NORDLICHTER - Kultursommer RLP 2021
Die Broschüre zum Motto: „Kompass Europa: Nordlichter“: mit launigen Texten über die acht nordischen Länder, deren Kunst und Kultur wir in diesem Sommer näher kennen lernen wollen – und mit rund 50 konkreten Beispielen aus dem Kultursommer-Programm 2021.
Die Broschüre zum Motto: „Kompass Europa: Nordlichter“: mit launigen Texten über die acht nordischen Länder, deren Kunst und Kultur wir in diesem Sommer näher kennen lernen wollen – und mit rund 50 konkreten Beispielen aus dem Kultursommer-Programm 2021.
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<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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2<br />
KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
KOMPASS<br />
EUROPA:<br />
NORD<br />
LICHTER
2<br />
VORWORT<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
HERZLICH<br />
WILLKOMMEN<br />
Sehr geehrte Herren und Damen,<br />
das Motto des 30. <strong>Kultursommer</strong>s Rheinland-Pfalz<br />
lautet „Kompass Europa: Nordlichter“, nachdem nur ein Teil des<br />
für 2020 geplanten Programms zum gleichen Motto realisiert<br />
werden konnte. Es soll dazu anregen, Kunst und Kultur, aber auch<br />
die Lebensart der Länder Nordeuropas besser kennenzulernen.<br />
Bis November widmen sich Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz<br />
diesem Motto, bei denen wir – neben großen Namen und Klassikern<br />
– viele bei uns (noch) weniger bekannte Künstler und<br />
Künstlerinnen entdecken können. Ich bin glücklich über das großartige<br />
Programm. Die letzten Monate haben deutlich gemacht,<br />
dass unsere Gesellschaft gerade in der Krise die Kunst und die<br />
Kultur braucht. Unsere Künstler und Künstlerinnen sind in besonderer<br />
Weise von der Pandemie betroffen und daher freue ich<br />
mich umso mehr auf einen hoffentlich unbeschwerten <strong>Kultursommer</strong>.<br />
„In Vielfalt geeint“ ist das Motto der Europäischen<br />
Union. Und diese Vielfalt lässt sich auch im Norden Europas<br />
feststellen. Mit Vielem bereichern die nordeuropäischen Staaten<br />
das europäische Kulturerbe, geben Impulse oder sind Vorbilder<br />
für uns andere Europäer.<br />
Auch in diesem Sommer ist es nicht leicht, ein Programm,<br />
zudem auch noch mit Gästen aus den nordeuropäischen<br />
Ländern, zu planen und durchzuführen. Dennoch hat unsere<br />
Kulturszene wunderbare Projektideen für uns Bürger und<br />
Bürgerinnen und die Gäste von Rheinland-Pfalz entwickelt. Dafür<br />
danke ich von Herzen. Eine Auswahl an Veranstaltungen aus<br />
dem Programm des <strong>Kultursommer</strong>s <strong>2021</strong> finden Sie hier.
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
VORWORT<br />
3<br />
Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen Lust machen,<br />
die Kultur Skandinaviens und des Baltikums zu entdecken.<br />
Acht Texte verschiedener Autoren und Autorinnen beleuchten<br />
Lebensart, Kultur und nationale Besonderheiten von Norwegen,<br />
Dänemark, Schweden, Finnland, Island, Estland, Lettland und<br />
Litauen. Die Illustrationen sind inspiriert von den farbenfrohen<br />
Mustern, die sich in traditionellen Trachten und modernem Design<br />
der skandinavischen und baltischen Länder finden.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Blättern!<br />
Ihre<br />
Ministerpräsidentin<br />
Vorsitzende der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
4<br />
NORWEGEN<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
NORWEGEN<br />
Wie klingt ein Fjord?<br />
Was ist da oben bloß los, fragte ein deutscher Musikjournalist<br />
etwas ratlos und meinte damit den „weltweit staunend<br />
bewunderten norwegischen Kreativitäts-Whirlpool“, von dem ein<br />
anderer schwärmte. Das bezog sich nicht auf die ewig gut gelaunte<br />
Wencke Myhre der sechziger Jahre und auch nicht auf die<br />
äußerst erfolgreiche Popgruppe a-ha der Mittachtziger.<br />
Sie dachten eher an Jan Garbarek und seine Saxofonimprovisationen,<br />
den Trompeter Nils Petter Molvær und den<br />
Pianisten Ketil Bjørnstad. Später kamen Eivind Aarset, Bugge<br />
Wesseltoft oder Jarle Bernhoft hinzu, außerdem scheint das Land<br />
einen unversiegbaren Vorrat an bemerkenswerten Sängerinnen<br />
zu haben: auf Kari Bremnes folgten Silje Nergaard, Sidsel Endresen,<br />
Tone Damli, Kristin Asbjørnson.<br />
Immer wieder tauchen Zungenbrechernamen auf, denen<br />
sich die deutsche Kulturkritik tapfer stellt. Das Vokal- und Konsonantenchaos<br />
Röksopp war einem Rezensenten der Frankfurter<br />
Rundschau aber doch zu unübersichtlich. Er besprach ein Konzert<br />
von Röyskopp (Röyskopp wie Döskopp). Diese Röyksopp-Jungs,<br />
von ihrer Agentur als „die norwegischen Götter elektronischer<br />
Musik“ bejuchzt, konnten einen bemerkenswerten Coup landen:<br />
Sie bekamen vom staatlichen Fernsehsender NRKı den Auftrag,<br />
für alle Nachrichtensendungen neue Intromusiken zu schreiben<br />
und einzuspielen. Stellen Sie sich einen neuen Tagesschau-<br />
Jingle von Rammstein vor.<br />
Zurück zu der Frage, was da oben musikalisch los ist.<br />
Vielleicht erkennen sich norwegische Musiker in dem Stoßseufzer<br />
des isländischen Schriftstellers und Musikers Sjón wieder: „Als<br />
ich jung war, passierte in Island nicht viel, wollte man etwas erleben,<br />
musste man selbst dafür sorgen.“ Nils Petter Molvær,
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
NORWEGEN<br />
5<br />
ein Avantgardist des norwegischen Jazz, meinte, die Musiker<br />
in Norwegen seien „eine kleine Gruppe, deren Mitglieder sehr<br />
offen miteinander umgehen. Unsere Zusammenarbeit ist deshalb<br />
sehr transparent und ohne Konkurrenzgehabe.“ Die Szene<br />
ist klein, Talente fallen eher auf, und bekommen bessere Chancen<br />
als anderswo. Besonders dicht ist diese Szene im Westküstenmetropölchen<br />
Bergen, das als eines der europäischen Popzentren<br />
gilt. Kings of Convenience, die von dort kommen, haben die Popmusik<br />
dermaßen entschleunigt, dass der Brigitte eine Erklärung<br />
einfiel, die ziemlich gut zu einer Frauenzeitschrift mit Rezeptteil<br />
passt: „Irgendwas müssen sie den Norwegern ins Essen tun.“<br />
Ein Kritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung konnte<br />
bei deren CD Quiet Is The New Loud die Sprache nicht mehr halten:<br />
„Über dieser Musik liegt die wärmende Dunkelheit nordischer<br />
Frostnächte.“ Gern wird auch behauptet, dass Interpreten<br />
und Musik ein bisschen melancholisch seien, mit einer Wahrscheinlichkeit<br />
von 88 Prozent fällt in Rezensionen der norwegischen<br />
Jazz- und Popszene das Wort Fjord, wie in Fjordpop oder<br />
der Sound vom Fjord. (…)<br />
Doch wirklichen Weltruhm haben die Norweger mit einer<br />
ganz anderen Musikgattung erlangt: Black Metal, vom Duden<br />
definiert als „Subkultur und Variante des Heavy Metal mit oft<br />
nationalistischen, satanistischen oder rassistischen Texten.“ Seit<br />
den Neunzigerjahren ist aus dieser dreckigen, lauten, rotzigen<br />
Subkultur ein hochgeachteter Exportartikel geworden. Ein Journalist<br />
mokierte sich über die „sinfonisch angedickte Wald-und-<br />
Tundra-Ästhetik des norwegischen Black Metal“, ein anderer beschrieb<br />
– selbst leicht röchelnd – den Gesang als „grunzende<br />
Zombie-Apokalypse, ein endzeitliches Ächzen und Krächzen, ein<br />
tödliches Röhren und Röcheln (…), ein Fauchen, gegen das sich<br />
Godzilla anhört wie Rotkäppchen auf dem Weg zur Großmutter“.<br />
Wenn Sie hören wollen, wie Rotkäppchen auf dem Waldweg<br />
wirklich geklungen haben mag, empfehle ich die wunderbare<br />
Susanne Sundfør (die übrigens auch mit Röyksopp auftritt) oder<br />
die junge Sigrid.<br />
Aber wissen Sie, was komisch ist? Egal, was man über<br />
die beiden liest, es geht immer um ihren Gesang. Weit und breit<br />
keine wärmende Dunkelheit nordischer Frostnächte.<br />
© Ebba D. Drolshagen: „Gebrauchsanweisung für Norwegen“<br />
2007 Piper Verlag GmbH, München
6<br />
KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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DÄNEMARK<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
DÄNEMARK<br />
Hygge: Im Bootcamp des<br />
guten Lebens<br />
Es beginnt, wo so vieles in Dänemark endet: im Ferienhaus.<br />
(…) Darin wohne ich, und so beginnt nun das Problem: Ich<br />
will lernen, es mir gemütlich zu machen. Darum bin ich hier, auf<br />
dieser Insel, in Süddänemark.<br />
Allein bin ich damit nicht. Recht besehen will zurzeit<br />
die halbe Welt von Dänemark lernen, wie man es sich gemütlich<br />
macht. Wie das geht: das Echte, das Wahre und Gute und Schöne;<br />
wie man das Licht richtig dimmt und die Außenwelt dämpft. Die<br />
Dänen nennen es hygge. Erst kürzlich haben sie hygge in ihren<br />
offiziellen Kulturkanon gewählt, in einem Atemzug mit der dänischen<br />
Sprache, mit Freiheit und Gleichheit und christlichem<br />
Erbe. Das amerikanische Magazin New Yorker sprach von 2016<br />
als dem „Year of hygge“, der britische Guardian vermutete sogar<br />
eine hygge-Verschwörung. Denn in den vergangenen Monaten<br />
haben etliche Bücher hygge zu einem Geisteszustand erklärt, zu<br />
einer Art geheimnisvollen Daseinsform des handfesten Glücks,<br />
erfunden im Land, das laut World Happiness Index als eines der<br />
glücklichsten auf Erden gilt. Wo man trotz des höchsten Steuersatzes<br />
nicht pausenlos über die Allüren von denen da oben<br />
motzt und sogar die Steckdosen so fröhlich gucken, als könnten<br />
sie es kaum erwarten, dass man etwas in sie hineinsteckt. Dänemark,<br />
ein Bootcamp des guten Lebens. (…)<br />
Aber hat die Menschheit außerhalb Dänemarks wirklich<br />
vergessen, dass Wollsocken für warme Füße sorgen und dass<br />
heißer Kakao im Winter glücklich macht? So was weiß doch<br />
eigentlich jeder, der einmal Kind war, denke ich und trinke ein<br />
Bier auf der Düne wie in dieser einen Werbung, weil ich selbst<br />
noch üben muss. Ich besitze nämlich kein Talent zur Gemütlichkeit.<br />
(…)
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
DÄNEMARK<br />
9<br />
In Dänemark legt man Wert darauf, dass hygge für<br />
jedermann ist. Für Könige und Knechte, für Reiche und Arme.<br />
Der Glücksforscher Meik Wiking schreibt: Es geht nicht ums<br />
Geld, sondern um den Moment. Und wenn der ein anständiges<br />
Stück Kuchen beinhaltet, knirschenden Schnee unter den Sohlen,<br />
smartphonelose Zeit und Wein und Essen, bis einem die<br />
Wolldecke auf den Kopf fällt, dann hat Wiking sicherlich recht.<br />
(…)<br />
Worüber die Bücher allerdings schweigen: Langeweile.<br />
Und wie sich gereizte Langeweile anfühlt, weiß jeder, der einmal<br />
zu lange in einem Ferienhaus gesessen hat. Ich sehe aus dem<br />
Fenster, und die Dünen schrumpfen zu Sandhügeln. Ebbe und<br />
Flut nehme ich der Nordsee einen Augenblick lang sogar übel.<br />
Und habe ich den Osnabrücker SUV eben wirklich schon genauso<br />
angebrüllt wie zu Hause? Da helfen schöne Lampen nicht. Aus<br />
Langeweile kommt das Böse, hat Søren Kierkegaard einmal geschrieben.<br />
Müßiggang allerdings, das sei das wahre Gute. Und<br />
vielleicht hat der Däne Kierkegaard die erste Theorie von hygge<br />
verfasst, die obendrein viel simpler ist als alle Bücher mit drapierten<br />
Kissen und unbehandeltem Kiefernholz zusammen: „Ich<br />
nehme an, dass es des Menschen Bestimmung ist, sich zu unterhalten“,<br />
schrieb er und meinte die Momente, in denen Augenblicke<br />
sich wieder zu Zeit zusammensetzen und alles dahinfließt wie ein<br />
ewiger Pfingstsonntag auf dem Lande. (…)<br />
Am nächsten Morgen steigen wir ins Auto. Es sind noch<br />
knapp zweihundert Kilometer bis zur Grenze, hinter der hygge<br />
wieder „Gemütlichkeit“ heißt und man dabei an Eichenschrankwände<br />
denkt, an Kupferteller, den röhrenden Hirsch an der Wand<br />
und den Tatort mit Jan Josef Liefers. Hinter Flensburg drehe ich<br />
die Sitzheizung auf. Hygge ist ja das, was man draus macht.<br />
© David Hugendick, DIE ZEIT Nr. 5/2017 (gekürzt)
12<br />
SCHWEDEN<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
SCHWEDEN<br />
Gerhard Polt: Schwedischer<br />
Zuchtlachs hat nichts zu lachen<br />
Was hat die Welt den Schweden zu verdanken?<br />
GERHARD POLT:<br />
Die Schwedenwindeln, die schwedischen Gardinen<br />
und den Schwedenpunsch. Der wird allerdings kaum noch getrunken.<br />
Und die Grußformel „Wie geht's, alter Schwede?“, die<br />
ist noch relativ populär.<br />
Was können wir von Schweden lernen?<br />
POLT:<br />
Nationalstolz. Wie die Schweden ihre Fahne auf jedes Wurstbrot,<br />
auf jede Bulette, auf jede Essiggurke stecken, das hat<br />
Vorbildcharakter. Und wenn eine Salami mit einer dänischen<br />
Fahne daherkommt, ist der Schwede sofort bereit, die Fahne<br />
auszutauschen.<br />
Was ist mit der sprichwörtlichen schwedischen<br />
Toleranz?<br />
POLT:<br />
Die gibt es schon. Schweden gehört heute zur europaweiten<br />
Cappuccino-Zone. Auch eine gewisse Burgundisierung<br />
der Trinksitten hat stattgefunden.<br />
Also ist Schweden ein Land ohne Angst vor dem<br />
Fremden?<br />
POLT:<br />
Das wohl nicht. In den Augenwinkeln einiger Schweden sehe<br />
ich immer noch das Entsetzen darüber, dass ihr schönes Land<br />
nun durch eine feste Brücke mit Dänemark und dem europäischen<br />
Festland verbunden ist. Das bereitet ihnen schlaflose Nächte.
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
SCHWEDEN<br />
13<br />
Einmal im Jahr erinnert uns Schweden an das Gute im<br />
Menschen. Ist der Nobelpreis nicht eine noble Erfindung?<br />
POLT:<br />
Die Summe ist nobel.<br />
Der Preis nicht?<br />
POLT:<br />
Niemand ist wirklich vor ihm sicher. Er hat etwas Unabwendbares.<br />
Unerbittlich sucht sich jeder Preis seinen Träger. Aber<br />
die Anerkennung ist nicht flächendeckend. Ich halte es für denkbar,<br />
dass ein Friedensnobelpreisträger in einem bayerischen<br />
Bierzelt mit einem Maßkrug flachgelegt wird.<br />
Sie selbst haben mehrere Preise bekommen, darunter<br />
den „Göttinger Elch“. Die deutsche Automobilindustrie<br />
hat dem schwedischen Elch viel zu verdanken.<br />
POLT:<br />
Der Elch wird immer noch unterschätzt. Im Zuge der Globalisierung<br />
hat man schon versucht, ihn mit einem Känguru zu<br />
kreuzen. Außerdem kennt er keinen Rinderwahnsinn.<br />
Schweden gelten als die Erfinder des kalten Büfetts.<br />
Ist das nicht eine fragwürdige Leistung?<br />
POLT:<br />
Die schwedische Küche will ja nicht mit der italienischen<br />
konkurrieren. Aber der Lachs ist doch ein lustiger Kerl. Wir sagen<br />
doch nicht ohne Grund, wenn einer so richtig fröhlich ist: Der ist<br />
ein fideler Lachs.<br />
Gilt das auch für den Zuchtlachs?<br />
POLT:<br />
Nein, bestimmt nicht. Der hat nichts zu lachen.<br />
POLT:<br />
Pyttipanna...<br />
Was ist denn für Sie der vollkommene kulinarische<br />
Genuss in Schweden?<br />
... Ein Reste-Essen, in dem alles drin ist, was in der<br />
Woche übrig blieb ...<br />
POLT:<br />
Ja. Und Köttbullar med Lingon, Fleischklopse mit Preiselbeeren.<br />
Da vergisst man sogar das Knäckebrot.<br />
Quelle: Gerhard Polt über Schweden aus MERIAN,<br />
Heft 06/2001 (gekürzt)
16<br />
FINNLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
FINNLAND<br />
Besser als woanders<br />
(…) einmal im Jahr muss ich nach Finnland, weil dort<br />
vieles besser ist als woanders.<br />
Es fängt damit an, dass es sehr leer ist. Finnland ist<br />
fast genauso groß wie Deutschland, aber es gibt nur 5,5 Millionen<br />
Leute dort. Die paar Finninnen und Finnen, die es gibt, ernähren<br />
sich wie niedliche Wichtel von Beeren, Fisch, Zimtschnecken und<br />
Lakritze, dazu trinken sie irre Mengen Kaffee (manche sagen,<br />
pro Kopf den meisten weltweit, auf jeden Fall aber den meisten<br />
in Europa).<br />
Alkohol gibt es auch ein bisschen. Eine Art Nationalgetränk<br />
ist Lonkero, Grapefruitlimonade mit Gin, kann man fertig<br />
kaufen oder selber mischen, bestes Getränk. Ich versuche ab und<br />
zu ein paar Wörter Finnisch zu lernen mit einem Audiokurs, und<br />
obwohl der Kurs insgesamt sehr kurz ist und sich auf Grundlagen<br />
beschränkt, lernt man darin auch die Formulierungen „auf ex<br />
trinken“, „trinken wir noch einen“, „ich bin etwas beschwipst“,<br />
was ich bei anderen Sprachen noch nicht so gesehen habe.<br />
Finnisch ist außerdem die wohl einzige Sprache auf der Welt,<br />
die einen eigenen Begriff dafür hat, sich allein zu Hause in Unterhose<br />
zu betrinken („kalsarikänni“), denn FinnInnen ist nichts<br />
Menschliches fremd.<br />
„Nein“ heißt gesprochen „ey“, das ist für mich als Neuköllnerin<br />
recht intuitiv. Der Rest der Sprache ist hauptsächlich<br />
ein Wahnsinn aus extrem langen Wörtern, was aber dadurch<br />
wiedergutgemacht wird, dass es außerdem auch lauter Begriffe<br />
gibt, die auch so verständlich sind (hotelli, posti, wurst, halli,<br />
automaatti, kioski).<br />
Finnland gibt es als Staat noch nicht so lange, was<br />
praktisch ist, weil es dadurch in der Geschichte noch nicht so
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
FINNLAND<br />
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viele Gelegenheiten hatte, sich schlecht zu benehmen. 1906<br />
führte Finnland als erstes Land in Europa das Frauenwahlrecht<br />
ein, in allen möglichen Statistiken zur Gleichberechtigung<br />
und Bildung ist Finnland immer weit oben mit dabei. Es gibt<br />
zugegebenermaßen auch dort eine rechte Partei im Parlament,<br />
denn das komplette Paradies kriegt man dort auch nicht.<br />
Den Unterschied zwischen Deutschland und Finnland<br />
kann man wahrscheinlich beim Besuch einer öffentlichen Sauna<br />
am deutlichsten erleben. In Deutschland hängt in so ziemlich<br />
jeder öffentlichen Sauna ein Schild, das auf die Handtuchpflicht<br />
hinweist, Aufgüsse finden zu festen Uhrzeiten statt und wer<br />
eine Minute zu spät kommt, darf nicht mehr rein.<br />
Ich kenne mehrere Leute, die dick sind und sich mit<br />
ihrem Körper nie in eine deutsche Sauna trauen würden, denn<br />
Sauna in Deutschland ist immer leider auch Leistungsabgleich<br />
der bisher geleisteten Körperertüchtigung. Und Disziplin. (…)<br />
Geht man in Finnland in eine öffentliche Sauna – die<br />
dort traditionell geschlechtergetrennt ist –, sieht man Menschen<br />
in allen erdenklichen Körperformen und Zuständen. Sehr dicke,<br />
sehr dünne, alte, junge, alle entspannt, manche plaudern, manche<br />
schweigen. Während man in Deutschland eine Art staatsgefährdende<br />
Tat begeht, wenn man kein zwei Quadratmeter<br />
großes Handtuch unter sich legt, legen Finninnen oft gar kein<br />
Handtuch drunter oder nur ein kleines Gästehandtuch, auch<br />
wenn es von der Fläche her halb so groß ist wie ihr Hintern.<br />
Den Aufguss macht, wer Lust hat, sofern alle anderen einverstanden<br />
sind. Nimm das, Deutschland. (…)<br />
Ich weiß nicht, wie sie es machen, aber insgesamt ist<br />
alles menschenfreundlicher ausgelegt. Es gibt keine 1- und<br />
2-Cent-Stücke, Preise werden einfach gerundet. Es gibt die Mumins,<br />
es gibt WLAN hinter jedem Busch, es gibt Lakritzeis, es<br />
gibt einen Bidet-Duschkopf an so ziemlich jedem Klo, die Einkommen<br />
sind öffentlich, es gibt ein Wort für „er“ und „sie“. (…)<br />
Der einzige Nachteil in Finnland ist, dass alles sehr<br />
teuer ist, ähnlich teuer wie in Zürich, ein Kaffee und ein Stück<br />
Kuchen im Café können ohne Weiteres 20 Euro kosten. Die wenigen<br />
bettelnden Menschen, die es gibt, fragen dementsprechend<br />
auch nicht wie in Berlin nach ein paar Cent, sondern gleich nach<br />
drei Euro. Finanziell ist es in Finnland oft kein Spaß, aber auch<br />
da kann man sich etwas von Finnland abgucken, mentalitäts-
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FINNLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
mäßig: Es gibt ein finnisches Wort, „sisu“, das als unübersetzbar<br />
gilt und eine angeblich typische finnische Geisteshaltung<br />
beschreibt: Durchzuhalten und weiterzumachen in anscheinend<br />
ausweglosen Situationen. (…) Ich find's recht inspirierend<br />
in politischen Zeiten wie diesen. In diesem Sinne, (…) kippis<br />
(prost).<br />
© Margarete Stokowski, DER SPIEGEL, 1. Oktober 2019 (gekürzt)
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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ISLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
ISLAND<br />
Das Streiflicht<br />
Vor einigen Jahren war der isländische Vulkan Eyjafjallajökull<br />
ein gewaltiger Aufreger. Die Asche, die er im Raum<br />
verteilte, bewirkte, dass in ganz Europa Flugzeuge am Boden<br />
bleiben mussten. Wenn ein Naturereignis den Gang der Dinge so<br />
wesentlich beeinflusst, ist das immer ein Hinweis an die Menschen,<br />
wie klein sie doch in Wahrheit sind, wie man es in der<br />
Diktion des Wortes zum Sonntag formulieren würde. Dabei war<br />
der Name des Vulkans ein ähnliches Ereignis wie der Vulkanausbruch<br />
selbst. Herrlich, wie die Nachrichtensprecher vergeblich<br />
versuchten, das Wort Eyjafjallajökull auf die Reihe zu kriegen.<br />
Wunderbar die entsprechenden Passagen in Reiseportalen zum<br />
Thema Island: „Zwischen dem Mýrdalsjökull und den Gletschern<br />
Eyjafjallajökull und Tindfjallajökull befindet sich das Tal von Þórsmörk.“<br />
Es ist ein wenig erwartbar, unter dem Eindruck solcher<br />
Sätze zu sagen: Klingt wie bei Loriot. Aber klingt nun mal wie bei<br />
Loriot.<br />
Bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich<br />
überzeugen die Isländer unter anderem durch den Fußballer<br />
Kolbeinn Sigthórsson, dessen Name alle Hoffnungen des Außenseiters<br />
verdichtet. Sigthórsson möge das Siegtor schießen, und<br />
die Chance ist ja noch da. Dass der Mann mit Vornamen Kolbeinn<br />
heißt, mindert den Zauber kein bisschen. Es ist ein wenig erwartbar,<br />
unter dem Eindruck dieser Namen zu sagen: Klingt wie<br />
bei Asterix. Aber klingt nun mal wie bei Asterix. Dass man solche<br />
Vergleiche anstellt, ist im Übrigen nichts anderes als der Versuch,<br />
das Unbekannte mit dem Bekannten zu synchronisieren,<br />
um es besser zu verstehen.<br />
Dazu passt eine aktuelle Meldung der BBC, wonach<br />
die Isländer in Island selbst Maßnahmen ergreifen, um der um
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
ISLAND<br />
23<br />
sich greifenden Islandbegeisterung von Touristen Herr zu werden.<br />
So einzigartig isländische Namen sind, so einzigartig sind auch<br />
isländische Verkehrsschilder, auf denen „Óbrúadar Ár“ steht, ein<br />
Klassiker. Das Schild zeigt einen Pkw, der sich vorsichtig in ein<br />
Gewässer wagt. Ein kleiner Fluss ohne Brücke, sagt das Schild:<br />
Man braucht schon Allradantrieb, um da durchzukommen. Genauso<br />
verhält es sich, wenn das Schild mit der Aufschrift „Torleidi“<br />
in den Blick gerät. Hat nichts mit einer Abschluss-Schwäche<br />
auf dem Fußballplatz zu tun, sondern bezeichnet eine fahrbare,<br />
aber anspruchsvolle Strecke. Es gab mal die Idee, die Aufschriften<br />
in Englisch auf die Schilder zu löten, aber das wollten<br />
die Isländer nicht. Touristen und andere Gäste sehen in den<br />
Verkehrszeichen ein Souvenir, sie schrauben sie ab und nehmen<br />
sie mit und hängen sie zu Hause im Flur auf, ihnen ist es egal, ob<br />
in Island die Autos ungewarnt in flachen Gewässern versinken.<br />
Óbrúadar Ár. Die Isländer haben jetzt beschlossen, die Schilder<br />
besser zu sichern und schwerer zu machen. Ihre Sprache ist ein<br />
Schatz, man muss ihn hüten.<br />
© Das Streiflicht, Süddeutsche Zeitung, 19. Juni 2016
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KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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ESTLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
ESTLAND<br />
Willkommen<br />
in E-Land<br />
In ganz Europa erstarkt der Nationalismus. Grenzen<br />
werden geschlossen, Leitkulturen beschworen, Das-Boot-istvoll-Rhetorik<br />
dominiert. In ganz Europa? Nein, ein kleines Land im<br />
äußersten Nordosten versucht das Gegenteil: Estland, mit 1,3<br />
Millionen Einwohnern das viertkleinste Mitglied der Europäischen<br />
Union, will bis 2025 auf zehn Millionen Einwohner wachsen. Mit<br />
großen Internetkampagnen wird um Neubürger aus aller Welt<br />
geworben, Religion, Ethnie, Alter, Geschlecht egal. Was für eine<br />
schöne Utopie, im buchstäblichen Sinne des Wortes. Der Clou an<br />
dieser historisch einmaligen Anwerbeaktion ist nämlich, dass die<br />
estnischen Neubürger aus aller Welt dabei in aller Welt bleiben.<br />
Ihre neue Heimat können sie nur digital bewohnen. E-Residency<br />
nennt die estnische Regierung das Programm. Sie versteht sich<br />
damit als Avantgarde internationaler Staatspolitik im 21. Jahrhundert.<br />
Und trifft vermutlich den Nagel auf den Kopf: Welcome<br />
business, not bodies.<br />
Es gab viele Spekulationen darüber, wie die Digitalisierung<br />
das Konzept der Nationalstaaten verändern würde. Die<br />
hübscheste war jene, die davon ausging, dass der grenzenlose<br />
Raum des Netzes seine Schrankenlosigkeit auf die physische<br />
Welt übertragen würde. (…)<br />
Erlebt haben wir bislang anderes. Statt dass das Netz<br />
das Konzept der Nationalstaaten überflüssig machte, versuchen<br />
Staaten, das Internet zu nationalisieren. User in China sehen<br />
beispielsweise andere Inhalte als die in den USA, und das ist<br />
nicht technisch bedingt, sondern durch staatliche Zensur. Parallel<br />
dazu werden einzelne IT-Companies reich und mächtig wie<br />
Staaten. Facebook ist mit zwei Milliarden aktiven Nutzern quasi<br />
die größte Nation der Welt; der Umsatz mit Apple-iPhones
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
ESTLAND<br />
27<br />
übertraf im Januar das Bruttosozialprodukt der Schweiz. Seit<br />
einiger Zeit lässt sich außerdem beobachten, wie Konzerne der<br />
Industrie 4.0 in der physischen Welt Aufgaben übernehmen, die<br />
klassischerweise vom Gemeinwesen geleistet werden. So baut<br />
Airbnb in Japan Gemeindezentren, Google modernisiert in den<br />
USA die Verkehrsinfrastruktur. (…) Wenn aber IT-Firmen die Rolle<br />
von Staaten übernehmen, sollten Staaten sich dann nicht umgekehrt<br />
an den erfolgreichen Geschäftspraktiken der IT-Firmen<br />
orientieren?<br />
Die estnische Antwort lautet eindeutig ja. CAAS, Country<br />
As A Service, heißt das Konzept, mit dem Estland sich als Plattform<br />
anpreist und seine Bürger wie auch e-Bürger unverhohlen<br />
als Kunden anspricht. „We run this country like a start-up“, heißt<br />
es auf einer offiziellen Website der Regierung. (...) Ebenso wie<br />
die estnische Erfindung Skype das globale Telefongeschäft revolutioniert<br />
hat, soll e-Government das klassische Regierungsgeschäft<br />
ablösen. Klassische Regierungen sind nämlich weder<br />
effizient noch user friendly. Country As A Service macht dagegen<br />
den Kunden zum König. Je nach Bedarf und Präferenz soll der<br />
globale Bürger künftig seinen Staat „so einfach wie seinen<br />
Mobilfunkanbieter wechseln“ können. Immer schön virtuell, versteht<br />
sich. Wären die Esten nicht so wahnsinnig sympathische<br />
Menschen, man würde denken, sie wollten die Demokratie abschaffen.<br />
In Estland sieht man das selbstredend anders. Nach<br />
einer Jahrhunderte währenden Unterdrückung des Volkes durch<br />
Russen und Deutsche steht die Neuerfindung der Nation als<br />
benutzerfreundliches Dienstleistungsunternehmen am Anfang<br />
der erfolgreichen Selbstbestimmung des kleinen Landes. Der<br />
Staat begreift sich als digital by default: 99 Prozent aller staatlichen<br />
Services sind online, 900 Institutionen samt Datenbanken<br />
vernetzt, jeder Este hat eine e-ID, es gibt e-Health-Care, e-Schools<br />
und es wird online gewählt. Internetzugang ist in Estland ein<br />
verbrieftes „soziales Recht“, in allen öffentlichen Gebäuden<br />
und an vielen Landbushaltestellen gratis. Tatsächlich gibt es<br />
in keinem europäischen Land pro Kopf so viele Start-ups wie<br />
hier, und Firmen wie Skype und TransferWise haben dem Land<br />
seit der Unabhängigkeit 1991 durchaus bescheidenen Reichtum<br />
gebracht. Mit e-Residents ließe sich dieser exponentiell<br />
steigern. (…)
28<br />
ESTLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
Auch mit den UN hat Estland im Frühjahr eine Kooperation<br />
bekannt gegeben. E-Trade For All soll über die estnische<br />
digitale Plattform dafür sorgen, dass jeder Mensch, egal wo er<br />
lebt, eine Möglichkeit auf globale finanzielle Teilhabe bekommt.<br />
Das ist wichtig, Zugang zu den globalen Märkten auch für die Peripherie<br />
nur fair. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der Mensch<br />
– nennen wir ihn den klassischen Menschen aus Fleisch und Blut<br />
– jenseits seiner Kapitalisierung in diesen Konzepten keinen<br />
Platz hat.<br />
© Christiane Kühl, 20. Oktober 2017, ZEIT ONLINE (gekürzt)
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
29
30<br />
KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
31
32<br />
LETTLAND<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
LETTLAND<br />
Frau Riga muss ohne<br />
Gatten tanzen<br />
Es ist nicht Lettland, das sich in Richtung Europa bewegt,<br />
sondern es sind westeuropäische Touristen, die sich im<br />
Billigflieger auf die Reise nach Riga machen. Die Billigflüge nach<br />
Riga sind unbeabsichtigt zum Baustein eines Integrationsprozesses<br />
geworden, der sich in der realen Möglichkeit des schnellen<br />
und günstigen Reisens widerspiegelt. Die alte Frau auf der Straße<br />
in Riga in dem langen, rot karierten Rock und mit dem Hütchen<br />
auf dem Kopf dreht sich im Kreis. Immer und immer wieder, den<br />
linken Arm ausgestreckt als würde ein virtueller Gatte sie führen.<br />
(…) Passanten, selbst wenn sie eine Münze in die bereitgestellte<br />
Mütze werfen, nehmen kaum wahr, dass die Alte sich verloren<br />
im Kreis dreht, ihre Hand nach einem Tänzer ausgestreckt, der<br />
sie nicht ergreift – und vielleicht auch gar nicht mehr da ist, sie<br />
zu ergreifen.<br />
Lettland hatte über die letzten Jahrhunderte – mit einer<br />
kurzen Ausnahme zu Beginn des 20. Jahrhunderts – immer einen<br />
Gatten an der Seite, der das Land führte, Richtung und Geschwindigkeit<br />
der Tanzschritte bestimmte, auch wenn es meist<br />
Zwangsehen waren.<br />
Im Mittelalter war es der Deutsche Orden, der das Geschehen<br />
dominierte, sich allerdings nicht allein auf der Tanzfläche<br />
befand. Umgeben von machthungrigen Staaten erlebte<br />
das Baltikum seit dem 16. Jahrhundert einen ständigen Wechsel<br />
der Tanzpartner: Polen, Schweden, Dänen und natürlich Russen<br />
kämpften um die Führung, ohne der Tänzerin selbst viel Beachtung<br />
zu schenken.<br />
Es waren die Schweden, die einen relativ sanften Rhythmus<br />
im Baltikum vorgaben. Es waren Hitler und Stalin, die das<br />
baltische Mädchen so verstörten, dass es sich in seliger und
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
LETTLAND<br />
33<br />
naiver Verzweiflung dem einen um den Hals warf, kaum dass<br />
dieser den anderen vertrieben hatte.<br />
Günter Löb und Siegfried Layda machten sich 1995 in<br />
ihrem essayistischen Reiseband „Der baltische Weg“ auf die<br />
Suche nach ebendiesem. (…) Wir finden in der Altstadt den Dom<br />
sowie Petri- und Jakobikirche. In der Kleinen Schlossstraße sehen<br />
wir die drei Brüder - drei dicht beieinanderstehende Bürgerhäuser<br />
aus drei verschiedenen Jahrhunderten.<br />
Weiter ziehen wir in Richtung Freiheitsstatue, die wenig<br />
später am Ende der Fußgängerzone zu erblicken ist. Oben auf der<br />
langen Säule steht, aufrecht und gerade, eine Frau, die drei goldene<br />
Sterne in den Himmel emporreckt. Vorbei geht es aber<br />
zunächst an einer alten Bekannten: einer Frau in rot kariertem<br />
Rock, die kreiselnd tanzt und genau wie die Freiheitsstatue einfach<br />
nicht umkippen will. Weder Nazis noch Sowjets haben es<br />
gewagt, die Statue, Symbol des lettischen Stolzes, anzurühren.<br />
Wir folgen weiter der Route anno 1995, um wenig später<br />
die orthodoxe Kirche zu erblicken, ein Symbol des Zarentums<br />
und heute Stätte der Russen in Riga, die immerhin 40 Prozent<br />
der Stadtbevölkerung stellen. Wir gehen nach links in die Elisabethenstraße<br />
und stehen plötzlich inmitten von Häusern, geprägt<br />
vom Jugendstil. Die architektonischen Widersprüche existieren<br />
heute ebenso wie 1995. (…)<br />
Wir erleben in Lettland ein erstaunliches Phänomen:<br />
Es ist nicht Lettland, das sich an Europa orientiert, sondern die<br />
Europäer kommen nach Lettland. Die Post-Mallorca-Generation<br />
lebt in Riga ihre neue Leidenschaft aus: Klick und weg. (…) Flüge<br />
gibt es für 20 Euro. Riga hört sich zwar nicht exotisch an, aber<br />
auch nicht nach Langeweile. (…)<br />
Wie viel lettische Kultur kriegen die Studenten und<br />
Freelancer, die Berufseinsteiger und jungen Pärchen in Riga aber<br />
tatsächlich mit? Und wie viel Kultur bringen sie mit? (…) Für 20<br />
Euro geht es am nächsten Tag mit dem Flieger nach Hause. Zwei<br />
Tage später sind alle Reiseerinnerungen im Internet zu finden.<br />
Die Fotos bei Facebook, die Bewertung des Hostels bei hostelworld.com<br />
und die alte Frau bei YouTube.<br />
© taz – die tageszeitung, Moritz Förster, 16. Mai 2009 (gekürzt)
34<br />
KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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36<br />
LITAUEN<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
LITAUEN<br />
Baltisches<br />
Welttheater<br />
„In Wilna entweicht die Zeit durch die Tür“, schrieb im<br />
Jahre 1972 der russische Dichter Joseph Brodsky bei seinem letzten<br />
Besuch in der geliebt-verwunschenen Stadt (…). Tatsächlich<br />
laufen im einstigen Wilna, seit einem Jahrhundert unter dem<br />
Namen Vilnius Hauptstadt Litauens, Zeit und Weltgeschichte auf<br />
vertrackte Weise im Zickzack: Kaum ein Haus, kaum eine Gasse<br />
ohne Historie.<br />
Wer heute durch Vilnius streift, sollte um diese Brüche<br />
wissen, stößt man doch immer wieder auf die Spuren eines Vergangenen,<br />
das gleichzeitig die Gegenwart prägt. (...) Rund um die<br />
Philharmonie (…) befindet sich auch heute noch die Beletage<br />
der Hauptstadt, ein Ensemble aus Bürgerhäusern, Edelrestaurants,<br />
Kirchen und Klostergärten. (…) der Sowjetmuff wurde<br />
längst erfolgreich abgeschüttelt. Mit seinen internationalen<br />
Label-Shops, den urigen Bistros und den gestylten Bars ist Vilnius<br />
heute eine lebensfrohe mitteleuropäische Großstadt. (…)<br />
Auch außerhalb von Vilnius haben sich prägende historische<br />
Ereignisse abgespielt, und es zählt zur Besonderheit<br />
dieses Landes im Nordosten Europas, dass man davon in außerordentlich<br />
idyllischer Gegend erfährt. So zählt beispielsweise<br />
die wuchtige Inselburg von Trakai, westlich von Vilnius gelegen,<br />
zu den Topsehenswürdigkeiten. Litauens Nationalheld Vytautas<br />
residierte in der einzigen erhaltenen Wasserburg Osteuropas. (…)<br />
Auch in Kaunas, Litauens zweitgrößter Stadt (…), sind<br />
moderne Zivilisation und geschichtliche Abgründe nah beieinander.<br />
Obwohl es von hier bis zur Ostsee noch knapp 200 Kilometer<br />
sind, erinnert Kaunas’ Architektur an so manche Hansestadt.<br />
Das vom Anfang des 15. Jahrhunderts stammende Perkunas-Haus<br />
(…) gilt weltweit als einer der schönsten Profan-
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
LITAUEN<br />
37<br />
bauten der Backsteingotik (…).<br />
Es sind aber vor allem die in den Jahren nach der ersten<br />
Unabhängigkeit in Kaunas errichteten Art-déco- und Bauhausgebäude,<br />
die von einem frühen Boom erzählen und von den<br />
Stadtbewohnern als Beweis präsentiert werden: Seht, wie modern<br />
unser Staat einmal war und wie er sich weiterentwickelt hätte,<br />
wären weder Stalinisten noch Nazis gekommen!<br />
(…) liebevoller wird auf der Kurischen Nehrung der Vergangenheit<br />
gedacht. Der schmale Landstreifen, vom Memeler<br />
Hafen per Autofähre in wenigen Minuten zu erreichen, ist 98<br />
Kilometer lang. (…) Letztes Dorf auf litauischer Seite ist Nida, zu<br />
deutscher Zeit hieß es Nidden. (…) In Nidden hatte Thomas Mann<br />
1930 ein Ferienhaus erbauen lassen, dort verbrachte er mit<br />
seiner Familie drei Sommer und schrieb an seiner Trilogie „Joseph<br />
und seine Brüder“. (…) Heute ist man nicht nur in Nidden,<br />
sondern in ganz Litauen stolz darauf, dass sich der Literaturnobelpreisträger<br />
1930 ausgerechnet hier für eine Weile angesiedelt<br />
hatte und die abgelegene Kurische Nehrung damit<br />
weltweit bekannt machte. (…)<br />
© DIE WELT, 10. Februar 2018, Marko Martin (gekürzt)
38<br />
KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
39
40<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
MÄRZ<br />
HINWEIS:<br />
Für diese Publikation<br />
haben wir uns bemüht,<br />
die Veranstaltungsinformationen<br />
bis zum<br />
Redaktionsschluss Anfang<br />
Mai auf Richtigkeit<br />
zu prüfen. Dennoch kann<br />
diese Broschüre nur eine<br />
Momentaufnahme sein,<br />
die den Planungsstand<br />
zum Druckzeitpunkt<br />
wiedergibt. Wir bitten Sie<br />
deshalb, zusätzlich die<br />
angegebenen Veranstaltungswebsites<br />
zu besuchen,<br />
um sich über<br />
mögliche Änderungen<br />
zu informieren.<br />
JOACHIM KOESTER:<br />
„THE WAY OUT IS<br />
THE WAY IN“<br />
9. März — 27. Juni<br />
Mainz<br />
Die Kunsthalle Mainz zeigt den<br />
dänischen Konzeptkünstler, Fotografen<br />
und Filmschaffenden Joachim<br />
Koester in der bislang umfangreichsten<br />
Einzelausstellung in Deutschland.<br />
„Wahrnehmung“, „Bewusstsein“<br />
und „Vernetzungen“ sind die entscheidenden<br />
Konstanten in Joachim<br />
Koesters Denken und Schaffen.<br />
Seine Fotografien, Installationen,<br />
Video- und Soundarbeiten kommen<br />
formal sehr reduziert daher, fächern<br />
sich aber Schritt für Schritt in ihrem<br />
immensen, netzwerkhaften Bedeutungsspektrum<br />
auf. Sie erzählen<br />
von Menschen, die durch den Biss<br />
der Tarantel zu Körperbewegungen<br />
animiert werden und geradewegs<br />
in die Entrückung zu steuern scheinen,<br />
von Gottesanbeterinnen, die<br />
nahezu in ihrer Umgebung aufgehen,<br />
von Fantasiereisen, die an einen Ort<br />
aufgegebener Zukünfte führen oder<br />
von den charakteristischen Oberflächenstrukturen<br />
von Kokain- und<br />
Marihuanapartikeln, die fern der<br />
direkten menschlichen Wahrnehmung<br />
liegen. Der Gang durch Joachim<br />
Koesters Ausstellung ähnelt<br />
dem Streifzug durch vernachlässigte,<br />
verlassene oder unbekannte Ortschaften<br />
– der Psyche, des Körpers<br />
und der Stadt.<br />
KUNSTHALLE-MAINZ.DE<br />
MOTTOVERANSTALTUNGEN<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>
MÄRZ/APRIL/MAI<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
41<br />
PIPPI LANGSTRUMPF,<br />
PETTERSON UND<br />
MAMA MUH<br />
Schwedische Kinderliteratur<br />
im Figurentheater<br />
März — August<br />
Bad Kreuznach<br />
Das Museum für Puppentheater-<br />
Kultur der Stadt Bad Kreuznach<br />
widmet sich im „Nordlichter“-<strong>Kultursommer</strong><br />
ganz der schwedischen<br />
Kinderliteratur. Dazu hat das PuK auf<br />
einer Sonderausstellungsfläche von<br />
150 qm die Kultfiguren der schwedischen<br />
Kinderliteratur zusammengetragen<br />
und fantasievoll ausgestellt.<br />
Da denkt man natürlich gleich<br />
an Astrid Lindgren, die Kinder (und<br />
Erwachsene) über Jahrzehnte mit<br />
Geschichten über Charaktere wie<br />
Pippi Langstrumpf, Lotta aus der<br />
Krachmacherstraße, Detektiv Kalle<br />
Blomquist oder Michel in ihren Bann<br />
gezogen hat. Aber auch Petterson<br />
und Findus und Mama Muh sind zur<br />
Stelle. Eine Entdeckungsreise von<br />
Lönneberga bis zum Taka-Tuka-Land<br />
– und natürlich gibt es auch Live-<br />
Figurentheater mit den Heldinnen<br />
und Helden der Ausstellung.<br />
BAD-KREUZNACH.DE/PUK<br />
Henrik Pontoppidan liegen, dessen<br />
Werk für Bloch prägend war. Von dem<br />
Märchen ausgehend werden Aspekte<br />
des großen Schlüsselthemas „Glück“<br />
in Deutschland und in Dänemark mittels<br />
einer interdisziplinären Veranstaltungsreihe<br />
aufgefächert.<br />
BLOCH.DE<br />
KOMPASS EUROPA:<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
1. Mai — 3. Oktober<br />
Schönecken<br />
Der Kulturkreis Altes Amt Schönecken<br />
veranstaltet eine mehrteilige<br />
Ausstellungsreihe in vier Gebäuden<br />
seines Kunstparcours. In der großen<br />
Gemeinschaftsausstellung „Farben<br />
des Nordens“ werden 20 Kunstschaffende<br />
abstrakte Malerei und<br />
Grafik zeigen, die von der kontrastund<br />
nuancenreichen „Palette“ nordeuropäischer<br />
und speziell skandinavischer<br />
Landschaften inspiriert ist.<br />
Außerdem wird in drei Räumen der<br />
Blauen Galerie mit Malerei, Grafik<br />
und Skulptur von Viatcheslav Skorokhod<br />
und Katia Bartos der <strong>Kultursommer</strong><br />
2022 angekündigt, der sich<br />
unter dem Motto „Ostwind“ mit Osteuropa<br />
beschäftigen wird.<br />
GALERIE-DOGAN.DE<br />
PHILOSOPHIEN DES<br />
GLÜCKS IN DÄNEMARK<br />
UND DEUTSCHLAND<br />
1. Mai — 31. Oktober<br />
Ludwigshafen<br />
Das Ernst-Bloch-Zentrum beleuchtet<br />
das Märchen „Hans im Glück“ aus<br />
der Perspektive der deutschen und<br />
dänischen Kulturgeschichte. Dabei<br />
soll ein besonderes Augenmerk auf<br />
der Version des dänischen Autors<br />
20. WESTERWÄLDER<br />
LITERATURTAGE:<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
2. Mai — 19. November<br />
Was die skandinavischen Länder an<br />
Lyrik, Prosa oder Dramatik zu bieten<br />
haben, gehört seit jeher zur Weltspitze.<br />
Die Westerwälder Literaturtage<br />
<strong>2021</strong> zeigen in exemplarischer<br />
Auswahl, warum die Texte der Autor-
42<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
MAI/JUNI<br />
innen und Autoren aus jenen Ländern<br />
so magisch sind wie das Licht, unter<br />
dem sie entstehen.<br />
<strong>2021</strong> stehen einige verschobene<br />
Lesungen und Wiederholungen aus<br />
dem Vorjahr auf dem Programm der<br />
Westerwälder Literaturtage. Das gilt<br />
zum Beispiel für Mariana Leky und<br />
Hanns-Josef Ortheil sowie Arne Dahl.<br />
Ein Wiedersehen gibt es mit Christian<br />
Wirmer, Alexander Häusser und<br />
Sandra Lüpkes. Neu im Programm<br />
sind unter anderem Thomas Hettche,<br />
Kristof Magnusson, Jasmin Schreiber,<br />
Klaus-Peter Wolf, Annegret Held und<br />
Carmen Korn. Ein Schwerpunkt wird<br />
die Arktis und die Polarstern-Expedition<br />
sein: Volker Rachold, Katharina<br />
Weiss und Markus Rex kommen dafür<br />
in den Westerwald.<br />
WW-LIT.DE<br />
Seefahrer –<br />
Entdecker – Händler<br />
– Piraten<br />
16. Mai — 28. August<br />
Montabaur<br />
Der Kunstverein Montabaur beleuchtet<br />
mit einer Ausstellung im b05<br />
die Rolle der skandinavischen Völker<br />
und ihre Bedeutung für Seefahrt,<br />
Handel und vor allem Kultur. Dabei<br />
stehen in besonderer Weise die<br />
Wikinger, deren Blütezeit vom 8. bis<br />
ins 11. Jahrhundert reichte, ihr Ruf<br />
als Seefahrer, Kämpfer, Händler,<br />
Piraten und Handwerker im Mittelpunkt<br />
der Betrachtung und der<br />
künstlerischen Bearbeitung. Vieles<br />
davon ist nur in Mythen und Geschichten<br />
überliefert, beeinflusst<br />
aber Kunst, Literatur und Musik der<br />
skandinavischen Länder bis zum<br />
heutigen Tag.<br />
KUNST-KULTUR-NATUR-FORUM.DE<br />
Nordlichter im<br />
Herrenhof<br />
Mai — September<br />
Neustadt a. d. W.<br />
Das Kulturzentrum Herrenhof präsentiert<br />
skandinavische Kinderbuchhelden,<br />
sagenumwobene Mythen<br />
und Gestalten, skandinavische<br />
Autorinnen und Autoren und die<br />
Musik des Nordens. Bei den Aufführungen<br />
der Dornerei – Theater<br />
mit Puppen am 24. Mai werden die<br />
Geschichten von Mama Muh und<br />
Michel aus Lönneberga lebendig.<br />
Am 5. September stehen Dramatiker<br />
und Mythen des Nordens im Fokus:<br />
An verschiedenen Posten eines Stationentheaters<br />
werden dem Publikum<br />
unter anderem Szenen aus<br />
Henrik Ibsens dramatischem Gedicht<br />
„Peer Gynt“ geboten.<br />
HERRENHOF-MUSSBACH.DE<br />
LIBERTÉ, WIR<br />
KOMMEN!<br />
4. Juni — 29. August<br />
Bad Bergzabern und<br />
Tournee in der Pfalz<br />
Im November 1792 richten Bergzaberner<br />
Bürger den Antrag auf Aufnahme<br />
in die Französische Republik<br />
an den Nationalkonvent in Paris.<br />
Doch die Antwort aus Paris lässt fünf<br />
Monate auf sich warten. Die freien<br />
Bürgerinnen und Bürger organisieren<br />
sich selbst und so beginnen in der<br />
„Bergzaberner Republik“ erste demokratische<br />
Gehversuche in der Südpfalz.<br />
Diese regionale Geschichte<br />
über Widerstand gegen Unterdrückung<br />
und den Aufbruch in eine demokratische<br />
neue Zeit erweckt das<br />
Chawwerusch Theater auf der Bühne<br />
zum Leben. Premiere ist auf dem<br />
Schlosshof in Bad Bergzabern, genau<br />
an dem Ort, wo die Geschichte im
JUNI<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
43<br />
Jahr 1792 ihren Anfang nahm, vier<br />
Monate, bevor Mainz seinen Freiheitsfrühling<br />
erlebte.<br />
CHAWWERUSCH.DE<br />
START IN DEN<br />
30. KULTURSOMMER<br />
RHEINLAND-PFALZ<br />
5. — 6. Juni<br />
Zweibrücken<br />
In der Festhalle Zweibrücken startet<br />
der <strong>Kultursommer</strong> Rheinland-Pfalz<br />
in seine dreißigste Saison mit dem<br />
dänischen Trommelensemble Body<br />
Rhythm Factory, der Jazzsängerin<br />
Kadri Voorand und ihrem Bassisten<br />
Mihkel Mälgand aus Estland sowie<br />
dem Kabarettisten Bernd Gieseking<br />
mit Ausschnitten aus seinem Finnland-Programm.<br />
Geplant sind zwei<br />
hybride Veranstaltungen, die mit kleinem<br />
Publikum und als Stream stattfinden<br />
sollen.<br />
NORDLICHT<br />
Bilder zur Sonnenwende<br />
20. Juni — 4. Juli<br />
Bellheim<br />
Inspiriert von dem <strong>Kultursommer</strong>-<br />
Motto „Nordlichter“ lädt die Künstlergruppe<br />
bHK zu einer künstlerischen<br />
Forschungsreise ins Kunsthaus<br />
Bellheim ein. Der Künstler Mike<br />
Überall und der Komparatist Ralph<br />
Musielski setzen sich mit der nordeuropäischen<br />
Kunst und Kultur sowie<br />
den nationalkulturellen Stereotypen<br />
künstlerisch auseinander. Für<br />
die drei Räume im Kunsthaus haben<br />
sie eine zusammenhängende Ausstellungssituation<br />
geschaffen, in der<br />
unter anderem Skizzen, Materialinstallationen<br />
und ein Experimentalfilm<br />
gezeigt werden. Gerahmt wird<br />
die Ausstellung mit einer Klangperformance<br />
und einem Künstlergespräch.<br />
BUREAU-HEUCHEL-KLAG.DE<br />
ZWEIBRUECKEN.DE<br />
OPEN-AIR-SOMMER<br />
ALTENKIRCHEN<br />
11. Juni — 19. September<br />
Altenkirchen<br />
Das Kultur-/Jugendkulturbüro hat<br />
für die Verbandsgemeinde Altenkirchen<br />
von Ende Mai bis Mitte September<br />
ein abwechslungsreiches<br />
Open-Air-Sommerprogramm vorbereitet.<br />
Dabei sind zum Beispiel<br />
Torsten Sträter, Konstantin Wecker,<br />
Pippo Pollina, Carmela de Feo, Aquabella,<br />
Wladimir Kaminer, Reinhold<br />
Beckmann & Band, Ljodahått und<br />
Christian Ehring. Es werden aber<br />
auch Kinofilme gezeigt und EM-<br />
Spiele übertragen.<br />
KULTUR-FELSENKELLER.DE<br />
WALDECK<br />
LIEDERSOMMER<br />
26. Juni und 17. Juli<br />
Burg Waldeck, Dorweiler<br />
Das Liederfest auf der Burg Waldeck<br />
ist das älteste deutsche Folkfestival<br />
und die „Brutstätte“ der deutschen<br />
Liedermacher: Seit 1964 fanden hier<br />
Künstler wie Hannes Wader, Reinhard<br />
Mey, Hein & Oss Kröher, Franz<br />
Josef Degenhardt oder Hanns-Dieter<br />
Hüsch ein erstes interessiertes Publikum.<br />
Das Festival hat eine einzigartige<br />
DNA: eine Mischung aus Politik,<br />
Think-Tank, Satire und Musikalität.<br />
Anders als bisher wird das Liederfest<br />
Burg Waldeck in diesem Jahr<br />
nicht über Pfingsten stattfinden,<br />
sondern es sind zwei kleinere Konzertabende<br />
geplant. Diese sollen als
44<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
JUNI<br />
Open-Air-Veranstaltung stattfinden<br />
und zusätzlich gestreamt werden.<br />
Aus dem Norden Deutschlands reist<br />
der Comedian und Musiker Bätz an<br />
sowie die Band Luna and the Fathers,<br />
die modernen Indie-Folk mit eingängigem<br />
Pop und dem Flair klassischer<br />
Singer-Songwriter verbinden.<br />
BURG-WALDECK.DE<br />
MARIT TINGLEFF<br />
Irdene Dinge<br />
12. Juni — 31. Oktober<br />
Höhr-Grenzhausen<br />
Die norwegische Keramikkünstlerin<br />
ist in diesem Sommer mit ihren<br />
Werken zum ersten Mal in Deutschland<br />
zu sehen. Tingleff bevorzugt<br />
Rohstoffe aus ihrer Region, doch<br />
ihre größten Arbeiten waren nur mit<br />
Westerwälder Ton umsetzbar. Das<br />
Keramikmuseum Westerwald widmet<br />
ihr eine Ausstellung. Traditionelle,<br />
alltägliche Gebrauchskeramik wie<br />
Teller, Stövchen und Schüssel erhebt<br />
die Künstlerin zu kraftvollen,<br />
monumentalen Objekten. Tingleff<br />
tischt die Dinge des täglichen Lebens<br />
auf und lenkt den Blick auf<br />
das Übersehene. Ihre großformatigen<br />
Werke sind eine Hommage an<br />
die Frauen, die das gute Geschirr<br />
pflegten und bei besonderen Gelegenheiten<br />
mit Stolz präsentierten.<br />
Gleichzeitig nimmt die nordische<br />
Landschaft eine Hauptrolle in ihrem<br />
Werk ein. Mit ihrer abstrahierten<br />
Landschaftsmalerei wird die Außenwelt<br />
nach innen gebracht.<br />
KERAMIKMUSEUM.DE<br />
SÜDNORD<br />
20. Juni — 18. Juli<br />
Jockgrim<br />
SüdNord ist die Richtung, die der<br />
„Kompass Europa“ der Künstlerin<br />
Brigitte Nowatzke-Kraft für den<br />
<strong>Kultursommer</strong> <strong>2021</strong> schwerpunktmäßig<br />
vorgibt. Dabei richtet sich<br />
ihr Blick vor allem auf die landschaftlichen<br />
Strukturen der nordischen<br />
Länder. In ihrer Reihe „Nordland“<br />
zeigt sie mystische, vom Nordlicht<br />
durchdrungene Landschaften.<br />
In einer weiteren Serie von Wasserbildern<br />
thematisiert sie das ewige<br />
Kommen und Gehen dieses Elements.<br />
Elke Hennen erzählt in SüdNord vom<br />
Verhältnis zwischen Sammeln und<br />
Verwahren, über ein Archiv von Phänomenen,<br />
Wunschvorstellungen und<br />
Klischees einer Reise, die so nie<br />
stattgefunden hat. Die Ausstellung<br />
ist im Zehnthaus Jockgrim zu sehen.<br />
ZEHNTHAUS.NET<br />
BINGEN SWINGT<br />
„Northern Jazz Lights“<br />
25. — 27. Juni<br />
Bingen am Rhein<br />
Das internationale Jazzfestival BIN-<br />
GEN SWINGT feiert sein 25-jähriges<br />
Jubiläum in diesem Jahr nach<br />
und verlängert auch die Feierlichkeiten<br />
zum deutsch-dänischen<br />
Freundschaftsjahr. Unter dem Motto<br />
„Northern Jazz Lights“ richtet das<br />
Festival seinen Fokus auf den Jazz<br />
aus dem hohen Norden. Aus Dänemark<br />
werden die weltweit bekannte<br />
Vokalistin Cæcilie Norby mit den<br />
Sisters in Jazz, das Snorre Kirk Quartet,<br />
die Sängerin Claudia Campagnol<br />
sowie die FuRoJazz-Formation<br />
Matthias Heise Quadrillion anreisen.<br />
Mit Rebekka Bakken ist eine der<br />
bekanntesten Sängerinnen Norwe-
JUNI<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
45<br />
gens beim Festival zu Gast. Auch<br />
aus Norwegen kommen der Tubist<br />
und Komponist Daniel Herskedal mit<br />
seinem Trio und die Band Mosambique<br />
mit einer Mischung aus elektronischer<br />
Tanzmusik, Afrobeat, Hip-<br />
Hop und Funk. Der charismatischen<br />
Sängerin Kadri Voorand aus Estland<br />
geht der Ruf voraus, dass sie schon<br />
bald zu den hellen Jazzsternen des<br />
Nordens zählen wird. Tuija Komi vertritt<br />
ihre Heimat Finnland in Bingen.<br />
BINGEN-SWINGT.DE<br />
RHEINVOKAL<br />
25. Juni — 29. August<br />
Mittelrhein<br />
Mozart und Strauss, Bach und Piazzolla,<br />
Liszt und Rachmaninoff, die<br />
Comedian Harmonists und Carl Orff:<br />
Die Programme des Festivals Rhein-<br />
Vokal <strong>2021</strong> leben von überraschenden<br />
Paarungen. Waren diese Komponisten<br />
etwa Doppelgänger im Geiste?<br />
Dem Thema „Doppelgänger“ widmet<br />
sich auch die SWR2 Kulturnacht, und<br />
auch die SWR-Klangkörper sind wieder<br />
prominent im Programm vertreten:<br />
Unter dem dänischen Dirigenten<br />
Michael Schønwand eröffnet die<br />
Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken<br />
Kaiserslautern den Reigen<br />
der Konzerte am 25. Juni in Ingelheim.<br />
Als „Nordlicht“ tritt die norwegische<br />
Sängerin Rebekka Bakken auf der<br />
Open Air Bühne im Schlosshof Engers<br />
auf.<br />
RHEINVOKAL.DE<br />
PICKNICKS<br />
<strong>2021</strong><br />
Konzerte, Comedy, Kabarett<br />
27. Juni — 26. August<br />
Hachenburg<br />
Was gibt es im Sommer Schöneres<br />
als ein Picknick unter lauschigen<br />
Bäumen mit Familie und Freunden?<br />
Auch in diesem Jahr gibt es sie<br />
wieder: die beliebten PICKNICKs mit<br />
viel Kultur im Hachenburger Burggarten.<br />
Die Gäste erwartet Amüsantes,<br />
Musikalisches, Komisches und<br />
Verrücktes. Auf dem Programm stehen<br />
ab Sonntag, dem 27. Juni, und<br />
danach (fast) jeden Donnerstag ein<br />
Konzert mit dem bekannten Kölner<br />
Rapper Goldroger, ein Abend mit<br />
Starbugs Comedy, Kabarett mit Vera<br />
Deckers, eine Rocknacht mit Acantharia,<br />
dem Gewinner des ersten<br />
regionalen Künstlercontests, und<br />
vieles mehr. Picknick-Decken, Tische<br />
und Stühle sind vor Ort erhältlich.<br />
HACHENBURGER-KULTURZEIT.DE<br />
MITTELRHEIN MUSIK<br />
FESTIVAL<br />
1. Juli — 27. August<br />
Koblenz, Mittelrheintal<br />
und Umgebung<br />
Das Mittelrhein Musik Festival will<br />
seinem Publikum in diesem Sommer<br />
wieder Live-Konzerte an den schönsten<br />
Orten des Mittelrheintals bieten.<br />
Die Besucherinnen und Besucher<br />
können sich freuen auf den Auftritt<br />
der SWR Big Band mit den Ladies<br />
of Soul auf der Festung Ehrenbreitstein,<br />
auf Götz Alsmann mit seinem<br />
neuen Programm „LIEBE“ auf dem<br />
Jakobsberg oder Lou’s The Cool Cats<br />
mit ihrem Vintage Sound im Kurpark<br />
von Boppard-Bad Salzig. Auch<br />
Martha High, die langjährige Weg-
46<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
JUNI/JULI<br />
gefährtin von James Brown, sowie<br />
Magnus Lindgren, gemeinsam mit<br />
der Urbesetzung der Funk-Unit, treten<br />
Open Air im Rahmen von „Soul<br />
& Jazz am Schloss“ auf. Und Mario<br />
Biondi, der Superstar mit der magischen<br />
Soul-Stimme aus Italien,<br />
wird abschließend das große Finale<br />
für den Festivalsommer liefern.<br />
MITTELRHEINMUSIK.DE<br />
IMUKO<br />
<strong>2021</strong><br />
„Lichtblicke“<br />
Koblenz und weitere<br />
Spielorte am Mittelrhein<br />
2. Juli — 23. September<br />
Das Internationale Musikfestival<br />
Koblenz (IMUKO) bietet <strong>2021</strong> an<br />
den schönsten Spielstätten des<br />
Mittelrheins 13 Konzerte, von denen<br />
viele Open Air geplant sind. Das<br />
Motto des <strong>Kultursommer</strong>s Rheinland-<br />
Pfalz „Nordlichter“ wird in besonderer<br />
Weise mit Werken skandinavischer<br />
und baltischer Komponisten<br />
wie Edvard Grieg, Johan Halvorsen,<br />
Carl Nielsen, Christian Sinding, Arvo<br />
Pärt und Pēteris Vasks bedacht.<br />
Außerdem hat das Festival eine<br />
Komposition bei dem weltweit gefragten<br />
Komponisten José Elizondo<br />
in Auftrag gegeben, der unter dem<br />
Titel „Nordische Nacht“ eine Hommage<br />
an den norwegischen Poeten<br />
Henrik Ibsen geschrieben hat. Dieses<br />
Werk wird von Yury Revich, Benedict<br />
Kloeckner und Danae Dörken uraufgeführt.<br />
Nach dem Erfolg des letzten<br />
Jahres wird es außerdem ein Wiedersehen<br />
mit Benjamin Grosvenor und<br />
Hyeyoon Park auf der Freilichtbühne<br />
von Schloss Engers geben.<br />
IMUKO.DE<br />
WINE-STREET-ART<br />
FESTIVAL<br />
3. — 4. Juli<br />
Gönnheim<br />
Das Wine-Street-Art-Festival steht<br />
ganz im Zeichen des <strong>Kultursommer</strong>s<br />
– in den kommenden vier Ausgaben<br />
feiert Gönnheim die Offenheit Europas<br />
und seine kulturelle Vielfalt<br />
mit Ausstellungen, internationalen<br />
Begegnungsmöglichkeiten und vielfältigen<br />
kulturellen Angeboten. Es<br />
werden internationale Künstlerinnen<br />
und Künstler erwartet, die die<br />
Plätze und Straßen von Gönnheim<br />
mit Kunstwerken zum „Nordlichter“-<br />
Motto ausstatten.<br />
WINESTREETARTFESTIVAL.DE<br />
14. SOMMERKUNST-<br />
CAMP KUNSTREICH<br />
Spurensuche Nord<br />
9. — 11. Juli<br />
Koblenz<br />
Die „Nordlichter“ Europas bieten vielfältige<br />
Möglichkeiten der kreativen<br />
Auseinandersetzung. Das Sommer-<br />
KunstCamp Kunstreich begibt sich<br />
deshalb auf Spurensuche nach den<br />
„Nordwirkungen“ im Alltag und bietet<br />
Workshops in den Bereichen Design,<br />
Kostümbild, Illustration und Zeichnung<br />
an.<br />
Nie endende Tage im Sommer und<br />
ewig dunkle Winter prägen das Leben<br />
in den nordischen Ländern. Deshalb<br />
steht das Verhältnis von Licht und<br />
Dunkelheit im Mittelpunkt des Design-Workshops<br />
der Berliner Künstlerin<br />
Friederike Delius. Skandinavien-Kennerin<br />
und Künstlerin Erika<br />
Heiligendorff widmet sich den Gottheiten<br />
des Nordens. Die Workshopteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer<br />
können eigene Charaktere entwickeln<br />
und deren Persönlichkeiten
JULI<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
47<br />
bildlich herausarbeiten.<br />
Im Anschluss an das SommerKunst-<br />
Camp werden ausgewählte Werke in<br />
einer Ausstellung zusammengefasst<br />
und öffentlich präsentiert.<br />
JUKUWE.DE<br />
PALATIA JAZZ<br />
Jubiläum 25 Jahre<br />
„The Finest in Jazz“<br />
10. — 31. Juli<br />
verschiedene Orte<br />
in der Pfalz<br />
Palatia Jazz, das internationale Jazz-<br />
Festival in der Pfalz, hat unter dem<br />
Motto „Northern Lights“ die besten<br />
nordeuropäischen Jazzensembles zu<br />
Gast, darunter das Tingvall Trio, das<br />
Emil Brandqvist Trio, die estnische<br />
Vorzeige-Sängerin Kadri Voorand<br />
und die skandinavische Supergroup<br />
Rymden. Auch das Marius Neset<br />
Quartet, das Berliner DJ-Kollektiv<br />
Jazzanova, Nils Petter Molvær Group<br />
und Shri Sriram & Bugge Wesseltoft<br />
kann man an den Samstagen im<br />
Sommer an den wunderschönen historischen<br />
Spielorten der Pfalz live<br />
erleben.<br />
PALATIAJAZZ.DE<br />
MOSELMUSIK-<br />
FESTIVAL<br />
10. Juli — 3. Oktober<br />
verschiedene Spielorte<br />
entlang der Mosel<br />
Rund 40 verschiedene Konzertveranstaltungen<br />
laden zu Begegnungen<br />
mit Ausnahmemusikern wie Kit<br />
Armstrong oder The Tallis Scholars<br />
ein, haben Raum für Jazz und für<br />
experimentelle digitale Formate ohne<br />
Live-Musik, um in ganz besondere<br />
Orte oder Stimmungen einzutauchen.<br />
Das Moselmusikfestival bietet ebenso<br />
jungen Musikerinnen und Musikern<br />
ein Podium und hat in diesem<br />
Jahr einige völlig neue (Freiluft-)<br />
Spielstätten im Programm. Auch auf<br />
die beliebten Weinklänge müssen die<br />
Besucherinnen und Besucher nicht<br />
verzichten und mit „Hear Eyes Move<br />
– Dances with Ligeti“ wird zum Abschluss<br />
des Festivals erstmals eine<br />
zeitgenössische Tanzproduktion präsentiert.<br />
MOSELMUSIKFESTIVAL.DE<br />
NIBELUNGEN-<br />
FESTSPIELE<br />
Luther<br />
16. Juli — 1. August<br />
Worms<br />
<strong>2021</strong> steht nicht die Geschichte der<br />
Nibelungen im Zentrum der Festspiele,<br />
sondern der Reformator Martin<br />
Luther. <strong>2021</strong> jährt sich zum 500.<br />
Mal der Reichstag zu Worms.<br />
Für das Lutherjahr <strong>2021</strong> schreibt<br />
einer der profiliertesten deutschsprachigen<br />
Dramatiker ein Stück<br />
für die Nibelungen-Festspiele: Der<br />
Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss<br />
gilt nicht nur in seiner Schweizer<br />
Heimat als wichtige literarische<br />
Stimme mit enormem politischem<br />
Gewicht. So spürt er auch in LUTHER<br />
nicht nur dem Menschen Martin<br />
Luther nach, sondern vor allem der<br />
öffentlichen und der politischen<br />
Figur.<br />
NIBELUNGENFESTSPIELE.DE
48<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
JULI<br />
Horizonte<br />
16. — 18. Juli<br />
Koblenz<br />
Das Weltmusikfestival Horizonte<br />
bringt an drei Tagen wieder zahlreiche<br />
Bands auf die Bühnen auf<br />
der Festung Ehrenbreitstein. Neben<br />
traditioneller und zeitgenössischer<br />
Weltmusik gibt es speziell zum<br />
„Nordlichter“-Motto einen Finnland-<br />
Schwerpunkt: Finnische Tangokurse,<br />
Konzerte, kulinarische Spezialitäten<br />
und eine Ausstellung der finnischen<br />
Tanzkultur der 60er und 70er Jahre<br />
sind geplant.<br />
HORIZONTE-FESTIVAL.DE<br />
EIN VOLKSFEIND<br />
August —September<br />
Trier<br />
Frosch Kultur Trier zeigt den großen<br />
Klassiker des norwegischen Dramatikers<br />
Henrik Ibsen als Filmadaption.<br />
„Ein Volksfeind“ ist gerade heute<br />
hochaktuell, denn die Frage nach<br />
Wahrheit beschäftigt uns heute mehr<br />
denn je: Fake-News kontra Wissenschaft<br />
— wer kann es noch unterscheiden?<br />
Ist das Wasser in Dr.<br />
Stockmanns Heimatstadt vergiftet<br />
oder nicht? Und wie soll es weitergehen,<br />
wenn der Stadtrat wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse leugnet?<br />
THEATER-FROSCH.DE<br />
Auf Anfang!<br />
Musik, Kunst &<br />
Solidarität<br />
23. — 24 Juli<br />
Eckweiler<br />
„Auf Anfang!“ <strong>2021</strong> führt fort, was<br />
2020 beim „Salon Libertatia“ im<br />
Rahmen des <strong>Kultursommer</strong>s digital<br />
auf die Bühne gebracht wurde. So<br />
sind Konzerte skandinavischer Newcomer<br />
wie The Holy aus Finnland<br />
und Arvid Nero aus Schweden geplant.<br />
Die nordeuropäischen Kreativschmieden<br />
zählen seit Jahren zu<br />
den Hotspots innovativer Pop-Musik<br />
in Europa und treffen den Nerv der<br />
Zeit. „Auf Anfang!“ ist weit mehr<br />
als ein reines Musikfestival und bezieht<br />
neben anspruchsvollen musikalischen<br />
Newcomern auch zeitkritische<br />
Ausstellungen, Performances,<br />
Talks und Debatten ein.<br />
INITIATIVE-FM.DE<br />
FILMFESTSPIELE<br />
Simmern<br />
„Heimat Europa“<br />
7. — 29. August<br />
Simmern, Hunsrück<br />
Diesen Sommer finden zum dritten<br />
Mal die „Heimat Europa“ Filmfestspiele<br />
unter der Schirmherrschaft<br />
von Edgar Reitz in Simmern statt.<br />
Besucherinnen und Besucher können<br />
sich auch dieses Jahr auf ein<br />
volles Programm freuen mit Spielund<br />
Dokumentarfilmen und Kurzfilmwettbewerben<br />
für Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene zum Mitmachen.<br />
Im Mittelpunkt steht ein<br />
großes Finnland-Wochenende, das<br />
die Städtepartnerschaft zwischen<br />
Simmern und Mänttä-Vilppula feiern<br />
wird. Und im Wettbewerb um den<br />
Hauptpreis „Edgar“ konkurrieren die<br />
besten modernen Heimatfilme aus<br />
Deutschland und Nordeuropa. Darunter<br />
sind der bereits mehrfach<br />
ausgezeichnete Film „Weißer, weißer<br />
Tag“ (Island) und „Der Rausch“<br />
(Dänemark), der dieses Jahr einen<br />
Oscar als bester internationaler Film
AUGUST<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
49<br />
gewonnen hat. Auch zahlreiche prominente<br />
Gäste werden während der<br />
Festspielwochen in Simmern wieder<br />
erwartet. So wird dieses Jahr der<br />
„Edgar“ von einem Tatort-Kommissar<br />
persönlich verliehen werden!<br />
HEIMAT-EUROPA.COM<br />
DURCHS FEUER<br />
13. August — 26. September<br />
Landau<br />
„durchs Feuer“ – das ist nordische<br />
Keramik in ihrer Vielfalt, Ästhetik<br />
und signifikanten Schönheit. Die<br />
Ausstellung in der Städtischen Galerie<br />
Villa Streccius zeigt Arbeiten von<br />
neun Keramikkünstlerinnen und<br />
-künstlern aus den skandinavischen<br />
und baltischen Ländern. Neben keramischen<br />
Gefäßen werden baukeramische<br />
Arbeiten und keramische<br />
Skulpturen zu sehen sein. Auch Glas<br />
geht „durchs Feuer“: Anne Türn aus<br />
Estland kombiniert es in faszinierender<br />
und sehr fragiler Weise und<br />
schafft somit außerordentlich zarte<br />
Gebilde.<br />
VILLA-STRECCIUS.DE<br />
KAMMGARN<br />
INTERNATIONAL<br />
JAZZFESTIVAL<br />
19. — 22. August<br />
Kaiserslautern<br />
Beim Kammgarn International Jazzfestival<br />
treten auch in diesem Jahr<br />
Jazzmusiker aus aller Welt auf: das<br />
Avishai Cohen Trio aus Israel, der<br />
Schlagzeuger Manu Katché aus<br />
Frankreich, das Ensemble Rom<br />
Schaerer Eberle aus Österreich und<br />
der Schweiz sowie aus Deutschland<br />
das Horst Hansen Trio und das<br />
Tingvall Trio mit seinem schwedischen<br />
Bandleader Martin Tingvall.<br />
Mit dem schwedischen Posaunist<br />
Nils Landgren steht einer der erfolgreichsten<br />
europäischen Jazzmusiker<br />
auf dem Programm. Zusammen<br />
mit weiteren Musikern wird<br />
er „Der Karneval der Tiere“ in einer<br />
Fassung für Jazz-Ensemble von Wolf<br />
Kerschek aufführen. Die Schauspielerin<br />
Katja Riemann spricht dazu<br />
die charmanten Texte von Roger<br />
Willemsen.<br />
KAMMGARN.DE<br />
RHEINFELS-SAGA<br />
19. — 29. August<br />
St. Goar<br />
In einem spektakulären Theater- und<br />
Multimediaereignis auf der Burg<br />
Rheinfels in St. Goar entführen mehr<br />
als 60 Akteurinnen und Akteure in<br />
ein Stück deutsche und europäische<br />
Vergangenheit – 1300 Jahre Geschichte<br />
am Rhein. Auf der größten<br />
Burganlage am Rhein wird mit Licht<br />
und Ton, mit pyrotechnischen Effekten<br />
und Livemusik – komponiert<br />
von Richard Wester – die Geschichte<br />
der Burg Rheinfels und der Region<br />
wirkungsvoll in Szene gesetzt.<br />
ROMANTISCHER-RHEIN.DE<br />
ORGELWOCHEN<br />
20. August — 8. Oktober<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Rheinland-Pfalz – eine einmalige<br />
Orgellandschaft: Große Instrumente<br />
wie die Kathedral-Orgeln der Dome<br />
und großen Stadtkirchen, historische<br />
Instrumente aus der Werkstatt<br />
der Familie Stumm, Instrumente mit<br />
einmaligem Charakter und hervorragend<br />
restaurierte Orgelbauer-
50<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
AUGUST<br />
Kunstwerke – sie alle sind das Instrument<br />
des Jahres <strong>2021</strong> und die<br />
Stars der Konzertreihe mit 15 Veranstaltungen<br />
im ganzen Land. Auch<br />
in der zweiten Auflage von „Nordlichter“<br />
sind hervorragende Interpretinnen<br />
und Interpreten aus allen<br />
acht nordischen Ländern vorgesehen,<br />
die Schätze der Orgelmusik<br />
ihrer Regionen mitbringen. Ergänzt<br />
wird das nordische Programm durch<br />
die im letzten Jahr ausgefallene Uraufführung<br />
der zum 150. Geburtstag<br />
eigens beauftragten Sinfonie-<br />
Transkription des Komponisten und<br />
Orgel-Virtuosen Louis Vierne.<br />
ORGEL.KULTURSOMMER.DE<br />
JAZZFESTIVAL<br />
NEUWIED<br />
20. — 29. August<br />
Neuwied<br />
Eines der traditionsreichsten deutschen<br />
Jazzfestivals findet dieses<br />
Jahr auf der Open-Air-Bühne im Hof<br />
von Schloss Engers statt. Das Programm<br />
orientiert sich am <strong>Kultursommer</strong>-Motto<br />
„Nordlichter“. Geplant<br />
sind Konzerte mit dem finnischen<br />
Komponisten und Jazzpianisten<br />
Iiro Rantala, dem schwedischen<br />
Bassisten Lars Danielsson und dem<br />
schwedisch-norwegischen Jazz-Trio<br />
Rymden.<br />
JAZZFESTIVAL-NEUWIED.DE<br />
FESTIVAL DES<br />
DEUTSCHEN FILMS<br />
25. August — 12. September<br />
Ludwigshafen<br />
Das Festival des deutschen Films<br />
Ludwigshafen gilt als das „schönste<br />
Festival Deutschlands“ und ist bezüglich<br />
der Besucherzahl das zweit-<br />
größte Filmfestival Deutschlands.<br />
Auf der Parkinsel im Rhein wird das<br />
Kino gefeiert wie nirgendwo sonst.<br />
Große Kinozelte unter alten Platanen,<br />
ausgedehnte Besucherzelte und<br />
Terrassen am Rheinufer ziehen das<br />
Publikum magisch an, genauso wie<br />
Autorinnen und Autoren, Regisseurinnen<br />
und Regisseure und Produzentinnen<br />
und Produzenten des<br />
deutschen Films und Fernsehens.<br />
FESTIVAL-DES-DEUTSCHEN-FILMS.DE<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
27. — 29. August<br />
Zweibrücken<br />
Der <strong>Kultursommer</strong> bringt den Norden<br />
nach Zweibrücken! Dazu hat das<br />
große Kulturfest für die ganze Familie<br />
Künstlerinnen und Künstler aus<br />
den skandinavischen und baltischen<br />
Ländern eingeladen. Es gibt Livemusik<br />
mit dem Dänen Nicklas Sahl<br />
und dem finnischen Akkordeon-<br />
Virtuosen Kimmo Pohjonen, Folklore<br />
aus Litauen von Sutaras und isländischen<br />
Progressive-Rock der Band<br />
Lucy in Blue, Open-Air Kino mit großartigen<br />
Filmen aus Nordeuropa und<br />
manches mehr.<br />
ZWEIBRÜCKEN.DE<br />
Festival<br />
Euroclassic<br />
27. August — 31. Oktober<br />
Zweibrücken, Pirmasens,<br />
Blieskastel, Bitche<br />
Nordeuropa ist zu Gast im Südwesten.<br />
Mit einem nordischen Programm<br />
meldet sich das Festival EURO-<br />
CLASSIC zurück. In 28 Konzerten<br />
und Veranstaltungen werden die<br />
kulturelle Vielfalt und die vielen Gemeinsamkeiten<br />
Nordeuropas vor-
AUGUST / SEPTEMBER<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
51<br />
gestellt. Zu den geplanten Programmhighlights<br />
gehören: Axel Prahl und<br />
das Inselorchester, die A Cappella<br />
Nacht, Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz,<br />
SWR Bigband mit Nils<br />
Landgren, Magnus Lindgren und Jan<br />
Lundgren sowie die Neue Philharmonie<br />
Frankfurt.<br />
EUROKLASSIK.ZWEIBRUECKEN.DE<br />
GEGEN DEN<br />
STROM<br />
Nordlichter<br />
29. August — 13. November<br />
Bad Ems, Nassau, Diez,<br />
Niederlahnstein<br />
Das Festival umfasst in diesem Jahr<br />
rund 30 Veranstaltungen im idyllischen<br />
Lahntal. Zu den “Nordlichtern“<br />
im Programm gehören zum<br />
Beispiel Jon Fosses „Morgen und<br />
Abend“, gespielt von Christian Wirmer<br />
als Schauspielmonolog, die<br />
Ausführungen des Philosophen Gerd<br />
Achenbach zu Kierkegaard sowie<br />
die Aufführung einer Collage von<br />
Wagners „Der fliegende Holländer“<br />
und Ibsens „Die Frau vom Meer“.<br />
Daneben steht aber auch das Gedenkjahr<br />
„1700 Jahre jüdische Kultur<br />
in Deutschland“ im Fokus: mit einem<br />
heiteren Stück von Jaques Offenbach<br />
über die Schwierigkeiten, als jüdischer<br />
Komponist in Frankreich eine<br />
katholische Frau zu heiraten. Die<br />
Geburtstagsfeiern von Beethoven<br />
und Hölderlin des vergangenen Jahres<br />
werden ebenfalls nachgeholt.<br />
FESTIVAL-GEGEN-DEN-STROM.DE<br />
EIFEL<br />
LITERATURFESTIVAL<br />
September — November<br />
Mit weniger, aber nicht weniger guten<br />
Veranstaltungen wie zuvor kann<br />
das Eifel Literaturfestival <strong>2021</strong> wieder<br />
aufwarten: Nobelpreisträgerin<br />
Olga Tokarczuk, Joachim Meyerhoff,<br />
Dörte Hansen, Ingo Schulze<br />
und Daniel Kehlmann zum Beispiel.<br />
Auch wenn es – pandemiebedingt –<br />
später losgeht als ursprünglich<br />
geplant: Es wird bestimmt wieder<br />
ein Fest für alle Literaturfreundinnen<br />
und -freunde.<br />
EIFEL-LITERATUR-FESTIVAL.DE<br />
Via Mediæval<br />
Musik und Räume<br />
des Mittelalters<br />
3. — 24. September<br />
Speyer, Otterberg, Hornbach,<br />
Klingenmünster u.a.<br />
Die Verbindung der romanischen<br />
Architektur mit der Musik ihrer Entstehungszeit<br />
macht die Faszination<br />
der Konzertreihe Via Mediæval aus,<br />
die der <strong>Kultursommer</strong> seit 1999 in<br />
romanischen Gebäuden der Pfalz<br />
veranstaltet und dazu Weltstars<br />
der Musik des Mittelalters einlädt.<br />
Die Reihe bildet damit die Fortführung<br />
des französischen Partner-<br />
Festivals Voix et Route Romane im<br />
Elsass. Mit klarem Blick in den Norden<br />
präsentieren sich meist unbekannte<br />
Melodien und Werke aus den<br />
baltischen und skandinavischen<br />
Ländern, sie erzählen von Mythen,<br />
Sagen und Heiligen und werden von<br />
Ensembles aus Estland, Litauen,<br />
Island, Schweden und Finnland<br />
präsentiert.<br />
VIA-MEDIAEVAL.DE
52<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
SEPTEMBER<br />
KLANG-RAUM /<br />
HIMMELS-RICHTUNG<br />
5. — 11. September<br />
Kircheib<br />
“KlangRaum / HimmelsRichtung”<br />
ist ein musikalisches Wochenende<br />
kuratiert rund um die finnische Musikerin<br />
und Performerin Salla Hakkola.<br />
Bei der Mischung aus Musik-<br />
Festival und Open Stage können<br />
Musikerinnen, Musiker und Musikinteressierte<br />
die Harfenistin während<br />
einer 12-Stunden-Performance<br />
begleiten. Salla Hakkola ist mit ihrem<br />
Instrument tief verwurzelt in der<br />
finnischen Musiktradition. Zudem<br />
ist sie eine klassisch ausgebildete<br />
Musikerin, die in verschiedenen<br />
künstlerischen Disziplinen zu Hause<br />
ist und sich mit Klang im Raum beschäftigt.<br />
Der Raum kann dabei sowohl<br />
den nordeuropäischen Kulturraum,<br />
klassische Konzert-Räume,<br />
experimentelle Performance-Räume<br />
oder den digitalen Raum meinen.<br />
KULTURWERKSTATT-KIRCHEIB.DE<br />
ZERBRECHLICHE<br />
ERDE<br />
Island – Wegweiser<br />
durch die fragile Schöpfung<br />
10. — 17. September<br />
Idar-Oberstein und<br />
weitere Orte<br />
Dem Thema „Schöpfung und Schöpfungsverantwortung“<br />
haben sich am<br />
Beispiel der fragilen geographischen<br />
Erdbeschaffenheit der Vulkaninsel<br />
Island bereits im Sommer 2020 der<br />
Jugendchor des Kirchenkreises Obere<br />
Nahe, FriFra Voce, und sein isländischer<br />
Partnerchor Vox Felix gewidmet.<br />
Die Ausführung im Rahmen<br />
des <strong>Kultursommer</strong>s 2020 blieb unvollendet.<br />
Nun sollen eine weitere<br />
Chorbegegnung und zwei Konzerte<br />
stattfinden.<br />
OBERE-NAHE.DE<br />
ILLUMINALE TRIER<br />
24. — 25. September<br />
Trier<br />
Wenn Baumkronen auf einmal geheimnisvoll<br />
strahlen, wenn Architektur<br />
durch Projektionen ihre verborgenen<br />
Geheimnisse preisgibt,<br />
wenn Rasenflächen von meterhohen<br />
Lampions erobert werden, sanfte<br />
Musik durch die Hecken strömt und<br />
die ganze Umgebung für einige<br />
Stunden funkelt – dann hat sich die<br />
Illuminale wieder eine neue Spielfläche<br />
erobert.<br />
Egal ob Petrisberg, Moselufer, Palastgarten<br />
oder Nells Park, Neustraße,<br />
Kaiserthermen, Domfreihof<br />
oder Hauptmarkt: Mit Einbruch der<br />
Dunkelheit verwandelt die Illuminale<br />
scheinbar bekannte Räume in mystische<br />
und märchenhafte Zauberwelten.<br />
TRIER-INFO.DE/ILLUMINALE<br />
DER SCHREI –<br />
EDVARD MUNCH<br />
Liebe, Tod und Leben<br />
September — Oktober<br />
Koblenz<br />
Der Welt von Edvard Munch widmet<br />
sich in diesem <strong>Kultursommer</strong> das<br />
Theater am Ehrenbreitstein. In ihrer<br />
aktuellen Inszenierung werden<br />
die wichtigsten Momente Munchs<br />
Lebens und seines künstlerischen<br />
Schaffens erzählt. Munch wurde<br />
1863 im norwegischen Løten geboren<br />
und war mehr als 60 Jahre lang als<br />
Künstler aktiv. Viele seiner Arbeiten
SEPTEMBER/OKTOBER<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
53<br />
waren von existenziellen Themen wie<br />
Angst, Eifersucht und Melancholie<br />
beeinflusst, deshalb ist seine Kunst<br />
heute genauso relevant wie vor 125<br />
Jahren.<br />
THEATER-AM-EHRENBREITSTEIN.DE<br />
Grenzenlos Kultur<br />
vol. 23<br />
30. September — 10. Oktober<br />
Mainz<br />
Nachdem das inklusive Theaterfestival<br />
Grenzenlos Kultur im Vorjahr<br />
nur als verkürzte „Corona-Ausgabe“<br />
stattfinden konnte, liegt nun in<br />
diesem Jahr der Fokus auf Skandinavien,<br />
zum Beispiel mit „Your Eyes<br />
My Sight“ des dänischen Glad Teater.<br />
Diese Geschichte eines in Dunkelheit<br />
gelebten Lebens verweist zugleich<br />
auf einen weiteren Schwerpunkt<br />
des diesjährigen Festivalgeschehens,<br />
der über Live-Sound-<br />
Performances, Hörspiele und Audiodeskriptionen<br />
insbesondere auch<br />
für blinde und sehbehinderte Menschen<br />
erfahrbar sein will – etwa mit<br />
Raquel Meseguers „Crash Course<br />
in Cloudspotting” oder Angela Alves‘<br />
„Rest“. Das zweitägige Symposium<br />
„The future is accessible” ermöglicht<br />
eine praxisorientierte Weiterbeschäftigung<br />
mit diesen Themen.<br />
Außerdem stehen zwei Projekte der<br />
Münchner Kammerspiele auf dem<br />
Programm der 23. Festivalausgabe:<br />
„Ich bin’s Frank“ und „Scores that<br />
shaped our friendship“ – beides gefeierte<br />
Inszenierungen mit Künstlerinnen<br />
und Künstlern mit Behinderung.<br />
GRENZENLOS-KULTUR.DE<br />
DONNERSBERGIADE<br />
September — Oktober<br />
Dannenfels<br />
<strong>2021</strong> ist Premiere der Donnersbergiade!<br />
Am Fuße des weithin sichtbaren<br />
Donnersbergs wird das neue<br />
Festival aus der Taufe gehoben.<br />
Standort ist das Jagdhaus in Dannenfels,<br />
eine ehemalige Sommerfrische,<br />
deren historischer Tanzsaal<br />
zur Eröffnung in neuem Glanz erstrahlen<br />
wird. Die Donnersbergiade<br />
präsentiert faszinierende Künstlerinnen<br />
und Künstler sowie Musikerinnen<br />
und Musiker in persönlicher<br />
Atmosphäre. Das norwegische Duo<br />
Julie & Andreas spielt am 17. September<br />
mit Harfe und Bandoneon<br />
ihre eigene Musik: pure norwegische<br />
melancholische Freude. Im Oktober<br />
öffnet das Jagdhaus seine Türen für<br />
eine Ausstellung, bei der die Stockholmer<br />
Künstlerin Charlotte Birnbaum<br />
ihre sinnlichen „Plateaux“<br />
präsentieren wird: augenzwinkernde,<br />
spielerische Interpretationen ursprünglich<br />
barocker Tafelkultur, die<br />
von ihr ins 21. Jahrhundert transponiert<br />
werden.<br />
DONNERSBERGIADE.DE<br />
HEJ, HEJ! FILME AUS<br />
DEM NORDEN 2<br />
1. — 27. Oktober<br />
Mainz<br />
Die Filmreihe des CinéMayence widmet<br />
sich ein weiteres Mal den Ländern<br />
des europäischen Nordens.<br />
Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede<br />
werden dabei sichtbar,<br />
Landschaften und Menschen rücken<br />
näher. Zu den Gemeinsamkeiten gehören<br />
die Gelassenheit und die<br />
Ruhe, mit denen viele Geschichten<br />
erzählt werden, die Natur und Landschaften,<br />
die oft eindrucksvoll fotografiert<br />
wie Protagonisten mitwirken,
54<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
OKTOBER<br />
die humane Realitätsauffassung,<br />
manchmal auch moralisierend, und<br />
der oft skurrile Humor. Das Programm<br />
besteht aus einer Reihe von Spiel-,<br />
Dokumentar- und Kurzfilmen. Alle<br />
Filme werden als Originalfassung mit<br />
deutschen Untertiteln gezeigt.<br />
CINEMAYENCE.DE<br />
YOUR QUARANTINE<br />
IS MY NORMALITY<br />
7. Oktober — 2. Januar 2022<br />
Mainz<br />
Abstand ist das Gebot der Stunde.<br />
In physischer Distanz bleiben zu<br />
anderen Personen, Menschenansammlungen<br />
meiden, Reduktion von<br />
Kontakten. Doch was sind die Kehrseiten<br />
des Eingriffs in die sozialen<br />
Strukturen und tagtäglich gelebte<br />
und erlebte Nähe? Schafft Abstand<br />
Freiheit oder Einsamkeit? Ist er gesund<br />
oder macht er psychisch labil,<br />
krank? „Your quarantine is my normality“<br />
ist eine Ausstellung, die<br />
sich der Janusköpfigkeit von Nähe<br />
widmet. Sie beleuchtet unterschiedliche<br />
Formen der Verbundenheit,<br />
deren inhärente Spannungen und<br />
Brüche. Die Kunsthalle Mainz präsentiert<br />
in dieser Gruppenausstellung<br />
einige der wichtigsten Vertreterinnen<br />
und Vertreter der zeitgenössischen<br />
Kunst aus Schweden,<br />
Norwegen und Dänemark mit Nina<br />
Canell, Nathalie Djurberg und Elmgreen<br />
& Dragset.<br />
KUNSTHALLE-MAINZ.DE<br />
AMANDA-<br />
Germany-Tour<br />
8. — 10. Oktober<br />
Wissen, Bad Kreuznach,<br />
Zweibrücken<br />
Ein Hauch von skandinavischem Leben,<br />
Natur und Kultur, mehrstimmiger<br />
Gesang – ein bisschen kann<br />
man den „Sommarvind“ auf der Haut<br />
spüren beim musikalisch-theatralen<br />
Programm von Amanda, dem ca.<br />
30-köpfigen Ensemble aus Göteborg<br />
(Schweden), das nach seiner<br />
Gründung in den frühen 80er Jahren<br />
das Chortheater als neues Genre<br />
etabliert hat. Damit begeistert Amanda<br />
das Publikum auf der ganzen<br />
Welt und ist Vorbild für viele Chöre.<br />
Das Programm, mit dem die Gruppe<br />
auf kleine <strong>Kultursommer</strong>-Tour geht,<br />
umfasst Chormusik aller Sparten<br />
und Genres, klassische Chorsätze<br />
ebenso wie skandinavische Volksweisen<br />
und populäre Musik.<br />
AMANDA.KULTURSOMMER.DE<br />
WINDZEIT<br />
WOLFSZEIT<br />
13. — 17. Oktober<br />
Trier<br />
Alle kennen „Game of Thrones“ und<br />
„Herr der Ringe“ – aber wer kennt<br />
die Edda, die Mutter aller Fantasyromane<br />
und Heldenserien? Die Edda<br />
ist eine Jahrhunderte alte Sammlung<br />
nordischer Götter- und Heldensagen.<br />
Die Geschichten einer Welt, die einmal<br />
war und nicht mehr ist, deren<br />
Motive sich aber überall wiederfinden<br />
in unserem Kulturgut: in Opern, in<br />
Fantasy-Filmen und -Büchern, in<br />
Computerspielen, in Liedern und<br />
Texten. WINDZEIT WOLFSZEIT wirft<br />
einen aktuellen Blick auf uralte<br />
(nord)europäische Mythen und be-
OKTOBER<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
55<br />
fragt sie in einer eigenen Dramatisierung<br />
nach ihrer Gültigkeit für die<br />
Gegenwart. Durch den innovativen<br />
Einsatz digitaler Medien entstehen<br />
neue Verbindungen von Sounddesign,<br />
Videokunst, Live-Animation<br />
und Live-Schauspiel für junges Publikum.<br />
TUFA-TRIER.DE<br />
NO STRINGS<br />
ATTACHED<br />
Figurentheater und mehr<br />
26. — 31. Oktober<br />
Mainz<br />
NO STRINGS ATTACHED, das Festival<br />
für Figurentheater, zeigt in den<br />
Mainzer Kammerspielen zum Abschluss<br />
des Nordlichter-<strong>Kultursommer</strong>s<br />
„DRACULA“, die neue Produktion<br />
des norwegischen Ensembles<br />
Plexus Polaire. Die junge Regisseurin<br />
und Figurenspielerin Yngvild Aspeli,<br />
die in der Szene als Ausnahmetalent<br />
gilt, bearbeitet zusammen mit dem<br />
Puppentheater Halle den berühmten<br />
Stoff und nähert sich dem untoten<br />
Antiheld in einer opulenten Inszenierung<br />
basierend auf Bram Stokers<br />
Roman.<br />
Außerdem ist das belgische Performance-Kollektiv<br />
Berlin im Staatstheater<br />
Mainz mit dem Projekt „True<br />
Copy“ über den berühmten Kunstfälscher<br />
Geert Jan Jansen zu Gast.<br />
Berlin stellt in dem Stück über die<br />
Relativität der Wahrheit die Frage,<br />
wer am Ende die Schuld trägt – der<br />
Fälscher oder der Kunstbetrieb, dessen<br />
Gier die Fälschungen letztlich zu<br />
Originalen machte?<br />
JUGENDSINFONIE-<br />
ORCHESTER UKRAINE<br />
11. November<br />
Kirchheimbolanden<br />
Oksana Lyniv gehört zu den derzeit<br />
gefragtesten Dirigentinnen. Die gebürtige<br />
Ukrainerin versteht sich als<br />
Botschafterin zwischen den mittelund<br />
osteuropäischen Kulturen. Nach<br />
dem Vorbild des Bundesjugendorchesters<br />
gründete sie das Ukrainische<br />
Jugendsinfonieorchester, mit<br />
dem sie bereits im Konzerthaus Berlin<br />
und bei den Speinsharter Sommerkonzerten<br />
gastierte.<br />
Unter Oksana Lynivs musikalischer<br />
Leitung wird das Jugendsinfonieorchester<br />
Ukraine in Kirchheimbolanden<br />
spielen und damit einen<br />
Vorgeschmack auf das <strong>Kultursommer</strong>-Motto<br />
2022 „Ostwind“ geben.<br />
THORNCONCEPT.EU<br />
NO-STRINGS-ATTACHED.DE
56<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
HERAUSGEBER<br />
<strong>Kultursommer</strong> Rheinland-Pfalz<br />
der Stiftung Rheinland-Pfalz<br />
für Kultur<br />
Mittlere Bleiche 61<br />
55116 Mainz<br />
Tel.: 06131 – 28 83 80<br />
Fax: 06131 – 28 83 88<br />
info@kultursommer.de<br />
www.kultursommer.de<br />
REDAKTION<br />
Prof. Dr. Jürgen Hardeck<br />
(verantwortlich)<br />
REDAKTIONELLE MITARBEIT<br />
Viktoria Güdelhöfer<br />
KONZEPT<br />
Designstudio Mathilda Mutant,<br />
Nike Poulakos<br />
GESTALTUNG + ILLUSTRATIONEN<br />
Designstudio Mathilda Mutant<br />
www.mathildamutant.de<br />
DRUCKEREI<br />
Richter Druck &<br />
Medien Center GmbH & Co. KG<br />
Basaltstr. 4, 57578 Elkenroth<br />
www.richter-druck.de<br />
Stand Mai <strong>2021</strong><br />
Alle Rechte und Änderungen vorbehalten.
<strong>NORDLICHTER</strong><br />
KOMPASS EUROPA<br />
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KOMPASS EUROPA<br />
<strong>NORDLICHTER</strong>