Stein 6/2021
Kunsthaus Zürich – im goldenen Schnitt
Kunsthaus Zürich – im goldenen Schnitt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
STEIN<br />
MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />
S 06 | <strong>2021</strong><br />
KUNSTHAUS ZÜRICH<br />
IM GOLDENEN<br />
SCHNITT<br />
PFLASTERN<br />
Extravagant! Ein mit<br />
vierfarbigem Betonwerkstein<br />
im Fischgrätmuster<br />
belegter Platz in<br />
Amsterdam<br />
TRAGEN & HEBEN<br />
Naturstein oder andere<br />
Lasten lassen sich mit<br />
modernen Hilfsmitteln<br />
spürbar leichter von<br />
A nach B bewegen<br />
INTEGRIEREN<br />
Was aus den Geflüchteten<br />
geworden ist, die<br />
vor sechs Jahren hierher<br />
kamen. Ein Blick ins<br />
<strong>Stein</strong>metzhandwerk
JETZT TESTEN<br />
für nur € 29,-<br />
Jetzt bestellen:<br />
3 zum Preis<br />
von 2<br />
Tel.: +49 (0) 6123/9238 225 . E-Mail: leserservice@stein-magazin.de<br />
shop.georg-media.de
03.05.21 17:40<br />
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERIN,<br />
LIEBER LESER<br />
Haben Sie auch genug von den schlechten Nachrichten?<br />
Wie wär’s damit: Die Uzin Utz Group, ein weltweit<br />
agierender Komplettanbieter für Bodensysteme<br />
mit Sitz in Ulm, hat das Jahr 2020 mit Rekordwerten abgeschlossen.<br />
Das schwäbische Familienunternehmen vermeldete<br />
trotz Corona das beste Ergebnis seiner Unternehmensgeschichte.<br />
Auch das klingt gut: Der Zentralverband Deutsches<br />
Baugewerbe (ZDB) vermeldet steigende Zahlen bei den<br />
Auszubildenden. Demnach absolvieren derzeit mit 39.100<br />
knapp 40.000 junge Menschen eine Lehre auf dem Bau, das<br />
sind 5,6 Prozent mehr als im 1. Quartal 2020. Sie werden in<br />
rund 15.000 Betrieben ausgebildet, das sind 3,3 Prozent mehr<br />
als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Auch die Impfquoten<br />
nehmen Fahrt auf. Mitte April waren immerhin bereits<br />
über 20 Prozent der Deutschen zumindest einmal geimpft.<br />
ÄNGETASCHE<br />
STEIN Umhängetasche aus echter<br />
erfügt über ein Hauptfach mit Orgaten<br />
sowie einem flachen Einstecketragen<br />
wird sie von einem 5 cm<br />
ltergurt. Somit findet in der geräu-<br />
Tasche alles seinen Platz.<br />
9 x 13 cm<br />
5<br />
Jetzt<br />
versandkostenfrei im<br />
Online-Shop bestellen!<br />
shop.georg-media.de<br />
METZ ORDNER<br />
ung und Praxis<br />
htbare Lehrbuch für die <strong>Stein</strong>metznd<br />
den betrieblichen Alltag präsenr<br />
im praktischen Ordner mit Regisie<br />
einzeln herausgenommen werden<br />
macht ihn zum idealen Begleiter für<br />
raxis.<br />
ke (Hrsg.)<br />
ETZ<br />
otos, Zeichnungen<br />
im praktischen Ordner<br />
-<br />
Titelbild: Wolf-Dieter Gericke<br />
Magazin S 06 <strong>2021</strong><br />
Große Flächen I Materialtransport I Ökologische Verantwortung im Unternehmen<br />
stein-magazin.de<br />
S06<br />
STEIN<br />
MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />
KUNSTHAUS ZÜRICH<br />
IM GOLDENEN<br />
SCHNITT<br />
PFLASTERN<br />
Extravagant! Ein mit<br />
vierfarbigem Betonwerkstein<br />
im Fischgrätmuster<br />
belegter Platz in<br />
Amsterdam<br />
TRAGEN & HEBEN<br />
Naturstein oder andere<br />
Lasten lassen sich mit<br />
modernen Hilfsmitteln<br />
spürbar leichter von<br />
A nach B bewegen<br />
S 06 | <strong>2021</strong><br />
INTEGRIEREN<br />
Was aus den Geflüchteten<br />
geworden ist, die<br />
vor sechs Jahren hierher<br />
kamen. Ein Blick ins<br />
<strong>Stein</strong>metzhandwerk<br />
Der Erweiterungsbau des Kunsthauses<br />
Zürich ist fertig. Das renommierte Architekturbüro<br />
von David Chipperfield hat damit<br />
ein Gebäude von schlichter Schönheit<br />
geschaffen. Geprägt werden die Räume<br />
durch einen Fußboden aus Krastaler<br />
Marmor, der von der Lauster <strong>Stein</strong>bau<br />
GmbH aus Stuttgart geliefert wurde. Der<br />
grau-beige <strong>Stein</strong> harmoniert perfekt mit<br />
den Wänden aus Sichtbeton. Verschiedene<br />
Elemente aus Messing wie etwa Türen, Teile<br />
des Empfangstresens, die Beschilderung<br />
sowie Handläufe bilden glänzende Akzente<br />
in der ansonsten schlicht gehaltenen Innengestaltung.<br />
Es gibt also durchaus gute Gründe, zu hoffen, dass wir bald in<br />
einer neuen Normalität leben dürfen und dass das Handwerk<br />
möglichst heil aus der Krise kommen möge. Und wo wir schon<br />
bei den Good News sind: Eine hohe Belastbarkeit und ein<br />
langes Leben sollten Materialien mitbringen, die auf großen<br />
Flächen mit viel Publikumsverkehr verlegt werden. Wie solche<br />
Beläge aussehen können, wie sie verlegt und verfugt werden,<br />
lesen Sie ab Seite 6. Alexandra Nyseth führt uns durch ein<br />
ehemaliges Hafenviertel in Amsterdam und über den Schlossplatz<br />
in Wiesbaden. Zwei Projekte, die unterschiedlicher nicht<br />
sein könnten.<br />
Mit dem Marmorbelag des Kunsthauses in Zürich beschäftigen<br />
wir uns ab Seite 20. Lukas Lauster, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
bei der Lauster <strong>Stein</strong>bau GmbH, lässt uns im<br />
Interview daran teilhaben, wie die Wahl auf den verwendeten<br />
Karstaler Marmor fiel und wie die Zusammenarbeit mit dem<br />
Stararchitekten David Chipperfield verlaufen ist.<br />
Mit der unternehmerischen Verantwortung in Bezug auf die<br />
Umwelt beschäftigt sich Annette Mühlberger ab Seite 46.<br />
Dabei geht es auch um die Herkunft der verarbeiteten Natursteine<br />
und die Einhaltung von Sozialstandards. Unsere Expertin<br />
hat gute Nachrichten für Sie: Es sind oftmals nur wenige<br />
Schritte für ein Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit.<br />
Dazu ist spätestens seit Gretas „How dare you?“ allerhöchste<br />
Zeit. Wir brauchen schließlich künftig gute Aussichten.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre von STEIN wünscht Ihnen<br />
Ihre <strong>Stein</strong>redaktion<br />
Redaktion@stein-magazin.de<br />
S06| <strong>2021</strong> 3
S06| <strong>2021</strong> S06| <strong>2021</strong><br />
● Petrografische Familie:<br />
● Typische Farbe:<br />
● Herkunftsort:<br />
● Lieferanten:<br />
● GEOLOGIE/PETROGRAFIE<br />
Namibia Blue zählt zur Gesteinsgruppe<br />
der Plutonite. Dazu zählen Granite, Monzonite,<br />
Syenite, Gabbros und auch die<br />
oben angegebene Familie der Foidolithe.<br />
All diesen Gesteinen ist gemeinsam, dass<br />
sie sich tief im Innern der Erdkruste bildeten<br />
und über Jahrmillionen hinweg auskristallisierten.<br />
Häufig werden Foidolithe<br />
in Prospekten und Preislisten der Anbieter<br />
als Granite bezeichnet. Dies ist falsch,<br />
da im Geltungsbereich der europäischen<br />
Normen gemäß EN 12440 eine wissenschaftliche<br />
Bezeichnung der jeweiligen<br />
Gesteinsfamilien gefordert ist. Zur Klassifikation<br />
und Untergliederung der Plutonite<br />
dient hierbei das sogenannte Streckeisendiagramm<br />
für Erstarrungsgesteine<br />
gemäß EN 12670, Ziffer 3.2.1.1. Das Streckeisendiagramm<br />
hat die Form einer auf<br />
die Spitze gestellten Raute. Die Einordnung<br />
der jeweiligen Gesteinsfamilien erfolgt<br />
auf der Grundlage ihres Mineralbestandes.<br />
Die obere Spitze der Raute entspricht<br />
einem Mineralbestand von 100<br />
Prozent Quarz. Die Mittellinie der Raute<br />
entspricht einem Quarzgehalt von null<br />
Prozent. Granite befinden sich im oberen<br />
Bereich der Raute und belegen das Feld<br />
Nummer 3 (Quarzgehalt zwischen 20 und<br />
60 Prozent). Die Gesteine im unteren Bereich<br />
der Raute enthalten keinen Quarz.<br />
Zu ihren Hauptgemengeteilen zählen<br />
Feldspäte oder -spatvertreter. Foidolithe<br />
sind ganz unten in der Spitze dieser Raute<br />
angesiedelt. Sie sind also sehr weit von<br />
den Graniten entfernt. Somit würde es<br />
nie vorkommen, dass ein Foidolith der<br />
Gesteinsfamilie der Granite angehören<br />
könnte.<br />
● ARCHITEKTUR<br />
Blaue Gesteine zählen zu den teuersten<br />
Natursteinsorten weltweit. Es handelt<br />
sich beim Namibia Blue um ein Dekorgestein,<br />
das überwiegend im hochwertigen<br />
Innenausbau eingesetzt wird. Die blaue<br />
Farbe des <strong>Stein</strong>s ist auf das Mineral Sodalith<br />
zurückzuführen. Die zum Teil goldgelb<br />
anmutenden Gesteinspartien werden<br />
durch das relativ seltene, ebenfalls<br />
zu den Foiden zählende Mineral Cancrinit<br />
verursacht. Neben Sodalith ist häufig<br />
auch das Mineral Disthen für die Blaufärbung<br />
von Naturstein verantwortlich. Es<br />
kommt meist in metamorph überprägten<br />
Gesteinen wie Quarziten vor und hat im<br />
Vergleich zum Sodalith eine wesentlich<br />
höhere chemische Resistenz. Deshalb<br />
sollte man beim Namibia Blue einen direkten<br />
Kontakt mit Produkten aus dem<br />
acidischen Milieu vermeiden (möglichst<br />
umgehend reinigen). Bei starken oder<br />
anhaltenden Säureangriffen kann es zu<br />
einem verblassen der blauen Farbe (Gesteinspartien<br />
werden grau) und gegebenenfalls<br />
zu Gefügelockerungen kommen.<br />
Im Hinblick auf seine mechanische Resistenz<br />
und Verarbeitbarkeit ist dieser<br />
<strong>Stein</strong> mit Graniten vergleichbar.<br />
Dipl.-Ing. (FH) Detlev Hill<br />
www.steinkultur.eu<br />
KUNDE<br />
INHALT<br />
06<br />
Ein ganz besonderer<br />
Kick: Im ehemaligen<br />
Holzhafen „Houthavens“<br />
in Amsterdam<br />
wurde verschiedenfarbiger<br />
Betonwerkstein<br />
wie Parkett im Fischgrätmuster<br />
verlegt.<br />
--<br />
22<br />
Lebendig gemasert:<br />
Krastaler Marmor dient<br />
im Neubau des Kunsthauses<br />
Zürich in weiten<br />
Teilen als Bodenbelag.<br />
Er harmoniert hervorragend<br />
mit dem Sichtbeton<br />
an den Wänden.<br />
38<br />
Handliche Ein unter Hilfsmittel: Denkmalschutz<br />
Alltag stehender<br />
<strong>Stein</strong>-<br />
Im<br />
metzen Bunker gibt in München es immer<br />
wieder wurde schwere behutsam Lasten<br />
zu renoviert bewegen. und Sei innen es am<br />
Friedhof, mit dem auf Naturstein der<br />
externen „Fade to Baustelle Grey“ ausgelegt.<br />
der<br />
oder<br />
in Werkstatt.<br />
STEIN ONLINE<br />
STEIN – auf Facebook<br />
Wissenswertes rund um das Thema Naturstein gibt<br />
es auf facebook.com/stein.magazin<br />
STEIN – die Webseite<br />
Fachliches, Interessantes, aber auch Skurriles finden<br />
Sie auf unserer Homepage stein-magazin.de<br />
STEIN – der Newsletter<br />
Regelmäßig Neues aus der <strong>Stein</strong>-Welt, zu abonnieren<br />
auf stein-magazin.de<br />
ZUM SAMMELN<br />
Die neue STEINKUNDE<br />
In dieser Ausgabe: Namibia Blue<br />
Handelsname:<br />
NAMIBIA BLUE<br />
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
06 Modern und klassisch<br />
Betonwerkstein bringt einen Platz in die Moderne.<br />
Natursteinpflaster unterstreicht das Klassische.<br />
16 Natursteinteppich aus der Region<br />
Der Kurt-Hackenberg-Platz in Köln hat einen neuen<br />
Belag aus Bergischer Grauwacke erhalten.<br />
STEINE BEARBEITEN<br />
22 Edle <strong>Stein</strong>e für die Kunst<br />
Lukas Lauster, Mitglied der Geschäftsführung<br />
der Lauster <strong>Stein</strong>bau GmbH, im Interview.<br />
30 Sicher verlegen auch unter Zeitdruck<br />
Welche besonderen Anforderungen bei Großprojekten<br />
ans Verlegesystem gestellt werden.<br />
35 Namibia Blue<br />
Die STEINKUNDE stellt einen Naturstein<br />
aus Afrika vor.<br />
38 Keine Last mit der Last<br />
Die neuesten arbeitserleichternden Hilfsmittel<br />
für den Transport von schweren Gütern.<br />
Foidolith<br />
Blau<br />
Swartbooisdrif /<br />
Ovamboland / Namibia<br />
Marmi di Carrara /<br />
Carrara / Italien<br />
<br />
<br />
Foto: Abraxas Stone Experts / Giesen<br />
4 S06| <strong>2021</strong>
HochformatAnzeige<br />
für STEIN<br />
Füller für Seite 5 neben Inhalt -<br />
b92 x h297 + Anschnitt<br />
GARTEN+ edition<br />
LANDSCHAFT<br />
Garten und Musik<br />
Harmonien, Kontraste, Herausforderungen<br />
54<br />
Gut integriert: Seit<br />
2015 sind einige<br />
Geflüchtete auch im<br />
<strong>Stein</strong>metzhandwerk<br />
untergekommen. Sie<br />
haben dabei ganz unterschiedliche<br />
Erfahrungen<br />
gesammelt.<br />
KUNDEN GEWINNEN<br />
46 Die ökologische Verantwortung wahrnehmen<br />
Die Anforderungen von Gesetzgeber, Gesellschaft<br />
und Kunden in Bezug auf Nachhaltigkeit.<br />
CHANCEN NUTZEN<br />
54 Herkunft spielt keine Rolle<br />
Wie sich Geflüchtete in das <strong>Stein</strong>metzhandwerk inzwischen<br />
integriert haben.<br />
PANORAMA<br />
62 Der digitale Natursteinshop von Lasa Marmo<br />
64 Termine, Produkte und mehr<br />
RUBRIKEN<br />
65 Vorschau<br />
66 Impressum<br />
74 STEINLUPE: Tim Pahl, Betriebsinhaber, Meister &<br />
geprüfter Restaurator im <strong>Stein</strong>metz- und <strong>Stein</strong>bildhauerhandwerk.<br />
Garten und Musik<br />
Harmonien, Kontraste, Herausforderungen<br />
Garten und Musik – zwei Kunstrichtungen, die<br />
eng miteinander verbunden sind. Wie die Musik<br />
beruht die Gartenkunst auf Spannung durch Gegensätze,<br />
aber zugleich auch auf Harmonien und<br />
Zusammenspiel. Diese Symbiose zeigt sich auch<br />
im historischen Abriss: Im 18. und 19. Jahrhundert<br />
haben nicht nur die Malerei und die Literatur die<br />
Gestalter der Englischen Landschaftsgärten inspiriert,<br />
sondern auch die Musik. Spätestens seit dem<br />
Barock sind Freilufttheater aus den Gärten nicht<br />
mehr wegzudenken. Bis heute hat sich die Freude<br />
am Musizieren und Feiern im Grünen erhalten –<br />
und stellt die Städte vor große Herausforderungen.<br />
Sind Gärten und Parks doch zugleich Oasen der<br />
Ruhe und der Natur.<br />
Die Beiträge im Buch spannen einen weiten Bogen<br />
in diesem facettenreichen Themenfeld auf.<br />
DGGL-Themenbuch 15 |<br />
Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für<br />
Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) e.V.<br />
Garten und Musik<br />
120 Seiten, kartoniert<br />
€ 19,-‚<br />
GLEICH BESTELLEN UNTER:<br />
Tel.: +49 (0) 6123 / 92 38 - 225<br />
E-Mail: leserservice@garten-landschaft.de<br />
shop.georg-media.de<br />
S06| <strong>2021</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
MODERN UND<br />
KLASSISCH<br />
Platzgestaltungen Verschiedenfarbiger Betonwerkstein<br />
gibt dem Viertel Houthavens in Amsterdam seinen<br />
besonderen Kick, und das Natursteinpflaster aus rotem<br />
Granit des Wiesbadener Schlossplatzes erhielt eine neue<br />
Verfugung. Bei beiden Projekten spielte auch die starke<br />
Beanspruchung eines öffentlichen Platzes eine Rolle.<br />
Von Dr. Alexandra Nyseth<br />
Foto: Metten <strong>Stein</strong> + Design<br />
6 S06 | <strong>2021</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Das moderne Amsterdamer Viertel Houtshaven war früher Hafengebiet<br />
und Umschlagplatz für Holz. Heute zeichnet es sich neben<br />
seiner modernen Architektur auch durch seine extravagante<br />
Bodengestaltung aus<br />
S06 | <strong>2021</strong> 7
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
H<br />
outhavens ist eines der neuesten Viertel<br />
von Amsterdam mit viel moderner Architektur,<br />
die hauptsächlich als Bürogebäude<br />
und Hotels dient. Früher war dieses Gebiet entlang des<br />
Flusses IJ Hafengebiet, in dem Holz umgeschlagen<br />
wurde. Zwischen zwei ehemaligen Hafenbecken entstand<br />
etwa vor zwei Jahren an der Danzigerkade ein<br />
besonderer Campus. Eigentümer, Auftraggeber und<br />
Investor Heren2 ließ Hallen abreißen, den Boden sanieren<br />
und neue, moderne Gebäude errichten. Hier haben<br />
Unternehmen aller Art ihren Sitz, darunter Werbe-, Design-<br />
und Mediaagenturen sowie Modeunternehmen.<br />
Besonders ist der Campus aufgrund seiner modernen<br />
Gebäude und der extravaganten Bodengestaltung.<br />
Für den Boden ließen die<br />
Bauherren12.000 Quadratmeter<br />
Betonwerkstein in vier<br />
verschiedenen Farben und in<br />
Anlehnung an englisches<br />
Parkett im Fischgrätmuster<br />
verlegen<br />
ATTRAKTIVER AUSSENBEREICH<br />
Bei der Gestaltung des Außenbereichs legten die Investoren<br />
großen Wert auf eine hohe Aufenthaltsqualität.<br />
Sander Singor, Landschaftsdesigner des Büro Sant en<br />
Co Landschaftsarchitekten, Den Haag, der am Entwurf<br />
beteiligt war, stellte fest: „Das Gebiet ist geprägt von<br />
Beton, Platz und Wasser. Zu dieser Hafenwelt habe ich<br />
einen Kontrast geschaffen, indem ich Sanftheit und organische<br />
Formen in unseren Entwurf eingebaut habe.<br />
Das Design kombiniert Betonsteine von Metten<br />
<strong>Stein</strong>+Design in Fischgrätverlegung mit linsenförmigen,<br />
grünen Objekten, die Tropfen ähneln, wie sie zurückbleiben,<br />
wenn Wasser von einem Boden abgelaufen ist.“<br />
Warum entschieden sich die Verantwortlichen für<br />
Betonwerkstein und nicht für Naturstein? Marcel<br />
Schemkes, Leiter der niederländischen Dependance<br />
in Amsterdam von Metten <strong>Stein</strong>+Design aus dem<br />
nordrhein-westfälischen Overath, die die Betonwerksteine<br />
lieferte, erklärt dazu: „Mit Betonwerkstein sind<br />
Eigenschaften zu erreichen, die mit Naturstein nicht<br />
möglich sind: Dazu zählen Bezahlbarkeit, Farbton und<br />
Belastbarkeit des Bodenbelags. Außerdem war bei diesem<br />
Bauvorhaben vom Auftraggeber eine expressive<br />
und extravagante Gestaltung gewünscht.“<br />
Die Pflasterung wird unterbrochen<br />
von kleineren Grünflächen<br />
mit Bäumen oder<br />
Stauden und Ziergräsern, die<br />
auch zum Teil in Tropfenform<br />
angelegt sind<br />
BESONDERE BODENGESTALTUNG<br />
Es kamen zwei Varianten des <strong>Stein</strong>s zum Einsatz: Metten<br />
La Linia feingestrahlt und Boulevard Sonderfarben<br />
geschliffen. Die <strong>Stein</strong>e mit den Maßen 40 x 20 x 12<br />
Zentimeter für die 12.000 Quadratmeter große Fläche<br />
wurden in Overath bei Köln gefertigt. Betonwerkstein ist<br />
ein künstlich hergestellter <strong>Stein</strong>, der aus Zement, Wasser<br />
und diversen Zuschlagstoffen wie Kies, Sand und<br />
Split besteht. Metten <strong>Stein</strong>+Design erklärt: „Wir verwenden<br />
zur Gestaltung der Oberflächen grundsätzlich<br />
hochwertige Naturstein-Edelsplitte und Sande, die letztendlich<br />
im Zusammenspiel mit der Oberflächenbearbei-<br />
Foto: Maetten <strong>Stein</strong> + Design<br />
8 S06 | <strong>2021</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
S06 | <strong>2021</strong> 9
STEINE BEARBEITEN<br />
EDLE<br />
STEINE FÜR<br />
DIE KUNST<br />
Das Mitglied der Geschäftsführung der Lauster <strong>Stein</strong>bau<br />
GmbH, Lukas Lauster, erklärt im Interview, worauf es bei<br />
der Verlegung des Krastaler Marmors im Neubau des<br />
Kunsthauses Zürich ankam und wie die Zusammenarbeit<br />
mit den Architekten ablief<br />
Fotos: Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen<br />
22
STEINE BEARBEITEN<br />
Krastaler Marmor Mit seinem dritten<br />
Erweiterungsbau ist das Kunsthaus Zürich<br />
das größte Kunstmuseum der Schweiz. Es<br />
beheimatet Sammlungen der Klassischen<br />
Moderne und Kunst ab 1960; die offizielle<br />
Eröffnung ist für Herbst <strong>2021</strong> geplant. Das<br />
Berliner Büro des Star-Architekten David<br />
Chipperfield hat einen lichtdurchfluteten,<br />
puristisch-eleganten Neubau entworfen. Das<br />
Gebäude präsentiert sich als kompakter<br />
Kubus mit einer Fassade aus hellem Jurakalkstein.<br />
Im Innenbereich wurde der gemaserte<br />
Krastaler Marmor verwendet, der<br />
durch die Lauster <strong>Stein</strong>bau GmbH aus Stuttgart<br />
geplant, geliefert und versetzt wurde.<br />
Seitenansicht der stark geschädigten Brunnenschale<br />
mit Sicherungskonstruktion im Januar 2018<br />
Sicht auf die stark geschädigten Brunnenschale<br />
im Januar 2018<br />
Der Krastaler Marmor wurde u.a. im großen Begutachtung Eingangsbereich der geborgenen der Halle verlegt. Bruchstücke David der<br />
Chipperfield Architects suchten ein Material Brunnenschale aus, das zum im Bestand Juni 2018 passt<br />
S06| <strong>2021</strong> 23
STEINE BEARBEITEN<br />
STEIN: Herr Lauster, wie kam es zu dem Auftrag<br />
für das Kunsthaus Zürich?<br />
Lukas Lauster: Unser Unternehmen ist schon seit<br />
über 100 Jahren in der industriellen Verarbeitung<br />
von Naturstein und vor allem im Objektgeschäft<br />
tätig. Auch in der Schweiz betreuen wir immer wieder<br />
Projekte. Insgesamt betreiben wir zehn <strong>Stein</strong>brüche<br />
in Deutschland und Österreich, darunter einen<br />
im Krastal in Kärnten. Und genau für diesen Marmor<br />
hatte sich der Architekt entschieden. Seine Mitarbeiter<br />
waren auf der Suche nach einem passenden<br />
<strong>Stein</strong> auf uns gestoßen.<br />
Warum ist die Wahl für den Boden auf diesen<br />
<strong>Stein</strong> gefallen?<br />
Der Krastaler Marmor ist sehr hochwertig und lebhaft<br />
gemustert. Dem Architekten – David Chipperfield Architects<br />
Berlin – waren Lebendigkeit und Struktur des<br />
<strong>Stein</strong>s sehr wichtig. Die Anforderung an das Material<br />
war, dass der <strong>Stein</strong> im Neubau mit dem Material des<br />
Altbaus korrespondieren sollte. So war es gewollt,<br />
Die Architekten legten großen Wert auf die Lebendigkeit und<br />
Struktur des Natursteins<br />
Highlight: Die Bar ist aus einem Block geschnitten. Der Architekt<br />
Robert Westphal hat mit der Firma Lauster den Block ausgesucht<br />
dass möglichst „wild“ verlegt wird mit verschieden<br />
breiten Bahnen und sich abwechselnden Plattenformaten,<br />
damit die Struktur des <strong>Stein</strong>s gut herauskommt.<br />
Außerdem ist Krastaler Marmor formstabil,<br />
nimmt wenig Wasser auf und besitzt eine hohe Abriebsfestigkeit.<br />
Das Material ist aufgrund seiner technischen<br />
Eigenschaften hervorragend geeignet für<br />
Böden im Außen- und Innenbereich wie auch für Fassaden;<br />
er wurde z.B. auch für die Innenbereiche des<br />
Flughafens Stuttgart verwendet.<br />
Welche technischen Herausforderungen gab es?<br />
In dem großen Eingangsbereich der Halle sind die gesamte<br />
Haustechnik und die Lüftung in einem Hohlraumboden<br />
untergebracht, auf den die <strong>Stein</strong>platten<br />
verlegt werden sollten. Es musste von uns als Nachfol-<br />
Fotos: Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen<br />
24 S06 | <strong>2021</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Fotos: Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen<br />
gegewerk die Belastbarkeit und Eignung des Hohlraumbodens<br />
geprüft werden. Dafür musste der Hohlraumboden<br />
zunächst ertüchtigt werden, um die nötige Biegesteifigkeit<br />
zu erreichen. Außerdem musste das Mörtelsystem<br />
auf den zur Verfügung gestellten Untergrund<br />
(Gipsplatten) abgestimmt werden. Wir haben uns für<br />
ein Mörtelsystem der Firma Mapei entschieden,<br />
welches kristallin abbindet. Darauf wurden dann die<br />
Natursteinplatten gelegt. Eine Versiegelung der Gipslatten<br />
mit Epoxidharz kam nicht in Betracht, da Ökologie<br />
und Nachhaltigkeit zum Konzept und zu den Visionen<br />
der Architekten gehören. Dies alles musste geprüft und<br />
untersucht werden, um den hohen Anforderungen an<br />
den Belag gerecht zu werden. Verlegt wurde er in einer<br />
Plattenstärke von drei Zentimetern. Neben den technischen<br />
Herausforderungen des Bodenaufbaues war<br />
die zunächst einfach erscheinende Geometrie des<br />
Kunsthauses Zürich sehr anspruchsvoll. Bei der Planung<br />
des Fugenschnitts mussten wir jede Kante des<br />
Gebäudes berücksichtigen. Aber es hat sich gelohnt,<br />
das Ergebnis ist sehr überzeugend.<br />
Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit dem<br />
renommierten Architekturbüro, und wie passen<br />
Naturstein und moderne Architektur zusammen?<br />
Es war eine sehr intensive, aber angenehme Zusammenarbeit<br />
mit David Chipperfield Architects. Zur modernen<br />
Architektur passt Naturstein immer. Bei dem<br />
Neubau des Kunsthauses Zürich ist dies besonders<br />
wahrnehmbar. Zu den puristischen Sichtbetonwänden<br />
korrespondiert der natürliche Krastaler Marmor<br />
hervorragend.<br />
S06| <strong>2021</strong> 25
STEINE BEARBEITEN<br />
SICHER VERLEGEN<br />
AUCH UNTER<br />
ZEITDRUCK<br />
Für die Praxis Die Verlegung von Naturwerksteinen setzt<br />
Fachkenntnis voraus. Speziell bei der Realisierung von Groß- oder<br />
gewerblich genutzten Objekten kommen weitere Aspekte hinzu, die<br />
bei der Auswahl geeigneter Verlegesysteme berücksichtigt werden<br />
müssen. So stellen neben den gesteinsspezifischen Eigenschaften<br />
die objektspezifischen Gegebenheiten (wie die Art des Untergrundes,<br />
die spätere Nutzung, Termindruck) besondere Anforderungen an<br />
eine sichere und schadensfreie Verlegung.<br />
Von Claudia <strong>Stein</strong>er,<br />
Mapei-Anwendungstechnikerin im Bereich Fliese/Naturstein<br />
Foto: Mapei<br />
30 S06 | <strong>2021</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Für hohe Belastungen gut geeignet: Jura Gelb in der Halle des<br />
neuen Flughafens in Berlin-Schönefeld<br />
Fotos: Mapei<br />
Voraussetzung für eine gelungene<br />
Baumaßnahme ist die<br />
Auswahl von geeignetem Naturwerksteinmaterial<br />
unter Berücksichtigung<br />
der späteren Nutzung. In<br />
der Regel dominieren in den gewerblich<br />
genutzten Flächen Hartgesteine<br />
wie Granit, aber auch vermeintlich<br />
weiche Gesteine wie Kalkstein findet<br />
man in Großobjekten. So wurden bei<br />
der Gestaltung des neuen Flughafens<br />
in Berlin über 90 Prozent der Naturwerksteinflächen<br />
mit dem Kalkstein<br />
Jura Gelb ausgeführt. Entscheidend<br />
bei der Auswahl war, dass das Material<br />
mit seinen Druckfestigkeiten von circa<br />
150 N/mm² und einer Biegezugfestigkeit<br />
von circa 14 N/mm² an die Werte<br />
eines Granits heranreichte. Die Abriebbeständigkeit<br />
ist zwar geringer als<br />
bei einem klassischen Hartgestein,<br />
konnte aber vom Lieferanten als ausreichend<br />
widerstandsfähig gegenüber<br />
der aus der objektspezifischen Nutzung<br />
resultierenden Belastung ausgewiesen<br />
werden.<br />
Basierend auf der Gesteinsauswahl<br />
erfolgt die Wahl des Verlegemörtels<br />
unter Beachtung der objektspezifischen<br />
Nutzung. Es ist bekannt, dass je<br />
nach Mineralzusammensetzung und<br />
Genese Naturwerksteine mehr oder<br />
weniger stark zu Verfärbungen oder<br />
Verformungen neigen. Für beide Gefahrenpotenziale<br />
gilt: Je mehr Feuchtigkeit<br />
durch das Verlegesystem in die Konstruktion<br />
eingebracht wird und auf den<br />
Naturwerkstein einwirken kann, desto<br />
höher ist das Verfärbungs- und Verformungsrisiko.<br />
Ein weiterer Aspekt ist die Art und die<br />
Feuchtigkeitsempfindlichkeit des Verlegeuntergrunds.<br />
Sowohl im privaten als<br />
auch im gewerblichen Bereich sind Estriche<br />
auf Zement- oder Calciumsulfatbasis<br />
die Regel. Hierbei gilt zu beachten, dass<br />
calciumsulfatgebundene Estriche als<br />
feuchtigkeitssensibel einzustufen sind.<br />
Der Wunsch nach immer größeren Formaten<br />
führt zu einem erheblich reduzierten<br />
Fugenanteil. Dadurch kann das im<br />
verwendeten Verlegemörtel vorhandene<br />
Überschusswasser nur stark verzögert<br />
austrocknen. Dies kann bei nicht ausreichenden<br />
Schutzmaßnahmen zu einer Herabsetzung<br />
der Festigkeit in der oberen<br />
Randzone des Calciumsulfatestrichs und<br />
zum Ablösen des Belags führen und muss<br />
gemäß DIN 18157-Teil 1 bei der Wahl der<br />
Grundierung und des Verlegemörtels für<br />
die Verlegung von Platten >0,16 m² auf<br />
Calciumsulfatestrichen beachtet werden.<br />
Die Norm gibt folgende Kombinationsmöglichkeiten<br />
an:<br />
1. Wässrige Dispersionsgrundierung<br />
(z.B. Acrylat) wie Primer RA, in Kombination<br />
mit einem schnell erhärtenden<br />
und schnell trocknenden Verlegemörtel<br />
(auf Basis eines ternären Bindemittels<br />
mit Ettringitbildung), z.B.<br />
Mapestone 1.<br />
2. Reaktionsharzgrundierung, z.B. Primer<br />
MF, in Kombination mit einem normal<br />
erhärtenden Mörtel, z.B. Keraflex<br />
Maxi S1.<br />
3. Reaktionsharzgrundierung in Kombination<br />
mit einem schnell erhärtenden<br />
und schnell trocknenden Mörtel.<br />
In Bezug auf das Belagsformat gilt, dass<br />
sich durch die Abnahme des Fugenanteils<br />
mit größer werdendem Format, die<br />
Steifigkeit des Belages gegenüber seinem<br />
Verlegeuntergrund in gleichem<br />
Maße erhöht. So wachsen damit auftretende<br />
Spannungen höher an, als dies bei<br />
einem kleinformatigen Belag unter vergleichbaren<br />
Bedingungen der Fall wäre.<br />
Je nach vorhandenen Randbedingungen,<br />
wie Feldgrößen, Temperatureinwirkungen,<br />
Farbe des Belages etc. kann ein hoch<br />
kunststoffvergütetes Mörtelsystem und<br />
ggf. eine Reduzierung der Feldgrößen<br />
erforderlich sein. Ein Belag, der im Verband<br />
verlegt wird, erfährt einen weiteren<br />
versteifenden Effekt und sollte möglichst<br />
vermieden werden.<br />
Calciumsulfatestrich mit Primer MF grundiert<br />
und mit Quarzsand abgesandet<br />
Vollsatte Verlegung im Buttering-Floating-<br />
Verfahren mit Mapestone 1<br />
DÜNNBETTMÖRTELQUALITÄTEN<br />
Um die richtige Mörtelauswahl zu treffen,<br />
muss man die grundlegenden Unterschiede<br />
der verschiedenen Mörtelvarianten<br />
einschätzen können. Die<br />
europäische Norm DIN EN 12004 unterscheidet<br />
verschiedene Dünnbettmörtelqualitäten,<br />
die es Anwendern<br />
und Planern ermöglichen, die Auswahl<br />
S06| <strong>2021</strong> 31
STEINE BEARBEITEN<br />
Unersetzliches Hilfsmittel für den Friedhof: <strong>Stein</strong>metz Fabian Fath<br />
vom Grabmalbetrieb Fath in Schwetzingen – hier beim Versetzen<br />
eines Grabzeichens auf dem Plankstadter Friedhof – überlegt bereits<br />
die Anschaffung eines dritten <strong>Stein</strong>lifts, so sehr erleichtert ihm und<br />
seinen Mitarbeiten der fahrbare Kran mit Bohrlafette die Arbeit<br />
KEINE LAST<br />
MIT DER LAST<br />
Materialtransport im Betrieb und zur Baustelle <strong>Stein</strong>metze<br />
müssen ständig schwere Lasten heben und tragen? Das war einmal:<br />
In den meisten Betrieben stehen heute zahlreiche arbeitserleichternde<br />
Hilfsmittel zur Verfügung, sowohl für das Bewegen von Lasten<br />
im Betrieb als auch auf die Baustelle oder den Friedhof. Wir haben<br />
uns bei den Anbietern umgehört, was sie sich speziell für unsere<br />
Branche einfallen lassen haben.<br />
Von Michael Spohr<br />
Um eine Gefährdung oder dauerhafte<br />
Schädigung der Gesundheit<br />
von Arbeitnehmern zu verhindern,<br />
die in ihrem Beruf schwere<br />
Lasten heben und tragen müssen, hat<br />
der Gesetzgeber 1996 die „Verordnung<br />
über Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
bei der manuellen Handhabung von Lasten<br />
bei der Arbeit“ (kurz Lastenhandhabungsverordnung<br />
bzw. LasthandhabV)<br />
erlassen. Bereits seit 1981 gibt es zusätzlich<br />
die „Hettinger Tabelle“, die –<br />
abhängig von Alter, Geschlecht und der<br />
Häufigkeit des Lastenhebens – angibt,<br />
welche Gewichte am Arbeitsplatz maximal<br />
gehoben werden dürfen. In der Altersgruppe<br />
von 19 bis 45 Jahren etwa<br />
dürfen Frauen bis zu zehn Kilogramm<br />
häufig heben, Männer bis zu dreißig Kilogramm.<br />
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmedizin hat hierzu eine Broschüre<br />
mit dem Titel „Heben und Tragen<br />
ohne Schaden“ veröffentlicht, die<br />
unter folgendem Link gedownloadet<br />
werden kann: www.baua.de.<br />
Eine Möglichkeit, die Mitarbeiter zu<br />
entlasten, hatten wir in STEIN 10/2020<br />
vorgestellt: Exoskelette, tragbare pneumatisch<br />
oder motorisch betriebene<br />
Hebe- und Tragehilfen. Diese smarten<br />
Muskelkraftverstärker werden allerdings<br />
meist an nicht-stationären Arbeitsplätzen,<br />
bei Überkopfarbeiten und<br />
dort eingesetzt, wo andere Hilfsmittel<br />
nicht verfügbar sind.<br />
In den <strong>Stein</strong>metzwerkstätten sowie an<br />
der Baustelle und auf dem Friedhof<br />
indes gibt es eine Vielzahl von Kranen,<br />
Hebezeugen und Transportmitteln, die<br />
den Mitarbeitern physische Erleichterung<br />
verschaffen.<br />
DAS RÜCKGRAT DES<br />
UNTERNEHMENS STÄRKEN<br />
Fahrzeug-, Portal- und Hallenkrane in<br />
verschiedenen Ausführungen sowie diverse<br />
Hebe- und Transportmittel sind<br />
heute aus keinem <strong>Stein</strong>metzbetrieb<br />
mehr wegzudenken. Aber auch wenn<br />
die Betriebsausstattung hinsichtlich<br />
dieser Werkzeuge bei großen wie kleinen<br />
Unternehmen bereits meist umfassend<br />
ist, gibt es doch immer wieder<br />
Neuheiten, die aufhorchen lassen.<br />
An den Innovationen innerhalb einer<br />
Maschinen- oder Werkzeuggattung kann<br />
man meist auch Branchenentwicklungen<br />
ausmachen. So signalisieren derzeit<br />
38 S06 | <strong>2021</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
Foto: Michael Spohr<br />
Weiterentwicklungen bei leichten und<br />
besonders variablen Vakuumhebern die<br />
Verbreitung dünner sowie empfindlicher<br />
Keramikplatten. Und ebenso tragen<br />
neue <strong>Stein</strong>hebegeräte der fortschreitenden<br />
Entwicklung im Garten- und Landschaftsbau<br />
Rechnung.<br />
Die aus dem Glastransport stammenden<br />
Vakuumheber werden heute in den<br />
Produktionen etlicher Branchen eingesetzt<br />
und heben ebenso federleichte<br />
wie tonnenschwere Lasten. Ursprünglich<br />
für ein Einbau von Fenstern und<br />
Fassaden gedachte Geräte haben sich<br />
als ebenso geeignet für Keramikplatten<br />
erwiesen und daher Einzug in die Werkstatthallen<br />
vieler <strong>Stein</strong> verarbeitender<br />
Betriebe gehalten. Zudem leisten sie<br />
wertvolle Dienste an Baustellen, bei<br />
denen große Platten an Wänden und<br />
Fassaden verlegt oder auf Küchenblöcke<br />
gelegt werden müssen.<br />
Der neue netzunabhängige und intuitiv<br />
bedienbare Aero-Cube etwa hebt bei<br />
einem Eigengewicht von nur 20 Kilogramm<br />
bis zu 250 Kilogramm schwere<br />
Lasten, wobei das Vakuum auch bei<br />
Oberflächen mit Rillen, Aussparungen<br />
und rauen Oberflächen funktioniert.<br />
Neben Batterie und Pumpe, die ihn netzunabhängig<br />
machen, sowie den austauschbaren<br />
Saugplatten unterscheidet<br />
sich der kleinste Heber von Aero-Lift<br />
Vakuumtechnik vom Wettbewerb auch<br />
durch zwei integrierte Kranösen, mithilfe<br />
derer er horizontale und vertikale<br />
Lasten bewegen kann. Ein weiterer Vorteil<br />
ist, dass er an die vorhandenen Anbindungsmöglichkeiten<br />
wie Stapler und<br />
Kräne „angedockt“ werden kann.<br />
STEIN stellt folgende Firmen vor:<br />
1. Aero-Lift Vakuumtechnik GmbH,<br />
Geislingen-Binsdorf<br />
www.aero-lift.de<br />
2. Arpo Artur Pokroppa GmbH & Co.KG,<br />
Wuppertal<br />
www.arpo-online.de<br />
3. Hans Gerhart Transporttechnik GmbH,<br />
Brombach<br />
www.transporttechnik.com<br />
4. J. König GmbH & Co.,<br />
Karlsruhe (mit Manzelli, Italien)<br />
www.j-koenig.de<br />
5. L. Hietel GmbH & Co. KG,<br />
Dillenburg (mit righetti, Italien, und<br />
Maxilift, Schweiz)<br />
www.hietel.com<br />
6. Mach Machinery, Deisslingen<br />
www.mach-shop.de<br />
7. Probst GmbH, Erdmannhausen,<br />
www.probst-handling.com<br />
S06 | <strong>2021</strong> 39