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BR-ONLINE | Das Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks - 1

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fragte mich, wie ich mir die Traumszene getanzt vorstelle. Da musste ich<br />

auf die Bühne gehen und ihr das vortanzen. Gut, dass das nicht gefilmt<br />

worden ist! Ich musste halt irgendwie meine Idee vermitteln können. <strong>Das</strong>s<br />

ich meine Ideen bei einem Theaterstück in einer Körpersprache ausleben<br />

kann, empfinde ich auch als etwas sehr Schönes. In einem Buch braucht<br />

man für bestimmte Sachen nämlich immer eine Art von Übersetzung. Die<br />

Körpersprache ist jedoch auch eine Sprache: Deswegen heißt das Wort ja<br />

"Körpersprache". Beim Schreiben kann man das selbstverständlich nicht<br />

darstellen, da kann man höchstens Gedanken dazu niederschreiben.<br />

Nehmen Sie folgen<strong>des</strong> Beispiel. Sie rufen Ihr Kind und sagen, "komm doch<br />

bitte mal". Wenn dann Ihr Kind "ja" sagt und gleichzeitig mit der Hand so<br />

eine abwehrende Geste macht, wenn es also gleichzeitig "ja" sagt, während<br />

die Körpersprache "nein" sagt, dann muss man das beim Schreiben<br />

ausdrücklich formulieren, ohne es doch genau treffen zu können. Im<br />

Theater kann man solche Sachen aber wunderschön umsetzen. Was einen<br />

in diesem Theater erwartet? Ich habe dieses Stück ein "musikalisches<br />

Spektakel" genannt. Es ist kein Musical, denn ich glaube, die Zeit für<br />

Musicals ist ein wenig vorbei: Da ist die Luft raus. Bei einem Musical wäre<br />

mir das ganze Stück auch von den Geldgebern aus den Händen<br />

genommen worden, denn so ein Musical kostet ja Millionen. Ich wollte aber<br />

gerne, dass dieses Stück nach dieser Tournee auch noch von anderen<br />

Bühnen gespielt werden kann. Deshalb wollte ich es kleiner halten. Dieses<br />

Stück bewegt sich also zwischen Theater und Musical.<br />

Schmid: Wenn Sie Geschichten schreiben, wie gehen Sie dann heran an so etwas?<br />

Entwickelt sich das zuerst ganz langsam in Ihrem Kopf? Denken Sie zuerst<br />

an den Text oder denken Sie zuerst an die Bilder?<br />

Heine: Es muss immer erst der Text da sein. Denn man kann ja auch kein Haus<br />

bauen ohne einen vernünftigen Plan. Man kann auch keinen Film drehen<br />

ohne ein Drehbuch. Die Illustration danach ist für mich dann immer eine<br />

Inszenierung <strong>des</strong>sen, was ich geschrieben habe. <strong>Das</strong>, was ich in meinen<br />

Worten bereits gesagt habe, muss ich nämlich nicht malerisch oder<br />

illustrativ wiederholen. Ich nehme wieder ein Beispiel. Es gibt einen<br />

To<strong>des</strong>fall und es sitzt da eine junge Frau in blau-türkisfarbener Jacke in<br />

einem Zimmer und weint über ihren toten Geliebten. Der Autor beschreibt<br />

dann vielleicht noch dieses Zimmer und die Traurigkeit und die Kerze, die in<br />

diesem Zimmer brennt. Ich als Illustrator darf das schon Geschriebene aber<br />

keinesfalls wiederholen, denn der Leser erfährt das ja sowieso. Er könnte<br />

dann bei so einem Bild nur noch seine Phantasie mit meiner vergleichen –<br />

und ist dann möglicherweise enttäuscht. Der Autor ist dabei meistens<br />

sowieso enttäuscht, weil er sich diese Frau ohnehin ganz anders vorgestellt<br />

hatte. Wenn ich so etwas zu illustrieren hätte, dann würde ich vielleicht ein<br />

Haus zeichnen: ein Haus wie z. B. in der Toskana. Wenn ich die Einsamkeit<br />

dieser Frau darstellen will, dann setze ich dieses Haus auf einen Hügel.<br />

Vielleicht lasse ich es auch noch ein wenig regnen. Alles ist ansonsten<br />

dunkel, bis auf ein kleines Licht im Haus, das man von außen sieht. Bei<br />

diesem Bild sieht der Leser: "Aha, darin sitzt diese Frau und weint." Da erst<br />

beginnt die Illustration: <strong>Das</strong> ist die Inszenierung. Man darf als Illustrator eben<br />

nicht versuchen, dem Autor hinterherzulaufen: <strong>Das</strong> wäre schrecklich. Wie<br />

mache ich meine Bücher? Ich gehe da ganz logisch vor. Bleiben wir bei<br />

diesem Thema "Freunde". Ich wollte also ein Buch über die Freundschaft<br />

machen. Ich überlegte mir: Wenn ich einen Freund nur nehme, dann bin ich<br />

ein Narziß, denn dann stehe ich damit nur vor meinem Spiegel. Wenn ich<br />

zwei habe, dann ist das vielleicht das Übliche. Aber ich will ja auch die<br />

Schattenseiten der Freundschaft zeigen, also brauche ich drei Freunde. Mit<br />

welchen Figuren kann ich sie darstellen? Ich habe mir dann im Hinblick auf<br />

die Perspektive Folgen<strong>des</strong> überlegt. Die Maus lebt unter der Erde, der<br />

"dicke Waldemar" lebt auf der Erde und „Franz von Hahn“ ist der Künstler,<br />

der immer abheben will, aber selbstverständlich je<strong>des</strong> Mal wieder von der

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