Der ausgesperrte Tod und das eingesperrte Leben
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3.1.2 Verdrängung des Todes
„Verdrängen wir die Angst vor dem Tod, wird uns die Angst ums Überleben jagen." Rodney Smith
Die Abwesenheit des Todes in der Lebenswelt ist aber keine ausreichende Erklärung dafür,
warum ein Thema mit so existenzieller Bedeutung für den Menschen, in der allgemeinen Öffentlichkeit
kaum anzutreffen ist und wenn doch, dies oft mit Unbehagen und Unsicherheit
einhergeht. Begründet kann dies werden, mit der These der Verdrängung und darauf folgend
der Tabuisierung (vgl. BROMMER, 1989, S. 50ff + S. 153). Diese mögen durch die folgenden
Aspekte verständlich werden:
Das heutige Verhältnis zum Tode unterscheidet sich in noch einem anderen Punkt, als den
äußerlich veränderten Lebensumständen stark von früheren Zeiten. Im Übergang zur Neuzeit
ist der Glaube an die Ewigkeit in noch nicht dagewesenem Maße verloren gegangen. Es handelt
sich dabei um einen Vorgang, der aus historischer Perspektive sehr jung ist.
Das bedeutet, die irdischen Jahre sind nun die einzigen, welche die Menschen haben und sind
somit überaus kostbar geworden. In einem Weltbild ohne Transzendenz wird der Tod zum
Gegenteil, zum Feind und Räuber des Lebens. Dadurch berührt schon der Gedanke an ihn
unangenehm und bringt ihn zu nahe.
Es gibt weitere nachvollziehbare Gründe dafür, daß das Thema Tod verdrängt wird, darunter
der, daß mit einer persönlichen Berührung mit dem Tod oft Angst und Leid einher gehen.
Diese werden kaum noch durch Netze überlieferten Gemeinschaftslebens oder ein religiöses
Weltbild aufgefangen.
Einer der Gründe, warum der Tod feindlich gegenüber dem Leben angesehen wird, ist demnach,
daß er Leiden verursacht. Irgendwann einmal erleidet jeder den Tod eines geliebten
Menschen. Kummer und Schmerz, die daraus folgen, gehören zu den schwersten zu ertragenden
Emotionen (vgl. SMITH, 2000, S.59).
Sterben bedeutet sowohl in diesem Sinne, als auch bezüglich des eigenen zukünftigen Todes
einen unermeßlichen Verlust angesichts dessen größte Angst entstehen kann. Einer der
Hauptbeweggründe, einer bestimmten Situation aus dem Weg gehen, ist die Furcht vor dem
Unbekannten, wegen der sicherheitshalber eher die Flucht in eine bekannte Richtung eingeschlagen
wird. Was das Sterben betrifft, kann die Richtung nicht einfach geändert werden, um
den Prozeß sicherer zu gestalten. Hier gibt es kein Entkommen. Der Sterbende gibt alles auf,
was er jemals gekannt hat. Der Tod bedeutet eine enorme Konfrontation mit der Furcht vor
dem Unbekannten (vgl. SMITH, 2000, S.109).
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