15 - Caritas-Werkstatt St. Johannesberg
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EIN SCHÖNER TAG ZUM LERNEN<br />
HERR KUNERT BERICHTET IM INTERVIEW MIT ANGELA GEISSLER ÜBER SEINE ERFAHRUNGEN, BESCHÄFTIGTE DER<br />
CARITAS-WERKSTATT IN DEUTSCH UND RECHNEN ZU UNTERRICHTEN.<br />
Wieder einmal ist es ein Donnerstagmorgen im Heidering. Es nähert<br />
sich der ganz bestimmte Moment, der mir schon zur lieb gewonnenen<br />
Routine geworden ist.<br />
Gegen acht Uhr ist es soweit: Es klopft es an meiner Tür. Das mir<br />
schon bekannte Gesicht eines freundlichen Herrn schaut zur Tür herein<br />
und stellt mir die ebenso zum amüsanten Brauch gewordene<br />
Frage: „Guten Morgen, Frau Geißler. Darf ich mal wieder zu Ihnen<br />
hineinspringen?“ „Aber sicher, Herr Kuhnert, das wissen Sie doch.“<br />
Dann huscht eben dieser Herr Kuhnert eilig in mein Büro, ergreift<br />
Guten Morgen, Herr Kuhnert.<br />
Wir beobachten seit längerem, wie dienstags und donnerstags die<br />
Beschäftigten hoch motiviert zu Ihnen strömen. Wie erklären Sie sich<br />
diese Begeisterung?<br />
Die Arbeit gefällt mir, vielleicht spüren das die Beschäftigten. Und<br />
wahrscheinlich biete ich die richtige Mischung, was die Inhalte betrifft.<br />
Auch der Methodenwechsel ist sehr wichtig, damit es nicht<br />
langweilig wird.<br />
Seit wann arbeiten sie bei uns als Lehrer und wie kam es dazu?<br />
Seit September 2008. Ich mache aber immer eine Sommerpause in<br />
den Schulferien. Die <strong>Werkstatt</strong> sprach damals Herrn Pfarrer Müller<br />
an, ob er jemanden kennt, der einen Kurs in Lesen, Schreiben, Rech-<br />
AKTUELLES AUS DER WERKSTATT<br />
beinahe gleichzeitig meine Hand, den Overhead-Projektor und das<br />
Wort, um mir mitzuteilen, was er jeden Donnerstag tut: „Heute ist<br />
wieder ein schöner Tag zum Lernen – ich bin schon gespannt, was<br />
sie mir heute wieder Schönes zu berichten haben – sie üben immer<br />
so fl eißig – sie sind ja immer so wissbegierig.“<br />
Dies ist der Moment, der auch mich als Zaungast erfreut: wenn unser<br />
Dozent seinen Beschäftigten-Kurs „Lesen, Schreiben und Rechnen“<br />
vorbereitet. Overheadprojektor holen und in den Veranstaltungsraum<br />
tragen, anschließen, Folien, <strong>St</strong>ifte und Materialien bereitlegen – und<br />
immer ein freundliches Wort für „sie“: Seine Beschäftigten, die diese<br />
Kurse besuchen.<br />
Genauso erfreulich geht es weiter: ein paar Minuten später nämlich<br />
erscheint ein Beschäftigter nach dem anderen. Alle ziehen sie schnell<br />
an meinem Büro vorbei, eifrig bemüht, nicht zu spät zu kommen, mit<br />
Papieren in der Hand oder in der Tasche, sie haben keine Zeit, sie<br />
begeben sich zielstrebig in den Raum und ziehen eilig die Tür hinter<br />
sich zu. <strong>St</strong>ille und Konzentration.<br />
Später werden einige Beschäftigte in mein Büro kommen und mir<br />
voller <strong>St</strong>olz verraten, was sie heute wieder gemacht haben, gefolgt<br />
von Herrn Kuhnert mit dem Overheadprojektor, der hinzufügt, wie<br />
gut „seine Leute“ mitgearbeitet haben.<br />
Besondere Momente am Donnerstag. Und wieder konnte ich sie beobachten.<br />
Wie ich höre, spielen sich ähnliche Szenen auch in der<br />
Hauptwerkstatt ab, und zwar dienstags. Es ist Zeit, ein wenig genauer<br />
hinzusehen.<br />
Also mache ich mich auf in die Berliner <strong>St</strong>raße 93 und setze mich<br />
in eine dieser offensichtlich sehr begehrten Unterrichtsstunden. Alexandra,<br />
Uta, Sandra, Sabine, Hugo, Dietmar und Carsten sind natürlich<br />
schon da. Wir warten gespannt auf acht Uhr. Es ist soweit,<br />
Herr Kuhnert fängt an. Was folgt, ist eine sehr angenehme Unterrichtsstunde<br />
in Deutsch, in der Herr Kuhnert auf locker-humorvolle<br />
Art gleichzeitig individuell auf das Vermögen jedes Einzelnen eingeht<br />
und trotzdem alle Beschäftigten fesselt. Mal wird gemeinsam gelesen,<br />
mal steht jeder Beschäftigte alleine an der Tafel und wird von<br />
anderen Beschäftigten und Herrn Kuhnert unterstützt. Als die <strong>St</strong>unde<br />
beendet ist, darf ich ihm meine Fragen stellen.<br />
nen anbieten könnte. Ich gehöre zur Herz-Jesu-Gemeinde in Oranienburg<br />
und so sprach unser Pfarrer mich direkt persönlich an. Er<br />
wusste nämlich, dass ich früher Berufsschullehrer war.<br />
Bevor Sie zu uns kamen, waren Sie Berufsschullehrer in Rente. War<br />
es für Sie eine Umstellung, mit unseren Beschäftigten in Berührung<br />
zu kommen?<br />
Ich hatte zuerst Bedenken, wusste ja nicht, was auf mich zukommt.<br />
Ich habe es dann aber einfach ausprobiert. Ich stellte schnell fest,<br />
dass man anschaulich mit den Leuten arbeiten kann. Das ist eigentlich<br />
so wie früher, als ich noch mit den Berufsschülern zu tun hatte.<br />
Wichtig ist aber, wie gesagt, die Beschäftigten mit wechselnden Methoden<br />
und didaktischen Mitteln bei Laune zu halten.<br />
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