strong> möchte ich die Historie<br />
dieser perlenden Gottesgeschenke näher beleuchten.<br />
Die Entstehung des Champagner wie der Schaumweine<br />
liegen im Dunkeln .............<br />
................... Höchstwahrscheinlich entstanden die ersten Schaumweine<br />
vollkommen unbeabsichtigt................<br />
Nach der Ernte wurden die Trauben gepresst, gefiltert und der Most in<br />
Fässer gefüllt, um dort zu gären. Da dies im Herbst geschah, stoppte der<br />
Gärprozess sobald der Winter einsetzte. Dadurch bedingt gor der Most<br />
nicht mehr weiter, aber die erste Gärung war auch noch nicht<br />
vollständig abgeschlossen und so befand sich noch immer genug Zucker<br />
im Wein/Most, um bei steigenden Temperaturen weiter zu gären. Füllte<br />
man den jungen Wein in diesem Stadium in Gefäße und verschloss diese<br />
fest, kam es im Frühjahr bei steigenden Temperaturen unweigerlich zur<br />
zweiten Gärung.<br />
St. URBANUS WEINRITTER ORDENSKOLLEGIUM<br />
Sitz in Wien, p.a. Richard-Wagner-Platz 7, 1160 Wien<br />
Fax: 01 405 61 69 | E-Mail: office@urbani-ritter.at | www.urbani-ritter.at | ZVR: 694882794
Die bereits in der Bibel erwähnten zerrissenen Schläuche wie auch das Zerbersten der Flaschen<br />
waren die Folge. Erreicht doch der Druck in einer Flasche bis zu 6 bar<br />
(<strong>zum</strong> Vergleich: der Reifendruck in einem PKW-Reifen beträgt ca. 2 bar).<br />
Die zweite oder Sekundärvergärung entsteht durch das Absetzen der Hefepilze.<br />
Die natürlichen (wilden) Hefen finden sich auf der Schale von reifen Früchten. Neben anderen<br />
Mikroorganismen befinden sich ca. 10 Millionen (wilde) Hefezellen auf einer Traube. Diese haben<br />
eine durchschnittliche Größe von 1/200 Millimeter. Hefen wandeln jedoch Zucker nicht selbst in<br />
Alkohol und Kohlendioxid um, sondern produzieren Enzyme, die dieses erledigen. Unter günstigen<br />
Bedingungen kann eine Hefezelle, besser gesagt die von ihr produzierten Enzyme, bis zu 10000<br />
Zuckermoleküle spalten.<br />
Es ist davon auszugehen, dass die ersten Schaumweine wahrscheinlich jenen Winzern zu<br />
verdanken waren, die genau das Gegenteil erreichen wollten, nämlich das „Perlen des Weines“<br />
zu verhindern. Wann der erste Schaumwein gewollt hergestellt wurde, weiß niemand genau.<br />
Erste Aufzeichnungen aus Südfrankreich anno 1531 dokumentieren, dass Mönche der Saint-Hilaire-<br />
Abtei schon zu dieser Zeit schäumende Weine herstellten. Diese nannte man Vins de blanquette.<br />
Die Herstellung erfolgt noch heute im Tal der Aude südlich von Limoux nahe der Stadt Narbonne.<br />
Produziert wird dort nach der Methode rurale (Ländliche Methode).<br />
Möglicherweise waren jedoch die Mönche um den<br />
sagenhaften blinden Mönch und genialen Kellermeister<br />
„Dom Perignon“ herum im „Tal der Aude“, die ersten,<br />
die Schaumwein bewusst herstellten; doch wird auch<br />
ähnliches von den Winzern des östlichen Venetien, vom<br />
„Prosecco“ erzählt.<br />
In der Champagne wird bereits seit dem 4. Jahrhundert<br />
Wein angebaut. Damals ahnte jedoch noch niemand,<br />
welch exklusives Getränk einmal das Image dieser<br />
Region prägen würde. Aufgrund der privilegierten Lage<br />
im Herzen Europas entwickelte sich die Champagne im<br />
frühen Mittelalter schnell zu einem pulsierenden<br />
Handelszentrum.<br />
Die hochwertigen Weine der Region erlangten dadurch auch über Frankreichs Grenzen hinaus einen<br />
guten Ruf. In den europäischen Adelshäusern erfreute sich der Wein größter Beliebtheit, Louis XIV.<br />
machte ihn zu seinem Hauswein und leitete damit einen Trend ein. Doch bis etwa 1650 handelte es<br />
sich in der Regel immer um stille Weine. Die Engländer waren es, welche das Moussieren des<br />
Weines forcierten. Es entwickelte sich zu einer Gepflogenheit, den Wein mittels Zimt, Nelken,<br />
Zucker und Melasse lebendig und perlend zu machen. Die Einwohner der Champagne wären nie auf<br />
die Idee gekommen, ihren Weinen solch seltsame Zutaten hinzuzufügen.<br />
Auch Dom Perignon wollte anfangs das Schäumen des Weines verhindern, ehe er auf die Idee kam,<br />
Schaumwein herzustellen. Der Wein wurde auf die Flaschen gezogen während er sich noch in der<br />
ersten Gärphase befand.<br />
Als gesichert gilt, dass Dom Perignon der Erste war, dem es<br />
gelang, das Problem entweichender Kohlensäure zu lösen. Muss<br />
doch bedacht werden, dass zu jener Zeit die Fässer und Flaschen<br />
noch mit Holzpfropfen verschlossen wurden, die mit in Öl<br />
getränkten Hanffäden umwickelt waren. Weinbauern in Spanien<br />
gelten als die ersten, die ihre Flaschen mit Kork verschlossen<br />
hatten.<br />
Um Dom Perignon ranken sich viele mystische und fantasievolle<br />
Geschichten. Als eine der bekanntesten gilt - als ihm der erste<br />
Schaumwein (Champagner) gelang - der Aufschrei:<br />
“Brüder, ich trinke Sterne!“<br />
Dom Perignon wurde 1638 in Sainte-Menehould geboren und kam am 3. Juli 1658 als Pierre<br />
Perignon in die Benediktinerabtei Saint Vanne in Verdun. Nach 11 Jahren bekam er den Titel "Dom"<br />
zuerkannt und wechselte als Kellermeister an die Abtei von Hautevillers. Dort wirkte er 47 Jahre<br />
und erlangte schon zu Lebzeiten legendären Ruhm. Dom Perignon stellte in der Champagne den<br />
ersten Rotwein, sowie den ersten Weißwein aus roten Trauben her. Er perfektioniert den Verschnitt<br />
verschiedener Weine, um eine gleichbleibende Cuvée zu erzielen.<br />
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Außerdem förderte Dom Perignon die Verwendung englischen Glases,<br />
welches dem Druck des Schaumweines besser standhielt und führte den<br />
Korken wieder ein. Korken aus der Rinde der Korkeichen waren für die<br />
schäumenden Weine besser geeignet, da sie den Druck besser aushielten.<br />
Dazu gibt es auch zwei Geschichten: Die eine besagt, dass Dom Perignon<br />
eine Zeitlang in der Abtei von Alcantara verbrachte und den Korken von<br />
dort mit nach Hautevillers brachte. Eine andere, dass spanische Mönche<br />
auf Ihrem Weg von Santiago de Compostela nach Norden in Hautesviller<br />
Station machten und Dom Perignon die Korkverschlüsse ihrer Flaschen<br />
auffielen. Er bat sie, ihm einen Vorrat des Materials zu schicken.<br />
Bruder Oudart war für die Weingüter von Saint-Pierre-aux-Monts verantwortlich. Wie auch<br />
Dom Perignon benutzte er Korken und war der erste, der Liqueur de tirage (Fülldosage)<br />
verwendete. Dom Perignon und Bruder Oudart besuchten sich des öfteren und tauschten Wissen<br />
aus, um zusammen den perfekten (Schaum-) Wein zu komponieren.<br />
Dom Perignon ging nun daran, den Glasbruch, welcher bei ca. 50 % lag, in den Griff zu bekommen.<br />
Das französische und das englische Glas wurde zuerst noch mit Holzkohle geschmolzen. Die<br />
Temperaturen waren entsprechend niedrig und das Glas somit nicht sonderlich stabil.<br />
Der englische Admiral Sir Robert Mansell hatte Angst um den Baumbestand in England, denn damit<br />
sollten schließlich Schiffe gebaut werden. Deshalb überredete er 1615 König Jakob I., die<br />
Holzfeuerung in Glasschmelzen zu verbieten. Die Glashersteller benutzten daraufhin Kohle als<br />
Brennmaterial. Durch höhere Temperaturen beim Glasschmelzen wurde das hergestellte Glas<br />
härter als das mit Holzfeuerung geschmolzene. Man benannte dieses Glas nach dem<br />
Herstellungsland verre anglaise - Englisches Glas.<br />
Wein in Flaschen zu lagern war eine englische Sitte. Die<br />
Franzosen lagerten ihren Wein lieber in Fässern. Bei langen<br />
Transporten, z.B. an den Königlichen Hof in Paris, ging das<br />
meiste Kohlendioxid verloren. Der Schaumwein war, so<br />
vermutet man, eine ziemlich lasche und saure<br />
Angelegenheit. In England bestand das Problem nicht in<br />
diesem Ausmaß. Der Schaumwein wurde zwar auch in<br />
Fässern nach England geliefert, doch bevor er ganz vergoren<br />
war, in Flaschen abgefüllt und konnte nochmals gären, ohne<br />
dass die stärkeren englischen Flaschen zersprangen.<br />
Wie Dom Perignon von diesem Glas erfahren hat, ist unklar. Doch somit hatte der Mönch aus<br />
Hautevillers nun alles, was er brauchte: Eine vernünftige Gärung, einen dichten Verschluss und<br />
eine Flasche, die dem Druck einigermaßen standhält.<br />
Um den Glasverbrauch zu minimieren, gab es später weitere Experimente.<br />
Einige Franzosen versuchten Mitte des 19. Jahrhunderts, ein Großraumgärverfahren zu entwickeln,<br />
und 1903 wurde das erste Patent für ein solches Verfahren in den USA angemeldet. Doch erst<br />
Charmat und Chaussepied entwickelten ein wirklich gut funktionierendes Ablaufsystem.<br />
Die endgültige Perfektionierung des Verfahrens erfolgte in Deutschland nach dem zweiten<br />
Weltkrieg. Heute wird nahezu der ganze deutsche und österreichische Sekt auf diese Weise<br />
hergestellt.<br />
Das „versehentliche Abfüllen unfertigen Weines“ wurde in der Folge zu<br />
einer regelrechten Kunst entwickelt und immer weiter verfeinert. Dem<br />
Siegeszug des edlen Tropfens sollte sich fortan niemand mehr in den<br />
Weg stellen können. Das zunächst nur in Adelskreisen verbreitete<br />
Getränk eroberte rasch die Gunst zahlreicher Künstler und Intellektueller<br />
wie Voltaire oder Goethe, mit steigender Verbreitung dann auch das<br />
gehobene Bürgertum. Reichskanzler Bismarck wurde genau wie<br />
Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ein ausgesprochenes Faible für den<br />
Champagner nachgesagt. Winston Churchill wird mit den Worten zitiert:<br />
„Bei Siegen hat man ihn verdient, bei Niederlagen braucht man ihn."<br />
Und Hoolywood Starlets sollen sogar in Champagner gebadet haben.<br />
Gleichzeitig haftete dem leicht perlenden Getränk ein Hauch von wohlig -<br />
sündiger Verruchtheit an, den es bis heute behalten hat. Kurz gesagt:<br />
Der Champagner wurde das Modegetränk der Reichen und Schönen und<br />
steht bis heute als Symbol für Exklusivität und Luxus.<br />
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Ihren Beitrag <strong>zum</strong> Erfolg des Champagners leisteten auch eine Reihe<br />
deutscher Familien wie Roederer, Bollinger, Heidsieck, Krug oder<br />
Mumm, die vor allem aus den rheinischen Anbaugebieten in die<br />
Champagne kamen. Produzierte man 1785 erst 300.000 Flaschen,<br />
waren es 1910 schon 40 Millionen. Bis <strong>zum</strong> Ende der achtziger Jahre<br />
stieg die Produktion gar auf 200 Millionen Flaschen an. Die<br />
erfolgsverwöhnten Champagnerproduzenten mussten aufgrund der<br />
hohen Produktionsmengen jedoch gewaltige Mengen an Trauben<br />
hinzukaufen. Die Preise für Trauben aus der Champagne stiegen<br />
dadurch deutlich und lagen um ein Mehrfaches höher als die für<br />
Trauben aus anderen typischen Weinanbauländern wie Italien oder<br />
Spanien. Mit dem Traubenpreis stieg auch der Preis für die einzelne<br />
Flasche Champagner. Dazu beschnitt die herannahende Rezession die<br />
finanziellen Möglichkeiten so manchen Champagner-Liebhabers. Der<br />
zwischen 1989 und 1992 eklatant sichtbar werdende Einbruch beim<br />
Champagnerabsatz war deshalb fast vorauszusehen. Bedingt durch<br />
diese Krise gerieten zahlreiche renommierte Hersteller in Bedrängnis<br />
und wurden von einigen großen Konzernen aufgekauft. Zu den<br />
selbstständig gebliebenen Häusern mit Weltruf gehören Bollinger,<br />
Pol-Roger oder Roederer.<br />
Trotzdem, dass wir von einer Finanzkrise in die nächste rutschen,<br />
erreichte die Champagnerproduktion neuerliche Rekordmarken. Doch<br />
einiges hat sich verändert: So haben geschäftstüchtige Anbieter es<br />
verstanden, in Zeiten weniger prall gefüllter Geldbörsen einen<br />
preisgünstigen „Supermarkt-Champagner", den so genannten<br />
„Premier Prix", zu etablieren, der sich hartnäckig am Markt hält. Dem<br />
Verbraucher scheint es wichtiger zu sein, sich überhaupt Champagner<br />
leisten zu können. Da kommt die Flasche unter 15 Euro aus dem<br />
Supermarktregal gerade recht – auch wenn sie natürlich nicht ganz die<br />
Qualität eines Champagners für 40, 50 oder mehr Euro erreicht. In<br />
Deutschland hat dieser Billig-Champagner in kürzester Zeit<br />
Marktanteile von rund 30 Prozent erobern können.<br />
Aber nicht nur das setzt den Champagnerproduzent zu.<br />
Prosecco, Prosecco Frizzante, Spumante, Frizzante, Frizzantino sowie Sekt tun das<br />
ihrige.<br />
Prosecco ist eine autochtone Rebsorte aus der Region um die Gemeinden Valdobbiadene und<br />
Conegliano. Im Altertum wurde Prosecco bereits als Vinum Pucinum hoch geschätzt.<br />
Frizzante ist die italienische Bezeichnung für einen Perlwein (auch Vivace). Frizzante (franz.: vin<br />
pétillant, ital.: vino frizzante, ch: Sternliwein) ist ein „halbschäumender Wein“ mit einem<br />
Mindestgehalt 8,5 Vol. % Alkohol, der einen Kohlensäureüberdruck von mindestens 1 bar und<br />
höchstens 2,5 bar aufweisen darf; bei Drücken (bei 20 °C) ab 2,5 bar spricht man von<br />
Schaumwein oder Spumante.<br />
Ein Frizzantino (sinngemäß „kleiner Frizzante”) schäumt noch weniger. Wenn Kohlensäure<br />
zugesetzt wurde (also nicht durch Gärung natürlich entstanden), muss auf dem Etikett der Text<br />
„Gassificato” oder „Vino addizionato di andride carbonica” aufscheinen.<br />
Die enthaltene Kohlensäure wird meist als exogene Kohlensäure durch verschiedene<br />
Imprägnierverfahren zugesetzt, kann aber auch aus erster oder zweiter Gärung stammen, wenn<br />
der Most oder Wein im Drucktank vergoren wurde (endogene Kohlensäure). Von endogener<br />
Kohlensäure spricht man auch dann, wenn die Kohlensäure bei der Vergärung von Traubenmost zu<br />
Wein entstanden ist und später dem Produkt wieder zugesetzt wird. Erforderlich ist nicht, dass sie<br />
im betreffenden Gebinde selbst entstanden ist (Pfirsich-Marillen-Birnenfrizzante etc.).<br />
Hauptunterscheidungkriterium hierbei ist die Verwendung von endogener Kohlensäure bzw.<br />
exogener Kohlensäure und dem weinrechtlichen Status des Ausgangsproduktes (Tafelwein,<br />
Qualitätswein, Qualitätswein).<br />
Perlwein oder Frizzante unterliegt in Deutschland nicht der Schaumweinsteuer, was letztendlich<br />
eine von vielen Motivationen für die Produktion von Millionen von Hektoliter ausgelöst haben<br />
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dürfte. Perlwein oder Frizzante darf in seiner Ausstattung nicht mit Sekt verwechselbar sein.<br />
Demnach unterliegt Perlwein/Frizzante dann der Schaumweinsteuer, wenn die Flasche mit einem<br />
Schaumweinpfropfen und Bügel verschlossen ist oder er einen Überdruck bei 20 °C von mehr als<br />
2,5 bar aufweist.<br />
Nach einer Glanzzeit in den fünfziger und sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts kam<br />
Perlwein in Deutschland/Österreich weitgehend aus der Mode. Seine Renaissance erlebt er seit<br />
Anfang der neunziger Jahre, als zunehmend italienische Perlweine (Prosecco frizzante) den<br />
deutsch/österreichischen Markt wie eine Modekrankheit eroberten. Seitdem werden auch in<br />
Deutschland und Österreich wieder nennenswerte Mengen produziert und häufig unter der<br />
Bezeichnung Secco vermarktet.<br />
Bei der traditionellen Flaschengärung, die in der<br />
Champagne entwickelt wurde und die in Italien „Metodo<br />
classico“ oder „Metodo tradizionale“ genannt wird,<br />
findet die zweite Gärung, die nach Zugabe von Hefe und<br />
Zucker zu einem bereits vergorenem Stillwein erfolgt, in<br />
der Flasche statt. Die Hefe wird dann nach einer langen<br />
Lagerung über Monate und Jahre hinweg in einem<br />
aufwendigen Verfahren per Hand in der Flasche abgerüttelt<br />
und schließlich degogiert, ohne dass der Wein die Flasche<br />
verlässt. Das heißt, die großen Spumante werden aus der<br />
Flasche getrunken, in der sie geboren wurden.<br />
Was man als Spumante traditionale oder Spumante<br />
classico genießen kann, ist ein gereiftes Produkt, das nicht<br />
nur von primärfruchtigen Aromen lebt, sondern tiefgründig,<br />
feingliedrig und nachhaltig ist.<br />
Wieder anders verfahren die Winzer bei Moscato und den meisten Frizzanti Rossi:<br />
Die alkoholische Gärung, bei der sich der Zucker der Trauben in Alkohol und Kohlensäure<br />
umwandelt, wird im geschlossenen Stahltank durchgeführt und gegebenenfalls auch frühzeitig<br />
unterbrochen. So entsteht ein Wein mit mehr oder weniger natürlicher Süße, wenig Alkohol, und<br />
erfrischenden Perlchen. In Italien haben diese Weine eine lange Tradition. Der bekannteste weiße<br />
Süße ist der Moscato d’Asti, eine Spezialität Piemonts aus der aromatischen Moscato-Traube.<br />
Aber auch aus den roten Rebsorten Bracchetto und Barbera werden dort auf diese Weise<br />
moussierende Weine erzeugt. Sie sind manchmal süß, manchmal trocken, aber auf alle Fälle durch<br />
ihre Perlage sehr lebendig und bekömmlich.<br />
Sekt (von lat.: siccus = trocken) ist die vor allem im<br />
deutschsprachigen Raum gängige Bezeichnung für Qualitäts-<br />
Schaumwein, ein alkoholisches Getränk mit Kohlensäure, dessen<br />
Alkoholgehalt mindestens zehn Volumenprozent beträgt.<br />
Grundwein und Dosage müssen aus dem gleichen Anbaugebiet<br />
stammen.<br />
1826 gründete Georg Christian von Kessler die erste deutsche<br />
Sektkellerei in Esslingen am Neckar. Er hatte sein Wissen aus der<br />
Champagne mitgebracht, wo er im Champagnerhaus Veuve<br />
Clicquot-Ponsardin gearbeitet hatte. Es dauerte jedoch längere<br />
Zeit, bis die Sektbereitung so weit perfektioniert war, dass die<br />
Ausfallquoten durch platzende Flaschen auf ein vertretbares<br />
Niveau gesenkt worden waren. Diese hohen Ausfallquoten<br />
machten Sekt erst <strong>zum</strong> Luxusgut. 1902 wurde zur Finanzierung<br />
der kaiserlichen Flotte durch Kaiser Wilhelm II. die Sektsteuer<br />
eingeführt, die nur zwischen 1933 bis 1939 in Deutschland nicht<br />
erhoben wurde. Sie hat sich seitdem – im Gegensatz zur<br />
kaiserlich-wilhelminischen Flotte – in wechselnder Form erhalten.<br />
Heute sind in Deutschland für eine 0,75-l-Flasche Sekt 1,02 € Sektsteuer zu entrichten.<br />
Die Schaumweinsteuer – wie sie offiziell heißt – ist eine Bundessteuer und erbrachte im Jahr 2004<br />
436 Mio. € für den deutschen Bundeshaushalt.<br />
Bis in die 1970er Jahre galt ein deutsches staatliches Sektmonopol, welches nur Kellereien die<br />
Sektherstellung erlaubte. Erst durch einen Gerichtsbeschluss in den 1970er Jahren erhielten auch<br />
Weingärtnergenossenschaften und Winzer das Recht zur Versektung und Vermarktung ihrer Weine.<br />
Dies führte dazu, dass seit Mitte der Achtzigerjahre viele sektproduzierende Betriebe neu<br />
gegründet wurden. Betrug die Zahl der Betriebe 1985 noch unter 100, so waren es 2004<br />
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knapp 1300 Erzeuger. Die meisten davon - knapp 1200 - sind Kleinproduzenten wie Winzer und<br />
Genossenschaften, die unter 10.000 Flaschen im Jahr produzieren. Die sechs Großunternehmen,<br />
die über fünf Millionen Flaschen im Jahr produzieren, decken 87,5 Prozent der Sektnachfrage in<br />
Deutschland ab. Durch die Zunahme der Erzeuger gibt es mittlerweile eine große Auswahl an<br />
Sekten aller Qualitäten und Preisklassen. In Österreich ist seit 2005 keine Sektsteuer mehr zu<br />
entrichten.<br />
Im Deutschen ist das Wort "Sekt", entstanden aus dem<br />
Lehnwort "sec" mit auslautendem unorganischen "t", seit dem<br />
17. Jahrhundert belegt und bedeutete in dieser Zeit<br />
"vinum hispanicum" (iberischer Wein). In dieser Bedeutung<br />
wurde es aus dem Hochdeutschen ins Dänische und Schwedische<br />
entlehnt.<br />
Die heutige Bedeutung des Wortes Sekt soll auf den Berliner Schauspieler Ludwig Devrient<br />
zurückgehen, der in der Gaststätte von Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt allabendlich seinen<br />
Champagner trank. Eines Abends im November 1825 gab er seine Bestellung mit einem Zitat aus<br />
Shakespeares Heinrich IV. auf: „Bring er mir Sekt, Bube – ist keine Tugend mehr auf Erden ?“.<br />
Der Kellner hätte, da Sekt zu dieser Zeit das deutsche Wort für Sherry war, eigentlich einen Sherry<br />
bringen müssen; da er aber nicht hingehört hatte, brachte er den gleichen schäumenden Wein wie<br />
immer, und schon bürgerte sich die neue Sitte ein: erst am Stammtisch von Lutter und Wegner,<br />
dann in Berlin, Jahrzehnte später in Norddeutschland, und erst um 1890 im ganzen Deutschen<br />
Reich.<br />
Seit dem Friedensvertrag von Versailles 1919<br />
müssen deutsche Produzenten auf die<br />
Bezeichnung Champagner verzichten<br />
(Champagnerparagraph). Inzwischen ist der<br />
Name „Champagne“ weltweit geschützt. In<br />
Frankreich darf ebenfalls nur Sekt aus der<br />
Champagne mit Champagner in Verbindung<br />
gebracht werden. Schaumweine nach der<br />
„méthode champenoise“ aus anderen<br />
Anbaugebieten werden unter der Bezeichnung<br />
„Crémant“ (ursprünglich eine Bezeichnung für<br />
feinperligen Champagner) vermarktet: Crémant<br />
d’Alsace, Crémant de Bourgogne, Crémant de<br />
Limoux, Crémant de Loire.<br />
Im Großherzogtum Luxemburg wird der<br />
Crémant de Luxembourg hergestellt. Spanische<br />
Sekte nach der Flaschengärmethode nennen<br />
sich Cava. Deutsche Sekte, die von Winzern in<br />
Flaschengärung hergestellt werden, dürfen sich<br />
Winzersekt nennen, in Österreich heißen diese<br />
Produkte offiziell „Hauer- oder Winzersekt“.<br />
In Östereich, im Poysdorfer - Weinviertler – Veltlinerland werden 40% der Ernte an<br />
Sektproduzenten in ganz Europa versendet.<br />
Der Boden und das Kleinklima der Region<br />
bringen einen Wein hervor, der sich vorzüglich<br />
für die Sektproduktion eignet. Welschriesling<br />
und Grüner Veltliner mit feiner Säure sind<br />
dabei die Leitsorten. Nirgendwo sonst sind die<br />
Voraussetzungen für die Herstellung eines<br />
hochwertigen Sektes so ideal. Alle bekannten<br />
Marken des Landes beziehen für ihre<br />
Qualitätsprodukte den Sektgrundwein aus dem<br />
Poysdorfer Anbaugebiet. Da ist es nicht<br />
verwunderlich, dass das größte Sektglas der<br />
Welt (mit 1,98 Meter) und die bedeutendste<br />
Sammlung an Sektkühlern im Klosterkeller zu<br />
besichtigen sind.<br />
Max Riegelhofer hat in mühevoller jahrelanger Suche eine Sektkühlersammlung zusammen-<br />
getragen, die es kein zweites Mal gibt. Alle Epochen, Materialien und Stilrichtungen sind vertreten.<br />
Genauso selbstverständlich ist es, dass einige Weinbaubetriebe auch ihren ganz speziellen<br />
Winzersekt anbieten.<br />
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Diese allgemeine (Über)-Schwemme an Schaumweinen gefällt den renommierten<br />
Champagnerproduzenten ebenso wenig, wie die hohen Traubenpreise, welche die nordfranzösischen<br />
Winzer zur Zeit verlangen. Es benötigte schon den guten Willen der Weinbauern,<br />
um den Traubenpreis 2001 auf dem nicht gerade niedrigen Level von (ehemalig) knapp<br />
4 € pro Kilogramm einzufrieren.<br />
Nichtsdestoweniger haben aber auch absolut edle Champagnersorten<br />
nach wie vor ihre Berechtigung. Am begehrtesten sind hier zweifellos<br />
die mit einem Jahrgang, auch Millesimes genannt. Sie zeichnen sich<br />
durch ein individuelles Bouquet aus, das stärker an Wein erinnert.<br />
Ganz oben auf der Beliebtheitsskala der echten Kenner stehen die<br />
Champagnersorten, die nur aus den am höchsten kultivierten Trauben<br />
eines Jahrganges gekeltert wurden.<br />
Zu diesen „Cuvées de Prestige" zählen beispielsweise Moets „Dom Pérignon",<br />
Roederers „Cristal", Abel Lepitres „Prince André de Bourbon Parme",<br />
Perrier-Jouets „Belle Epoque“ und natürlich<br />
„Grand Dame Veuve Clicquote“.<br />
Über die schwindelerregenden Preise spricht man in diesen Qualitätsregionen nicht<br />
– man zahlt und genießt. Wenn heutzutage dann ein Formel 1-Star wie Michael<br />
Schumacher auf dem Siegerpodest unter dem Sprühregen eines exquisiten<br />
Tropfens ein Duschbad nimmt, dürfte dies echten Genießern die Tränen in die<br />
Augen treiben.<br />
Soweit eine Kurzübersicht zur Geschichte der Schaumweine.<br />
Bleibt nur noch übrig, ein Lob auf den König aller Weine anzustimmen:<br />
Dies meint auch Euer<br />
" Champagner<br />
Du bist für mich süßer<br />
als Pralinen,<br />
heißer als der<br />
Wüstenwind, prickelnder<br />
als Frühlingsregen und<br />
Morgentau,<br />
sinnvoller als ein<br />
Kuss,<br />
unerreichbar wie die<br />
Sterne,<br />
- jedoch in meinem Glas<br />
!"<br />
(unbekannt)<br />
Gottfried MARTIN, Jänner 2009 Pro VINO et SODALITATE<br />
PS.:<br />
Im Februar dann mehr über Champagner - Trauben und Herstellung<br />
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