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Seepferdchens Reise

Mit dem Boot durch Berlin und Potsdam. Das geht auch in Corona-Zeiten. Mit Maske und Desinfektionsmittel - und einem wendigen Motorboot, das sich auf dem Teller drehen lässt. Wenn es dann noch Super-Sonnenschein und laue Nächte dazu gibt, wird das eine Kreuzfahrt zum Geniessen. Unser Seepferdchen bringt uns über Spree und Havel, durch Schleusen und in die Marinas. Köpenick wird per pedes erkundet. Am Teltow Kanal entdecken wir einen neuen Sportboothafen. Potsdam bereitet sich auf den Tag der Einheit vor. Der Tag, als der Regen kam, ist auch unser Abreisetag.

Mit dem Boot durch Berlin und Potsdam. Das geht auch in Corona-Zeiten. Mit Maske und Desinfektionsmittel - und einem wendigen Motorboot, das sich auf dem Teller drehen lässt. Wenn es dann noch Super-Sonnenschein und laue Nächte dazu gibt, wird das eine Kreuzfahrt zum Geniessen. Unser Seepferdchen bringt uns über Spree und Havel, durch Schleusen und in die Marinas. Köpenick wird per pedes erkundet. Am Teltow Kanal entdecken wir einen neuen Sportboothafen. Potsdam bereitet sich auf den Tag der Einheit vor. Der Tag, als der Regen kam, ist auch unser Abreisetag.

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Das Wasser der Spree...

.... ist etwas grünfarbig und lauter.

Es führt in seinem Schlick Gold und eine schöne Glasur.

Die Havel enthält dagegen ein schweres ungesundes Fischreich und faul Wasser,

davon etliche Weiber, die es trinken,

gar böse, scharfe und lügenhaftige Zungen überkommen,

den Leuten Arges nachzusagen.

Leonard Thurneisser 1572


Berlin, Berlin...

... wir fahren nach Berlin. Und dann mit dem Boot durch Berlin. Keine schlechte Idee in

Zeiten von Corona. Desinfektionsmittel und Mundschutz eingepackt, die eigene

Sanitäreinheit an Bord. Keine Parkplatzsuche, keine U- und S-Bahnfahrten, sondern auf

direktem Wasser-Weg in die City. Und schon kann es losgehen mit dem SEEPFERDCHEN.

Davon gibt es beim Bootsvercharterer Keser in Spandau ganz viele. Aber die Nummer 29

kann ich mir merken – mein Geburtsdatum.

Unser SEEPFERDCHEN beweist sich als gutmütiges, zuverlässiges Boot, das sich dank Bugund

Heckstrahlruder hervorragend manövrieren lässt. Heckstrahlruder hatte ich noch

nicht. Das ist ja wirklich geil. So lässt sich das Boot perfekt auf dem Teller drehen und

einparken – wenn es denn sein muss.

Am frühen Samstagnachmittag geht es bei strahlendem Sonnenschein in Spandau

Richtung Potsdam los. Blauer Himmel, ein laues Lüftchen. Was willst du mehr. Gefühlt ist

ganz Berlin auf dem Wasser. Gepflegte historische Yachten, sportliche Segler, Neusegler,

Flautensegler, Gesellschaftssegler, Regattasegler – alle sind unterwegs. Der Sauerländer

würde sagen: Du kannst zu Fuß über den See gehen. Wir geniessen die Sonne.


Ein schönes Plätzchen für die erste Nacht am Tiefen See.



Das gibt es nur in Potsdam: Ein Anleger für ALDI.




Am Tiefen See

Hinter der Glienecker Brücke suchen und finden wir den Aldi-Anleger. Nicht dort, wo er

laut Kartenwerk eingezeichnet ist, sondern ein ganzes Stück weiter. Wir haben sicher

genug gebunkert. Aber, beim Aldi muss man doch mal angelegt haben. Wir kaufen drei

Kleinteile und weiter geht´s. Beim Hafenmeister der Marina Am tiefen See haben wir uns

angemeldet. Wenn ihr da seid, meldet ihr euch noch mal. Wird gemacht, Chef.

Vor der Brücke, da wo es richtig voll ist mit Sportbooten, Flößen und Partybooten in allen

Variationen gibt es ein Hinweisschild und eine schmale Durchfahrt ins Innere des

Getümmels. Der Hafenmeister geht nicht ans Telefon. Also langsam rein in die enge

Gasse. Alles voll. Im Slalom geht es rückwärts wieder raus. Das klappt doch schon ganz

gut. Jetzt hat uns auch der Hafenmeister entdeckt und ordert uns in einen Seitenarm. Der

letzte Platz gehört uns und bietet beste Aussicht auf die Havel und die Humboldt-Brücke.



Auf dem Teltowkanal

Ab in die Schleuse heißt es am nächsten Tag. Sonntags sind die Sportboote auf dem

Teltowkanal unter sich. Genügend Platz im Schleusentrog Kleinmachnow und gemütlich

schaukeln wir uns 2,7 Meter höher. Ein angeschrammtes Schienbein erinnert noch einige

Tage an den Aufstieg auf der glitschigen Leiter, die verschmutzten Hände sind gleich

gewaschen.

Der Teltowkanal zieht sich und nach fast 25 Kilometern hat man genug von Industrie und

Krankenhäusern am Wasserrand. Wir biegen ab in den Tempelhofer Hafen. Aus alt mach

neu – das ist hier gut geglückt. Die alten Speichergebäude wurden durch Modernes

ergänzt, alles sauber und aufgeräumt und entspannt in der Marina. Die größte

Überraschung aber gibt es am Abend : wie andere Berliner Baudenkmäler wird auch der

Tempelhofer Hafen farbig illuminiert. Das kann sich wirklich sehen lassen. Und wenn

man dann noch draußen sitzen kann, geht es einem doch gut.

Am nächsten Vormittag ist wieder Teltowkanal angesagt. Der Blick auf Autobahnen, in

Gewerbehinterhöfe begleiten uns. Das letzte Stück ist geprägt von Baustellen am

Wasserrand, bis endlich hinter einem dicken Baukran die Spree-Oder-Wasserstraße vor

uns auftaucht. Fühlt sich ein bißchen an wie zurück in der (grünen) Zivilisation. Die

Skyline der Köpenicker Altstadt unter strahlend blauem Himmel ist ein prächtiger

Augenschmaus.





Tempelhofer Nacht. Warm und bunt.





An der Müggelspree

Wir wollen im Wassersportzentrum Berlin übernachten. Aber vorher ist noch Zeit genug,

über den Großen Müggelsee zu fahren und die Idylle Neu-Venedigs zu geniessen. Hier

wurden vor 100 Jahren Grundstücke für Wassersportler geschaffen: ohne

Dauerwohnrecht im Überflutungsgebiet. Gepflegte Datschen und durchaus stattliche

Neubauten prägen das Bild. So richtig reinfahren in die Seitenkanäle dürfen wir nicht,

dafür ist unser Seepferdchen zu groß, der Anleger an der Ausflugsgaststätte ist belegt –

leider, so ein Stück Pflaumenkuchen mit Sahne hätte uns gut geschmeckt - also geht es

zurück nach Köpenick.

Vorbei an der beeindruckenden Fassade der Berliner Bürgerbräu-Bauerei, die vor zehn

Jahren die Produktion einstellte. Wir wünschen der denkmalswürdigen Immobilien eine

gute Zukunft und widmen unsere Aufmerksamkeit den zahlreichen Ruderbooten, die ihr

Heimatrevier - die Müggelspree - mit sportlichem Leben füllen. Vor unserem Liegeplatz

üben die Jüngsten in ihren Optimisten, hinter uns bewundern wir die begrünten

Hausboote im Wassersportzentrum. Kann man mit dicken Oleander-Töpfen auf dem

Oberdeck auch fahren? Oder sollte man das besser lassen? Unser direkter Nachbar ist

sogar mit einer Finnen-Sauna ausgerüstet. Und einem ordentlichen Kaminholzstapel vor

der Hütte.


Das Wetter ist traumhaft. Aber bald ist Weihnachten. Das Wassersportzentrum holt die ersten Charterschiffe

aus dem Wasser. Mit einem alten Kran, der die Schiffe fliegen lässt. Vorbei an der Dachterrasse des

mehrstöckigen Hafengebäudes. Ob das gut geht, denkt der unbedarfte Zuschauer angesichts des

schaukelnden Bootes an langen Leinen in luftiger Höhe, aber schon gleitet die wuchtige Fracht sanft auf

dem bereitgestellten Trailer. Mal ein anderes Spektakel. Das Wassersportzentrum wird für seinen guten

Service gelobt. Das können wir bestätigen. Der Hafenmeister wirft die bestellten Brötchen am nächsten

Morgen durchs geöffnete Salonfenster, während die Crew noch schlummert. Das ist Service!

Unser sonniges Frühstück wird begleitet von jungen Rudersportlern und Paddlern bei der morgendlichen

Ertüchtigung. Sieht so aus, als sei Wassersport in Berlin Schulsport. Unser Beifall ist diesen Aktiven sicher.







Das Wassersportzentrum lässt die Boote fliegen.








Köpenick

Derart motiviert beschliessen wir, uns selbst mal wieder mehr zu bewegen. Ein Rundgang

durch Alt-Köpenick ist die Idee. Wir „parken“ beim Spree Marine gegen über vom

barocken Schloß Köpenick, Ein kurzer Spaziergang über die Brücke und schon sind wir in

der Alt-Köpenick. Ein schönes Städtchen. Wir besuchen den Hauptmann von Köpenick

und sein Rathaus. Erste Souveniers werden gekauft. Ein roter Rucksack für das

Geburtstagskind, das es geschafft hat, besser als die Freundin zu sein. AUFSTEIGER steht

auf dem leuchtendroten Teil. In Anspielung auf einen Berliner Fußballverein. Der

interessiert BVB-Fans aber nicht so sehr.

Für Helmchen gibt es ein Sonnen-Käppi mit grünem Ampelmännchen. Immer Vorfahrt

für Fussgänger signalisiert dieses Teil. Das Drama mit dem Pflaumenkuchen setzt sich

fort. Auf dem Markt ist Pflaumenkuchen ausverkauft, eine edle Bäckerei behauptet, sie

hätte heute überhaupt keinen Pflaumenkuchen bekommen. Wir kaufen gedeckten

Apfelkuchen, der am Ende – beim Verzehr – überhaupt keine Äpfel enthält. Lecker, zu süß,

aber wo sind die Äpfel?

Weiter geht es zur City Marina. Als „ambitioniertes Projekt“ bezeichnet die Autorin des

Hafenführers die Marina. Na ja. Wir sind auf jeden Fall irritiert. Die schärfste

Hafenmeisterin for ever führt das Regiment über einen formidablen Neubau, eine

Hafenküchen-Baustelle und diverse Tagescharter-Boote. Vergammelte Boote dümpeln in

erster Reihe herum. Hans und Franz darf auf den Stegen herumlaufen und den

Sonnenuntergang aus der ersten Reihe – geniessen.


Rathaus Köpenick



Schloss Köpenick










Baustellen . Stress

Noch irrer wird es mit dem sanitären Angebot. Es gibt EINE Tür, auf der Dusche steht. Also

eine einzige Dusche für die komplette Marina. Drunter hat man einen Zettel geklebt:

Toilette. Eine einzige Toilette für den Restaurant-Betrieb, der von einem Verkaufswagen

aus auf der Terrasse stattfindet. Und auch Stunden-Charter-Gäste müssen vor ihrem

Bootsausflug dringend mal wo hin. Und dann gibt es da noch die Spree-Radler, die an der

Hafenküche nicht nur auftanken wollen. Sorry Berlin, aber wer erlaubt solch einen

Gewerbebetrieb?? Eine einzige Toilette – hinter der Dusch-Tür. Hauptsache Party.

Am nächsten Morgen um sechs Uhr klingelt der Wecker. Wir wollen wie geplant ins

Regierungsviertel. Ein Pöttchen Kaffee und los geht es. Bis 10.30 Uhr darf man da

rumschippern. Aber schon nach kurzer Fahrt präsentiert sich die Elsenbrücke mit einer

Vollsperrung. Gestern eingerichtet. Dumm gelaufen. Schlechte Vorbereitung. Aber auch

schlechtes Kartenwerk. Quick Maritim spricht an dieser Stelle von der Oberbaumbrücke –

und da war keine Sperrung angekündigt.


Also zurück. Über den eher öden Teltowkanal. Begegnungen mit Binnenschiffer sind die einzige

Abwechslung. Irgendwann braucht auch mal der Skipper ein Frühstück. Und wir machen eine Entdeckung.

Auf der Hinfahrt schon im Vorbeifahren gedacht: Das sieht aber interessant aus. Eine Baustelle mit

Sportboothafen. Die Marina der kleinen Stadt Teltow. Der Kirchturm liegt in Sichtweite. Einige wenige Boote

liegen da schon in großzügig geschnittenen Boxen. Da kehren wir ein zum Frühstück. Es gibt noch keinen

Brötchenservice – kein Problem - aber die moderne Steganlage muss besichtigt werden. Drum herum

wachsen trockenresistenten Gartenanlagen. Garten-Gurrus hätten ihre Freude. Bewirtung soll folgen. Das

wird.

Von Treptow ist es nicht weit zur Schleuse Kleinmachnow. Ein dickes Frachtschiff macht sich vor uns gerade

auf den Weg in die Schleuse. Und – oh Wunder – die Ampel springt auch für Sportboote auf grün. Ohne Stopp

und Wartezeit dürfen wir in die Schleuse fahren.



City Marina



Berliner Nächte sind lang.....


Guten Morgen, Berlin ....



Neue Marina


am Teltowkanal


Schleuse K


leinmachnow


Potsdam: Das Brandenburger Tor.


Statt Pflaumenkuchen


Guten Abend, Ber


lin....


Monopoly : Kauf ich!



Potsdam erwartet den Tag der Einheit



Am Tag, als der Regen kam

Nach der Pleite vom Morgen mit der gesperrten Brücke haben wir einen Wunsch frei. Wir

haben die Stand-up-Paddler bewundert – oder auch nicht. Wir möchten mal wieder

Stand-up-Showering betreiben. Zwar hat unser Seepferdchen eine gut funktionierende

Dusche, aber Duschen kann man hier nur im Sitzen. Es fehlt konstruktionsbedingt an der

Raumhöhe. Und auch die eingebaute Sitzbank ist mehr als gewöhnungsbedürftig. So

eine Marina mit nettem Sanitär-Komfort wäre nicht schlecht. Den finden wir im

Yachthafen Potsdam. Und bleiben gleich noch eine zweite Nacht.

So haben wir einen kompletten Tag Zeit, Potsdam per pedes zu erkunden. Und ein frisch

renoviertes Brandenburger Tor, durch das man spazieren kann. Potsdam bereitet sich auf

den Tag der Deutschen Einheit vor, eine Expo zieht sich durchs Stadtgebiet.

Am Abend verschließen wir das erste Mal unser Cabrio. Regen ist angesagt. Am nächsten

Morgen wird erstmals im Salon gefrühstückt. Beim Gang zum Bäcker wurde auch

Pflaumenkuchen erbeutet.

Wir haben eine Woche lang Wetter vom Feinsten gehabt und viel gesehen von der Stadt,

die am Wasser gebaut ist. Die Hektik der inneren MegaCity ist nichts für uns Landeier. So

fällt auch der Verzicht auf die Fahrt durchs Regierungsviertel leicht. Potsdam hat uns

mehr als entschädigt . Nun tendiert ein grauer Himmel zu leichtem Nieselregen. Da kann

man auch nach Hause fahren.....




Mitwirkende:

Sigrid, Helmut und Gabi

Seepferdchen 29

von Bootscharter Keser Berlin-Spandau

Copyright:

www.missnordrheinwestfalen

gabriele.arndt(at)t-online.de

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