Ausgabe Nr. 7 - Dezember 2004 ( 655 KB)
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Franz Baumann mit seiner aus Vietnam<br />
adoptierten Tochter Hannah.<br />
Baumann saß in einem winzigen<br />
Büro, und am Schreibtisch gegenüber<br />
eine kanadische Praktikantin, die seit<br />
nunmehr über 20 Jahren seine Frau<br />
ist. 1980 ging er für das UNO-<br />
Entwicklungsprogramm nach Nigeria,<br />
und seine Partnerin Barbara begleitete<br />
ihn. Als sie dann die<br />
Aufnahmeprüfung in den kanadischen<br />
diplomatischen Dienst bestand,<br />
begleitete Franz Baumann sie 1983<br />
nach Ottawa, wo er an der dortigen<br />
Carleton-Universität seine Doktorarbeit<br />
im Fach Politikwissenschaft<br />
zum Thema „Der bürokratische Staat<br />
und Wirtschaftsentwicklung in<br />
Nigeria“ schrieb. Es ging darum, inwieweit<br />
der Kolonialismus für die<br />
Armut und die desolaten Zustände in<br />
Afrika verantwortlich ist.<br />
Tochter in Vietnam adoptiert<br />
Mit knapp 1000 anderen Bewerbern<br />
nahm Franz Baumann 1983 am<br />
Auswahlverfahren des UNO-Sekretariats<br />
für Deutsche Staatsangehörige<br />
teil – und bekam eine der acht verfügbaren<br />
Stellen. Seine Frau Barbara<br />
Gibson durchlief ein ähnliches Verfahren<br />
im kanadischen auswärtigen<br />
Dienst. Nach mehreren Stellen im Inund<br />
Ausland wurde sie Direktorin im<br />
Außenministerium in Ottawa mit<br />
Zuständigkeit für den Nahen Osten<br />
und ist jetzt kanadische Botschafterin<br />
bei der Organisation für Sicherheit<br />
und Zusammenarbeit (OSZE) in<br />
Wien. Vor vier Jahren adoptierten sie<br />
ihre Tochter in Vietnam, die sie nach<br />
Baumanns 1997 verstorbener Mutter<br />
Hannah tauften.<br />
Zeitzeuge des Terroranschlags<br />
Als am Dienstag, 11. September<br />
2001, Terroristen zwei Flugzeuge in<br />
die beiden Türme des World-Trade-<br />
Centers in New York lenken, ist der<br />
Schramberger nur wenige hundert<br />
Meter von dem Inferno entfernt. Auf<br />
dem Weg ins Büro erfährt er von der<br />
Katastrophe und von seinem Bürofenster<br />
aus sieht er dann, wie die<br />
Türme in sich zusammenfallen.<br />
„Gegen 11 Uhr waren alle UNO-<br />
Leute draußen und liefen, wie viele<br />
Tausende New Yorker, durch die<br />
Straßenschluchten. Ich selber ging<br />
zum Times Square, wo ich in einem<br />
Meer von Menschen auf den riesigen<br />
Fernsehmonitoren das unfassbare<br />
Geschehen verfolgte“, erinnert<br />
sich der UNO-Mitarbeiter an das<br />
Szenario.<br />
Nach 17 Jahren hat Franz Baumann<br />
der „Neuen Welt“ vorübergehend<br />
den Rücken gekehrt und ist wieder<br />
nach Europa zurückgekommen –<br />
näher an die „alte Heimat“. Auf<br />
Empfehlung des Generaldirektors des<br />
Top-Thema<br />
Wiener UNO-Büros (UNOV) ernannte<br />
UN-Generalsekretär Kofi<br />
Annan den gebürtigen Schramberger<br />
im November 2002 zum Verwaltungsdirektor.<br />
Im Sommer dieses<br />
Jahres wurde er zum stellvertretenden<br />
Generaldirektor befördert, was<br />
bedeutet, dass er zusammen mit Prof.<br />
Dr. Klaus Töpfer, dem früheren Umweltminister<br />
und jetzigen Direktor<br />
des UN-Umweltprogrammes, zu den<br />
höchstrangigen Deutschen im System<br />
der Vereinten Nationen zählt.<br />
Den Bezug zur Fünftälerstadt hat<br />
Franz Baumann zeitlebens nie ganz<br />
verloren. „Seit Jahren schickt mir<br />
mein Freund Hans Haaser alle drei<br />
Monate ein ganzes Quartal gesammelter<br />
Lokalseiten, worauf ich mich<br />
immer freue und wodurch ich noch<br />
immer am Leben Schrambergs interessiert<br />
teilnehme“, sagt er. „Schramberg<br />
ist eine außergewöhnliche und<br />
lebendige Stadt und ich freue mich<br />
besonders über die vielfältigen internationalen<br />
Kontakte, sei es zu den<br />
Partnerstädten in Europa oder gar zu<br />
einer Diözese in Haiti, die die Haiti-<br />
Hilfe Schramberg seit einem Viertel<br />
Jahrhundert so tatkräftig unterstützt.“<br />
Das ist Heimat für Franz<br />
Baumann, der fest davon überzeugt<br />
ist: „Man muss irgendwo hin gehören,<br />
bevor man sich für weitere<br />
Horizonte öffnen kann.“<br />
Baumanns Arbeitsplatz – sein Büro befindet sich im Gebäude der Vereinten Nationen<br />
in Wien.<br />
An der Carleton-Universität in<br />
Ottawa schrieb Baumann seine<br />
Doktorarbeit im Fach<br />
Politikwissenschaft.<br />
Ehefrau Barbara Gibson ist als<br />
kanadische Botschafterin bei<br />
der OSZE in Wien tätig.<br />
Von seinem Büro in New York<br />
aus war der Schramberger<br />
Augenzeuge der Anschläge<br />
auf das World-Trade-Center.<br />
stadtwerker 9