Schaufenster 2020-11-20
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DESIGN<br />
Lexikon der Dinge:<br />
Das Schachbrett<br />
von Norbert Philipp<br />
Esgibtviele Dinge, die nur so herumstehen.<br />
Benutzt werden sie nie. Auch<br />
weil es kognitiv viel zu aufwendig wäre.<br />
Beim Smoothie-Maker, der ganz schön viel<br />
Raumvolumen okkupiert, ist das meistens<br />
ebenso. Puuh, wie war das noch mal? Und<br />
am Schluss auch noch auswaschen?Ah<br />
geh. Tetra-Packerl auf! Andere Dinge besorgt<br />
man sich überhaupt nur, damit sie in<br />
Ruhe und Frieden herumstehen dürfen.<br />
Deko-Artikel heißen die dann. Geboren, um<br />
einfach da zu sein. Nicht, um einem Zweck<br />
zu dienen. Und dann sind da noch die Dinge,<br />
die auch herumstehen, aber subtil eine<br />
Botschaft in den Raum absondern,<br />
manchmal sogar als kompakteVerkleinerung<br />
der Weltzusammenhänge: Das<br />
Schachbrett ist soetwas. Schließlich, so<br />
haben es einige Philosophen und Literaten<br />
schon angedeutet, ist man ja selbst Figur<br />
eines großen Spiels, bei dem man seltener<br />
der König ist, aber öfter der Bauer. Schön,<br />
endlich einmal gefühlter Teil des Universums<br />
zu sein. Undweil das Schachspiel so<br />
tiefmystisch, mythologisch und philosophisch<br />
aufgeladen ist, darf es auch herumstehen,<br />
ohne dass man sich bei der nächsten<br />
Minimalismus-Debatte dafür rechtfertigen<br />
müsste.Vielleicht holt man gerade<br />
jetzt wieder das alte Schachbrett vom<br />
Dachboden, weil man „Das Damengambit“<br />
gesehen hat: Eine Netflix-Serie, in der sich<br />
eine Frau ziemlich unstrategisch, umgeben<br />
von malerischem Setdesign, in die Schachelite<br />
hochspielt. Oder man besorgt ein<br />
Schachbrett, das noch mehr ausstrahlt:<br />
nämlich Handwerkskunst. Wie dieses von<br />
Flayou, einem tunesischen Designstudio<br />
(um 150 Euro auf voltavienna.com).<br />
MITTERNACHT. Wenn alle Bars<br />
geschlossen sind, öffnet sich eben<br />
die eigene: Und das noch dazu<br />
auf so elegante Weise wie diese<br />
vonArmani Casa mit patentiertem<br />
Mechanismus. „Midnight“<br />
heißt sie, als würde sie gern darauf<br />
AMSTERDAM. DieDiamantenbörse in<br />
Amsterdam, TheDiamond Exchange<br />
Capital C, wollteauch ein bisschen in die<br />
Welt strahlen, womit sie sich so den ganzen<br />
Tagbeschäftigt: Eine Kuppel aus Glas und<br />
Stahl, aufgesetzt auf den Bau aus dem<br />
Jahre19<strong>11</strong>, istesgeworden. Analogien zu<br />
Im Blickfeld<br />
hinweisen wollen, wann ein guter<br />
Zeitpunkt wärefür den Schlummertrunk.<br />
Die Bar-Kommode<br />
wurde als aufrechte Schatztruhe<br />
angelegt, eine der Preziosen darin:<br />
DieArbeitsfläche aus Rosa-Portogallo-Marmor.<br />
anderen funkelnden Gegenständen sind<br />
beabsichtigt. Undwurden auch vonder<br />
Jury des German Design Award<strong>20</strong>21<br />
gewürdigt: Mit einem Preis,den sich das<br />
ZJAArchitekturstudio gemeinsam mit<br />
Heylinger Design Projectsabholte.<br />
Natürlich rein virtuell diesmal.<br />
Redaktion: Norbert Philipp. Fotos: Tiziano Sartorio, beigestellt.<br />
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