15 - Caritas-Werkstatt St. Johannesberg
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Bevor die Imkerei eingeführt wurde, war ja etwas Überzeugungsarbeit<br />
nötig.<br />
Ja, mehr bei den Kollegen, als bei den Beschäftigten. Aber es hat<br />
sich gelohnt. Es gibt immer wieder Überraschungen und es ist erstaunlich<br />
wie sich die Beschäftigten dabei entwickeln.<br />
Vor zwei Jahren gab es noch einmal eine große Veränderung mit dem<br />
Umzug in den neuen <strong>St</strong>andort Am Heidering? Wie haben Sie diese<br />
Veränderung erlebt?<br />
Es war ein intensiver Lernprozess, weil wir nun in großen Räumlichkeiten<br />
mit anderen Bereichen zusammenarbeiten. Dennoch bietet<br />
die Infrastruktur in dem neuen <strong>St</strong>andort gute Bedingungen und eine<br />
deutliche Verbesserung. Bereichsleiter und Fachdienst sind im Hause,<br />
für Absprachen gibt es kurze Wege. Durch die vergleichsweise<br />
dezentrale Lage haben sich für viele Beschäftigte die Wege verlängert.<br />
Neben der Bewältigung des Umzuges an sich ist das auch eine<br />
Veränderung, die erst einmal verarbeitet werden musste.<br />
Eine positive Erfahrung für mich ist, dass die Nähe unseres Bereiches<br />
mit einem Arbeitsbereich, in dem überwiegend geistig behinderte<br />
Menschen tätig sind, gut funktioniert. Meine frühere Haltung,<br />
dass eine strikte Trennung dieser Bereiche notwendig ist, hat sich<br />
damit verändert. So, wie es am Heidering aufgebaut wurde, kann es<br />
funktionieren.<br />
Also in der Summe eine positive Bilanz?<br />
Ja, ganz klar, eine positive Bilanz.<br />
Hat der neue <strong>St</strong>andort auch Auswirkungen auf die inhaltliche Arbeit,<br />
haben sich da Akzente verschoben?<br />
Ja, einige Veränderungen hatte ich ja bereits angesprochen wie die<br />
Nähe zu den anderen Bereichen. Das hat die Vielfalt der Kontakte<br />
erhöht, und die Durchlässigkeit. Es gibt mehr Handlungsmöglichkeiten,<br />
auf die individuellen Interessen der Beschäftigten einzugehen.<br />
Allerdings kann die Idee, den Beschäftigten ganzheitliche <strong>St</strong>rukturen<br />
anzubieten, in denen sie wieder in der eigenständigen Lebensführung<br />
unterstützt werden, nicht mehr so konsequent umgesetzt werden.<br />
So hatten wir früher auch einen starken hauswirtschaftlichen<br />
Aspekt. Durch das Angebot der Kantine hat der seine Berechtigung<br />
verloren. Das sehe ich inhaltlich durchaus als Verlust. Die Beschäftigten<br />
sehen das sicher anders und nutzen sehr gerne das Angebot<br />
der Kantine.<br />
Die früheren <strong>St</strong>andorte hatten auch eine familiärere Atmosphäre. Die<br />
ist etwas verloren gegangen. Diese Atmosphäre hat es früher vielen<br />
Menschen leichter gemacht, den Schritt von der Klinik in eine Beschäftigung<br />
zu gehen.<br />
Bedeutet das aber nicht auch ein klareres Profi l im Sinne der berufl ichen<br />
Rehabilitation, und damit eine Klarheit, die wichtig ist?<br />
Aus der Sicht der Arbeit und berufl ichen Rehabilitation ist das sicher<br />
richtig, dass diese Klarheit wichtig ist. Menschen sind aber<br />
nicht immer so klar, schon gar nicht wenn sie aus einer psychischen<br />
Verwirrung kommen. Da sind oft andere Anker wichtig, um anzukommen,<br />
um Vertrauen aufzubauen, um zu sich zu selbst zu fi nden. Da<br />
kann der <strong>Werkstatt</strong>alltag auch schnell eine Überforderung darstellen.<br />
20 JAHRE CARITAS-WERKSTATT<br />
Versetzen Sie sich in die Situation, wenn Sie z.B. privat einen <strong>St</strong>reit<br />
hatten. Dann sind Sie sicher nicht sofort wieder völlig leistungsfähig,<br />
sondern brauchen Zeit. Wenn sich solche Situationen chronifi<br />
ziert haben, wenn z. B. Schlafstörungen nicht zeitweise auftreten,<br />
sondern ein ständiges Phänomen über Jahre hinweg sind, wenn sie<br />
die Verzweifl ung darüber schon gar nicht mehr spüren, dann ist ein<br />
einseitig auf berufl iche Rehabilitation ausgerichteter Alltag zunächst<br />
überfordernd. Da müssen wir aufpassen, dass wir in unserer Entwicklung<br />
die Grundgedanken, die zur Gründung dieses Bereiches<br />
geführt haben, nicht aus den Augen verlieren.<br />
Sehen Sie diese Gefahr?<br />
Wir müssen achtsam sein. Aber wir bekommen immer wieder Zulauf<br />
von Menschen, die vorher in anderen Werkstätten gearbeitet haben<br />
und deutlich machen, wie sehr sie sich bei uns wohl fühlen. Daraus<br />
schließe ich, dass wir doch viel von dieser Atmosphäre bewahren<br />
konnten.<br />
Das war für mich ein sehr interessanter Blick auf 20 Jahre, die Sie im<br />
<strong>Johannesberg</strong> soziale Arbeit geleistet haben, auf 20 Jahre mit viel<br />
Entwicklungsdynamik. Ihre Bilanz nach der letzten größeren Veränderung<br />
war positiv. Wie ist Ihr Gefühl für die Zukunft?<br />
Auch positiv, ich freue mich auf die kommenden Jahre.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Das Interview führte Reinhard Sprang<br />
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