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Trendbook Smarter Logistics

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JULI 2020<br />

BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS<br />

<strong>Smarter</strong><br />

<strong>Logistics</strong><br />

Wie sich die Logistik<br />

digital transformiert<br />

EINE STUDIE VON<br />

IN ZUSAMMENARBEIT MIT<br />

S MARTER<br />

VICE


Inhalt<br />

4 Management Summary – die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick<br />

7 Top-Digitalisierungstrends in der Logistik<br />

8 Logistik in der Krisendynamik – digitale Vorreiter sind widerstandsfähiger<br />

10 Angreifern aus der Plattformökonomie mit Unternehmermut begegnen<br />

11 Transparenz in der Lieferkette erzeugt Krisenresistenz<br />

12 Nachfragevolatilität mit Supply Chain Risk Management beherrschen<br />

13 Partnerschaften für Datenaustausch verbessern Wertschöpfung<br />

14 Aufbau digitaler Ökosysteme für nachhaltige Innovationserfolge<br />

15 Automatisierung der Lagerprozesse und Intralogistik<br />

16 Smarte Kontraktlogistik verbessert die Marktposition<br />

16 Glokalisierung mischt die Lieferketten neu<br />

18 CO 2-neutrale Lieferketten: Nachhaltig. Digital. Erfolgreicher!<br />

20 Die Top-Handlungsfelder für <strong>Smarter</strong> <strong>Logistics</strong><br />

21 Das Digitalisierungshaus: mehr Fokus auf das wirklich Wichtige<br />

22 Neue digitale Kundenerlebnisse in der Plattformökonomie<br />

26 Resiliente Lieferketten: Mehr Effzienz im Alltagsgeschäft<br />

30 Mehr Agilität, alle besser zusammenwirken<br />

35 Best Practices in den wichtigsten Handlungsfeldern<br />

36 Customer Experience: Kundennähe auch digital herstellen<br />

38 Geschäftsprozesse: Effzienz für das Alltagsgeschäft<br />

40 Mitarbeiter: Einfach. Besser. Zusammenarbeiten<br />

43 Praxistipps für Digitalisierung. Einfach. Machen.<br />

Impressum<br />

Autoren: Bernhard Steimel, Ingo Steinhaus<br />

Grafik: Ernst Merheim<br />

Schlussredaktion: Astrid Schäckermann<br />

Kontakt<br />

Bernhard Steimel<br />

Am Striebruch 38 • 40668 Meerbusch<br />

www.mind-digital.com<br />

Mit freundlicher Unterstützung von<br />

T-Systems International AG<br />

Copyright: MIND, Meerbusch 2020<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung von MIND unzulässig und<br />

strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die<br />

Speicherung in elektronischen Systemen.<br />

2


VORWORT<br />

Seit 2014 führen wir Digitalisierungsworkshops im Mittelstand durch. Für<br />

viele Unternehmen geht es dabei zunächst darum, den Startpunkt festzulegen<br />

und ein gemeinsames Verständnis für das digitale Zielbild im<br />

Führungsteam zu erlangen.<br />

Die Digitalisierung hat in jeder Branche ein anderes Gesicht. Handlungsfelder<br />

werden unterschiedlich priorisiert und der Impuls zum Handeln<br />

variiert je nach Branchenkontext. Gleiches zeigt sich auf der Seite der<br />

disruptiven Wettbewerber. Tech­Unternehmen gehen sehr fokussiert zu<br />

Werke und greifen meist die Kundenschnittstelle an. Sie verändern nachhaltig<br />

die Kundenerwartungen in Bezug auf Einfachheit, Bequemlichkeit<br />

und Preis.<br />

Die Erfahrungen aus über 100 Digitalisierungsworkshops nutzen wir, um<br />

daraus eine <strong>Trendbook</strong>­Serie „<strong>Smarter</strong> X” zu schaffen, die im Quartals-Rhythmus<br />

erscheint. In jeder Ausgabe nehmen wir eine Branche in den<br />

Fokus und stellen dar, wie der aktuelle Digitalisierungsstatus ist, welche<br />

Digitalisierungstrends sich abzeichnen und welche Innovationsbeispiele es<br />

schon gibt. Dazu kommen ausgewählte Experten zu Wort. In der Studienreihe<br />

werden wir der Frage nachgehen, wie smarte Services die Branche<br />

verändern, neue Wertschöpfungspotenziale erschließen und Unternehmen<br />

zukunftssicherer machen.<br />

Das aktuelle <strong>Trendbook</strong> beschäftigt sich mit der Logistik­Branche inkl.<br />

KEP­Markt und stellt im ersten Kapitel wichtige Trends und Best­Practices<br />

in der „Neuen Realität” vor. Hieraus leitet die Studie im zweiten Kapitel<br />

Top­Handlungsfelder ab: Nutzer, Prozesse und Mitarbeiter. Das dritte<br />

Kapitel bietet viele Best­Practice­Beispiele für erfolgreiche Digitalisierung<br />

in allen Handlungsfeldern. Im vierten Kapitel folgen schließlich Praxistipps,<br />

die unterschiedliche Ideen und Maßnahmen für die strategische<br />

Entwicklung der Digitalisierung in drei zeitlichen Horizonte einordnet.<br />

Viel Spaß bei der Vermehrung der gewonnenen Erkenntnisse!<br />

Bernhard Steimel<br />

Herausgeber <strong>Smarter</strong>-Service.com<br />

3


Management Summary – die wichtigsten<br />

Erkenntnisse auf einen Blick<br />

Digitale Transformation<br />

der Lieferketten<br />

Deutschland ist Logistik­Weltmeister. Drei der zehn<br />

weltweit größten Logistik­Unternehmen kommen<br />

aus Deutschland. Doch Tech-Unternehmen wie<br />

Flexport, Convoy oder Manbang greifen die Branche<br />

an. Das Gegenmittel ist die Digitalisierung:<br />

1. Die aktuelle Krisendynamik zeigt, digitale Vorreiter<br />

in der Logistik sind wider standsfähiger.<br />

2. Den Angreifern aus der Plattformökonomie lässt<br />

sich nur mit Unternehmermut, strategischen<br />

Kooperationen und offenen Plattformen mit<br />

Datensouveränität begegnen.<br />

3. Der wichtigste Digitalisierungsfaktor in der<br />

Lieferkette ist Transparenz. Wer in Echtzeit<br />

Lieferströme verfolgen und Versendern die<br />

erwartete Ankunftszeit mitteilen kann, ist im<br />

Vorteil.<br />

4. Mit Supply Chain Risk Management lassen sich<br />

Störungen besser voraussehen und einschätzen.<br />

Zu aktuellen Verlierern gehören Unternehmen,<br />

die hier nicht frühzeitig investiert haben.<br />

5. Aus Daten kann Wertschöpfung nur entstehen,<br />

wenn alle Partner Lieferinformationen über<br />

offene Daten­Plattformen und Schnittstellen<br />

schnell und einfach verfügbar machen und<br />

teilen.<br />

6. Digital Units vereinen das Beste aus der Welt<br />

von Startup und Corporate und bieten Logistikern<br />

die Chance, nah am Kunden erfolgreich zu<br />

innovieren.<br />

7. Prozessautomatisierung sichert Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Sie vereinfacht und beschleunigt<br />

Abläufe, verbessert die Effzienz und damit die<br />

operative Marge.<br />

8. Mit digitalen Mehrwertdiensten wird die<br />

Kontraktlogistik „smarter”. Logistiker machen<br />

sich mit ihrem Prozesswissen zum strategischen<br />

Partner ihrer Industrie­ und Handelskunden.<br />

9. Glokalisierung mischt die Lieferketten neu.<br />

Digitale Plattformen liefern die Daten und<br />

bilden das Fundament für den erfolgreichen<br />

Umbau.<br />

10. Digitale Lösungen für mehr Nachhaltigkeit und<br />

Energie­Effzienz schonen nicht nur die Umwelt,<br />

sondern auch den Geldbeutel.<br />

Lesen Sie hier weiter.<br />

Die Top-Handlungsfelder<br />

für <strong>Smarter</strong> <strong>Logistics</strong><br />

» Customer Experience: Die Tech­Unternehmen aus<br />

der Plattformökonomie greifen die Kundenschnittstelle<br />

an. Der Angriff kann nur durch<br />

radikale Kundenorientierung und digitale<br />

Customer Experience abwehrt werden.<br />

» Geschäftsprozesse: Die Logistik ist ein systemrelevanter<br />

Akteur in der Wirtschaft. Eine krisenfeste<br />

Supply Chain lässt sich nur mit Ende­zu­Ende­Digitalisierung<br />

realisieren.<br />

» Kultur und Mitarbeiter: Logistik­Unternehmen<br />

benötigen mehr denn je strategische Agilität.<br />

Dafür sind ein Kulturwandel und neue Arbeitsformen<br />

(New Work) notwendig.<br />

Innovation ist permanent, eine wandlungsfähige<br />

Organisation entscheidet über den wirtschaftlichen<br />

Erfolg.<br />

Lesen Sie hier weiter.<br />

4


Best-Practices in den wichtigsten<br />

Handlungsfeldern<br />

Praxistipps für Digitalisierung.<br />

Einfach. Machen.<br />

Die Best­Practices in diesem <strong>Trendbook</strong> zeigen, wie<br />

Logistikunternehmen die Customer Experience<br />

verbessern, die Resilienz der Lieferkette stärken<br />

und das Mitarbeiterengagement erhöhen:<br />

» Die dänische Reederei Maersk automatisiert mit<br />

der Blockchain­Lösung TradeLens den Informationsaustausch<br />

zwischen Handelsparteien und<br />

erhöht dadurch die Transparenz. Die Handelspartner<br />

erhalten eine gemeinsame Sicht auf Transaktionen,<br />

Echtzeitzugriff auf Versanddaten und<br />

Versandpapiere und IoT­ und Sensordaten für<br />

Temperatur­ und Gewichtskontrollen von<br />

Containern.<br />

» Quehenberger <strong>Logistics</strong> steigert die Transparenz<br />

und Sicherheit von Transporten mit Shipment &<br />

Asset Monitoring. Kompakte, tragbare und funkbasierte<br />

Sensorgeräte sowie eine Cloud-basierte<br />

Software­Plattform dienen vorausschauenden<br />

Analysen auf Basis von maschinellem Lernen. Bei<br />

Abweichungen schlägt die Lösung Alarm: Wenn<br />

ein Container zu lange an einem Standort verweilt,<br />

bei Medikamenten die Temperaturen<br />

steigen oder kostbare Waren gestohlen werden.<br />

» DB Schenker trainiert seine Mitarbeiter in den<br />

Verpackungs­ und Kommissionierprozessen mit<br />

einer Virtual­Reality­Brille (VR). Mitarbeiter<br />

machen sich so virtuell mit ihrer Arbeitsumgebung<br />

vertraut und erlernen alle Bewegungsabläufe.<br />

Damit werden Logistikprozesse im Vorfeld<br />

getestet, da die Trainingsmöglichkeiten am realen<br />

Objekt im laufenden Betrieb eingeschränkt sind.<br />

Zudem steigen Trainingseffzienz, ­qualität und<br />

­geschwindigkeit.<br />

Der richtige Innovationsmix ist entscheidend. Eine<br />

gute Balance zwischen kurzfristig wirksamen<br />

Maßnahmen und Zukunftsinvestitionen ist gefragt.<br />

Das „3­Horizonte­Modell” von McKinsey bietet<br />

Unternehmen eine Hilfestellung, um Innovationen<br />

einzuordnen und besser zu priorisieren<br />

Horizont 1: Überlebensfähigkeit sichern, harte<br />

Entscheidungen treffen<br />

» Agile Führungsstrukturen verbessern die Kommunikation<br />

mit cross­funktionalen Teams<br />

» Data Analytics und Supply Chain Risk Management<br />

ermöglichen es, Störungen in der Lieferkette<br />

frühzeitig zu erkennen<br />

» Der Ausbau der digitalen Kanäle skaliert die<br />

Vermarktungsfähigkeit<br />

Horizont 2: Widerstandskraft stärken, auf den<br />

Wachstumspfad zurückkehren<br />

» Unternehmen müssen die Kundenschnittstelle<br />

optimieren, denn nur hier können sie wachsen<br />

» Robuste Lieferketten entstehen, wenn Unternehmen<br />

jederzeit Information haben und eingreifen<br />

können<br />

» E­Learning erweitert die Kompetenzen der<br />

Mitarbeiter und damit den Unternehmenserfolg<br />

Horizont 3: Gestaltungskraft zeigen, mit Optimismus<br />

Neues schaffen<br />

» Unternehmen benötigen Kooperationen und<br />

sollten Teil eines digitalen Ökosystems werden<br />

» Führungskräfte müssen die Mitarbeiter auf eine<br />

digitalen Lernreise mitnehmen<br />

» Cybersecurity erhält die digitale Zuverlässigkeit<br />

der Unternehmen.<br />

Lesen Sie hier weiter.<br />

Lesen Sie hier weiter.<br />

5


Drei Fragen an<br />

Michael ten Hompel<br />

Digitalisierung hilft Logistikunternehmen, sich strategisch neu<br />

aufzustellen, sagt Prof. Dr. Michael ten Hompel, Leiter des<br />

Fraunhofer-Institutes für Materialfluss und Logistik. Er hofft,<br />

dass der Corona-Weckruf jetzt auch in kleineren Unternehmen<br />

angekommen ist.<br />

Die Angreifer der Logistik aus der<br />

Plattformökonomie sind ungewöhnlich<br />

gut finanziert, zum Teil<br />

mit über einer Milliarde US-Dollar.<br />

Können da deutsche Unternehmen<br />

überhaupt mitgehen?<br />

» Viele setzen jetzt auf Open Source,<br />

um einheitliche Standards und eine<br />

gemeinsame Basis zu schaffen.«<br />

Die großen Logistikunternehmen<br />

setzen zwar auf Plattformen, doch<br />

sie werden den Durchbruch nicht<br />

alleine schaffen. Die finanzielle<br />

Ausstattung der chinesischen und<br />

amerikanischen Angreifer ist viel<br />

zu hoch. Einzelunternehmen in<br />

Deutschland oder in Europa<br />

werden Schwierigkeiten haben,<br />

eine weltweit verbreitete Plattform<br />

umzusetzen. Dafür fehlen<br />

Markmacht und Ressourcen.<br />

Außerdem wird oft vergessen,<br />

dass B2B­Logistik sehr komplexe<br />

Software­Lösungen voraussetzen,<br />

die nicht kurzfristig entwickelt<br />

werden können. Auch das wird ein<br />

einzelnes Unternehmen überfordern.<br />

Da ist es aus meiner Sicht<br />

sehr sinnvoll, auf föderale<br />

Open­Source­Plattformen wie<br />

International Data Spaces und<br />

Gaia­X zu setzen, an denen jeder<br />

teilnehmen kann – auch der<br />

Mittelstand.<br />

Wie ist denn der Digitalisierungsgrad<br />

in den<br />

Logistikunternehmen?<br />

Die Logistikbranche ist geradezu<br />

perfekt zu digitalisieren und<br />

entsprechend weit vorangeschritten.<br />

Denn die einzelnen Logistikprozesse<br />

sind vergleichsweise<br />

einfach, lediglich die Vernetzung<br />

und das Zusammenspiel erzeugen<br />

Komplexität, was wiederum ein<br />

guter Ansatzpunkt für Künstliche<br />

Intelligenz und Machine Learning<br />

ist – angefangen bei autonomen<br />

Fahrzeugen bis hin zu Data<br />

Analytics.<br />

Die meisten Unternehmen haben<br />

diese Entwicklung erkannt und so<br />

vollzieht sich in der Logistik ein<br />

grundsätzlicher Wandel, der auch<br />

die Verlader betrifft. Viele setzen<br />

jetzt auf Open Source, um einheitliche<br />

Standards und eine gemeinsame<br />

Basis zu schaffen. Wir<br />

werden schon sehr bald die ersten<br />

Unternehmen sehen, die ihre<br />

Transportverträge automatisch<br />

verhandeln, mit Blockchain<br />

bezahlen und Prozesse mit Hilfe<br />

künstlicher Intelligenz organisieren<br />

und orchestrieren.<br />

In vielen Branchen hat die<br />

Corona-Krise einen Digitalisierungsschub<br />

ausgelöst. Wie stark<br />

war dieser Schub in der Logistik?<br />

Krisen zwingen Menschen ihre<br />

Komfortzone zu verlassen. Sie<br />

setzen Kreativität frei, um den<br />

eigenen Lebensstandard zu<br />

sichern. Das ist der Grund, warum<br />

Gesellschaften immer gestärkt aus<br />

Krisen hervorgehen. Logistikunternehmen<br />

haben den entscheidenden<br />

Impuls erhalten, über<br />

Innovation nachzudenken. Bisher<br />

wurde Digitalisierung von vielen<br />

kleinen und mittelgroßen Unternehmen<br />

beiseitegeschoben. Das<br />

hat sich jetzt geändert, Digitalisierung<br />

wird ernst genommen.<br />

Mein Rat ist: Ruhe bewahren.<br />

Liquidität sichern, Chancen<br />

nutzen. Es wäre falsch, überstürzt<br />

in irgendwelche digitalen Technologien<br />

zu investieren, denn die<br />

Logistik muss die Digitalisierung<br />

strategisch umsetzen. Wer diesen<br />

Weg konsequent beschritten hat,<br />

ist besser durch die Krise gekommen.<br />

Das ist deutlich im Markt zu<br />

sehen und hat zahlreiche Unternehmen<br />

aufgeweckt.<br />

TRENDBOOK SMARTER LOGISTIK 6


1.<br />

Top-Digitalisierungstrends<br />

in der Logistik


Top-Digitalisierungstrends<br />

in der Logistik<br />

Deutschland ist Logistik-Weltmeister. Drei der zehn weltweit größten Logistik-Unternehmen<br />

kommen aus Deutschland. Doch Tech-Unternehmen wie Flexport, Convoy<br />

oder Manbang greifen die Branche an. Das Gegenmittel ist die Digitalisierung. Diese<br />

Top 10 Logistik-Trends beschleunigen die digitale Transformation:<br />

Logistik in der Krisendynamik –<br />

digitale Vorreiter sind widerstandsfähiger<br />

„Wir schauen auf einen mehrmonatigen Systembruch”,<br />

sagt Prof. Dr. Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender<br />

der Bundesvereinigung Logistik (BVL)<br />

in einem Interview mit dem Fachmagazin BUSINES-<br />

S+LOGISTIK. Die Situation sei bestimmt durch<br />

punktuelle Nachfragesteigerung bei Lebensmitteln<br />

oder Medizin, denen drastische Einbrüche bei<br />

Gastronomie und Produktion gegenüberstanden.<br />

„Die negativen Effekte überwogen bei<br />

weitem, weil die zu bewegenden Volumina<br />

kurzfristig zwischen 30 und 50 Prozent und<br />

manchmal noch mehr zurückgegangen sind.”<br />

Die weltumspannenden Wertschöpfungsketten und<br />

­netzwerke waren zerrissen. Mit dem derzeitigen<br />

Anlauf der Produktion schließen sich viele Lieferketten<br />

wieder. Das braucht Zeit, aber die globale<br />

Teileversorgung kommt langsam wieder in Gang.<br />

Eine Stabilisierung ist nach Meinung Wimmers erst<br />

Ende 2020 oder Anfang des Folgejahres zu erwarten.<br />

Der EU­Binnenmarkt wird an Relevanz gewinnen,<br />

um Versorgungssicherheit und Stabilität durch<br />

kürzere Lieferketten zu erlangen. Die Logistikbranche<br />

muss sich breiter aufstellen, für mehr Krisensicherheit,<br />

mehr Resilienz und für eine ökologische<br />

Nachhaltigkeit.<br />

The COVID-19 pandemic will severely impact growth across all regions.<br />

Projections<br />

(real GDP, annual percent change) 2019 2020 2021<br />

World Output 2,9 -3,0 5,8<br />

Advanced Economies 1,7 -6,1 4,5<br />

United States 2,3 -5,9 4,7<br />

Euro Area 1,2 -7,5 4,7<br />

Germany 0,6 -7,0 5,2<br />

France 1,3 -7,2 5,2<br />

Italy 0,3 -9,1 4,8<br />

Spain 2,0 -8,0 4,3<br />

Japan 0,7 -5,2 3,0<br />

United Kingdom 1,4 -6,5 4,0<br />

Canada 1,6 -6,2 4,2<br />

Other Advanced Economies 1,7 -4,6 4,5<br />

Die schlimmste Rezession seit der Großen Depression (Quelle)<br />

TRENDBOOK SMARTER LOGISTIK<br />

8


„Die Konsequenz ist eine Streuung und Minderung des Risikos durch Dual<br />

oder Multiple Sourcing, durch Verlagerung von Vorprodukten in den unmittelbaren<br />

räumlichen Zugriff und durch Erhöhung der Lagerbestände. Es geht um<br />

eine Abwägung von Effzienz- und Risikokriterien mit dem Ziel, die Lieferketten<br />

robuster zu gestalten. Doch wenn wir Wertschöpfungsketten auf Westeuropa<br />

„lokalisieren”, müssen wir, müssen die Verbraucher/innen bereit sein, das<br />

Doppelte bis Dreifache für Systeme und Komponenten zu bezahlen.”<br />

Prof. Dr. Thomas Wimmer, BVL<br />

Die Einschlagstiefe der Krise, ihre Dauer und die<br />

Erholungsdynamik lässt sich an der Transportlogistik<br />

verdeutlichen.<br />

» Einschlagskraft: Eingeschränkte Handelsströme<br />

und stark verringerte Kapazitäten bei Schiffs­ und<br />

Lufttransport treffen auf eine hohe Nachfrage<br />

nach unverzichtbaren Gütern aus dem Medizinund<br />

Lebensmittelbereich. Gleichzeitig quellen<br />

Lager durch die ausbleibende Nachfrage bei<br />

Konsumgütern über und in den Häfen stauen sich<br />

die Container.<br />

» Einschlagsdauer: Für die Seefracht erwarten<br />

Experten beispielsweise im Vergleich zum Beginn<br />

des Jahres 2020 einen leichten Rückgang um fünf<br />

bis zehn Prozent. Das Transportgeschäft verändert<br />

sich auch in der Luftfracht, die in den kommenden<br />

Monaten durch verringerte Kapazitäten in den<br />

verschiedenen Märkten geprägt sein wird.<br />

» Erholungsdynamik: Unternehmen müssen sich<br />

auf längere Transitzeiten einstellen, da es Jahre<br />

dauern wird, bis das Niveau von 2019 wieder<br />

erreicht wird. Zusätzlich wird die Industrie<br />

zunehmenden Druck auf die gesamte Transportbranche<br />

ausüben, um ihre Kostenbilanzen zu<br />

optimieren.<br />

Digitale Vorreiter kommen besser durch die Krise<br />

– ein wichtiges Ergebnis unseres „<strong>Trendbook</strong><br />

<strong>Smarter</strong> Enterprise. X mal schneller aus der Krise”.<br />

Wir haben dort Unternehmen aus aller Welt untersucht,<br />

die in der Krise ihre Chance ergriffen haben.<br />

Eine entscheidende Erkenntnis: Je höher der<br />

digitale Reifegrad eines Unternehmens, desto mehr<br />

Widerstandskraft hat es in Krisensituationen. Das<br />

gilt insbesondere für Logistiker, die jederzeit in der<br />

Lage sind, Waren zu verfolgen und Störungen in der<br />

Warenströmen vorauszusehen.<br />

TRENDBOOK SMARTER LOGISTIK<br />

9

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