Krakau –– Warschau nach Allenstein - Stadtgemeinschaft Tilsit eV ...
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Wie lange wir für die Flucht brauchten, weiß ich nicht mehr. Gelandet sind wir<br />
in Waren (Müritz) in Mecklenburg, wo wir die nächsten Jahre unter schwierigsten<br />
Verhältnissen verbrachten.<br />
Himmelsblick auf <strong>Allenstein</strong><br />
Wir haben inzwischen vier Kinder. Alle haben ihre Großeltern kennen gelernt.<br />
Mir war das nicht vergönnt. Ich bin zwar im Haus meiner Großeltern mütterlicherseits<br />
geboren, dort lebten drei Generationen unter einem Dach, und ich<br />
kann mich an eine schöne Kindheit erinnern. Die Eltern meines Vaters sind<br />
hingegen auf der Flucht aus Ostpreußen ums Leben gekommen,. Ich kenne<br />
sie nicht. Niemand weiß, wo sie beerdigt sind. Im Unterbewussten begleitet<br />
mich dieses Defizit. Mein Vater kam aus dem landschaftlichen Paradies Ostpreußen.<br />
Er war auf einem für unsere Verhältnisse großen Landbesitz mit Ziegelei<br />
in <strong>Allenstein</strong> groß geworden. Zum Schwimmbad brauchte er als Kind<br />
nicht zu gehen, da er den Badesee hinter dem Haus hatte. Er ist barfuß auf<br />
Stoppelfeldern gelaufen, und in Ostpreußen gab es Störche. Es hat lange gedauert,<br />
bis ich frei lebende Störche gesehen habe. Der Teil Ostpreußens, in<br />
dem er aufgewachsen ist, gehörte nun zu Polen, und der Weg dorthin war mit<br />
vielerlei Hindernissen versehen.<br />
Für uns Kinder war die Heimat unseres Vaters unerreichbar. Die Sache war<br />
für mich lange Zeit abgehakt. In den 70er Jahren war mein Vater einmal dort<br />
in <strong>Allenstein</strong>, allerdings allein und ohne uns. Inzwischen hat sich vieles verändert.<br />
Die Grenze ist verschwunden, Polen gehört heute zur Europäischen Union.<br />
Inzwischen haben wir auch tolle technische Möglichkeiten: Personal<br />
Computer und Internet. Meine Einstellung hat sich auch geändert. Mit der Zeit<br />
kommen immer mehr Fragen. Ich weiß nicht, wie lange sie mir mein Vater<br />
noch beantworten kann. Ich möchte schon wissen, wo er herkommt und wo<br />
meine Großeltern geblieben sind. Mit vier Kindern ist eine Spritztour <strong>nach</strong> <strong>Allenstein</strong><br />
z. Zt. nicht drin.<br />
Da kommt mir der Artikel im FOCUS 26/2005 „Im Gott-Modus“ gerade recht.<br />
Dort heißt es: Inoffiziell erweitert Google seinen Satellitenbilder-Dienst um<br />
Deutschland und den Rest der Welt. Dem<strong>nach</strong> gehört Ostpreußen zum Rest<br />
der Welt. Ich beschließe sofort, den Versuch zu wagen. Ich möchte <strong>Allenstein</strong><br />
finden. Die technischen und persönlichen Voraussetzungen stimmen. Ich habe<br />
einen neuen, recht leistungsfähigen Computer mit großem Monitor, zudem<br />
einen DSL-Zugang mit Volumentarif. Mein visuelles Gedächtnis ist gut, Navigation<br />
aus der Luft ist kein Problem. Zudem reise ich gern. Also gehe ich sofort<br />
an den Start.<br />
Der Link www.focus.de/googlemaps ist im Artikel angegeben. Da ich keine<br />
dreidimensionale Darstellung brauche, die ohnehin nur viel Systemressourcen<br />
frisst, lautete der weitere eindeutige Weg: „Hier geht’s zu Google Maps.“ Und<br />
schon bin ich über München. Im linken Bereich kann ich das Bild zoomen.<br />
Der Sinkflug beginnt. Es ist nicht zu glauben, ich kann die Autos auf der Straße<br />
erkennen. Dort ist das Deutsche Museum. Aber <strong>nach</strong> München wollte ich<br />
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