Altkalksburger 3 - Altkalksburger Vereinigung
Altkalksburger 3 - Altkalksburger Vereinigung
Altkalksburger 3 - Altkalksburger Vereinigung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in der Freimaurerhierarchie, sogenannte<br />
„Grade“, darunter solche eines Lehrlings,<br />
eines Gesellen oder eines Meisters. Damit<br />
unter den Mitgliedern ein fortdauernder<br />
Kontakt gewahrt werden kann, veranstaltet<br />
jede Loge regelmäßige Versammlungen.<br />
Bei diesen Gelegenheiten steht der<br />
Zweck der Freimaurerei, nämlich Analyse<br />
und Diskussion breiter gesellschaftlicher<br />
Entwicklungen und Probleme an der Tagesordnung.<br />
Wie jede Organisation ist auch die Freimaurerei<br />
auf periodischen Zulauf angewiesen.<br />
Dabei geht die „Nachwuchsarbeit“ regional<br />
unterschiedlich vonstatten: Während<br />
in den USA das Hineinwachsen in eine traditionelle<br />
Familie eine Aufnahme begünstigt,<br />
funktioniert es in Österreich auf dem<br />
Weg der persönlichen Werbung. Die Initiative<br />
ist überwiegend seitens der Freimaurer<br />
zu suchen; dabei geht es um die Aufnahme<br />
in eine der vorhandenen Logen. Nach Aussage<br />
des Gastvortragenden bestehen in einigen<br />
Ländern Tendenzen, mithilfe moderner<br />
Kommunikationsmedien nach Interessierten<br />
zu suchen, um diese für die Freimaurerei<br />
zu gewinnen (so z.B. in Deutschland,<br />
wo die Suche per Ausschreibung erfolgt).<br />
Diesen Weg gehen österreichische Vertreter<br />
jedoch nicht. Sie sind ja um ihre Integrität<br />
bemüht und haben demzufolge keine Internetpräsenz.<br />
Das Aufnahmeverfahren selbst<br />
stellt mit der Dauer von mitunter 1-2 Jahren<br />
einen gedulderprobenden Prozess dar. Sofern<br />
ihm ein positiver Abschluss beschieden<br />
ist, eröffnet dieser dem Neueintretenden<br />
den Weg zu einer für gewöhnlich lebenslangen<br />
Mitgliedschaft. Eine wichtige Stellung<br />
nimmt bei der Entscheidungsfindung der<br />
Großmeister ein, welchem ein Vetorecht<br />
gegen die Aufnahme eines neuen Mitglieds<br />
zusteht. Aber auch jeder der potentiellen<br />
künftigen „Logenkollegen“ hat in der Angelegenheit<br />
ein Mitspracherecht. Dieses<br />
äußert sich in Form der sogenannten „Kugelung“,<br />
einer geheimen Abstimmung unter<br />
Verwendung weißer und schwarzer Kugeln,<br />
wobei schon drei schwarze genügen, um<br />
eine Ablehnung zu erwirken. Dem Abgewiesenen<br />
steht dann noch die Möglichkeit<br />
offen, um die Aufnahme in eine andere<br />
Loge anzusuchen.<br />
Es ist an die Erklärung von Dr. Kraus<br />
zu erinnern, dass keinesfalls alle Logen den<br />
Status, anerkannt zu sein, genießen. Dieses<br />
Privileg steht nur denjenigen zu, welche sich<br />
an die sogenannten „Alten Pflichten“ (engl.<br />
„Old Charges“) halten, einer Zusammenfassung<br />
von Regeln für die Gemeinschaft. Diese<br />
wurden im Jahr 1723 von der „Vereinigten<br />
Großloge von England“, der erst 1717<br />
in London entstandenen ersten Freimau-<br />
rerloge der Welt, offiziell angenommen und<br />
bilden seitdem das Grundgerüst der Freimaurerei.<br />
Damit sich die eigenen Ansichten<br />
eines jeden Mitglieds bei den Versammlungen<br />
nicht als hinderlich erweisen, wird<br />
von diesem erwartet, sie draußen zu lassen.<br />
Dadurch soll die Voraussetzung geschaffen<br />
werden, sich besser als „Brüder“ auf Augenhöhe<br />
zu begegnen. Denn Brüderlichkeit<br />
gehört neben Freiheit, Gleichheit, Toleranz<br />
und Humanität zu den 5 Grundidealen der<br />
Freimaurerei. Die Annahme, die Verwendung<br />
des Wortes „Brüder“ impliziert eine<br />
ausschließende Wirkung des weiblichen<br />
Geschlechts, räumte der Vortragende aus<br />
dem Weg, indem er darauf hinwies, dass<br />
es auch Frauen- und sogar gemischte Logen<br />
gibt. Dabei handelt es sich<br />
nicht erst um eine Erfindung<br />
der neueren Zeit.<br />
Was das Verhältnis des<br />
Bundes zur Religion bzw. Religiosität<br />
anbelangt, so meinte<br />
Dr. Kraus, dass diese nicht abgelehnt,<br />
sondern im Gegenteil<br />
von den Freimaurern insofern<br />
bejaht wird, als ihnen der<br />
Glaube an ein „übergeordnetes<br />
Wesen“ gemein ist. Das erklärt<br />
sich aus dem genannten Grundsatz, Toleranz<br />
gegenüber anderen Menschen und<br />
deren persönlichen Vorstellungen entgegenzubringen.<br />
Dadurch war es möglich,<br />
beispielsweise auch in islamischen Ländern<br />
Freimaurerlogen zu gründen, wie es im Osmanischen<br />
Reich der Fall war, wo es diese<br />
seit dem 18. Jhdt. gab und ihnen zunächst<br />
Außenstehende, schließlich aber auch Einheimische<br />
angehörten. Die Vorstellung von<br />
einem eigenen freimaurerischen Kult lehnte<br />
der ehemalige Großmeister ab, obgleich er<br />
einigen Praktiken, unter anderem bei der<br />
Aufnahme, eine gewisse rituelle Symbolik<br />
und einen Hauch von Mystik zugestand. An<br />
dieser Stelle ist zu erwähnen, dass in umgekehrter<br />
Weise sowohl die Islamische Weltliga<br />
in einer Aufforderung von 1974 als auch<br />
die Katholische Kirche in einer Deklaration<br />
aus dem Jahr 1983 die Zugehörigkeit zur<br />
Freimaurerei zuletzt als mit ihren religiösen<br />
Grundsätzen unvereinbar betrachten.<br />
Da mit war der eigentliche, meiner Meinung<br />
nach sehr gut vorbereitete und strukturierte,<br />
informative Vortrag auch ans Ende<br />
gelangt. Eine Fragerunde folgte anschließend,<br />
welcher sich Dr. Kraus gern stellte<br />
und einige Details näher beleuchten sowie<br />
Unklarheiten bereinigen konnte. Als gleichsam<br />
eine „Werbung für die eigene Sache“<br />
wurde ein von ihm herausgegebenes Buch,<br />
„Die Freimaurer“ (Ecowin Verlag, Salzburg<br />
2011), zum Kauf bereitgestellt, ein Angebot,<br />
ClUbverAnstAltUng <strong>Altkalksburger</strong><br />
11<br />
das viele der Zuhörenden gern<br />
in Anspruch nahmen, ebenso<br />
wie jenes, sich ein Exemplar<br />
vom Herausgeber persönlich<br />
signieren zu lassen. Damit<br />
fand der Abend auch seinen<br />
offiziellen Ausklang.<br />
Eine letzte Anmerkung<br />
zum Thema: Dass die Freimaurerei<br />
in Österreich nicht<br />
nur ein gedankliches, ideelles<br />
Modell verkörpert, sondern<br />
auch substanziell in der österreichischen<br />
geographischen Landschaft vorhanden ist,<br />
beweisen mehrere freimaurerische Institutionen<br />
bzw. Bauten, darunter das Österreichische<br />
Freimaurer-Museum auf Schloss<br />
Rosenau bei Zwettl (NÖ) und, nicht zu<br />
vergessen, das „Kiosk“ genannte Bauwerk<br />
auf dem Gelände des Kollegium Kalksburg<br />
(Monumentum 19).<br />
dMiTriy BoSEnKo (MJ07)<br />
das Buch „Monumentum 19“ kann für<br />
<strong>Altkalksburger</strong> zum Vorzugspreis von<br />
10 Euro (+lieferung) bei georg lohmer<br />
(MJ82) (lohmer@aon.at) oder direkt im<br />
club bestellt werden.