75 Jahre für Menschen mit Handicap - Procap Grischun
75 Jahre für Menschen mit Handicap - Procap Grischun
75 Jahre für Menschen mit Handicap - Procap Grischun
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Medizin-Ecke<br />
Präimplantationsdiagnostik<br />
Was ist genau da<strong>mit</strong> gemeint und um was geht es bei den aktuellen Diskussionen? Fr. K.<br />
Von Dr. med. Bettina Bardill<br />
Liebe Frau K.<br />
Die Präimplantationsdiagnostik (PID)<br />
soll in der Schweiz zugelassen werden.<br />
Bereits am 16. Juni 2005 hat der<br />
Nationalrat <strong>mit</strong> 92 Ja-Stimmen gegen<br />
63 Nein und 7 Enthaltungen eine<br />
Motion an den Bundesrat überwiesen.<br />
Darin wird eine gesetzliche Zulassung<br />
und Regelung der Präimplantationsdiagnostik<br />
verlangt.<br />
Der Ständerat folgte am 13. Dezember<br />
<strong>mit</strong> 24 zu 18 Stimmen dieser Motion.<br />
Daraufhin kündigte der Bundesrat<br />
in seiner be<strong>für</strong>wortenden Stellungnahme<br />
an, die Arbeiten ab Mitte<br />
2006 aufzunehmen. Er will klare<br />
Richtlinien erarbeiten.<br />
Worum geht es?<br />
Die Untersuchung von menschlichen<br />
Zellen direkt nach der Befruchtung<br />
der Eizelle durch die Samenzelle<br />
ausserhalb der Mutter im Reagenzglas<br />
nennt man Präimplantationsdiagnostik.<br />
Dabei werden meistens zwei Zellen,<br />
des in diesem Moment mehrzelligen<br />
Embryos entnommen und <strong>mit</strong>tels<br />
spezieller Tests auf Erbkrankheiten<br />
oder auf das Geschlecht hin untersucht.<br />
Man muss sich nicht vorstellen,<br />
dass dabei Haarfarbe, Augenstellung<br />
oder Intelligenz getestet<br />
werden können. Wenn aber ein Elternteil<br />
an einer Erbkrankheit leidet,<br />
kann man untersuchen, ob der heranwachsende<br />
Embryo (das Kind) diese<br />
Krankheit auch hat. Wenn dies der<br />
Fall ist, wird dieser Embryo nicht in die<br />
Gebärmutter der Frau eingepflanzt.<br />
Hoffnungen der Be<strong>für</strong>worter -<br />
Be<strong>für</strong>chtungen der Gegner<br />
Da<strong>mit</strong> erhoffen sich die Be<strong>für</strong>worter<br />
dieser Diagnostik, dass es später weniger<br />
Abtreibungen gibt. Bis heute ist<br />
es nämlich erst im Verlauf der<br />
Schwangerschaft erlaubt Untersuchungen<br />
zu machen und die Eltern<br />
müssen dann erst entscheiden, ob sie<br />
das Kind austragen oder abtreiben<br />
wollen. Dies bedeutet noch einen<br />
grösseren psychischen Stress.<br />
Die Gegner der Methode be<strong>für</strong>chten,<br />
dass das Ganze ausartet. Auf Wunsch<br />
der Eltern könnten nur weibliche oder<br />
männliche Embryos eingepflanzt<br />
werden oder nur solche ohne eine<br />
bestimmte Erbkrankheit; eine Selektion<br />
fände statt. Behinderte und deren<br />
Eltern würden dadurch immer<br />
mehr benachteiligt und schräg angeschaut,<br />
da man das Ganze ja verhindern<br />
hätte können. Auch be<strong>für</strong>chtet<br />
man, dass in Zukunft immer mehr<br />
geforscht und versucht wird, bis es<br />
nur noch Kinder gibt, die genau der<br />
Vorstellung der Eltern entsprechen<br />
und dass man den Weg zum Klonen<br />
so ebnet.<br />
Wichtig zu wissen ist sicher, dass man<br />
immer nur das findet, was man sucht,<br />
und nie alles untersuchen kann. Das<br />
Kind hat dank der PID vielleicht die<br />
gesuchte Erbkrankheit nicht, da<strong>für</strong><br />
aber eine andere Krankheit. Auch gibt<br />
es immer falsche Resultate, so dass<br />
vielleicht ein gesunder Embryo nicht<br />
eingepflanzt wird, ein kranker aber<br />
schon. Ausserdem betrifft die Präimplantationsdiagnostik<br />
wie erwähnt<br />
nur Kinder, die im Reagenzglas<br />
gezeugt werden. Normalerweise ist<br />
das Ganze also gar nicht möglich. In<br />
Frage kommt es bei Eltern, die auf<br />
natürlichem Weg keine Kinder erhalten<br />
können und deshalb den Weg der<br />
sogenannten InVitroFertilisation (IVF)<br />
wählen. Dabei werden Eizelle und Samenzelle<br />
von Mutter und Vater entnommen<br />
und im Reagenzglas zusam-<br />
mengeführt. Natürlich könnten Eltern<br />
aber auch eine IVF wählen, obwohl<br />
es nicht nötig ist und dann die<br />
Diagnostik anwenden.<br />
Ethisch heikle Fragen<br />
Der Bundesrat will und muss nun<br />
ausarbeiten, in welchen Grenzen<br />
man eine Präimplantationsdiagnostik<br />
erlauben könnte, dass kein<br />
Unfug da<strong>mit</strong> betrieben wird. Zum<br />
Beispiel, dass es nur bei Eltern gemacht<br />
werden darf, die eine Erbkrankheit<br />
in der Familie haben und auf natürlichem<br />
Weg keine Kinder zeugen<br />
können.<br />
Diese ethisch ganz heikle Frage wird<br />
uns in Zukunft also noch oft begegnen.<br />
Ich hoffe, ihnen <strong>mit</strong> diesen Angaben<br />
die Frage genügend beantwortet zu<br />
haben.<br />
Neu in der Activa:<br />
die Medizin-Ecke<br />
Liebe Mitglieder von <strong>Procap</strong><br />
<strong>Grischun</strong><br />
In der letzten Ausgabe unserer<br />
Activa haben wir die Idee vorgestellt,<br />
eine „Medizin-Ecke“ neu einzurichten.<br />
Sie soll sowohl medizinisches<br />
Hintergrundwissen ver<strong>mit</strong>teln<br />
wie auch <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> Behinderungen<br />
näher vorstellen. Zudem<br />
soll sie Gelegenheit geben Fragen<br />
zu stellen, wie sie es aus der Beratungs-<br />
und Rechtsecke kennen. Betreut<br />
wird unsere neue Ecke durch<br />
Frau Dr. med. Bettina Bardill.<br />
Wir bitten sie, uns Fragen oder Themen<br />
von allgemeinem Interesse zu<br />
melden, da<strong>mit</strong> sie in den nächsten<br />
Ausgaben berücksichtigt werden<br />
können.<br />
Kontaktadresse:<br />
Frau Dr. med. Bettina Bardill<br />
„Medizin-Ecke, Activa“<br />
Poststrasse 37<br />
7000 Chur