STADTMAGAZIN Bremen Oktober 2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4 VON KOPF BIS FUSS<br />
waren. Aber die Leute sind pandemiemüde.<br />
Es wird nicht mehr im notwendigen<br />
Maße auf die geachtet – also Abstand halten,<br />
Masken tragen, Hände waschen. Es<br />
wurde aus meiner Sicht auch ein bisschen<br />
verpasst, die Leute über das Verhalten von<br />
Viren weiter aufzuklären. Wir müssen aber<br />
jetzt wieder über striktere Maßnahmen<br />
nachdenken. Das muss nicht zu einem totalen<br />
Lockdown führen, aber wir müssen<br />
die momentane Situation annehmen und<br />
darauf reagieren.<br />
Wie könnten striktere Maßnahmen aussehen?<br />
Man muss sich Gedanken machen, wo man<br />
regulierend eingreift. Das passiert auch gerade,<br />
es wird ja darüber diskutiert, ob und<br />
wo es bundeseinheitliche Vorgaben geben<br />
wird. Aber man muss natürlich weiterhin<br />
auf die Situation vor Ort gucken. In Mecklenburg-Vorpommern,<br />
wo es wenige Fälle<br />
gibt, können sicherlich andere Maßnahmen<br />
als in Bayern getroffen werden.<br />
Foto: C. Kuhaupt<br />
„Die Leute sind<br />
pandemiemüde“<br />
Der Virologe Andreas Dotzauer im Interview über Corona und Grippe<br />
Herbst und Winter stehen vor der Tür.<br />
Welche Auswirkungen wird das aus Ihrer<br />
Sicht auf die Pandemie haben?<br />
Die Menschen werden sich wieder vermehrt<br />
drinnen treffen. Genau an diesem<br />
Punkt ist es wichtig, sich noch einmal mehr<br />
an die Regeln zu halten und vor allem regelmäßig<br />
zu lüften. Zudem werden weitere<br />
Erkältungskrankheiten hinzukommen. Das<br />
heißt, es wird vermehrt gehustet und geniest.<br />
Wenn in einem solchen Fall eine zusätzliche<br />
Coronainfektion vorliegt, haben<br />
wir nicht nur das Problem der Aerosole,<br />
sondern zudem vermehrt die Gefahr der<br />
Schmierinfektion, die wir bisher kaum gesehen<br />
haben.<br />
Professor Dr. Andreas Dotzauer leitet<br />
an der Bremer Universität das<br />
Laboratorium für Virusforschung.<br />
Im Interview spricht der Virologe über<br />
steigende Corona-Infektionszahlen, die<br />
Wichtigkeit von Grippeimpfungen sowie<br />
persönliche Maßnahmen zum Schutz vor<br />
Ansteckungen.<br />
Kommt die zweite Corona-Welle oder<br />
sind wir schon drin?<br />
Ich rede ungern von einer zweiten Welle,<br />
meiner Meinung befinden wir uns immer<br />
noch in der gleichen wie zu Beginn der Pandemie<br />
– schließlich gab es fortwährend Infektionen.<br />
Diese wurden zunächst weniger<br />
und steigen jetzt wieder deutlich. Die Welle<br />
ist also nach einer Abflachung wieder deutlich<br />
höher, aber keine zweite.<br />
Wie ist die Situation in <strong>Bremen</strong> aus Ihrer<br />
Sicht?<br />
<strong>Bremen</strong> ist nicht abgekoppelt vom Rest<br />
Deutschlands. Wenn wir nur auf <strong>Bremen</strong><br />
gucken, schauen wir dabei auf einen sehr<br />
engen Bezirk. Insgesamt hängt <strong>Bremen</strong><br />
dem Trend immer etwas nach, aber auch<br />
wir befinden uns momentan, Ende September,<br />
in einem Bereich, wie zuletzt im April.<br />
Der Unterschied ist allerdings, dass es damals<br />
gewisse Hotspots wie beispielsweise<br />
die Pflegeheime gab. Die aktuelle Situation<br />
ist eine andere. Momentan geht es eher um<br />
private Veranstaltungen, wie Geburtstage<br />
oder Hochzeiten. Von dort werden die Infektionen<br />
nach „außen“ getragen, in andere<br />
Bereiche. Mir scheint die Situation dadurch<br />
eher gefährlicher als zuvor.<br />
Worauf führen Sie die vermehrten Infektionen<br />
zurück?<br />
Wir befinden uns in einer Phase von großen<br />
Lockerungen – die, als die Infektionszahlen<br />
sehr niedrig waren, auch völlig in Ordnung<br />
Es droht eine Grippewelle. Sollte man sich<br />
aus Ihrer Sicht impfen lassen?<br />
Ja, da man so die Gefahr zusätzlicher Virenerkrankungen<br />
neben Corona zumindest<br />
stark reduziert. Es gibt allerdings keine<br />
Daten dazu, wie gerade bei Risikogruppen<br />
der Verlauf einer Doppelinfektion wäre. Es<br />
ist zu befürchten, dass sich die Symptome<br />
und der Verlauf stark verschlimmern könnten,<br />
da von beiden Erkrankungen das gleiche<br />
Zielgebiet betroffen wäre.<br />
Sind wir in <strong>Bremen</strong> gut für den Herbst<br />
vorbereitet?<br />
Allein durch die Symptome, die auch bei<br />
der Grippe und anderen Erkältungskrankheiten<br />
auftreten, werden die Testungen zunehmen.<br />
Momentan sehe ich unsere Labore<br />
aber soweit gut aufgestellt. Wenn zusätzlich<br />
wieder mehr Menschen intensiv behandelt<br />
werden müssen, so gehe ich davon aus, dass<br />
das genau beobachtet und man entspre-