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Studienmaterial zum Lehrgebiet - Sportwissenschaftliche Fakultät ...

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<strong>Studienmaterial</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lehrgebiet</strong><br />

Erarbeitet von:<br />

Dr. Hans-Ulrich Schmidt<br />

Verantwortlicher Rudern<br />

BTW der Sportarten<br />

- Wasserfahrsport –<br />

<strong>Sportwissenschaftliche</strong> <strong>Fakultät</strong><br />

Leipzig 2001


2<br />

Inhaltsverzeichnis Seite<br />

1. Gerätekunde .................................................................................. 4<br />

1.1 Bootsarten und Bootsgattungen ..................................................... 4<br />

1.2 Ruderwerk ...................................................................................... 6<br />

1.3 Steuer und Steuerplatz .................................................................. 7<br />

1.4 Riemen und Skull ........................................................................... 8<br />

2. Trimmen ......................................................................................... 9<br />

2.1 Eintauchtiefe .................................................................................. 9<br />

2.2 Stemmbretteinstellung .................................................................... 10<br />

2.3 Dollenhöhe ..................................................................................... 10<br />

2.4 Anlage ............................................................................................. 11<br />

2.5 Übersetzungsverhältnis ................................................................... 11<br />

3. Rudertechnik ................................................................................... 12<br />

3.1 Struktur der Ruderbewegung .......................................................... 12<br />

3.2 Technik des Skullens ...................................................................... 13<br />

3.2.1 Grifffassung und Skullführung ......................................................... 13<br />

3.2.2 Technisches Leitbild ........................................................................ 14<br />

3.2.3 Elementare Merkmale des Ruderschlages ..................................... 16<br />

3.2.4 Kurshalten ....................................................................................... 16<br />

4. Ruderkommandos ........................................................................... 17<br />

5. Methodik .......................................................................................... 18<br />

5.1 Zielstellung der Ausbildung ............................................................. 18<br />

5.2 Methodische Schritte ....................................................................... 19<br />

5.2.1 Bekanntmachen mit dem Gerät ...................................................... 19<br />

5.2.2 Handhabung und Zu-Wasser-Bringen des Bootes ......................... 20<br />

5.2.3 Ein- und Aussteigen und vorbereitende Tätigkeiten ....................... 20<br />

5.2.4 Bootsgewöhnungsübungen ............................................................ 22<br />

5.2.5 Skullen mit aufrechten Blättern ....................................................... 23<br />

5.2.6 Skullen mit Blattdrehung ................................................................. 23<br />

5.2.7 Fehler, Ursachen und Abhilfe ......................................................... 24<br />

5.2.8 Erlernen der Bootsmanöver ............................................................ 27<br />

6. Wanderrudern ................................................................................. 29<br />

6.1 Material und Zubehör ...................................................................... 29<br />

6.1.1 Boote .............................................................................................. 29<br />

6.1.2 Zubehör und andere wichtige Ausrüstungsgegenstände ............... 30


6.2 Vorbereitung der Wanderfahrt ........................................................ 30<br />

6.3 Fahrtdurchführung .......................................................................... 30<br />

6.3.1 Bootsobmann und Mannschaften .................................................. 30<br />

6.3.2 Gepäck und Beladen der Boote ..................................................... 31<br />

6.3.3 Fahrtordnung .................................................................................. 31<br />

6.3.4 Tageseinteilung und Rast ............................................................... 31<br />

6.3.5 Schleusen ....................................................................................... 32<br />

6.3.6 Verhalten bei Wind und Wellen ...................................................... 32<br />

6.3.7 Verhalten bei Kenterung und Vollschlagen .................................... 33<br />

6.4 Einige grundsätzliche Hinweise ...................................................... 33<br />

7. Wettkampfrudern ............................................................................ 33<br />

8. Zur historischen Entwicklung des Rudersports ............................... 34<br />

8.1 Zur Entwicklung des Frauenruderns ............................................... 36<br />

8.2 Zur Entwicklung des Rennruderns .................................................. 36<br />

9. Literatur ........................................................................................... 40<br />

3


1. Gerätekunde<br />

1.1 Bootsarten und Bootsgattungen<br />

4<br />

Nach der Bauweise und dem Zweck unterscheidet man zwei Arten von Ruderbooten.<br />

Rennboote und Gigs (Übungsboote)<br />

Entsprechend der Antriebsweise trennt man innerhalb jeder Art in Skullboote<br />

und Riemenboote.<br />

Ruderboote<br />

Skullboote Riemenboote<br />

Antrieb doppelseitig Antrieb einseitig durch<br />

Durch zwei Ruder (Skull) ein Ruder (Riemen)<br />

Kombinierte Boote<br />

- für Übungszwecke mit Doppeldolle –<br />

Für die Bezeichnung der einzelnen Boote wird der Begriff Bootsgattungen ver-<br />

wendet.<br />

Bei den Renbooten werden folgende Bootsgattungen gefahren:<br />

Frauen Männer<br />

Skullboots- Einer (1 x) Einer (1 x) 1)<br />

gattungen Doppelzweier (2 x) Doppelzweier (2 x)<br />

Doppelvierer (4 x) Doppelvierer (4 x)<br />

o. Stfr. o. Stm.<br />

Riemenboots- Zweier o. Stfr. (2 -) Zweier o. Stm. (2 -)<br />

gattungen Vierer o. Stfr. (4 -) Zweier m. Stm. (2 +)<br />

Achter (8 +) Vierer o. Stm. (4 -)<br />

Vierer m. Stm. (4 +)<br />

Achter (8 +)<br />

_________<br />

1)<br />

Kürzel für die Bootsgattungen


5<br />

Nach den Bestimmungen der Internationalen Vereinigung der Ruderverbände<br />

(FISA) sind für Rennboote keinerlei bestimmte Abmessungen jedoch Mindestgewichte<br />

vorgeschrieben.<br />

Abmessung und Bootsmassen der Rennboote<br />

Bootsgattung Länge (m) 1) Breite (m) 1) Bootsgattung Bootsmassen (kg)<br />

Mindestgewicht<br />

1 x 8.00 0.29 1 x 14.0<br />

2 x und 2 - 9.90 0.35 2 x 26.0<br />

2 + 10.00 0.35 2 - 27.0<br />

2 – und 4 x 12.50 0.49 2 + 32.0<br />

4 + 13.25 0.49 4 x 52.0<br />

8 + 17.00 0.57 4 - 50.0<br />

4 + 51.0<br />

8 + 93.0<br />

1) Bei Länge und Breite handelt es sich um Orientierungswerte, die nicht eingehalten<br />

werden müssen!<br />

Rennboote und Gigs unterscheiden sich durch folgende wesentliche Merkmale:<br />

- Breiter, kürzer, schwerer<br />

- Außen und Innenkiel<br />

- Durchgehende Dollbordplanke<br />

- Offener Bootsraum<br />

(oder teilweise Verdeck)<br />

- Decksprung<br />

- Hecksteuer<br />

Gig Rennboot<br />

- Schmaler, länger, leichter<br />

- Innenkiel und Flosse<br />

- Waschbord und Wellenbrecher<br />

- Luftkästen Bug und Heck<br />

- Kielsprung<br />

- Flossensteuer<br />

Die Gigs sind genormt und unterliegen festgelegten Bauvorschriften. Nach den<br />

Konstruktionsmerkmalen und festgelegten Mustern werden die Gigs in die Arten<br />

A, B, C, D und E unterteilt.


6<br />

Bauarten der Übungsboote<br />

A B C D E<br />

geklinkert o,78 m breit glatte Außenhaut 0,90 m breit<br />

(Schalenbauweise) - parallele Bordwände<br />

- glatte Außenhaut<br />

1 m breit<br />

Die angegebenen Maße sind für Zweier und Vierer zutreffend. Bei den geklinkerten<br />

Booten (A,B) sind Planken dachziegelförmig übereinandergesetzt und an<br />

den Spanten befestigt. Diese Boote sind sehr materialaufwendig und sehr<br />

schwer. Sie werden in Deutschland nicht mehr gebaut.<br />

Bei den Schalenbooten wird die Außenhaut aus Sperrholz oder Kunststoff gefertigt.<br />

1.2 Ruderwerk<br />

Die Ruderplätze im Boot sind vom Bug <strong>zum</strong> Heck hin durchnumeriert, d. h.,<br />

Platz 1 ist der Bugplatz. Der gesamte Ruderplatz hat eine Länge von 1,30 m in<br />

der Gig und 1,40 m im Rennboot. Er setzt sich zu gleichen Teilen aus dem Fußraum<br />

und dem Rollraum zusammen.<br />

Als Ruderwerk werden alle Teile am Ruderplatz bezeichnet, die zur Bewegungsausführung<br />

notwendig sind.<br />

Zum Ruderwerk gehören:<br />

- Rollbahn<br />

- Rollsitz<br />

- Stemmbrett<br />

- Ausleger<br />

- Dollen<br />

Am Rollsitz angebrachte Sicherungswinkel greifen unter die Rollbahnen und<br />

verhindern das Herausfallen beim Drehen des Bootes oder beim Kentern. Das<br />

Stemmbrett kann entsprechend der Beinlänge des Ruderers verstellt werden.


7<br />

Bei den Auslegern gibt es sehr unterschiedliche Formen, die auch verschiedenartig<br />

am Boot befestigt sind. Sie werden überwiegend aus Leichtmetallrohr oder<br />

bei Rennbooten auch aus hochfesten Kunststoffen gefertigt.<br />

Bei den Dollen unterscheidet man:<br />

- Skulldollen<br />

- Riemendollen<br />

- Doppeldollen<br />

Skull- und Riemendollen bei Rennbooten haben immer einen Sicherungsbügel,<br />

mit dem die Dollen geschlossen werden. Doppeldollen gibt es nur bei den Gigs.<br />

Sie haben den Vorteil, dass damit geriemt und geskullt werden kann.<br />

1.3 Steuer und Steuerplatz<br />

Bei den Steuern unterscheidet man zwischen Hecksteuer und Flossensteuer.<br />

Die Hecksteuer werden durch entsprechende Halterungen am Boot befestigt.<br />

Da sie nur mit einem kleinen Teil der Fläche im Wasser sind, haben sie einen<br />

ungünstigen Wirkungsgrad.<br />

Bei Rennbooten werden ausschließlich<br />

Flossensteuer (Abb. 1) verwendet.<br />

Dieses Steuer ist voll vom Wasser umgeben,<br />

und dadurch erhöht sich der<br />

Wirkungsgrad bei Steurerausschlägen<br />

erheblich.<br />

Der Sitz des Steuerplatzes im Rennboot<br />

soll so tief wie möglich sein, damit<br />

eine günstige Schwerpunktlage des<br />

Bootes erreicht und der Luftwiderstand<br />

des Steuermanns verringert wird.<br />

Abb. 1: Heckwärts versetztes<br />

Flossensteuer<br />

Deshalb ist die liegende Unterbringung des Steuermannes im vorderen Luftkasten<br />

des 2 + und des 4 + am günstigsten.


1.4 Riemen und Skull<br />

Der Ausdruck „Riemen“ stammt aus dem Lateinischen:<br />

remus = Ruder, remigo = ich rudere.<br />

8<br />

Dagegen ist „Skull“ dem Englischen shell = Muschel entlehnt.<br />

Für Riemen und Skull verwenden wir den Begriff „Ruder“. Im Gegensatz dazu<br />

werden im Segelsport und in der Schifffahrt ausschließlich die Steuer als „Ruder“<br />

bezeichnet.<br />

Abb. 2: Bezeichnungen der Teile von Riemen und Skull (a),<br />

Querschnitte durch den hohlen Schaft (b),<br />

Neuere Ruder aus Kohlefaser (c)


9<br />

Die Bezeichnungen der Teile des Ruders sind in Abb. 2 angegeben. Für den<br />

Klemmring, früher aus Aluminium, wird heute nur noch Kunststoff verwendet.<br />

Die Manschette unter dem Klemmring schützt das Ruder bei der Ruderbewegung.<br />

Die Länge der Riemen liegt zwischen 3.78 und 3.85 m, die der Skull zwischen<br />

2.94 und 3.00 m je nach Altersklasse (Jugend und Senioren) und Geschlecht.<br />

Kinderskull sind 2.85 m lang. Die Abmessungen der Blätter sind für Schüler,<br />

Jugendliche, Männer und Frauen unterschiedlich.<br />

2. Trimmen<br />

Der Begriff Trimmen entstammt der Seefahrt. Im Rudersport versteht man unter<br />

Trimmen die Anpassung des Ruderplatzes an die individuellen Besonderheiten<br />

des einzelnen Sportlers. Er soll sich auf seinem Platz wohlfühlen und seine<br />

Kraft voll <strong>zum</strong> Antrieb des Bootes einsetzen können.<br />

Die Haupttätigkeiten beim Trimmen sind:<br />

- Ausmessen der Eintauchtiefe des Bootes bei voller Besatzung (Dollenhöhe<br />

über Wasser)<br />

- Einrichten der Stemmbretteinstellung nach der Beinlänge<br />

- Kontrolle der Dollenhöhe über Sitz<br />

- Überprüfung der Anlage des Blattes<br />

- Einstellen des Übersetzungsverhältnisses entsprechend der Konstitution<br />

und des Trainingszustandes des Ruderers sowie der äußeren Bedingungen<br />

2.1 Eintauchtiefe<br />

Jedes Boot hat dann den geringsten Wasserwiderstand, wenn es genau bis zur<br />

berechneten Konstruktionswasserlinie (KWL) eintaucht. Deshalb werden Boote,<br />

vor allen Dingen Rennboote, für bestimmte Mannschaftsmassen konstruiert.<br />

Damit ist dann auch gewährleistet, dass ein entsprechender Abstand zwischen<br />

Eintauchtiefe/Wasserlinie und der Auflage der Ruder in der Dolle vorhanden ist.


10<br />

Um einen einwandfreien Durchzug zu ermöglichen, muss dieser Abstand beim<br />

Skullen 20,5 cm und beim Riemenrudern 22 cm betragen.<br />

Diese Maße lassen sich leicht mit einem Messstreifen von der Wasseroberfläche<br />

bis zur Oberkante der Dollenauflage kontrollieren.<br />

2.2 Stemmbretteinstellung<br />

Das Stemmbrett nimmt den Beinstoß auf. Je weiter das Stemmbrett von der<br />

Rollbahn entfernt eingestellt ist, um so größer ist der Arbeitssektor vor (bugwärts)<br />

der Dolle. Der Endzug dagegen wird kürzer. Umgekehrt wird der Endzug<br />

länger, wenn das Stemmbrett näher <strong>zum</strong> Rollbahngerüst eingestellt wird. Die<br />

Stemmbretteinstellung beim Skullen ist dann richtig, wenn man in der Rücklage<br />

mit abgespreizten Daumen am Körper vorbeiziehen kann.<br />

2.3 Dollenhöhe<br />

Als Dollenhöhe wird der vertikale Abstand der Dolle über der Rollsitzebene bezeichnet.<br />

Der Normalwert der Dollenhöhe über Rollsitz beträgt<br />

- bei Riemenbooten 15,0 cm,<br />

- bei Skullbooten 13,5 cm (80 kg ∅ Masse) bzw. 15,5 cm (über 80 kg ∅ Mas-<br />

se)<br />

Die Messpunkte sind einmal der tiefste Punkt der Rollsitzfläche, <strong>zum</strong> anderen<br />

die für das Ruder bestimmte Auflagefläche der Dolle. Beim Messen muss der<br />

Rollsitz am heckwärtigen Ende der Rollbahn stehen.<br />

Zum Messen der Dollenhöhe verwendet<br />

man in der einfachen Form eine<br />

gerade Leiste mit einem rechten Winkel<br />

an einem Ende (Abb. 3).<br />

Der Abstand Bordwand bis zur Dolle<br />

wird am rechten Winkel gemessen.<br />

Der Abstand Rollsitz bis Unterkante<br />

der Leiste muss zusätzlich an einem<br />

Maßstab abgelesen werden.<br />

Abb. 3: Messen der Dollenhöhe über<br />

Rollsitz Die beiden Höhen a<br />

und b ergeben die Dollenhöhe.


2.4 Anlage<br />

11<br />

Bekanntlich steht das Blatt nicht senkrecht im Wasser. Die Abweichung von der<br />

Senkrechten wird mit dem Begriff Anlage bezeichnet. Mit Hilfe dieser Schrägstellung<br />

(die obere Kante ist dabei heckwärts geneigt) wird eine optimale Führung<br />

des Blattes im Wasser erreicht, so dass das Blatt sich immer prarallel zur<br />

Wasseroberfläche bewegen kann. Der Normalwert wird mit 8° (Dolle 4°, Ruder<br />

4°) angegeben. Das Nachmessen der Anlage erfolgt an Land mit Hilfe einer<br />

Anlagenlehre oder eines Lotes. Wird mit einem Lot gearbeitet, muss das Boot<br />

waagerecht auf den Böcken liegen. Ein Sportler drückt den Riemen oder das<br />

Skull gegen die Dolle, ein zweiter misst mit Hilfe eines von der oberen Blattkante<br />

herabhängenden Lotes und eines Maßes, das an der unteren Blattkante<br />

waagerecht angelegt wird, die Abweichung von der Senkrechten.<br />

Diese Abweichung hängt von der Blattbreite ab und soll bei normal breitem Blatt<br />

folgende Werte haben:<br />

Skullen 1,8 – 2,2 cm<br />

Riemenrudern 2,5 – 3,0 cm<br />

2.5 Übersetzungsverhältnis<br />

Der Dollenabstand (Mitte Boot bis Mitte Dollenstift) beträgt im Skullboot 78 cm.<br />

Für die einzelnen Riemenbootsgattungen gibt es unterschiedliche Werte (83,0<br />

cm – 85,5 cm).<br />

Der Dollenstift ist am Ausleger vertikal angebracht und trägt den Dollenkörper.<br />

Auf Grund des festgelegten Dollenabstandes ergibt sich ein entsprechendes<br />

Übersetzungsverhältnis (Innenhebel zu Außenhebel). Um eine störungsfreie<br />

Ruderbewegung zu gewährleisten müssen Innenhebel und Dollenabstand in<br />

einem direkten Verhältnis zueinander stehen. Die Länge des Innenhebels muss<br />

stets um folgende Werte größer sein als der Dollenabstand:<br />

Skullen 8 cm<br />

Riemenrudern 30 cm


3. Rudertechnik<br />

3.1 Struktur der Ruderbewegung<br />

12<br />

Rudern gehört zu den zyklischen Sportarten, d. h. es gehen gleichartige Bewegungen<br />

im fließenden Wechsel zwischen Spannung und Entspannung ineinander<br />

über.<br />

- Schlag oder Schlagzyklus nennt man den aus zwei Phasen, Haupt- und<br />

Zwischenphase (auch Antriebs- und Freilaufphase genannt), bestehenden<br />

Bewegungsablauf mit je einer bug- und heckwärts gerichteten Bewegung<br />

des Ruderers und des Ruders (Abb. 4).<br />

- Durchzug = Haupthase/Antriebsphase<br />

- Freilauf = Zwischenphase/antriebsfreie Phase<br />

- Das Wasserfassen / vordere Bewegungsumkehr und das Ausheben der<br />

Blätter / hintere Bewegungsumkehr sind die beiden Phasen verbindenden<br />

Übergänge, die man zur Zwischenphase rechnet. Diese Umkehrpunkte der<br />

Ruderbewegung sind fließend und harmonisch zu gestalten, weil der zügige<br />

Lauf des Bootes davon abhängt.<br />

Abb. 4: Phasenstruktur der Ruderbewegung:<br />

A – Hauptphase (Antrieb), Z – Zwischenphase<br />

(a – Ausheben, F – Freilauf, b – Wasserfassen),<br />

B – Bewegungsrichtungen des Ruderers


13<br />

- Rhythmus nennt man beim Rudern den ständigen Wechsel von Spannung<br />

und Entspannung, von Durchzug und Freilauf, die stets in einem bestimmten<br />

zeitlichen Verhältnis zueinander stehen. Rationell ist das Verhältnis dann,<br />

wenn die hohe Geschwindigkeit in der Freilaufphase voll zur Entfaltung<br />

kommen kann und der neue Antrieb jeweils erfolgt, bevor die Geschwindigkeit<br />

zu weit absinkt. In jedem Fall muss jedoch der Durchzug (Spannung)<br />

kürzer sein als der Freilauf (Entspannung), wenn der Bewegungsablauf<br />

ökonomisch sein soll.<br />

3.2 Technik des Skullens<br />

Die wesentlichen Merkmale der Rudertechnik werden am Beispiel des Skullens<br />

dargestellt, da die Anfängerausbildung stets mit dem Skullen beginnt.<br />

Sie gelten gleichermaßen für das Riemenrudern.<br />

3.2.1 Griffassung und Skullführung<br />

Beide Hände fassen die Skulls am äußersten<br />

Ende der Innenhebel (Griff). Die<br />

Daumen drücken gegen das Griffende<br />

(Hirnholz). Sie bewirken und kontrollieren<br />

ständig das sichere Anliegen des<br />

Klemmringes an der Dolle (Abb. 5).<br />

Bei aufgedrehtem Blatt (Durchzug) wird<br />

der Griff nur locker mit den Fingern umfasst.<br />

Dabei bilden Handrücken und<br />

Unterarm eine Ebene, das Handgelenk<br />

ist gerade, nicht abgewinkelt.<br />

Abb. 5: Grifffassen am Skull<br />

a - falsch<br />

b – richtig<br />

- Da sich die Griffe der Skulls im Mittelzug überlappen, wird die rechte Hand<br />

etwas vor und unter der linken Hand geführt, d. h. die rechte Hand ist dem<br />

Körper näher. Diese Handführung gilt auch für die Freilaufphase.


14<br />

3.2.2 Rudertechnik/Technisches Leitbild<br />

Vordere Bewegungsumkehr<br />

- weite, leicht vorgespannte Körpervorlage<br />

- volle Nutzung der Rollbahn, Unterschenkel senkrecht<br />

- natürlich gestreckte Arme und leicht vorgeschobene Schultern<br />

- durch leichtes Anheben der Arme völlig aufgedrehte Blätter nahe<br />

ans Wasser bringen<br />

- schnelles, spritzerarmes Eintauchen der Blätter<br />

Vorderzug<br />

- ganzkörperliche Einspannung zwischen Stemmbrett<br />

und Innenhebel<br />

- sofortige Druckaufnahme durch gleichzeitiges Strecken von Knie und Hüfte<br />

- Übertragung der Bein- und Rumpfkräfte über die gestreckten Arme auf den<br />

Innenhebel<br />

- achsengerechte Kopfhaltung<br />

Mittelzug<br />

- Weiterführung der Beinstreckung<br />

mit zunehmenden Rumpfeinsatz<br />

- Beginn des Armzuges, wenn Hände etwa auf Kniehöhe (Orthogonalstellung)<br />

- rechte Hand zieht unter und etwas vor der linken Hand<br />

- achsengerechte Kopfhaltung<br />

Endzug<br />

- weitere Rücknahme des Oberkörpers bis<br />

etwa 115°<br />

- volle Beugung der Arme und Zurücknahme der Schultern<br />

- Zugrichtung <strong>zum</strong> unteren Rippenbogen<br />

- Fixierung des Oberkörpers in der Rücklage


Hintere Bewegungsumkehr<br />

15<br />

- Fixierung des Oberkörpers in der Rücklage<br />

- Herunterdrücken der Innenhebel und Abkippen der Hände<br />

(beide Bewegungen gehen ineinander über)<br />

- Sofortiges Weiterführen der Hände über die Knie<br />

(Hände weg – so schnell wie sie herangezogen wurden)<br />

Vorrollen<br />

- Oberkörper folgt der Bewegung<br />

der Hände (Handführung wie beim Durchzug)<br />

- Rollbeginn, wenn Oberkörper senkrecht<br />

- gleichmäßiges und gleichzeitiges Beugen von Knie und Hüfte<br />

- freies Führen der Blätter über dem Wasser<br />

- gleichmäßiges Strecken der Handgelenke (Aufdrehen)<br />

- weiches Abbremsen der Rollbewegung


16<br />

3.2.3 Elementare Merkmale des Ruderschlages<br />

1. Langer Ruderschlag<br />

Vordere Bewegungsumkehr gleich Einsatz des Blattes; Blatt bleibt bis zur<br />

hinteren Bewegungsumkehr voll untergetaucht<br />

2. Schnelles Wasserfassen und sofortige Druckaufnahme<br />

3. Aufsteigende Übertragung hoher Muskelzugspannung bei vollgetauchtem<br />

Blatt (Knie-Hüftstreckung, Rumpf-, Arm- und Schultereinsatz); die Bewegung<br />

des Blattes im Wasser- und die Schwallbildung vor dem Blatt geben<br />

Orientierungen für die aufsteigende Kraftübertragung<br />

4. Wenig Vertikalbewegung von Oberkörper und Armen während der gesamten<br />

Ruderbewegung<br />

5. Einhaltung eines effektiven Bewegungsrhythmus. Dies betrifft sowohl das<br />

Verhältnis von Schlagfrequenz und Vortrieb, Durchzug und Freilauf sowie<br />

„Hände weg“ und Rollen.<br />

6. Widerstandsarme Ausführung der Umkehrphasen und des Freilaufs<br />

7. Gestaltung der gesamten Ruderbewegung im Durchzug und Freilauf mit<br />

gleichförmiger Geschwindigkeit bzw. Beschleunigung. Große Geschwindigkeitsspitzen<br />

sind zu vermeiden.<br />

8. Gute mannschaftsinterne Koordination bei der Wasser- und Körperarbeit<br />

3.2.4 Kurshalten<br />

- Es ist Bestandteil einer optimalen Rudertechnik. Bei normalen äußeren Bedingungen<br />

wird es durch gleichmäßiges Ziehen auf beiden Bootsseiten erzielt.<br />

- Besatzungen steuermannsloser Boote orientieren sich nach ihrem Kielwasser,<br />

nach dem Ufer und auf Seen über 2 Fixpunkte. Auf verkehrsreichen<br />

Gewässern ist das Umsehen unumgänglich, zweckmäßigerweise kurz vor<br />

dem Ausheben der Blätter<br />

- Kurskorrektur erfolgt durch kräftiges Ziehen auf einer Bordseite, bzw. durch<br />

die Betätigung des Steuers.


4. Ruderkommandos<br />

17<br />

Die folgenden Kommandos sollten einheitlich von allen Ruderern angewandt<br />

werden und verbindlich für die Steuerleute sein.<br />

Auszuführende Tätigkeit<br />

Ankündigungskommando<br />

Tragen des Bootes Boot hebt<br />

zu Wasser<br />

in die Halle<br />

in die Lager<br />

Drehen des Bootes Mannschaft<br />

Boot zur Brust<br />

Kiel<br />

Ausführungskommando<br />

- hoch!<br />

- marsch!<br />

- marsch!<br />

- ab!<br />

- halt!<br />

- hoch!<br />

(Bezeichnung der Seite, nach<br />

der der Kiel bewegt wird)<br />

- dreht zur Brücke!<br />

(o.dgl.)<br />

Anordnung<br />

Auf Ausleger achten<br />

Oberschenkel unter<br />

das Boot<br />

Einsetzen des Bootes setzt - ab! Auf Kiel halten!<br />

Ein- und Aussteigen fertigmachen <strong>zum</strong><br />

Einsteigen<br />

fertigmachen <strong>zum</strong><br />

Aussteigen<br />

- steigt ein!<br />

- steigt aus!<br />

Vorwärtsrudern alles vorwärts - los! Fertigmeldung abwarten!<br />

Rudern beenden Ruder<br />

- halt!<br />

Blätter<br />

- ab!<br />

Stoppen im Anschluss<br />

an „Ruder halt!“<br />

stoppen - stoppt! Bei einseitigem<br />

Stoppen: Bordseite<br />

angeben!<br />

Rückwärtsrudern alles rückwärts - los!<br />

Wenden Wende über Steuerbord<br />

(Backbord)<br />

- los!


Auszuführende Tätigkeit<br />

Ruder parallel <strong>zum</strong><br />

Boot legen<br />

Ruder wieder vor den<br />

Körper führen<br />

18<br />

Ankündigungskommando<br />

Riemen (Skull)<br />

Riemen (Skull)<br />

Ausführungskommando<br />

- lang!<br />

- vor!<br />

Bei Wellen (Dampfer) Achtung, Wellen - hochscheren!<br />

Überziehen einer<br />

Seite<br />

z. B.: Backbord<br />

stärker, Steuerbord<br />

halbe Kraft!<br />

Weiterfahrt frei - weg!<br />

Verlangsamung der<br />

Fahrt<br />

- halbe Kraft!<br />

5. Methodik<br />

Anordnung<br />

Beim einseitigen<br />

Ausführen Bordseite<br />

angeben!<br />

Beim Erlernen der Rudertechnik gibt es verschiedene Möglichkeiten des methodischen<br />

Vorgehens. Die Zielstellung, die Voraussetzungen der Anfänger und<br />

die örtlichen Gegebenheiten sind dabei zu berücksichtigen.<br />

Kinder und Kugendliche sollten das Rudern so erlernen, dass sie künftig in verschiedenen<br />

Rennbootsgattungen das Skullen und Riemerudern beherrschen.<br />

Deshalb wird bei ihnen die Anfängerausbildung, bei günstigen örtlichen Voraussetzungen<br />

und entsprechenden Witterungsbedingungen, sofort im altersgemäßen<br />

Renneiner durchgeführt. Damit sind sie von Anfang an mit einem lagelabilen<br />

System vertraut.<br />

Bei Erwachsenen und ungünstigen örtlichen Bedingungen (Strömung, Schiffsverkehr,<br />

Wellen u. a.) wird die Anfängerausbildung in lagestabilen Gigs durchgeführt.<br />

Dieser Weg wird auch bei unserer Ausbildung beschritten.<br />

5.1 Zielstellung der Ausbildung<br />

Die Ruderausbildung erfolgt in Gig-Vierern mit Steuermann unter folgender<br />

Zielstellung:<br />

- Vertrautmachen mit Boot und Zubehör sowie Handhabung des Materials<br />

- stabile Rudertechnik bei mittlerem Krafteinsatz


19<br />

- Ausführung sämtlicher Bootsmanöver<br />

- Beherrschen der Ruderkommandos<br />

- Einführung in das Steuern<br />

- methodisches Vorgehen bei der Anfängerausbildung<br />

5.2 Methodische Schritte<br />

(1) Bekanntmachen mit dem Gerät<br />

(2) Handhabung und Zu-Wasser-Bringen des Bootes<br />

(3) Ein- und Aussteigen und vorbereitende Tätigkeiten<br />

(4) Bootsgewöhnungsübungen<br />

(5) Skullen mit aufrechten Blättern<br />

(6) Skullen mit Blattdrehung<br />

(7) Erlernen der Bootsmanöver<br />

5.2.1 Bekanntmachen mit dem Gerät<br />

- Erfassen der Hauptmerkmale zur Unterscheidung von Bootsarten und –<br />

gattungen (siehe Kap. 1)<br />

- Hinweise <strong>zum</strong> Wert des Bootsmaterials und <strong>zum</strong> sorgsamen Umgang<br />

- Erklären der Begriffe: Bug, Heck, Backbord, Steuerbord, Ausleger, Dolle,<br />

Stemmbrett, Rollsitz, Einsteigbrett<br />

- Erklären der Teile eines Skulls; Innen- und Außenhebel, Blatt, Blattrücken,<br />

Hals, Klemmring, Manschette mit darunterliegendem Keil, Griff<br />

- Hinweis zu Backbord- und Steuerbordskull und entsprechender Kennzeich-<br />

nung (Backbord – rot; Steuerbord – grün)<br />

- Fetten der Manschetten: gefettet wird an der Stelle, wo der Keil am dünsten<br />

ist und die Skulls beim Durchzug in der Dolle aufliegen<br />

- Tragen der Skulls: am Schwerpunkt, Blätter zeigen nach vorne<br />

- Ablegen der Skull am Steg mit dem Blattrücken nach oben; Manschetten<br />

dürfen nicht mit Sand in Berührung kommen.


20<br />

5.2.2 Handhabung und Zu-Wasser-Bringen des Bootes<br />

- Einteilen der Mannschaft: Jeder Ruderer erhält eine Nummer, beim Bug-<br />

mann mit 1 beginnend.<br />

- Tragen des Bootes: Nummer 3 und 4 tragen am Achterschiff, Nummer 1 und<br />

2 am Vorderschiff, der Steuermann oder Ausbilder am Bug. Auf das Kommando<br />

„Boot hebt – hoch“ wird das Boot aus dem Lager abgehoben und<br />

dann weggetragen.<br />

- Forderung beim Tragen: Gegenseitige Hilfe und Rücksichtnahme<br />

- Drehen des Bootes muss vor dem Einsetzen ins Wasser auf das Komman-<br />

do des Steuermanns erfolgen (vgl. Kap. 4)<br />

- Forderung beim Drehen des Bootes:<br />

� Genügend hochheben, damit die Dollen den Boden nicht berühren!<br />

� Zur Absicherung des Bootes Oberschenkel unterschieben!<br />

- Das Boot wird an der Gondelleiste getragen und über Kiel mit dem Heck<br />

zuerst ins Wasser geschoben. Dabei Boot auf Kiel halten, nicht seitlich abkippen<br />

lassen, damit die Bootshaut nicht beschädigt wird!<br />

- Einlegen der Skulls: freier Schenkel der Dolle muss <strong>zum</strong> Heck gedreht werden<br />

� Zuerst die landseitigen Skulls einlegen!<br />

� Skull mit flachgedrehtem Blatt am Hals in die Dolle einlegen, durchschieben<br />

bis der Klemmring an der Dolle anliegt; dann Blatt mit Rücken nach<br />

oben drehen, um Lackschicht zu schonen.<br />

� Die wasserseitigen Skulls werden nicht vollständig bis <strong>zum</strong> Klemmring an<br />

die Dolle geschoben, damit die Innenhebel auf dem stegseitigen Waschbord<br />

aufliegen können; Blattrücken nach unten!<br />

� Herausnehmen der Skulls erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.<br />

5.2.3 Ein- und Aussteigen und vorbereitende Tätigkeiten<br />

- Demonstrieren und Üben des Ein- und Aussteigens. Dabei Klemmringe bis<br />

an die Dolle schieben, äußere (wasserseitige) Hand fasst beide Griffe, innere<br />

(land- oder stegseitige) Hand ergreift den Waschbord. Der dem Boot nähere<br />

Fuß wird auf das Einsteigbrettchen gestellt. Dabei muss der Rollsitz


21<br />

bugwärts stehen (Abb. 6). Während das Körpergewicht über die Bootsmitte<br />

verlagert wird und der Ruderer sich behutsam über das Standbein auf den<br />

Sitz niederlässt, wird erst der stegseitige Fuß auf das Stemmbrett gesetzt,<br />

dann der andere (vgl. Abb. 7).<br />

Abb. 6: Beginn des Einsteigens Abb. 7: Niederlassen auf den Sitz<br />

- Verstellen der Stemmbretter. Vor dem Einstellen der Stemmbretter ist die<br />

Grundstellung zu erklären. Dabei sind die Beine und Arme fast gestreckt,<br />

der Oberkörper aufrecht in bequemer Haltung, die Hände mit den Griffen<br />

liegen dicht beieinander, die Blätter flach auf dem Wasser, lockere Grifffassung.<br />

Rechte Hand ist dem Körper näher als die linke und etwas unterhalb der linken.<br />

Diese Handführung gilt für Durchzug und Freilauf!<br />

� Die Kontrolle der Stemmbretteinstellung wird in der Endzugstellung bei<br />

senkrechtem Blatt durchgeführt.<br />

� Die Entfernung des Stemmbrettes ist entsprechend der Beinlänge so<br />

einzustellen, dass die am Griffende liegenden leicht abgespreizten Daumen<br />

den Körper in der Rücklage seitlich gerade berühren, wenn die<br />

Blätter völlig im Wasser sind.<br />

� Beim Verstellen liegen die Blätter flach auf dem Wasser und bewirken<br />

eine stabile Bootslage, wenn die Innenhebel zwischen Oberschenkel und<br />

Körper Halt finden. Die Füße werden auf das Dollbord gelegt.


22<br />

� Nach dem Einstellen werden die Füße mit den Lederriemen auf dem<br />

Stemmbrett befestigt. Die Ruderer nehmen die Grundstellung ein, geben<br />

die Fertigmeldung und erwarten die weiteren Anweisungen.<br />

5.2.4 Bootsgewöhnungsübungen<br />

Sie sollen dem Anfänger die Erkenntnis vermitteln, dass ein Ruderboot bei richtiger<br />

Handhabung der Skulls nicht kentern kann.<br />

- Wechselseitiges Senken und Heben der Innenhebel bringt Erfahrungen über<br />

die Reaktion des Bootes bei veränderter Hebelführung (Abb. 8).<br />

Abb. 8: Bootsgewöhnung: Heben und Senken der Innenhebel im Wechsel<br />

- Beide Griffe sind in der Grundstellung fest zusammenzuhalten. Der Steuermann<br />

versucht, das Boot durch Gewichtsverlagerung <strong>zum</strong> Schaukeln zu<br />

bringen.<br />

- Beide Griffe werden in der Grundstellung so weit wie möglich ins Boot gedrückt.<br />

Jetzt ist ein Schaukeln des Bootes möglich, da die Blattabstützung<br />

fehlt. Zu einer Kenterung kann es auch dabei nicht kommen, weil die flachen<br />

Blätter verhindern, dass das Boot weiter kippt als bis zur Schräglage.


5.2.5 Skullen mit aufrechten Blättern<br />

23<br />

- In den ersten Ausbildungseinheiten ist generell mit sehr wenig Krafteinsatz<br />

zu rudern.<br />

- Beginnen mit einseitigem Vorwärtsrudern ohne Rollen. Dabei wird der Griff<br />

der anderen Bordseite an der Hüfte festgehalten, das Blatt liegt flach auf<br />

dem Wasser.<br />

- Darauf folgt einseitiges Rudern im Wechsel ohne Rollen. Durch lockere<br />

Griffhaltung ist die Schwimmlage des Blattes im Wasser zu erfüllen.<br />

- Beidseitiges Vorwärtsrudern ohne Rollen folgt, sobald der Bewegungsablauf<br />

des einseitigen Ruderns in der Grobform beherrscht wird. Handführung beachten!<br />

- Beidseitiges Vorwärtsrudern mit Rollen wird eingeführt, wenn die Anfänger<br />

den Schlag lang ausziehen, die Handführung stimmt und das Boot ausbalanciert<br />

wird. Aus der Rücklage beginnen und sofort die gesamte Rollbahn<br />

nutzen.<br />

5.2.6 Skullen mit Blattdrehung<br />

Demonstrieren und Erklären der Bewegung am Steg.<br />

Erste Vorübung: Blattdrehung in der Grundstellung<br />

Die Blätter werden annähernd in 90°-Stellung frei über dem Wasser gehalten,<br />

die Handgelenke sind gestreckt. Durch ein Abwinkeln der Handgelenke nach<br />

unten, verbunden mit einem Lockern der Hände, drehen sich die Skulls über die<br />

abgerundete Kante. Der Anfänger beobachtet und erfühlt, wie die gerade Seite<br />

des Ruderschaftes auf die Dollenauflage aufgleitet. Diese Teilbewegung wird<br />

mehrfach wiederholt.<br />

Zweite Vorübung: Kombination des Aushebens mit der Blattdrehung<br />

In Endzugstellung werden die Innenhebel nach unten gedrückt, gedreht und bis<br />

zu den Knien geführt. Das ist wichtig, damit sich der Anfänger von vornherein<br />

daran gewöhnt, ohne Pause die Innenhebel vom Körper weg heckwärts zu füh-


24<br />

ren. Wenn die ganze Mannschaft die Vorübung einheitlich und richtig ausführt,<br />

kann man mit der Blattdrehung rudern lassen. Die Blätter sind allmählich aufzudrehen,<br />

sobald die Innenhebel über die Knie geführt wurden. Auf dieser Forderung<br />

sollte man zunächst bestehen, da die Kombination Blattdrehung/Einsatz<br />

vorerst schwierig ist. Stehen jedoch die Blätter etwa zu Beginn der zweiten<br />

Hälfte des Luftweges aufrecht, so kann sich der Anfänger voll auf den Einsatz<br />

konzentrieren. Nach einigen Übungsstunden drehen die Anfänger die Blätter<br />

meist ganz von selbst später auf.<br />

5.2.7 Fehler, Ursachen und Abhilfe<br />

Beim Erlernen der Grobform treten häufig folgende Fehler auf:<br />

1. Fehler in der Wasserarbeit<br />

Zu tiefer Durchzug<br />

Ursache a): Das Blatt wird nicht voll aufgedreht ins Wasser gebracht<br />

(Einschneiden).<br />

Abhilfe: Griffe locker fassen! Zeitiger aufdrehen! Blatt beobachten!<br />

Ursache b): In Zeitlupentempo parallele Schwimmlage des Blattes zur<br />

Wasseroberfläche einhalten! Wenig Kraft einsetzen!<br />

Hängenbleiben beim Ausheben (Krebsen)<br />

Ursache: Das Blatt wird vor dem Ausheben schon im Wasser gedreht.<br />

Abhilfe: Zweite Vorübung wiederholen lassen!<br />

Zu kurzer Schlag<br />

Ursache a): die Innenhebel werden nicht bis an den Körper geführt,<br />

Schultern nicht zurückgenommen.<br />

Abhilfe: Selbstkontrolle, dass die Daumen im Endzug den Körper<br />

berühren!


25<br />

Ursache b): Auswaschen beim Endzug, Innenhebel werden an den<br />

Bauch oder gar zu den Oberschenkeln geführt (Abb. 9).<br />

Abb. 9: Auswaschen im Endzug<br />

Abhilfe: Mit den Augen kontrollieren, ob das Blatt im Endzug voll im<br />

Wasser ist. In dieser Lage Stellung der Innenhebel am Körper<br />

merken!<br />

Ursache c): Ungenügende Vorlage.<br />

Abhilfe: Aufforderung zur maximalen Ausnutzung der Rollbahn. Anstoß<br />

an Heckstopper einige Male spüren lassen! Beugestellung<br />

der Beine kontrollieren! Arme strecken!<br />

Ursache d): Zu geringe Rücklage.<br />

Abhilfe: Rücklage übertreiben lassen!<br />

Ursache e): Skulls werden bei Vor- oder Rücklage aus der Dolle gezogen.<br />

Abhilfe: Mit dem Daumen den Griff gegen die Dolle drücken, damit<br />

der Klemmring immer dicht anliegt.


2. Fehler der Körperbewegung<br />

26<br />

Kisteschieben (Abb. 10)<br />

Ursache: Die Beine werden zu früh – extrem sogar vor dem Wasserfassen<br />

gestreckt oder der Oberkörper gibt im Durchzug nach.<br />

Abhilfe: Erst Oberkörper aufrichten, dann Beinstoß!<br />

Abb. 10: Kisteschieben<br />

Festhalten des Rollsitzes<br />

Ursache: Der Oberkörper wird aufgerichtet, die Arme ziehen, aber die Beine<br />

verbleiben zu lange in der Beugestellung und leisten somit keine<br />

Arbeit.<br />

Abhilfe: Den Ruderer hinter einen Sportler setzen, der den Beinstoß richtig<br />

ausführt. Den Rollsitz des Vordermanns beobachten und gleichmäßig<br />

mitrollen!<br />

Oberkörper fällt im Endzug über die Innenhebel<br />

Ursache: Ruderer meint einen schnellen Endzug auszuführen. Arme und<br />

Oberkörper führen eine gegenläufige Bewegung aus. Oder: zu<br />

schwache Bauchmuskulatur.<br />

Abhilfe: Zur Kontrolle, ob genügend Rücklage vorhanden ist, den Schlag<br />

nach dem Ausheben mehrfach abbrechen und in Rücklage verbleiben.<br />

Kopf hoch – Schultern zurück!


27<br />

Abducken des Oberkörpers vor dem Einsatz<br />

Ursache: Der Anfänger versucht, durch Vorwippen eine besonders weite<br />

Vorlage einzunehmen.<br />

Abhilfe: Dem Vordermann in den Nacken schauen, Rückenmuskulatur<br />

straffen!<br />

5.2.8 Erlernen der Bootsmanöver<br />

Folgende Bootsmanöver gibt es, die in unserer Ausbildung in der genannten<br />

Reihenfolge gelehrt werden:<br />

- Stoppen<br />

- Rückwärtsrudern<br />

- Lange Wende<br />

- Skull lang – Skull vor<br />

- An- oder Abpaddeln<br />

- Stoppen lehrt man als erstes und wichtigstes Bootsmanöver. Nach den<br />

Kommandos „Ruder halt“ und „Blätter ab“ liegen die Blätter in ihrer Grundstellung<br />

flach auf dem Wasser. Auf das Kommando „Stoppen“ werden beide<br />

Innenhebel angehoben. Dadurch tauchen die flachen Blätter und ein Teil der<br />

Schäfte ins Wasser ein und bewirken ein erstes Abstoppen der Bootsgeschwindigkeit.<br />

Bei „Stoppt“ werden die Blätter mit dem Blattrücken <strong>zum</strong><br />

Heck aufrecht gestellt, so dass das Boot völlig <strong>zum</strong> Stillstand kommt. In<br />

Gefahrenmomenten wird das aufrechte Blatt sofort eingetaucht. Arme sind<br />

dabei gestreckt.<br />

- Rückwärtsrudern<br />

� Vorübung: Schleifen der Blätter auf dem Wasser vom Bug <strong>zum</strong> Heck.<br />

Dabei muss die heckwärtige Blattkante etwas angehoben werden, da<br />

das Blatt sonst unterschneidet.<br />

� Erst einseitig im Wechsel üben, ohne zu rollen, dann beidseitig.


� Ausgangsstellung: Rücklage<br />

28<br />

Die Griffe liegen am Körper, die Blätter sind voll im Wasser, die Blattrükken<br />

zeigen heckwärts. Diese Stellung nimmt man auf das Kommando<br />

„Alles rückwärts“ ein.<br />

� Auf das Kommando „Los“ schiebt man die Griffe mit lockerer Handfassung<br />

bis in die Vorlagestellung. Dann dreht man die Blätter aus dem<br />

Wasser heraus und schleift sie wieder auf dem Wasser zurück in die<br />

Ausgangsstellung <strong>zum</strong> Rückwärtsrudern.<br />

- Lange Wende<br />

� Ausgangsstellung: Rücklage<br />

Bei der Wende über Backbord rudern die Backbordruder rückwärts, wäh-<br />

rend die Steuerbordblätter auf dem Wasser schleifen (bugwärts). Dabei<br />

schiebt man beide Griffe gleichzeitig vom Körper weg und rollt heckwärts.<br />

Danach stellt man in der Vorlage die Steuerbordblätter aufrecht,<br />

die Backbordblätter dagegen liegen flach auf dem Wasser. Während<br />

man auf Steuerbord vorwärts rudert, schleift man die Blätter backbords<br />

auf dem Wasser.<br />

� Methodische Vereinfachung: Beide Skulls werden in der Vorlage gleichzeitig<br />

vom Körper weg gedreht! In der Rücklage <strong>zum</strong> Körper hin!<br />

� Anfangs sehr langsam üben, bis sich der Bewergungsablauf automatisiert<br />

hat.<br />

- Skull lang – Skull vor<br />

� Auf das Kommando „Skull lang“ werden die Innenhebel am Körper vorbeigeführt,<br />

so dass die Skulls parallel zur Bordwand schwimmen. Dabei<br />

liegen die Blätter flach auf dem Wasser, und die Griffe werden mit Ristgriff<br />

in gleicher Höhe festgehalten (Handrücken zeigt dabei nach oben).<br />

� Auf das Kommando „Skull vor“ werden die Innenhebel wieder vor den<br />

Körper geführt.<br />

� Beim Erlernen des Manövers übt man zunächst „Skull lang“ einseitig.<br />

Dabei bleiben die Blätter der anderen Seite flach auf dem Wasser liegen,<br />

um Balanceschwierigkeiten auf diese Weise ausgleichen zu können.<br />

� Sinn dieses Manövers ist ein „Schmalmachen“ bei Fahrten durch Hindernisse<br />

oder direkt am Ufer entlang.


- An- oder Abpaddeln<br />

29<br />

Es ist erforderlich, wenn man an einem bewachsenen Ufer anlegen bzw.<br />

ablegen will.<br />

� Als Ausgangsstellung für das Anpaddeln nimmt man „Skull lang“ auf einer<br />

Bordseite. Dabei werden die Blätter aufrecht gestellt, Blattrücken ist<br />

dem Boot abgekehrt. So führt der Ruderer kleine Schläge <strong>zum</strong> Boot hin<br />

durch.<br />

� Beim Abpaddeln ist der Blattrücken dem Boot zugekehrt. Der Ruderer<br />

macht kleine Schläge vom Boot weg.<br />

6. Wanderrudern<br />

Das Wanderrudern ist dadurch charakterisiert, dass längere Strecken gefahren<br />

werden und dabei das „Hausrevier“ verlassen wird. Sehr häufig dient das Wanderrudern<br />

auch <strong>zum</strong> Befahren und Erkunden völlig anderer und neuer Ruderreviere.<br />

Das Wanderrudern geht bis in die Anfänge des Ruderns in Deutschland zurück.<br />

Es gab sogar ausgesprochene Wanderrudervereine. Nicht Meister und Medaillen<br />

sind das Ziel, sondern in erster Linie die Auffrischung und Wiederherstellung<br />

der physischen und psychischen Kräfte und eventuell die Vorbereitung auf das<br />

Wettkampfrudern. Das Wanderrudern ist außerdem ein vorzügliches Mittel zur<br />

Aneignung wertvoller Charaktereigenschaften und Willensqualitäten. Darüber<br />

hinaus bietet das Wanderrudern allen Altersklassen Gelegenheit, sich sportlich<br />

zu betätigen.<br />

6.1. Material und Zubehör<br />

6.1.1 Boote<br />

Für das Wander- oder Fahrtenrudern sind grundsätzlich alle Arten der Übungsboote<br />

gut geeignet. Ihre Geräumigkeit ermöglicht auch noch den Transport des<br />

persönlichen Gepäcks. Manche Ruderreviere (Boddengewässer und offene<br />

See) sind aber nur mit speziellen Booten zu befahren, die durch ihre besondere<br />

Bauweise weniger wind- und wellenanfällig sind.


30<br />

6.1.2 Zubehör und andere wichtige Ausrüstungsgegenstände<br />

- 1-2 Fangleinen und 2 Bootshaken (davon wenigstens einer mit Paddelblatt)<br />

gehören in jedes Boot.<br />

- Wasserdichte Folien <strong>zum</strong> Abdecken des Gepäcks am Bug und Heck sowie<br />

wasserundurchlässige Säcke oder schwimmfähige Spezialbeutel zur Aufnahme<br />

von Wertgegenständen.<br />

- Reparaturtasche, die alles enthält, was zu einer provisorischen Reparatur<br />

notwendig ist.<br />

- Kleine „Bordapotheke“.<br />

- Wasserwanderkarten in einer wasserdichten Schutzhülle.<br />

6.2 Vorbereitung der Wanderfahrt<br />

Rechtzeitig zu planen bzw. zu organisieren sind:<br />

- Ausgangspunkt und Ziel der Fahrt, Dauer, Gesamtstrecke und Tagesetappen<br />

(ca. 30 km/Tag), Rasttage, annähernde Tageseinteilung und notwendige<br />

Pausen<br />

- Ort und Art der Übernachtungen (Zelt oder Quartiere)<br />

- Verpflegung<br />

- Beschaffung von Booten und Zubehör sowie Geräte und Mittel zur Repara-<br />

tur und Reinigung<br />

- Prüfen und evtl. Überholen des gesamten Materials, wie Bootskörper, Aus-<br />

leger, Skulls oder Riemen, Manschetten<br />

- Verladen und Bootstransport<br />

6.3 Fahrtdurchführung<br />

6.3.1 Bootsobmann und Mannschaften<br />

Unmittelbar vor Antritt der Fahrt werden vom Fahrtenleiter die Bootsplätze verteilt,<br />

die Mannschaften eingeteilt und die Steuerleute ausgewählt und benannt.<br />

- Die im Rudern und Steuern Erfahrensten sollten auch als Bootsobmann<br />

bzw. Steuerleute eingesetzt werden.


31<br />

- Den Anordnungen und Befehlen des Bootsobmannes ist unbedingt Folge zu<br />

leisten.<br />

- Es ist günstig, die Mannschaften kräfte- und leistungsmäßig so einzuteilen,<br />

dass kein Boot übermäßig schnell oder langsam ist.<br />

- Bei unkompletter Mannschaft achte man auf gleichmäßige Gewichtsverteilung<br />

(Beispiel: Beim Doppelvierer bleibt günstigerweise der Ruderplatz Nr. 3<br />

frei).<br />

6.3.2 Gepäck und Beladen der Boote<br />

Man soll niemals übermäßig viel Gepäck mitnehmen. Als Anhaltspunkt gilt:<br />

- Zelt, Schlafsack, Luftmatratze, Kocher, Taschenlampe<br />

- Trainingsanzug, Pullover, Regenbekleidung, Ruderbekleidung sowie ein<br />

äußerstes Minimum an weiteren persönlichen Dingen<br />

- Proviant für höchstens zwei Tage<br />

- Das Beladen und Entladen der Boote geschieht stets auf dem Wasser.<br />

- Hecklastige Boote lassen sich leichter steuern.<br />

- Im Bug- und Heckteil eines jeden Bootes hat je ein Bootshaken griffbereit zu<br />

liegen.<br />

6.3.3 Fahrtordnung<br />

Der Fahrtenleiter übernimmt im schnellsten Boot auf der Fahrt die Führung und<br />

fährt demzufolge an der Spitze. Sein Stellvertreter fährt dagegen im letzten<br />

Boot und hat Bordapotheke und Reparaturtasche bei sich.<br />

6.3.4 Tageseinteilung und Rast<br />

In der Regel werden vormittags zwei Drittel der Tagesstrecke zurückgelegt.<br />

Nach einer längeren Mittagspause wird dann am Spätnachmittag der Rest bewältigt.<br />

Bei längerer Rast oder Übernachtung sollte das Boot stets aus dem Wasser<br />

genommen werden. Dabei wird das Boot über Kiel aus dem Wasser gezogen<br />

und entweder kielunten abgestellt oder kieloben auf zwei Böcke oder Hölzer<br />

gelagert. Muss das Boot aus bestimmten Gründen im Wasser verbleiben


32<br />

(z. B. Uferbeschaffenheit) und ist kein Steg vorhanden, dann soll es etwas vom<br />

Ufer entfernt an Bug und Heck so festgelegt werden (notfalls durch Einschlagen<br />

von Stöcken), dass es nicht ans Ufer geworfen werden kann und die Ausleger<br />

frei bleiben.<br />

Ist ein Steg vorhanden, dann wird es an dessen Leeseite mit Bug- und Heckleine<br />

festgemacht.<br />

Die Riemen oder Skulls werden aus den Dollen genommen, ins Boot gelegt<br />

oder an Land abgestellt.<br />

6.3.5 Schleusen<br />

Schleusen sind Staustufen, die den unmittelbaren Übergang eines Wasserfahrzeuges<br />

von einem tieferen auf einen höheren Wasserspiegel oder umgekehrt<br />

ermöglichen.<br />

- Den eventuellen Anweisungen des Schleusenpersonals ist unbedingt nach-<br />

zukommen!<br />

- Berufsschifffahrt hat beim Schleusen immer Vorfahrt!<br />

Für das Befahren von Schleusen gilt es folgendes zu beachten:<br />

Vor den Schleusen:<br />

- Nicht zu dicht an das Schleusentor heranfahren<br />

- Paddelhaken griffbereit legen<br />

- Langsam und vorsichtig an der rechten Uferseite heranfahren<br />

In den Schleusen:<br />

- Nicht unmittelbar vor oder hinter dem Schleusentor und nicht in der Nähe<br />

größerer Dampfer und Schleppkähne liegenbleiben<br />

- Möglichst an einer Leiter oder Gleitstange anlegen und das Boot mit dem<br />

Bootshaken so festhalten, dass kein Ausleger hängenbleibt<br />

Hinter den Schleusen:<br />

- Schleusenanlagen unverzüglich verlassen<br />

6.3.6 Verhalten bei Wind und Wellen<br />

Bei stärkerem Wind soll man so fahren, dass die Wellen möglichst von vorn<br />

kommen. Man hält Kurs direkt gegen den Wind und versucht auf diese Weise,


33<br />

bis in Ufernähe zu gelangen. Unter Landschutz wird dann parallel <strong>zum</strong> Ufer<br />

gefahren. Werden die Wellen höher, so dass sie sich an den Auslegern brechen,<br />

ist parallel zu den Wellen zu fahren und das im Windschatten nächstgelegene<br />

Ufer anzusteuern. Besondere Aufmerksamkeit ist beim Befahren eines<br />

Sees mit achterlichen Wind (Schiebewind) erforderlich, da die Höhe der Wellen<br />

zunächst nicht erkennbar ist und sie mit größerer Entfernung vom Ufer zunimmt.<br />

6.3.7 Verhalten bei Kenterung und Vollschlagen<br />

Die Mannschaft bleibt grundsätzlich am Boot (ein vollgeschlagenes Boot oder<br />

ein gekentertes Boot trägt immer noch die gesamte Mannschaft) und schwimmt<br />

mit dem Bootskörper und mit Windunterstützung (!) die nächste Uferstelle an.<br />

Selbstverständlich versucht man, die Kleinteile, wie Bug- und Heckbretter, Rollsitze,<br />

Skulls u. a. zu bergen.<br />

6.4 Einige grundsätzliche Hinweise<br />

- Auf fließenden Gewässern wird immer gegen die Strömung angelegt!<br />

- Bevor man auf Wanderfahrt geht, ist die Kenntnis der Binnenschifffahrtsord-<br />

nung unbedingt erforderlich.<br />

- Über Besonderheiten des zu befahrenden Reviers (Strömung, Windanfälligkeit,<br />

besondere Gefahrenmomente u. a.) sind vorab Informationen einzuholen.<br />

- Auf dem Wasser ist die Gefahr eines Sonnenbrandes noch viel größer als<br />

anderswo. Schütze deshalb besonders gefährdete Stellen (Nacken, Gesicht,<br />

Beine, Arme) und passe dich langsam an die intensivere Strahlung an!<br />

7. Wettkampfrudern<br />

Bei Internationalen Meisterschaften werden folgende Streckenlängen gefahren:<br />

2000 m Männer, Frauen, Junioren, Juniorinnen<br />

1000 m Männer und Frauen der Altersklasse ab dem 27. Lebensjahr<br />

(Masters)


34<br />

Die Regattastrecke muss 6 Bahnen haben, die vom Start bis <strong>zum</strong> Ziel durch<br />

Bojenketten gekennzeichnet sind (Albaner-System). Über die gesamte Länge<br />

und Breite der Regattastrecke ist eine Mindestwassertiefe vorgeschrieben, damit<br />

auf allen Bahnen gleiche Bedingungen vorhanden sind.<br />

International ausgeschriebene Rennen dürfen nur von festen Startplätzen ge-<br />

startet werden.<br />

Das Ausscheidungssystem geht je nach Anzahl der gemeldeten Boote über<br />

Vorläufe, Hoffnungsläufe, Semifinale und Finale.<br />

National werden neben den Normalstrecken (siehe oben) auch Langstrecken-<br />

Rennen (mindestens 4000 m) und Kurzstrecken-Rennen (500 m) gefahren.<br />

8. Zur historischen Entwicklung des Rudersports<br />

Altertum<br />

(bis 476 u. Z.)<br />

10 000 v. u. Z.<br />

(Steinzeit<br />

600 000 – 1 800<br />

v. u. Z.)<br />

Ältester Fund eines Ruders<br />

aus dem Moorboden bei Duvensee<br />

in Holstein<br />

7 000 v. u. Z. Erster Nachweis des Ruderns<br />

in Ägypten in Form<br />

von Reliefs<br />

Auf den Südseeinseln bereits<br />

große Kriegsschiffe mit<br />

144 Ruderern<br />

3 666 v. u. Z. Grababbildungen auf Kreta<br />

zeigen weit entwickelten<br />

Schiffstyp<br />

Bootsbau entsprach den Gegebenheiten<br />

des jeweiligen<br />

Gebiets:<br />

- Südseeinseln: Einbäume,<br />

Flöße aus Bambus oder<br />

Schilf, Boote aus großen<br />

Kürbisschalen, Baumrinden<br />

oder Flechtwerk<br />

- Nordmeergebiet: Boote aus<br />

aufgeblasenen Tierfellen<br />

und Häuten<br />

- Marshall-Inseln: Einbäume,<br />

später mit Planken erhöht<br />

Benutzung des Ruders als Hebel<br />

mit festem Drehpunkt<br />

Ausgerüstet mit: Steuer, Ruder,<br />

Segel;<br />

zeigte altnordische Formen:<br />

Hohen Bug und Fisch als<br />

Schiffszeichen und Flagge


35<br />

2 560 v. u. Z. Ägypten: Nachen aus Papyrus<br />

auf dem Nil als Prunkboote<br />

der Pharaonen<br />

2 000 v. u. Z. Felszeichnungen von Wasserfahrzeugen<br />

des Urvolkes<br />

der Germanen in Bohuslän<br />

an der Westseite des Kattegat<br />

1 000 v. u. Z.<br />

(Bronzezeit<br />

1 800 – 600<br />

v. u. Z.)<br />

480 v. u. Z.<br />

(Eisenzeit -<br />

600 v. u. Z.)<br />

Mittelalter<br />

(476 – 16. Jh.)<br />

1 000<br />

Neuzeit<br />

(ab 16. Jh.)<br />

1824<br />

HOMER berichtet in der<br />

„Odyssee“ von den Schiffen<br />

der Phäaken!<br />

Attische Triere; entwickelte<br />

sich aus kleinen, flachen<br />

Ruderbooten der Griechen<br />

Wikinger (Normannen) fuhren<br />

Drachenboote aus geklinkerten<br />

Eichenplanken<br />

Galeerensklaven auf Kriegsgaleeren<br />

der italienischen<br />

Küstenstädte<br />

England: Erstes Sportruderboot<br />

Darstellung von Flößen mit<br />

tafelförmigem Aufsatz<br />

Mit 52 Ruderern und Masten<br />

150 Ruderer, in drei Reihen<br />

übereinander sitzend; Schiffsvorbauten<br />

der oberen Reihen<br />

deuten auf die heutigen Ausleger<br />

hin.<br />

Antrieb beidseitig von je 16<br />

Ruderern; mit Mast <strong>zum</strong> Segeln;<br />

Steuer war in Fahrtrichtung<br />

rechts, daher „Steuerbord“<br />

1. Studentenachter:<br />

Das „Weiße Boot des Exester-<br />

College“; geklinkerte Gig ohne<br />

Ausleger<br />

1828/29 1. Auslegerboot in England Von Bootsbauer „RIDLEY“ mit<br />

hölzernen Auslegern gebaut<br />

1844 1. Reneiner in Putney<br />

(England) gebaut<br />

1857 Nachdem man zunächst auf<br />

festem Sitz ruderte und danach<br />

zwecks geringer Gleitmöglichkeit<br />

auf eingefettetem<br />

Lederschutz, konstruierte<br />

der Amerikaner<br />

BABCOCK den Gleitsitz<br />

Aus nur einer Planke aus Furnierholz<br />

mit Auslegern und<br />

Innenkiel<br />

Gleitsitz (slidding side), ein mit<br />

Leder bespannter Holzrahmen,<br />

dessen ausgekehlte Kufen auf<br />

eingefetteten Messingschienen<br />

liefen


36<br />

1868 R4 o entstand auf der Henley-Regatta;<br />

Steuermann<br />

sprang nach dem Start ins<br />

Wasser<br />

1871 England: Drehdollen Alle Skullboote sind mit Drehdollen<br />

versehen<br />

1883 Rudertag in Berlin SCHILLER führte einen auf vier<br />

Rädern laufenden Rollsitz vor<br />

8.1. Zur Entwicklung des Frauenruderns (Fr)<br />

1884 Erste Anfänge des Frauenruderns in Berlin; bisher Entwicklung des<br />

Ruderns nur durch die Männer bestimmt<br />

1885 Berlin: Erstes Erteilen von Damenruderunterricht durch ERNST<br />

SAALBACH erregte öffentliches Ärgernis.<br />

1894 Berlin: Gründung des ersten Damenruderclubs „Deutsche Amazonenflotte“<br />

durch WEDEKIND– war nicht von Dauer<br />

1901 Berlin: Gründung des Friedrichshagener Frauenruderbundes<br />

1919 Berlin: Gründung des Deutschen Damen-Ruderverbandes durch<br />

Prof. Dr. HERMANN ALTROCK<br />

Die weitere Entwicklung des Rudersports ist eng mit der Entwicklung<br />

des Rennruderns verbunden (siehe: Entwicklung des Rennruderns).<br />

8.2 Zur Entwicklung des Rennruderns<br />

Altertum<br />

(bis 476 u. Z.)<br />

7 000 v. u. Z. Mikronesien und Polynesien: Strenge nautische Ertische Erziehung<br />

der Jugend mit festlichen Wettfahrten; Urform der Regatta<br />

40 v. u. Z. VERGIL gab im Versepos „Äneis“ spannenden Bericht von Ruderregatta<br />

bereits vor der Gründung Roms; bei festlichen Gelegenheiten<br />

wurden in der See Bootsrennen mit Wende ausgefahren.<br />

Mittelalter<br />

(476 – 16. Jh.<br />

1315 Venedig: Wettfahrten auf dem Canale Grande<br />

Erstmalig Wort „Regatta“ gebraucht; bedeutet: Programm, weil<br />

dabei Programme verkauft wurden, nach denen der Wettkampf<br />

ablief.


37<br />

Neuzeit<br />

(ab 16. Jh.)<br />

1715 England: Usprungsland des sportlichen Ruderns; Rennen der<br />

Fährleute auf der Themse<br />

1791 Jährliches Rennrudern der Fährleute um „Doggets coats and<br />

badge“ auf der Themse<br />

1824 Erstes Sportruderboot in England<br />

1829 1. Studentenrennen zwischen Oxford und Cambridge – populärste<br />

und älteste Regatta der Welt im modernen sportlichen<br />

Rudern<br />

1831 England: Auf der Themse finden die 1. Weltmeisterschaften im<br />

Berufsrudern (Henley-Kurs) statt.<br />

1836 Hamburg: Gründung des „Englisch-Rowing-Club“ durch englische<br />

Kaufleute<br />

1839 Henley-Regatta wird regelmäßig durchgeführt; Volksfest; nur<br />

zwei Startbahnen; KO-System<br />

1844 Erster Renneiner in England gebaut<br />

Hamburg: Erste Regatta in Deutschland auf einem 4 000 –m-<br />

Dreieck-Kurs<br />

1850 Kanada: Am Ontariosee entwickelte sich das sportliche Rudern.<br />

1856 Beginn des sportlichen Ruderns in Leipzig<br />

1867 1. Start deutscher Ruderer im Ausland anlässlich der Weltausstellung<br />

in Paris<br />

1868 Erster R4 bei Henley-Regatta; Steuermann sprang nach dem<br />

Start ins Wasser<br />

1873 In England bereits 242 Regatten<br />

1874 1. Amateurparagraph schloss kleinbürgerliche Schichten und<br />

Proletariat vom Wettkampfrudern aus<br />

1876 Kanada: HANLAN wurde Sieger im D1. Einziger weltbekannter<br />

Ruderer, dem in Toronto ein Denkmal aus Erz gesetzt wurde.<br />

1876 Berlin: Anfänge des sportlichen Ruderns im heutigen Wassersportzentrum<br />

1878 In Deutschland wurde vom Norddeutschen Regattaverein die<br />

gerade Strecke von 2 000 m eingeführt.


1880 1. Regatta in Grünau mit Ziel am Gesellschaftshaus<br />

38<br />

1882 1. Deutsche Meisterschaft im D1 in Frankfurt a. M.; Sieger<br />

ACHILLES WILD. Seither jährlich Deutsche Meisterschaften im<br />

D1<br />

1883 Gründung des DRV in Köln; Herausgabe der Fachzeitschrift<br />

„Wassersport“;<br />

47 Rudervereine in Deutschland<br />

1884 1. Regatta in Leipzig in schweren Tourengigs<br />

1892 Gründung FISA<br />

1893 1. Europameisterschaften (EM) in Orta (Italien)<br />

1895 1. Schülerregatta und Einführung des Schülerruderns aufgrund<br />

eines Erlasses des Kaisers<br />

1896 Erste Olympische Spiele in Athen: Ruderwettkämpfe mussten<br />

ausfallen wegen Sturm in Piräus.<br />

1900 Bei den 2. Olympischen Spielen in Paris erkämpften deutsche<br />

Ruderer eine Goldmedaille im R4m. Wettkämpfe erfolgten in<br />

den Bootsgattungen: D1; R2m; R2; R4m; R8m.<br />

1904 Beitritt des DRV zur FISA – Austritt zu Beginn des ersten Weltkriegs<br />

1906 (Fr) 1. Start einer Damenmannschaft bei Regatta in Hamburg<br />

1919 (Fr) Gründung des Deutschen Damen-Ruderverbandes durch<br />

PROF. DR. HERMANN ALTROCK<br />

1. selbständige Frauenregatta in Grünau<br />

1924 Bei den 7. Olympischen Spielen in Paris erstmalig Start in sieben<br />

olympischen Bootsgattungen (D1, D2, R2, R2m, R4, R4m,<br />

R8m)<br />

1927 (Fr) Aufnahme des Damen-Ruderverbandes in den DRV<br />

1934 Erneuter Beitritt des DRV in die FISA<br />

1935 1. Männer-EM in Deutschland (Berlin-Grünau)<br />

1936 (Fr) 1. Damenmeisterschaft im D1 und jährlich selbständige Frauenregatta<br />

1936 Bei den Olympischen Spielen in Berlin errang der DRV fünf<br />

von sieben möglichen Goldmedaillen


39<br />

1939 (Fr) 1. Deutsche Meisterschaften der Frauen in Leipzig im D1, D2<br />

und D4.<br />

1953 (Fr) 1. Frauen-EM in Kopenhagen<br />

1954 (Fr) Amsterdam: 2. Frauen-EM; 13 Nationen mit 134 Ruderinnen<br />

beteiligt<br />

1970 1. FISA-Juniorenregatta in Joannina (Griechenland), DDR errang<br />

sieben Goldmedaillen; ab 1971 in Bled (Jugoslawien) als<br />

FISA-Juniorenmeisterschaften bezeichnet<br />

1973 (Fr) Aufnahme der Frauen-Ruderwettbewerbe in das olympische<br />

Programm, beschlossen auf der 73. Tagung des IOC in München<br />

1974 Erstmals R2 für Frauen und D4 für Männer im internationalen<br />

Wettkampfprogramm der FISA<br />

1976 (Fr) Ruderinnen erstmalig bei Olympischen Spielen vertreten<br />

1978 (Fr) 1. FISA-Weltmeisterschaften für Junioren in Belgrad (Jugoslawien)<br />

1985 1. Weltmeisterschaften für Junioren und Juniorinnen in Brandenburg<br />

1985 Wettkampfstrecke Frauen 2 000 m; Juniorinnen 1 500 m<br />

1985 1. Weltmeisterschaften für Leichtgewichte<br />

1985 (Fr) D4 für Frauen wird ohne Steuerfrau gefahren<br />

1985 Finalrennen bei WM und OS gemischt<br />

Frauen und Männer an 2 Tagen<br />

1992 (Fr) R4 für Frauen wird ohne Steuerfrau gefahren<br />

1996 Erstmals Leichtgewichtsrennen im Olympischen Ruderprogramm<br />

Männer: R4m und R2m gestrichen, dafür R4 und D2 als<br />

Leichtgewichtsrennen<br />

Frauen: R4 gestrichen, dafür D2 als Leichtgewichtsrennen


9. Literatur<br />

Bootsobleute und Steuerleute, Deutscher Ruderverband 2000<br />

FRITSCH, W.: Handbuch für den Rudersport. Aachen 1988.<br />

Hanbuch für das Wanderrudern/Hrsg.: Deutscher Ruderverband 1995ff.<br />

HERBERGER, E.: Rudern. Berlin 1977<br />

40<br />

KÖRNER, TH.; SCHWANITZ, P.: Rudern. Berlin 1987<br />

Wanderrudern: Fahrtleiter und Wanderruderwart/Hrsg.: Deutscher<br />

Ruderverband 2000

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