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der kleine Lohrer - Ausgabe Januar 2021

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BLOG<br />

Bild: Jennifer Weidle<br />

Auto-Fasten<br />

– wie <strong>der</strong> Verzicht auf‘s Auto den Alltag verän<strong>der</strong>t<br />

(jen) Es gibt Menschen, die verzichten<br />

auf Schokolade o<strong>der</strong> Kaffee.<br />

Wollte ich beides nicht. Rauchen? Tat<br />

ich nicht. Blieb nur noch das Auto.<br />

Im Jahr 2016 war ich ganz schön<br />

schwanger. An<strong>der</strong>e schaffen in <strong>der</strong><br />

Zeit des Lebens das Auto ab... um<br />

sich einen Kombi anzuschaffen.<br />

Ich tauschte Auto gegen Fahrrad und<br />

Kin<strong>der</strong>anhänger, wetterfeste Kleidung<br />

und Equipment. Alltagsradeln ist kein<br />

Ponyhof und Kind und Einkäufe wollen<br />

sicher und komfortabel untergebracht<br />

sein.<br />

Für Sichtbarkeit sorgen gute Lampen<br />

und jede Menge Reflektoren. „Du<br />

brauchst kein Licht“, meinte ein Freund<br />

neulich. „Dein Gespann leuchtet auch<br />

so wie ein Christbaum.“ Gut so.<br />

Ich selbst hasse kaum etwas mehr<br />

als im Dunkeln dunkel gekleideten<br />

Fußgänger:innen zu begegnen. Deswegen<br />

trifft man mich, sollte ich ohne<br />

zwei plus zwei Rä<strong>der</strong> unterwegs sein,<br />

nach Tageslicht nur mit Reflektorweste,<br />

Reflektor-Armbinden und Stirnlampe.<br />

Ansonsten gibt es kaum etwas Entspannen<strong>der</strong>es<br />

für mich, als im Dunkeln<br />

auf einem Radweg zu radeln. „Hast<br />

du da keine Angst?“ Nein, denn Angst<br />

haben wohl alle an<strong>der</strong>en. Deswegen ist<br />

<strong>der</strong> Radweg vor allem eins: Leer.<br />

„Aber so ohne Auto – mitten auf dem<br />

Land – geht das denn?“ Ja, das geht<br />

ganz wun<strong>der</strong>bar.<br />

Wenn man dem Experiment und sich<br />

selbst etwas Zeit gibt um sich in dieses<br />

Alternativeökozweiradding einzugewöhnen.<br />

Ein Jahr hat das bei mir<br />

gedauert.<br />

Jeden Tag dachte ich, was ich nicht alles<br />

unternehmen könnte, wenn ich ein<br />

Auto hätte...<br />

Yogurt vergessen? Schnell nochmal mit<br />

dem Auto zum Einkaufen. Keine Lust<br />

im Regen zur Bäckerei zu laufen? Das<br />

Auto steht doch eh da. So fand ich für<br />

jede Kleinigkeit eine Ausrede. Deswegen:<br />

Weg damit.<br />

Kein Auto macht das Leben vor allem<br />

eins: langsamer. Ergo weniger stressig.<br />

„Aber du kommst doch jetzt nicht mehr<br />

so schnell irgendwo hin?!!“ Eben. Daher<br />

nehme ich mir weniger vor. Viele<br />

Termine an einem Tag? Das ist vorbei.<br />

Nervige Parkplatzsucherei: vorbei.<br />

Stattdessen steigt das Gefühl <strong>der</strong> Zugehörigkeit.<br />

Klingt esoterisch, ich weiß.<br />

Aber alleine dadurch, dass die Metallschale<br />

außenrum fehlt ist das nunmal<br />

so. Mehr Verbundenheit mit <strong>der</strong> Natur.<br />

Klar, mittendrin im Gewitter statt nur<br />

dabei.<br />

Aber auch Verbundenheit zu den<br />

Menschen, denen man begegnet.<br />

Irgendwie wird man… netter. Man<br />

flucht und beschimpft weniger. Man<br />

ist nach einem verbalen Ausrutscher<br />

mit dem Rad eben auch nicht so<br />

schnell weg wie mit einem Auto.<br />

Einen entspannten <strong>Januar</strong> wünscht die<br />

Alltagsradlerin.<br />

Mehr unter<br />

alltagsradlerin.blogspot.com<br />

pixabay_bicycle-silhouette-4869561<br />

<strong>der</strong> <strong>kleine</strong> lohrer /// januar <strong>2021</strong><br />

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