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Die Rehobother Baster als anthropologische ... - Golf Dornseif

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Für ein Kind, das ausserhalb der Ehe geboren wird, muss der Vater, wenn dieser ein verheirateter<br />

Mann ist, oder wenn er unverheiratet ist und die Mutter zu heiraten versprochen hat, acht Pfund<br />

Sterling für das Grossziehen des Kindes zahlen, wenn die Mutter klagt ...<br />

Wer seine Ehefrau misshandelt, so dass es zu einer Klage kommt, soll durch die Richter eine Busse<br />

von drei bis fünf Pfund Sterling auferlegt bekommen, und wenn es sich um eine lebensgefährliche<br />

Misshandlung handelt, sollen die Richter den Fall strafrechtlich: verfolgen ...<br />

Am 15. September 1885 kam ein Schutz- und Freundschaftsvertrag zwischen Rehoboth und<br />

Deutschland zustande. Im ersten Artikel dazu ist nachzulesen, dass Hermanus van Wyk den<br />

deutschen Kaiser Wilhelm II. um Schutz für Rehoboth und seine Menschen bittet. Im zweiten Artikel<br />

erkannte der deutsche Monarch die bereits erworbenen Rechte und die Unabhängigkeit Rehoboths an,<br />

ebenso die "Freiheit der <strong>Baster</strong>".<br />

Anthropologie einst und jetzt<br />

Der Forscher Dr. Eugen Fischer, vor 100 Jahren <strong>als</strong> einer der Urgrossväter der modernen<br />

Anthropologie angesehen, berichtet in seinem 1908 verfassten Standardwerk über vieles, was<br />

heutzutage nur noch mit Kopfschütteln quittiert wird:<br />

"Jeder Kenner der <strong>Baster</strong> wird mir zugeben, dass ihre Untersuchung keine Leichtigkeit ist, und das<br />

Gouvernement in Windhoek hatte mir direkt abgeraten und eine solche Untersuchung <strong>als</strong> kaum<br />

durchführbar bezeichnet. Tatsächlich steht der Rehoboth <strong>Baster</strong> kulturell zu hoch, um sich so ohne<br />

weiteres wie Eingeborene untersuchen zu lassen. Ein älterer angesehener Mann fragte mich einmal,<br />

warum ich meine Studien nicht gerade so gut am Missionar und Oberleutnant (Distriktchef) praktiziere,<br />

denn die <strong>Baster</strong> seien schliesslich ja auch keine Wilden ..."<br />

Auf diese Gefühle musste ich Rücksicht nehmen, wollte ich nicht den ganzen Erfolg aufs Spiel setzen.<br />

Es war unmöglich, nackte Menschen zu vermessen, aber das war für meine Zwecke auch nicht<br />

erforderlich. Fotografien der Köpfe genügen vollkommen. Dass ich ans Ziel gelangte, verdanke ich vor<br />

allem dem Missionar Blecher. Er machte den Leuten klar, dass ich nichts Böses wolle und dass ich<br />

vielleicht zeigen könne, dass die <strong>Baster</strong> "anders" – wie sie hofften und wollten – "besser" seien <strong>als</strong><br />

"Eingeborene". Das packte sie am Stolz und machte sie zur Mitarbeit bereit, vor allem die Männer.<br />

Meinerseits galt es dann nur, ihr Vertrauen zu gewinnen, <strong>als</strong> Arzt und <strong>als</strong> Mensch, dass ich weder <strong>als</strong><br />

Kaufmann noch <strong>als</strong> Farmer an ihnen verdienen wolle und mit der Regierung nichts zu tun habe, wobei<br />

ihr Misstrauen wegen Steuern mitspielt. Und sie merkten, dass ich <strong>als</strong> Mann keine Abenteuer mit<br />

Frauen suchte!"<br />

Zu Eugen Fischers Forschungsinstrumenten zählten Anthropometer, Taster- und Schiebezirkel, die<br />

Augenfarbetafel nach Martin, eine Hautfarben- und Haarfarbentafel. Hinzu kam eine englische<br />

Sanderson Tropenkamera (10,2 mal 12,6 cm) mit Agfa-Platten.<br />

Geburt, Kindheit, Hochzeit<br />

Einer jungen deutschen Kaufmannsfrau, die mit Hilfe von <strong>Baster</strong>-Hebammen einen Knaben zur Welt<br />

brachte, verdankt Eugen Fischer nähere Angaben über Schwangerschaft und Geburt: "Gegen jede<br />

Beschwerde der Schwangeren wird massiert, so vor allem gegen das Erbrechen. <strong>Die</strong> <strong>Baster</strong>-Frauen<br />

nehmen an, das Kind drücke auf den Magen der werdenden Mutter, weil es ungünstig liegt. Ins Bein<br />

ziehende Schmerzen werden ähnlich (mit warmem Öl) behandelt – mal sanft mit der flachen Hand, mal<br />

energisch mit der geschlossenen Faust. <strong>Die</strong>s alles ist nach Schilderungen der deutschen<br />

Kaufmannsfrau sehr erfolgreich und nachahmenswert. Offensichtlich haben die <strong>Baster</strong> diese Art von<br />

Gesundheitspflege von den Hottentotten übernommen.<br />

Verläuft eine Geburt nur mühsam, wird ebenfalls eifrig massiert. Manuelle Eingriffe und Hilfe, Einführen<br />

von Hand oder Finger in die Geburtswege finden nie statt. Wenn der Kopf durchtritt, wird er etwas<br />

angehalten. Wird der Hinterkopf sichtbar, muss die Frau stark mitpressen, denn die nächste Wehe soll

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