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Buch V - MUMOK<br />
Nr. <strong>06</strong>/2005<br />
Ë Fortsetzung von Seite 89<br />
nicht ausreichen und für die Zukunft schon gar<br />
nicht, da kann nicht jeder machen, was er will.<br />
Da müssen die Mittel konzentriert werden.<br />
TR: Die Quotenfrage ist in den letzten 15<br />
Jahren nie so populistisch diskutiert worden<br />
wie jetzt; jetzt gibt es ein Gegeneinander der<br />
Häuser, das sich in den Medien widerspiegelt.<br />
Und bei diesem künstlichen Spiel des Rankings<br />
und des Populismus, ‚stellt sich die Frage,<br />
ob das einer konzentrierten Sammlungs- und<br />
Ausstellungstätigkeit gut tut?<br />
EK: Nein, absolut nicht. Wir müssen wieder die<br />
Ausstellungstätigkeit von der Museumstätigkeit<br />
trennen. Es hat ja früher auch das Prinzip gegeben,<br />
dass die Ausstellungstätigkeit eines Museums mit<br />
seiner Sammlung zusammenhängt; zum Beispiel<br />
die Albertina, die hat keinen einzigen Mondrian,<br />
den einzigen Mondrian in Wien hat unser Museum,<br />
aber sie machen die Ausstellung, weil sie eben<br />
Gegengeschäfte machen, mit tausenden von<br />
attraktiven Sammlungs-Tauschgegenständen.<br />
Also die Ausstellungstätigkeit hängt dort<br />
überhaupt nicht zusammen mit dem Bestand<br />
der Sammlung. Und die Argumentation, dass<br />
man mit den Sammlungen nicht arbeiten kann,<br />
ist natürlich absolut hanebüchen. Wenn die<br />
Sammlungsgegenstände ständig in der Welt<br />
herumgezeigt werden, dann kann ich sie im<br />
eigenen Haus natürlich genauso zeigen. Natürlich<br />
kann man mit den Sammlungen der Albertina ein<br />
volles Programm machen, ohne ständig Schiele<br />
zu zeigen.<br />
TR: Um auf das Schwerpunktthema des<br />
MUMOK 2005, 20<strong>06</strong>: DAS JAHR DES<br />
SAMMELNS zurückzukommen. Der Fokus der<br />
Ausstellungsreihe liegt also auf der Verbindung<br />
von privaten und von der Wirtschaft entwickelten<br />
Sammlungen, die in einem musealen Kontext<br />
gezeigt werden; somit wird auch die gegenseitige<br />
Kooperation unterstützt.<br />
EK: Ich glaube, dass es grundsätzlich Kontakt<br />
geben muss zwischen den Bürgern und dem<br />
Museum. Ein Museum, mit dem Anspruch ein<br />
nationales Museum zu sein für internationale<br />
Kunst, ein Bundesmuseum, eine staatliche<br />
Sammlung, sollte ein Anliegen des Bürgers<br />
werden, wie in der Schweiz oder in Köln oder<br />
wie in München die neue Pinakothek. 80% der<br />
Objekte dieser Sammlungen sind Schenkungen<br />
von Firmen und Privatleuten. Die Bürger der<br />
Städte haben ihre Sammlungen aufgebaut, ihre<br />
Museen.<br />
In Köln sind 7 von 8 Museen private Stiftungen,<br />
die in öffentlichen Besitz übergegangen sind.<br />
Alles dort sind Schenkungen und Stiftungen,<br />
und bei uns in Österreich gibt es das in diesem<br />
Jahrhundert nicht.<br />
TR: Gezeigt werden in der Ausstellungsreihe die<br />
Sammlung der EVN, die Sammlung der Erste<br />
Bank-Gruppe, die Sammlung Ludwig, Einblicke<br />
in österreichische Privatsammlungen; damit<br />
wird ein Querschnitt gegeben von wichtigen<br />
österreichischen Unternehmen, die sammeln,<br />
einerseits und andererseits von Privatpersonen,<br />
die ihre Sammlungen zeigen.<br />
EK: Es gibt ja viele Firmen, die Sammlungen<br />
haben. Wir haben die genommen, die professionell<br />
sind, mit Fachleuten gemacht werden, die ein<br />
Konzept haben, das sind die EVN und die Erste<br />
Bank-Sammlung. Und dann eben der Fokus auf<br />
Privatsammlungen in diesem Land, wobei wir die<br />
Sammler ausgelassen haben, die selber Häuser<br />
besitzen und Präsentationsmöglichkeiten haben,<br />
wie Essl, Leopold - der mit ungebrochenem<br />
Elan weitersammelt, sehr bunt, sehr dicht und<br />
sehr breit offensichtlich -, und auch Francesca<br />
Habsburg ist eine österreichische Sammlerin,<br />
die auch ihre eigenen Räume hat; oder Herrn<br />
Liaunig, der sich gerade ein Museum baut, oder<br />
Herr Haselsteiner (Strabag), der auch gewisse<br />
Ambitionen hat und Gironcoli-Plastiken zeigt.<br />
TR: Ich möchte auf ihre Biografie zurückkommen.<br />
Sie waren ja über 10 Jahre Leiter der Secession<br />
Wien, dann Leiter des Kunsthauses Bregenz. Ich<br />
kann mich noch erinnern, als ich studiert habe,<br />
bin ich in die Secession gepilgert und habe mir<br />
dort Förg oder Kosuth angeschaut. Sie blicken<br />
jetzt auf eine zwanzigjährige Tätigkeit in der<br />
Kunstszene zurück, im aktuellen Diskussionsfeld<br />
der zeitgenössischen Kunst. Wie sehen Sie jetzt<br />
Ihre Weiterentwicklung, Ihre Position in Zukunft?<br />
EK: Meine Position hat sich natürlich insofern<br />
völlig geändert, als ich immer eine Kunsthalle<br />
geleitet habe, und eine Kunsthalle eben nur<br />
Ausstellungen macht und auch Sammlung<br />
repräsentiert, aber keine Sammlung macht. Ich<br />
habe auch versucht, die Häuser, die ich geleitet<br />
habe, in einem Umfeld zu positionieren und zu<br />
sehen, was passiert und was nicht, und wo ein<br />
Betätigungsfeld oder eine Nische ist, die dieses<br />
Haus ausfüllen könnte, wobei ich auch immer an<br />
die Tradition des Hauses gedacht habe, wenn es<br />
nicht ein neues Haus war, wie in Bregenz.<br />
Jetzt bin ich in einem Museum, und ich bin<br />
plötzlich ein ganz fanatischer, altmodischer<br />
Museumsmensch geworden, weil ich sehe, dass<br />
das Museum als Idee gefährdet ist und es kein<br />
langfristiges Konzept mehr gibt. Wir brauchen<br />
das Museum aber als Bildungseinrichtung,<br />
als unabhängige Anstalt, weil wir sehen, wie<br />
woanders Galerien und Privatsammler das<br />
Ruder übernehmen. Ich fi nde, wir brauchen das<br />
Museum als unabhängige moralische Anstalt, als<br />
Kompetenzzentrum.<br />
Wichtig sind eben Kompetenz, fokussiert auf die<br />
Inhalte des Museums und Unabhängigkeit vom<br />
Kunstmarkt.<br />
Wir brauchen Museen im „traditionellen Sinn“,<br />
obwohl wir wissen, dass höchstens 30% der<br />
Menschen wegen der Sammlung ins Museum<br />
gehen und 70% wegen der Sonderausstellungen.<br />
Ich habe die Minimalerfordernisse für das<br />
MUMOK in einem Konzept für die nächsten<br />
10 Jahre definiert: ein Haus mit ca. 8.500 m2<br />
Raumvolumen, das die klassische Moderne als<br />
Bildungsauftrag immer zeigt, damit man die<br />
Geschichte der Moderne, ihre Hauptlinien, ihre<br />
Zusammenhänge verfolgen kann, die Kunst<br />
zwischen 1955 und 1975, wo ansatzweise alles<br />
Wesentliche passiert ist, was maßgeblich bis<br />
heute ist. Das sollten wir immer zeigen können,<br />
das ist unsere museologische Basisarbeit; die<br />
andere ist, dass wir die Sammlung für die Zukunft<br />
weiterentwickeln, damit wir einmal auch von<br />
der heutigen Gegenwartskunst eine Sammlung<br />
haben, die man in Zukunft als repräsentativ<br />
zeigen kann.<br />
GÜNTER BRUS - FOTOEDITION DER AKTIONEN 1964/65<br />
„Dass sich noch heute ein dichter und überzeugender Eindruck davon gewinnen lässt, was man im Rückblick nach 40<br />
Jahren als Initiation der „Körperkunst” bezeichnen kann, verdankt sich der filmischen und fotografischen Dokumentation<br />
des Ereignisses: Ludwig Hoffenreich, Kurt Kren und Otto Mühl waren anwesend - und Siegfried Klein, dessen mit dem<br />
Namen „Khasaq” gezeichnete Fotografien bisher nur in wenigen Beispielen bekannt waren. Günter Brus hat nun erstmals<br />
eine Auswahl aus diesen Aufnahmen getroffen, die Julius Hummel in 4 Portfolios herausgibt: Der flimmernde Rausch, den<br />
Krens Film uns bisher vermittelt hat, und den Ludwig Hoffenreichs quasi distanzierte Dokumente geradezu komplementär<br />
ergänzten, gewinnt durch diese Bilder eine neue Dimension: Khasaq dokumentierte das Ereignis nicht, sondern lebte<br />
sich hinein, wechselte die Distanz und den Blickpunkt, folgte mit dem Blick nicht nur dem Künstler selbst, sondern<br />
wanderte mit ihm durch den Raum, folgte der geschleuderten Farbe, dem entfesselten Geschehen.”<br />
Dr. Monika Faber, Albertina Wien, zu S. Kleins (Khasaq) Fotos der Aktion „Ana”, 1964<br />
Herausgegeben von der „Galerie Hummel” und der „Sammlung Friedrichshof” entstehen Fotoeditionen der frühen Aktionen<br />
von GÜNTER BRUS:<br />
„Ana”, 1964; „Silber”, 1964; „Selbstverstümmelung”, 1965<br />
Fotograf: Siegfried Klein (Khasaq)<br />
Die erste der 4 Aktionen, „Ana”, 1964, erscheint in je vier Portfolios à 12 Fotos (Silbergelatineabzüge 39,5 x 30 cm<br />
auf Museumskarton 60 x 50 cm) in einer Leinenkassette und einem Vorwort von Dr. Monika Faber, Albertina Wien.<br />
Jedes Foto ist von Günter Brus signiert und autorisiert. Die Mappen erscheinen in einer Auflagenhöhe von je 35 Stück.<br />
Galerie Julius Hummel · Bäckerstraße 14 · A-1010 Wien · Tel.: 512 12 96 · Fax: 512 12 964<br />
Mail: galerie.hummel @ chello.at · Öffnungszeiten: Di-Fr 15-18 Uhr, Sa 10-13 Uhr