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Geschichten aus Floras Reich - Antje Peters-Reimann - Leseprobe

>>Hier bestellen: https://www.hummelshain.eu/product-page/geschichten-aus-floras-reich Mensch und Garten verbindet schon seit Urzeiten eine besondere Beziehung: kulturell verortet war diese Beziehung schon im „Garten Eden“ und sie ist es bis in die Gegenwart. Jede Zeit bringt Gärten hervor, die gewissermaßen die Essenz ihrer jeweiligen Epoche bilden – und das ist den Menschen zu verdanken, die diese Gärten gestalten. Was tat und tut der homo sapiens nicht alles, um seiner Pflanzenleidenschaft zu frönen? „Grüne Revolutionäre“ haben in ihrer Zeit gartengestalterische oder pflanzenzüchterische Spuren hinterlassen, pflanzenbegeisterte Exzentriker und ambitionierte Laien haben Zeichen in der Gartenkultur gesetzt. Sie alle mussten – wie auch wir – lernen, dass Gärtnern eine „Schule des Lebens“ ist, die Geduld, Demut, Wissensdurst und Lernbereitschaft erfordert. Und manche Blume, mancher Baum begleitet die Menschen schon seit Anbeginn der Zeiten und ist durch die Pfl anzensymbolik tief in der Kulturgeschichte verwurzelt. Dieses Bändchen nimmt den Leser mit auf eine vergnügliche Reise in die faszinierende Welt der Gartenkultur. Aus jeder Zeile spricht eine tiefe Leidenschaft fürs Paradies im Grünen: Und dies ist ja bekanntlich ein Garten ...

>>Hier bestellen: https://www.hummelshain.eu/product-page/geschichten-aus-floras-reich

Mensch und Garten verbindet schon seit Urzeiten eine besondere Beziehung: kulturell verortet war diese Beziehung schon im „Garten Eden“ und sie ist es bis in die Gegenwart. Jede Zeit bringt Gärten hervor, die gewissermaßen die Essenz ihrer jeweiligen Epoche bilden – und das ist den Menschen zu verdanken, die diese Gärten gestalten. Was tat und tut der homo sapiens nicht alles, um seiner Pflanzenleidenschaft zu frönen? „Grüne Revolutionäre“ haben in ihrer Zeit gartengestalterische oder pflanzenzüchterische Spuren hinterlassen, pflanzenbegeisterte Exzentriker und ambitionierte Laien haben Zeichen in der Gartenkultur gesetzt. Sie alle mussten – wie auch wir – lernen, dass Gärtnern eine „Schule des Lebens“ ist, die Geduld, Demut, Wissensdurst und Lernbereitschaft erfordert. Und manche Blume, mancher Baum begleitet die Menschen schon seit Anbeginn der Zeiten und ist durch die Pfl anzensymbolik tief in der Kulturgeschichte verwurzelt. Dieses Bändchen nimmt den Leser mit auf eine vergnügliche Reise in die faszinierende Welt der Gartenkultur. Aus jeder
Zeile spricht eine tiefe Leidenschaft fürs Paradies im Grünen: Und dies ist ja bekanntlich ein Garten ...

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<strong>Antje</strong> <strong>Peters</strong>-<strong>Reimann</strong><br />

<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>Floras</strong> <strong>Reich</strong><br />

Die schönsten <strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> der Welt<br />

der Blumen und Gärten


Ein Menschheitstraum:<br />

Die Erde in einen blühenden Garten zu verwandeln.<br />

Wer Träume verwirklichen will, muss tiefer träumen<br />

und wacher sein als andere.<br />

(Karl Foerster)<br />

Der Mensch schafft Gärten, um zu verwirklichen,<br />

dauernd oder vergänglich, was ihm als eine unstillbare<br />

Sehnsucht vorschwebt, eine versagte Welt.<br />

Ein Garten ist etwas, wor<strong>aus</strong> man nur hat vertrieben werden können,<br />

denn wie sonst hätte man ihn je verlassen.<br />

(Rudolf Borchardt)


Vorwort<br />

Wohlgefühlt im Garten habe ich mich eigentlich schon immer.<br />

Doch meine wirkliche „Gartenerweckung“ hatte ich bei einer Reise an<br />

die Loire, auf der ich ganz zufällig am Schloss Villandry vorbeikam.<br />

Bei einem Blick <strong>aus</strong> einem der Schlossfenster breitete sich nur dichtester<br />

Nebel vor mir <strong>aus</strong>. Doch plötzlich lichtete sich dieser – und vor mir erstreckte<br />

sich der herrlichste Küchengarten, den ich je gesehen hatte: ein Potpourri<br />

an Farben und Formen und ein sinnliches Fest für die Augen!<br />

Damals hat mich die Leidenschaft für schöne Gärten gepackt und<br />

seitdem nicht mehr losgelassen. Und ich liebe es, als Gartenhistorikerin und<br />

Journalistin meine Leidenschaft für bekannte und unbekannte Gärten und<br />

ihre Schöpfer mit meinen Lesern und Zuhörern zu teilen! Denn es gibt für<br />

mich nichts Spannenderes als gute ‚grüne <strong>Geschichten</strong>‘. Einige der schönsten<br />

finden Sie in diesem Bändchen vereint – viel Freude beim Lesen.<br />

wünscht Ihnen Ihre <strong>Antje</strong> <strong>Peters</strong>-<strong>Reimann</strong><br />

„Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast,<br />

wird es dir an nichts fehlen.“<br />

Marcus Tullius Cicero


Zur Autorin:<br />

Die Gartenhistorikerin und Journalistin <strong>Antje</strong><br />

<strong>Peters</strong>-<strong>Reimann</strong> M.A. hat ihre Leidenschaft zum<br />

Beruf gemacht: Schon seit vielen Jahren hat sie<br />

sich der Geschichte der Gartenkunst verschrieben.<br />

In Vorträgen, Büchern und ihrem monatlichen<br />

Newsletter berichtet sie über bekannte und<br />

unbekannte Gärten und ihre Schöpfer und teilt<br />

mit ihren Zuhörern und Lesern die Welt des Gartens und ihre pflanzlichen<br />

und menschlichen „Bewohner“. Bereits ihr erstes Buch wurde mit<br />

dem Deutschen Gartenbuchpreis <strong>aus</strong>gezeichnet.<br />

<strong>Antje</strong> <strong>Peters</strong>-<strong>Reimann</strong><br />

<strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> <strong>Floras</strong> <strong>Reich</strong><br />

Die schönsten <strong>Geschichten</strong> <strong>aus</strong> der Welt<br />

der Blumen und Gärten<br />

Der Nachdruck, auch <strong>aus</strong>zugsweise, sowie die Verbreitung durch Film, Funk,<br />

Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und<br />

Datenverarbeitungssysteme ist <strong>aus</strong>drücklich nur nach vorheriger schriftlicher<br />

Genehmigung durch den Hummelshain Verlag gestattet.<br />

©2021 Hummelshain Verlag, Essen<br />

ISBN: 978-3-943322-31-6<br />

Gestaltung: Susanne Rettich, nordis.biz<br />

Umschlagbild: Flora, Bartolomeo Veneto


Inhalt<br />

Garten und Kunst<br />

10 Fabergé und die Blumeneier<br />

12 Der Tulpenwahn in der Kunst<br />

14 Der verlorene Palmenpalast auf der Pfaueninsel<br />

17 Kitsch oder Gartenkunst?<br />

20 Von wegen „Blümchenmalerei“!<br />

22 Ein Traum vom Luxus und Exotik<br />

25 Das Bild des Gärtners<br />

27 Die verlorene barocke Seite Großbritanniens<br />

30 Der Herbst steckt in einem zerborstenen Weinfass<br />

32 Die Sixtinische Kapelle der Glaskunst<br />

35 Von Gärten <strong>aus</strong> Porzellan und Zuckerwerk<br />

38 Das Ende der Welt liegt in einem Garten<br />

Skurilles und Magisches <strong>aus</strong> <strong>Floras</strong> <strong>Reich</strong><br />

42 Mit besten Grüßen vom Garteneremiten<br />

45 „… und gibt ihr alle Neumond ein neues weißes Hemdlein“<br />

48 Der Tod kam <strong>aus</strong> dem Becher<br />

50 Der Alte Fritz und seine „Kaffeeriecher“<br />

53 Schöne Augen mit der Schwindelkirsche<br />

56 Der Fluch des Witwenstaubes<br />

Nützlich, lecker, schön<br />

60 Kirschen im Januar – der Potager du Roi in Versailles<br />

64 Sicher über die Ozeane – die Erfindung der „Wardschen Kästen“<br />

67 Von Kehr<strong>aus</strong> und Hexenflug<br />

69 Die Birnen des Herrn von Ribbeck<br />

71 Der Kalif und die goldenen Früchte<br />

Von Blumen und Bäumen<br />

76 Das Amselblümeli trotzt dem Winter<br />

78 Narzissen – leuchtende Verheißung eines neuen Frühlings!<br />

81 Hütet Euch vor dem Mörderbaum!<br />

83 Der Duft der Lilie der Täler<br />

86 Die Himmelstränen der kleinen Alchemistin<br />

88 Die Blume des Zeus<br />

90 Die Kastanie der 100 Pferde<br />

93 Das Orakel der Regenblume<br />

96 Der Zauber des Herbstes<br />

98 Die Erle – wahrlich zum Fürchten<br />

101 Humboldt und der Drachenbaum<br />

Außergewöhnliche Pflanzenfreunde<br />

106 André le Nôtre – der Schöpfer der schönsten Gärten in Frankreich<br />

109 Maria Sibylla Merian und die Tulpen<br />

111 Das sonderbare Schlafzimmer des Herrn Linné<br />

113 Der Mann hinter dem Kürzel „Sieb“<br />

116 Der Urahn des modernen Gartenplans<br />

119 Die Gewächshäuser der Kreolin<br />

Buchtipp<br />

122 Karl Foerster – Eine Biografie<br />

[ 6 ]<br />

[ 7 ]


Garten und Kunst<br />

Claude Monet „Gelbe Iris“<br />

[ 8 ]<br />

[ 9 ]


Garten und Kunst<br />

Von Fabergés, „Fauxbergés“ und Juwelenblüten<br />

Sicher haben Sie schon von den so genannten Fabergé-Eiern gehört, Meisterwerken<br />

der Juwelierkunst, die in der Zeit von 1885 bis 1917 in der Werkstatt<br />

des russischen Juweliers Peter Carl Fabergé in Sankt <strong>Peters</strong>burg hergestellt<br />

wurden. Da gab es zum einen die „Prunkeier“, die der Zar jedes Jahr anlässlich<br />

des Osterfestes für seine Gemahlin in Auftrag gab. Andererseits entstanden<br />

aber auch viele weitere Fabergé-Schmuckeier, die vom Hochadel, reichen<br />

Goldminenbesitzern oder Ölmagnaten bestellt wurden, um sich dem Zaren<br />

zumindest in finanzieller Hinsicht als ebenbürtig zu präsentieren.<br />

Seit dem 17. Jahrhundert war es im russisch-orthodoxen Russland Brauch, sich<br />

anlässlich des Osterfestes drei Küsse sowie geschmückte Eier zu schenken. Je<br />

nach den finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Familien konnten dies einfache<br />

Hühnereier, Eier <strong>aus</strong> Holz, aber auch kostbarere <strong>aus</strong> Glas, Porzellan oder<br />

Metall sein. Zu Ostern des Jahres 1885 verehrte Zar Alexander III. seiner Ehefrau<br />

erstmals ein kostbares Ei <strong>aus</strong> der Werkstatt seines Hofjuweliers und begründete<br />

damit die Tradition der Fabergé-Eier. Das erste von Fabergé hergestellte Ei ahmte<br />

ein echtes Vogelei nach, wobei der „Dotter“ <strong>aus</strong> Gold gefertigt war und eine<br />

kleine Henne in sich barg, die in einem Nest <strong>aus</strong> goldenem Stroh saß.<br />

Bei zahlreichen der Eier <strong>aus</strong> der Werkstatt Fabergés spielten jedoch Blumen und<br />

verschiedenste Pflanzen eine zentrale gestalterische Rolle. Beim „Lorbeerbaum-<br />

Ei“ (1911) wurde der Eierkorpus als Laubkrone eines Lorbeerbaums gestaltet.<br />

Dreht man an einer bestimmten Stelle, kann man die Spitze der „Baumkrone“<br />

öffnen und ein kleiner mechanischer Vogel lässt zwitschernd sein Lied ertönen.<br />

Das „Rosenknospen-Ei“ (1895) verbarg die Namen gebende Knospe im Ei als<br />

aufklappbare gelbe Blüte. Beim „Madonnenlilien-Ei“ (1899) ist das eigentliche<br />

Ei eine auf einem Sockel stehende Uhr, die von einem filigranen, <strong>aus</strong> Onyx<br />

gefertigten Lilienstrauß gekrönt ist. Die Blütenstempel des Straußes sind mit<br />

kleinen Diamanten versehen, Blattwerk und Stängel bestehen <strong>aus</strong> Gold. Ganz<br />

dem Jugendstil verpflichtet zeigt sich das „Maiglöckchen-Ei“ (1898) – seine<br />

zarten Blüten waren die Lieblingsblumen der<br />

jungen Zarin und schmückten zusammen mit<br />

Perlen und Diamanten die Außenhaut der Preziose.<br />

Die zierlichen Blüten waren so beliebt,<br />

dass in Fabergés Werkstatt sogar ein ganzer<br />

Blütenkorb mit Maiglöckchen für Großherzogin<br />

Maria Pavlovna angefertigt wurde. Solche<br />

<strong>aus</strong> edlen Metallen und Juwelen hergestellte<br />

Blumenbuketts dienten dazu, an den langen<br />

dunklen russischen Wintertagen wenigstens<br />

für ein bisschen Glanz zu sorgen.<br />

Was so beliebt war wie die Eier <strong>aus</strong> dem H<strong>aus</strong>e<br />

Fabergé, war natürlich vor Nachahmung nicht<br />

sicher. Ein sowjetischer Funktionär verkaufte<br />

nach dem Ende der Fabergé-Ära die Originalwerkzeuge<br />

<strong>aus</strong> dessen Werkstatt an zwei<br />

Brüder, die in Frankreich daraufhin täuschend<br />

echte Eier im Fabergé-Stil herstellten. Weil sie<br />

mit den originalen Punzen der Fabergé-Meister<br />

versehen waren, war es nahezu unmöglich,<br />

sie vom Original zu unterscheiden. Als<br />

Fälschungen entlarvte Eier <strong>aus</strong> der Werkstatt<br />

der Brüder nennen die Franzosen seitdem<br />

„Fauxbergés“, was sich vom französischen<br />

Wort faux = falsch herleitet. Welche merkwürdigen<br />

Blüten die Kunst manchmal treibt!<br />

Abb. o.: Das Maiglöckchen-Ei von 1898<br />

zeigt sich ganz dem Jugendstil verpflichtet<br />

Abb. m.: Mit winzigen Röschen<br />

verzaubert das Rosen-Ei von 1907<br />

Abb. u.: Wie ein kleiner Lorbeerbaum<br />

zeigt sich dieses Ei <strong>aus</strong> dem Jahr 1911<br />

[<br />

10<br />

]<br />

[<br />

11<br />

]


Besonderer Beliebtheit erfreute sich einst die Tulpe<br />

„Semper Augustus“<br />

Der Tulpenwahn<br />

in der Kunst<br />

Dass die „Tulpomanie“ seit geraumer<br />

Zeit ein beliebtes Thema in<br />

der Literatur ist, dürfte spätestens<br />

seit dem Film „Tulpenfieber“ bekannt<br />

sein, der vor einigen Jahren<br />

über die Kinoleinwände flimmerte.<br />

Doch in der Malerei hat man sich<br />

des Tulpenwahns sofort angenommen,<br />

als dieser 1637 in den Niederlanden<br />

auf seinem Höhepunkt<br />

angelangt war und die in horrende<br />

Höhen gestiegenen Tulpenpreise<br />

quasi über Nacht ins Bodenlose<br />

fielen. Zahlreiche Maler haben sich<br />

künstlerisch mit dem Tulpenwahn<br />

beschäftigt – ihre Bilder erinnern<br />

als bitterböse Karikaturen an eine<br />

der ältesten Spekulationsblasen<br />

der Wirtschaftsgeschichte.<br />

Handelswerte einer Tulpenzwiebel der Sorte „Viceroy“. Und natürlich sind da<br />

die verzweifelten „äffischen“ Tulpenkäufer, die ihre eigene Gier schließlich in<br />

den Ruin getrieben hat. Eine Affenfrau verprügelt ihren Mann, der das ganze<br />

Geld der Familie für gewagte Tulpenspekulationen verschwendet und eine<br />

Schar von Wegelagerern überfällt einen Tulpenkäufer, um ihm seinen kostbaren<br />

Besitz zu entreißen.<br />

Doch warum eigentlich Affen? Affen waren in jenen Tagen jedem Zeitgenossen<br />

als Sinnbild für menschliche Gier und Dummheit geläufig. Sie boten sich<br />

von daher als Akteure für eine Abrechnung mit den Begleiterscheinungen des<br />

Tulpenfiebers geradezu an. Ein Primat, der sein ganzes Hab und Gut ans Tulpenfieber<br />

verloren hat, wird auf dem Gemälde vor den Richter gezerrt und zu<br />

guter Letzt uriniert eines der menschenähnlichen Tiere in einer Ecke von Brueghels<br />

Bild auf eine besonders teure Tulpe! Deutlicher kann man seiner Verachtung<br />

für den Tulpenwahn wohl kaum Ausdruck verleihen. Möge den heutigen<br />

„Galantophilen“, die ebenfalls astronomisch hohe Summen für besonders rare<br />

Schneeglöckchenzwiebeln <strong>aus</strong>zugeben bereit sind, ein ähnliches Szenario wie<br />

seinerzeit im 17. Jahrhundert erspart bleiben!<br />

Ein besonders schönes Beispiel dafür ist die Persiflage Jan Pieter Brueghels des<br />

Jüngeren auf die Tulpomanie, die im Haarlemer Frans-Hals-Museum zu sehen<br />

ist. In verschiedenen einzelnen Szenen sieht man unterschiedlichste, in Menschenkleider<br />

gehüllte Affen. Da sie als Käufer oder Verkäufer der begehrten<br />

Tulpenzwiebeln deutlich zu erkennen sind, entfaltet sich auf dem Gemälde<br />

der Wahnwitz des Tulpenhandels in seiner ganzen Unsäglichkeit – ebenso komische<br />

wie tragische Szenen spielen sich vor dem Auge des Betrachters ab:<br />

So sind etwa kauflustige Zwiebelspekulanten zu einem opulenten Gastmahl<br />

eingeladen, das sie bei (Kauf-)Laune halten soll. Verschiedenen Stadien des<br />

Tulpenhandels vom Schachern bei den Preisverhandlungen bis hin zum Kaufabschluss<br />

sind ebenso zu entdecken. Andere Affen wiegen die zu verkaufenden<br />

Zwiebelschätze aufs Gramm genau und eine Preisliste zeigt die aktuellen<br />

Der Tulpenwahn fand seinen Niederschlag auch in der Kunst: Jan Pieter Brueghel der Jüngere: Persiflage<br />

auf die Tulpomanie (um 1640)<br />

[ 12 ]<br />

[ 13 ]


Der verlorene Palmenpalast auf der Pfaueninsel<br />

Noch heute zieht die Pfaueninsel im Südwesten Berlins mit ihrem verträumten<br />

Flair eine große Menge von Besuchern in ihren Bann – ruhebedürftige Städter<br />

der benachbarten Metropole ebenso wie Kulturreisende <strong>aus</strong> der ganzen Welt.<br />

Wer sich dem kleinen Eiland von Potsdam her mit dem Schiff nähert, erblickt<br />

zunächst das ganz in Weiß gehaltene pittoreske Schloss, das einst Friedrich<br />

Wilhelm II. für seine Geliebte, Wilhelmine Encke, erbauen ließ. Doch das kleine<br />

Inselchen diente dem Liebespaar nur kurz als Zufluchtsort, denn der Monarch<br />

verstarb, kurz nachdem das hübsche Schlösschen fertiggestellt worden war.<br />

Intensiv nutzten jedoch sein Sohn Friedrich Wilhelm III. und dessen Gemahlin<br />

Luise die Pfaueninsel vor allem in den Sommermonaten. Allerdings soll der Königin<br />

der Aufenthalt in „der engen Pfauen-Beh<strong>aus</strong>ung, wo kein Schloss und<br />

kein Riegel vor Einbruch bewahrt, wo bekanntlich die Mauern von Papier sind“,<br />

nicht sonderlich behagt haben. Das weiße Schlösschen, aber auch noch verschiedene<br />

Staffagebauten <strong>aus</strong> der Zeit der königlichen Sommerfrische sind bis<br />

heute erhalten. Sogar eine richtige Menagerie mit exotischen Tieren gab es hier.<br />

Doch das Palmenh<strong>aus</strong>, das hier einst stand, existiert längst nicht mehr. Es wurde<br />

zwischen 1829 und 1831 nach Plänen von Friedrich Schinkel errichtet, um<br />

einer exquisiten Palmensammlung Platz zu bieten. Diese hatte das Königsh<strong>aus</strong><br />

<strong>aus</strong> privater Hand in Frankreich erworben und wollte ihr nun auf der Pfaueninsel<br />

eine neue Heimat geben. Schinkel entwickelte dafür ein optisch streng<br />

gehaltenes, fast modern anmutendes Glasgebäude von 34,50 Metern Breite<br />

und 14 Metern Höhe und 126 einheitlich gestalteten Fenstern. Von außen<br />

her schlicht, präsentierte sich dieser „Palmenpalast“ im Innern äußerst üppig.<br />

So gab es dort eine <strong>aus</strong> Bengalen stammende kleine Pagode <strong>aus</strong> Marmor, ein<br />

Goldfischbecken und Springbrunnen. Indische Architekturformen und Ornamente<br />

sollten ein fremdländisches Flair verbreiten und so den <strong>aus</strong>gestellten<br />

Pflanzen einen besonderen Rahmen bieten.<br />

Der für die Pfaueninsel zuständige Hofgärtner Gustav Adolph Fintelmann war<br />

begeistert von dem H<strong>aus</strong>, in dem „viele der schönsten Pflanzen auffallenden<br />

Wuchses der entferntesten Welttheile vereint sind. Noch gesondert davon gedeiht,<br />

wenn vom Wetter begünstigt, Reis, Zuckerrohr und die alte Papyrusstaude“.<br />

In der Mitte des Glash<strong>aus</strong>es wuchs eine üppige Fächerpalme, die so<br />

gut gedieh, dass sie bald bis ins Glasdach hinauf reichte und man dem H<strong>aus</strong><br />

ein kuppelartiges Glasdach im indischen Stil aufsetzen musste. Daneben wuchsen<br />

hier Dattel- und Sagopalmen, aber auch Litschi- und Drachenblutbäume,<br />

Bananen- und Ananasstauden, Lianen, Kaffee und verschiedene Gewürzpflanzen.<br />

Szenerien dieser ganz außergewöhnlichen Atmosphäre im Palmenh<strong>aus</strong><br />

fing der Maler Carl Blechen in Ölgemälden ein.<br />

Carl Blechen (1798-1840): Das Innere des Palmenh<strong>aus</strong>es auf der Pfaueninsel, 1832<br />

An drei Tagen der Woche war es Gästen gestattet, mit einer kleinen Fähre<br />

auf die Pfaueninsel überzusetzen und diese zu besichtigen – aber nur, wenn<br />

[ 14 ]<br />

[ 15 ]


der König nicht anwesend war. Der Besuch des Palmenh<strong>aus</strong>es war dabei eine<br />

der wichtigsten Attraktionen. Doch in der Nacht vom 18. zum 19. Mai 1880<br />

wurde das Gebäude <strong>aus</strong> ungeklärten Gründen ein Raub der Flammen und<br />

brannte mitsamt seiner kostbaren Pflanzenschätze bis auf die Grundmauern<br />

ab. Wiederaufgebaut wurde der gläserne Palast leider nie. Und wer heute<br />

noch, wie in alten Zeiten auf einer kleinen Fähre auf die bezaubernde Pfaueninsel<br />

übersetzt, wird an der Stelle des einstigen Palmenh<strong>aus</strong>es nur noch<br />

Markierungen <strong>aus</strong> Stein vorfinden. Wie gut, dass Carl Blechen einst zum<br />

Pinsel gegriffen hat, sodass wir noch heute den einstigen Zauber dieses Orts<br />

erahnen können.<br />

Kitsch oder Gartenkunst?<br />

Seit es Gärten gibt, haben die Pflanzen allein dem Menschen nicht genügt.<br />

Schon unter dem römischen Kaiser Hadrian war es üblich, die Gärten mit ungewöhnlichen<br />

Bauwerken zu verschönern. Und schon damals gab es die verrücktesten<br />

Dinge in den grünen Oasen zu sehen. Daher bezeichnet man in<br />

der Gartenkunst Bauwerke und Staffagen, die besonders exzentrisch sind oder<br />

sich durch ihre extravagante Ausführung <strong>aus</strong>zeichnen, als Follies (engl., „Narretei“).<br />

Im Gegensatz zu „normalen“ Tempeln oder Brücken, die sich harmonisch<br />

ins Gartenambiente einfügen, ist es bei den „Follies“ geradezu Absicht,<br />

durch ihre bizarre Gestalt aufzufallen.<br />

Und indem Follies häufig<br />

offensichtlich „unnütz“ sind,<br />

also keinem praktischen Zweck<br />

dienen, provozieren sie den Betrachter<br />

geradezu.<br />

Peter Ludwig Lütke: Blick auf die Pfaueninsel, 1822<br />

In den Gärten des Manierismus<br />

wurden Follies geradezu<br />

verschwenderisch eingesetzt.<br />

Da gab es Grotten und die ungewöhnlichsten<br />

Wasserspiele,<br />

aber auch durch Wasserkraft<br />

angetriebene Automaten, die Figuren<br />

bewegten oder Vogelgezwitscher<br />

und Donnergeräusche<br />

erzeugten. Für den Park der Villa<br />

Medicea in Pratolino zum Beispiel<br />

schuf der italienische Bildhauer<br />

Giovanni Bologna eine<br />

von innen begehbare, hockende<br />

Riesengestalt, die allegorisch das<br />

Gebirge des Apennins darstellt<br />

und noch heute zu sehen ist. Da<br />

viele Europäer auf ihrer „Grand<br />

Die Kolossalstatue im Park von Pratolino nach einer Zeichnung<br />

<strong>aus</strong> dem 19. Jh.<br />

[ 16 ]<br />

[ 17 ]

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