56er-NEWSFLASH
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Ausgabe 3 25.06.2010<br />
<strong>56er</strong>-<strong>NEWSFLASH</strong><br />
Zweimal in der Woche das Neuste aus dem Infanterie Bataillon 56<br />
WK 2010 „Können – Wollen – Tun“<br />
Sdt Henz mit dem Ghillie-Tarnüberwurf – Sein Gewehr ist für diese Übung ausnahmsweise nicht getarnt.<br />
Der Schütze schiesst, der<br />
Beobachter trifft<br />
Die Scharfschützen starteten ihre Spezialausbildung<br />
unter der Leitung von<br />
Adj Kohli auf dem Spittelberg. Nur wer<br />
Distanz, Wind und weitere Umwelteinflüsse<br />
richtig einschätzt, trifft auch auf<br />
Distanzen bis 1’200 Meter.<br />
Die Scharfschützen der Inf Ustü Kp 56/4<br />
gehören zu einer raren Spezies. Jedes Inf<br />
Bat verfügt nur über einen solchen Zug.<br />
Scharfschützen werden in der Schweizer<br />
Armee seit 2004 wieder als Spezialeinheit<br />
ausgebildet. Aus jeder Inf Rekrutenschule<br />
werden nur ca. 30 Mann ausgewählt, welche<br />
den fordernden, sechswöchigen Lehrgang<br />
in der Grenadierschule Isone absolvieren.<br />
„Wir rekrutieren die Besten unter<br />
Freiwilligen“, sagt Scharfschützeninstruk-<br />
tor Adj Sébastien Kohli. „Diese AdA wollen<br />
mehr leisten und dadurch können<br />
wir innerhalb der kurzen Ausbildungszeit<br />
sehr gute Resultate erzielen.“<br />
Die Ausbildung umfasst das Manipulieren<br />
mit der Waffe, das Arbeiten im Team<br />
als Schütze und Beobachter, das Beurteilen<br />
der Umwelteinflüsse zum korrekten<br />
Justieren des Gewehres, das Überleben<br />
und Verharren in feindlichem Gebiet sowie<br />
eine fundierte Funkausbildung.<br />
Neben den Qualitäten der Teilnehmer<br />
hängt der Erfolg der Ausbildung auch von<br />
den Instruktoren und dem Material ab. Pro<br />
Infanterieschule ist je ein hauptberuflicher<br />
Scharfschützeninstruktor für die selektierten<br />
Rekruten zuständig. Die Betreuung ist<br />
damit hervorragend.<br />
Materialmässig sind die Scharfschützen<br />
ebenfalls auf sehr hohem Niveau. Bei der<br />
Konzeption wurde man den Anforderungen<br />
an eine Milizarmee gerecht: Im
Grundsatz wurde ein einfaches System<br />
geschaffen. Dieses basiert auf drei Komponenten:<br />
der 7.5 kg schweren Finnischen<br />
Präzisionswaffe, Schweizer Munition vom<br />
Kaliber 8.6 mm und einem Deutschen Zielfernrohr<br />
von Schmitt & Bender. Im Weiteren<br />
gründet der Erfolg auf der einfachen<br />
Berechnungen von Umwelteinflüssen bei<br />
der Schussabgabe: Die Schützen ermitteln<br />
die notwendigen Justierungen der Waffe<br />
mittels einer Tabelle in Zettelform.<br />
One shot – one kill?<br />
Man hört oft, Scharfschützen müssten<br />
zwingend mit dem ersten Schuss treffen.<br />
Gilt das auch für die Scharfschützen des<br />
Inf Bat 56? „Dieser Leitsatz ist Blödsinn“<br />
sagt Adj Kohli. Damit liege der Fokus viel<br />
zu stark auf dem ersten Schuss. Besser<br />
sei die routinemässige Abgabe des ersten<br />
Schusses gefolgt vom direkten Nachladen<br />
durch den Schützen, während der Beobachter<br />
den Treffer überprüft und allfällige<br />
Korrekturen an den Schützen weitergibt,<br />
um beim zweiten Schuss final zu treffen.<br />
Der Beobachter ist also massgeblich am<br />
erfolgreichen Schuss beteiligt. Oder wie es<br />
Kohli auf den Punkt bringt: „Der Schütze<br />
schiesst, der Beobachter trifft.“<br />
Oblt Birchmeier (rechts) instruiert Angehörige des<br />
Scharfschützenzugs der Inf Ustü Kp 56/4.<br />
Die Ausbildung am Mittwoch legte den<br />
Fokus auf die Grundjustierung der Waffe,<br />
die Repetition der Berechnung von Umwelteinflüssen<br />
(Wind, Druck, Temperatur,<br />
Distanz, Licht, Bewegungsgeschwindigkeit<br />
25.06.2009<br />
des Ziels). Schütze und Beobachter vertieften<br />
ihre Zusammenarbeit. Sie mussten<br />
auf einer Zielscheibe in Form einer Computer-Tastatur<br />
verschiedene Buchstaben<br />
treffen. Der Schütze zielte dabei immer auf<br />
denselben Punkt nahe der Leertaste. Die<br />
notwendige Justierung, um den jeweiligen<br />
Buchstaben zu treffen, gab der Beobachter.<br />
Die Inf Ustü Kp 56/4<br />
vereint die Spezialisten<br />
Je nach Bedarf stellt die Ustü Kp 56/4<br />
den anderen Kampfkompanien Minenwerfer<br />
und Scharfschützen zur Verfügung.<br />
Drei Minenwerferzüge sowie der Scharfschützenzug<br />
stehen unter dem Kommando<br />
von Hptm Martin Roth und bilden die Inf<br />
Ustü Kp 56/4. Die Unterstützungskompanie<br />
ist neu im Inf Bat 56, ein Kind des Armeentwicklungsschrittes<br />
08/11. Bisher<br />
waren die Minenwerferzüge direkt den drei<br />
Kampfkompanien (Inf Kp) und die Scharfschützen<br />
der Stabs Kp zugeordnet.<br />
Die Inf Ustü Kp 56/4 verbringt den diesjährigen<br />
WK in Zuchwil bei Solothurn. Die<br />
Truppe lernt sich in diesen Tagen erst richtig<br />
kennen. Kadi Roth hat dabei versucht,<br />
vorhandene Züge beizubehalten: „Wer<br />
vorher im Minenwerferzug der Inf Kp 56/1<br />
war, ist nun auch im Zug 1, wer in der Inf<br />
Kp 56/3 war, bildet neu Zug 3“. Immer war<br />
dies aber nicht möglich. Die Minenwerferzüge<br />
der Inf Kp 56/2 und 4 wurden zum<br />
neuen Zug 2 zusammengezogen.<br />
Obwohl die Spezialisten damit neu in einer<br />
eigenen Kompanie gegliedert und untergebracht<br />
sind, kommen sie weiterhin im<br />
Verbund mit den Kampfkompanien zum<br />
Einsatz. Das Bataillon unter Leitung von<br />
Oberstleutnant i Gst Dieter Wicki weist den<br />
Inf Kompanien die einzelnen Züge für Einsätze<br />
als Unterstützung zu.<br />
2
Inf Kp 56/3 schützt die<br />
Eiker vor Guerilleros<br />
In einer Häuserkampfanlage übten die<br />
Züge der Inf Kp 56/3 Bedrohungssituationen<br />
im zivilen Umfeld. Inspiziert<br />
wurden sie von Bat Kadi Dieter Wicki.<br />
Donnerstagmorgen, die Sonne brennt<br />
über der Häuserkampfanlage von Eiken im<br />
Fricktal. Zug Bänziger von der Inf Kp 56/3<br />
rollt mit zwei Radschützenpanzern in das<br />
aus mehreren Häusern bestehende künstliche<br />
Dorf – die dritte Gruppe hat ihr gepanzertes<br />
Fahrzeug derweil auf der Dorfzufahrt<br />
platziert und einen Checkpoint errichtet.<br />
Die zwei Gruppen kommen nicht<br />
weit. Mitten in der Dorfeinfahrt liegt ein<br />
Velofahrer mit schweren Hand- und Beinverletzungen<br />
am Boden. Mit schmerzverzerrtem<br />
Gesicht beschmipft er den Autofahrer,<br />
der ihn frontal erfasst hat. Dieser<br />
irrt mit den Händen am Gesicht durch die<br />
Szenerie. Er steht unter Schock.<br />
Die Soldaten warten ab, sie nähern sich<br />
dem Verunfallten nur langsam an. Sie sind<br />
unsicher, denn sie glauben, im Dorf Mitglieder<br />
der Volpodiger Guerilla anzutreffen.<br />
Eine militante Organisation, die fünf<br />
Stunden zuvor in Brugg Sturmgewehre<br />
geklaut und einen AdA erschossen hat.<br />
Schliesslich, es scheint eine Ewigkeit zu<br />
gehen, helfen sie dem Verletzen und fahren<br />
das die Strasse blockierende Fahrzeug<br />
auf die Seite.<br />
Die Sache mit der Verhältnismässigkeit<br />
Auch wenn das Übungsziel lediglich im<br />
Beschaffen von Informationen besteht und<br />
den Soldaten sowie Unteroffizieren dies<br />
von Kp Kadi Hptm Roman Buholzer im<br />
ausführlichen Briefing eingebleut worden<br />
ist, sichert die erste Gruppe in Kontaktstellung<br />
hinter dem Schüpa herschleichend<br />
die Hauptstrasse. Ein Informant, der den<br />
Soldaten ein Materialversteck der Guerillas<br />
zeigt, wird kurzerhand an die Wand<br />
gestellt und nach Waffen durchsucht.<br />
25.06.2009<br />
Zwei voll ausgerüstete Sdt rennen in Deckung.<br />
„Das war zu aggressiv für eine zivile Situation,<br />
in der kein Gegner zu erkennen<br />
war“, wird Kadi Buholzer den Soldaten in<br />
der Nachbesprechung sagen, „ihr wart<br />
richtig giggerig, beschossen zu werden“.<br />
Fünf Minuten später gerät die Gruppe<br />
tatsächlich unter Feuer. Von einem benachbarten<br />
Dach feuern drei Guerilleros<br />
Salven hinunter. Die Soldaten reagieren<br />
rasch und so wie es das Infanterie-<br />
Standardvorgehen befiehlt. Sie erspähen<br />
die Gegner (FIND) und schiessen zurück<br />
(FIX). Dann aber gehen sie hinter den<br />
nächsten Mauern in Deckung und warten<br />
ab. Weil der Funk nicht geht und die Kader<br />
sich lange absprechen, setzen sie die<br />
nächsten Schritte, den Gegner zu flankieren<br />
(FLANK) und zu bekämpfen (FIGHT),<br />
nicht um. Waren die Soldaten vorher über-<br />
3
eifrig, sind sie nun zu passiv. Übungsleiter<br />
Kadi Buholzer bricht die Sequenz ab und<br />
gibt das entsprechende Feedback.<br />
Die Gruppen von Zug Bänziger gehen<br />
zurück in ihre Ausgangsposition, dann<br />
spielen sie das Szenario nochmals durch.<br />
Diesmal klappt die Zusammenarbeit der<br />
Soldaten schon besser, sie verhalten sich<br />
in der Situation adäquater.<br />
Mentale Vorbereitung ist entscheidend<br />
Als zweiter Zug ist gegen Ende des Morgens<br />
jener von Oblt Roger Siegrist an der<br />
Reihe. Die drei Gruppen gehen rascher<br />
vor als Zug Bänziger, während Oblt Siegrist<br />
das Geschehen von seinem Schüpa<br />
aus beobachtet. Wieder tauchen die drei<br />
Markeure auf. Diesmal schiessen sie aber<br />
nur in die Luft. Zug Siegrist gelingt es, die<br />
Drei festzunehmen. Die Fortschritte haben<br />
auch damit zu tun, dass die drei Gruppenführer<br />
die Übung des ersten Zuges als<br />
Übungsleitergehilfen beobachtet haben.<br />
Kp Kadi Buholzer wie auch Bat Kadi Obstlt<br />
i Gst Dieter Wicki, der die Kompanie den<br />
ganzen morgen inspiziert, loben die Verbesserungen<br />
innerhalb des Tages. „Wenn<br />
ihr weiter hart arbeitet“, sagt Wicki, „seid<br />
ihr für die Volltruppenübung in Woche Drei<br />
bereit“. An der Verhältnismässigkeit muss<br />
In der Hitze des Gefechts gibt Wm Gysin Kommandos an seine Gruppe.<br />
25.06.2009<br />
Ein Soldat von Zug Bänziger (Inf Kp 56/3) kümmert<br />
sich um einen angefahrenen, verletzten Zivilisten.<br />
aber auch Zug Siegrist noch arbeiten: Ein<br />
Soldat nahm die Markeure unter Feuer,<br />
obwohl diese den Lauf nie auf die Soldaten<br />
richteten. Einen Tipp, wie man solche<br />
Situationen ruhiger meistert, gibt Bat Kadi<br />
Wicki mit auf den Weg: „Mentale Vorbereitung<br />
ist die halbe Miete. Überlegt euch,<br />
wie Ihr euch als Dorfbewohner fühlen würdet,<br />
wenn bewaffnete Soldaten in Kontaktstellung<br />
durch euer Dorf stürmen würden.“<br />
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