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Ich ging zur Oberschule, als der Simbabwe-Dollar 1997 einbrach. Es folgten<br />
Unruhen in den Städten, entfacht durch steigende Lebensmittelpreise. Die Regierung<br />
zahlte Milliarden an Renten für Kriegsveteranen aus und begann wenige<br />
Jahre später, kommerziell genutztes Ackerland zu beschlagnahmen. Eine Oppositionspartei<br />
trat an, um das Monopol der Regierung zu brechen. Gewalt wurde<br />
Teil des Alltags. Die landwirtschaftliche Produktion ging zurück, weil die Effizienz<br />
sank, und Geschäfte begannen zu schliessen.<br />
Einige Jahre später an der Universität hatten wir auf dem Campus einen Platz,<br />
den wir «Platz des Hungers» nannten. Jeden Mittag sassen dort Studenten und<br />
verdrückten einen Imbiss aus «Maputi» (Popcorn) und «Freeze-It» (Wasserglace)<br />
oder sie lagen im Gras bis zur nächsten Vorlesung. Meistens hatten wir nur eine<br />
Mahlzeit am Tag. 2003 verloren mein Vater und Tausende anderer in einem<br />
Arbeitskampf ihre Jobs bei der Post. Man beschuldigte sie, der Oppositionspartei<br />
anzugehören, und ersetzte sie grösstenteils durch Jugendmiliz. Mein Vater<br />
hatte es 1999 geschafft, etwa 160 Kilometer von Harare entfernt ein kleines<br />
Haus zu kaufen, sodass wir immer noch ein Dach über dem Kopf hatten.<br />
Nach meinem Hochschulabschluss arbeitete ich als Werbetexter. Doch ich<br />
war enttäuscht von Simbabwe. Per Zufall traf ich einen walisi schen Dichter, der<br />
mir half, die Mittel für ein Master-Studium in Literatur in Wales zu beschaffen.<br />
Ich hielt mich durch Gespräche mit meinen Eltern und Facebook-Kontakte mit<br />
Freunden über die Ereignisse in Simbabwe auf dem Laufenden. Es gab nur<br />
schreckliche Nachrichten. 2007, nach meinem Studium, kehrte ich nach Simbabwe<br />
zurück. Ich erinnere mich, dass ich meinem Vater bei der Ankunft sagte,<br />
dass die Menschen durch den Mangel an gesunder Ernährung geschrumpft zu<br />
sein schienen. Meine Familie überlebte dank eines Webdesigners und dessen<br />
Frau, die ich in Wales kennengelernt hatte und die uns Geld schickten. Es war<br />
sinnlos, Geld auf der Bank zu haben. Um Bargeld abzuheben, musste man von<br />
ein Uhr morgens bis zur Öffnung der Bank Schlange stehen. Und dann hiess es<br />
meistens: «Heute gibt es kein Geld. Kommen Sie morgen wieder.» Ausserdem<br />
hatten die Banken ein Tageslimit. Wenn man Verkehrsmittel benutzen musste,<br />
reichte die Summe, die man abheben durfte, nicht aus, um am nächsten Tag<br />
noch einmal die Busfahrt zur Bank zu bezahlen. Wer schlau war, beschaffte sich<br />
an Strassenecken und in Einkaufszentren Geld vom Schwarzmarkt.<br />
Die Geschäfte waren leer. Die einzigen vollen Regale waren in den Fernsehnachrichten<br />
von News @ 8 zu sehen. Für Lebensmittel musste man nach Südafrika<br />
oder Botsuana fahren. Ich bin oft nach Francistown in Botsuana ge trampt.<br />
Das dauerte zwar den ganzen Tag, aber ich konnte dort 20 Kilo Mehl oder Reis