MinD-Mag 138
Die Oktober-Ausgabe der offiziellen Zeitschrift von Mensa in Deutschland e.V.
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Oktober 2020<br />
MAGAZIN <strong>138</strong><br />
Die<br />
Frau im<br />
Weltall<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> sprach<br />
mit Suzanna Randall,<br />
die als erste Deutsche<br />
zur ISS fliegen will<br />
Matthias Biester<br />
Der Satellit aus<br />
der „Garage“<br />
Über den ganz<br />
privaten Weg ins All<br />
Christoph Ruge<br />
Die ISS als<br />
Lego-Bausatz<br />
Von der Idee zur<br />
Raumstation<br />
Tina Zejewski<br />
Spiele im<br />
Weltraum<br />
Tipps für einen<br />
spacigen Abend
Datenbank-Entwickler<br />
SQL Server (m/w)<br />
Ein Job. Viele Möglichkeiten.<br />
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EDITORIAL<br />
ERWIN KLEIN<br />
Dif-tor heh smusma<br />
„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. ...“ Trekkies wissen<br />
natürlich, wie dieser Text weitergeht. Alle anderen, die höchstens mal an einem lauen<br />
Sommerabend einen eher verträumten Blick Richtung Sterne werfen, müssen beim<br />
Blättern in dieser <strong>Mag</strong>-Ausgabe ganz tapfer sein.<br />
W<br />
ir heben nämlich ab. Mit Suzanna Randall,<br />
die als erste deutsche Frau zur ISS fliegen<br />
möchte, mit Matthias Biester, der einen Kleinstsatelliten<br />
in die Erdumlaufbahn brachte, mit<br />
Christoph Ruge, der die Lego-Version der ISS<br />
konstruierte. Wir stellen die SpaceSIG vor und<br />
als Zugabe gibt es noch ein paar Weltraum-Spiel-<br />
Empfehlungen.<br />
...<br />
Wer sich jetzt schon völlig schwerelos fühlt, landet<br />
spätestens dann wieder in der Realität, wenn<br />
die lieben Kleinen das elterliche Bett mit der Frage<br />
„Mamaaa, war Hitler ein Zombie?“ entern.<br />
Natalie Lehmann berichtet aus ihrem Familien-<br />
Alltag (Seite 33), und der ist nicht nur unterhaltsam.<br />
Sie macht außerdem Vorschläge, wie Eltern<br />
reagieren können, wenn Kinder ans Eingemachte<br />
gehen.<br />
...<br />
Im vergangenen Heft druckten wir erstmals<br />
Kontaktanzeigen, die unter Ms für einige Aufregung<br />
sorgten. Wir wissen nicht, ob sie zu erwünschten<br />
Reaktionen geführt haben. Aber es<br />
sind – wie so oft im Leben – auch Pannen passiert.<br />
Die peinlichste: Ausgerechnet die allererste Zuschrift<br />
auf unseren Aufruf fiel unter den Tisch.<br />
Wieso, weshalb, warum – wer will das jetzt noch<br />
wissen? Shit happens, aber manchmal kommt<br />
eine zweite Chance. Hier ist sie:<br />
Hi, ich bin: 22 | studiert | Berlinerin | attraktiv |<br />
Weltverbesserin | verkuschelt | inoffizielle Sterneköchin<br />
| abenteuerlustig & Du bist: kompetent | Nichtraucher<br />
| einfühlsam | Optimist | dominant | Athlet<br />
| weltoffen. Ich bin vielseitig interessiert, und wenn<br />
du das auch bist, gibt’s da sicher Überschneidungen<br />
und Material für abendfüllende Gespräche und<br />
vergnügliche Aktivitäten. Lass es uns herausfinden:<br />
musikindeinenohren@web.de<br />
Ich wünsche ihr, dass die Mailbox überquillt<br />
und dass die eine richtige Nachricht dabei ist.<br />
...<br />
Zurück zu den Sternen.<br />
Ich muss bekennen, dass R2D2, Laserschwert<br />
und Darth Vader mich nie wirklich in den Bann<br />
gezogen haben. Selbst die Vulkanier blieben mir<br />
suspekt. (Auch wenn ich ihren Gruß und ihre<br />
Sprache cool finde – die Überschrift dieses Editorials<br />
ist übrigens die original-vulkanische Begrüßungsformel<br />
„Lebe lang und in Frieden“).<br />
Aber alle Flüge des Apollo-Programms waren<br />
faszinierende Ereignisse, und die grobkörnige<br />
nächtliche schwarz-weiß-Live-Übertragung der<br />
ersten Mondlandung bleibt mir unvergesslich.<br />
Dann ist da noch David Bowie, der mit „Space<br />
Oddity“ den Raumfahrt-Soundtrack überhaupt<br />
schuf. „And I'm floating in a most peculiar way,<br />
And the stars look very different today.“<br />
Wenn sich demnächst Elon Musk auf den Weg<br />
zum Mars macht, werde ich wieder dabei sein. Im<br />
Keller sollte noch eine alte Lava-Lampe rumliegen,<br />
und die Lego-ISS will ich mir auch<br />
besorgen. Nur das mit dem Laserschwert<br />
werde ich lieber lassen.<br />
Erwin ist Chefredakteur des <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azins.<br />
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mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 3
INHALT<br />
Die ISS ganz<br />
aus Lego-Steinen<br />
konstruiert.<br />
Foto: LEGO<br />
MAGAZIN <strong>138</strong><br />
Editorial<br />
Dif-tor heh smusma<br />
Das <strong>Mag</strong> hebt ab3<br />
Science and Fiction in Space – das geht<br />
auch auf der Erde!<br />
Die SpaceSIG stellt sich vor 28<br />
Schwarzes Brett<br />
Terminkalender6<br />
Die M-Tour 7<br />
In eigener Sache: Kontaktanzeigen 7<br />
Die neuen <strong>MinD</strong>-Aufkleber7<br />
Mensa im All<br />
Suzanna Randall: Die weibliche „Major<br />
Tom“ mit Note 4 in Physik<br />
Gespräch mit der Frau, die zur ISS will 8<br />
Der Satellit aus der „Garage“<br />
oder: Wie eine gewonnene Wette<br />
scheiterte. 19<br />
Suzanna<br />
Randall, die<br />
Frau, die zur<br />
ISS fliegen<br />
will.<br />
Copyright: Die<br />
Astronautin<br />
Spiele im Weltraum<br />
Tipps für einen spacigen Abend 30<br />
Die lieben Kleinen<br />
Mamaaa – ist<br />
Hitler ein Zombie?<br />
Wenn Kinder ans<br />
Eingemachte<br />
gehen 33<br />
Mensa international<br />
Wenn’s mal wieder „länger“ dauertt<br />
Online-Mitgliederversammlung<br />
von Mensa Kanada 37<br />
Leserbriefe<br />
Futter für die Seele<br />
Reaktionen zur Ausgabe 137 38<br />
Team Cyberspace<br />
Ab auf das Sofa und<br />
kommt zum Stammtisch!<br />
LocSec Cyberspace erwartet euch 40<br />
Auf den Spuren Daniel Düsentriebs<br />
Der M, der die Lego-ISS<br />
konstruierte 22<br />
Prismenfernglas<br />
Die lieben Verwandten<br />
und deren Wörter<br />
Auch Sprachfamilien<br />
sind Familien 43<br />
4 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020<br />
Christoph Ruge mit seinem Werk.<br />
Foto: LEGO
Copyright: Courtesy of 20th Century Studios, The Walt Disney Company<br />
Filmkunst<br />
Wo sind die Helden?<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten<br />
für Besserwisser44<br />
Deutscher IQ-Preis 2020<br />
Einmal Übergabe im kleinen Kreis, einmal<br />
erneut verschoben<br />
Dem Verein „Reparieren macht Schule e. V.“ wurde<br />
der IQ-Preis übergeben46<br />
„Wir vermitteln Kompetenz und Nachhaltigkeit“<br />
Interview mit dem Initiator der<br />
Schüler-Reparaturwerkstatt49<br />
Musik<br />
Chorgesang in Corona-Zeiten<br />
Über das Glück, einen Musik-Beruf zu haben50<br />
Unprominente Prominente<br />
Nerviger Kaffeesatz als<br />
Geschäftsidee<br />
Melitta Bentz (Foto), die<br />
Erfinderin des Kaffeefilters 52<br />
INHALT<br />
Wissenschaft und Forschung<br />
Was sagt die Wissenschaft?<br />
Versuch zur Klarstellung einiger<br />
Grundbegriffe 54<br />
Rätsel<br />
Blackout-Domino<br />
„Eine großartige Rätselart“ 57<br />
Organisation<br />
Wer weiß mehr?<br />
Organisatoren lokaler Treffen 58<br />
Information 60<br />
Vorstand, Impressum 62<br />
Scheer Ware<br />
Was nützt uns Corona?!<br />
Gibt es außer Einschränkungen nicht auch<br />
(Lern-)Chancen? 63<br />
Chorsingen online in Corona-Zeiten. Foto: Juliano Suzuki<br />
Titelfoto: Marek Beier, Illustrationen: pixabay<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 5
Schwarzes Brett<br />
1<br />
Die schüchternen<br />
Siegerfotos<br />
262 Ms stimmten ab.<br />
2<br />
„Schüchternheit“ (Shyness)<br />
war das Thema<br />
des internationalen<br />
Mensa-Fotowettbewerbs<br />
2020. Sicher<br />
auf viele Ms zutreffend.<br />
Vielleicht wurden gerade<br />
deswegen von den<br />
deutschen Ms nur 25<br />
Bilder eingereicht. Immerhin<br />
262 Ms stimmten<br />
mit ab. Hier ist das<br />
Ergebnis der deutschen<br />
Vorentscheidung:<br />
Das Siegerbild mit 95<br />
Stimmen und dem Titel<br />
„Kuckuck!“ stammt von<br />
Stefan Kempa (M18269).<br />
Den zweiten Platz erreichte<br />
Elisabeth Müller<br />
(M9199) mit 81 Stimmen<br />
und „Schüchtern<br />
aber neugierig“.<br />
Platz 3 errang erneut<br />
Sabine Marieni<br />
(M17088) mit „Da draußen“<br />
und 63 Stimmen.<br />
Wir gratulieren den<br />
Gewinnern und wünschen<br />
viel Erfolg im internationalen<br />
Wettbewerb.<br />
3<br />
Berry sagt<br />
„Wenn du redest, dann muß<br />
deine Rede besser sein als dein<br />
Schweigen gewesen wäre.“<br />
Altes persisches Sprichwort<br />
aus vorislamischer Zeit<br />
Terminkalender<br />
15.-19.10.20 Mensa Juniors Herbstseminar virtuell<br />
Durchgehend<br />
Veranstaltungen im Hostel Mensa für<br />
12 bis 17 Jährige<br />
virtuell<br />
28.12.20-01.01.21 Silvensa Sundsvall/Schweden<br />
28.12.20-02.01.21 Mensa Juniors Silvestercamp Mannheim<br />
07.04.-11.04.21 Jahrestreffen Stuttgart<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong><br />
im Netz lesen<br />
Auch dieses Heft stellen<br />
wir wieder auf die <strong>Mag</strong>azin-<br />
Platform „Yumpu“ ein.<br />
Zu finden auf Yumpu.com,<br />
Suchbegriff:<br />
Mind-<strong>Mag</strong>azin.
Vier schnelle Masken-Fragen<br />
Mund-Nasen-Masken mit Mensa-<br />
M-blem waren in den vergangenen<br />
Wochen ein großes Vereinsthema.<br />
Melanie Jäger und Florian<br />
Kaiser hatten die Idee und stemmten<br />
die Organisation.<br />
Grund genug, einmal kurz<br />
nachzufragen.<br />
Wann wird es weitere<br />
M-Artikel geben?<br />
Die BoutIQue sollte mit einem<br />
Grundsortiment bestehend aus<br />
beispielsweise T-Shirts und Tassen<br />
eigentlich noch in diesem<br />
Jahr öffnen. Realistisch ist aktuell<br />
eine Eröfffnung im Sommer 2021.<br />
Wieviele Masken wurden in<br />
welcher Zeit verkauft?<br />
Wir haben fast 1.800 Masken in<br />
2,5 Wochen verkauft – davon 400<br />
am ersten Tag.<br />
War das eine einmalige, schnelle<br />
Aktion oder läuft das weiter?<br />
Das war eine einmalige Aktion<br />
von Florian Kaiser und mir aus<br />
dem BoutIQue-Team; viele Ms<br />
Florian und Mel (beide nicht mit der <strong>MinD</strong>-<br />
Maske). Fotos: Sophia Münt, Philipp Schäfers<br />
hatten den Wunsch nach<br />
Masken geäußert. Da sich die<br />
BoutIQue-Eröffnung aufgrund<br />
der aktuellen Wirtschaftslage<br />
verzögert, waren die Kapazitäten<br />
vorhanden.<br />
Wer koordiniert das – und werden<br />
noch Helfer gebraucht?<br />
Florian Kaiser und ich (zu<br />
erreichen unter boutique@<br />
mensa.de) leiten derzeit die Neugründung<br />
der BoutIQue. Helfer<br />
suchen wir immer, vor allem Ms<br />
mit Erfahrungen im Bereich<br />
Design sowie eCommerce fehlen<br />
aktuell noch im Kernteam.<br />
Goodbye Lilly, willkommen Betty!<br />
Ein großer Verlust ist zu<br />
beklagen: Redaktions-<br />
Hamster Lilly ist leider<br />
den Weg alles Irdischen<br />
gegangen und knabbert<br />
jetzt im Hamsterhimmel.<br />
Am 19. Juli ist sie friedlich<br />
an Altersschwäche gestorben.<br />
Lilly wurde zwei Jahre<br />
und vier Monate alt, das<br />
ist für einen Goldhamster<br />
ein langes Leben. Lilly-Besitzerin<br />
Tina Acham (auf<br />
dem Foto mit einer der<br />
letzten Aufnahmen von<br />
ihr): „Sie war schon sehr<br />
besonders ... und lieb ...“<br />
Und es gibt bereits eine<br />
Nachfolgerin: Betty, laut<br />
Tina „noch ganz jung und<br />
klein.“ So niedlich! Natürlich<br />
berichten wir weiter.<br />
Fotos: Tina Acham
MENSA IM ALL<br />
Angehende Astronautinnen werden ständig<br />
durch die Luft geschleudert.<br />
Suzanna Randall hat auch dabei noch Spaß.<br />
Copyright (alle Fotos): Die Astronautin<br />
8 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA IM ALL<br />
ULRIKE DÜRNFELD<br />
Die weibliche<br />
„Major Tom“<br />
mit Note 4 in<br />
Physik<br />
Suzanna Randall im Gespräch.<br />
Nun sitzt sie mir also gegenüber, eine junge Frau,<br />
40 Jahre, große Ohrringe, ein offenes Lachen, was<br />
ich mehrmals in der Stunde zu sehen bekomme.<br />
Aufgeweckt, entspannt und super freundlich – und<br />
wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich nie auf die<br />
Idee kommen, einer Astronautin gegenüber zu sitzen.<br />
Na gut, Astronautin in Ausbildung. (Und ja, ich bin<br />
mir meines Vorurteils bewusst: Kann eine Astronautin<br />
nicht lustig sein?) Aber mal ehrlich, wer einen Tauchund<br />
Flugschein, diverse Parabelflüge, Zentrifugen-<br />
Training und Druckluftkammern hinter sich hat und<br />
plant, zur Internationalen Raumstation zu fliegen, ist<br />
sicher keine normale Frau von Nebenan …<br />
Suzanna Randall im Video-Gespräch mit Ulrike Dürnberger.<br />
Screenshot: Dürnberger<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 9
MENSA IM ALL<br />
S<br />
uzanna Randall ist eine<br />
von zwei Frauen, die derzeit<br />
über das privat organisierte<br />
Projekt „Die Astronautin“ das<br />
Ziel verfolgen, als erste deutsche<br />
Frau zur Internationalen Raumstation<br />
(ISS) zu fliegen. Dafür<br />
absolviert sie neben ihrem Beruf<br />
eine Ausbildung zur Astronautin;<br />
ansonsten arbeitet die<br />
promovierte Astrophysikerin<br />
an der Europäischen Südsternwarte<br />
in Garching bei München<br />
und für das ALMA Teleskop Projekt<br />
in Chile.<br />
Die Initiative möchte endlich<br />
mit dem Gerücht aufräumen,<br />
dass nur Männer ins Weltall<br />
fliegen können. Und Deutschland<br />
hinkt wirklich hinterher:<br />
Hier gab es bis dato elf Astronauten,<br />
aber noch keine Frau.<br />
Frankreich, Kanada, Italien,<br />
England, Korea, … sie alle hatte<br />
schon eine Frau im Weltall, nur<br />
Deutschland noch nicht. „Die<br />
Astronautin“ möchte genau das<br />
ändern, den Blickwinkeln weiten<br />
und neue Vorbilder schaffen<br />
für die nächste Generation.<br />
Für das Programm beworben<br />
hatten sich 400 Frauen, die in<br />
mehreren Stufen ein Auswahlverfahren<br />
durchliefen: Von Interviews<br />
über medizinische und<br />
psychologische Tests mussten<br />
die Bewerberinnen dieselben<br />
Aufgaben lösen, die auch männliche<br />
Astronauten-Anwärter<br />
beim DLR (Deutschen Luft- und<br />
Raumfahrtzentrum) bestehen<br />
müssen. Am Ende wurden von<br />
den verbliebenden sechs Bewerberinnen<br />
Dr. Insa Thiele-Eich<br />
und Dr. Suzanna Randall ausgewählt.<br />
Die ganze Initiative ist ein<br />
privates Projekt. Wie bist Du<br />
denn dazu gekommen und was<br />
war die größte Herausforderung<br />
für Dich, daran teilzunehmen?<br />
Ich bin durch Zufall rangekommen,<br />
da ich eigentlich gar<br />
nicht aus dem Raumfahrt-Milieu<br />
komme. Ich bin Astrophysikerin,<br />
was oft mit Raumfahrt<br />
verwechselt wird, aber eigentlich<br />
damit gar nichts zu tun hat.<br />
Ich habe das in der Mittagspause<br />
auf Spiegel-Online gesehen:<br />
„Astronautin“ gesucht. Und ich<br />
dachte mir, das wollte ich doch<br />
schon immer mal machen. Und<br />
dann habe ich mich beworben.<br />
Ich hätte nicht gedacht, dass ich<br />
überhaupt eine Chance habe –<br />
und habe dann aber das Auswahlverfahren<br />
absolviert und<br />
bin nun eine von zwei Trainees.<br />
Seit wann bist Du dabei?<br />
Seit 2,5 Jahren.<br />
Ihr werdet nicht von der<br />
Bundesregierung unterstützt und<br />
seid ein rein privates Projekt.<br />
Ja, das macht es alles etwas<br />
komplizierter und es war mir<br />
zum Zeitpunkt der Bewerbung<br />
auch nicht klar, wie schwierig es<br />
sein würde und welche Dimensionen<br />
das Projekt wirklich hat.<br />
Das bedeutet, Insa [die zweite<br />
Trainee] und ich trainieren nicht<br />
nur, sondern haben noch einen<br />
zweiten Job, der uns zahlt. Und<br />
daneben machen wir noch Marketing<br />
und halten Vorträge, veranstalten<br />
Events, um Aufmerksamkeit<br />
zu erregen, weil wir unser<br />
Projekt genau über solche<br />
Sachen finanzieren. Das hält<br />
uns über Wasser.<br />
Aber tatsächlich werden wir<br />
damit nicht an die 50 Millionen<br />
Euro kommen. Deswegen sehen<br />
wir hier auch die Bundesregie-<br />
„Die Astronautin“<br />
D<br />
ie Stiftung „Erste deutsche Astronautin<br />
gGmbH" hat ein klares Ziel: Im Jahr 2021 soll<br />
die erste deutsche Astronautin zu ihrer Mission<br />
zur internationalen Raumstation ISS aufbrechen.<br />
Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, Mädchen<br />
und junge Frauen für die Raumfahrt und Naturwissenschaften<br />
zu begeistern und Vorbild für die<br />
kommenden Generationen zu sein. An Bord der<br />
ISS wird die Astronautin wissenschaftliche Untersuchungen<br />
zu verschiedenen Themen durchführen,<br />
vor allem zur Reaktion des weiblichen<br />
Körpers auf Schwerelosigkeit, aber auch Untersuchungen<br />
im Bereich Materialwissenschaft, Ernährungswissenschaft,<br />
Biologie und Klimaforschung.<br />
Die gesamte Mission kostet 50 Millionen Dollar.<br />
Darin untergebracht sind die Ausbildungen<br />
der beiden Anwärterinnen, der Platz in der Rakete<br />
zur ISS (und zurück) und natürlich die Unterkunftskosten<br />
auf der ISS. Dabei wird das gesamte<br />
Training allein über Spenden und Zuwendungen<br />
finanziert – ungleich zu den männlichen Vorgängern<br />
gibt es derzeit noch keine finanzielle Unterstützung<br />
von der Bundesregierung.<br />
10 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Gruppenfoto vor dem Zentrifugen-Training bei der<br />
Bundeswehr. Außen die angehenden Astronautinnen<br />
Suzanna Randall (links) und Insa Thiele-Eich.<br />
rung in der Pflicht. Wir führen<br />
sehr viele Gespräche mit unterschiedlichsten<br />
Menschen in der<br />
Regierung, auf lokaler, Landesund<br />
Bundesebene. Das sah und<br />
sieht auch alles recht positiv aus,<br />
aber jetzt gerade ist durch Corona<br />
ein Dämpfer drin. Ich verstehe<br />
sehr gut, dass wir jetzt nicht<br />
die erste Priorität haben durch<br />
die große Krise und das ist auch<br />
wichtig. Wir hoffen, dass es sich<br />
im Herbst wieder etwas beruhigt<br />
und wir dann wieder mehr<br />
Aufmerksamkeit bekommen<br />
von den Politikern.<br />
Ihr habt beide noch einen Job<br />
nebenbei, dann trainiert Ihr und<br />
haltet Keynote Speeches. Wie<br />
planst Du das denn alles und hast<br />
Du noch ein Leben daneben?<br />
Der Trick ist, nichts zu planen.<br />
Das habe ich jetzt auch während<br />
des Lockdowns gemerkt. Alle,<br />
die lange im Voraus Urlaub geplant<br />
haben, hatten ein Problem.<br />
Wir hatten eigentlich auch<br />
den ganzen Sommer verplant<br />
mit Events und Reisen. Das wurde<br />
jetzt natürlich alles abgesagt.<br />
Für mich persönlich: Ich<br />
hatte die letzten zwei Jahre ein<br />
sehr stressiges Leben und jetzt<br />
ist alles etwas entspannter geworden.<br />
Man muss halt schauen,<br />
dass man das eigene Leben<br />
und Wohlbefinden nicht aus<br />
den Augen verliert. Ich passe da<br />
„Ich habe das in der<br />
Mittagspause auf<br />
Spiegel-Online gesehen:<br />
„Astronautin“ gesucht. Und<br />
ich dachte mir, das wollte<br />
ich doch schon immer mal<br />
machen. Und dann habe<br />
ich mich beworben.“<br />
aber generell sehr auf: Ich nehme<br />
Urlaub und schaue zu, dass<br />
ich mir die Wochenenden auch<br />
freihalte, wenn es geht, damit es<br />
auch längerfristig so weitergehen<br />
kann – sonst landet man im<br />
Burnout.<br />
Wie viel Zeit verwendest Du<br />
für Deinen Beruf und wieviel<br />
für „Die Astronautin“?<br />
Das kommt ganz drauf an: Gemittelt<br />
ist es etwa 50 Prozent<br />
meiner Zeit, die ich für die Astronautin<br />
benutze. Diese Woche<br />
haben wir Videos und Online-Kurse<br />
gedreht für unser Code4Space-Projekt.<br />
Das hat viel<br />
Spaß gemacht! Und ist auch ein<br />
wirklich tolles Projekt!<br />
2008/2009 hattest Du Dich<br />
schon einmal bei der ESA<br />
beworben, bist aber leider<br />
während des Auswahlverfahrens<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 11
MENSA IM ALL<br />
ausgeschieden. Wie bist Du<br />
damit umgegangen und was hat<br />
Dir das für die Bewerbung bei<br />
der „Astronautin“ gebracht?<br />
Rückblickend ist man immer<br />
schlauer. In dem Moment der<br />
Absage der ESA war ich wahnsinnig<br />
enttäuscht und frustriert.<br />
Aber was ich da gelernt habe,<br />
ist, dass Tests beispielsweise<br />
nichts Statisches sind. Das sage<br />
ich auch gerne Kindern und Jugendlichen,<br />
die nicht so gut in<br />
der Schule sind und die sagen<br />
„Ach, Mathe und Physik, das ist<br />
viel zu kompliziert…“ – das ist<br />
nichts, was für immer so sein<br />
muss!<br />
Bei den Tests damals war ich<br />
naiv. Ich habe mich einfach<br />
nicht vorbereitet – und habe<br />
mich dann nicht wundern müssen,<br />
dass ich nicht weitergekommen<br />
bin. Ich weiß, dass ich<br />
in den Tests zum räumlichen<br />
Denken schlecht abgeschnitten<br />
habe, weil das eben nicht meine<br />
Stärke ist. Entsprechend habe<br />
ich mich dann für das Auswahlverfahren<br />
der Astronautin vorbereitet<br />
und dabei über längere<br />
Zeit das räumliche Denken trainiert.<br />
Ich habe gemerkt, dass, nur<br />
weil ich das jetzt ohne Übung<br />
nicht konnte, das nicht bedeutet,<br />
dass ich das nicht lernen kann.<br />
Das war für mich die Erleuchtung.<br />
Das ist sicherlich mit der<br />
Intelligenz genauso: Da ist bestimmt<br />
einiges angeboren, aber<br />
man kann auch aktiv was dafür<br />
tun. Man kann Dinge auch<br />
verändern im positiven Sinne,<br />
wenn man sich in eine Sache<br />
reinkniet.<br />
Hast Du denn schon mal<br />
einen IQ-Test gemacht?<br />
Nein, einen richtigen Test nicht.<br />
Ich glaube, online habe ich mal<br />
was gemacht. Der IQ ist für<br />
mich aber nicht unbedingt das<br />
Aussagekräftigste an einer Person.<br />
Die IQ-Zahl ist auch nur eine<br />
Messgröße, um in unseren Verein<br />
aufgenommen zu werden. Wir<br />
sprechen im Verein nicht darüber,<br />
weil es eben nur die Messgröße<br />
ist, aber genau nichts über den<br />
Menschen dahinter aussagt.<br />
Verändert sich denn der IQ über<br />
den Zeitablauf? Also, wenn man<br />
den Test in fünf Jahren nochmal<br />
macht?<br />
Der IQ kann sich schon<br />
verändern, aber nur minimal.<br />
Er schwankt aber nicht um 20<br />
Punkte oder so. Da hängt auch<br />
viel von der Tagesform ab.<br />
Das stimmt allerdings! Man<br />
kann immer mal einen schlechten<br />
Tag haben oder total nervös<br />
sein, schlecht geschlafen haben.<br />
Bei den Astronautentests war<br />
das bei mir auch so: Ich hatte<br />
die Nacht vorher nicht geschlafen,<br />
eine Erkältung und Kopfschmerzen<br />
an diesem Tag. Und<br />
war deshalb sehr überrascht,<br />
dass ich weiterkam.<br />
Du hattest ja schon lange<br />
den Traum des Weltraums?<br />
Ja, das war so ein Kindertraum.<br />
Ich habe aber keine Ahnung,<br />
woher das kommt. Bei mir im<br />
Umfeld hatte keiner etwas damit<br />
am Hut. Aber ich fand das<br />
Weltall schon immer toll! Das<br />
ultimative Unbekannte, the „final<br />
frontier“, fasziniert mich dabei<br />
am meisten. Das können wir<br />
als Menschheit noch gar nicht<br />
richtig begreifen, weil wir es<br />
Code4Space<br />
Programmiert Eure Weltraummission<br />
und bringt Euer Experiment<br />
auf die Internationale Raumstation<br />
ISS! Probiert es aus und macht<br />
mit bei Code4Space – dem Wettbewerb<br />
für Grundschulkinder ab<br />
Klasse 3 in Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz!<br />
Bei diesem Coding-Wettbewerb<br />
der Roberta-Initiative des Fraunhofer<br />
IAIS und der Stiftung erste<br />
deutsche Astronautin gGmbH<br />
können Grundschulkinder ab der<br />
dritten Klasse in Teams zusammen<br />
mit einer Betreuungsperson<br />
am Wettbewerb teilnehmen und<br />
ihre Programme und Ideen für ein<br />
Experiment mit dem Mikrocontroller<br />
Calliope mini einreichen.<br />
Programmiert wird im Open Roberta<br />
Lab, der kostenfreien Open-<br />
Source-Programmierumgebung<br />
der Roberta-Initiative. In der Endrunde<br />
finalisieren die Final-Teams<br />
im Code4Space Camp zusammen<br />
mit den Wissenschaftlerinnen<br />
und Astronautinnen Suzanna (und<br />
Insa) ihr Experiment – das beste<br />
Experiment geht anschließend<br />
auf Weltraummission und wird auf<br />
der Internationalen Raumstation<br />
ISS ausgeführt.<br />
• Einsendeschluss ist der<br />
31. Dezember 2020.<br />
• Für den Wettbewerb werden<br />
Kreativität, Know-how und gute<br />
Ideen benötigt, wie man den<br />
Calliope mini mit Open Roberta<br />
programmieren kann. Eingereicht<br />
werden können Open Roberta-Programme<br />
sowie eine<br />
Beschreibung der Idee. Eine<br />
Web-Simulation sowie Leihmöglichkeiten<br />
machen das Testen<br />
der Programme auch ohne<br />
Besitz möglich.<br />
• Die Teilnahme am Wettbewerb<br />
ist kostenfrei. Die Final-Teams<br />
werden in das Code4Space<br />
Camp eingeladen.<br />
Weitere Informationen findet ihr<br />
unter https://code4space.org/.<br />
Erlebt Euer Projekt im Weltall!<br />
12 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Privat fliegt Suzanna selber gerne - hier am<br />
Wochenende über Bayern.<br />
auch noch gar nicht richtig erforscht<br />
haben … Das fand ich als<br />
Kind immer schon super: Was<br />
Neues entdecken, Abenteuer erleben,<br />
ins Unbekannte reisen,<br />
das hat mich immer schon total<br />
gereizt.<br />
Ihre Augen strahlen bei diesen<br />
Sätzen. Ich sehe das neugierige<br />
und aufgeweckte Mädel vor mir,<br />
das mit großen Augen in den Himmel<br />
blickt.<br />
Ich wollte immer zu den Sternen<br />
fliegen. Bis ich irgendwann<br />
kapiert habe, zu den Sternen zu<br />
fliegen, wird schwierig. Dann<br />
wollte ich die erste Frau auf dem<br />
Mars werden. Das steht auch in<br />
meiner Abizeitung: „Susi will<br />
die erste Frau auf dem Mars werden“<br />
– und in Gedankenklammern:<br />
„Die spinnt ja!“<br />
Das war dann letzten Endes<br />
auch der Grund, warum ich Astronomie<br />
studiert habe, weil ich<br />
das einfach faszinierend fand.<br />
Wie kann man einen Traum<br />
denn wirklich planen?<br />
Ich habe das nie wirklich geplant.<br />
Die Motivation kam von<br />
der Faszination. Ich habe mir<br />
nie groß Gedanken gemacht,<br />
was kommt als nächstes. Mir<br />
war klar, das interessiert mich<br />
einfach. Und deswegen habe ich<br />
weitergemacht.<br />
Ich hätte nach dem Studium<br />
auch in die Werbung und<br />
Marktforschung gehen können<br />
– aber dann kam die Zusage für<br />
die Promotion. Eigentlich bin<br />
ich gar nicht so zielstrebig. Ich<br />
habe nur versucht, mir so viele<br />
Möglichkeiten wie möglich zu<br />
eröffnen und dann die Möglichkeiten<br />
ergreifen zu können, die<br />
sich mir geboten haben.<br />
„Ich wollte immer zu den<br />
Sternen fliegen. Bis ich<br />
irgendwann kapiert habe,<br />
zu den Sternen zu fliegen,<br />
wird schwierig. Dann<br />
wollte ich die erste Frau<br />
auf dem Mars werden.“<br />
MENSA IM ALL<br />
Was würdest Du denn Mädels<br />
raten, die jetzt den Start der<br />
SpaceX gesehen haben?<br />
Ich sage immer, folgt dem, was<br />
Euch interessiert. Das möchte<br />
ich jedem raten. Es geht nicht<br />
darum in der Zukunft zu leben,<br />
sondern jetzt was zu tun, was<br />
mich interessiert; und da ist es<br />
mir dann auch egal, was andere<br />
dazu sagen. Ich war in meiner<br />
Clique in der Schule sicherlich<br />
nicht die Coolste mit meiner<br />
komischen Astroambition. Das<br />
machte mir aber Spaß und deswegen<br />
war mir das egal. Lasst<br />
Euch nicht sagen, dass Ihr etwas<br />
nicht könnt.<br />
Ich bin immer wieder erstaunt,<br />
wenn ich 2020 solche Sätze zu<br />
hören bekomme wie „Physik ist<br />
ja so kompliziert“ und „Mathe<br />
ist ja nur was für Jungs“… Das<br />
kann doch nicht sein, dass diese<br />
Vorbehalte immer noch da sind!<br />
Und es ist leider immer noch etwas<br />
sehr Weibliches, sich nichts<br />
zuzutrauen.<br />
Mädels sagen dann oft „Das<br />
ist so kompliziert, das verstehe<br />
ich nicht“ anstatt zu sagen<br />
„Okay, das ist kompliziert, dann<br />
knie ich mich halt mal rein, hole<br />
mir Hilfe und dann kann ich<br />
das schon“. Du musst nicht immer<br />
alles 110 prozentig machen<br />
müssen. Es kann sich immer alles<br />
ändern, auch, wenn Du es<br />
jetzt gerade nicht kannst. Ich<br />
beispielsweise stand auf Note 4<br />
in Physik bis zur zehnten Klasse!<br />
Ich habe Physik gehasst und<br />
hatte voll die doofe Lehrerin! In<br />
der elften Klasse dann bekam<br />
ich einen total motivierten und<br />
jungen Lehrer, der viele Experimente<br />
im Unterricht durchgeführt<br />
hat. Und am Ende des<br />
Jahres stand ich auf Note 1. Man<br />
kann sich also verändern – und<br />
es hängt einfach mit der Motivation<br />
zusammen, wenn man<br />
entdeckt „so schwer ist das gar<br />
nicht…“<br />
Ich bin positiv überrascht: Eine<br />
Astronautin mit Note 4 in Physik!<br />
Damit hatte ich nicht gerechnet!<br />
Im Stillen muss ich an meinen<br />
Physiklehrer denken, Herrn Zinsbacher,<br />
der in unserer Mädchenschule<br />
auch versucht hat, Begeisterung<br />
für Physik zu wecken.<br />
Was ist denn jetzt im Training die<br />
größte Herausforderung für Dich?<br />
Und was ist für Dich Neuland?<br />
Meine Komfortzone sind theoretische<br />
Konzepte, davon müssen<br />
wir eine Menge lernen und<br />
machen derzeit: Orbitalmechanik,<br />
wie die Systeme auf der ISS<br />
funktionieren, Thema Weltraumschrott,<br />
… Aber meine<br />
physischen Grenzen kennenzu-<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 13
MENSA IM ALL<br />
lernen, das ist wirklich die größte<br />
Herausforderung für mich.<br />
Und nicht zu wissen, wie reagiert<br />
mein Körper darauf, wie<br />
reagiere ich darauf. Und wie<br />
gehe ich mit meiner Angst um.<br />
In den letzten Test in der Zentrifuge<br />
und Druckkammer beispielsweise:<br />
Da wurden wir auf<br />
25.000 Fuß hochgeschossen<br />
und wir mussten durch eine<br />
Sauerstoffmaske atmen – und<br />
davor war ich wirklich nervös.<br />
Auf einmal wird dir die Luft aus<br />
dem Raum herausgepumpt. Das<br />
fand ich psychisch auch wirklich<br />
schwierig, da ruhig zu bleiben.<br />
Und als Wissenschaftlerin in<br />
dem Moment die Neugierde zu<br />
behalten: „Wie reagiert mein<br />
Körper auf so etwas“ – wenn ich<br />
als Mensch weiß, dass ich auf<br />
einmal keine Luft mehr habe.<br />
Kannst Du das Gefühl<br />
beschreiben? Und welch schöne<br />
Erfahrungen gibt es beim<br />
Training?<br />
In der Druckkammer war ich<br />
vorher sehr nervös, weil ich<br />
nicht wusste, was auf mich zukommt.<br />
Und dann, während des<br />
Trainings, war es eher unspektakulär.<br />
Ich konnte mir selbst<br />
wieder Luft zuführen, wenn mir<br />
schwindelig wurde. Oft ist es vor<br />
dem Training angsteinflößender,<br />
weil man nicht weiß, was<br />
auf einen zukommt.<br />
Auch in der Zentrifuge, in der<br />
der Raketenstart und die damit<br />
verbundene körperliche Belastung<br />
nachempfunden wird,<br />
habe ich mir vorher viele Gedanken<br />
gemacht: Kann mein<br />
Körper das eigentlich aushalten?<br />
Schaffe ich das? Und ja, es<br />
war zeitweise unangenehm,<br />
Vorbereitungsarbeiten für<br />
die Druckluftkammer.<br />
schwerer zu atmen als sonst. Es<br />
fühlt sich so an, als säße ein Elefant<br />
auf deinem Hals. Aber letzten<br />
Endes war es gut auszuhalten.<br />
Und wenn man etwas kennt,<br />
dann ist es oft nicht mehr bedrohlich.<br />
Die schönsten Erlebnisse im<br />
Training sind für mich immer<br />
noch die Parabelflüge, ein geiles<br />
Gefühl!<br />
Und sie strahlt wieder bei diesen<br />
Erinnerungen.<br />
Eine Frage unserer Mitglieder war,<br />
wird einem beim Start der Rakete<br />
schlecht? Wahrscheinlich nicht<br />
mehr, wenn Ihr das so trainiert?<br />
Den meisten Astronauten wird<br />
nicht beim Start schlecht. Da ist<br />
es einfach nur schwieriger zu<br />
atmen, weil du auf dem Rücken<br />
liegst und die gesamte Kraft<br />
auf deinen Rücken einwirkt.<br />
Den meisten Astronauten wird<br />
schlecht, wenn sie sich in den<br />
ersten 48 Stunden in der Schwerelosigkeit<br />
aufhalten.<br />
Und sie fügt mit einem Lächeln auf<br />
den Lippen hinzu:<br />
Ein bisschen „trainieren“ kann<br />
man das aber auch in den Fahrgeschäften<br />
auf dem Oktoberfest.<br />
Auch wenn dort nur wenig G auf<br />
den Körper einwirken.<br />
Wie entspannst Du denn nach<br />
einer körperlichen Trainingseinheit?<br />
Oder geht es Dir nach<br />
dem Training gleich besser?<br />
Es kommt drauf an: Nach der<br />
Zentrifuge hätte ich mich gerne<br />
einfach nur hingelegt. Das lernte<br />
ich in diesem Zusammenhang<br />
aber auch: Es ist oft nicht möglich,<br />
gleich in die Entspannung<br />
zu gehen. Sondern da muss ich<br />
jetzt einfach durch.<br />
Experimente lassen sich nicht<br />
durch den Körper diktieren. Beispielsweise,<br />
wenn es beim Start<br />
ein technisches Problem gäbe,<br />
kann ich nicht einfach sagen<br />
„Moment, mir geht es gerade<br />
nicht so gut“.<br />
Das habe ich auch beim Flugschein<br />
gelernt: Auch, wenn einem<br />
Passagier schlecht ist,<br />
muss ich das Flugzeug erst auf<br />
die Erde bringen, bevor ich mich<br />
direkt darum kümmern kann.<br />
Das bedeutet, manchmal auch<br />
14 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA IM ALL<br />
Schwerelosigkeit macht lustig.<br />
über die eigenen Grenzen gehen<br />
zu müssen.<br />
Trainieren Insa und Du eigentlich<br />
zusammen oder separat?<br />
Die meisten Trainings absolvieren<br />
wir zusammen. Den Flugschein<br />
haben wir aber privat<br />
jede für sich gemacht. Wir wohnen<br />
schließlich weit auseinander.<br />
Es hört sich für mich so an, als<br />
würdet Ihr nicht in Konkurrenz<br />
zueinander stehen. Aber<br />
eigentlich tut Ihr das ja, weil<br />
nur eine von Euch am Ende<br />
wirklich ins All fliegen kann.<br />
Ja, das ist eine interessante Situation:<br />
In den letzten knapp<br />
drei Jahren hat sich zwischen<br />
uns eine Freundschaft entwickelt<br />
und wir verstehen uns privat<br />
sehr gut. Wir unterstützen<br />
uns gegenseitig so gut wie möglich.<br />
Das Hauptziel in unserem<br />
kleinen Team ist es, dass wir die<br />
Mission stattfinden lassen können,<br />
sprich die Finanzierung<br />
steht. Dass also am Ende eine<br />
von uns überhaupt fliegen kann.<br />
Erst relativ spät wird eine von<br />
uns als sogenannte „Prime“ ausgewählt,<br />
bis dahin trainieren wir<br />
auch zusammen.<br />
Es geht dann darum, dass die<br />
zweite als Stellvertreterin bereitsteht,<br />
sollte die Prime kurzfristig<br />
ausfallen – was wir nicht<br />
hoffen. Ich finde es auch besser,<br />
dass wir bis zur letzten Sekunde<br />
zusammen trainieren, weil wir<br />
dadurch auch komplett gleichberechtigt<br />
bleiben und das für<br />
die Teamdynamik schöner ist.<br />
Sehr spannend! Nehmen wir an,<br />
Du fliegst in den Weltraum. Von<br />
„Den meisten Astronauten<br />
wird nicht beim Start<br />
schlecht. Da ist es einfach<br />
nur schwieriger zu atmen,<br />
weil du auf dem Rücken<br />
liegst und die gesamte Kraft<br />
auf deinen Rücken einwirkt.<br />
Den meisten Astronauten<br />
wird schlecht, wenn sie sich<br />
in den ersten 48 Stunden<br />
in der Schwerelosigkeit<br />
aufhalten.“<br />
wo würdet Ihr starten und was<br />
wären dann Deine Projekte?<br />
Wir führen derzeit Gespräche<br />
mit SpaceX und Boeing. Beide<br />
entwickeln derzeit die kommerziellen<br />
Crew Vehicles für<br />
die NASA. Boeing wird wahrscheinlich<br />
Anfang 2021 Astronauten<br />
zur ISS schicken. Diesen<br />
Plan beobachten wir mit großer<br />
Spannung, weil das den Preis<br />
drücken wird: Wenn es Wettbewerb<br />
unter den Raketen gibt,<br />
wird der Preis pro Sitz sinken.<br />
Das hilft uns natürlich… Wir<br />
fliegen dann mit der Firma, bei<br />
der wir das bessere Angebot bekommen<br />
am Ende ;-)<br />
Wir werden dann eine Kurzzeitmission<br />
auf der ISS machen,<br />
also zwei Wochen etwa. Die Projekte<br />
und Experimente werden<br />
aber durchaus schon jetzt geplant:<br />
Seien es Live-Schaltungen<br />
mit Schulklassen, die Ausführung<br />
des Experimentes von<br />
Code4Space – darauf freue ich<br />
mich besonders, wenn die Kinder<br />
das live mitverfolgen können.<br />
Darüber hinaus werden wir<br />
auch wissenschaftliche Experimente<br />
ausführen, die wir aber<br />
nicht selbst konzipieren. Hier<br />
arbeiten wir beispielsweise mit<br />
der DLR zusammen. Das werden<br />
Experimente sein zum Thema<br />
Sehkaft und weitere physiologische<br />
Experimente.<br />
Es folgen Fragen von Vereinsmitgliedern,<br />
die ich im Vorfeld vor allem<br />
im KiJu-Bereich abgefragt<br />
habe. An dieser Stelle herzlichen<br />
Dank an alle, die sich so eifrig an<br />
dem Interview beteiligt haben!<br />
Wie ist denn die Kommunikation<br />
dort oben geregelt? Kannst<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 15
MENSA IM ALL<br />
Du von unterwegs mit<br />
deiner Familie sprechen?<br />
Internet gibt es auf der ISS ganz<br />
normal wie hier auf der Erde<br />
auch. Wobei, die größte Datenmenge<br />
ist weiterhin den Experimenten<br />
vorgehalten. Aber man<br />
kann auch mal mit Familie skypen.<br />
Cool, mal eben von der ISS<br />
nach Hause geskypt!<br />
Ja, mit Schulklassen wird es oft<br />
über Amateurfunk übertragen.<br />
Die ISS ist also längst nicht so<br />
isoliert, wie man meint.<br />
Forschungsarbeiten in Vorbereitung<br />
für die ISS.<br />
Auf was freust Du Dich am<br />
meisten? Und wann wäre<br />
der Moment, an dem Du<br />
realisierst, dass Du wirklich<br />
400 km über der Erde bist?<br />
Auf den Blick auf die Erde. Die<br />
Erde als ganzen Planeten wahrnehmen<br />
zu können. Der Blick<br />
von außen. Im Flugzeug sitze<br />
ich zwar immer schon am Fenster<br />
und blicke hinunter auf die<br />
Erde – aber im Weltall ist das<br />
eine ganz andere Dimension des<br />
Overview-Effekts. Astronauten<br />
berichten auch oft, dass sich die<br />
persönliche Sichtweise auf das<br />
eigene Leben verändert, wenn<br />
man das mal gesehen hat.<br />
Suzanna wählt ihre Worte und redet<br />
langsamer und ruhiger. Ich<br />
merke, wie schön dieser Moment<br />
sein muss – und bekomme eine<br />
Gänsehaut, wenn ich mir vorstelle,<br />
die Erde von oben sehen zu können.<br />
Ich erinnere mich an einen IMAX-<br />
Film zur ISS aus dem Jahre 2002<br />
(„Space Station 3D“): Zu Beginn<br />
des Films schnauft ein Astronaut<br />
über eine kleine Leiter nach oben<br />
– bis über den Rand dann, auf einmal,<br />
dieser Moment, wenn man<br />
zum ersten Mal von oben auf die<br />
Erde herunterblickt… Mir liegen<br />
Freudetränen in den Augen.<br />
„Bei einer längeren<br />
Mission, zum Beispiel zum<br />
Mars, zu der man dann ja<br />
mehrere Jahre unterwegs<br />
ist, da würde ich die Natur<br />
ganz schön vermissen.<br />
Also Vogelgezwitscher,<br />
den Geruch von frisch<br />
gemähtem Gras oder den<br />
Wind in den Bäumen … “<br />
Wie sehr würdest Du fließendes<br />
Wasser, Vogelgezwitscher und<br />
den Wind von rauschenden<br />
Bäumen vermissen?<br />
Wow. Ich kann jetzt nur spekulieren:<br />
Ich glaube, man weiß gar<br />
nicht, was man am meisten vermisst,<br />
bis man wirklich in der<br />
Situation ist. Ich denke aber,<br />
dass ich die zwei Wochen Kurzzeitmission<br />
ohne Schaden überstehe.<br />
Aber bei einer längeren<br />
Mission, zum Beispiel zum Mars,<br />
zu der man dann ja mehrere Jahre<br />
unterwegs ist, da würde ich<br />
die Natur ganz schön vermissen.<br />
Also Vogelgezwitscher, den Geruch<br />
von frisch gemähtem Gras<br />
oder den Wind in den Bäumen …<br />
Ich bin in meiner Freizeit gerne<br />
draußen unterwegs in der Natur.<br />
Darfst Du etwas Persönliches<br />
mitnehmen? Gepäck ist ja<br />
wahrscheinlich begrenzt…<br />
Zur ISS darf man 500 Gramm<br />
Persönliches Gepäck mitnehmen.<br />
Für Kleidung, Sauerstoff<br />
und Essen ist gesorgt. Bei den<br />
zwei Wochen brauche ich aber<br />
eher nichts Persönliches. Es<br />
wird dort oben genug zu tun geben,<br />
in meiner Freizeit mache<br />
ich dann wahrscheinlich eher<br />
nur Fotos. Und nutze die 500<br />
Gramm für andere Menschen,<br />
also ein Foto von jemanden, das<br />
ich dann zurückbringe und sagen<br />
kann „Hey, das war im Weltraum.“<br />
Ich denke, unser Mblem wäre sicher<br />
auch gerne im All … und fange<br />
schon das Überlegen an, wie wir<br />
es unauffällig reinschmuggeln.<br />
16 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA IM ALL<br />
Im Bundeswehr-Flugsimulator.<br />
Wie lernt man, sich im<br />
All zu duschen?<br />
Oh! Man duscht gar nicht im<br />
All! Man wäscht sich mit einem<br />
Schwamm. Aufgrund der Oberflächenspannung<br />
des Wassers<br />
bleibt es am Körper einfach kleben,<br />
das heißt das ist gar nicht<br />
so kompliziert. Allerdings gibt<br />
es wohl ein bestimmtes Toilettentraining…<br />
Gibt es Beschränkungen,<br />
wenn man Astronaut werden<br />
möchte? Also könnten auch<br />
Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
oder<br />
leichten psychischen Störungen<br />
auch Astronaut werden?<br />
Eines der Hauptkriterien ist die<br />
physische und psychische Gesundheit.<br />
Die körperlichen Belastungen<br />
sind natürlich enorm.<br />
Aber man muss auch ruhig bleiben<br />
in schwierigen Situationen<br />
oder sich mit anderen verstehen<br />
können. Kleinere „Makel“<br />
sind aber kein Problem: Ich<br />
beispielsweise trage eine Brille<br />
und bin Vegetarierin. Jedes ISS-<br />
Crewmitglied bekommt von einem<br />
Ernährungsspezialisten<br />
sein Essen zusammengestellt.<br />
Da wird also schon Acht gegeben.<br />
Markus möchte wissen, ob<br />
Haltungsschmerzen in der<br />
Schwerelosigkeit gleich bleiben<br />
wie unter Erdanziehung?<br />
Die bleiben nicht gleich. Tatsächlich<br />
entwickeln viele Astronauten<br />
Rückenschmerzen auf<br />
der Erde, die vorher noch keine<br />
gehabt haben. Durch die Schwerelosigkeit<br />
ist der Körper in einer<br />
ganz anderen Situation als<br />
unter Erdanziehung und da<br />
können sich durchaus Schmerzen<br />
herausbilden – im Rücken<br />
oder der Bandscheibe.<br />
Wie verändert sich Dein<br />
Schlafrhythmus? Die ISS ist<br />
„ Im Flugzeug sitze ich<br />
zwar immer schon am<br />
Fenster und blicke hinunter<br />
auf die Erde – aber im<br />
Weltall ist das eine ganz<br />
andere Dimension des<br />
Overview-Effekts. “<br />
ja ständig unterwegs, habt<br />
Ihr so eine Art Schlafplan?<br />
Wir schlafen alle zur gleichen<br />
Zeit. Zwar erleben wir auf der<br />
ISS alle 90 Minuten einen Sonnenauf-<br />
und -untergang, das<br />
heißt die Tage sind sehr kurz.<br />
Aber der Tagesrhythmus der<br />
Astronauten orientiert sich am<br />
GMT. Der Rhythmus ist sehr<br />
strikt eingeteilt: Die Astronauten<br />
sollen alle zur gleichen Zeit<br />
schlafen, in der Regel acht Stunden,<br />
um dann auch niemanden<br />
in seinem Schlaf zu stören.<br />
Und es wird meist gemeinsam<br />
gefrühstückt – für das Gemeinschaftsgefühl.<br />
Gemonitort wird die ISS aber<br />
24 Stunden am Tag immer in<br />
Schichten in den verschiedenen<br />
Kontrollzentren verteilt: in<br />
Houston oder Oberpfaffenhofen,<br />
über das „Kolumbus“, das<br />
europäische Modul, läuft, danach<br />
kommt Moskau. Das funktioniert<br />
auch ganz gut.<br />
Sehr spannend! Hast Du<br />
einen Lieblingsstern?<br />
(Lacht) Hm, mein Lieblingsstern<br />
ist wahrscheinlich immer noch<br />
der, den ich als allererstes beobachtet<br />
habe – einfach aus nostalgischen<br />
Gründen. Er ist ein pulsierender<br />
blauer Unterzwergstern<br />
und hört auf den sehr poetischen<br />
Namen EC20117-4014.<br />
Er ist nicht unbedingt etwas Besonderes,<br />
aber über ihn habe ich<br />
meine allererste Forschungsarbeit<br />
geschrieben.<br />
Ich hatte versprochen, ihn zu recherchieren,<br />
aber kein Bild gefunden.<br />
Immerhin habe ich herausgefunden,<br />
dass ein pulsierender blauer<br />
Unterzwergstern heiß (deshalb<br />
die blaue Farbe) und winzig (des-<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 17
MENSA IM ALL<br />
halb Unterzwerg) und zirka 2.000<br />
Lichtjahre entfernt von der Erde<br />
ist. Und damit viel zu weit weg,<br />
um ihn mit bloßem Auge am<br />
Sternenhimmel zu sehen.<br />
Nach dem Flug ins Weltall:<br />
Was kann denn ein Flug<br />
zur ISS überhaupt noch<br />
toppen? Wahrscheinlich<br />
der Flug zum Mars, oder?<br />
Ja, das ist total schwierig! Ich<br />
glaube, wenn man einmal im<br />
Weltall war, gibt es sehr wenig,<br />
was das dann noch toppen<br />
könnte. Einen Flug zu einem<br />
anderen Himmelskörper wie<br />
Mond oder Mars fände ich noch<br />
superspannend! Den Fuß noch<br />
auf einen anderen Himmelskörper<br />
setzen – das würde ich gerne<br />
noch erleben. Und nachdem der<br />
älteste Astronaut über 70 Jahre<br />
alt war…<br />
Jetzt kommt die allerletzte Frage.<br />
Und sie ist, in meinen Augen,<br />
sehr wichtig! Saskia möchte<br />
gerne wissen, welches Lied Du<br />
beim Start hören möchtest?<br />
Coole Frage! Ich gebe zu, darüber<br />
habe ich mir noch gar keine<br />
Gedanken gemacht! Wow!<br />
Spontan denke ich an „Major<br />
Tom – völlig losgelöst“ – weil<br />
das ist so passend. Ich bin aber<br />
offen für Ideen; wir können ja<br />
einen Aufruf machen!<br />
Gute Idee: Wir können im<br />
Verein sehr kreativ sein!<br />
Oh ja! Sehr gerne!<br />
Dem Wunsch kommen wir natürlich<br />
nach! Schreibt uns gerne an<br />
mindmag@mensa.de, welche Lieder<br />
passend für einen Raketenstart<br />
wären?<br />
Der Aufnäher des Astronautinnen-Projekts.<br />
Wie kann ich<br />
Die Astronautin<br />
unterstützen?<br />
Alle Aktivitäten zur Vorbereitung<br />
und Durchführung der<br />
Mission der ersten deutschen<br />
Astronautin wurden und werden<br />
nur durch Spendengelder<br />
und Zuwendungen finanziert –<br />
im Gegensatz zu allen männlichen<br />
Astronauten, die mit Hilfe<br />
von Steuergeldern der Bundesregierung<br />
ins All geflogen sind.<br />
Helfen tut jeder Euro. Und<br />
wenn 1.000 Ms nur jeweils 10<br />
Euro spenden, haben wir das<br />
Projekt schon einen großen<br />
Schritt weitergebracht! Spenden<br />
könnt ihr bequem über ein<br />
Formular auf https://dieastronautin.de/support-us/.<br />
Wir beschließen unsere Stunde<br />
Gesprächszeit. Ich frage Suzanna<br />
noch nach einem abschließenden<br />
Statement und es wird<br />
klar, wie sehr ihr Mädchen und<br />
junge Frauen am Herzen liegen.<br />
„Ich möchte gerne Mut zusprechen,<br />
dass man eine Sache<br />
immer erreichen kann – auch,<br />
wenn man mal in einer Zwickmühle<br />
oder einer doofen Situation<br />
steckt! Daher der Rat<br />
an alle: Lasst Euch nicht abbringen<br />
von den Sachen,<br />
die euch wirklich interessieren<br />
und lasst Euch nicht<br />
sagen, dass ihr das nicht<br />
könnt.“<br />
Natürlich habe ich gleich<br />
noch Werbung gemacht für<br />
unsere Jahrestreffen – und ob<br />
wir sie dann für einen Vortrag<br />
anfragen können. „Immer gerne!<br />
Wenn ich nicht gerade im<br />
Weltall bin …“ Und selbst dann,<br />
haben wir gelernt: Skypen geht<br />
auch von da oben! Mit einem<br />
großen Lacher ist unsere Zeit<br />
dann um.<br />
Nachdem sie aufgelegt hat,<br />
sitze ich noch minutenlang<br />
sprachlos vor meinem Rechner.<br />
Ich bin beeindruckt von dem<br />
Vorhaben und dem ganzen Projekt,<br />
angesteckt von Suzannas<br />
Energie, blicke irgendwie verzaubert<br />
in den Himmel und finde<br />
erstmal gar keine Worte: Sie<br />
wird vielleicht die erste deutsche<br />
Frau auf der Internationalen<br />
Raumstation ISS sein.<br />
Abends blicke ich in den Sternenhimmel<br />
– und nein, an diesem<br />
Abend fliegt die ISS nicht<br />
über Deutschland. Und trotzdem<br />
habe ich Suzannas Lachen<br />
im Ohr und finde, die Sterne<br />
funkeln heute noch schöner als<br />
sonst.<br />
18 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA IM ALL<br />
MATTHIAS BIESTER<br />
Der Satellit aus der „Garage“<br />
oder: Wie eine gewonnene Wette scheiterte.<br />
Disclaimer: Der folgende<br />
Text enthält unsichtbare<br />
Smileys. Wer sie findet, darf<br />
sich daran erfreuen, denn<br />
wenn man nicht alles mit<br />
Humor nimmt, ist das Leben<br />
nur halb so spaßig.<br />
„Ich wette, dass ich es schaffe, einen<br />
Satelliten ins All zu bekommen.“<br />
So oder so ähnlich sprach<br />
ich als im Grunde mittelloser,<br />
erfolgloser Langzeitstudent auf<br />
einem Mensastammtisch vor<br />
ein paar Jahren.<br />
Meine Erläuterungen danach<br />
waren offensichtlich überzeugend<br />
genug, dass sich nach kurzer<br />
Bedenkzeit der damals anwesende<br />
Bastian Döen bereit erklärte,<br />
bei dieser Geschäftsidee<br />
mitzumachen. Mit Paul Kocyla<br />
fanden wir kurze Zeit später den<br />
genialen Schrauber, der sich<br />
im Nachhinein als der Erbauer<br />
von Wren bezeichnen kann.<br />
Und schon waren da drei Jungs,<br />
die sich aufmachten, eine Weltraumfirma<br />
aufzubauen.<br />
Den „Spaß“ des Gründens einer<br />
Firma und des Schreibens<br />
von Businessplänen lasse ich<br />
hier mal weg, denn ich befürchte,<br />
alle potentiellen Leser möchten<br />
etwas über Wren lesen.<br />
5x5x5 Zentimeter groß<br />
und weiter irgendwo im Weltraum<br />
unterwegs: Kleinstsatellit Wren.<br />
Foto: Biester<br />
Also gestatten: Wren<br />
Er ist ein sogenannter Pocket-<br />
Cube, ein Kleinstsatellit von gerade<br />
mal 5x5x5 Zentimetern Abmessung.<br />
Um ehrlich zu sein,<br />
muss ich allerdings gestehen,<br />
dass auf dem Bild nicht Wren<br />
selber zu sehen ist. Das war unser<br />
Vorführmodell, das später<br />
bei Belastungstests zerstört<br />
wurde.<br />
Wren selber wäre mit seinem<br />
Start im November 2013 der<br />
kleinste voll funktionsfähige<br />
Satellit der Welt gewesen, wenn<br />
er denn funktioniert hätte. Dazu<br />
später mehr. Er besaß Stromversorgung<br />
durch Solarpaneele von<br />
Conrad Electronic, und das ist<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 19
MENSA IM ALL<br />
keine Werbung, denn es könnte<br />
ja auch sein, dass die versagt<br />
haben. Eine ausklappbare Antenne<br />
(auf dem Bild nicht montiert)<br />
hätte die Funkverbindung<br />
sichergestellt. Außerdem hatte<br />
er eine Kamera und Lagekontrollsysteme.<br />
Ein kleines Highlight<br />
waren Triebwerke.<br />
Auf dem Bild kann man sie<br />
nicht sehen, da sie auf der Unterseite<br />
liegen. Mit denen hätten<br />
wir aber theoretisch seine Umlaufbahn<br />
jederzeit ändern können.<br />
Durch geschickte Bahnmanöver<br />
wäre vielleicht sogar eine<br />
Reise zum Mond möglich gewesen.<br />
Wir trafen uns fast immer in<br />
einer Garage. O.K., es war keine<br />
Garage, sondern es waren die<br />
Vereinsräume des Vereins Digitac<br />
in Aachen, der eine kleine<br />
Bastlerwerkstatt im Keller einer<br />
ehemaligen Schule unterhielt.<br />
Die Bauteile kauften wir uns<br />
überall zusammen. Zum Beispiel<br />
sind die Gewindestangen<br />
an den Ecken aus einem Modellbauladen,<br />
spezielle sehr<br />
alte SD-Karten fand ich in einem<br />
schummrigen Laden für<br />
gebrauchte Computerspiele, wo<br />
sie weit unten in einer Schublade<br />
eines schummrigen Schreibtischs<br />
lagen. Alles im allem haben<br />
alle Bauteile keine tausend<br />
Euro gekostet.<br />
Die Fabel vom<br />
Zaunkönig<br />
Auf den Namen kam meine Frau.<br />
Wren ist englisch für Zaunkönig.<br />
Falls die Fabel vom Zaunkönig<br />
gerade nicht präsent ist, eine<br />
kleine Kurzfassung: Um den König<br />
der Vögel zu küren, wurde<br />
ein Flugwettbewerb veranstaltet.<br />
Am höchsten flog der Adler,<br />
bis der Zaunkönig von dessen<br />
Rücken abhob. Wren wurde<br />
gleichzeitig mit mehreren anderen<br />
Kleinstsatelliten im Orbit<br />
ausgesetzt, einer davon hieß<br />
„Eagle“.<br />
Der Weg ins All<br />
und das Ende<br />
Überhaupt, wie kam er in den<br />
Orbit? Wren befand sich an<br />
Bord des italienischen Satelliten<br />
UNISAT-5, der unter anderem<br />
den Auswurfmechanismus<br />
für Kleinstsatelliten testen sollte.<br />
Auf dem Bild sieht man die<br />
relativ große Bodenplatte. Diese<br />
hing rechts und links in zwei<br />
Schienen, an denen entlang<br />
Wren nach Erreichen des Orbits<br />
einfach hinaus geschubst wurde.<br />
Hoch ging es an der<br />
Spitze einer „Dnepr“-<br />
Rakete. Das sind ehemalige<br />
Atomraketen, die<br />
gemäß dem START-II-<br />
Abkommens vernichtet<br />
werden mussten.<br />
Es wurde dafür schlicht<br />
Matthias wohnt in<br />
Aschaffenburg und<br />
schultert dort das<br />
Leben mit seinen<br />
Töchtern Amelia (4),<br />
Leonore (1) und Isabelle<br />
(1). Damit die<br />
etwas zu essen bekommen,<br />
testet er<br />
die Software, die<br />
unsere Stromnetze<br />
regelt. Er ist seit<br />
2006 Mitglied bei<br />
Mensa. Foto: Biester<br />
der Sprengkopf abmontiert und<br />
eine dritte Stufe installiert. So<br />
kam man damals am günstigsten<br />
ins All.<br />
Nachdem er ausgesetzt war,<br />
hörten wir leider nichts von<br />
Wren. Möglicherweise hat sich<br />
die Antenne nicht abgewickelt.<br />
Sie bestand aus einem Metallmaßband.<br />
Wenn man davon die<br />
Farbe abkratzt, bekommt man<br />
eine Antenne, die sich von selber<br />
in die richtige Form bringt.<br />
Ein kleines Bändchen hielt sie<br />
fest, damit die Antenne sich<br />
nicht zu früh ausbreitet. Dieses<br />
sollte nach dem Aussetzen<br />
durch einen Heizdraht zerstört<br />
werden. Vielleicht ging aber<br />
auch irgendein anderes kritisches<br />
Bauteil kaputt.<br />
Auf der Erde hatten wir alles<br />
Mögliche durchgetestet. Bestrahlung,<br />
Vakuum, Hitze, Kälte,<br />
die beim Start auftretenden<br />
Vibrationen, alles hat<br />
Wren beziehungsweise<br />
unser baugleiches<br />
Vorführmodell überstanden.<br />
Die Zerstörungsgrenze<br />
war ausreichend<br />
hoch. An dem Punkt<br />
20 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
sind die Belastungen so groß, dass ein Bauteil<br />
kaputt geht.<br />
Dass er wirklich oben ist, beweist die<br />
NOAA. Das ist die US-amerikanische Atmosphärenüberwachung.<br />
Mittels Radar verfolgen<br />
die jedes Objekt in Erdnähe ab einer gewissen<br />
Größe und geben ihm eine Kennung.<br />
So kann man jederzeit nachschauen, wo<br />
sich Wren gerade befindet.<br />
https://www.n2yo.com/satellite/?s=39435<br />
Firma gescheitert,<br />
Satellit gescheitert<br />
Schon ein paar Wochen vor dem Start hatten<br />
wir drei Gründer uns aber leider bereits<br />
zu sehr über das weitere Vorgehen nach<br />
Wren zerstritten, dass die Firma aufgelöst<br />
wurde. Firma gescheitert, Satellit gescheitert,<br />
aber immerhin oben. Zumindest meine<br />
Wette habe ich gewonnen. Ich musste übrigens<br />
in Ermangelung eines Wettpartners<br />
gegen mich selber wetten. So gewann ich<br />
leider nichts, aber aus Motivationssicht war<br />
es vielleicht das Beste. Wer möchte schon<br />
gegen sich selber verlieren?<br />
Und wer weiß, es gibt ziemlich viele<br />
Schubladen, in denen ziemlich viele Pläne<br />
liegen, daher wage ich folgende Wette: „Ich<br />
wette, dass demnächst etwas von der Erde<br />
zum Mond unterwegs ist!“<br />
Ich weiß, dass ich<br />
diese Wette gewonnen<br />
habe, gewinne<br />
und gewinnen werde<br />
in Vergangenheit,<br />
Gegenwart<br />
und Zukunft, da<br />
es immer stimmte,<br />
stimmt und stimmen<br />
wird, dass<br />
„etwas“ von der Erde zum Mond unterwegs<br />
ist, seitdem und solange beide als eigenständige<br />
Objekte gleichzeitig existieren, und<br />
diesen Satz verstehe ich als eine Art Ode an<br />
Mensa, wo man für sowas nicht schief angeschaut<br />
wird:<br />
Floreat Mensa!<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 21<br />
Meine Kernkompetenz und Antwort auf den Null-Zins: Der gut gemanagte<br />
Investmentfonds zum langfristigen Vermögensaufbau, zur Altersvorsorge<br />
und als Entnahmemodell als Alternative zur Rentenversicherung. Als<br />
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Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing.<br />
Michael Schulte, Finanzwirt (CoB)<br />
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Lindenstr. 14 · 50674 Köln
DER MENSANER VON NEBENAN<br />
Die ISS im<br />
Lego-Format.<br />
Konstruiert von<br />
Christoph Ruge.<br />
Foto: LEGO<br />
CHRISTOPH RUGE<br />
Auf den Spuren Daniel<br />
Düsentriebs …<br />
… oder: wenn LEGO-Steine ins All fliegen!<br />
Man kombiniere einen<br />
kreativen und tüftelwütigen<br />
Vollblut-Ingenieur mit einem<br />
Komponisten, Chorsänger<br />
und Musikliebhaber. Was<br />
dabei herauskommt? Let‘s<br />
meet: Christoph Ruge!<br />
Hallo Christoph, du bist ein<br />
sehr engagierter Mensaner<br />
und vielen im Verein bereits<br />
bekannt. Wie hast du von deiner<br />
Hochbegabung erfahren?<br />
Das habe ich erst als Erwachsener<br />
entdeckt. Meine Eltern und<br />
Geschwister sind vom selben<br />
Schlag wie ich, zu Hause bin<br />
ich somit nicht groß aufgefallen.<br />
Irgendwann erzählte meine<br />
Schwester von einer Bekannten,<br />
die Mensa-Mitglied geworden<br />
ist. Das fand ich spannend und<br />
ich habe mich für den nächsten<br />
Testtermin angemeldet. Kurz<br />
darauf bin ich bei Mensa eingetreten.<br />
Ein Mann der Tat also! Was<br />
hat dich an Mensa gereizt?<br />
Am Anfang war es vor allem<br />
Neugier. Wenn man Hochbegabung<br />
messen kann und es dafür<br />
eine Zahl gibt, dann wollte<br />
ich diese Zahl wissen. Meine<br />
erste richtige Mensa-Erfahrung<br />
war das europäische Jahrestreffen<br />
in Köln, eine richtige Großveranstaltung.<br />
Ich kannte dort<br />
tatsächlich niemanden, bin aber<br />
trotzdem hingefahren. Und<br />
nach dem Treffen kannte ich<br />
dann ganz viele (lacht). Darum<br />
empfehle ich auch allen Neulingen,<br />
die bei uns aufschlagen,<br />
22 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
eine der Großveranstaltungen<br />
zu besuchen.<br />
In diesem <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> steht das<br />
Thema Weltraum im Fokus. Du<br />
bist SIG-Sec der SpaceSIG, aber<br />
es gibt noch einen anderen Grund,<br />
warum du der perfekte Mensaner<br />
von nebenan für dieses Heft bist …<br />
… das mag vielleicht daran liegen,<br />
dass ich ein LEGO-Modell<br />
der Internationalen Raumstation<br />
ISS entworfen habe, welches<br />
seit Februar auch im Handel erhältlich<br />
ist.<br />
Arbeitest du für LEGO?<br />
Nein, ich bin Ingenieur, aber eigentlich<br />
entwerfe ich Züge und<br />
Bahnen. Mein ISS-Modell hat es<br />
über die Plattform LEGO Ideas<br />
(https://ideas.lego.com) auf den<br />
Ladentisch geschafft. Dort können<br />
Hobby-Entwickler eigene<br />
Entwürfe zur Abstimmung<br />
stellen. Schafft es dein Entwurf<br />
innerhalb eines definierten<br />
Zeitraums,<br />
10.000 Stimmen zu<br />
bekommen, schaut<br />
sich LEGO das Ganze<br />
an und entscheidet<br />
dann, ob es damit<br />
in Produktion<br />
gehen möchte.<br />
Wie bist du denn<br />
auf die Idee<br />
gekommen,<br />
eigene Modelle<br />
für LEGO zu<br />
entwerfen?<br />
Ich habe dem<br />
Sohn eines<br />
Freundes bei einem<br />
Schulprojekt<br />
geholfen. Ziel war<br />
es, einen „Stop-Motion-Film“<br />
mit LEGO-<br />
Männchen zu drehen. Er hatte<br />
natürlich viele LEGO-Steine<br />
und Figuren zu Hause, während<br />
ich am anderen Ende der Stadt<br />
keinen einzigen Stein vor mir<br />
liegen hatte. Also habe ich recherchiert,<br />
ob es Tools gibt, mit<br />
denen man LEGO-Modelle virtuell<br />
entwerfen kann, und siehe<br />
da: Ein ganzes Universum tat<br />
sich auf! Im Zuge der Recherche<br />
bin ich dann auf die LEGO Ideas<br />
Plattform gestoßen und fand<br />
das ein witziges Konzept. Letztendlich<br />
ist daraus ein richtiges<br />
Hobby entstanden.<br />
Und wie kam es dann<br />
dazu, dass du ein Modell<br />
der ISS entworfen hast?<br />
Eines Tages bekam ich durch<br />
Zufall einen LEGO-Stein in die<br />
Hand, eine Halbschale, der aussieht<br />
wie eine halbe Tonne (Designnummer:<br />
85941). Dabei<br />
hatte ich sofort den Gedanken:<br />
„Mensch, wenn man zwei davon<br />
verbindet, dann sieht diese<br />
„Tonne“ doch genauso aus,<br />
wie ein Modul der ISS. Den Rest<br />
müsste man doch auch hinbekommen!“<br />
Und dann ging es<br />
los …<br />
Wie lange hat es denn gedauert,<br />
bis das Modell fertig war?<br />
In Summe habe ich dreieinhalb<br />
Jahre daran<br />
gearbeitet. Mein Anspruch<br />
war es, das<br />
Original nachzubauen,<br />
doch der<br />
Teufel steckt hier<br />
im Detail. Die ISS<br />
wurde ja über etliche<br />
Jahre sukzessive<br />
aufgebaut.<br />
Stolzer Ingenieur<br />
mit seinem Werk.<br />
Foto: LEGO<br />
MENSA IM ALL<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 23
DER MENSANER VON NEBENAN<br />
Zwischendurch wurden auch<br />
Teile, die an einer Stelle verbaut<br />
waren, später an anderer<br />
Stelle montiert. Ich musste jedes<br />
Internet-Foto zunächst darauf<br />
prüfen, welcher Status und<br />
Bauzustand darauf abgebildet<br />
ist. Da habe ich durchaus den<br />
ein oder anderen Aha-Moment<br />
erlebt.<br />
Die orangefarbenen Solar-<br />
Module machen das Modell zu<br />
einem echten Hingucker. Sind<br />
diese also auch originalgetreu?<br />
Ja, das ist tatsächlich so. Die Solarzellen<br />
selbst sind zwar bläulich,<br />
aber die Folie, auf der sie<br />
aufgedampft sind, ist orange. Je<br />
nachdem von welcher Seite das<br />
Licht auf die Solar-Module fällt,<br />
erscheinen sie demnach blau<br />
oder teilweise sogar<br />
richtig knallig orange.<br />
Das war dann ja eine ganz<br />
schöne Detektiv-Arbeit!<br />
Das kann man so sagen. Es war<br />
aber eine total spannende Zeit.<br />
Da ich selber Ingenieur bin,<br />
habe ich wirklich großen Respekt<br />
vor der Leistung, ein solches<br />
Mega-Projekt unter Beteiligung<br />
von mehreren Nationen<br />
und Gesellschaften zu planen<br />
und umzusetzen. Im<br />
All fährst du halt nicht mal<br />
kurz zum Baumarkt, wenn<br />
ein Teil fehlt – da muss alles<br />
beim ersten Mal passen.<br />
LEGO hat für das finale<br />
Modell sogar mit der NASA<br />
zusammengearbeitet. Ich<br />
bin gespannt, was sie sich<br />
für das 20-jährige Jubiläum<br />
dieses Jahr im November einfallen<br />
lassen! Mein Traum wäre es<br />
natürlich, wenn sie ein LEGO-<br />
Modell zur ISS mitnehmen würden.<br />
Na ja, ins Weltall hat es dein<br />
Modell doch schon geschafft!<br />
Oh ja (lacht), das war ein großer<br />
Spaß! LEGO hat das ISS-Modell<br />
mit einem Wetterballon losgeschickt.<br />
Diese mit Helium ge-<br />
Andrang bei der Präsentation.<br />
Christoph Ruge muss viele<br />
Unterschriften leisten.<br />
Foto: Hasan Jensen,LEGO<br />
24 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA IM ALL<br />
füllten Ballons werden täglich<br />
zur Wetterermittlung gestartet.<br />
Sie steigen ungefähr 38.000 bis<br />
40.000 Meter. Das ISS-Modell<br />
war mit GPS-Trackern und vielen<br />
Kameras gespickt, sodass es<br />
auch tolle Aufnahmen von der<br />
Aktion gibt<br />
(http://mind-mag.de/link/legoiss).<br />
Christoph beim<br />
Komponieren am<br />
Synthesizer.<br />
Foto: Christian Besold<br />
Konntest du den Flug miterleben?<br />
Ja, ich war beim Start in Bad Pyrmont<br />
live dabei. Anschließend<br />
haben wir uns allesamt ins Auto<br />
gesetzt und sind hinterher gefahren.<br />
Es war ein sehr windiger<br />
Tag und es ist 300 Kilometer<br />
weit gekommen, fast bis nach<br />
Chemnitz.<br />
In der LEGO-Szene bist du<br />
mittlerweile eine Berühmtheit.<br />
Was war für dich das<br />
eindrucksvollste Erlebnis, seit klar<br />
war, dass deine ISS in Serie geht?<br />
Vor dem offiziellen Verkaufsstart<br />
fand im LEGO-Store in<br />
Nürnberg eine Signier-Stunde<br />
unter dem Titel „Triff den Designer“<br />
statt. Da sind 400 Leute<br />
zum Teil aus der halben Republik<br />
angereist, um das Set schon<br />
am Vortag zu kaufen. Das war<br />
schon ein tolles Gefühl.<br />
Wurde vor dem LEGO-Store<br />
auch gezeltet, um morgens<br />
der oder die erste zu sein?<br />
(lacht) Ganz so schlimm war es<br />
nicht! Aber es war schon ein wenig<br />
verrückt. Man konnte schon<br />
eine Stunde vor Beginn des<br />
Events beobachten, dass sich<br />
die Leute nur noch im Laden<br />
rumdrückten, um sich pünktlich<br />
zum Start in die Schlange<br />
stellen zu können.<br />
Hast du aktuell auch<br />
einen Entwurf bei LEGO<br />
Ideas eingestellt?<br />
Ja, ich habe das Modell einer<br />
norddeutschen Barock-Orgel<br />
im Stil von Arp Schnitger eingestellt.<br />
Bislang hat sie schon<br />
knapp 590 Stimmen, da muss<br />
also noch ein bisschen was kommen.<br />
Viele LEGO-Fans werden sich<br />
jetzt vielleicht fragen, ob man für<br />
diese virtuellen Tools Ingenieurs-<br />
Gene haben muss und ab welchem<br />
Alter sie genutzt werden können.<br />
Das LEGO-eigene Tool, den<br />
LEGO Digital Designer, kann<br />
man nutzen, sobald man hinreichend<br />
mit Computern umgehen<br />
Anzeige
DER MENSANER VON NEBENAN<br />
kann. Er ist sehr übersichtlich<br />
und einfach in der Bedienung.<br />
Es gibt aber auch komplexere<br />
und aktuellere Tools, wie zum<br />
Beispiel Studio von BrickLink.<br />
Ingenieurs-Gene braucht<br />
man dafür nicht, aber ein gutes<br />
räumliches Vorstellungsvermögen<br />
ist schon hilfreich. Das<br />
soll unter Ms aber ja ab und an<br />
mal vorkommen (lacht). Und<br />
die Tools fördern natürlich auch<br />
das dreidimensionale Denken.<br />
Bist du denn auch auf Social<br />
Media unterwegs und kann<br />
man dort vielleicht sogar<br />
Bauanleitungen von dir finden?<br />
Ich bin insbesondere auf Twitter<br />
aktiv (https://twitter.com/<br />
CERuge). Ich habe aber auch<br />
eine Homepage (http://design.<br />
christophruge.com), auf der ich<br />
aktuell zwei Anleitungen zur<br />
ISS eingestellt habe.<br />
Jetzt haben wir viel über die ISS<br />
gesprochen, beruflich bist du<br />
aber auf den Schienen unterwegs.<br />
Waren Züge und Bahnen schon<br />
immer eine Leidenschaft von dir?<br />
Ingenieur bin ich eigentlich von<br />
Geburt an! (lacht). Mein Interesse<br />
für Bahnen kam im Studium.<br />
Meine Hochschule lag an einer<br />
Bahnstrecke, auf der damals die<br />
neuesten Zug-Modelle erprobt<br />
wurden. Dieser spannende Ausblick<br />
aus dem Bibliotheksfenster<br />
hat irgendwas in mir getriggert.<br />
Während meine Mitstudierenden<br />
fleissig Computerzeitschriften<br />
gelesen haben, habe<br />
ich immer öfter in Eisenbahn-<br />
Fachzeitschriften geblättert.<br />
Wo kann man denn in eine<br />
deiner Bahnen einsteigen?<br />
Eines meiner neuesten<br />
Projekte ist die Entwicklung<br />
der neuen Berliner S-Bahn.<br />
Sie soll ab nächstem Jahr im<br />
Fahrgasteinsatz sein. Die gibt<br />
es von mir mittlerweile auch als<br />
LEGO-Modell. Aber auch hier in<br />
Erlangen fahren Bahnen herum,<br />
an deren Entwicklung ich beteiligt<br />
war.<br />
Wo lebst du deinen Erfinder-<br />
Drang denn sonst noch aus?<br />
Mein Faible fürs Tüfteln macht<br />
an der Bürotür natürlich nicht<br />
Halt. Seit einiger Zeit programmiere<br />
ich eine Haussteuerung<br />
für mein Zuhause. Das ist ein<br />
kleines Dauer-Projekt. Diesen<br />
Sommer habe ich eine Blumenbewässerungs-Automatisierung<br />
integriert. Meine Haustechnik<br />
sagt mir aber auch, wenn die<br />
echte ISS am Himmel zu sehen<br />
ist.<br />
„Wer die echte ISS am<br />
Himmel beobachten<br />
möchte, muss sich nicht<br />
die Nächte um die Ohren<br />
schlagen. Sie ist am Besten<br />
abends in der Dämmerung<br />
und früh morgens kurz<br />
vor der Dämmerung zu<br />
sehen, als hell leuchtender<br />
Punkt, der langsam von<br />
West nach Ost zieht.“<br />
Deine Kreativität lebst<br />
du aber nicht nur als<br />
Vollblut-Ingenieur. Du<br />
hast auch eine große<br />
Leidenschaft für Musik!<br />
Ja, die Musik ist ein wichtiger<br />
Teil in meinem Leben.<br />
Mein Vater ist Organist und<br />
ich bin mit Musik groß geworden.<br />
Ich singe in einem<br />
Chor: klassische, sakrale Musik<br />
und Oratorien. Vor Corona<br />
hatten wir auch regelmäßig<br />
Auftritte. Derzeit geht ja selbst<br />
das Proben leider nur eingeschränkt.<br />
Ich komponiere aber auch, allerdings<br />
in einer ganz anderen<br />
Musikrichtung: Ich mache<br />
elektronische Musik mit Synthesizern,<br />
das habe ich schon<br />
mit vierzehn Jahren angefangen.<br />
Mittlerweile gibt es zwei<br />
Alben von mir. Das Komponieren<br />
kommt aber eher in Wellen,<br />
das mache ich nicht jeden Tag.<br />
Am letzten Album habe ich zum<br />
Beispiel neun Monate gearbeitet,<br />
danach war erst mal wieder<br />
Ruhe. (Wer Lust hat reinzuhören:<br />
http://www.finestelectronicmusic.com).<br />
Lieber Christoph, lieben Dank<br />
für dieses spannende Gespräch.<br />
Gibt es noch etwas, was du<br />
gerne loswerden möchtest?<br />
Ich drücke den Stuttgartern für<br />
das JT 2021 ganz fest die Daumen!<br />
Und ich freue mich, wenn<br />
alle, die Nürnberg dieses Jahr<br />
gebucht haben, auch 2022 dabei<br />
sind!<br />
26 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Anzeige<br />
Einzel-Coaching und Seminare für Hochbegabte<br />
Irgendwann ist auch<br />
die Corona-Krise<br />
vorbei, trotzdem:<br />
Coaching funktioniert natürlich auch virtuell!<br />
Wir klären das von Fall zu Fall. Die Mischung aus<br />
Präsenz- und virtuellen Treffen hat sich bewährt!<br />
Wir finden einen Weg!<br />
Das Seminar für hochbegabte Finder im Oktober ist ausgebucht.<br />
Nächste Termine demnächst auf www.coaching-fuer-hochbegabte.de<br />
Endlich ist sie raus! Die komplette Überarbeitung von „Wie ich<br />
werde, was ich bin. Hochbegabung: Navigation für Erwachsene“<br />
(Titel der ersten Ausgabe: „Wie ich werde, was ich bin. (Selbst-)<br />
Coaching für hochbegabte Erwachsene“). 452 Seiten, € 26,90<br />
Das Buch klärt auf über das Phänomen Hochbegabung, gibt Einblick<br />
in das Seelenleben, Erfolge und als Misserfolge erlebte Ereignisse<br />
im Leben vieler Hochbegabter. Es enthält Interviews mit Hochbegabten<br />
von 2010, ergänzt um erneute Befragungen nach fast zehn<br />
Jahren und einige neue Interviewpartner. Das offenbar zu große<br />
Hoffnungen generierende kurze Kapitel Selbstcoaching ist in dieser<br />
Auflage entfallen. Dafür wurden viele Aspekte um neu hinzugekommene<br />
Erkenntnisse und Erfahrungen der letzten Jahre ergänzt.<br />
Natürlich auch zu beziehen über unsere Buchhandlung:<br />
www.buchhandlungsattler.de<br />
Der Pessimist klagt über den Wind, der Optimist hofft, dass er dreht und der Realist<br />
richtet die Segel aus!<br />
Sir William Ward
MENSA IM ALL<br />
Völlig losgelöst:<br />
Christoph Ruge, Christian Bosch,<br />
Andreas Wohlfeld, Ramona Koppik (v.l.)<br />
beim EMAG 2017 in Barcelona.<br />
Fotos: privat<br />
RAMONA KOPPIK UND CHRISTOPH RUGE<br />
Science and Fiction<br />
in Space – das geht auch<br />
auf der Erde!<br />
Die SpaceSIG stellt sich vor.<br />
K<br />
ennt ihr das bei Mensa?<br />
Man sitzt zusammen, unterhält<br />
sich gut und stellt auf<br />
einmal fest, der oder die andere<br />
hat genau die gleiche Passion?<br />
In unserem Fall für Star<br />
Trek und Science-Fiction, sowie<br />
die Frage nach dem Sinn des<br />
Lebens. (Die Antwort 42 kennen<br />
wir natürlich …). So kam<br />
beim Abschiedsbrunch in Regensburg<br />
2017 schnell die Frage<br />
auf: Mensch, wir sind Nerds bei<br />
Mensa, gibt‘s da nicht eine SIG<br />
für? – Wenn nicht, dann müssen<br />
wir sie gründen!<br />
Ein Blick ins eMVZ verriet:<br />
Was? Noch nicht?! – Gesagt, getan,<br />
eine Woche später war sie<br />
gegründet, die SIG „Science and<br />
Fiction in Space“!<br />
Anscheinend ging es vielen so<br />
wie uns SIG-Secs, denn knapp<br />
drei Jahre nach unserer Gründung<br />
zählt die SIG schon stolze<br />
197 Mitglieder (Stand 31. Juli<br />
2020).<br />
28 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Was tun wir denn nun alles?<br />
Uns vernetzen! Und zumindest<br />
in der Prä-Corona-Zeit (ihr erinnert<br />
euch, man konnte sich<br />
noch face-to-face in beliebiger<br />
Anzahl treffen) hatten wir auch<br />
verschiedene Highlights wie einen<br />
gemeinsamen Besuch der<br />
FedCon in Bonn (die Wiederholung<br />
steht noch aus) oder auch<br />
einer interessanten Star-Trek-<br />
Ausstellung am Bodensee. Auf<br />
dem EMAG in Barcelona trifft<br />
man ebenso auf SIG-Mitglieder<br />
wie natürlich auf dem Mensa-<br />
Jahrestreffen (JT).<br />
Auf dem JT bieten wir das inzwischen<br />
unter Insiderinnen<br />
und Insidern schon legendäre<br />
SpaceSIG-PubQuiz an. Es findet<br />
bei ihnen wie bei Neulingen immer<br />
großen Anklang. Mit diesem<br />
Angebot sind wir derzeit<br />
die einzige Instanz, die den Teilnehmenden<br />
ihren individuellen<br />
Sci-FiQ ermittelt und bescheinigt!<br />
Für das nächste Quiz, das im<br />
Rahmen des JT in Stuttgart 2021<br />
hoffentlich wieder live und in<br />
persona stattfinden kann, haben<br />
wir uns sogar besondere<br />
Preise ausgedacht! Selbstgehäkelte<br />
Mini-Yodas (alles Unikate)!<br />
Vielen Dank an dieser Stelle an<br />
Caro Wimmer, die ihre Corona-<br />
Zeit hier für uns sinnvoll nutzte.<br />
Dazwischen nutzen wir hauptsächlich<br />
E-Mail oder unsere eigene<br />
WhatsApp-Gruppe für<br />
die Kommunikation. Auch unser<br />
Newsletter gehört dazu, in<br />
dem Neuigkeiten zu Serienstarts<br />
oder gemeinsame Termine<br />
veröffentlicht werden. Alles<br />
lebt natürlich vom Engagement<br />
und den Interessen der einzelnen<br />
Mitglieder – und so kommen<br />
in der SpaceSIG nicht nur<br />
Star-Trek- und Star-Wars-Fans<br />
auf ihre Kosten, wir haben auch<br />
eine lebendige Dr.-Who-Community.<br />
Fans des Modellbaus<br />
von Raumschiffen gibt es ebenso<br />
wie wissenschaftlich an der<br />
Raumfahrt interessierte Ms. Die<br />
SpaceSIG ist so bunt wie ihre<br />
Mitglieder selbst.<br />
Das Jahr im<br />
Zeichen der ISS<br />
Welche Highlights hat das Jahr<br />
2020 uns bereitet? Es gab Strategien<br />
von Astronauten, welche<br />
helfen, wenn man sich während<br />
der Ausgangssperre zu Hause<br />
eingeengt fühlt. In Großbritannien<br />
forderten Roboter aus<br />
„Doctor Who“ zur Selbstisolation<br />
auf und „Live long and prosper“<br />
hat sich als kontaktlose<br />
Grußformel vielleicht noch weiter<br />
durchsetzen können.<br />
Das Live-Andocken der Dragon-Kapsel<br />
von SpaceX an der<br />
ISS konnten wir zumindest virtuell<br />
gemeinsam mitverfolgen.<br />
Ein ambitioniertes Mitglied<br />
hat Gerüchten zufolge sogar zu<br />
Hause speziell für diesen Anlass<br />
eine Leinwand aufgebaut und<br />
das Ereignis gestreamt. Falls<br />
euch langweilig ist, könnt ihr<br />
sogar die Dragon-Kapsel im eigenen<br />
Simulator ausprobieren<br />
und selbst die Kapsel an der ISS<br />
Klingonisches Bat'leth und<br />
traditionelle Bekleidung<br />
bei einer Star Trek Ausstellung.<br />
andocken: https://iss-sim.spacex.com/<br />
Das Jahr steht für uns jedoch<br />
eindeutig auch im Zeichen der<br />
ISS. Ein Highlight Anfang des<br />
Jahres war Christophs Vorstellung<br />
seiner selbst entworfenen<br />
ISS im Lego Store in Nürnberg.<br />
(Siehe Geschichte ab Seite 22).<br />
In letzter Zeit ist es Coronabedingt<br />
ruhiger geworden in<br />
der SIG. Allerdings können wir<br />
auch alleine und völlig socialdistancing-konform<br />
Kometen<br />
und Sterne beobachten, und irgendwie<br />
sind wir dabei ja auch<br />
vereint, egal an welchem Ort.<br />
Großartiges Highlight im Juli<br />
– für die unter uns mit Teleskopen<br />
oder sehr guten Augen –<br />
die Beobachtung des Kometen<br />
C/2020 F3 (NEOWISE) mit seinem<br />
beeindruckenden Schweif!<br />
Wer diesen Durchgang verpasst<br />
hat, dem sei zur Beruhigung<br />
versichert: Der Komet<br />
kommt auf seiner Umlaufbahn<br />
wieder vorbei! Schätzungen zufolge<br />
so um das Jahr 8.880 herum.<br />
Ebenso konnten wir auch<br />
dieses Jahr wieder zahlreiche<br />
Sternschnuppen der Perseiden<br />
beobachten.<br />
Einen kleinen Ausblick möchten<br />
wir allen jedoch noch mitgeben:<br />
Wir planen in den Cyberspace<br />
zu entschwinden und<br />
auf einem Mensa-eigenen „Holodeck“<br />
einen monatlichen Online-Stammtisch<br />
zu verschiedenen<br />
Themen-Schwerpunkten<br />
ins Leben zu rufen. „Stay tuned“<br />
– wir halten euch bei Neuigkeiten<br />
dazu auf dem Laufenden.<br />
In diesem Sinne: Live long and<br />
prosper,<br />
eure SIG-Secs<br />
Ramona und Christoph<br />
SPACE-SIG<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 29
MENSA IM ALL<br />
TINA ZEJEWSKI<br />
Spiele im Weltraum<br />
Tipps für einen spacigen Abend.<br />
Beim Stichwort Space schlagen nicht nur die Herzen der Ms in der SpaceSIG höher! Auch<br />
beim <strong>MinD</strong>-Spielepreis war das Sujet in den letzten Jahren gut vertreten. Neben den<br />
Mensanerlieblingen „Gaia Project“ und „Terraforming Mars“ gibt es viele weitere analoge<br />
und digitale Spiele, von denen euch Mitglieder der Spiele-SIG hier einige präsentieren.<br />
Terraforming Mars<br />
A<br />
m Anfang ist der Mars kalt,<br />
karg und ohne Atmosphäre.<br />
Die Spielerinnen und Spieler<br />
übernehmen einen Konzern<br />
und sorgen mit Projekten für<br />
Wärme, Wasser, Pflanzen und<br />
Sauerstoff. Die Projekte haben,<br />
zumindest vereinfacht gesehen,<br />
einen wissenschaftlichen<br />
Bezug und oft entsprechende<br />
Bedingungen. So kann man<br />
zum Beispiel das Projekt „Wolkenimpfung“<br />
zur Erhöhung der<br />
Pflanzenproduktion erst starten,<br />
wenn der Mars mindestens<br />
drei Ozeanfelder hat. Das Spiel<br />
ist anspruchsvoll und komplex,<br />
eignet sich auch zum Spiel zu<br />
zweit und motiviert wegen des<br />
vielfältigen Aufbaus zum wiederholten<br />
Spielen. Wer zusätzlich<br />
noch mehr Abwechslung<br />
möchte, kann zu einer der vielen<br />
Erweiterungen greifen, die<br />
neben neuen Karten für Projekte<br />
und Konzerne auch neue Mechanismen<br />
ins Spiel bringen.<br />
Ab 12 Jahren, für 1 bis 5 Terraformer,<br />
Spieldauer circa 90<br />
bis 120 Minuten, erscheint bei<br />
Schwerkraft für circa 60 Euro.<br />
Empfohlen von<br />
Wolfgang Nedvidek<br />
Gaia Project<br />
B<br />
ei diesem Strategieschwergewicht<br />
wählen sich ein<br />
bis vier Personen – der Solomodus<br />
ist hervorragend<br />
– eines aus 14 verschiedenen<br />
Völkern, um sich in sechs<br />
Spielrunden durch komplexes<br />
Ressourcenmanagement im All<br />
auszubreiten. Neben Grundressourcen<br />
(Erz, Geld, Macht im<br />
Kreislauf wie in „Terra Mystica“)<br />
sammelt man Wissen für die<br />
Entwicklung seines Volks (höheres<br />
Einkommen oder Reichweite,<br />
erleichterte Expansion).<br />
Jedes Volk hat eigene Heimatplaneten<br />
und Fähigkeiten,<br />
die idealerweise zu<br />
den Runden- und Endzielen<br />
passen. Alle Ziele,<br />
Boni und der puzzleartig<br />
immer neu gelegte<br />
Spielplan sind zu Beginn<br />
festgelegt, sodass<br />
es keinen Zufallsfaktor<br />
gibt und trotzdem jedes<br />
Spielset anders ist.<br />
Ab 12 Jahren, für 1<br />
bis 4 Ressourcenmanager,<br />
Spieldauer circa<br />
60 bis 150 Minuten, erscheint<br />
bei Feuerland für circa<br />
60 Euro.<br />
Empfohlen von Martin Brüning<br />
30 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
SPIELE<br />
Space Beans<br />
Z<br />
um Glück muss man sich<br />
auf seiner Reise durchs<br />
All nicht nur von gepökeltem<br />
Fleisch und Trockenobst ernähren:<br />
Bei „Space Beans“ aus<br />
der Bohnanza-Reihe sammelt<br />
man Darthbeans und Alienhülsenfrüchte<br />
in zwei Gärtchen<br />
aka Spalten. Jede Bohnenkarte<br />
ist mit einer Zahl von eins bis<br />
neun versehen. Ist bei der Ernte<br />
von beispielsweise sechs Karten<br />
auch die „6“ auf einer Karte<br />
vorhanden, bringt die Bohnenernte<br />
sechs Siegpunkte ein.<br />
Falls nicht, verrottet das Gemüse.<br />
Wegen des recht simplen<br />
Spielprinzips ist „Space Beans“<br />
ein gutes Absackerspiel, das<br />
durch seine liebevoll-nerdigen<br />
Illustrationen, allesamt Anspielungen<br />
auf kinematografische<br />
SciFi-Klassiker, überzeugt und<br />
dazu einlädt, sich eigene Spielvarianten<br />
auszudenken.<br />
Ab 8 Jahren, für 2 bis 6 Bohnenfans,<br />
Spieldauer circa 45 Minuten,<br />
gebraucht von Amigo für<br />
circa 15 Euro.<br />
Empfohlen von Tina Zejewski<br />
Space Empires<br />
E<br />
in Spiel der Kategorie „4X“:<br />
Das steht für eXplore, hier<br />
den Weltraum mit Schiffen, eXpand,<br />
die Kolonisierung und<br />
ökonomische Nutzung des Alls<br />
Fotos: frontier.co.uk, feuerland-spiele.de, Tina Zejewski<br />
durch Ressourcenförderung,<br />
eXploit, die schnelle Nutzung<br />
dieser Infrastruktur, um eine<br />
schlagkräftige Armada aus unterschiedlichsten<br />
Schiffstypen<br />
zu bauen und aufzurüsten, und<br />
eXterminate, die Auslöschung<br />
der feindlichen Schiffe und Kolonien.<br />
„Space Empires“ ist ein<br />
Wargame in bester Tradition,<br />
das Spiel auf dem Brett und das<br />
Bookkeeping wechseln sich in<br />
angenehmer Weise ab. Für Erfahrene<br />
ist das Spiel wie so oft<br />
bei GMT auch im Solomodus<br />
möglich.<br />
Ab 12 Jahren, für 1 bis 4<br />
Schiffsbauer, Spieldauer circa<br />
zwei bis sechs Stunden, erscheint<br />
bei GMT Games für circa<br />
75 Euro.<br />
Empfohlen von Hannes Roever<br />
Elite: Dangerous<br />
400<br />
Milliarden Sternensysteme,<br />
davon<br />
etwa 150.000 den realen<br />
Verhältnissen in der Milchstraße<br />
nachgebildet – wer sich in<br />
„Elite: Dangerous“ im interstellaren<br />
Handel, Schmuggel, Erzförderung,<br />
Kartographie, Kopfgeldjagd<br />
oder Piraterie verdingt,<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 31
MENSA IM ALL<br />
wird in der riesigen, offenen<br />
Multiplayer-tauglichen Spielwelt<br />
immer wieder auf Neues<br />
stoßen. Auf mutige Raumschiffpiloten<br />
und -pilotinnen<br />
warten Reichtum, Prestige, aber<br />
auch politische Konflikte und<br />
Intrigen, befeuert durch federführende<br />
Charaktere der drei<br />
Machtblöcke der Galaxie: Föderation,<br />
Imperium und Allianz.<br />
Wer ein VR-Set verwendet,<br />
auf den wirkt alles sogar noch<br />
etwas größer und immersiver.<br />
Das Remake von David Brabens<br />
8-Bit-3D-Epos „Elite“ aus den<br />
1980er Jahren weiß wie auch<br />
schon sein Vorgänger auf Dauer<br />
zu fesseln und bietet schöne<br />
Reminiszenzen an das Original –<br />
wie zum Beispiel das kubrickeske<br />
Abspielen des Donauwalzers<br />
beim automatischen Andockmanöver.<br />
Ab 12 (USK) beziehungsweise 7<br />
Jahren (PEGI), Einzelspieler- sowie<br />
Multiplayermodus auf Microsoft<br />
Windows, macOS, Xbox<br />
One und PlayStation 4, unbegrenzte<br />
Spielzeit, erscheint bei<br />
Frontier Developments für circa<br />
25 Euro.<br />
Empfohlen von Maren Arnhold<br />
On Mars<br />
E<br />
ine Hälfte des Spielplans<br />
zeigt die Marsoberfläche,<br />
auf der wir unsere Kolonie aufbauen,<br />
die andere Hälfte zeigt<br />
den Orbit, wo wir uns auf der<br />
Raumstation mit Ressourcen,<br />
Bauplänen und Technologien<br />
ausrüsten können. Jeder Spieler<br />
und jede Spielerin besitzt ein<br />
eigenes Spielerboard, das mit<br />
Arbeitern, Raketen, Gebäuden,<br />
Foto: Eagle-Gryphon Games<br />
Fahrzeugen und Unterkünften<br />
ausgestattet ist. Wir reisen zwischen<br />
Orbit und Marsoberfläche<br />
hin und her. Man sollte genau<br />
vorausplanen, was man auf dem<br />
Mars bauen möchte, um sich im<br />
Orbit die passenden Ressourcen<br />
oder Technologien zu besorgen.<br />
Auch die Wahl der Startreihenfolge<br />
kann sehr entscheidend<br />
sein. Die möglichen Aktionen<br />
selbst sind relativ leicht<br />
verständlich, aber sehr zahlreich,<br />
und durch die Verzahnung<br />
entstehen eine hohe Dichte<br />
und viele Abhängigkeiten, so<br />
wie es sich für ein Expertenspiel<br />
gehört und für Vital Lacerda typisch<br />
ist.<br />
Die Spieldauer kann bis zu<br />
vier Stunden betragen, aber sie<br />
vergeht bei diesem Spiel wie im<br />
Flug!<br />
Ab 14 Jahren, für 1 bis 4 Kolonisten,<br />
Spieldauer circa zwei bis<br />
vier Stunden, erscheint bei Skellig<br />
Games für circa 134 Euro.<br />
Empfohlen von Beate Heinke<br />
Kerbal Space Program<br />
W<br />
er auf den Weltraum<br />
steht und es liebt, in einer<br />
grandiosen Sandbox seine eigene<br />
Kreativität (und Unfähigkeit)<br />
auf die Probe zu stellen, ist bei<br />
diesem Spiel goldrichtig: Du bist<br />
Chef einer Weltraumbehörde<br />
auf einem kleinen Planeten voller<br />
liebenswürdiger, mitunter<br />
etwas dummer, aber stets sehr<br />
risikofreudiger grüner Männchen<br />
– oder, je nach Spielmodus,<br />
deren Chef-Wissenschaftler.<br />
Im umfangreichen Wiki<br />
zum Thema KSP lernst du, wie<br />
Treibstoffmengen, Luftwiderstand,<br />
Gravitation und Masse<br />
zusammenspielen, was Swingbymanöver<br />
sind und wie du lange<br />
vor Elon Musk auf dem Mars<br />
(beziehungsweise Duna) landen<br />
kannst. Während du zu Beginn<br />
mit einfachen Mitteln und Bauteilen<br />
Raketen (oder Flugzeuge,<br />
Helikopter, Rover, …) baust,<br />
erlebst du hautnah, warum es<br />
heißt: „Getting to space is easy,<br />
the problem is staying there.“<br />
Ab 0 (USK) beziehungsweise<br />
3 Jahren (PEGI), Einzelspielermodus<br />
auf Microsoft Windows,<br />
macOS, Linux, Xbox One<br />
und PlayStation 4, unbegrenzte<br />
Spielzeit, verfügbar via Steam<br />
oder direkt beim Publisher Private<br />
Division für circa 40 Euro.<br />
Empfohlen von Thomas<br />
Mersmeyer und Hannes Roever<br />
Wer die vorgestellten Titel abgespielt<br />
hat, kann sich auf seinem<br />
galaktischen Themenabend<br />
noch mit dem komplexen<br />
Schwergewicht „Leaving Earth“<br />
(Lumenaris) sowie den schnelleren<br />
„Race for the Galaxy“ (Pegasus),<br />
„Catan – Sternfahrer“ (Kosmos),<br />
„Eminent Domain“ (Pegasus),<br />
„Galaxy Trucker“ (CGE/<br />
Heidelberger) und „Space Mission“<br />
(Schmidt) vergnügen.<br />
32 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
DIE LIEBEN KLEINEN<br />
NATALIE LEHMANN<br />
Mamaaa – ist Hitler<br />
ein Zombie?<br />
Wenn Kinder ans Eingemachte gehen.<br />
Seit der Geburt unserer Kinder habe ich mich in viele neue Rollen eingearbeitet: Ernährungsund<br />
Gesundheitsexpertin, Streitschlichterin, Trösterin, Salzteigbäckerin, Höhlenbauerin<br />
und vieles mehr. Wenn sich der Nachwuchs darüber hinaus täglich Gedanken über die Welt<br />
und das Universum macht, kommt eine weitere Aufgabe hinzu: Willkommen in meinem<br />
Leben als Kleinkind-Professorin. Erforderliche Qualifikationen? Die Fähigkeit, komplexe<br />
Dinge klar und mit einfachen Worten zu erklären, Geduld und Mut!<br />
„Mamaaaa, was ist eigentlich ein<br />
Kack-Nazi?“<br />
Uff, eigentlich war ich gerade<br />
dabei, ein gesundes und für alle<br />
Familienmitglieder akzeptables<br />
Mittagessen auf den Tisch zu<br />
bringen. Da hat mich unser Fünfjähriger<br />
mal wieder kalt aus dem<br />
„Kack-Nazi“<br />
aus Kindersicht<br />
Hinterhalt erwischt. In der Hoffnung,<br />
das Thema relativ schnell, Copyright:<br />
Natalie Lehmann<br />
aber politisch korrekt abzuhaken,<br />
fällt meine Antwort entsprechend<br />
knapp aus.<br />
„Na ja, das sind Leute, die denken,<br />
dass sie selbst bessere Menschen sind und nicht alle<br />
Menschen gleich viel wert sind. Die sagen dann zum<br />
Beispiel schlimme Sachen über Menschen, die aus anderen<br />
Ländern kommen.“<br />
Schweigen aus der anderen Ecke der Küche. Vielleicht<br />
besteht doch noch Hoffnung, die Abfütterung<br />
pünktlich über die Bühne zu bekommen?<br />
Ich beeile mich, Besteck aus der Schublade zu<br />
sammeln und fange an, den Tisch zu decken.<br />
Aber wo denke ich hin – der Junior<br />
nimmt nur Anlauf.<br />
„Und was sagen die dann?“<br />
Ich kapituliere, drehe den Herd,<br />
auf dem das Nudelwasser sprudelt,<br />
herunter, schnappe mir das Kind<br />
und lasse mich auf den nächstbesten<br />
Küchenstuhl plumpsen. Es<br />
bringt ja alles nichts. Er wird mich<br />
nicht davonkommen lassen, ehe<br />
das Thema aus seiner Sicht erschöpfend<br />
abgehandelt ist.<br />
„Na ja, die sagen dann zum Beispiel,<br />
dass Menschen mit einer anderen Hautfarbe nicht in<br />
Deutschland wohnen sollen.“<br />
„Warum denn nicht, das ist doch egal, welche Hautfarbe<br />
man hat?!“<br />
„Ja ganz genau, da hast du vollkommen recht. Nazis<br />
sehen das leider anders. Darum müssen wir uns auch<br />
alle wehren, wenn die so blöde Sachen sagen.“<br />
„Sind das also böse Menschen?“<br />
Ich zaudere kurz, entscheide mich dann aber für<br />
die einfache Schwarz-Weiß-Version:<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 33
DIE LIEBEN KLEINEN<br />
„Ja, das könnte man schon so sagen, nicht bei allem,<br />
aber wenn die sowas sagen, dann schon.“<br />
„Sind die so böse wie der eine Mann?“<br />
„Wen meinst du, Hitler?“<br />
„Ja den mein ich. Der hat doch so viele Menschen tot<br />
gemacht.“<br />
„Ja, der Hitler mochte es auch nicht, wenn Menschen<br />
anders waren als er. Der war auch<br />
ein Kack-Nazi, aber ein ganz besonders<br />
schlimmer. Und weil damals<br />
viele Menschen toll fanden,<br />
was der Hitler gesagt hat, haben<br />
sie ihn zum Chef von Deutschland<br />
gemacht. Das war eine sehr<br />
schlimme Zeit.“<br />
Mein Mann betritt die Küche<br />
und schaut mich fragend an. Er<br />
War Hitler ein<br />
hat den letzen Satz wohl mitgehört.<br />
Ich zucke mit den Schul-<br />
Zombie?<br />
tern: „Er wollte wissen, was ein<br />
Kack-Nazi ist.“ Meine bessere<br />
Hälfte nickt verständnisvoll. Er<br />
weiß, welche Odyssee ich schon<br />
hinter mir habe. Erleichterung<br />
blitzt in seinen Augen auf. Dieses<br />
Mal ist er davongekommen.<br />
Er hatte beim Frühstück nämlich das Vergnügen,<br />
den Unterschied zwischen Gespenstern, Geistern<br />
und Zombies zu erklären, während ich von unserer<br />
Achtjährigen erfahren habe, dass das Wort<br />
Zombie auf einer Kinderlieder-CD aufgetaucht ist.<br />
Er nimmt mir grinsend das restliche Besteck aus<br />
der Hand, deckt den Tisch zu Ende und dreht das<br />
Nudelwasser auf. Ich widme mich derweil wieder<br />
dem kleinen, neugierigen Wesen auf meinem<br />
Schoß.<br />
„Lebt der Hitler eigentlich noch?“<br />
„Nein, der ist schon fast 80 Jahre tot!“<br />
„Oh, war der ganz arg alt und krank und sein Körper<br />
hat nicht mehr funktioniert?“<br />
Na klar, war der geistig krank, aber das würde den<br />
Rahmen hier jetzt wohl sprengen.<br />
„Nein, der war noch nicht so alt. Aber er hat sich selber<br />
erschossen, als er gemerkt hat, dass er den Krieg<br />
nicht mehr gewinnen kann. Er wollte nicht verhaftet<br />
werden.“<br />
Die letzten Worte haben meinen Mund noch<br />
nicht vollständig verlassen, da bereue ich es<br />
schon. Warum habe ich nicht einfach gesagt, dass<br />
er im Krieg erschossen wurde? Jetzt ist es zu spät,<br />
die Quittung kommt ohne Umschweife:<br />
„Aber wieso denn? Verhaftet werden ist doch nicht<br />
so schlimm wie tot sein?!“<br />
Wie komme ich aus dieser<br />
Nummer wieder heraus? „Sackgasse!“,<br />
schreit meine innere<br />
Stimme.<br />
„Na ja, im Gefängnis wären sie<br />
wohl nicht sehr nett zu ihm gewesen<br />
nach den schlimmen Sachen,<br />
die er gemacht hat.“<br />
„Ist der jetzt im Himmel?“<br />
„Brrrrrrrrr!“, der Küchen-Timer<br />
klingelt, die Nudeln sind fertig.<br />
Danke, danke, danke! Das verschafft<br />
mir eine Verschnaufpause.<br />
Eine Diskussion über Himmel<br />
und Hölle übersteigt gerade<br />
meine Kräfte.<br />
Aber erstaunlicherweise wird<br />
das Thema nach dem Mittagessen<br />
nicht mehr aufgewärmt. Erleichterung<br />
macht sich in mir breit.<br />
Solche und ähnliche Diskussionen sind bei uns<br />
an der Tagesordnung, mittlerweile haben wir daher<br />
eine gewisse Routine entwickelt.<br />
Vom Panikmodus zu<br />
souveräner Gelassenheit<br />
Als unsere Tochter, damals drei Jahre alt, aus dem<br />
Kindergarten kam und wissen wollte, wer denn<br />
die Eltern von Adam und Eva waren, wenn das<br />
doch die ersten Menschen auf der Welt waren, hat<br />
uns das noch ziemlich ins Schwitzen gebracht.<br />
Heute bringt mich auch ein aus der Hüfte geschossenes<br />
„Mama, wie weit reicht die Anziehungskraft<br />
von einem schwarzen Loch?“ nicht mehr aus<br />
der Fassung. Ich weiss nicht, wie oft ich schon ein<br />
Dankesgebet an die Erfinder von Google, Wikipedia<br />
und Co. gesprochen habe. Wie haben unsere<br />
eigenen Eltern das bitteschön gemacht!?<br />
34 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
DIE LIEBEN KLEINEN<br />
Ein Kind stellt pro Tag durchschnittlich 500 Fragen.<br />
Eltern müssen demnach eine ganze Menge<br />
leisten, wenn sie jede Frage ernsthaft beantworten<br />
wollen. Natürlich sind nicht alle dieser Fragen<br />
hochphilosophisch. Von „Warum pupst man<br />
aus dem Po und nicht aus dem Mund?“ bis „Warum<br />
verlieren Bienen ihren Stachel, wenn sie stechen?“ ist<br />
alles vertreten. Da braucht es<br />
eben Geduld und manchmal<br />
„Kack-Nazi“,<br />
auch einen Taschenspielertrick<br />
weiblich.<br />
(„Frag das doch mal deine Erzieherin,<br />
die kann das bestimmt super<br />
erklären!“). Je nach Alter des<br />
Kindes kann man sich glücklicherweise<br />
auch Unterstützung<br />
bei den Medien holen, um die<br />
Neugier bei eher wissenschaftlichen,<br />
technischen oder praktischen<br />
Fragen zu stillen.<br />
Die Reise zum<br />
wunden Punkt<br />
Eine Frage treibt mich allerdings<br />
auch nach all den Jahren<br />
immer noch um: Wie geht<br />
man mit den „schwierigen“<br />
oder komplexen Themen um, insbesondere dann,<br />
wenn das Kind diese im Vergleich zu seinen Altersgenossen<br />
schon sehr früh stellt? Wie viel Information<br />
kann man ihm zumuten?<br />
Tief in mir steckt der Wunsch, unseren Kindern<br />
so lange wie möglich das sichere Gefühl von „alles<br />
ist gut auf dieser Welt“ zu geben, sie möglichst<br />
lange den unbesorgten Zustand von kindlicher<br />
Naivität genießen zu lassen. Die Realität kommt<br />
noch früh genug. Anfangs habe ich daher versucht,<br />
diese Fragen eher knapp und schlicht zu<br />
beantworten. Damit waren die Kinder aber nie zufrieden.<br />
Ich erinnere mich noch genau an den Moment,<br />
als wir nicht mehr darum herum kamen, den Kindern<br />
zu eröffnen, dass jeder Mensch irgendwann<br />
sterben muss. Für mich fühlte sich das an wie die<br />
Vertreibung aus dem Paradies, vermutlich weil der<br />
Tod für mich selbst ein schwieriges Thema war.<br />
Es folgten wochenlange Diskussionen über das<br />
Sterben, ein Leben nach dem Tod, den Himmel,<br />
Wiedergeburt und alles, was dazu gehört. Als<br />
mich unsere damals vierjährige Tochter mit Tränen<br />
in den Augen fragte, wie wir uns im Himmel<br />
denn wiederfinden sollen, wenn wir doch gar keinen<br />
Körper mehr haben, hat es mir fast das Herz<br />
zerrissen. Gleichzeitig war diese Zeit für mich beinahe<br />
wie eine Therapie. Vermutlich sind Kinderfragen<br />
aus diesem Grund teilweise<br />
so unbequem – weil sie einem<br />
die eigenen Ängste und blinden<br />
Flecken auf dem Silbertablett<br />
präsentieren.<br />
Auch wenn mich unsere Diskussionen<br />
am wunden Punkt daher<br />
schon einige Nerven und Tränen<br />
gekostet haben: Ich möchte<br />
sie um nichts in der Welt missen.<br />
Der „Elefant im Raum“<br />
will gefüttert werden<br />
Wie geht man also pädagogisch<br />
sinnvoll an die Sache heran? Leider<br />
haben auch die Experten kein<br />
Patentrezept. Einigkeit besteht<br />
jedoch darin, dass man sich auf<br />
das Kind in der konkreten Situation<br />
einlassen soll, beim Erklären auch mal eine<br />
Pause einlegt, Rückfragen stellt, dabei genau beobachtet,<br />
wie das Kind reagiert, und eine verständliche<br />
Wortwahl trifft.<br />
Es mag zwar verlockend sein, schwierige Themen<br />
„weichzuspülen“ und beschönigende Metaphern<br />
zu verwenden. Damit tut man insbesondere<br />
kleinen Kindern aber keinen Gefallen, weil diese<br />
solche Aussagen noch wörtlich nehmen.<br />
Wer dem Kind zum Beispiel erklärt, der Opa sei<br />
eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht, riskiert,<br />
dass das Kind eine panische Angst vor dem<br />
Schlafen entwickelt. Eigentlich total logisch – und<br />
dennoch kann ich aus eigener Erfahrung sagen,<br />
wie schwer es fällt, bei solchen Themen deutliche<br />
Worte zu finden.<br />
Letztendlich haben wir für uns entschieden,<br />
dass wir aufhören werden, Ratgeber zu wälzen<br />
und lieber unserer Intuition folgen. Rückblickend<br />
sind wir damit bislang einigermaßen gut durchgekommen<br />
und haben bei jeder schwierigen Fra-<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 35
DIE LIEBEN KLEINEN<br />
Er muss leider<br />
draußen bleiben:<br />
Der Führer vor<br />
dem Himmelstor.<br />
ge dazugelernt, auch dass die Kinder durchaus unterschiedliche<br />
Bedürfnisse haben.<br />
Die folgenden Tipps sind daher lediglich ein<br />
Versuch, unsere Erfahrungswerte und Familienregeln<br />
zu Papier zu bringen, die wir – wie ich beim<br />
Aufschreiben erkannt habe – größtenteils unbewusst<br />
angewandt haben:<br />
• Ehrlich antworten: Kinder merken sich alles,<br />
was man erzählt. Und sie haben ganz feine Antennen<br />
für Unstimmigkeiten. Die Wahrheit<br />
kommt irgendwann ohnehin raus. Und dann<br />
steht man als Lügner da. Daher: Harte Kost mit<br />
neutralen, aber klaren Worten beschreiben,<br />
Einzelheiten weglassen und nur auf konkrete<br />
Nachfrage Stück für Stück ins Detail gehen.<br />
• Nicht zu kurz antworten: Das spart nur auf den<br />
ersten Blick Zeit. Knappe Antworten provozieren<br />
immer Nachfragen. Zusätzlich bekommen<br />
die Kinder den Eindruck, dass man Informationen<br />
zurückhalte. Also wird noch mehr nachgefragt.<br />
Ein Teufelskreis.<br />
• Halb gare Antworten und Ausflüchte unbedingt<br />
vermeiden: Sie werden meistens entlarvt und<br />
schaffen allenfalls ein bisschen Zeit. Besser: Zugeben,<br />
dass man es selbst nicht weiß und nachschauen<br />
muss. Alternativ: Zurückfragen, ob das<br />
Kind eine Idee hat. Das schafft Luft zum Nachdenken.<br />
• Immer Zettel und Stift parat haben: Manche<br />
Dinge lassen sich viel besser visualisieren als<br />
erklären.<br />
• Zeit nehmen: Kinder akzeptieren es in der Regel,<br />
wenn man ihnen erklärt, dass man die Frage<br />
später gerne ausführlich beantwortet. Man<br />
muss das Versprechen dann allerdings auch<br />
einhalten.<br />
• Wichtige Fragen selbst beantworten: Es ist ein<br />
großes Geschenk, aber auch eine große Verantwortung,<br />
dass wir das Weltbild unserer Kinder<br />
mitgestalten können. Sollen das wirklich andere<br />
übernehmen?<br />
The return of …<br />
Wie befürchtet, war die „Kack-Nazi“-Diskussion<br />
nach unserem Küchengespräch noch nicht zu<br />
Ende. Zwei Tage später, Sonntag morgen:<br />
Wir liegen gemütlich mit den Kindern im Bett.<br />
Ich bin noch in diesem schönen Dämmerzustand<br />
zwischen „noch nicht richtig wach“ und „Vorfreude<br />
aufs Frühstück“.<br />
„Mamaaa!?“ Oh nein, diesen Unterton kenne ich.<br />
Ich presse meine Augen zu und stelle mich schlafend.<br />
Bitte, bitte nicht jetzt! Aber der Junior rüttelt<br />
an mir und lässt nicht locker. Ich gebe auf und<br />
mache die Augen wieder auf.<br />
„Ist Hitler eigentlich ein Zombie?“<br />
36 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
MENSA WELTWEIT<br />
JOHANNA LAUTERBACH<br />
Wenn’s mal wieder<br />
„länger“ dauert<br />
Online-Mitgliederversammlung von Mensa Kanada.<br />
N<br />
icht nur unser Jahrestreffen<br />
in Nürnberg ist Corona<br />
zum Opfer gefallen, auch Mensa<br />
Kanada musste das Annual<br />
Gathering in diesem Jahr absagen.<br />
Das Annual Gathering<br />
Meeting (kurz AGM), also das<br />
kanadische Äquivalent unserer<br />
Mitgliederversammlung (MV),<br />
wurde jedoch als Onlineveranstaltung<br />
abgehalten, an der ich<br />
als Gast teilnehmen durfte.<br />
Mensa Kanada hat sich entschieden,<br />
das AGM in Webinarform<br />
über die Plattform MS<br />
Teams abzuhalten. Vom Format<br />
her ist das unseren virtuellen<br />
Vortragsreihen „Mensa goes Science“,<br />
„MY-Sci“ und „Mensa Kaleidoskop“<br />
vergleichbar.<br />
Die Teilnahme war denkbar<br />
einfach. Nach der Anmeldung<br />
über die Webseite wurde mir<br />
kurz vor dem AGM eine E-Mail<br />
mit einem Link zugesendet, der<br />
direkt zur Veranstaltung führte.<br />
Abstimmungen wurden über<br />
eine separate Seite realisiert,<br />
auch hierzu war ein Link in der<br />
Mail zu finden.<br />
Am 26. Juli machte ich es mir<br />
also um 19:00 Uhr mit einem<br />
Kaffee vor meinem Rechner bequem.<br />
Erfahrungsgemäß dauern<br />
MVs ja etwas, dementsprechend<br />
hatte ich mich auf eine<br />
lange Nacht eingestellt. Nachdem<br />
ich auf den Link zur Veranstaltung<br />
geklickt hatte, erschien<br />
auf meinem Bildschirm eine<br />
Präsentation, daneben war jeweils<br />
die Videoübertragung des<br />
sprechenden Ms zu sehen. Die<br />
Moderation der Veranstaltung<br />
wurde von neun Ms übernommen.<br />
Die übrigen 48 Teilnehmenden<br />
konnten weder gehört<br />
noch gesehen werden. Fragen<br />
konnten in einem Chat gestellt<br />
werden und wurden dort durch<br />
einen Moderator beantwortet.<br />
„sorry that this is<br />
taking so long“<br />
Nach der Eröffnung durch Präsidentin<br />
Vicky Herd schlich sich<br />
bei mir schnell der Verdacht ein,<br />
dass meine Nacht wohl doch<br />
nicht so lange dauern würde wie<br />
gedacht. Es gab keine Diskussionen,<br />
Abstimmungen waren binnen<br />
weniger Minuten entschieden,<br />
die meisten Punkte auf der<br />
Agenda waren in fünf bis zehn<br />
Minuten abgehakt. Jedes Mal,<br />
wenn jemand von der Moderation<br />
sich dafür entschuldigte,<br />
dass das alles so lange dauert,<br />
musste ich grinsen. Wenn<br />
man die Diskussionen auf unseren<br />
MVs gewohnt ist, kommt<br />
einem „sorry that this is taking<br />
so long“ irgendwie ironisch vor.<br />
Bereits um 20:09 Uhr war das<br />
AGM beendet und die Teilnehmenden<br />
wurden in den Sonntag<br />
entlassen.<br />
Technische Pannen gab es<br />
kaum. Die Abstimmungen dauerten<br />
teilweise fünf statt zwei<br />
Minuten, weil die Serverkapazität<br />
kurzzeitig überschritten<br />
wurde. Einmal brach die Verbindung<br />
eines Moderators ab, das<br />
wurde jedoch von den anderen<br />
aus dem Moderationsteam problemlos<br />
abgefangen.<br />
Ich habe das AGM als sehr angenehm<br />
wahrgenommen. Auch<br />
wenn ich glaube, dass wir keine<br />
MV ohne langwierigere Diskussionen<br />
abhalten können, könnten<br />
wir uns eine kleine Scheibe<br />
von Mensa Kanada abschneiden.<br />
Vielleicht wäre es einen Versuch<br />
wert, Diskussionen schon vor<br />
der MV zu beenden, sodass während<br />
der MV dann nur noch abgestimmt<br />
werden muss. Ob eine<br />
virtuelle MV für <strong>MinD</strong> in den<br />
nächsten Jahren in Frage kommt<br />
und ob dann eine Möglichkeit<br />
der Umsetzung gefunden werden<br />
kann, bleibt abzuwarten.<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 37
LESERBRIEFE<br />
Futter für die Seele<br />
Leserbrief zum<br />
MindD-<strong>Mag</strong> Nr. 137<br />
Liebes Team,<br />
ich bin erst seit einem Jahr<br />
Mitglied bei <strong>MinD</strong> e. V., da ich<br />
zu den Spät-Erkennern gehöre<br />
und erst seit ebenfalls einem<br />
Jahr um meinen hohen IQ weiß.<br />
Aktiv bin ich leider nicht, da ich<br />
als alleinerziehende Mutter von<br />
drei Kids stets in der Abendschicht<br />
arbeite. Trotzdem freue<br />
ich mich ungeheuer auf jede<br />
<strong>Mag</strong>azin-Ausgabe.<br />
Als ich diesmal den Umschlag<br />
öffnete, war ich zu Tränen gerührt.<br />
Von all den Themen, mit<br />
denen sich ein allumfassend tickendes<br />
Gehirn facettenreich<br />
und vertiefend beschäftigen<br />
kann, habt ihr das schönste von<br />
allen rausgesucht: die Liebe.<br />
Das ist nämlich genau der Bereich,<br />
der mich am meisten beeindruckt.<br />
Kurz etwas Persönliches:<br />
In einem von Narzissmus geprägten<br />
Elternhaus aufgewachsen,<br />
ist mir Liebe (also echte, innere,<br />
energetische, positive Zuwendung)<br />
vollkommen fremd.<br />
Entsprechend waren meine Beziehungen<br />
von Schmerz, Leid<br />
und Angst geprägt. Als ich mich<br />
dann bei meinem zweiten Suizidversuch<br />
anstatt vor einem<br />
Baum mit gebrochener Achse in<br />
einem aufgeschütteten Schneehaufen<br />
wiederfand, stellte ich<br />
mir nur eine einzige Frage: WIE,<br />
um alles in der Welt, kam mein<br />
gesunder Menschenverstand<br />
– und ich bezweifelte keine Sekunde,<br />
dass ich den besaß – auf<br />
die wahnwitzige Idee, mir Suizid<br />
als Lösung vorzuschlagen<br />
und entsprechend in die Handlung<br />
zu bringen.<br />
Und ich wusste in dem Moment,<br />
ich musste die Antwort<br />
finden. Wenn ich schon sterben<br />
wollte, wollte ich zumindest<br />
wissen, warum!<br />
Lange Rede, kurzer Sinn … Ich<br />
hatte, und das war mir durchaus<br />
bewusst, einen harten, dunklen<br />
Weg vor mir. Doch dieser Weg<br />
hat sich gelohnt.<br />
Heute, Jahre später, weiß ich<br />
die Antwort und jetzt, wo ich<br />
Licht in die dunkelsten Ecken<br />
gebracht habe, käme ich niemals<br />
mehr auf die Idee, durch<br />
eigenes Handeln meinem Dasein<br />
ein Ende zu setzen.<br />
Die Antwort war: Liebe! Nicht<br />
die Liebe von einem anderen<br />
Menschen, sondern ein echtes,<br />
wahrhaftiges, bedingungsloses<br />
Ja für all das zu entwickeln, was<br />
ich in der Lage bin, in Bezug auf<br />
mich selbst zu empfinden.<br />
Die bisherigen Ausgaben des<br />
<strong>Mag</strong>azins waren stets auf den<br />
Verstand ausgerichtet und mein<br />
Verstand liebt jedes einzelne<br />
davon. Schließlich ist es sichtbar<br />
und messbar und damit beweisbar.<br />
Futter für einen aktiven<br />
Verstand eben. Das aktuelle<br />
Heft hingeben berührt die Seele.<br />
Jenen Teil in uns, der nur durch<br />
unsichtbare, nicht messbare,<br />
nicht beweisbare und doch so<br />
real vorhandene positive Energie<br />
der Zuwendung erreicht<br />
werden kann.<br />
Vielen Dank für diese Ausgabe!<br />
Lieben Gruß<br />
Eure Heidrun<br />
38 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
LESERBRIEFE<br />
Wie wichtig sind<br />
Äußerlichkeiten für Ms?<br />
Leserbrief zum <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> Nr. 137<br />
Liebe Redaktion des <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azins,<br />
Ich freue mich stets, wenn das <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> bei<br />
mir eintrudelt und ich darin rumstöbern kann. So<br />
auch dieses Mal.<br />
Die Ausgabe des August 2020 mit dem Thema<br />
„All you need is love“ finde ich gerade in Zeiten<br />
von Social Distancing schön gewählt und<br />
habe auch mit Freude die „Wer hat wen angesprochen?“-Seiten<br />
gelesen.<br />
Bei dem Artikel „Mensa is where the egg-heads<br />
get laid“ wurde ich dann aber leider stutzig.<br />
Eine kleine Partnerbörse innerhalb von Mensa<br />
Deutschland zu eröffnen, finde ich eine schöne<br />
Idee. Mir ist auch bewusst, dass natürlich die<br />
„Sich-Inserierenden“ ihre Anzeigen selbst geschrieben<br />
haben, und ich möchte deshalb nicht<br />
die Autorin selbst kritisieren.<br />
Ich persönlich würde mich jedoch freuen, wenn<br />
das <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> vielleicht in kommenden Ausgaben<br />
betont, dass eigentlich nicht der springende<br />
Punkt bei der Partnersuche das Aussehen oder besonders<br />
das Gewicht sein sollten.<br />
Natürlich ist physische Attraktivität/Kompatibilität<br />
beim Dating sehr wichtig, wenn ich jedoch<br />
diese Anzeigen lese, in denen sich viele Personen<br />
selbst mit „schlank“, „sehr attraktiv“, „74 kg“ und<br />
so weiter vorstellen, lässt mich das doch starke Bedenken<br />
entwickeln.<br />
Jeder sollte sich präsentieren dürfen, wie er oder<br />
sie möchte, und wenn man diese Information als<br />
wichtig erachtet, sollte jedem das Recht gegeben<br />
werden, diese voranzustellen.<br />
Trotzdem denke ich, dass Mensa als ein Verein,<br />
der für mich sehr integrativ, fortschrittlich, akzeptanz-geübt<br />
und open-minded ist, nicht eine Sichtweise<br />
an seine Leser vermitteln sollte, die sich auf<br />
solche Äußerlichkeiten fokussiert.<br />
Ich hätte es schön gefunden, wäre dies noch einmal<br />
betont worden.<br />
Trotzdem danke für die Mühe, die in jedem der<br />
<strong>Mag</strong>azine steckt.<br />
Mit lieben Grüßen<br />
Charlotte<br />
Floreat Mensa – wir<br />
geben nicht auf!<br />
Leserbrief zum <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> Nr. 137<br />
Liebe Redaktion!<br />
Dickes Lob für die Ausgabe 137! Das Layout gefällt<br />
wirklich immer mehr. Darüber hinaus finde<br />
ich tolle Beiträge, die Partnersuchannoncen genauso<br />
wie die Berichte über Mensa-Paare, der Artikel<br />
von Tanja zum Sex-Appeal des IQ, der Start<br />
der hoffentlich noch lange umgesetzten grandiosen<br />
Idee zur Serie über „Unprominente Prominente“<br />
– um nur Beispiele zu nennen!<br />
Ein richtig buntes Heft, indem die Mitglieder<br />
eine Hauptrolle spielen.<br />
Und ich will es nicht vergessen: Danke Dir, Martin,<br />
dass Du auch hier noch einmal eindeutig zu<br />
menschenverachtenden, rassistischen und arroganten<br />
Statements im Sinne des Vereins Stellung<br />
genommen hast! Wegen unerträglicher „Meinungsäußerungen“<br />
ist eine gute Bekannte von<br />
mir leider ausgetreten. Sie hatte eine Stellungnahme<br />
bitter vermisst. Mit den Worten „Mensa ist<br />
nicht mehr mein Verein“ verließ sie das hoffentlich<br />
nie sinkende Schiff der Gründungsidee.<br />
Ich habe sie nicht dazu bewegen können, sich<br />
das noch mal zu überlegen. Mensa ist angetreten,<br />
um Katastrophen wie den Zweiten Weltkrieg (und<br />
das ist nur eine der typischen, wenn auch extremen<br />
Katastrophen, wenn die menschliche Gruppendynamik<br />
aus dem Ruder läuft) zu verhindern.<br />
Ein hohes Ziel, dass offenbar nur durch den Einsatz<br />
von Intelligenz kaum und schon gar nicht automatisch<br />
zu erreichen ist.<br />
Lasst uns das Gründungsziel gemeinsam (wieder)beleben<br />
und nicht dazu verleiten, auszutreten,<br />
weil wir uns damit nicht beschäftigen wollen!<br />
Wir machen weiter und lassen uns nicht verjagen!<br />
Floreat Mensa!<br />
Detlef<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 39
TEAM CYBERSPACE<br />
Logo: Lars Uebel<br />
Ab auf das Sofa und<br />
kommt zum Stammtisch!<br />
LocSec Cyberspace erwartet euch.<br />
Unser virtuelles LocSec-Gebiet „Cyberspace“ erhält ein LocSec-Team aus einem LocSec<br />
und drei LoCos. Hier stellt sich das neue Team vor:<br />
Wir sind das neue LocSec-Team Cyberspace und freuen uns, dass wir euch im Verein nun<br />
auch rein virtuelle Angebote bieten können. Jetzt bringen wir Mensa in die Wohnzimmer,<br />
und dafür ist bereits ein Smartphone oder ein Tablet ausreichend, um an einem Stammtisch<br />
oder einem Vortrag teilnehmen zu können – ein Gebiet für jedes M.<br />
E<br />
s<br />
freut uns besonders, dass<br />
wir nun längerfristig angelegte<br />
Veranstaltungsreihen umsetzen<br />
können. Die Vortragsreihen<br />
sind seit einigen Monaten<br />
der Vorreiter:<br />
• MensaGoesScience: Mittwoch,<br />
19:00 Uhr bis 20:30<br />
Uhr. Graduierte (ab Master)<br />
stellen ihre Themen vor.<br />
• MYSci: Montag, 19:00 Uhr<br />
bis 20:30 Uhr. Wissenschaftliche<br />
Themen, präsentiert<br />
von Studierenden, Schülerinnen<br />
und Schülern.<br />
• MensaKaleidoskop: Freitag,<br />
19:00 Uhr bis 20:30 Uhr. Eine<br />
Vielfalt von Themen unterschiedlicher<br />
Art.<br />
Ihr habt Fragen oder Anregungen<br />
zum Cyberspace? Schreibt<br />
uns unter:<br />
cyberspace@mensa.de an und<br />
die richtige Ansprechperson<br />
wird sich finden.<br />
Wer sind „wir“ aber überhaupt?<br />
Um diese Frage zu beantworten,<br />
möchten wir uns<br />
euch im Folgenden persönlich<br />
vorstellen.<br />
40 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
TEAM CYBERSPACE<br />
LocSec Lukas Köppel<br />
Liebe Ms,<br />
ich bin Lukas Köppel, 29 Jahre<br />
alt, Mittelfranke und bin als Loc-<br />
Sec für euer Wohl im virtuellen<br />
Gebiet Cyberspace zuständig.<br />
Unserem schönen Verein<br />
bin ich 2017 beigetreten.<br />
Ich engagiere mich seit dem<br />
vergangenen Jahr auf dem<br />
Discord-Server „Hotel Mensa“, früher „MYmperium“.<br />
Nachdem wir im März den MY-Server für<br />
alle Ms geöffnet und umstrukturiert haben, war<br />
ich seitdem als Headmoderator aktiv. Nun darf<br />
ich die Arbeit meiner Mitstreitenden im gesamten<br />
Cyberspace erleichtern, indem ich mich um<br />
das große Ganze kümmere und sie sich ungehindert<br />
in ihre Bereiche vertiefen können. Und sie<br />
erleichtern mir meine Arbeit immens, weil sie<br />
sich in ihre Spezialitäten ordentlich reinknien.<br />
Guter Deal, oder?<br />
C.V.: Im Anschluss an meinen B.A. in den Archäologischen<br />
Wissenschaften bin ich im Süden<br />
des Landes umhergezogen und studiere nun M.A.<br />
Geschichte Europas an der FernUni in Hagen. Es<br />
hat seine Vorteile, wenn man für die Universität<br />
nicht mehr umziehen muss.<br />
Was bin ich abseits von Studium und Verein?<br />
Ah, Abseits. Passend. Anhänger des besten Fußball-Vereins<br />
der Welt bin ich – aktuell mit Recht<br />
zu behaupten! Ergänzend: Metallischer Musikgenießer.<br />
Passabler Zeichner. Grauenvoller Maler.<br />
Auf bald im Cyberspace!<br />
Lukas<br />
LoCo Alexander Kessner<br />
Alle Fotos: privat<br />
Hallo ihr Lieben,<br />
als neuer LoCo Cyberspace für<br />
Vortragsreihen will ich mich<br />
euch natürlich gerne noch mal<br />
vorstellen:<br />
Mein Name ist Alexander<br />
Kessner, ich bin 26 Jahre alt und<br />
seit Anfang 2013 Mitglied bei<br />
Mensa.<br />
Nach einem abgebrochenen Informatik-/Berufspädagogik-Studium<br />
in Stuttgart habe ich<br />
glücklicherweise eine Möglichkeit gefunden,<br />
doch noch Psychologie zu studieren. Vor kurzem<br />
habe ich mein Masterstudium der Psychologie<br />
mit Schwerpunkt „Kognitive Neurowissenschaften“<br />
in Jena abgeschlossen.<br />
Grundsätzlich bin ich – wie so viele hier – sehr<br />
offen für Neues und kann mich für viele Dinge<br />
begeistern. Ich bin gespannt, was für aufregende<br />
neue Aktivitäten sich mit Ms im Cyberspace erleben<br />
lassen und welche interessanten Vorträge<br />
noch zu hören sein werden.<br />
Zu meinen Aufgaben gehören:<br />
• die Betreuung überregionaler virtueller Vortragsreihen,<br />
• Teamleitung #MYSci (Betreuung: Linda Pleninger)<br />
und andere Vortragsreihen (#MensaGoesScience<br />
unter Betreuung von Dr. Tanja Gabriele<br />
Baudson),<br />
• Ansprechpartner für Online-Vorträge und ihre<br />
Digitalisierung (in Zusammenarbeit mit Florian<br />
Beck, David Ritzmann und Daniel Stapfer),<br />
Werbung und Social Media für Vorträge, Technikbetreuung<br />
in Zusammenarbeit mit Philipp<br />
Schäfers,<br />
• Kontakt zum Team Wissenschaft, Kontakt<br />
zum Presseteam.<br />
Kontakt:<br />
vortrag-cyberspace@mensa.de oder<br />
vortrag-MYSci@mensa.de<br />
Liebe Grüße,<br />
Alex<br />
LoCo Maria Henke<br />
Moin, moin in den Cyberspace,<br />
Maria Henke mein Name, ich<br />
bin eure LoCo Veranstaltungsunterstützung<br />
im Cyberspace.<br />
Nach 22 Jahren in und um Kiel,<br />
Stationen in Dresden, Erlangen<br />
und Bochum und 16 Jahren in<br />
Franken, bin ich nun wieder gen<br />
Heimat gezogen und im schönen<br />
Lübeck gelandet.<br />
Ich habe Elektrotechnik (Spezialisierung Medizintechnik)<br />
und Berufspädagogik studiert, in der<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 41
TEAM CYBERSPACE<br />
Medizinischen Physik promoviert und bin seit<br />
zwölf Jahren im Bereich Aus- und Weiterbildung<br />
im Medizintechnikumfeld tätig.<br />
Zu Mensa bin ich 2017 in Franken gekommen,<br />
dort schnell und intensiv in Veranstaltungsteilnahme<br />
und -organisation eingestiegen und war<br />
ein Jahr lang LoCo in Erlangen. Seit März verlagert<br />
sich das in den Cyberspace. Ich finde es einfach<br />
schön, zum Beispiel in Lübeck beim Nürnberger<br />
Stammtisch zu sitzen. Deshalb möchte ich<br />
euch im LocSec-Gebiet Cyberspace bei der Organisation<br />
und Bewerbung von Veranstaltungen<br />
unterstützen. Bei Fragen dazu meldet euch bei<br />
mir.<br />
Neben Mensa sind Musik machen, Tanzen<br />
(mehr Standard als Latein), Motorradfahren, Norwegisch<br />
lernen und die Automatisierung meiner<br />
Wohnung meine Leidenschaften.<br />
Viele Grüße<br />
Maria<br />
LoCo Philipp Schäfers<br />
Moin allerseits,<br />
als neuer LoCo fürs Technische<br />
im LocSec-Gebiet Cyberspace<br />
will ich mich euch natürlich gerne<br />
nochmal vorstellen:<br />
Ich bin Philipp, 31 Jahre alt und<br />
wohne zurzeit in Leverkusen.<br />
Nach sechs langen Lehrjahren<br />
arbeite ich aktuell in der pharmazeutischen<br />
Forschung im Bereich Wirkstoffversand.<br />
In meiner Freizeit lese, fotografiere, koche und<br />
backe ich gerne.<br />
Bei Mensa bin ich seit<br />
2017, habe seitdem viele<br />
tolle Erfahrungen gemacht<br />
und konnte meinen Freundeskreis<br />
wunderbar erweitern.<br />
Bisher war ich auf ein<br />
paar lokalen Veranstaltungen<br />
und Stammtischen in<br />
Köln und Essen. Seit Mitte<br />
März durfte ich das Wachsen<br />
des „Hotels Mensa“ als<br />
Gast begleiten.<br />
Zu meinen Aufgaben gehören:<br />
• Ansprechpartner bei technischen Fragen,<br />
• Kontakt zum IT-Team und<br />
• technische Betreuung der Mensa-Vortrags-<br />
Reihen in Zusammenarbeit mit Alexander<br />
Kessner.<br />
Viele Grüße<br />
Philipp<br />
KiJu-Beauftragte Doro Eder<br />
Hallo ihr Lieben,<br />
ich bin Doro Eder, die<br />
neue KiJu-Cyberspace-Beauftragte.<br />
Ich bin 20 Jahre<br />
alt und seit 2017 bei Mensa.<br />
Im Cyberspace betreue ich<br />
die „regionalen“ KiJu-Angebote,<br />
also vor allem das wöchentlich<br />
im Hostel Mensa stattfindende<br />
Programm. Alle 12-17-Jährigen sind hier<br />
immer willkommen. Neben meinem Jurastudium<br />
in Köln verbringe ich meine Zeit größtenteils<br />
mit unterschiedlichen Aktivitäten bei Mensa.<br />
Ich bin im KiJu-Orga-Team für die virtuellen<br />
Camps zuständig, betreue aber auch regelmäßig<br />
auf den physischen Camps. Außerdem<br />
bin ich im Präventionsteam aktiv.<br />
Bei Interesse an den regelmäßigen virtuellen<br />
Veranstaltungen oder Fragen könnt ihr mich unter<br />
doro.eder@mensa.de erreichen. Ich freue<br />
mich, wenn ihr das Hostel Mensa an hochbegabte<br />
Jugendliche weiterempfehlt. Mit Informatik-<br />
AG, Japan-AG, Programmierkursen, Jura-AG und<br />
vielen Spieleabenden ist wöchentlich wirklich für<br />
jeden etwas dabei!<br />
Ich freue mich darauf,<br />
euch bald im Cyberspace<br />
zu sehen!<br />
Eure Doro<br />
42 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
PRISMENFERNGLAS<br />
HARTMUT BLESSING<br />
Die lieben Verwandten<br />
und deren Wörter<br />
Auch Sprachfamilien sind Familien.<br />
PRISMENFERNGLAS<br />
Warum Prismenfernglas?<br />
Prismenfernglas steht für die<br />
Buntheit des Lebens, vor allem der<br />
Sprache — das Fernglas steht für den<br />
Blick über den Tellerrand.<br />
Unter dieser Rubrik erscheinen<br />
regelmäßig Beiträge zu Sprachspielen<br />
und Etymologie.<br />
„Vater werden ist nicht schwer,<br />
Vater sein dagegen sehr“, dichtete<br />
Wilhelm Busch in seiner<br />
Bildergeschichte „Julchen“. Verwandtschaftsbezeichnungen<br />
sind hilfreich bei der Rekonstruktion<br />
der Sprachgeschichte.<br />
Bereits um 1600 bemerkten Gelehrte<br />
die Ähnlichkeit zwischen<br />
vielen deutschen und persischen<br />
Wörtern. Auffällig war<br />
für sie, dass weit voneinander<br />
lebende Völker für denselben<br />
Begriff Wörter hatten, die ähnlich<br />
geschrieben werden.<br />
So heißt das deutsche Wort<br />
„Vater“ auf Englisch „father“, lateinisch<br />
„pater“, persisch „pidar“,<br />
altindisch „pitár“ und altirisch<br />
„athir“. Dem Engländer<br />
Sir William Jones kam in Indien<br />
die Idee, diese Völker könnten<br />
eine gemeinsame Ursprache<br />
gehabt haben, das „Indogermanische“<br />
oder auch „Indoeuropäische“.<br />
Immer mehr Forscher bestätigten<br />
diesen Gedanken und<br />
man fand Lautverschiebungsgesetze,<br />
anhand derer man zum<br />
Beispiel das ursprüngliche indoeuropäische<br />
Wort für „Vater“<br />
erschließen konnte, das „petér“<br />
lautete.<br />
„Mutter“, altgriechisch „meter“,<br />
lateinisch „mater“, altindisch<br />
„matar“ kommt von einem indoeuropäischen<br />
Wort „mater“.<br />
Aus dem griechischen Wort hat<br />
sich die „Metropole“ (wörtlich<br />
„Mutterstadt“), aus dem lateinischen<br />
die „Matrone“ (ehrwürdige,<br />
alte Frau), die „Matrix“ (wörtlich<br />
„Gebärmutter“), die „Matrize“<br />
(Urform) und das „Matrikel“<br />
(Verzeichnis der „immatrikulierten<br />
Studenten“) entwickelt.<br />
„Neffe“ und „Nichte“ beruhen<br />
auf einem indoeuropäischen<br />
Wort „nepot“, „Enkel, Neffe“,<br />
das eine Zusammensetzung aus<br />
„ne“, „nicht“ und „poti“, „Herr“<br />
ist und demnach soviel wie „Unmündiger“<br />
bedeutet. So hat<br />
also „nicht“ durchaus eine Verwandtschaft<br />
zur „Nichte“, was<br />
mich zu dem Wortspiel inspirierte:<br />
„Der Onkel sagt: Mitnichten<br />
streit' ich mich mit Nichten.“<br />
Das Fremdwort für „Vetternwirtschaft“,<br />
der „Nepotismus“, gehört<br />
auch in diese Reihe.<br />
Die meisten der Wörter für die<br />
nächsten Verwandten beruhen<br />
wohl auf Lallwörtern der Kleinkinder.<br />
Charles Berlitz weist daher<br />
in „Die wunderbare Welt der<br />
Sprachen“ darauf hin, dass viele<br />
Wörter für „Mutter“ in diversen<br />
Sprachen mit dem Laut „m“<br />
beginnen oder diesen Laut unterstreichen:<br />
„Mère“ (französisch),<br />
„madre“ (spanisch und<br />
italienisch), „mama“ (Kisuaheli),<br />
„umame“ (Zulu), „umm“<br />
(arabisch), „imeh“ (hebräisch),<br />
„man“ (Hindi und Urdu), „me“<br />
(vietnamesisch), „mu“ (chinesisch).<br />
Interessant ist, dass viele Sprachen<br />
umfassendere Verwandtschaftswörter<br />
haben als das<br />
Deutsche. So gibt es im Türkischen<br />
Wörter für die verschiedenen<br />
Onkel und Tanten väterlicher-<br />
und mütterlicherseits:<br />
„Amca“ (Bruder des Vaters),<br />
„Dayi“ (Bruder der Mutter), „Yenge“<br />
(Frau des Onkels), „Teyzenin“<br />
(Schwester der Mutter), „Halanin“<br />
(Schwester des Vaters) und<br />
„Eniste“ (Ehemann einer Tante).<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 43
FILMKUNST<br />
KARIN POLZ<br />
Wo sind die Helden?<br />
Die Kino-Kolumne mit<br />
Extra-Fakten für Besserwisser.<br />
Normalerweise läuft es ja so:<br />
Wenn Chaos oder das Böse<br />
(oder beides) die Filmwelt<br />
regieren, dann taucht ein<br />
Held (oder eine Heldin) auf,<br />
der mit ein paar gezielten<br />
Schlägen und der einen<br />
oder anderen Superkraft<br />
die Weltordnung wieder<br />
herstellt. Doch wo waren all<br />
diese Filmhelden, während<br />
die Welt wegen Corona Kopf<br />
stand? Immerhin kommen<br />
jetzt im Herbst die ersten<br />
von ihnen zurück auf die<br />
Leinwand.<br />
N<br />
och im Frühling sah es<br />
ganz so aus, als hätten<br />
die Kino-Schurken im Sommer<br />
nichts zu lachen. Angekündigt<br />
waren Blockbuster wie „Ghostbusters:<br />
Legacy“ (verschoben<br />
auf März 2021) und „Fast & Furious<br />
9“ (verschoben auf April<br />
2021). Die Kino-Vorschauen<br />
waren voll mit spannungsgeladenen<br />
Filmen und Filmreihen,<br />
bei denen nach vielen Actionszenen<br />
zum Schluss immer das<br />
Gute gewinnt. Doch dann knickten<br />
selbst die ganz großen Helden<br />
und Heldinnen vor der Corona-Pandemie<br />
ein. Der Grund:<br />
zu wenige Zuschauende, die<br />
sich ins Kino wagen, zu schlechte<br />
Aussichten auf gute Besuchszahlen<br />
und Einspielergebnisse.<br />
Nur einige wenige Verleihfirmen<br />
beweisen Mut – und somit<br />
bekommen wir 2020 immerhin<br />
noch einige wenige Action-<br />
Blockbuster zu sehen.<br />
The King’s Man:<br />
The Beginning<br />
(ab 17. September)<br />
Zweimal war „Kingsmen“ schon<br />
im Kino im Einsatz: eine geheime<br />
Organisation, die Gentleman-Spione<br />
ausbildet, die mit<br />
Stil, Eleganz, Manieren und<br />
ganz besonderem Durchsetzungsvermögen<br />
Großbritannien<br />
vor allen möglichen Gefahren<br />
schützen. Der dritte Teil, der<br />
nun anläuft, springt in der Zeit<br />
zurück und zeigt als Prequel,<br />
wie die fiktive Kingsmen-Organisation<br />
zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
gegründet wurde.<br />
Ein fulminanter Trailer 1 war<br />
Mitte August der einzige Hinweis<br />
auf den Filminhalt, Kritiken<br />
waren bis dahin Fehlanzeige.<br />
Doch wer braucht schon eine<br />
genaue Inhaltsangabe, wenn er<br />
sich sicher sein darf, dass die<br />
wohl bestgekleideten Spione der<br />
Filmgeschichte sich mit feinem<br />
englischen Humor in das Abenteuer<br />
stürzen werden – und das<br />
in einer detailreich durchgestylten<br />
Kulisse und in perfekt choreografierten<br />
Actionszenen?<br />
Die Kingsmen haben bisher<br />
Stil bewiesen und werden<br />
auch diesmal nicht enttäuschen.<br />
Schließlich zeigt kein<br />
Geringerer als Vorzeige-Gentleman<br />
Ralph Fiennes, wie man<br />
britisch-kultiviert das Böse besiegt.<br />
Regie führt in bewährter<br />
Manier ein weiterer englischer<br />
Charakterkopf, nämlich Matthew<br />
Vaughn.<br />
44 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Courtesy of 20th Century Studios, The Walt Disney Company, Copyright: © 2019 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED<br />
Black Widow<br />
(ab 29. Oktober)<br />
Die Avengers haben bisher<br />
mehrfach mit ihren Superkräften<br />
beeindruckt – aktuell begibt<br />
sich eine der Figuren auf Solo-<br />
Pfade: Scarlett Johansson spielt<br />
die titelgebende Heldin Natascha<br />
Romanoff alias Black Widow.<br />
Der Inhalt verspricht eine<br />
etwas düsterere Story, als man<br />
sie von den Avengers gewohnt<br />
ist: Schon kurz nach ihrer Geburt<br />
wurde Natascha Romanoff<br />
an den KGB übergeben und<br />
zur Agentin ausgebildet – jetzt,<br />
15 Jahre nach dem Zusammenbruch<br />
der Sowjetunion, muss<br />
sie sich den dunklen Kapiteln<br />
ihrer Lebensgeschichte stellen.<br />
Natürlich garantiert die Geschichte<br />
jede Menge Action,<br />
das verrät auch der Trailer zum<br />
Film 2 . Akrobatische Kampfszenen<br />
und spektakuläre Explosionen<br />
ziehen mit Sicherheit<br />
nicht nur all diejenigen in ihren<br />
Bann, die Avengers- oder generell<br />
Marvel-Fans sind. Letzteren<br />
seien noch zwei wichtige Fakten<br />
genannt: „Black Widow“ ist der<br />
24. Film innerhalb des Marvel<br />
Cinematic Universe. Zur chronologischen<br />
Einsortierung innerhalb<br />
der Marvel-Geschichten<br />
heißt es, dass der Film größtenteils<br />
in der Zeit zwischen „The<br />
First Avenger: Civil War“ und<br />
„Avengers: Infinity War“ spielen<br />
soll.<br />
James Bond 007 –<br />
Keine Zeit zu sterben<br />
(ab 12. November)<br />
Auf keinen Helden haben wir<br />
so lange warten müssen wie auf<br />
James Bond in seiner neuesten<br />
Mission: Als der für April geplante<br />
Filmstart wegen Corona<br />
auf November 2020 verschoben<br />
wurde, war dies bereits die dritte<br />
Terminänderung. Aber jetzt<br />
kann James Bond nichts mehr<br />
davon abhalten, mal wieder die<br />
Welt zu retten.<br />
Es wird auch Zeit, denn schon<br />
seit mehr als einem Jahr werden<br />
die 007-typischen Filmfakten<br />
diskutiert: An welchen<br />
Orten gedreht wurde (Jamaika,<br />
Norwegen, Italien, Schottland),<br />
welche Autos Bond fährt<br />
(vier verschiedene Aston Martins),<br />
welches Bondgirl er küsst<br />
(Lupita Nyong'o hatte abgesagt),<br />
wer den Bösewicht darstellt<br />
(Rami Malek), wer den Titelsong<br />
singt (Billie Eilish). Die<br />
Handlung interessiert da nur<br />
am Rand: James Bond hat seine<br />
Lizenz zum Töten abgegeben<br />
und genießt seinen Ruhestand<br />
in Jamaika, als ein alter CIA-Kollege<br />
auftaucht und ihn um Hilfe<br />
bittet. Ein bedeutender Wissenschaftler<br />
wurde entführt.<br />
In Ruhestand geht Daniel<br />
Craig übrigens wirklich: Dieser<br />
Bond ist sein fünfter und letzter.<br />
Also: Letzte Chance für den 007<br />
mit Ecken und Kanten!<br />
Extra-Fakten:<br />
Besser später als nie<br />
M<br />
anche<br />
FILMKUNST<br />
Filme werden nicht<br />
nur verschoben, sondern<br />
gar nicht erst fertiggestellt. Dieses<br />
Schicksal ereilte auch den<br />
Bond-Film „Warhead“ in einer<br />
sehr frühen Phase: Das Drehbuch<br />
wurde nie verfilmt. Geschrieben<br />
hatten es Sean Connery<br />
und Kevin McClory – mit<br />
ziemlich fantastischen Ideen,<br />
wie zum Beispiel Roboter-Haien,<br />
die Atombomben transportieren.<br />
Doch ein wirrer (Rechts-)<br />
Streit um Plagiate, Filmrechte<br />
und geistigen Diebstahl stoppte<br />
letztendlich das Projekt.<br />
1 https://www.20thcenturystudios.com/movies/the-kings-man<br />
2 https://disney.de/filme/black-widow<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 45
DEUTSCHER IQ-PREIS 2020<br />
Einmal Übergabe<br />
im kleinen Kreis, einmal<br />
erneut verschoben<br />
Der Deutsche IQ-Preis 2020.<br />
Mit dem Deutschen IQ-Preis 2020 werden zum 15. Mal Projekte ausgezeichnet, die sich um<br />
das Thema „Hochbegabung“ in der Öffentlichkeit verdient gemacht haben. Die Übergabe<br />
des Preises fand dieses Jahr nicht wie gewohnt auf dem Jahrestreffen, sondern lediglich<br />
im kleinen Kreis statt. Dem Verein „Reparieren macht Schule e. V.“ wurde am 25. Juni in<br />
München der Preis übergeben, die Übergabe an die Neue Schule Dorsten musste wegen<br />
Corona ein weiteres Mal verschoben werden.<br />
Reparieren macht<br />
Schule e. V.<br />
IQ-Preisübergabe in Corona-Zeiten: Kleiner<br />
Kreis und Abstand.<br />
In der Kategorie Erziehung und<br />
Bildung des Deutschen IQ-Preises<br />
wurde der Verein Reparieren<br />
macht Schule e. V. ausgezeichnet<br />
. Die offizielle Übergabe fand<br />
in den Räumen der Rudolf-Steiner-Schule<br />
in München-Schwabing<br />
statt.<br />
Ein wohl übliches Bild in der<br />
heutigen Zeit, dass die Teilnehmenden<br />
nicht dicht gedrängt,<br />
sondern in Zweimeter-Abstand<br />
voneinander stehen und die<br />
Mund-Nase-Bedeckungen um<br />
den Hals hängen oder aus der<br />
Hosentasche lugen. Maskenpflicht<br />
auf dem Schulgelände,<br />
Besichtigung der Schüler-Reparaturwerkstatt<br />
und anschließende<br />
Preisübergabe im Musikraum,<br />
da dort der Abstand eingehalten<br />
werden und durch die<br />
geöffneten Fenster die Luft zirkulieren<br />
konnte.<br />
Nach der Übergabe gab es einen<br />
feierlichen Sektempfang in<br />
kleiner Runde, sodass ein kurzes<br />
Interview und reger Austausch<br />
zwischen den Teilnehmenden<br />
entstand. Tina Acham,<br />
die als Vorstandsvorsitzende<br />
den Preis überreichte, lobte das<br />
Team und die Idee der Schüler-Reparaturwerkstatt:<br />
„Es<br />
geht hier um praktisches Lernen<br />
über die Schule hinaus. Die<br />
Schülerinnen und Schüler erlernen<br />
hier Lebenspraktisches.<br />
Das ist wahnsinnig toll!“ Walter<br />
Kraus ist leidenschaftlicher<br />
Reparierer, Umweltschützer,<br />
Mathe- und Physiklehrer und<br />
Gründer der Reparaturwerkstatt<br />
an der Rudolf-Steiner-Schule. Er<br />
beschreibt, dass Kompetenzentwicklung<br />
bedeutet, dass der<br />
Schülerschaft das Selbstvertrauen<br />
gegeben wird, mit unbekannten<br />
Situationen kreativ umzugehen<br />
und zu wissen, woher das<br />
angewandte Wissen kommt. Da-<br />
1 https://www.schueler-reparaturwerkstatt.de<br />
46 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
DEUTSCHER IQ-PREIS 2020<br />
Die strahlenden Preisträger in der<br />
Werkstatt: Lehrer Walter Kraus sowie<br />
Lara Blumrich und Zacharias Leiste<br />
mit <strong>MinD</strong>-Vorsitzende Tina Acham.<br />
Fotos: Johanna Marti<br />
rüber hinaus geht es auch um<br />
Klimaschutz und Nachhaltigkeit:<br />
„Wir müssen aufhören, immer<br />
etwas Neues zu kaufen.“<br />
Seit April 2016 besteht die<br />
Schüler-Reparaturwerkstatt an<br />
der Rudolf-Steiner-Schule in<br />
München-Schwabing. Hier erlernen<br />
die Kinder und Jugendlichen<br />
technische und handwerkliche<br />
Fähigkeiten sowie verantwortungsvolles,<br />
nachhaltiges<br />
Handeln.<br />
Die Schülerinnen und Schüler<br />
lernen nicht nur das Reparieren<br />
defekter Haushaltsgeräte und<br />
Spielzeuge, sondern auch den<br />
Umgang mit Kundinnen und<br />
Kunden und die Verantwortung<br />
für Aufträge.<br />
Das Reparieren ist in allen<br />
Klassenstufen in den Unterricht<br />
integriert. So erklärt Lara aus<br />
der elften Klasse, dass sie die Gegenstände<br />
meistens wiederherstellen<br />
konnte. Manchmal müsse<br />
man allerdings die Kundinnen<br />
und Kunden anrufen und<br />
sagen, dass ein Artikel nicht zu<br />
reparieren war.<br />
„Das Intelligente an<br />
dieser Idee ist etwas<br />
Einfaches, aber leider<br />
nicht Alltägliches, da viele<br />
Faktoren zusammenspielen<br />
müssen. Es bedarf des<br />
Raums, der Schüler,<br />
die Lust haben, eines<br />
Lehrers, der sich einsetzt,<br />
und eines Teams, das<br />
diesen Lehrer und die<br />
Schüler unterstützt.“<br />
Tina Acham<br />
Die Schülerinnen und Schüler<br />
befassen sich mit dem Wert,<br />
der Funktion und Beschaffenheit<br />
von Alltagsdingen. Sie lernen,<br />
sich selbst zu helfen, und<br />
bei manchen entwickelt sich Reparieren<br />
regelrecht zum Hobby.<br />
Zacharias aus der neunten<br />
Klasse beschäftigt sich zuhause<br />
mit iPhones und Computer.<br />
Er bestellt kaputte Handys oder<br />
Spielzeug bei ebay und repariert<br />
die Gegenstände dann. Sein Vater<br />
freut sich über das Hobby:<br />
„Seitdem Zacharias in der Schüler-Reparaturwerkstatt<br />
aktiv ist,<br />
wünscht er sich zu Weihnachten<br />
nur noch Werkzeug.“<br />
Die Vision, weitere Werkstätten<br />
an anderen Schulen zu gründen<br />
und möglichst viele Kinder<br />
und Jugendliche für Reparieren<br />
und Nachhaltigkeit zu begeistern,<br />
unterstützen Andrea Ton-<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 47
DEUTSCHER IQ-PREIS 2020<br />
gon, Reparaturleiter und Hausmeister<br />
an der Rudolf-Steiner-<br />
Schule, sowie Claudia Mund,<br />
Mitgründerin von Reparieren<br />
macht Schule e V. Das Team hat<br />
einen Praxisleitfaden 2 erstellt,<br />
um die Gründung an anderen<br />
Schulen zu erleichtern. Des Weiteren<br />
stellt die Veolia Stiftung<br />
für neubegründete Reparaturwerkstätten<br />
eine 1.000 Euro-<br />
Spende für die Erstausstattung<br />
einer Werkstatt.<br />
D<br />
as Konzept der Neuen<br />
Schule Dorsten bietet allen<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
individuelle Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
sodass jedes<br />
Kind, seinen Leistungen und<br />
seiner Begabung entsprechend,<br />
den für sich besten Bildungsabschluss<br />
erreichen kann 3 .<br />
Auch für dieses Projekt wurde<br />
eine Übergabe des Deutschen<br />
IQ-Preises 2020 für den 14. August<br />
2020 angesetzt. Die Vorfreude<br />
war groß, der Bürgermeister<br />
eingeladen, die Presse<br />
hatte sich angemeldet, die<br />
Fahrkarten waren gekauft – und<br />
dann kam zwei Tage vor Übergabe<br />
die Eilmeldung, dass im Lehrerkollegium<br />
der Neuen Schule<br />
Dorsten ein Covid-19-Fall aufgetreten<br />
war. Auf einmal war das<br />
„Die Reparatur ist nicht<br />
unbedingt das Schwierigste.<br />
Das Gerät zu öffnen ist<br />
oftmals schwieriger als<br />
die eigentliche Reparatur,<br />
da es verklebt oder<br />
unsichtbar verschraubt ist.“<br />
Zacharias Leiste, 9. Klasse<br />
Neue Schule Dorsten<br />
Virus sehr nahe – und wir mussten<br />
schweren Herzens die Preisverleihung<br />
auf unbestimmte<br />
Zeit verschieben. Wir hoffen jedoch<br />
alle, dass auch die Vertreterinnen<br />
und Vertreter der Neuen<br />
Schule Dorsten ihren Preis<br />
bald in den Händen halten dürfen!<br />
Um den feierlichen großen<br />
Rahmen zu wahren, wird die<br />
Preisverleihung nächstes Jahr<br />
auf dem Jahrestreffen in Stuttgart<br />
nachgeholt werden. Wir<br />
freuen uns, beide IQ-Preisträger,<br />
das Team der Schüler-Reparaturwerkstatt<br />
und der Neuen<br />
Schule Dorsten, zu unserem<br />
Jahrestreffen 2021 einzuladen<br />
und zusammenzubringen.<br />
Da beide Gewinnerprojekte im<br />
schulischen Umfeld aktiv sind,<br />
wird die zukünftige Zusammenarbeit<br />
über das Ressort Bildung<br />
koordiniert werden.<br />
W<br />
ie<br />
IQ-Preis 2020<br />
– Anregungen<br />
erwünscht<br />
bereits in der Juni Ausgabe<br />
beschrieben, freuen<br />
wir uns über konstruktive Kritik,<br />
gute Ideen sowie zielführende<br />
und allgemeine Rückmeldungen<br />
zum IQ-Preis 2020.<br />
Was ist eure Meinung zum IQ-<br />
Preis? Warum besteht so geringes<br />
Interesse? Oder habt ihr gar<br />
nichts vom IQ-Preis gewusst?<br />
Wie können wir den IQ-Preis<br />
und die Abstimmung interessanter<br />
machen? Gebt uns eure<br />
persönliche Meinung, um ein<br />
besseres Bild entwickeln zu können.<br />
Wir freuen uns über eure<br />
Rückmeldungen per Mail 4 oder<br />
auf Confluence 5 .<br />
Wir möchten an dieser Stelle<br />
noch einmal Danke sagen: Danke<br />
an alle Einreichenden, alle<br />
Jury-Mitglieder und alle, die an<br />
der Preisverleihung teilgenommen<br />
und diese trotz des kleineren<br />
Umfangs zu einer feierlichen<br />
Veranstaltung gemacht<br />
haben.<br />
Euer IQ-Preis-Team<br />
2 https://mind-mag.de/link/leitfaden<br />
3 http://neueschuledorsten.de<br />
4 iq-preis@mensa.de<br />
5 https://mind-mag.de/link/iq-preis<br />
48 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
DEUTSCHER IQ-PREIS 2020<br />
W A L T E R K R A U S<br />
„Wir vermitteln Kompetenz<br />
und Nachhaltigkeit“<br />
Interview mit dem Initiator der<br />
Schüler-Reparaturwerkstatt.<br />
Was ist das Besondere<br />
an dem Lernkonzept der<br />
Schüler-Reparaturwerkstatt?<br />
Es geht um selbstverantwortliches<br />
Lernen und Kompetenzerwerb.<br />
Die Schülerinnen und<br />
Schüler werden nicht von außen<br />
angeleitet, sondern erarbeiten<br />
sich Selbstvertrauen. Dieses<br />
Kompetenzlernen basiert darauf,<br />
bei bisher unbekannten Problemen<br />
oder Fehlern eigenständig<br />
Lösungen zu finden. Dies geschieht,<br />
indem die Schülerinnen<br />
und Schüler mit dem Gerät<br />
kommunizieren, es sich genau<br />
anschauen und fühlen. Nach einiger<br />
Zeit wissen sie beispielsweise,<br />
was typische Fehler sein<br />
können oder wie Geräte geöffnet<br />
werden und können diese<br />
Erfolge auf andere Produkte anwenden.<br />
Welche Unterstützung<br />
können der Verein Reparieren<br />
macht Schule e. V. und die<br />
Schüler-Reparaturwerkstatt<br />
hier gut gebrauchen?<br />
Der Verein lebt davon, dass die<br />
Idee weiter verbreitet wird. Dabei<br />
kann jede und jeder helfen<br />
und mitmachen. Als eingetragener<br />
Verein leben wir von unseren<br />
Mitgliedern, die sich einbringen<br />
und die Idee des Reparierens,<br />
den Nachhaltigkeitsgedanken<br />
und die Wertschätzung<br />
unserer Ressourcen weitertragen.<br />
Um noch mehr Kinder<br />
und Jugendliche anzusprechen,<br />
möchten wir mehr in die Jugendarbeit,<br />
zum Beispiel Kurse<br />
in Jugendzentren anbieten, aber<br />
auch Tutorials mit Influencern<br />
starten.<br />
Wie viele Schulen haben das<br />
Konzept bereits übernommen?<br />
Insgesamt sind es vier weitere<br />
Schulen, die eigene Reparaturwerkstätten<br />
nach unserem<br />
Konzept aufgebaut und in den<br />
Schulalltag integriert haben.<br />
Zwei Schulen sind in München,<br />
eine in Hessen und eine weitere<br />
in Sachsen.<br />
Was ist dir an dem Konzept<br />
der Reparaturwerksatt<br />
besonders wichtig?<br />
Kapitalismus und das aktuelle<br />
Wirtschaftssystem führen langfristig<br />
nicht weiter bezüglich<br />
der Klimakrise. Das vorherrschende<br />
Wirtschaftssystem fördert<br />
die Wegwerfgesellschaft<br />
und verschwendet Ressourcen,<br />
die wir langfristig nicht haben.<br />
Wir vermitteln, wie man Geräte<br />
versteht, um sie zu erhalten<br />
und eine langfristige Beziehung<br />
aufzubauen. Viele Produkte<br />
sind heute leider nicht mehr<br />
auf Langlebigkeit und Reparierbarkeit<br />
produziert, sondern so<br />
entwickelt, dass sie nach wenigen<br />
Jahren nicht mehr funktionieren<br />
und das Reparieren nicht<br />
vorgesehen ist.<br />
Wann wurde der Verein<br />
gegründet?<br />
Die Schüler-Reparaturwerkstatt<br />
besteht seit 2016. Um die<br />
Idee und die Methoden unserer<br />
Werkstatt in Form eines Praxisleitfadens<br />
zu teilen und weiter<br />
zu verbreiten, haben wir 2019<br />
den Verein gegründet.<br />
Wie kann man eine Schüler-<br />
Reparaturwerkstatt starten?<br />
Der Verein hat neue Wege aufgetan,<br />
um weitere Werkstätten<br />
zu unterstützen. Neben dem<br />
Praxisleitfaden und Hilfestellung<br />
bei jeglichen Fragen unterstützt<br />
der Partner, die Veolia<br />
Stiftung, Schulen mit 1.000<br />
Euro Start-Guthaben für die<br />
Erstanschaffungen.<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 49
MUSIK<br />
JULIANO SUZUKI<br />
Chorgesang in Corona-Zeiten<br />
Über das Glück, einen Musik-Beruf zu haben.<br />
E<br />
s ist Freitag, der 13. März –<br />
ein normaler Abend in Ottos<br />
Leben. Er packt seine Sachen,<br />
steigt ins Auto und fährt los von<br />
Köln Richtung Bonn. Dort warten<br />
circa 30 Sängerinnen und<br />
Sänger auf ihn. Geprobt wird<br />
Beethovens „Elegischer Gesang“<br />
für die Feierlichkeiten anlässlich<br />
des 250. Geburtstags des<br />
Meisters aus Bonn.<br />
„Tenor!“ ruft er, „Vorsicht im<br />
Takt 43, der Schluss ist synkopisch,<br />
also nach der Eins. Noch<br />
einmal bitte.“ So verläuft die<br />
Probe, am Ende des Abends ist<br />
Otto zufrieden. Ein normaler<br />
Abend in seinem Leben.<br />
Samstagvormittag, das Telefon<br />
klingelt. Am nächsten Tag<br />
soll ein Gesangsworkshop stattfinden.<br />
Die Organisatoren haben<br />
sich entschlossen, die Veranstaltung<br />
zu verschieben, „die<br />
Situation sei ernst und wir sollen<br />
unsere Teilnehmer schützen“.<br />
In den nächsten Tagen<br />
kommen weitere Absagen, die<br />
Chorproben sollen bis auf Weiteres<br />
ausfallen, eine Operngala<br />
mit Orchester und Solisten wird<br />
auch gecancelt.<br />
Otto N. ist freischaffender<br />
Chorleiter und Dirigent und<br />
macht sich Sorgen um seine<br />
Existenz. Zum Glück hat er während<br />
seines Studiums als Wahlpflichtmodul<br />
Audio- und Videobearbeitung<br />
besucht und kennt<br />
Chormosaik: Gemeinsam Singen in Zeiten von Corona. Foto: Suzuki<br />
sich ein bisschen aus. „Das Internet<br />
ist der Weg“, denkt er. Er<br />
plant, ein Online-Chorvideo auf<br />
die Beine zu stellen und in den<br />
sozialen Netzwerken zu posten.<br />
Auch für die regelmäßigen<br />
Proben hat er eine Lösung parat.<br />
Das ganze Wochenende testet<br />
und probiert er.<br />
Online-Proben<br />
Andere Ottos kommen auch<br />
auf die Idee, digitale Chorproben<br />
abzuhalten. Einige bevorzugen<br />
die Plattform Zoom, einige<br />
nutzen Skype oder Doozoo. Die<br />
meisten allerdings wollen erstmal<br />
abwarten und lassen den<br />
Probebetrieb ruhen.<br />
Eine normale musikalische<br />
Probe verläuft meistens durch<br />
Wahrnehmung und Feedback.<br />
Der Leiter hört genau hin, was<br />
gesungen oder gespielt wird,<br />
korrigiert oder gibt Hinweise,<br />
was verbessert oder geändert<br />
werden soll. Online-Proben sind<br />
dagegen unilateral, selbst die<br />
kleinste Latenz ist viel zu groß<br />
und verhindert das gemeinsame<br />
Musizieren. Stattdessen spricht<br />
nur der Chef, die Teilnehmer<br />
hören zu und singen alleine vor<br />
sich hin.<br />
Je nach Erfahrung kann der Dirigent<br />
vermuten, wo die Schwierigkeiten<br />
auftauchen und diese<br />
Probleme ansprechen oder die<br />
Phrase vorspielen beziehungsweise<br />
vorsingen. In der Regel ist<br />
die Online-Probe äußerst technisch,<br />
denn es kann wenig an<br />
Klang, Dynamik oder Interpretation<br />
gearbeitet werden.<br />
Die Plattform Zoom hat sich<br />
als die Lieblingswahl in der Laienchorszene<br />
herauskristalli-<br />
50 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
Endlich wieder gemeinsam proben – wenn<br />
auch mit Abstand Foto: privat<br />
siert. Man kann zwar die anderen<br />
Stimmen nicht hören, aber<br />
alleine die Tatsache, zu sehen,<br />
dass die anderen dabei sind und<br />
mitmachen, bringt ein Stückchen<br />
Alltagsnormalität. Sehr<br />
beliebt wurden die sogenannte<br />
„Chormosaike“. Die Chorleitung<br />
bereitet einen Audiotrack vor,<br />
in dem die jeweiligen Stimmen<br />
eingespielt werden sowie ein<br />
Metronom. Jedes Chormitglied<br />
nimmt sich selbst beim Singen<br />
auf Video auf. Spätestens wenn<br />
alle einzelnen Videos bearbeitet,<br />
synchronisiert und zusammengefügt<br />
werden, kann man<br />
das Endergebnis geniessen. Es<br />
klingt wie ein echter Chor!<br />
Mit etwa vier Millionen Menschen<br />
in Deutschland, die in einem<br />
Chor oder Ensemble singen<br />
und ihr Hobby nicht ausüben<br />
dürfen, hat es nicht lange<br />
gedauert, bis die ersten wissenschaftlichen<br />
Studien erschienen<br />
sind. Unter anderem veröffentlichten<br />
die Musikhochschule<br />
Freiburg in Zusammenarbeit<br />
mit dem Freiburger Institut für<br />
Musikermedizin und dem Universitätsklinikum,<br />
der Chor des<br />
Bayerischen Rundfunks und die<br />
Charité ausführliche Studien<br />
zum Thema Aerosole und Gesang.<br />
Die Ergebnisse sind nicht einheitlich,<br />
der empfohlene Abstand<br />
zwischen den Sängern<br />
schwankt zwischen 1,5 und 6<br />
Metern, und bis jetzt handhaben<br />
die Bundesländer dieses Thema<br />
sehr unterschiedlich. Eins ist<br />
unumstritten: Auf das Singen in<br />
Gruppen im Bereich Laienmusik<br />
soll verzichtet werden.<br />
Mit niedrigen Infektionszahlen<br />
begann Deutschland schrittweise<br />
mit Lockerungsmaßnahmen.<br />
Der Sommer kam und<br />
trotz Lockerungen blieben die<br />
Infektionsraten niedrig.<br />
Die Chomitglieder sind heiß<br />
auf das Singen, denn Gesang<br />
macht süchtig. Er ist gesund,<br />
gut für Herz, Lunge und Abwehrkräfte.<br />
Er wirkt positiv auf<br />
die Psyche und wissenschaftlich<br />
nachgewiesen baut das Singen<br />
Stresshormone wie Cortisol ab.<br />
Nach der<br />
Zwangspause<br />
MUSIK<br />
Einige Chormitglieder wagen<br />
einen ersten Schritt: Sie treffen<br />
sich in kleinen Gruppen unter<br />
freiem Himmel, mit Abstand<br />
und Mund-Nase-Schutz. Es folgen<br />
andere, alle freuen sich<br />
sehr; auch darüber, die Chorfreunde<br />
wieder zu sehen – die<br />
gesellige Seite spielt eine wichtige<br />
Rolle.<br />
Die Bundesländer veröffentlichen<br />
die ersten Corona-Schutzverordnungen,<br />
die den Gruppengesang<br />
im geschlossenen<br />
Raum wieder ermöglichen. Ein<br />
detailliertes Hygienekonzept<br />
muss vorliegen, ein Protokoll<br />
muss geschrieben werden, nur<br />
eine begrenzte Anzahl an Personen<br />
dürfen teilnehmen.<br />
Das Chorsingen mit Abstand<br />
und in kleinen Gruppen ist ein<br />
neues Erlebnis, gerade nach der<br />
langen Zwangspause. Die erste<br />
Präsenzprobe verläuft etwas<br />
chaotisch, man hört die anderen<br />
Sänger nicht, nur sich selbst.<br />
Der Abstand ist groß, man versteht<br />
nicht, was der Dirigent<br />
sagt, er soll lauter sprechen.<br />
Aber es kommt die zweite Probe,<br />
dann die dritte und nach der<br />
vierten sagen einige aus dem<br />
Chor: „Heute war es viel besser,<br />
fast wie früher! Ich konnte einen<br />
echten Chorklang erleben!“<br />
Man gewöhnt sich daran, die<br />
Anpassungsfähigkeit des Menschen<br />
ist faszinierend, denkt<br />
Otto. Er ist gleichzeitig froh und<br />
enttäuscht: Froh, wieder mit anderen<br />
Menschen musizieren<br />
zu können. Mit den Abständen<br />
und kleiner Besetzung singen<br />
alle freier und selbstbewusster,<br />
selbst die Onlineprojekte haben<br />
den Singenden geholfen, ihre<br />
eigene Stimme zu entwickeln.<br />
Die Enttäuschung gilt nicht<br />
den Choristen. Ein Musiker, ob<br />
Amateur oder Profi, braucht in<br />
absehbarer Zeit ein Ziel, einen<br />
Auftritt, ein Konzert.<br />
Und Otto weiß, dass diese<br />
nicht so früh stattfinden werden.<br />
Ein 50-köpfiger Chor auf der<br />
Bühne, plus die gleiche Menge<br />
im Orchester, alle eng nebeneinander,<br />
ist nicht mehr vorstellbar.<br />
Was das Beethoven-Jahr hätte<br />
sein sollen, wurde zum konzertlosen<br />
Corona-Jahr. Otto N. wie<br />
alle tausend anderen Ottos müssen<br />
Geduld haben. Sie bereiten<br />
sich für die nächste Präsenzprobe<br />
vor, sie planen die Saison, als<br />
ob Corona nicht mehr da wäre.<br />
Aber vor allem sind unsere Ottos<br />
glücklich, ihren Beruf zu haben.<br />
Kultur sei nicht systemrelevant,<br />
sagte man. Die Pandemie<br />
zeigt, dass wir auf vieles verzichten<br />
können, aber wer hätte den<br />
Lockdown ohne Musik, Film<br />
oder Literatur überstanden?<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 51
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
LARS-HENDRIK SCHILLING<br />
Nerviger Kaffeesatz als<br />
Geschäftsidee<br />
Melitta Bentz, die Erfinderin des Kaffeefilters.<br />
Name: Amalie Auguste Melitta<br />
Bentz, geb. Liebscher<br />
Lebensdaten: 31. Januar<br />
1873 in Dresden bis 29. Juni<br />
1950 in Holzhausen an<br />
der Porta Westfalica<br />
In aller Kürze: Bevor<br />
Melitta Bentz den<br />
Kaffeefilter erfand,<br />
Amalie<br />
schwamm das Kaffeepulver<br />
im Getränk<br />
Auguste<br />
mit herum, sammelte<br />
sich überall und<br />
Foto:<br />
verdreckte einem oft<br />
die Zähne. Insofern<br />
hat Melitta Bentz bis<br />
heute viele, viele Jünger,<br />
die ohne ihren<br />
Kaffee einfach nicht in<br />
den Tag starten können.<br />
Im Detail: Kennt ihr den<br />
Begriff „Kaffeesatz lesen“?<br />
Der kommt daher, dass man<br />
früher Kaffee ohne Filter aufgoss.<br />
Dann blieb das braune,<br />
dann schlammige Pulver in der<br />
Kanne zurück und bildete ein<br />
braunes, chaotisches Muster –<br />
der sogenannte Kaffeesatz (weil<br />
er sich absetzt). Wer den Kaffeesatz<br />
las, der versuchte, aus diesen<br />
zufälligen Mustern Zeichen<br />
für die Zukunft zu lesen. (Harry-<br />
Potter-Fans kennen das Konzept<br />
Melitta Bentz.<br />
Wikimedia<br />
Commons<br />
in der britischen Variante, wo<br />
man es mit Teeblättern machte.)<br />
Kaffeesatz mag als Orakel gedient<br />
haben, aber eigentlich war<br />
er vor allem nervig. Er ist zwar<br />
schwerer als Wasser und setzt<br />
sich somit ab, aber ein bisschen<br />
schwebte trotzdem immer in<br />
der Flüssigkeit herum. Das feine<br />
Pulver landete überall<br />
– auf allen Gefäßen (störend<br />
in einer Zeit vor<br />
dem Geschirrspüler),<br />
auf den Zähnen (unästhetisch)<br />
und so<br />
weiter.<br />
Schon zu Melitta<br />
Bentz’ Zeiten gab<br />
es Filter, um das<br />
Kaffeepulver zu<br />
entfernen. Doch<br />
diese arbeiteten<br />
mit Stoff oder<br />
Löschpapier. Sie<br />
mussten oft noch<br />
zugeschnitten werden<br />
und entfernten<br />
das Pulver auch meist<br />
nicht vollständig.<br />
Der erste Bentz’sche<br />
Kaffeefilter bestand aus einer<br />
Metalldose, deren Boden<br />
Melitta mit einem Nagel durchlöchert<br />
hatte. Auf dieses „Sieb“<br />
legte sie dann eine Scheibe aus<br />
Löschpapier, das sie aus dem<br />
Löschpapier aus den Schulheften<br />
ihrer Söhne ausgeschnitten<br />
hatte.<br />
Und daraus entwickelte Melitta<br />
Bentz ein Geschäftsmodell:<br />
einen Rundfilter für Kaffee mit<br />
52 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
vorab ausgeschnittenen Filterblättern,<br />
noch 1908 vom kaiserlichen<br />
Patentamt abgesegnet.<br />
Das Unternehmen florierte<br />
rasch, auch weil Melitta Bentz<br />
sehr flexibel auf Herausforderungen<br />
reagierte. So stellte sie<br />
die Produktion in den Jahren<br />
des Ersten Weltkriegs auf Kartons<br />
um, weil Kaffee aufgrund<br />
der Versorgungslage im Deutschen<br />
Reich kaum zur Verfügung<br />
stand. Damit brachte sie<br />
das Unternehmen und ihre Kinder<br />
durch den Krieg, während<br />
ihr Mann an der Front war.<br />
Nach dem Krieg ging der<br />
Markt für Kaffee wieder nach<br />
oben und so wuchs das Unternehmen<br />
rasch. Bis zu ihrem Tod<br />
war das Familienunternehmen<br />
so groß, dass es bis heute erfolgreich<br />
bleibt.<br />
Der Klassiker: Filtertüte Größe 4.<br />
Foto: Elke Wetzig / Wikimedia Commons<br />
Sogar den Zweiten Weltkrieg<br />
überstand es, auch wenn hier<br />
die Umstellung der Produktion<br />
nicht freiwillig passierte. Auf<br />
Anweisung der Reichsregierung<br />
musste man statt Kaffeefiltern<br />
kriegswichtige Güter herstellen.<br />
Heute ist die Melitta Unternehmensgruppe<br />
Bentz KG wieder<br />
in ihrem Kerngeschäft tätig<br />
und bringt täglich abertausende<br />
von Menschen zu einem friedlichen<br />
Kaffee zusammen. Die Geschichte<br />
von Melitta Bentz mag<br />
wenig bekannt sein, aber ihre<br />
unwissenden Jünger genießen<br />
ihre Erfindung trotzdem jeden<br />
Tag.<br />
Zum Autor: Lars-Hendrik<br />
Schilling ist von Berufs wegen<br />
eigentlich Chemiker und<br />
Experte für Analytik, Chemikaliensicherheit<br />
und Compliance.<br />
Seit 2008 ist er hobbymäßig<br />
in der Populärwissenschaft<br />
aktiv, wo er vor allem<br />
Vorträge hält – häufig auf<br />
Mensaveranstaltungen oder an<br />
Universitäten.<br />
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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
RALF SCHÄFER<br />
Was sagt die<br />
Wissenschaft?<br />
Versuch zur Klarstellung einiger Grundbegriffe.<br />
Da sich häufig „auf die<br />
Wissenschaft” berufen<br />
wird, stelle ich mal<br />
möglichst kurz dar, wie<br />
entsprechende Aussagen<br />
überprüft werden können,<br />
um zur Versachlichung von<br />
Debatten beizutragen.<br />
Dabei beziehe ich<br />
mich vor allem auf die<br />
Naturwissenschaft und<br />
Medizin. Zugunsten der<br />
Lesbarkeit verwende ich<br />
in diesem Text die männliche<br />
Schreibweise.<br />
Wer ist überhaupt<br />
Wissenschaftler?<br />
Die Befähigung zum wissenschaftlichen<br />
Arbeiten wird<br />
durch Promotion nachgewiesen.<br />
Ein aktiver Wissenschaftler<br />
ist jemand, der kontinuierlich<br />
Artikel in Fachzeitschriften<br />
publiziert und auch zitiert<br />
wird. Zitate sind dabei die Währung<br />
der Wissenschaft und so<br />
etwas wie eine sehr grobe Richtschnur,<br />
wie wichtig ein Wissenschaftler<br />
ist.<br />
Was Wissenschaft<br />
nicht ist<br />
Populärwissenschaftliche Bücher,<br />
Beiträge in Medien wie<br />
Zeitungen oder Youtube. Denn<br />
was Wissenschaftler äußern, ist<br />
nicht per se Wissenschaft, sondern<br />
ihre Meinung zur Wissenschaft.<br />
Wie lässt sich feststellen,<br />
wie fundiert diese Meinung<br />
ist? Das lässt sich nicht abschließend<br />
beurteilen, der Grad der<br />
Verlässlichkeit steigt aber, wenn<br />
die Person:<br />
• über eigene Fachartikel in<br />
dem Gebiet verfügt, die gut<br />
zitiert werden,<br />
• direkt über eigene Forschungsarbeiten<br />
und Übersichtsartikel<br />
(suchbar via:<br />
„Reviews“ oder „Meta-Analyses“)<br />
berichtet, die publiziert<br />
sind,<br />
• gute Zitationszahlen aufweist,<br />
• an einer Institution angestellt<br />
ist, an der sie Wissenschaftsfreiheit<br />
besitzt (zum Beispiel<br />
Universität, staatlich finanziertes<br />
Forschungsinstitut –<br />
dies mindert potenzielle Interessenskonflikte<br />
in Bezug auf<br />
die Nutzung des produzierten<br />
Wissens).<br />
Das alles ist keine Gewähr,<br />
aber wenn mehrere Kriterien<br />
erfüllt sind, kann man daraus<br />
pragmatisch eine Einschätzung<br />
zur Glaubwürdigkeit ableiten.<br />
Es gilt aber immer: Wenn<br />
ich mich an Aussagen in entsprechenden<br />
Quellen halte, ist<br />
höchste Vorsicht geboten und<br />
man sollte nicht denken, dass<br />
man über Wissen verfügt, eher<br />
über Informationen. Wissen<br />
entsteht nur durch eine Einordnung<br />
in das Fachgebiet! (dazu<br />
unten mehr)<br />
Überprüfung von<br />
Zitationszahlen<br />
Aber nehmen wir an, jemand<br />
hat keine guten Englischkenntnisse<br />
(die naturwissenschaftliche<br />
und medizinische wissenschaftliche<br />
Diskussion findet<br />
fast ausschließlich auf Englisch<br />
statt) und muss sich auf Meinungen<br />
von Wissenschaftlern<br />
verlassen.<br />
54 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Wie lassen sich die Zitationszahlen<br />
überprüfen, um die Relevanz<br />
einer Person einzuordnen?<br />
Leider sind entsprechende<br />
Datenbanken nicht frei zugänglich<br />
und sehr teuer (häufig fallen<br />
Kosten von 10.000en Euro<br />
pro Jahr für den Zugang für eine<br />
wissenschaftliche Institution<br />
an), aber viele aktive Wissenschaftler<br />
befinden sich auf Google<br />
Scholar: https://scholar.google.com<br />
Einfach den Namen eingeben<br />
und dann das Nutzerprofil aufrufen.<br />
Hier ein Beispiel meines<br />
Profils: http://mind-mag.de/<br />
link/ralfschaefer<br />
Rechts oben sieht man die Anzahl<br />
der Zitate pro Jahr. Beim<br />
Vergleich von Personen ist zu<br />
beachten, dass typischerweise<br />
die Zitate pro Jahr mit dem Alter<br />
zunehmen. Nobelpreisträger<br />
(Beispiel Paul Crutzen: http://<br />
mind-mag.de/link/paulcrutzen)<br />
hat zum Beispiel mehrere<br />
Tausend Zitate pro Jahr. Gute<br />
Wissenschaftler mit gewisser<br />
Berufserfahrung (ein paar Jahre<br />
nach der Promotion) haben<br />
zumindest ein paar Hundert Zitate.<br />
Natürlich hat nicht immer<br />
der Recht, der mehr Zitate hat,<br />
Illustration: Gerd Altmann / pixabay<br />
aber wenn beispielsweise eine<br />
Person A seit Jahren keine Artikel<br />
publiziert hat und zehn Zitate<br />
im Jahr bekommt, dann ist es<br />
äußerst zweifelhaft, ob ihre Meinung<br />
im Vergleich zu einer Person<br />
B, die jedes Jahr Artikel im<br />
Fachgebiet publiziert und ein<br />
paar Hundert bis Tausende Zitate<br />
bekommt, relevant ist.<br />
Wenn man sich nicht auf solche<br />
Vergleiche stützen will,<br />
bleibt einem nur übrig, selber<br />
ins Fachgebiet zu schauen und<br />
zu recherchieren! Es kann nicht<br />
oft genug wiederholt werden,<br />
dass, wer Letzteres nicht tut,<br />
sich seiner Meinung nicht zu sicher<br />
sein sollte und nur Informationen<br />
hat, aber kein Wissen<br />
im wissenschaftlichen Sinne.<br />
Wie bekomme ich<br />
einen Überblick<br />
über das jeweilige<br />
Fachgebiet?<br />
Wenn es nun final darum geht,<br />
zu recherchieren, „was die Wissenschaft<br />
sagt“, kommt man<br />
um eine Recherche in wissenschaftlichen<br />
Artikeldatenbanken<br />
nicht herum. Diese umfassen<br />
zum Beispiel Scopus, Web of<br />
Science und Pubmed als Gold-<br />
Standard, wobei nur Pubmed<br />
frei zugänglich ist. Allerdings<br />
kann auch in Google Scholar<br />
recherchiert werden. Leider<br />
trennt Google Scholar nicht<br />
zwischen Populärwissenschaft<br />
und Wissenschaft in Fachzeitschriften,<br />
und die Suchen liefern<br />
in der Regel zu viele Treffer.<br />
Für den Laien ist Google Scholar<br />
deswegen nicht sonderlich gut<br />
geeignet.<br />
Eine Übersicht und ein Beispiel<br />
zur Suche in Pubmed findet<br />
sich auf dieser Website:<br />
http://mind-mag.de/link/pubmed<br />
Vier abschließende<br />
Aspekte<br />
Terminologie<br />
Um zu einem bestimmten Thema<br />
die relevanten Informationen<br />
zu erhalten, ist es wichtig,<br />
nach den richtigen Begriffen zu<br />
suchen. Wissenschaft ist häufig<br />
eine sehr technische, detaillierte<br />
Angelegenheit. Oft hilft es, einen<br />
Fachartikel zu lesen, um relevante<br />
Begriffe zu identifizieren,<br />
alternativ verwenden selbst<br />
Wikipedia-Seiten häufig die einschlägigen<br />
Termini und verweisen<br />
auf Fachartikel.<br />
Rosinen picken<br />
Wissenschaftliche Erkenntnis<br />
ergibt sich meist erst, wenn<br />
mehrere unabhängige Studien<br />
vorliegen. Eine Einzelstudie<br />
herauszugreifen und als definitiven<br />
und endgültigen Beweis<br />
zu nehmen ist nicht seriös.<br />
Zu einigen Fragen kann es<br />
sein, dass es schnell mal einige<br />
Hundert bis Tausende Fachar-<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 55
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Illustration: Gerd Altmann / pixabay<br />
tikel gibt. Um da trotzdem auf<br />
die Schnelle einen Überblick<br />
zu bekommen, kann nach „Reviews“<br />
und „Meta-Analyses“ gesucht<br />
werden. Letztere sind in<br />
der Regel wesentlich verlässlicher<br />
als Einzelstudien, da sie die<br />
Ergebnisse vieler Studien zusammenfassen.<br />
In der Medizin<br />
gibt es zum Beispiel die Cochrane<br />
Reviews, die qualitätsgeprüftes<br />
Wissen bereitstellen: https://<br />
www.cochranelibrary.com<br />
Auf die Unterschiede in der Relevanz<br />
zwischen unterschiedlichen<br />
Fachzeitschriften wird in<br />
der oben genannten Quelle eingegangen<br />
(http://mind-mag.de/<br />
link/pubmed).<br />
Volltext-Zugang<br />
Leider besteht vielfach kein<br />
Volltext-Zugang zu den Zeitschriften,<br />
zumindest aus den<br />
Abstracts können aber schon<br />
zentrale Informationen herausgezogen<br />
werden. Bei Google<br />
Scholar und Pubmed gibt<br />
es gleichwohl eine Vielzahl von<br />
frei verfügbaren Quellen. Die illegale<br />
Plattform Sci-hub stellt<br />
zudem Zugang zu fast allen wissenschaftlichen<br />
Artikeln zur<br />
Verfügung (da illegal, hier kein<br />
Link).<br />
Preprints<br />
Um die Zeit zwischen der Einreichung<br />
eines Artikels in einer<br />
Fachzeitschrift und der Publikation<br />
zu verkürzen (häufig dauert<br />
dies Monate durch Begutachtung<br />
durch den Editor und<br />
externe Gutachter), gehen viele<br />
Wissenschaftler dazu über, Artikel<br />
als Preprint ins Internet zu<br />
stellen. Für Laien lässt sich häufig<br />
die Qualität von solchen Artikeln<br />
nicht überprüfen und sie<br />
sollten nur mit äußerster Vorsicht<br />
verwendet werden.<br />
Was Wissenschaft<br />
nicht kann<br />
Wissenschaft kann nicht sagen,<br />
was sein sollte oder getan<br />
werden sollte, nur was ist.<br />
Auch wenn sich in vielen wissenschaftlichen<br />
Artikeln Soll-<br />
Aussagen finden lassen, müssen<br />
diese immer als Konditional<br />
gelesen werden. Zum Beispiel:<br />
Wenn ich gesetzliche Verpflichtungen<br />
zum Eintrag von Nitrat<br />
ins Grundwasser einhalten will,<br />
dann sollte ich XY tun, da unsere<br />
Ergebnisse zeigen, dass die<br />
aktuelle Praxis zur Überschreitung<br />
der Grenzwerte führt. Leider<br />
liest man in den Schlussfolgerungen<br />
oder Interpretationen<br />
häufig nur Forderungen, aber<br />
keine Spezifikation, unter welcher<br />
Wert-Perspektive (Einhaltung<br />
von Verträgen, Gesetzen<br />
oder Ähnliches) diese zustande<br />
gekommen sind.<br />
Über den Autor<br />
Ralf Schäfer ist Professor für<br />
Quantitative Landschaftsökologie<br />
an der Universität Koblenz-Landau.<br />
Faktisch beschäftigt<br />
er sich mit dem Einfluss<br />
des Menschen auf Fließgewässerorganismen<br />
mittels Computermodellierung,<br />
aber auch<br />
mit Feldforschung in verschiedenen<br />
Regionen der Welt. Er<br />
hat Umweltwissenschaften studiert<br />
und in dem Bereich promoviert<br />
und habilitiert. Außerdem<br />
kann Ralf Schäfer ein nichtabgeschlossenes<br />
Zweit-Studium<br />
in Philosophie, Soziologie und<br />
Statistik vorweisen. Fragen der<br />
Wissenschaftstheorie treiben<br />
ihn seitdem auch privat um, was<br />
Anlass war, diesen wenn auch<br />
vereinfachten Artikel zu schreiben.<br />
56 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
RÄTSEL<br />
Blackout-Domino<br />
B<br />
lackout-Domino wurde von Richard Stolk<br />
erfunden, einem der besten Rätselautoren<br />
weltweit. Das Blackout-Domino ist eine großartige<br />
Rätselart. Auch wenn ich es schon mehrere Jahre<br />
kenne, entdecke ich noch immer neue Schlussweisen<br />
darin. Wer sich noch weitergehend dafür<br />
interessiert, dem empfehle ich die „Originale“ von<br />
Richard, zum Beispiel dieses hier in unserem Rätselportal:<br />
https://logic-masters.de/Raetselportal/Raetsel/<br />
zeigen.php?id=00015N<br />
Anleitung:<br />
Schwärzen Sie einige Felder und tragen Sie dann<br />
die Dominosteine von 1-1 bis n-n (in diesen Rätseln<br />
ist n die größte vorgegebene Zahl) so in die Figur<br />
ein, dass jeder Stein genau einmal vorkommt.<br />
Waagerecht und senkrecht benachbarte Halbfelder<br />
von unterschiedlichen Dominosteinen müssen<br />
dabei die selbe Zahl aufweisen. Schwarzfelder<br />
dürfen sowohl andere Schwarzfelder, als auch<br />
den Rand waagerecht und senkrecht nicht berühren.<br />
<br />
Silke Berendes<br />
Auflösungen<br />
Ausgabe 137<br />
Auflösungen im nächsten Heft<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 57
ORGANISATION<br />
Wer weiß mehr?<br />
Organisatoren lokaler Treffen.<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
01… Dresden / SAMIR KÖCKRITZ / 01520 – 7 070 090<br />
04… Leipzig / MARIO STOLL / 0341 – 3 038 020<br />
06… Halle / MARCUS HILLMANN / 0162 – 4 968 254<br />
07… Jena / WOLFGANG KLINGHAMMER / 03641 – 823 599<br />
Chemnitz / STEFANIE WEBER / 01525 – 3 442 810<br />
09…<br />
Annaberg / ALMUT NITZSCHE / 03733 – 289 418<br />
10…<br />
Berlin / MATTHIAS KRIBBEN / 0172 – 5 656 004<br />
Brandenburg / PETER OEHLKE / 030 – 41 999 861<br />
19… Schwerin/Mecklenburg-Vorpommern /<br />
KARSTA LINKE / 03883 – 723 338<br />
20… Hamburg / HENNING SCHRAMM / 0171 – 3 411 543<br />
Hamburg-Harburg / MILENA ROBBERS /<br />
21… 0176 – 57 188 122<br />
Lüneburg / JÜRGEN REIMERS / 04131 – 37 887<br />
Ahrensburg / BORIS GEORGIEV / 04102 – 888 868<br />
22…<br />
Norderstedt / JULIA BORRMANN / 0151 – 25 204 119<br />
23… Lübeck / MARISA HAUFE / 0173 – 6 019 490<br />
Kiel / SIGRID UND UDO SCHULTZ / 0431 – 521 269<br />
Flensburg / GERD BORCHERS / 0461 – 79 501 322<br />
24…<br />
Bad Bramstedt / ULRIKE SANDER-HOYER /<br />
0170 – 6 053 874<br />
Pinneberg / ANDREA BAHRENFUSS / 04123 – 929 934<br />
25…<br />
Heide/Husum / LARS MEYER / 0162 – 5 273 363<br />
26… Oldenburg / DIRK BOSHOVEN / 0151 – 15 311 785<br />
27… Bremerhaven / KLAUS GEBHARDT / 0172 – 4 524 773<br />
28… Bremen / NICOLE RETAT / 0176 – 56 799 944<br />
30… Hannover / RAINER NEUSÜSS / 05108 – 9 217 686<br />
32… Minden / CHRISTOPHER KRAUS / 0571 – 3 851 868<br />
Paderborn / DANIEL KEYHANI / 0173 – 6 955 510<br />
33… Ostwestfalen/Lippe / ANNETTE FRANZ /<br />
0521 – 42 826 586<br />
34… Kassel / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Marburg / BETTINA BAGUNK / 06421 – 51 403<br />
35… Gießen / FRANK BRANDT / 0 64 03 – 926 543<br />
Wetzlar / MARKUS MATTZICK / 06441 – 446 970<br />
36… Fulda / KARSTEN ASSMANN / 0661 – 9 600 083<br />
37… Göttingen / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Braunschweig / TIMO WEIL / 0177 – 4 131 826<br />
38… Clausthal-Zellerfeld / GUNNAR KAESTLE /<br />
05323 – 997 724<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
39… <strong>Mag</strong>deburg / GUNNAR HENDRICH / 01 76 – 42 095 828<br />
40… Düsseldorf / MARC-ANDRÉ KAISER / 0211 – 2 393 676<br />
41… Mönchengladbach / BODO SCHNELL / 02433 – 525505<br />
42… Wuppertal / ACHIM WAGENKNECHT / 0179 – 4 517 387<br />
44…<br />
45…<br />
Dortmund / ANNA ASLANIDOU / 0163 – 5 604 546<br />
Dortmund / PIA PHILIE LEHMANN / 0151 – 56 041 525<br />
Bochum / SOPHIA FALKE / 0176 – 24 293 954<br />
Essen / SANDRA BAUMANN-TRAMPE / 0201 – 782 983<br />
Mülheim/Ruhr / JENS HELLBING / 01575 – 5 786 932<br />
Marl / ROBERT KLOSE / 0173 – 7 144 636<br />
46… Wesel / THOMAS WEINBRENNER / 0281 – 44 295 787<br />
47…<br />
48…<br />
Duisburg / INA PAULS / 0203 – 593 214<br />
Kevelaer / ROLF EGGING / 02832 – 4 557<br />
Kleve / HANS-GERD THEUNISSEN / 0 28 21 – 29 404<br />
Münster / MELANIE JÄGER / 0171 – 2 190 967<br />
Münster / SIMON SIEBERS / 0151 – 22 602 621<br />
49… Osnabrück / BIRGIT WIPPERMANN / 01 77 – 2 608 004<br />
Köln / KLAUS BAUMHAUER / 0157 – 73 808 128<br />
50…<br />
Köln / FRAUKE RIEKEN / 0221 – 8 231 808<br />
52… Aachen / LUKAS FISCHER-WULF / 0241 – 18 991 357<br />
53… Bonn / SVETLA KNÖSCHKE / 0160-7082153<br />
55… Mainz / KAI GEHRETH / 01577 – 3 969 315<br />
56… Koblenz / MARTIN SCHULZE / 0261 – 309 382<br />
57… Siegen / SABINE SCHIRM-SPRINGOB / 02761 – 7 039 911<br />
58… Hagen / ANDREA SCHÖNEBERG / 0172 – 9 367 921<br />
59… Soest / DIETER PIPER / 02381 – 948 666<br />
60… Frankfurt / ANDREAS THURM / 0151 – 41 467 503<br />
61… Bad Homburg / JESSICA JOHN<br />
63… Aschaffenburg / JAN ZBIKOWSKI / 06021 – 5 822 646<br />
64… Darmstadt / BEHROUZ CHAGHERI / 0173 – 3 103 633<br />
65… Wiesbaden / SILKE HANSEN / 069 – 1 553 676<br />
66… Saarbrücken / PETER MOOG / 0171 – 3 787 722<br />
Worms / STEFAN JAMIN / 06321 – 899 045<br />
67…<br />
Kaiserslautern / STEFAN JAMIN / 06321 – 899 045<br />
68…<br />
69…<br />
Mannheim / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
Heidelberg / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
70… Stuttgart / MARTIN JÄKLE / 0176 – 32 509 161<br />
58 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
ORGANISATION<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
72… Tübingen / JÜRGEN SCHAICH / 0176 – 96 358 274<br />
76…<br />
Karlsruhe / SVEN MANIAS / 0721 – 699 556<br />
Karlsruhe / JULIANE SCHNEIDER / 07243 – 728 774<br />
Landau / STEFAN JAMIN / 06321 – 899 045<br />
75… Pforzheim / GABRIELE WALTER / 0176 – 61 048 332<br />
77…<br />
Lahr/Schwarzwald / MARTIN KATZNER /<br />
07821 – 37 679<br />
78… Bodensee / MARTIN ROSCHER / 07541 – 836 739<br />
79…<br />
80…<br />
81…<br />
Freiburg im Breisgau / HENDRIK FREYTAG /<br />
0177 – 7 607 919<br />
München / BRIGITTE BRECHT / 089 – 8 644 939<br />
München / THOMAS DOUBRAWA / 089 – 95 422 002<br />
München-Pasing / MAX VOIGTMANN /<br />
089 – 30 004 913<br />
83… Holzkirchen / HEIKE WEBER / 08024 – 476 626<br />
84…<br />
85…<br />
Altötting (Südost/Oberbayern) / BIRGIT SCHOLZ /<br />
08671 – 85 591<br />
Landshut-Freising / WERNER KELNHOFER /<br />
08762 – 2 189<br />
Ingolstadt / BRIGITTE MAIER / 0841 – 97 052 179<br />
Alpenland/Region / HANS GEORG MICHNA /<br />
0179 – 3 217 777<br />
86… Augsburg / THOMAS KRAUSS / 08232 – 77 782<br />
87… Memmingen / TINA ACHAM / 08331 – 8 339 744<br />
88… Wangen im Allgäu / BRIGITTE GÖSER / 07561 – 7 715<br />
89… Ulm/Neu Ulm / INGRID RENZ / 0174 – 3 337 549<br />
89… Heidenheim / HEIKE VOGLER / 01577 – 3 237 078<br />
90… Nürnberg / DANIELA HIRSCHEIDER / 0160 – 4 372 731<br />
91… Erlangen / DANIELA HIRSCHEIDER / 0160 – 4 372 731<br />
93… Regensburg / LUDWIG KOLB / 0941 – 5 987 095<br />
94…<br />
Passau / KARIN POLZ / 08502 – 915 840<br />
Philippsreut / CHRISTIAN KOCH / 08557 – 729<br />
95… Bayreuth / STEFAN WLADARSCH / 0921 – 5 167 420<br />
96… Bamberg / SANDRA HARTL / 0171 – 9 541 902<br />
97… Würzburg / ANNETTE KUNZ / 0931 – 980 880<br />
99… Erfurt / LINDA SOLCHER / 0162 - 4162631<br />
Termine<br />
& Treffen<br />
Eine Übersicht mit aktuellen<br />
Treffen und Terminen gibt<br />
es im Internet unter:<br />
ř db.mensa.de/events<br />
Die E-Mailadressen der<br />
lokalen Ansprechpersonen<br />
findet ihr unter:<br />
ř db.mensa.de/kontakt.htm<br />
Adressänderungen<br />
Da Postvertriebsstücke von der<br />
Post nicht nachgesandt werden,<br />
kommen <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azine<br />
trotz Nachsendeauftrag als unzustellbar<br />
an die Geschäftsstelle<br />
zurück. Änderungen von Adressen<br />
oder Daten bitte an die<br />
Geschäftsstelle oder selbst im<br />
eMVZ unter „Meine Daten“ eingeben!<br />
ř office@mensa.de<br />
Änderungswünsche an<br />
der Tabelle bitte an:<br />
ř mindmag@mensa.de<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 59
INFORMATION<br />
Internet<br />
Ì www.mensa.de<br />
Ì www.mensa.de/social-media<br />
eMVZ<br />
Ì https://db.mensa.de<br />
Boggs<br />
Ì snews://news.mensa.de<br />
Ì https://newsportal.mensa.de<br />
Schlichter<br />
Christiane Schmetzer<br />
¼ 07822 / 780 027<br />
ì schmetzer@kabelbw.de<br />
Michael Robert Biber<br />
¼ 0175 / 1 649 242<br />
ì biber@newdirection.de<br />
Monika Maria Sommer<br />
ì monika@msommer.de<br />
Kinder- und Jugendbereich<br />
Susanne Severin<br />
Annette Schlüter<br />
¼ 0179 / 6 758 335<br />
ì kiju-koordinator@mensa.de<br />
Spenden an Mensa<br />
<strong>MinD</strong>-Stiftung gGmbH<br />
IBAN<br />
DE29 5109 1700 0042 4200 42<br />
BIC VRBUDE51<br />
SIGHT<br />
Couchsurfen und mehr im smarten<br />
Umfeld. Deutsche SIGHT-Co:<br />
Andrea Schwelm<br />
ì sight@mensa.de<br />
Präventionsbeauftragte<br />
Harro Eder<br />
¼ 0178 / 8 121 595<br />
Janina Enning<br />
¼ 0151 / 28 763 161<br />
ì praevention@mensa.de<br />
Sozialfonds<br />
Birgit Scholz<br />
Georgenstraße 6, 84503 Altötting<br />
¼ 08671 / 85 591<br />
(nur abends und Wochenende)<br />
ì mind_sozialfonds@web.de<br />
IBAN:<br />
DE49 4306 0967 1074 9648 00<br />
BIC: GENODEM1GLS<br />
Sozialprojekt zum JT<br />
Jörg Büttner<br />
Albertine-Assor-Str. 17 b<br />
22457 Hamburg<br />
¼ 040 / 32 091 763<br />
ì mann-le@web.de<br />
Vereinskonto<br />
ì kasse@mensa.de<br />
IBAN:<br />
DE22 5109 1700 0042 4242 42<br />
BIC: VRBUDE51<br />
Mitgliedsbeitrag: 55 Euro im Jahr<br />
Leitender Psychologe (NSP)<br />
Kai Bestmann Dipl.-Psychologe<br />
Dahl 28a, 25497 Prisdorf<br />
¼ 04101 / 842 107<br />
ì testbetrieb@mensa.de<br />
Intelligenztest<br />
Termine und eine Anmeldemöglichkeit<br />
gibt es auf unseren<br />
Webseiten.<br />
Ì www.mensa.de<br />
Verwaltung<br />
Geschäftsführung<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
Geschäftsstelle<br />
Cirsten Novellino<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
¼ 089 / 86 466 251<br />
Fax: 089 / 86 466 252<br />
ì office@mensa.de<br />
Geschäftszeiten<br />
Dienstag und Donnerstag<br />
8:30 bis 16:30 Uhr<br />
International/<br />
Deutschsprachige<br />
Nachbarn<br />
International Office<br />
Michael Freenan<br />
Executive Director Mensa<br />
International Ltd.<br />
Slate Barn, Church Lane,<br />
Caythorpe<br />
Lincolshire NG 32 3EL<br />
United Kingdom<br />
¼ 0044 / 1 400 272 675<br />
Fax: 0044 / 1 400 272 675<br />
ì mensainternational@<br />
mensa.org<br />
Ì www.mensa.org<br />
Chairman<br />
Björn Liljeqvist<br />
ì chairman-mil@mensa.org<br />
NatReps<br />
Peter Fröhler<br />
Proxy für die Vorsitzende<br />
Tina Acham<br />
Jens Wiechers<br />
Koodinator für Internationales<br />
Mensa Österreich<br />
Gerald Schmidt<br />
Paulasgasse 17/3/26<br />
A-1110 Wien<br />
ì vorsitz@mensa.at<br />
Ì www.mensa.at<br />
Mensa Schweiz<br />
Mark Dettinger<br />
Wiesenstraße 12<br />
CH-4600 Olten<br />
ì office@mensa.ch<br />
Ì www.mensa.ch<br />
60 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
IMPRESSUM<br />
Vorstand<br />
Hermann Meier<br />
Organisation,<br />
Finanzen,<br />
Recht&Compliance<br />
Horstmannsmühle 1a<br />
42781 Haan<br />
¼ 02129 / 3 792 871<br />
ì hermann.meier@mensa.de<br />
Jens Wiechers<br />
Internationales,<br />
Wissenschaft&Forschung,<br />
Kooperationen, Presse<br />
Kölner Strasse 28<br />
51491 Overath<br />
¼ 0151 / 54 745 621<br />
ì jens.wiechers@mensa.de<br />
Martin Weiß<br />
Regionale Struktur,<br />
Testbetrieb,<br />
IT, Ortsblätter<br />
Am Mooskissen 26<br />
14532 Kleinmachnow<br />
¼ 033203 / 884 551<br />
ì martin.weiss@mensa.de<br />
Tina Acham<br />
Vorsitz, Kids&Juniors,<br />
Großveranstaltungen,<br />
Übrige Vereinsmedien<br />
Strigelstraße 20<br />
87700 Memmingen<br />
¼ 08331 / 8 339 744<br />
ì tina.acham@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
Mitgliederbetreuung,<br />
Bildung,<br />
Marketing<br />
Vogelsangstraße 50<br />
70197 Stuttgart<br />
¼ 0173 / 6 <strong>138</strong> 452<br />
ì yu-jin.son@mensa.de<br />
Impressum<br />
<strong>MinD</strong> <strong>Mag</strong>azin<br />
Die offizielle Zeitschrift<br />
von Mensa in Deutschland e.V.<br />
ISSN 1866-9867<br />
Redaktionsanschrift<br />
ì mindmag@mensa.de<br />
Herausgeber<br />
Mensa in Deutschland e.V.<br />
Rodinger Straße 19<br />
93413 Cham<br />
Registergericht: Köln, VR 8190<br />
Kontakt<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
Zuständig im Vorstand<br />
und V.i.S.d.P.:<br />
Tina Acham<br />
Chefredakteur<br />
Erwin Klein<br />
Bäckerklint 12<br />
38100 Braunschweig<br />
Redaktion<br />
Babette Mairoth-Voigtmann,<br />
Cornelia Capito,<br />
Jan Zbikowski,<br />
Kathrin Viergutz,<br />
Katrin Sluka,<br />
Martin Sluka,<br />
Monika Besselmann,<br />
Natalie Lehmann,<br />
Ralf Müller,<br />
Sören Köser,<br />
Swen Neumann,<br />
Ulrike Dürnfeld<br />
Layout<br />
BT Media<br />
Celler Straße 1<br />
38518 Gifhorn<br />
Anzeigen<br />
Henning Brandt<br />
Schellenberger Straße 8<br />
96049 Bamberg<br />
ì mindmag-anzeigen@mensa.de<br />
¼ 0951 / 96 43 00 43<br />
Druck<br />
Passavia GmbH & Co. KG<br />
Medienstraße 5b<br />
94036 Passau<br />
Ì www.passavia.de<br />
Auflage<br />
15.300<br />
Abo für Nichtmitglieder<br />
Jährlich einschließlich Zustellung<br />
und 7 Prozent USt im Inland 18,50<br />
Euro, im Ausland 21,50 Euro<br />
Die mit dem Namen des Verfassers<br />
oder seinen Initialen gekennzeichneten<br />
Beiträge geben die Meinung<br />
des Autors wieder. Nachdruck nur<br />
mit schriftlicher Zustimmung und<br />
mit Quellenangabe. Die Redaktion<br />
behält sich vor, Leserbriefe und<br />
eingeschickte Artikel gekürzt zu<br />
veröffentlichen.<br />
Redaktionsschluss<br />
Ausgabe 139: 15. Oktober 2020<br />
Ausgabe 140: 15. Dezember 2020<br />
Ausgabe 141: 15. Februar 2021<br />
mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020 | 61
SCHEER WARE<br />
DETLEF SCHEER<br />
Was nützt uns Corona?<br />
Oder: Gibt es außer Einschränkungen<br />
nicht auch (Lern-)Chancen?<br />
B<br />
eratungstechniken sind<br />
manchmal im Sinne des<br />
Ratsuchenden hilfreich, manchmal<br />
lächerlich, manchmal blanke<br />
Theorie …<br />
„Reframing“ lässt sich gut mit<br />
der Metapher des halbvollen<br />
oder -leeren Glases erklären<br />
und scheint sich als Lösungsgedanke<br />
besonders für Menschen<br />
zu eignen, die gewohnt sind, um<br />
die Ecke zu denken, anstatt sofort<br />
alles zu glauben.<br />
Dem Wasser ist es egal, ob jemand<br />
sagt: „Das Glas ist halb<br />
voll!“ oder „… halb leer!“ Die<br />
Konsequenz wird aber unter<br />
Umständen gegensätzlich für<br />
den Beobachter.<br />
Ein erkenntnistheoretisches<br />
Problem, seit Langem als „Die<br />
Wahrheit steckt im Auge des<br />
Betrachters!“ Allgemeingut.<br />
Wer das verinnerlicht hat, kann<br />
(auch schreckliche) Erlebnisse<br />
für sich nutzen.<br />
Die Schritte sind nicht leicht,<br />
aber einfach, Otto Rehhagel<br />
wird der Klassiker zugeschrieben:<br />
„Ach, wissen Sie! Wer mir<br />
keine Probleme macht, der<br />
macht doch auch dem Gegner<br />
keine!“<br />
Reframing redet niemandem<br />
belastende, problematische<br />
Deutungen aus, nutzt keine „rosaroten<br />
Brillen“ oder Psycho-<br />
Tricks, sondern würdigt negative<br />
Wirkungen in der Vergangenheit,<br />
unterstützt dabei die<br />
Entwicklung von alternativen,<br />
für die Zukunft nutzbringenden<br />
Deutungen eines Geschehens,<br />
überlässt dies aber der Regie<br />
des Ratsuchenden. Vergangenheit<br />
ist nicht änderbar, Zukunft<br />
ja!<br />
Beispiel im Rahmen der Corona-Pandemie:<br />
Was ist das Gute<br />
am Schlechten? Und hiermit ist<br />
nicht platt derjenige gemeint,<br />
der gerade in den Konkurs geschliddert<br />
ist!<br />
Achtung: Was dem einen Lösung<br />
ist im Sinne der Suche<br />
nach nützlichen Aspekten (banales<br />
Beispiel: über überflüssige<br />
Anschaffungen nachzudenken),<br />
ist dem anderen Frechheit, Verletzung<br />
und so weiter. Also Vorsicht,<br />
wie immer beim Helfen!<br />
Lösungsstrategien funktionieren<br />
immer nur und ausschließlich<br />
individuell. Die Deutung<br />
für alle Menschen: „Corona hat<br />
so wichtige Einsichten gebracht,<br />
richtig gut!“ spricht eher für<br />
eine menschenverachtende und<br />
unzulässig vereinfachende Haltung<br />
des Ratgebers als für Möglichkeiten<br />
für Ratsuchende.<br />
Corona hat Menschen auf sich<br />
selbst zurückgeworfen. Das hat<br />
Folgen. Wir sollten die Regie<br />
aber nicht abgeben und nutzen,<br />
was funktioniert hat, und nicht<br />
die Klage um das, was eine Zeitlang<br />
nicht ging, zum Dauerthema<br />
machen!<br />
Ohnmächtig machen übrigens<br />
auch Ideen wie Bill Gates hätte<br />
Corona erfunden, die Mondlandung<br />
im Filmstudio stattgefunden<br />
oder die Erde sei eine Hohlkugel<br />
(wo doch jeder weiß, dass<br />
eine Scheibe keine Kugel sein<br />
kann)! Scheinbar hilft uns zunächst<br />
die Idee, wir hätten keine<br />
Verantwortung oder andere hätten<br />
sogar Schuld und uns als Opfer<br />
im Visier. Fazit: Wir können<br />
(müssen) nichts tun. Kurzfristig<br />
vielleicht erleichternd, langfristig<br />
der Fahrschein in die Abhängigkeit.<br />
Eigenregie behält und kultiviert,<br />
wer zum Beispiel nach<br />
Einschränkungen in Folge von<br />
Corona eigene Kompetenzen erkennt<br />
oder entwickelt, die ihm<br />
dauerhaft hilfreich sein werden.<br />
Dafür wünsche ich allen Ms und<br />
allen anderen Menschen viele<br />
konstruktive Ideen!<br />
62 | mind magazin <strong>138</strong>/oktober 2020
The Data Quality Company<br />
Geist und Geist<br />
gesellt sich gern.<br />
Spannende Aufgaben, tolle Kollegen!<br />
Sei dabei:<br />
www.omikron.net/mensa
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