Lebenszeichen | 76 | Herbst 2007
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Lebens<br />
Zeitschrift für die Lebensbewegung<br />
Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)<br />
zeichen<br />
Nr. <strong>76</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2007</strong><br />
Rettung mit Problemen<br />
Gehsteigberatung und die Hilfe der ALfA machen es möglich, dass Celina heute leben darf und so süß<br />
lachen kann<br />
Sabine kam mir vor der Abtreibungsklinik entgegen. In<br />
fünfzehn Minuten sollte die Abtreibung stattfinden. Dennoch<br />
ließ sie sich auf ein Gespräch ein. Die Sprechstundenhilfe kam<br />
heraus und versuchte, Sabine in die Klinik zu holen. Ich aber<br />
sagte zu ihr: »Komm, wir gehen auf die andere Straßenseite<br />
und reden dort ungestört weiter!« Sabine blickte verunsichert<br />
zwischen uns beiden hin und her und wusste nicht, auf wen<br />
sie hören sollte. Ich lächelte sie an, streckte ihr einladend die<br />
Hand entgegen. Sie nahm sie, und im gleichen Moment kullerten<br />
die Tränen. Im Hinterhof gegenüber redeten wir mindestens<br />
eine Stunde, während der Abtreibungstermin verstrich.<br />
Sabine war allein, hatte kaum Rückhalt in ihrer Familie. Sie<br />
fühlte sich zu jung und unreif für ihr Kind. Zudem wollte der<br />
Kindsvater nichts von dem Kind wissen. Schnell wurde mir<br />
Fortsetzung auf Seite 3
Lebens<br />
zeichen<br />
Editorial<br />
Liebe Mitglieder der ALfA, liebe Freunde!<br />
Es wird ein heißer <strong>Herbst</strong> – zumindest in der Biopolitik.<br />
Sehr viel steht auf dem Spiel: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) und andere wollen die im Stammzellgesetz<br />
verankerte Stichtagsregelung kippen. Mit dem Stichtag<br />
wollte der Gesetzgeber 2002 sicherstellen, dass Forscher<br />
in Deutschland zwar mit humanen embryonalen Stammzellen<br />
forschen können, es aber nicht zur Tötung von<br />
Embryonen kommt, damit in Deutschland geforscht werden<br />
kann.<br />
Die anstehende Entscheidung ist von hoher ethischer<br />
und rechtspolitischer Bedeutung. Sollte der Stichtag fallen<br />
oder auch nur nach hinten verlegt werden, wird der Druck<br />
auf das Embryonenschutzgesetz, das vielen Befürwortern<br />
der humanen embryonalen Stammzellforschung ein Dorn<br />
im Auge ist, und das bislang den Einstieg Deutschlands in<br />
die verbrauchende Embryonenforschung verhinderte,<br />
enorm zunehmen. Wir haben zuverlässige Informationen,<br />
wonach alte Pläne für ein liberales Fortpflanzungsmedizingesetz,<br />
das an die Stelle des strengen Embryonenschutzgesetzes<br />
treten soll, noch in diesem Jahr wiederbelebt werden<br />
sollen. Ob sie auf die Agenda gelangen, wird auch davon<br />
abhängen, ob es gelingt, den geltenden Stichtag beizubehalten.<br />
Die Fortpflanzungsmediziner haben den Sturm auf<br />
das Embryonenschutzgesetz gut vorbereitet: Als »Plädoyer<br />
für eine Ethik der Reproduktionsmedizin« verkauften sie<br />
eine Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt (April<br />
<strong>2007</strong>), die nichts anderes als Selektion fordert. Geschönt<br />
umschrieben mit den Worten »die Embryonenbeobachtung<br />
mit nachfolgendem Transfer des Embryos mit dem besten<br />
Entwicklungspotenzial ist für die Reproduktionsmediziner,<br />
aber auch für die werdenden Eltern der weniger belastende<br />
Weg....« Schützenhilfe gab es auf der Europäischen Jahrestagung<br />
der Reproduktionsmediziner in Lyon. Das Embryonenschutzgesetz<br />
»töte eher<br />
Embryonen, als sie zu schützen«,<br />
hieß es. Hintergrund: Erstmals<br />
wurden verlässliche Zahlen über<br />
»Fetozide« – Kindstötungen bei<br />
Mehrlingsschwangerschaften<br />
nach künstlicher Befruchtung<br />
bekannt – 222 waren es im Jahr<br />
2004 in Deutschland. Die<br />
Einführung der Präimplantationsdiagnostik,<br />
der Check des<br />
ungeborenen Kindes in der Dr. Claudia Kaminski<br />
Petrischale vor Einsetzen in die<br />
Gebärmutter, sei der Weg aus diesem »ethischen Dilemma«.<br />
Die ALfA zeigt auch in diesem <strong>Lebenszeichen</strong>, wie<br />
vielfältig unser Einsatz für das Leben ist: Die Demonstration<br />
auf der Kölner Domplatte gegen Spätabtreibung oder<br />
beim Stadtfest in Lohne, in der direkten Konfliktberatung,<br />
der Aufklärungsarbeit in einer Berliner Schule oder an<br />
einem Informationsstand in Villingen, bei der Begleitung<br />
von Müttern, die sich für ihre Kinder entschieden haben<br />
oder bei der Organisation von Vortragsveranstaltungen<br />
wie in München – es gibt immer viel zu tun. Wenn aber in<br />
diesem <strong>Herbst</strong> die Stichtagsregelung kippt und in der Folge<br />
das Embryonenschutzgesetz abgeschafft oder geändert<br />
wird, hat der Lebensschutz in Deutschland eine der wichtigsten<br />
Bastionen verloren.<br />
Wir informieren alle Bundestagsabgeordneten über den<br />
tatsächlichen Stand der Forschung mit embryonalen und<br />
adulten Stammzellen. Uns bleibt nicht viel Zeit – und wenn<br />
auch Sie sich persönlich an Ihren Abgeordneten in Ihrem<br />
Wahlkreis wenden wollen, dann mailen Sie mir unter:<br />
drckaminski@aol.com! Ich versorge Sie gern mit Argumenten,<br />
damit das Lebensrecht in Deutschland eine Chance<br />
behält.<br />
Ihre<br />
Claudia Kaminski<br />
Impressum<br />
Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e. V.<br />
Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg<br />
Telefon 0821 / 51 20 31<br />
Telefax 0821 / 15 64 07<br />
Internet www.alfa-ev.de<br />
E-Mail lebenszeichen@alfa-ev.de<br />
Redaktion<br />
Monika und Reinhold Eichinger<br />
Alexandra Linder, M.A.<br />
Dr. Claudia Kaminski (V.i.S.d.P.)<br />
Satz & Layout<br />
Rehder Medienagentur<br />
Aachen<br />
www.rehder-agentur.de<br />
Druck<br />
SDV Saarländische Druckerei und Verlag GmbH<br />
Saarwellingen; www.sdv-saar.de<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
Erscheinungsweise<br />
vierteljährlich<br />
Der Bezug ist für Mitglieder im Beitrag enthalten.<br />
Spenden sind erwünscht und steuerlich<br />
absetzbar.<br />
Spendenkonten<br />
Postbank Niederlassung München<br />
BLZ 700 100 80<br />
Konto 24 22 44 800<br />
Augusta-Bank eG Raiffeisen-Volksbank Augsburg<br />
BLZ 720 900 00<br />
Konto 504 0 990<br />
2 <strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong>
Fortsetzung von Seite 1<br />
ARCHIV<br />
klar, dass Sabine aus verschiedenen Gründen nicht<br />
die Kraft hätte, in München zu bleiben und ihr Kind<br />
auszutragen.<br />
Daher überzeugte ich sie, mit mir nach Gelsenkirchen<br />
zu einem befreundeten Gynäkologen zu<br />
fahren, bei dem wir dann ihr kleines Baby auch im<br />
Ultraschall betrachten konnten. Sogar dreidimensional!<br />
Es war so schön zu sehen, dass das kleine Herzchen<br />
noch schlagen durfte. Und Sabine war sehr überrascht,<br />
denn sie hatte nicht gewusst, dass ihr Kind schon<br />
winzige Ärmchen und Beinchen hat.<br />
Ihr Freund aus München war dabei und während<br />
er sein Baby im Ultraschall sah, fragte er, ob man es<br />
nicht sofort abtreiben könnte. Er übte massiven Druck<br />
aus, bot ihr an, sie zur Abtreibung zu begleiten und<br />
anschließend mit ihr in den Urlaub zu fliegen. Als<br />
er merkte, dass er so nicht weiter kam, begann er ihr<br />
auf verschiedenste Weise zu drohen. Sabine war mit<br />
den Nerven am Ende, rief mich wieder an und wollte<br />
nun doch abtreiben. Ich bot ihr alle möglichen Hilfen<br />
an, schenkte ihr Babykleidung, in der Hoffnung, dass<br />
sie sich dann ihr Baby darin vorstellt. Gott sei Dank<br />
tendierte sie wieder mehr zum Kind.<br />
In Gelsenkirchen konnte sie nicht länger bleiben<br />
und so kam sie zu mir und wohnte in der Hebammenpraxis.<br />
Immer, wenn sie alleine war, grübelte sie<br />
über alle Probleme und fürchtete, keine Kraft mehr<br />
zu haben. Deswegen war es wichtig, Schwierigkeiten<br />
möglichst von ihr fern zu halten. Daher zahlte die<br />
ALfA auch ein paar offene Rechnungen und sagte<br />
ihr, da sie kaum noch Geld hatte, eine Patenschaft<br />
zu.<br />
Als sie nicht mehr bei mir bleiben konnte, erklärte sich die<br />
Familie von und zu Stolberg mit ihren acht Kindern bereit, sie<br />
bei sich aufzunehmen. Die Familie nahm sie sehr herzlich auf.<br />
Die 13-jährige Tochter Theresia räumte ihr eigenes Zimmer<br />
für Sabine und die Mutter begleitete sie zu Arztterminen. Sie<br />
sahen es ihr nach, wenn Sabine viel zu spät heimkehrte, und<br />
holten sie sogar nachts vom Bahnhof ab.<br />
Sabine wusste nicht, dass ihr Kind schon<br />
winzige Ärmchen und Beinchen hat.<br />
Sabines Verfassung festigte sich. Doch der Freund ließ nicht<br />
locker. Nach jedem Telefonat war sie völlig verunsichert, dachte<br />
manchmal sogar an Spätabtreibung. Der Freund verließ sie<br />
endgültig.<br />
Die positive Energie der vielen Kinder in der Familie und<br />
die wohltuende Atmosphäre färbten schließlich auf sie ab und<br />
Sabine begann, sich auf ihr Baby zu freuen.<br />
Nach diesem Aufenthalt kam sie zu einer weiteren Familie,<br />
deren Mitglieder in der ALfA sind und die sich auch wochenlang<br />
liebevoll um sie kümmerten. Es war sehr wichtig für Sabine,<br />
Seliger Schlaf: Gut, dass Kinder nicht wissen, unter welchem Druck sich<br />
Mütter oft für sie entscheiden.<br />
in der Umgebung von Menschen zu sein, die sich auf ihr Kind<br />
freuten.<br />
Das Ende der Schwangerschaft rückte näher und Sabine<br />
konnte wieder nach München zurückkehren. Dort musste sie<br />
immer wieder ins Krankenhaus zu Untersuchungen, und sie<br />
fürchtete, das Kind könnte nicht gesund sein. Auch gab es<br />
Probleme mit den Behörden und der Wohnung in München,<br />
die wir angehen mussten. Das war für uns nicht einfach.<br />
Dann brachte sie Gott sei Dank ihre Tochter Celina gesund<br />
zur Welt. Ich habe sie noch nie so strahlen gesehen wie mit<br />
dem Kind im Arm. Damals habe ich Sabine versprochen, ihr<br />
bei der Kinderbetreuung zu helfen, und so kommt es, dass<br />
Celina fast jede Woche mehrere Stunden bei mir ist und mit<br />
meinem kleinen Sohn spielt. Wenn ich die Kleine anschaue<br />
und darüber nachdenke, wie oft ihr Leben in Gefahr war, macht<br />
es mich sehr glücklich, dass so viele Menschen sich für sie<br />
eingesetzt haben und nicht aufgehört haben, für Celina zu<br />
kämpfen. Unser Dank von der ALfA gilt besonders den Menschen,<br />
die ohne Zögern Sabine haben bei sich wohnen lassen.<br />
Ohne sie würde Celina heute nicht leben und so süß lachen<br />
können.<br />
Maria Grundberger<br />
<strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong> 3
Tims 10. Geburtstag<br />
Die Stiftung Ja zum Leben und die ALfA hatten zur Kundgebung und Bildung einer Menschenkette vor dem<br />
Dom in Köln aus Protest gegen Spätabtreibungen aufgerufen.<br />
Der als »Oldenburger Baby« bekannt gewordene Tim feierte<br />
am 6. Juli seinen zehnten Geburtstag. Tim ist der Junge mit<br />
Down-Syndrom, der am 5. Juli 1997 abgetrieben werden sollte,<br />
nachdem man im sechsten Schwangerschaftsmonat festgestellt<br />
hatte, dass er Trisomie 21 – das Down-Syndrom hat. Aber Tim<br />
Tims Geburtstagsgäste bilden eine Menschenkette vor dem Kölner Dom.<br />
überlebte seine eigene Abtreibung und man ließ ihn neun<br />
Stunden in Tücher gewickelt liegen – in der Annahme, dass er<br />
doch noch sterben werde.<br />
Anlass genug für die Stiftung Ja zum Leben und die ALfA,<br />
Tims Geburtstag zu feiern und gleichzeitig mit einer Kundgebung<br />
und Menschenkette Ende Juni <strong>2007</strong> auf der Kölner<br />
ALfA fordert: Politiker müssen<br />
endlich handeln.<br />
Domplatte auf das »grauenhafte Geschehen« der Spätabtreibungen<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Rund 200 Menschen folgten dem Aufruf zur Kundgebung<br />
und Demonstration. Keine Masse – aber Klasse, um den<br />
Politikern zu zeigen, dass es auch Menschen gibt, die für das<br />
Recht auf Leben auf die Straße gehen. Die Stimmung unter<br />
den Teilnehmern, die aus allen Himmelsrichtungen angereist<br />
4 <strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong><br />
waren – aus der Lausitz, aus dem Norden und vom Bodensee<br />
– war sehr gut. Unzählige Info-Blätter konnten an die vielen<br />
neugierigen Passanten auf der Domplatte verteilt werden. Seit<br />
zehn Jahren hat sich die Politik mit der Ankündigung, etwas<br />
gegen die Praxis von Spätabtreibungen unternehmen zu wollen,<br />
begnügt.<br />
Jetzt müssen die Politiker endlich<br />
handeln, so lautete eine der<br />
Forderungen während der Kundgebung.<br />
Zudem müsse es im<br />
Hinblick auf die vorgeburtlichen<br />
Untersuchungen ein »Recht auf<br />
Nichtwissen« geben. Ärzte sollen<br />
verpflichtet werden, schwangere<br />
Frauen vor der Durchführung einer<br />
pränatalen Diagnostik über deren<br />
Risiken sowie über die begrenzte<br />
Aussagekraft solcher Tests zu informieren.<br />
Pränatale Befunde müssen<br />
daraufhin ausgewertet werden,<br />
ob sie zutreffend waren – egal ob<br />
sie zur Abtreibung führ-ten oder<br />
ob die Frau sich für das Kind entschieden<br />
hat. Gefahndet werden<br />
solle künftig nur nach vorgeburtlichen<br />
Schädigungen, für die es<br />
auch eine Therapie gebe. Die geltende<br />
weite medizinisch-soziale<br />
Indikation müsse auf eine enge<br />
medizinische Indikation zurückgeführt<br />
werden. Schließlich müsse<br />
der sogenannten Kind-als-Schaden-Rechtsprechung durch eine<br />
Klarstellung im Gesetz der Boden entzogen werden.<br />
»Obwohl der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD<br />
vorsieht, wenigstens die besonders grausamen Spätabtreibungen<br />
einzudämmen, hat die Bundesregierung bis auf den heutigen<br />
Tag noch keine einzige Maßnahme präsentiert, die in die<br />
versprochene Richtung weist«, erklärte Claudia Kaminski bei<br />
der Kundgebung.<br />
Manfred Libner, Geschäftsführer der Stiftung Ja zum Leben,<br />
verlas das Grußwort von Tims Pflegefamilie, die ihn bald nach<br />
der Geburt liebevoll aufgenommen hat. »Trotz der vielen<br />
Handicaps, die ihm beim Start ins Leben auf den Weg gegeben<br />
wurden, hat sich Tim erstaunlich gut entwickelt. Er kann recht<br />
sicher laufen, hat seinen Weg zur Kommunikation mit seiner<br />
Umwelt gefunden und ist voller Lebensfreude.« Besonders<br />
bedankten sich Tims Pflegeeltern bei den vielen Unterstützern,<br />
denen Tims Entwicklung am Herzen liege. Libner unterstrich,<br />
dass Tim das lebende Opfer eines inhumanen Gesetzes sei.<br />
ARCHIV
ARCHIV<br />
»Tim spornt uns an, weiter unbeirrt für das Menschenrecht<br />
auf Leben zu kämpfen«, so Libner.<br />
Offiziell gibt es jährlich rund 200 Spätabtreibungen<br />
in Deutschland. Kritiker der Kampagne »tim-lebt.de«<br />
Vorgeburtliche Untersuchungsbefunde<br />
sollen überprüft werden.<br />
Kann richtig Freude machen: Engagement für das Leben.<br />
meinten anfangs, es wäre nicht genug, sich so dezidiert<br />
gegen Spätabtreibungen zu wenden. Ein Blick über<br />
den Tellerrand zeigt aber, dass das durchaus Erfolg<br />
haben kann: Das Verbot der Teilgeburtsabtreibung<br />
(bei der das Kind während der Geburt brutal umgebracht<br />
wird) in den Vereinigten Staaten von<br />
Amerika ist ein Beleg hierfür. Die Kampagne<br />
www.Tim-lebt.de hat inzwischen fast 100.000 Unterschriften<br />
gegen Spätabtreibungen gesammelt und<br />
vielleicht brauchen wir eine solche Kundgebung ab<br />
jetzt jedes Jahr, damit Bewegung in die Diskussion<br />
um den § 218 kommt.<br />
Blickpunkt<br />
ARCHIV<br />
Ökumenischer Kirchentag<br />
»L(i)ebenswert leben« so lautete das Motto des ökumenischen<br />
Kirchentages in Villingen-Schwenningen<br />
vom 29.06. bis 1.07.<strong>2007</strong>. Da wir bei der ALfA schon<br />
lange über das Motto »Jedes Kind ist l(i)ebenswert«<br />
verfügen, bot es sich an, mit einem Informationsstand<br />
teilzunehmen.<br />
Bereits am frühen Morgen bauten wir mit mehreren<br />
Helfern unseren Stand auf, und als wir am Abend<br />
gegen acht Uhr abbauten, herrschte immer noch<br />
reges Interesse.<br />
Vor allem das mit Hilfe der ALfA-Unterrichtsmappe<br />
vorbereitete Quizblatt mit Lösungen reizte die Passanten<br />
zum Mitnehmen und mancher Besucher war<br />
beeindruckt von den Modellen, die die Entwicklung des Kindes<br />
bis zum siebten Monat zeigen.<br />
Daher gab es sehr gute Gespräche im Laufe des Tages. Unsere<br />
Anliegen wurden von vielen Teilnehmern sehr offen aufgenommen,<br />
auch wenn es einige Besucher gab, die mit dem Kommentar<br />
»Wir sind da anderer Meinung« vorbei gingen oder erschreckend<br />
unwissend waren.<br />
Nachdenklich machte es uns, wenn Gäste am Stand von eigenen<br />
Erfahrungen erzählten. So kam beispielsweise eine Frau mit<br />
ihrem ca. 7-jährigen Jungen an der Hand und erzählte, dass<br />
bei ihm vorgeburtlich eine Behinderung diagnostiziert worden<br />
sei. Er stand aber offensichtlich völlig gesund neben ihr.<br />
Oder eine ältere Dame erzählte, dass der Arzt ihrer Mutter<br />
beim neunten Kind dringend die Abtreibung empfohlen hätte,<br />
Tiefgründiges Motto: „Jedes Kind ist l(i)ebenswert.“<br />
weil ihr Leben extrem gefährdet sei. Als sie schweren Herzens<br />
zum Bahnhof fuhr, um den Abtreibungsarzt aufzusuchen, hörte<br />
sie das Pfeifen eines einfahrenden Zuges. Sie hatte den sicheren<br />
Eindruck, ihr Kind schreie auf. Die Frau kehrte erschrocken um<br />
und bekam das Kind durch die problemloseste Geburt, die sie<br />
je hatte.<br />
Immer wieder durften wir hören: » Es ist gut, was Sie hier<br />
machen!«<br />
Unser Eindruck insgesamt war sehr positiv, und wir denken:<br />
solche Informationsstände müssten wir häufiger machen, damit<br />
der notwendige Schutz der Ungeborenen wieder mehr ins Bewusstsein<br />
der Mitmenschen tritt.<br />
Rosa Doose<br />
<strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong> 5
Lebens<br />
zeichen<br />
ALfA klärt an Schule auf<br />
Unerwartet positive Resonanz auf den Unterricht über Abtreibung<br />
Es ist morgens kurz vor acht und Johanna Wagner und ich<br />
erreichen unser heutiges Ziel. Eine große, rote Backsteinschule<br />
mitten in Berlin. Teenies stehen vor dem Schuleingang. Es wird<br />
geredet und gelacht. Einige rennen die Treppen hoch, um nicht<br />
zu spät zum Unterricht zu kommen. Ein normaler, lebhafter<br />
wird es ganz ruhig in der Klasse und wir schauen in betroffene<br />
Gesichter. Vor allem unsere Schilderung, wie das Kind versucht,<br />
vor dem Absauger zu entfliehen und der Herzschlag sich<br />
verdoppelt, geht den jungen Leuten sehr nahe.<br />
Die Schüler wollen die Abtreibungsmethoden genau erklärt<br />
bekommen. Sowohl die Mädchen als auch die Jungen<br />
beteiligen sich lebhaft am Unterricht.<br />
Ein Mädchen erzählt, dass bereits zwei ihrer<br />
Freundinnen abgetrieben haben, sie sich aber bis heute<br />
nie ernstlich mit dem Thema befasst hat. Ihr sei jedoch<br />
aufgefallen, dass eine der beiden immer wieder erzählt,<br />
dass sie es bereut und oft traurig ist. Ein anderer Schüler<br />
ARCHIV<br />
Ohne Scheuklappen: Der ALfA-Aufklärungsunterricht in Schulen<br />
Schulalltag. Neugierig werden wir beobachtet, als wir<br />
Schülerinnen nach dem Weg zu einer bestimmten Klasse fragen.<br />
Der Unterricht beginnt um acht. Die Direktorin stellt uns in<br />
einer neunten Klasse vor.<br />
»Wann denkt ihr, beginnt menschliches Leben?« Dies ist<br />
unsere erste Frage. Einige Schüler strecken die Hände. Ein<br />
Mädchen glaubt, dass menschliches Leben mit drei Monaten<br />
beginnt, weil man es ja vor den ersten drei Monaten abtreiben<br />
Wir schilderten, wie das Kind versucht,<br />
vor dem Absauger zu entfliehen.<br />
ARCHIV<br />
»Nach allem, was ich jetzt weiß,<br />
könnte ich nie abtreiben!«<br />
erzählt, dass er gerade Onkel geworden ist und seine<br />
Schwester damals ungeplant schwanger war. Er ist froh,<br />
dass sie nicht abgetrieben hat. Wir fragen die Schüler,<br />
ob sie sich vorstellen können, aus welchen Gründen<br />
wohl abgetrieben wird. Man nennt uns viele Gründe:<br />
»Zu jung, kein Geld, noch in der Schule, Druck der<br />
Eltern, Selbstverwirklichung usw.« Wir erzählen von<br />
den körperlichen und seelischen Folgen der Abtreibung<br />
und ermutigen die Schüler, auch in ihrem Umfeld für<br />
das Leben der Ungeborenen zu sprechen. In den letzten zehn<br />
Minuten des Unterrichts diskutieren die Teenis mit uns und<br />
stellen wohl durchdachte Fragen.<br />
darf und dann könne es ja noch kein Mensch sein. Ein Junge<br />
meldet sich und meint, dass es mit der Geburt beginnt, ein<br />
anderer bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Wir<br />
erklären unter anderem anhand von Folien die Entwicklung<br />
des Ungeborenen, verteilen die Kalender »Mensch von Anfang<br />
an« mit den beeindruckenden Bildern der Entwicklung des<br />
Ungeborenen, sowie die Embryomodelle und Füßchen-<br />
Anstecker. Dass das kleine Herz bereits nach drei Entwicklungswochen<br />
schlägt, war keinem der anwesenden Schüler<br />
bewusst. Als wir berichten, was bei einer Abtreibung geschieht,<br />
Statt immer bloß Kondome können Schüler hier auch den<br />
Embryo „begreifen“ lernen.<br />
6 <strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong>
Nach der Stunde entwickelt sich im Lehrerzimmer mit einer<br />
Biologie-Lehrerin und der Direktorin ein gutes Gespräch zum<br />
Thema, und wir schenken ihnen die ALfA-Mappe mit den<br />
Unterrichtsentwürfen. Danach bringt uns die Direktorin zur<br />
nächsten Unterrichtsstunde. Sie hat zwei Klassen zusammengeführt,<br />
und vier Lehrer sind anwesend, die während des<br />
Unterrichts auch Fragen an uns stellen. Nach diesem Unterricht<br />
wollen die Mädchen meinen kleinen Sohn halten und freuen<br />
sich riesig, dass wir ein Baby bei uns haben. »Nach allem, was<br />
ich jetzt weiß, könnte ich nie abtreiben«, sagt eine Schülerin zu<br />
mir.<br />
Als wir nach der Schule das Gebäude verlassen wollen,<br />
treffen wir die Klassenlehrerin der ersten Stunde, und sie zeigt<br />
uns den Füßchen-Anstecker, den sie an ihre Bluse gesteckt hat.<br />
Wir haben nicht mit so viel positiver Resonanz gerechnet,<br />
und auch die Direktorin, die für das Leben und gegen Abtreibung<br />
ist, bedankt sich nochmals für unser Kommen und möchte in<br />
Zukunft Embryomodelle bei der ALfA bestellen.<br />
Sollte eine der Schülerinnen eines Tages in einen Schwangerschaftskonflikt<br />
geraten, wird sie sich bestimmt daran erinnern,<br />
dass sie bereits ein kleines Embryomodell in ihren Händen<br />
gehalten hat.<br />
Maria Grundberger<br />
v ALfA aktiv<br />
ARCHIV<br />
v ALfA intern<br />
ALfA-Mitstreiter auf dem Stadtjubiläum<br />
Aktion beim Stadtfest in Lohne<br />
Am 6.Mai <strong>2007</strong> trafen sich die aktiven ALfA-Mitglieder des<br />
Regionalverbandes Lohne, um sich an einem großen Festumzug<br />
anlässlich des 100-jährigen Stadtrechtsjubiläums der<br />
Stadt Lohne zu beteiligen. »Bewaffnet« mit Luftballons und<br />
kleinen Geschenken für die Jüngsten und Info-Material für<br />
die Großen, bahnten sich ALfA-Mitstreiter ihren Weg durch<br />
die von Tausenden gesäumten, festlich geschmückten<br />
Straßen. Unterstützung erfuhren sie dabei durch Mütter mit<br />
ihren Kindern, die regelmäßig am monatlich stattfindenden<br />
ALfA-Mutter-Kind Frühstück teilnehmen. Auch junge Mädchen,<br />
die gerne die »Starke Männer stehen zu ihren Kindern«-<br />
Postkarten an junge Männer verteilten, hatten großen Spaß<br />
an der Aktion. Am Ende war der zu Beginn prall gefüllte<br />
Bollerwagen leer und (hoffentlich) ganz Lohne über die<br />
Aktivitäten der ALfA informiert.<br />
ARCHIV<br />
Frühzeitige Beratung und Aufklärung am ALfA-Stand<br />
Liebe Mitstreiter der ALfA!<br />
Wir sind dankbar für die Berichte aus anderen Regionen und<br />
wollen kurz aus der ALfA-Arbeit im Münsterland berichten:<br />
Dass Frauen sich bei uns melden, die finanzielle Unterstützung<br />
brauchen, kommt eher selten vor. Großes Interesse herrscht<br />
jedoch bei vielen an Informationen über das »Post Abortion<br />
Syndrom«. Unser Motto für den ALfA-Stand daher: Vorzeitige<br />
Beratung und Aufklärung kann vielen Kindern das Leben retten.<br />
Die »Früchte« der Arbeit sehen wir oft nicht, aber wir glauben,<br />
ein »Schneeball kann eine Lawine in der Region auslösen«.<br />
Christian Baumgarte, Münster<br />
v Kurz gemeldet<br />
Informationen vom<br />
Arbeitskreis Down-Syndrom<br />
Mit einem Informationsangebot (www.down-syndrom.org)<br />
ist der bundesweite Arbeitskreis Down-Syndrom (DS), der<br />
Betroffene, Angehörige, Fachleute und Interessierte zusammenschließt,<br />
jetzt online. Es gibt Hinweise auf Veranstaltungen,<br />
Informationen zum DS, eine Rubrik zu Rechtsfragen,<br />
Hilfetipps und einen alphabetisch sortierten »ABC-Bereich«<br />
zu Therapien. Viermal jährlich erscheinen gegen eine geringe<br />
Gebühr die »Mitteilungen« des Arbeitskreises sowie Informationsblätter<br />
mit Literaturangaben.<br />
Quelle: Deutsches Ärzteblatt v. 6. Juli <strong>2007</strong><br />
<strong>Lebenszeichen</strong> <strong>76</strong> 7
Lebens<br />
zeichen<br />
WWW.EUROPARL.DE<br />
Stammzellen<br />
Unter www.deine-stammzellen-heilen.de haben wir<br />
eine Kampagne gestartet, bei der Prominente zu Wort<br />
kommen und aufzeigen, warum sie für die adulte<br />
Stammzellforschung und für den Erhalt des Stichtages<br />
plädieren. Informieren Sie sich dort regelmäßig in<br />
diesem <strong>Herbst</strong> und lassen Sie keine Gelegenheit aus,<br />
sich einzumischen – auch durch Leserbriefe und in<br />
persönlichen Diskussionen!<br />
v Kurz gemeldet<br />
ARCHIV<br />
Der CSU-Europaparlamentarier Bernd Posselt, MdEP<br />
Lebensschutz in Europa?<br />
Bernd Posselt fordert die Zuhörer auf, sich einzumischen.<br />
Am Dienstag, 24. Juli 07, veranstaltete der Regionalverband München<br />
in Kooperation mit der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung eine Vortragsveranstaltung<br />
zum Thema »Lebensschutz – welche Richtung nimmt Europa?«<br />
Referent war Bernd Posselt, Mitglied des Europäischen Parlaments.<br />
Zunächst schilderte er die allgemeine politische Situation in Europa, wobei<br />
er deutlich machte, dass der Kampf um politische und ethische Entscheidungen<br />
in Europa immer härter geführt und gerade deshalb immer<br />
wichtiger wird. In einem zweiten Schritt brachte er den Zuhörern die konkrete<br />
Funktionsweise des Europäischen Parlaments näher, wobei er ein<br />
besonderes Augenmerk auf den Ablauf und die Bedeutung von Abstimmungen<br />
legte. Ausgehend von der Erfahrung, dass Abstimmungen im<br />
Europäischen Parlament oft sehr knapp ausfallen und dass sich die große<br />
Masse der Abgeordneten mit einem klaren Standpunkt zu bestimmten<br />
Themen oft schwer tut, machte der Referent den Zuhörern Mut, sich per<br />
Post und E-Mail an die Europa-Abgeordneten zu wenden und damit in<br />
politische Debatten einzumischen. Dabei sollten auch die Abgeordneten<br />
nicht vergessen werden, die eine gegenteilige Position zum eigenen<br />
Standpunkt vertreten. An den Vortrag schloss sich eine sehr engagierte<br />
Diskussion an, bei der die angesprochenen Themen noch einmal aufgegriffen<br />
wurden. Insgesamt war das Echo der Teilnehmer sehr positiv, so<br />
dass man zu Recht von einer gelungenen Veranstaltung sprechen kann.<br />
Antonia Egger, 1. Vorsitzende des Regionalverbands München<br />
Das Hörbuch erhalten Sie kostenlos auf CD<br />
Interessantes Hörbuch<br />
Die Deutsche Krebshilfe hat zusammen mit der<br />
Klinik für Palliativmedizin in Köln ein Hörbuch<br />
entwickelt, das über die wesentlichen Inhalte<br />
der Palliativmedizin informiert. Es beschreibt ihre<br />
Geschichte und ihre Zukunft in Deutschland. Palliativmedizin<br />
ermöglicht menschliche Zuwendung<br />
für Kranke und Sterbende und schafft eine Perspektive<br />
in der noch verbleibenden Lebenszeit.<br />
Patienten und Angehörige kommen zu Wort, die<br />
über ihre Gedanken zur letzten Lebensphase berichten.<br />
Zudem stellt das Hörbuch die Arbeit der<br />
Palliativmedizinerin Dr. Ingeborg Jonen-Thielemann<br />
vor, die viele Menschen davon überzeugt<br />
hat, dass das Leben bis zum letzten Atemzug<br />
lebenswert ist. Es kann kostenlos bei der Deutschen<br />
Krebshilfe im Internet unter<br />
http://www.krebshilfe.de/palliativmedizin.html<br />
(e-Mail deutsche@krebshilfe.de) bestellt werden.