IMMOZEIT 01.20 | Baukultur
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>IMMOZEIT</strong> 1.2020: VERANSTALTUNGEN<br />
56 <strong>IMMOZEIT</strong> 1.2020: AK BERLIN-BRANDENBURG<br />
57<br />
26. November 2019<br />
Mietendeckel – wie weiter?<br />
IMMOEBS lud mit Unterstützung<br />
der Berliner Volksbank sowie EY zu<br />
dem Thema »Mietendeckel – wie<br />
weiter?« ein. Aufgrund der hohen<br />
Nachfrage wurde der Veranstaltungsort<br />
in das Auditorium Friedrichstraße<br />
verlegt, und weit über<br />
200 Teilnehmer nahmen teil.<br />
Zunächst gab Dr. Christian Schede<br />
(Managing Partner von Greenberg<br />
Traurig) ein juristisches Update<br />
zum Mietendeckel. Er machte<br />
deutlich, dass von Deckel allein<br />
keine Rede sein kann, sondern es<br />
vielmehr politisch um eine Mietsenkung<br />
für rund 1,5 Millionen Bestandswohnungen<br />
in Berlin gehe.<br />
Viele Punkte waren und sind bis<br />
heute juristisch noch ungeklärt.<br />
In dem besonders wesentlichen<br />
Punkt der Gesetzgebungskompetenz<br />
des Landes Berlin für einen<br />
derartigen Eingriff in den Wohnungsmarkt<br />
ist sich Dr. Schede<br />
jedoch sicher, dass dies nicht verfassungskonform<br />
ist, und deshalb<br />
sind sowohl auf Landes- als auch<br />
Bundesebene Normenkontrollklagen<br />
zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit<br />
zu erwarten. So<br />
sieht es bspw. auch Herr Papier –<br />
der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts.<br />
Auch sollte jedem klar sein, dass<br />
ein derartiges Gesetz keine neuen<br />
Wohnungen in Berlin schafft. Vielmehr<br />
wurde politisch mit der Entwicklung<br />
der Neuvermietungsmieten<br />
in Berlin von dem Jahr 2009<br />
mit durchschnittlich 6 Euro/m²<br />
(wir erinnern uns: Berlin hatte zu<br />
diesem Zeitpunkt 14 % Arbeitslose<br />
und einen Wohnungsleerstand<br />
von 8 % sowie kaum Neubau) auf<br />
Ende 2019 (7,8 % Arbeitslose, 2 %<br />
Wohnungsleerstand sowie ca.<br />
10.000 Neubauwohnungen) mit<br />
durchschnittlich 11,80 Euro/m²<br />
argumentiert. Dass die Grundgesamtheit<br />
(Anteil Neubauwohnungen,<br />
Sanierungszustand der Wohnungen,<br />
wirtschaftliche Rahmenbedingungen)<br />
der in 2019 angebotenen<br />
Wohnungen mit 2009 nicht<br />
mehr viel gemein hatte, versteht<br />
sich von selbst.<br />
Die im Mietendeckel erfassten 1,5<br />
Millionen Bestandswohnungen<br />
sind aber gar nicht von dieser Mietentwicklung<br />
betroffen. Hier hat<br />
sich die durchschnittliche Mietspiegelmiete<br />
von 4,37 Euro/m² im<br />
Jahr 2000 auf eine vom Berliner<br />
Senat erst im Mai 2019 festgestellte<br />
qualifizierte Mietspiegelmiete<br />
von 6,57 Euro/m² entwickelt.<br />
Damit liegt die durchschnittliche<br />
Bestandsmiete in Berlin unter der<br />
durchschnittlichen Miete für geförderte<br />
Bestände, mit durchschnittlich<br />
0,11 Cent/m² Mietsteigerung<br />
pro Jahr über die letzten 20 Jahre<br />
unter der Entwicklung der Sozialmieten<br />
in Berlin und deutlich unter<br />
der Entwicklung der Reallöhne.<br />
Aber diese Fakten scheinen keine<br />
Rolle zu spielen.<br />
Det is Berlin!<br />
Im Zuge dessen stellte Senator a.<br />
D. Peter Kurth die Initiative »Neue<br />
Wege für Berlin« vor. Hier geht es<br />
darum, mit min. 100.000 Unterschriften<br />
den Berliner Senat zum<br />
Bau von 100.000 Wohnungen<br />
in Berlin zu verpflichten. Ein bürgerschaftliches<br />
Engagement und<br />
wichtiges Zeichen gegen die Initiative<br />
Deutsche Wohnen enteignen,<br />
die hierfür 50.000 Unterschriften<br />
gesammelt hatten, was der Anfang<br />
der Mietendeckeldiskussion<br />
wurde. Wer noch nicht unterschrieben<br />
hat ist gerne eingeladen dies<br />
zu tun.<br />
Die Auswirkungen des Mietendeckels<br />
wurden abschließend durch<br />
Frau Stefanie Frensch (Geschäftsführerin<br />
Becker & Kries), Carsten<br />
Sellschopf (Geschäftsführer<br />
Instone Real Estate) sowie Jörg<br />
Widhalm (Generalbevollmächtigter<br />
Berliner Volksbank) in einer Podiumsdiskussion<br />
beleuchtet.<br />
Im Kern mit folgenden zentralen<br />
Ergebnissen:<br />
• Kapitalgeber ziehen sich aus<br />
Berlin zurück.<br />
• Die Verkäufe von Eigentumswohnungen<br />
sind deutlich zurückgegangen.<br />
• Modernisierungsmaßnahmen<br />
am Gebäude und in den Wohnungen<br />
werden gestrichen und<br />
nicht mehr durchgeführt.<br />
• Neue Neubauvorhaben werden<br />
nicht mehr wie bisher durchgeführt.<br />
• Die Beleihungswerte werden<br />
sich reduzieren, Kreditnehmer<br />
tlw. zusätzliches Eigenkapital<br />
stellen müssen.<br />
• Gewinner sind gutverdienende<br />
Mieter in guten Lagen. Zukünftig<br />
wird die Mieterbonität eine<br />
noch größere Rolle spielen, bedürftige<br />
Mieter umso weniger<br />
zum Zuge kommen.<br />
• Intransparente Mietmodelle<br />
werden sich etablieren.<br />
• Der Zuzug nach Berlin durch<br />
das abgesenkte Mietniveau<br />
wird noch größer werden.<br />
• Eine Klagewelle wird die Berliner<br />
Verwaltung überrollen.<br />
• Der soziale Friede in der Stadt<br />
wird gefährdet.<br />
• Das Land Berlin hat mit der<br />
Rekommunalisierung von Wohnungsbestände<br />
in den letzten<br />
Jahren bereits deutlich mehr<br />
als 1,5 Milliarden Euro investiert<br />
– indem nun über den Mietendeckel<br />
die Mieten gesenkt<br />
werden sollen, stellt sich die<br />
Frage wie das Land Berlin mit<br />
öffentlichen Geldern umgeht.<br />
Wir bedanken uns herzlich bei EY<br />
und Berliner Volksbank sowie den<br />
Vortragenden und haben uns über<br />
Ihr kommen sehr gefreut.