Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in ich nach Afrika gefahren, ohne einen Knopf in der<br />
Tasche – und nicht ein Mal hätt’ ich mich gefürchtet!<br />
Phil verstand nicht.<br />
– Knopf?<br />
– Ja, Knopf; also Geld, mein ich. Das Leben ist eine Frage<br />
der Courage, junger Mann, und nicht eine vom Geld,<br />
verstehen Sie? Ein bissl Chuzpe gehört freilich auch dazu.<br />
– Chu…?<br />
– Na, powidl.<br />
Tante Sophie lachte und machte sich nun einen kleinen<br />
Spaß daraus, den jugendlichen Gast mit Wienerischen<br />
Ausdrücken zu verwirren. Sie zeigte ihm sein<br />
geräumiges Zimmer im gegenüberliegenden Flügel der<br />
Wohnung, übergab ihm seine Schlüssel und hastete dann<br />
eilends aus dem Haus und ins Konzert.<br />
– Stellen Sie sich vor: Der Wallisch spielt Schubert!<br />
Phil war müde und ließ sich auf einem der mächtigen<br />
Fauteuils nieder. Ein hübscher Wirbelwind, die alte<br />
Dame, dachte er und musterte den ungewöhnlichen<br />
Raum, der nun für ein Jahr sein Zuhause werden sollte.<br />
An den hohen Wänden hingen zahlreiche Bilder, teils<br />
alte Niederländer, teils wildromantische Jagd- und Wandermotive.<br />
Die Mitte dominierte eine düster-monumentale<br />
Golgota-Darstellung, die aber den Raum nicht<br />
unangenehm beherrschte. Das Biedermeier-Ensemble<br />
davor aus Sofa, Tisch, Stühlen und Luster gab der Szene<br />
einen theatralischen Anstrich. Erst jetzt bemerkte Phil<br />
eine Flasche Wein, ein Glas, Aschenbecher und die Tageszeitung<br />
am Tisch. Auf einer winzigen Karte war zu<br />
lesen: „Willkommen!“<br />
22