BR-ONLINE | Das Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks - 1
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Man kann ja auch sehr oft sehen, dass die Erstlinge - seien das Filme oder<br />
Bücher – immer völlig unverbildet sind. Sie sind aus diesen Künstlern selbst<br />
heraus entstanden. Beim zweiten Werk heißt es dann oft: "Mach das noch<br />
einmal! <strong>Das</strong> kommt gut an!" So verlöscht dann diese ganze Unverbildetheit.<br />
Denken Sie nur mal an Woody Allen, Ingmar Bergmann oder Federico<br />
Fellini: <strong>Das</strong> sind alles Leute, die von Anfang an alles selbst gemacht haben.<br />
Deshalb haben deren Werke auch immer diesen ganz unverwechselbaren<br />
Charakter: Sie waren niemals an Marketingprozesse gebunden.<br />
Schmid: Es gibt noch eine Seite an Ihnen, die erstaunt: Sie machen auch Möbel und<br />
vor allem ganz fröhliche Kindermöbel wie z. B. dieses Sofa auf dem Bild.<br />
Wie sind Sie denn zum Möbelmachen gekommen? Gab es da auch in<br />
Afrika schon einen Anstoß dazu?<br />
Heine: Es gabt damals ja nichts zu kaufen, es gibt nicht mal Ikea-Möbel oder so<br />
etwas ähnliches. Ich hatte mir damals am Rande von Johannesburg so ein<br />
altes Farmhaus gekauft: Ich war Student und daher natürlich bettelarm. Die<br />
zehn Prozent <strong>des</strong> Hauspreises konnte ich gerade noch anzahlen, aber in<br />
dem Haus waren keine Möbel drin. <strong>Das</strong> Einzige, was ich hatte, waren<br />
Steine und Mörtel. Und so habe ich alles gemauert. Ich habe meine Küche<br />
gemauert, meine Betten gemauert usw. Auf diese Betten habe ich Latten<br />
drüber gelegt und dann eine Matratze drauf geworfen. <strong>Das</strong> sah sehr schön<br />
aus, als ich das dann auch noch alles verputzt habe. Da lernt man dann auf<br />
einmal auch, sich selbst zu entdecken. Dazu muss ich nun noch etwas aus<br />
dieser Zeit erzählen, wenn ich schon von diesem Sich-selbst-Entdecken<br />
durch das Möbelmachen spreche. Jeden Donnerstag hatte ich dort dann<br />
später ein offenes Haus, da konnte jeder kommen: Es gab nur so ein<br />
bisschen Wein aus der Gallone und Käse, denn wir hatten ja alle kein Geld.<br />
Aber jeder musste ein Geschenk mitbringen: <strong>Das</strong> Geschenk bestand darin,<br />
dass jeder eine Geschichte mitbringen musste. Diese Geschichte durfte<br />
nicht vorgelesen werden, sondern musste frei erzählt werden und durfte<br />
eine Viertelstunde nicht überschreiten. <strong>Das</strong> war ganz toll. Viele aus dieser<br />
Gruppe, einschließlich meines Bruders und meiner Frau, haben sich<br />
hinterher der Schriftstellerei zugewandt. Ich bekomme heute noch Briefe<br />
von Freunden aus der Zeit, die mir schreiben: "Mensch, das war schön, das<br />
würde ich gerne noch einmal machen." <strong>Das</strong> war nun keine "Gruppe 47",<br />
ganz bestimmt nicht, aber man hat dabei doch auf einmal entdeckt – es gab<br />
ja auch noch kein Fernsehen –, wie phantastisch es ist, eigene Geschichten<br />
zu entdecken und sie mit seinen eigenen unbeholfenen Worten<br />
wiederzugeben. Man hat dann ja auch gemerkt, wie man darin so<br />
allmählich immer gewandter geworden ist. Diese Zeit hat uns alle zutiefst<br />
beeinflusst.<br />
Schmid: In Ihren verschiedenen Lebensstationen gibt es immer wieder bestimmte<br />
Anknüpfungspunkte wie z. B. das Gärtnern, das Ihnen großen Spaß macht.<br />
Heine: Man kann beim Gärtnern eben Feldherr sein und Koch gleichzeitig. Ich<br />
habe mir da in Neuseeland einen wunderschönen Garten angelegt. Mein<br />
Garten hat an die 500 Meter Meeresküste, weil das wirklich ein großes<br />
Grundstück ist. Ein Freund hatte ein großes Flussbett und in diesem<br />
Flussbett waren viele große Steine. Als er sie alle weggeräumt hat, weil er<br />
diesen Fluss irgendwie verändern wollte, habe ich mir die schönsten Steine<br />
ausgesucht und sie in meinen Garten integriert. Damit habe ich quasi<br />
meinen Garten gestaltet. Dazwischen habe ich dann auch Sachen<br />
angepflanzt: Hier gibt es meinetwegen Petersilie und dort einen<br />
Orangenbaum und weiter hinten meinetwegen ein Paar Bananenstauden<br />
usw. Von diesen Steinen wiegen manche ja ein paar Tonnen, so groß sind<br />
die. Auf diese Steine setze ich nun meine eigenen Skulpturen: <strong>Das</strong> wird<br />
daher so ein richtiger Klingsor-Garten, der freilich den Künstler, den<br />
Feldherr und den Koch bedient. <strong>Das</strong> finde ich wunderschön. Hinzu kommt,<br />
dass ich in meinem Garten ganze Wachtelfamilien, Fasane usw. habe. <strong>Das</strong>