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Das österreichische<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

www.verkehrsjournal.at 4. Jahrgang Heft 2/2010 € 8,-<br />

Road Safety Audit<br />

Raod Safety inspection<br />

Was ist das?<br />

Institutionalisierte Radverkehrsfreundlichkeit Transitverkehrspolitik<br />

in Österreich Transitverkehrspolitik der Schweiz Straßenverkehrsunfälle<br />

in Österreich


Das österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong> erscheint einmal pro Quartal<br />

Das österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

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T +43(0)664/517 09 69<br />

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EDITORIAL<br />

Verkehrssicherheit <strong>als</strong> großer Mythos!<br />

Mittlerweile arbeite ich seit mehr <strong>als</strong> 15 Jahren im Verkehrsbe-<br />

reich; und das sehr gerne. Einerseits deshalb, weil stets neue in-<br />

teressante Themen zu bearbeiten sind und keine Branche auch<br />

nur annähernd so dynamisch ist wie die Verkehrsbranchen. Andererseits aber<br />

auch, weil sich manche Themen [und seien sie auch noch so schwachsinnig<br />

(Entschuldigung für diesen Ausdruck)] über viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte<br />

<strong>als</strong> Mythos halten, dass es schon nahezu beängstigend ist.<br />

Eines dieser Endlosthemen ist die Verkehrssicherheit.<br />

Vor vielen Jahren wurde unter dem Motto „Vision Zero“ medial dazu aufge-<br />

rufen, die Verkehrssicherheit, vor allem die Straßenverkehrssicherheit deut-<br />

lich zu erhöhen. So weit, so gut.<br />

Doch wie der Ausdruck „Vision Zero“ schon sagt, war das Ziel die Stra-<br />

ßenverkehrsunfälle auf Null zu reduzieren; damit sollten einhergehend die<br />

Verkehrstoten bzw. -verletzten ebenfalls auf Null reduziert werden. Und ge-<br />

nau damit habe ich so ein bisschen ein Problem: Nicht mit der generellen<br />

Zielsetzung zur Reduktion, sondern mit dem „auf Null“.<br />

Denn warum sollten gerade im Verkehr (statistisch gesehen) weniger Men-<br />

schen verunfallen bzw. sterben <strong>als</strong> in jedem anderen Lebensbereich. Selbst<br />

auf der Couch zuhause sterben mehr Menschen <strong>als</strong> Null. Warum <strong>als</strong>o nicht<br />

auch im Verkehr?<br />

Mittlerweile wissen wohl alle Experten, dass die „Vision Zero“ weder er-<br />

reicht werden kann, noch soll. Bitte <strong>als</strong>o nicht die breite Öffentlichkeit mit<br />

diesem Mythos im Glauben lassen, dass dieses Ziel jem<strong>als</strong> erreicht werden<br />

kann. Und bitte schon gar nicht, diesen Mythos <strong>als</strong> Begründung jeder Mass-<br />

nahme im Straßenverkehr zu setzen. Danke.<br />

Alex Schubert, Herausgeber<br />

Mag. Alex Schubert,<br />

Herausgeber des<br />

österreichischen Verkehrsjourn<strong>als</strong><br />

alex.schubert@verkehrsjournal.at<br />

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EDITORIAL<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 05


INHALT 11 | 08<br />

INHALT<br />

06 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

10 30<br />

?<br />

Transitverkehrspolitik in<br />

Österreich. Schlagworte wie<br />

„Transitverkehrsrouten“, „Bren-<br />

ner-Basis-Tunnel“, „LKW-<br />

Maut“ oder „CO2 Emissionen“<br />

hört oder liest man tagtäglich in<br />

den Medien. Nicht ohne Grund?<br />

Und was macht die österrei-<br />

chische Politik, um dieses Phä-<br />

nomens Herr zu werden?<br />

Institutionalisierte Rad-<br />

verkehrsfreundlichkeit? Im<br />

Frühjahr 2009 sind in Fachkrei-<br />

sen und in der Öffentlichkeit<br />

vermehrt verschiedenste Ideen,<br />

Forderungen und Ansätze für<br />

mehr Radverkehrsfreundlichkeit<br />

in der Straßenverkehrsordnung<br />

(StVO) diskutiert worden. Wa-<br />

rum ist dies überhaupt notwen-<br />

dig geworden?<br />

38<br />

Verbesserung der Verkehrs-<br />

sicherheit durch Raod Safety<br />

Audit und Road Safety In-<br />

spection. Der Fokus liegt auf<br />

der Verdeutlichung, dass Ver-<br />

kehrssicherheit heutzutage eine<br />

große Rolle spielt. Muss die<br />

Erhöhung der Sicherheit nicht<br />

nur bei der Planung von neuen<br />

Projekten, sondern auch bei be-<br />

stehender Infrastruktur berück-<br />

sichtigt werden?<br />

56<br />

Transitverkehrspolitik der<br />

Schweiz. Der Alpenraum lei-<br />

det unter dem stetig steigenden<br />

Verkehrsaufkommen und die<br />

dadurch entstehenden Schä-<br />

den und Kosten. Insbesondere<br />

die Schweiz. Was machen und<br />

machten unsere Nachbarn, um<br />

den Transitverkehr deutlich zu<br />

reduzieren? Sollte sich Österrei-<br />

ch daran ein Beispiel nehmen?<br />

Zahlenspielerei: Straßenverkehrsunfälle in Österreich<br />

Meinung zum Thema: Angebote der ÖBB<br />

Impressum<br />

Offen ausgesprochen - Aisgesprochen offen: Sicherheit und Verkehr<br />

Umfrage: zum Thema Section-Control<br />

Verkehr in Kürze: November, Dezember 2009, Jänner 2010<br />

RubRIKEN<br />

8<br />

28<br />

69<br />

70<br />

72<br />

76<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 07


ZAHLENSPIELEREI<br />

ZAHLENSPIELEREI<br />

Straßenverkehrsunfälle in Österreich...<br />

oder auch: Schwankungen prägen den gleichbleibenden Wert!<br />

Unlängst konnte ich wieder allen möglichen Medien<br />

entnehmen, dass die Straßenverkehrsunfälle in Österrei-<br />

ch deutlich abgenommen haben und damit die ach so<br />

tolle Verkehrspolitik bestätigen.<br />

Wenn man dies kurzfristig betrachtet (und dabei viel-<br />

leicht auch nur den einen oder anderen Ausschnitt der<br />

zahlreich vorhandenen Unfallstatistiken), dann wird das<br />

in dieser Form durchaus seinen Wahrheitsgehalt haben.<br />

Wenn man die Straßenverkehrsunfallbilanz allerdings<br />

längerfristig betrachtet, dann gelangt man eventuell<br />

auch zu anderen Schlüssen.<br />

Betrachtet man z.B. die Straßenverkehrsunfälle im er-<br />

sten Halbjahr 2008 [vgl. Wirtschaftskammer Österreich:<br />

08 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Alex Schubert<br />

Verkehrswirtschaft in Zahlen, 2009] so erkennt man,<br />

dass es bei fast allen Beteiligungsformen ausgenommen<br />

der Eisenbahn im Vergleich zum ersten Halbjahr 2007<br />

zu Rückgängen gekommen ist: Bei den Pkw (Kombi)<br />

wurden im ersten Halbjahr 2008 insgesamt 22.131 beti-<br />

ligte Fahrzeuge (-4,7 %) und 13.959 Verletzte und Tote<br />

(-4,6 %) gezählt; bei den Omni- und Linienbussen wa-<br />

ren es 378 (-2,6 %) und 391 (+8,3 %), bei den Lkw,<br />

Sattelfahrzeugen und Tankwagen waren es 1.861 (-2,6<br />

%) und 544 (-9,3 %), bei der Straßenbahn waren es 138<br />

(-11,5 %) und 48 (-28,4 %) und bei der Eisenbahn wa-<br />

ren es 24 (+4,3 %) und 5 (-37,5 %).<br />

Würde man nun behaupten, dass die Verkehrspolitik<br />

in allen Bereichen ausgenommen der Eisenbahn er-<br />

folgreich war, so wäre das vermutlich etwas verkürzt.<br />

Deshalb macht es durchaus Sinn, diese Entwicklungen<br />

langfristig (etwa über einen Zeitraum von mehr <strong>als</strong> 10<br />

Jahren) zu betrachten.<br />

In Abbildung 1 ist die Entwicklung der an Straßenver-<br />

kehrsunfällen beteiligten Fahrzeugen dargestellt. Dabei<br />

erkennt man, dass bei allen Beteiligungsformen im Jahr<br />

2007 mehr Fahrzeuge an Unfällen beteiligt waren <strong>als</strong><br />

1996. So haben sich sie an Unfällen beteiligten Omni-<br />

und Linienbusse gegenüber 1996 um 13,0 % erhöht;<br />

jene im Bereich der Straßenbahn um 10,0 % und jene<br />

im Schwerverkehrsbereich um 5,0 %.<br />

Abb.1: Entwicklung der an Straßenverkehrsunfällen beteiligten Fahrzeuge, 1996-2007<br />

Abb.2: Entwicklung der an Straßenverkehrsunfällen verunglückten Personen, 1996-2007<br />

Vergleicht man demgegenüber die Entwicklung an die-<br />

sen Unfällen beteiligten Verletzten und Toten, so stellt<br />

man fest, dass es hier deutlich größere Schwankungen<br />

gibt. Schlussendlich liegen aber auch hier fast alle Be-<br />

teiligungsformen über der Ausgangsbasis von 1996. Bei<br />

Unfällen mit Omni- und Linienbus kamen 2007 um 41,0<br />

% mehr Menschen zu Schaden <strong>als</strong> 1996; bei Straßen-<br />

bahnunfällen waren es +34,0 %, bei Eisenbahnunfällen<br />

+13,0 %. Nur bei Unfällen mit Pkw-Beteiligung redu-<br />

zierten sich die Verletzten und Toten um 2 %.<br />

Diese Zahlen allein betrachtet könnte man unterstellen,<br />

dass sich im Bereich der Verkehrssicherheit in den letz-<br />

ten 10 Jahren nicht viel getan hat. Wenn man aber von<br />

einem 4 bis 5 %igen Verkehrswachstum pro Jahr aus-<br />

geht, dann sind diese Zahlen durchaus beachtlich.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 09


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

TRANSITVERKEHRSPOLITIK IN<br />

ÖSTERREICH<br />

Marlene Zatl<br />

Transitverkehr in aller Munde<br />

Schlagworte wie „Transitverkehrsrouten“, „Brenner-<br />

Basis-Tunnel“, „LKW-Maut“ oder „CO2 Emissionen“<br />

hört oder liest man tagtäglich in den Medien. Nicht ohne<br />

Grund, denn die Globalisierung, die Forderung nach<br />

freiem Warenverkehr und der damit verbundene Anstieg<br />

des grenzüberschreitenden Güterverkehrs haben enorme<br />

Ausmaße angenommen. Überlastete Infrastrukturanla-<br />

gen, kilometerlange LKW-Kolonnen und explodierende<br />

Schadstoffemissionen sind vor allem auf sogenannten<br />

„Haupttransitrouten“ Alltag geworden. Ein Land wie Ös-<br />

terreich, im Zentrum Europas gelegen, hat verstärkt mit<br />

transitverkehrsbedingten Problemen zu kämpfen. Ös-<br />

terreich ist Mitglied der Europäischen Union und strebt<br />

10 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

eine gemeinsame, europäische Verkehrspolitik an. Oft<br />

klaffen die Forderungen der Bevölkerung Österreichs<br />

und der Regierung Österreichs bzw. der Europäischen<br />

Union auseinander. Einerseits möchte man alle Gege-<br />

benheiten welche die Umsetzung des europaweiten, frei-<br />

en Warenverkehrs behindern auflösen, andererseits muss<br />

Umwelt und Bevölkerung geschützt werden. Denn eine<br />

Verschlechterung der Luftgüte, Lärmbelästigungen und<br />

groß-flächige Trennwirkungen durch Verkehrsanlagen in<br />

Transitgebieten ver-mindern die Lebensqualität der dort<br />

angesiedelten BewohnerInnen zuse-hends. Eine Lösung<br />

aller Probleme die Gütertransporte und hier insbe-sonde-<br />

re Transittransporte verursachen, scheint in weiter Fer-<br />

ne. Aber bis dahin müssen zumindest die ersten Schritte<br />

in die richtige Richtung ge-setzt werden – in Form von


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

zielführenden Maßnahmen für eine Vermei-dung, Ver-<br />

ringerung, Verlagerung bzw. eine umwelt- und sozial-<br />

verträglichere Gestaltung des Transitverkehrs.<br />

Forschungsfrage und Ziele der Arbeit<br />

Mit Hilfe einer Bewertung im Rahmen eines länderspezi-<br />

fischen Vergleichs mit der Schweiz, soll die Forschungs-<br />

frage, die dieser Arbeit zugrunde liegt, beantwortet<br />

werden: „Welche verkehrspolitischen Instru-mente setzt<br />

Österreich, um Transitverkehr zu vermeiden, zu verrin-<br />

gern, zu verlagern bzw. umwelt- und sozialverträglicher<br />

zu gestalten? Sind die von Österreich angewandten<br />

Instrumente im Vergleich zu denen der Schweiz effizi-<br />

ent?“.<br />

Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es Transitver-<br />

kehr zu definieren und die maßgeblichen Transitrouten<br />

Österreichs zu lokalisieren. Die Entwicklung der Tran-<br />

sitverkehrspolitik in Österreich seit 1970 soll dargestellt<br />

werden. Die verkehrspolitischen Instrumente die Öster-<br />

reich setzt, um transitverkehrsbedingten Probleme ent-<br />

gegenzuwirken, sollen beschrieben werden.<br />

Methodik<br />

Dieser wissenschaftlichen Arbeit liegt eine Literaturre-<br />

cherche zu Grunde. Ausgewählt wurden va. literarische<br />

Werke des Themenkreises Verkehrs-politik, Verkehrs-<br />

wirtschaft, Verkehrsverträglichkeit, Verkehrslenkung<br />

und -steuerung. Ausgewählte Beiträge aus Fachzeit-<br />

schriften sollen aktuelle Themen und Problemstellungen<br />

aufgreifen. Statistisches Datenmaterial, aus wissen-<br />

schaftlich fundierten Internetquellen modifiziert über-<br />

nommen, soll sachliche und zeitliche Entwicklungen<br />

aufzeigen.<br />

Transitverkehr<br />

Im folgenden Kapitel soll der Begriff Transitverkehr<br />

definiert und die wichtigsten Transitrouten Österreichs<br />

gezeigt werden. Mit Hilfe von statistischem Daten-<br />

material soll ein Bewusstsein für die hohe Bedeutung<br />

des Transitverkehrs in Österreich geschaffen werden.<br />

Abschließend werden die unterschiedlichsten Ausprä-<br />

gungsformen von, vom Verkehr verursachten, Umwelt-<br />

beeinträchtigungen behandelt.<br />

begriffliche Definition<br />

Etymologisch lässt sich das Wort Transit vom latei-<br />

nischen „trans“ bzw. „transitare“ ableiten, was soviel<br />

wie durch bzw. durchziehen, übersetzen, queren oder<br />

hindurch lassen bedeutet [vgl. Halbmayr, 1984]. Unter<br />

Ver-kehr versteht man alle Maßnahmen, die der Orts-<br />

veränderung von Perso-nen, Gütern und Nachrichten<br />

dienen [vgl. Kummer 2006]. Transitverkehr ist demnach<br />

jene Ortsveränderung von Personen, Gütern und Nach-<br />

rich-ten, deren Anfangs- und Endpunkte außerhalb eines<br />

Gebietes liegen, <strong>als</strong>o jeder Verkehr der nicht Binnen-,<br />

Quell- oder Zielverkehr ist [vgl. Halbmayr, 1984].<br />

Die folgende Arbeit handelt vom Transitverkehr durch<br />

Österreich. Dem-nach ist darunter jener Verkehr zu ver-<br />

stehen, der die Staatsgrenze in Richtung nach Österrei-<br />

ch überquert und in Verfolgung seines Fahrtzieles das<br />

Staatsgebiet Österreichs wieder verläßt [vgl. Cerwenka,<br />

1984]. Hier sind auch jene Fahrten hinzu zu rechnen,<br />

welche in Österreich kurz unterbrochen werden, wie<br />

auch alle Güterverkehre, die in Österreich umgeladen<br />

werden, deren Herkunfts- und Bestimmungsort jedoch<br />

außerhalb Österreichs liegen [vgl. Halbmayr, 1984].<br />

Transitverkehrsrouten durch Österreich<br />

Alpenquerende Transitrouten<br />

Das Alpengebirge zwischen dem Montblancmassiv im<br />

Westen und der Wiener Pforte im Osten stellt seit jeher<br />

eine wesentliche Behinderung der in Nord-Süd- bzw.<br />

Nordwest-Südost-Richtung verlaufenden Verkehrsströ-<br />

me dar [vgl. Halbmayr, 1984]. Diese eben genannten<br />

Verkehrsströme konzentrieren sich in den Alpen auf ei-<br />

nige wenige Verkehrsachsen [vgl. Puwein, 2007]. Die<br />

wichtigsten alpenquerenden Verbindungsrouten durch<br />

den österreichischen Teil der Alpen sind in Abbildung<br />

12 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 13<br />

1 dargestellt.<br />

Die Brennerroute führt von München über Garmisch-<br />

Partenkirchen oder Kufstein nach Innsbruck. Über den<br />

Brennerpass gelangt man in weiterer Folge nach Bozen<br />

und Verona in Italien.<br />

Die Tauernroute führt von München über Rosenheim<br />

und Bad Reichenhall nach Salzburg. Über den anschlie-<br />

ßenden Tauernpass gelangt man nach Spittal an der Drau.<br />

Weiter über Villach erreicht man einerseits Udine, Triest<br />

und Mestre in Italien und andererseits Slowenien.<br />

Von München über Rosenheim führt die Phyrnroute nach<br />

Salzburg und Wels. Über den Schobernpass erreicht man<br />

Graz und anschließend Maribor und Ljubljana in Slo-<br />

wenien.<br />

Die Semmeringroute führt von Wien nach Wiener Neu-<br />

Abb.1: Die wichtigsten Transitrouten durch Österreich<br />

stadt und anschließend über den Semmering Pass. Da-<br />

nach passiert man Bruck an der Mur und Graz bevor<br />

man schließlich Slowenien erreicht.<br />

West-Ost querende Transitrouten<br />

Die wichtigste West-Ost querende Transitroute Österrei-<br />

chs, ebenfalls in Abbildung 1 dargestellt, verbindet Süd-<br />

deutschland mit der Slowakischen Republik, Ungarn<br />

und Rumänien.<br />

Die sogenannte Donauachse führt von München über<br />

Rosenheim und Freilassing nach Salzburg. Weiter in<br />

Richtung Linz, St. Pölten und Wien erreicht man die<br />

Slowakische Republik und Ungarn.<br />

Entwicklung des Alpentransits<br />

Aus Abbildung 2 wird ersichtlich, dass 2005 4,1 Mio.<br />

schwere Straßengü-terfahrzeuge den Alpenhauptkamm<br />

im Transit überquerten. Mehr <strong>als</strong> die Hälfte der Fahr-<br />

zeuge benützte dabei die Alpenübergänge in Österreich.


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

Dabei transportierten sie 57,6 % der im gesamten alpen-<br />

querenden Transitverkehr beförderten Güter.<br />

In Abbildung 3 sieht man, dass hier die Brennerroute<br />

mit 31,6 Mio. Ton-nen beförderten Gütern im Straßen-<br />

transit das größte Verkehrsaufkommen aufweist. Durch<br />

den Tauerntunnel wurden im Jahr 2007 8,2 Mio. Tonnen<br />

Güter transportiert. Das größte prozentuelle Wachstum<br />

in Österreich verzeichnete der Transitverkehr über den<br />

Semmering. Die Ursachen dafür liegen vor allem im<br />

Ausbau des hochrangigen Straßennetzes und in den ra-<br />

sant wachsenden Handelsbeziehungen zwischen Polen,<br />

Tschechien und Slowakei einerseits und Italien und Slo-<br />

wenien andererseits.<br />

Über den Schoberpass stieg der Bahntransit seit 2000<br />

um das neunfache auf 0,9 Mio. Tonnen transportierte<br />

Güter.<br />

2007 transportierten in Österreich zugelassene Straßen-<br />

güterfahrzeuge 354,28 Mio. Tonnen Güter im Inlands-,<br />

Transit- und grenzüberschreiten-den Verkehr. Im Tran-<br />

sitverkehr über die Brennerroute wurden 2007 31,6 Mio.<br />

Tonnen Güter befördert, das entspricht einem Zwölftel<br />

des von österreichischen Straßengüterfahrzeugen abge-<br />

wickelten Transportauf-kommens. Die hohe Bedeutung<br />

die dem Transitverkehr in Österreich zu-kommt, wird<br />

somit deutlich [vgl. Statistik Austria, 2008].<br />

Auf der wichtigsten West-Ost querenden Transitroute,<br />

von München über Salzburg und Wien in die Slowakei,<br />

Ungarn und andere osteuropäische Länder wurden im<br />

Jahr 2000 2,1 Mio. Tonnen Güter per Bahn transpor-<br />

tiert. 4,2 Mio. Tonnen Güter wurden auf der Straße und<br />

beachtliche 3,2 Mio. Tonnen wurden auf dem Wasser-<br />

weg transportiert [vgl. WKÖ, 2003].<br />

umweltbeeinträchtigungen des Straßenverkehrs im<br />

Vergleich zu anderen Verkehrsträgern<br />

Der Verkehr ist ein erheblicher Verursacher von Um-<br />

weltbeeinträchtigun-gen, welche in den nachfolgenden<br />

Kapiteln näher behandelt werden sollen.<br />

Schadstoffemissionen<br />

Der hohe Energieverbrauch im Luft- und Straßenverkehr<br />

wirkt sich direkt auf die Höhe der Schadstoffemissionen<br />

aus. Die Kohlendioxidbelastung ist bei einem LKW ca.<br />

sechsmal, bei der Stickoxidbelastung sogar ca. zwölfmal<br />

stärker <strong>als</strong> auf der Schiene.<br />

Der Straßenverkehr verursachte im Jahr 2004 fast ein<br />

Drittel der ver-kehrsbedingten Stickoxidemissionen<br />

(NOX) und ca. ein Fünftel der ver-kehrsbedingten Koh-<br />

lendioxidemissionen (CO2) in Österreich. Nahezu 20,0<br />

% der gesamten Feinstaubbelastung ist auf den Verkehr<br />

(Straßen-, Bahn-, Luft- und Schiffverkehr) zurückzufüh-<br />

ren.<br />

Kohlendioxid wirkt vor allem <strong>als</strong> klimaschädigende<br />

Substanz, während Stickoxide eine für den Menschen<br />

gesundheitsgefährdende Luftverunreinigung mit sich<br />

ziehen. Sie sind verantwortlich für die Bildung von<br />

Ozon und Smog. Gemeinsam mit dem sauren Regen<br />

tragen sie zum Waldsterben bei. Kohlenmonoxid ist ein<br />

hochgiftiger Schadstoff und bereits 0,5 % in der Atem-<br />

luft wirken bereits nach zehn Minuten töd-lich [vgl.<br />

Wolf, 2007].<br />

Luftschadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen erfol-<br />

gen in Bodennähe und wirken dadurch größtenteils in<br />

unmittelbarer Nähe der Verkehrswege auf Mensch und<br />

Umwelt ein. Somit sind den Gesundheitsrisiken des<br />

Straßenverkehrs vor allem BewohnerInnen an verkehrs-<br />

reichen Straßen (z.B. Transitrouten) ausgesetzt. Die Ge-<br />

samtwirkung der Luftschadstoffemissionen des Verkehrs<br />

ist schwer abzuschätzen, da es schwierig ist den Anteil<br />

des Verkehrs an einer be-stimmten Belastungssituation<br />

zu ermitteln und auch die Ermittlung von Wirkungen<br />

selbst ist problematisch, denn die Auswirkungen von<br />

Luftschadstoffbelastungen werden von den Betroffenen<br />

zumeist nicht unmittelbar wahrgenommen [vgl. Schäfer,<br />

2000].<br />

Verkehrslärm<br />

Abb.2: Länderspezifische Verteilung des alpenquerenden Straßengütertransitverkehrs, 2005<br />

Abb.3: Entwicklung des alpenquerenden Güterverkehrs auf der Straße und auf der Schiene, 2000-2007<br />

Etwa 25,0 % der ÖsterreicherInnen fühlen sich in ih-<br />

rem Lebensraum durch Lärm gestört. In mehr <strong>als</strong> 70,0<br />

% der Fälle ist die Lärmbelastung auf den Verkehr zu-<br />

rückzuführen und hier spielt vor allem der Straßenver-<br />

kehrslärm eine wesentliche Rolle [vgl. bmvit, 2007].<br />

Der Bahnverkehrslärm wird von Betroffenen aufgrund<br />

seiner zeitlich anderen Struktur <strong>als</strong> weniger störend<br />

empfunden [vgl. Schäfer, 2000]. Der Straßenverkehr ist<br />

in 82,0 % der Fälle die Quelle der Lärmbelästigung. In<br />

10, 2 % der Fälle ist die Lärmbelästigung auf den Schie-<br />

nenverkehr zurückzuführen. Der Flugverkehr ist in 5,2<br />

% und die Straßenbahn in 2,6 % der Fälle die Quelle<br />

der Verkehrslärmbelästigung [vgl. bmvit, 2007]. Folgen<br />

des Verkehrslärms können sich einerseits in einem An-<br />

stieg des Stresshormonspiegels und andererseits in einer<br />

Beeinträchtigung des Herz-Kreislauf-Systems auswir-<br />

ken, welche zu Todesfällen führen kann [vgl. Schäfer,<br />

14 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 15<br />

2000].<br />

Energieverbrauch<br />

Im Jahr 2003 entfielen in Österreich 28,0 % des Ener-<br />

gieverbrauches auf den Verkehrssektor. 90,0 % davon<br />

entfielen auf den Straßenverkehr, 6,0% auf den Luft-


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

verkehr und nur 4,0 % auf den Schienenverkehr [vgl.<br />

bmvit, 2007].<br />

Flächenverbrauch, Oberflächenversiegelung und Trenn-<br />

wirkung<br />

Das österreichische Straßennetz verfügt über eine Länge<br />

von 106.987 km, davon sind ca. 2.050 km (ca. 2,0 %)<br />

hochrangiges Netz [vgl. bmvit, 2007]. Der Flächenbe-<br />

darf eines Kilometers Autobahn (sechsspurig, inklusive<br />

Raststationen, Parkplätzen usw.) beträgt durchschnitt-<br />

lich neun Hektar, was einem derzeitigen Flächenver-<br />

brauch des hochrangigen Straßennetzes von ca. 14.760<br />

ha [eigene Berechnungen] entspricht. Durch diese Flä-<br />

cheninanspruchnahme kommt es zu einer Verringerung<br />

der Biomasse durch Oberflächenversiegelung und zu<br />

einer Schädigung der Biomasse im Umfeld der Auto-<br />

bahn. Durch den Bau einer Transitroute wird zwar der<br />

Norden mit dem Süden bzw. zwei Staaten miteinander<br />

verbunden, überspitzt formuliert trennt sie aber auch<br />

links und rechts innerhalb eines Staates. Die Zerstörung<br />

der bestehenden Kulturlandschaft, die Trennung von<br />

Tierpopulationen, Umwege für die Bevölkerung und die<br />

damit verbundenen Zeitverluste sowie eine Stärkung der<br />

Zwangsmobilität sind die Folgen dieser Trennwirkung<br />

[vgl. Hensler, 1991]. Das österreichische Schienennetz<br />

ist derzeit 7.139 km lang und pro Kilometer Schiene<br />

(zweigleisiges Hochgeschwindigkeitsstreckennetz) wer-<br />

den 1,2 Hektar Fläche versiegelt, dies entspricht einem<br />

österreichweitem Flächenverbrauch von etwa 8567 ha<br />

[vgl. Allianz pro Schiene, 2008].<br />

Entwicklung der öst. Verkehrspolitik seit<br />

1970 mit Fokus auf den Transitverkehr<br />

Bis in die 1970er Jahre war die Hauptaufgabe der ös-<br />

terreichischen Ver-kehrspolitik, welche <strong>als</strong> Bestandteil<br />

der nation<strong>als</strong>taatlichen Wirtschaftspolitik angesehen<br />

wurde, die effektive Produktion im Verkehrswesen.<br />

Ökologische Überlegungen hinsichtlich des Ressour-<br />

cenverbrauch, der Umweltbelastungen oder der Ver-<br />

16 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

kehrssicherheit sowie die instrumentelle Funktion des<br />

Verkehrs, um übergeordnete Ziele zu erreichen, wurden<br />

hinten angestellt. Der Ausbau der Infrastruktur erfolgte<br />

nachfrageorientiert [vgl. Steininger, 2008]. Der grenz-<br />

überschreitende Güterverkehr war aufgrund zwischen-<br />

staatlicher Abkommen geregelt, in denen festgelegt<br />

wurde, dass jährlich ein Kontingent an Genehmigungen<br />

für Straßengütertransporte (Anzahl der Fahrten) auszu-<br />

handeln ist. Zweck der Kontingentierung war die Kon-<br />

trolle des grenzüberschreitenden Güterverkehrs sowie<br />

eine Regu-lierung des Marktzuganges zum Schutz ein-<br />

heimischer Frächter [vgl. Ti-wald, 1987]. Von den sie-<br />

ben leistungsfähigen Eisenbahnen, welche die Alpen in<br />

Nord-Süd Richtung überqueren führten vier über öster-<br />

reichisches Staatsgebiet [vgl. Hainitz, 1984]. Der grenz-<br />

überschreitende Güterverkehr auf der Eisenbahn trug<br />

zu einem wesentlichen Teil zum Unternehmensergebnis<br />

der ÖBB bei. Die ÖBB begannen in der Leistungs- und<br />

Preisgestaltung auf die speziellen Bedürfnisse des inter-<br />

nationalen Verkehrs einzugehen [vgl. Tiwald, 1987].<br />

Regierungen Kreisky April 1970 - Mai 1983<br />

Erstm<strong>als</strong> wurde die Verkehrspolitik in Zusammenhang<br />

mit Fremdenver-kehr, Umweltschutz, Raumordnungs-,<br />

Arbeitsmarkts-, Wirtschaftspolitik gebracht.<br />

Den Fokus legte man auf den raschen und durchge-<br />

henden Ausbau des hochrangigen Straßennetzes (be-<br />

sonderen Vorrang genoss der Ausbau der Süd- und<br />

Phyrn-Autobahn), den Ausbau von Transitstrecken, der<br />

Elektrifizierung der Österreichischen Bundesbahnen,<br />

sowie den Bau mo-derner Zentralverschiebebahnhöfe<br />

und Umschlagseinrichtungen.<br />

In Hinblick auf die Transitverkehrsproblematik forderte<br />

Kreisky in seiner dritten Amtszeit (1975-1979) erstm<strong>als</strong><br />

eine finanzielle Beteiligung der NutzerInnen und eine<br />

Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene. Da-<br />

durch sollte die Lebensqualität in Transitregionen erhöht<br />

sowie eine Entlastung der bestehenden Straßen erreicht<br />

werden.<br />

In der vierten Amtszeit (1979-1983) begann man ge-<br />

samteuropäische Ge-sichtspunkte zur Finanzierung und<br />

Gestaltung des Straßennetzes heran-zuziehen, da der<br />

Ausbau der großen Transversalen nicht nur von natio-<br />

nalem Interesse war. Insbesondere dachte man hierbei an<br />

eine Beteiligung der Gemeinschaft an dem Ausbau der<br />

Innkreis- und Phyrn-Autobahn [vgl. Steininger, 2008].<br />

Nachfolgend werden wichtige, durchgesetzte Maßnah-<br />

men, welche den Transitverkehr betreffen, aufgezählt.<br />

Ab 1. Jänner 1975 galt der “Vertrag über die interna-<br />

tionale Eisenbahnbe-förderung von Gütern“ (CIM) für<br />

den grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr. Ab 1.<br />

Oktober 1977 galt der „Internationale Eisenbahntransit-<br />

tarif“ (MTT) für die Beförderung von Gütern im Transit<br />

mit RGW-Staaten [vgl. Tiwald, 1987]. In den 70er Jah-<br />

ren begann ein sukzessiver Elektrifizierungsschub bei<br />

den Österreichischen Bundesbahnen.<br />

Die vier wichtigsten Straßentransitrouten konnten teil-<br />

weise oder zur Gän-ze fertiggestellt werden. Das letzte<br />

Teilstück der Brennerautobahn wurde 1971 fertiggestellt<br />

[vgl. Hensler, 1991]. Der nördliche Teil der Tauernau-<br />

to-bahn mit dem Katschbergtunnel wurde 1974, der<br />

südliche Teil 1980 fertiggestellt [vgl. wikipedia, 2008].<br />

Der östliche Teil der Inntalautobahn wurde zwischen<br />

1968 und 1972, die Anschlussstellen in Innsbruck in den<br />

1970er Jahren und der westliche Teil in den frühen 80er<br />

Jahren fertiggestellt [vgl. wikipedia, 2008]. Auf der<br />

Phyrn-Autobahn wurde in den Jahren 1970 bis 1980 ein<br />

stark befahrenes Teilstück in der Steiermark (die soge-<br />

nannte Gastarbeiterroute) und 1983 wurde der Bosruck-<br />

Tunnel fertiggestellt [vgl. www.sattledet.oevp.at, 2008].<br />

1978 wurde die Straßenverkehrsabgabe eingeführt, wel-<br />

che nur von aus-ländischen VerkehrsteilnehmerInnen zu<br />

zahlen war [vgl. bmvit, 2007].<br />

1982 wurde die Autobahn und Schnellstraßen Finanzie-<br />

rungs-AG (ASFINAG) gegründet, welche ab nun die<br />

Planung, Finanzierung, Errichtung und Erhaltung des<br />

hochrangigen Straßennetzes über hatte [vgl. Kummer,<br />

2006].<br />

www.verkehrsjournal.at


Regierung Sinowatz Mai 1983-Juni 1986<br />

Die Fertigstellung wichtiger hochrangiger Straßenver-<br />

bindungen hatte einen enormen Transitverkehrszuwachs<br />

zur Folge. Zwischen 1970 und 1986 wuchs das Trans-<br />

portaufkommen über die Brennerroute von drei auf<br />

14 Mio. Tonnen transportierte Güter an [vgl. Watzka,<br />

1998]. Auf rechtlicher Ebene versuchte man im Bereich<br />

des Straßenverkehrsrechts die Aspekte der Verkehrssi-<br />

cherheit sowie die Auswirkungen des Verkehrsgesche-<br />

hens auf den menschlichen Lebensraum stärker zu in-<br />

tegrieren. Die Verkehrssicherheit sollte durch einen<br />

verbesserten Verkehrsfunk erhöht werden. Im Bereich<br />

der ÖBB mussten leitende Positionen künftig öffentlich<br />

ausgeschrieben werden um verbesserte Organisations-<br />

strukturen zu erreichen, welche die Bahn wettbewerbs-<br />

fähiger machen sollte [vgl. Steininger, 2008].<br />

Regierungen Vranitzky Juni 1986 – Jänner 1997<br />

Die freie Wahl des Verkehrsmittels war weiterhin<br />

eine wichtige Zielset-zung. Durch verkehrspolitische<br />

Maßnahmen sollte jedoch eine Verlagerung auf jenen<br />

Verkehrsträger erreicht werden, welcher die größte<br />

Vorteilhaftigkeit in Hinblick auf Verkehrssicherheit,<br />

Volkswirtschaft, Umweltverträglichkeit und wirtschaft-<br />

liche Effizienz besitzt. Die Erhöhung der Verkehrssi-<br />

cherheit sowie die Reduktion von Schadstoffemissionen<br />

und Verkehrslärm waren wichtige Ziele der zweiten<br />

Amtszeit (1987-1990). Ein besonderes Augenmerk lag<br />

hier auf der Transitverkehrsproblematik, da die durch<br />

den Straßenverkehr stark belasteten Gebiete größtenteils<br />

entlang von Transitrouten lagen. Geschwindigkeitsbe-<br />

schränkungen, technische Auflagen für Kraftfahrzeuge,<br />

Routen- und Tageszeitbeschränkungen sowie die Verla-<br />

gerung des Straßentransitverkehrs auf die Schiene wa-<br />

ren Aktionspunkte der Politik. Die Kapazitäten für den<br />

Huckepack- und Kom-binierten Verkehr sollten ausge-<br />

baut, Kooperationen mit benachbarten Eisenbahnver-<br />

kehrsunternehmen (EVU) eingegangen werden. Die At-<br />

traktivität des Schienengütertransitverkehrs sollte durch<br />

Infrastrukturverbesserungen und –anpassungen an das<br />

europäische Eisenbahnnetz erhöht werden. Verkürzte<br />

Transportzeiten sollten potenzielle Kunden vom Ver-<br />

kehrsträger Schiene überzeugen.<br />

In der dritten Amtszeit (1990-1994) betonte man, dass<br />

verkehrspolitische Entscheidungen den Erfordernissen<br />

des Umweltschutzes und der Bevöl-kerungsakzeptanz<br />

Rechnung tragen müssen. Dem umweltfreundlichen<br />

Verkehr sollte Vorrang gegeben werden. Um extrem be-<br />

lastete Gebiete zu entlasten sollte der Kombinierte Ver-<br />

kehr gefördert werden. Lärm- und Schadstoffemissionen<br />

sollten mit Hilfe von Vorschriften verringert werden<br />

und Steuern und Abgaben sollten an Emissionsklassen<br />

bemessen werden. Außerdem sollten gesetzliche Rah-<br />

menbedingungen geschaffen werden, um eine zeitliche<br />

und sektorale Verkehrsreduktion im Hinblick auf die<br />

Erreichung einer bestimmten Luftgüte zu ermöglichen.<br />

Dem Transitvertrag zwischen Österreich und der Euro-<br />

päischen Gemeinschaft kam ein besonderer Stellenwert<br />

18 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 19<br />

zu.<br />

In der vierten Amtszeit (1994-1995) wurden Infrastruk-<br />

turausbaumaßnah-men in sensiblen Alpenregionen not-<br />

wendig, um den Veränderungen des internationalen Ver-<br />

kehrsaufkommens Rechnung zu tragen. Erstm<strong>als</strong> wurde<br />

ein flächendeckendes, fahrleistungsabhängiges, ökolo-<br />

gisch gestaltetes Mautsystem diskutiert, um den Infra-<br />

strukturausbau finanzieren zu können, ohne das Budget<br />

weiter zu belasten. In der letzten Amtszeit Vranitzkys<br />

wurde vor allem die Notwendigkeit der Kostenwahrheit<br />

sowie die Internalisierung externer Kosten im Verkehr<br />

diskutiert, welche zur Wettbewerbsangleichung zwi-<br />

schen den Verkehrsträgern wichtig war [vgl. Steininger,<br />

2008].<br />

Nachfolgend werden wichtige, durchgesetzte Maßnah-<br />

men, welche den Transitverkehr betreffen, aufgezählt.<br />

Am 1. Dezember 1989 wurde in Österreich ein Nacht-<br />

fahrverbot für nicht lärmarme LKW mit einem hzG<br />

von über 7,5t auf den Autobahnen A8, A9, A10, A12,<br />

A13, A14 eingeführt. Für lärmarme LKW wurde die<br />

Geschwin-digkeitsbeschränkung auf 60 km/h festge-<br />

setzt [vgl. Hensler, 1991]. Diese Maßnahme hatte u.a.<br />

zur Folge, dass der nächtliche Straßenverkehrslärm um<br />

12 dB verringert wurde und bereits in den ersten vier<br />

Monaten des Jahres 1990 der LKW-Verkehr über den<br />

Brenner um 5% gesenkt werden konnte [vgl. Hensler,<br />

1991]. Sechs Jahre später wurde dieses Nachtfahrverbot<br />

auf ganz Österreich ausgeweitet.<br />

Am 21. August 1992 ratifizierte Österreich den Transit-<br />

vertrag mit der Eu-ropäischen Union, welcher den Tran-<br />

sitverkehr auf Straße und Schiene regeln soll. Zentrale<br />

Bestimmungen im Bereich Straßengüterverkehr wa-ren<br />

das hzG zwischen 38 und 42t, die Einführung von Um-<br />

weltnormen und die Verwirklichung des Ökopunktesy-<br />

stems. Im Bereich Schienengüterverkehr waren neben<br />

der Durchführung von Infrastrukturprojekten zahl-<br />

reiche Begleitmaßnahmen wie z.B. die Harmonisierung<br />

von technischen Vorschriften, die Schaffung von Haf-<br />

tungsregeln oder auch Beihilfen für den Kombinierten<br />

Verkehr von zentraler Bedeutung. Außerdem wurden


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

Regelungen zur Vereinfachung von Kontrollen und For-<br />

malitäten im Straßengüterverkehr festgelegt [vgl. Fre-<br />

rich et al, 2004].<br />

Am 1. Jänner 1993 wurde das Ökopunktesystem einge-<br />

führt, welches eine langfristige Reduktion der vom Stra-<br />

ßengütertransitverkehr verursachten Umweltbelastungen<br />

anstrebt. Ab sofort benötigte jeder LKW über 7,5t hzG<br />

im Transitverkehr durch Österreich eine bestimmt An-<br />

zahl an Ökopunkten, die dem Wert seiner Stickoxide-<br />

missionen entsprach. Bis 2003 sollten dadurch die Emis-<br />

sionen um 60 % reduziert werden.<br />

Die Kontingente wurden anhand von Schlüsseln an die<br />

Mitgliedsstaaten verteilt [vgl. Frerich et al, 2004]. Die<br />

Schwäche dieses Systems war, dass die ökopunkte-<br />

pflichtigen Transitfahrten ab 1999 durchwegs die Ober-<br />

grenzen überschritten, obwohl die Ökopunkte nie voll-<br />

ständig verbraucht wurden. Dies war auf die technischen<br />

Verbesserungen der LKW und der folglich geringeren<br />

Stickoxidemissionen zurückzuführen [vgl. Puwein,<br />

2007].<br />

Am 1. Jänner 1995 wurde eine fahrleistungsunabhängige<br />

Maut (Straßenbenützungsabgabe) für Kraftfahrzeuge<br />

mit einem hzG von über 12 Tonnen eingeführt. Sie löste<br />

den bis dahin geltenden Straßenverkehrsbeitrag, ab, da<br />

dieser ausländische VerkehrsteilnehmerInnen im Sinne<br />

der EU-Grundsätze diskriminierte [vgl. Watzka, 1998].<br />

Am 1. Februar 1996 wurde die Brennermaut erhöht. Der<br />

erhöhte Nachta-rif (167,2 €) war für alle LKW gleich,<br />

der Tagestarif unterschied in Öko-LKW (83,6 €) und<br />

nicht lärm- und abgasarme LKW (109,0 ). Der Güter-<br />

ver-kehr im Zeitraum zwischen 22.00 und 05.00 Uhr<br />

verringerte sich um 70,0 % [vgl. Watzka, 1998].<br />

1996 wurde das Strukturanpassungsgesetz erlassen,<br />

welches eine rech-nerische und organisatorische Tren-<br />

nung von Betrieb und Infrastruktur der Bahn vorsieht.<br />

Am 1. Jänner 1997 wurde eine fahrleistungsunabhän-<br />

gige Maut (Vignette) für alle Kraftfahrzeuge mit einem<br />

hzG von unter 12 Tonnen eingeführt. Sie galt auf 16 Au-<br />

20 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

tobahnen und neun Schnellstraßen. Darunter fallen auch<br />

alle wichtigen Transitstrecken [vgl. Watzka, 1998].<br />

Regierung Klima Jänner 1997-Oktober 1999<br />

Um dem Beitrittsvertrag der EU gerecht zu werden,<br />

sollte eine Anbindung der nationalen Infrastruktur an<br />

die transeuropäischen Netze erfolgen. Weitere wesent-<br />

liche Aufgaben waren der Ausbau des Schienenverkehrs<br />

und des Kombinierten Verkehrs, technische Standards<br />

zur Reduktion der Emissionsbelastungen und die Bei-<br />

behaltung und Weiterentwicklung der Ökopunkterege-<br />

lung. Im Sinne der EU-Wegekostenrichtlinie sollte eine<br />

schrittweise Anhebung der Mauten und Straßenbenüt-<br />

zungsabgaben erfolgen [vgl. Steininger, 2008].<br />

Nachfolgend werden wichtige, durchgesetzte Maßnah-<br />

men, welche den Transitverkehr betreffen, aufgezählt.<br />

Am 1. Dezember 1997 setzte Österreich das Schen-<br />

gen-Abkommen um. Ab diesem Zeitpunkt entfielen die<br />

Grenzkontrollen zwischen den einzel-nen Mitglieds-<br />

staaten des Schengen-Abkommens [vgl. www.europain-<br />

fo.at, 2008]. Dies hatte eine wesentliche Verkürzung der<br />

Transittransportzeiten zur Folge.<br />

Im Juli 1999 wurde das Schienenverkehrsmarktregulie-<br />

rungsgesetz vom Nationalrat beschlossen.<br />

Regierungen Schüssel Februar 2000 – Jänner<br />

2007<br />

Das Koalitionsabkommen zwischen der Österrei-<br />

chischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei Ös-<br />

terreich sah eine Liberalisierung und einen verstärkten<br />

Wettbewerb im Schienenverkehr, den umweltfreund-<br />

lichen Ausbau von Bahn- und Straßenverbindungen,<br />

die Verlagerung des Güterverkehrsaufkommens auf um-<br />

weltfreundlichen Verkehrsträger und den beschleunigten<br />

Transport von Gütern durch Österreich vor. In Bezug auf<br />

die LKW-Maut wollte man den Einführungstermin 1.<br />

Juli 2002 unbedingt beibehalten und Ausschrei-bungen<br />

für die Vergabe der Mautsysteme waren angelaufen. Die<br />

Transitverkehrsproblematik sollte durch faire Mautre-<br />

gelungen, Übergangsregelungen im Ökopunkteregime<br />

(z.B. sektorale und zeitliche Fahrverbote, Novellierung<br />

des Immissionsschutzgesetz-Luft) und grenzüberschrei-<br />

tende Infrastrukturinvestitionen aufgegriffen werden.<br />

Der Baubeschluss des Brenner-Basistunnels unter Betei-<br />

ligung der EU und Italien sollte so schnell wie möglich<br />

abgewickelt werden [vgl. Steininger, 2008].<br />

Nachfolgend werden wichtige, durchgesetzte Maßnah-<br />

men, welche den Transitverkehr betreffen, aufgezählt.<br />

Am 1. Jänner 2004 wurde eine fahrleistungsabhängige<br />

Maut (LKW- und Bus-Maut) für das hochrangige Stra-<br />

ßennetz für alle Kraftfahrzeuge über 3,5t hzG eingeführt<br />

[vgl. Kummer, 2006].<br />

Regierung Gusenbauer Jänner 2007 – November<br />

2008<br />

Zur Eindämmung des Transitproblems sollten neue Me-<br />

thoden zur Ermitt-lung der Kostenwahrheit und ein For-<br />

cierung einer Alpentransitbörse mit den Nachbarländern<br />

Österreichs ins Auge gefasst werden. Sonderfinan-zie-<br />

rungsmaßnahmen für den Brenner-Basistunnel wurden<br />

erarbeitet und LKW-Mautsätze sowie die Mineralölsteu-<br />

er werden angehoben. Eine weitere Maßnahme ist die<br />

effiziente und diskriminierungsfreie Ver-hängung von<br />

LKW-Fahrverboten. Die neue EU-Wegekostenricht-<br />

linie ermöglicht eine Querfinanzierung von der Straße<br />

zur Schiene. Das hochrangige Straßennetz soll in das<br />

Eigentum der ASFINAG übertragen werden, wodurch<br />

Einsparungen möglich werden sollen.<br />

Nachfolgend werden wichtige, durchgesetzte Maßnah-<br />

men, welche den Transitverkehr betreffen, aufgezählt.<br />

Mit 1. Mai 2008 wurden die LKW- und Bus-Maut um<br />

durchschnittlich vier Cent und die Mineralölsteuer auf<br />

Benzin und Diesel um respektive vier Cent erhöht.<br />

Es begann die Diskussion um die Einführung einer Al-<br />

pentransitbörse, ein europäisches, verkehrspolitisches<br />

Instrument zur Begrenzung des alpenquerenden Stra-<br />

ßengütertransitverkehrs durch die Versteigerung und<br />

den Handel von Transitrechten [vgl. Steininger, 2008].<br />

Angewandte transitverkehrspolitische<br />

Instrumente in Österreich<br />

Unter verkehrspolitischen Instrumenten versteht man<br />

Maßnahmen des Staates zur Gestaltung und Beeinflus-<br />

sung von Verkehrssystemen. Kum-mer unterscheidet<br />

hier in struktur-, prozess- und finanzpolitische Instru-<br />

mente.<br />

Die Strukturpolitik gliedert sich in die Infrastruktur- und<br />

die Marktpolitik. Die Infrastrukturpolitik beschäftigt<br />

sich mit der Bereitstellung von Verkehrsinfrastruktur,<br />

was sowohl Planung, Bau und Erhaltung von Wegen<br />

sowie die Verkehrsraumaufteilung umfasst. Die Markt-<br />

strukturpolitik beeinflusst die Wettbewerbsbedingungen<br />

auf den einzelnen Teilmärkten [vgl. Kummer, 2006].<br />

Die Prozesspolitik hat eine effiziente Nutzung der Ver-<br />

kehrsinfrastruktur zum Ziel. Dies soll durch die Setzung<br />

eines Rechtsrahmens, bestehend aus Gesetzen, Normen<br />

und Vorschriften und der anschließenden Ver-kehrssteu-<br />

erung mithilfe effizienter Instrumente erreicht werden.<br />

Ein weiterer Aufgabenbereich ist die Schaffung inte-<br />

grierter Verkehrssysteme [vgl. Kummer, 2006].<br />

Die Finanzpolitik befasst sich mit der Allokation der für<br />

den Verkehrsbe-reich vorhandenen Mittel und mit der<br />

Gestaltung von Einnahmen durch Steuern, Gebühren<br />

und Preisen im Verkehrsbereich [vgl. Kummer, 2006].<br />

In den folgenden Kapiteln sollen jene verkehrspoli-<br />

tischen Instrumente näher behandelt werden, welche in<br />

Österreich im Rahmen der Beeinflussung des Transit-<br />

verkehrs zum Einsatz kommen.<br />

Strukturpolitische Instrumente im Straßengüterverkehr<br />

Durch den Verzicht auf den Bau neuer hochrangiger<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

21


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

Straßen in den Alpen sowie strenge Zweckmäßig-<br />

keits-, Umweltverträglichkeits- und Risikoprüfungen<br />

beim Ausbau bestehender Straßen soll der Transportzu-<br />

wachs im Transit auf die Bahn gezwungen werden. Ne-<br />

gative Begleiterscheinungen hierbei sind häufigere und<br />

länger anhaltende Staus, welche den Binnen- Quell- und<br />

Zielverkehr stärker treffen <strong>als</strong> den Transitverkehr. Folgen<br />

sind erhöhte Staukosten und Umweltbelastungen für die<br />

Bevölkerung in Transitregionen [vgl. Puwein, 2007].<br />

Prozesspolitische Instrumente im Straßengüterverkehr<br />

Fahrverbote<br />

Ein Fahrverbot untersagt bestimmten Verkehrsteilneh-<br />

merInnen die Benutzung einer Straßenverkehrsanlage.<br />

Dieses Verbot kann sich auf einen Zeitraum während<br />

der Nacht (Nachtfahrverbot) oder auf bestimmte Tage<br />

beziehen (Sonn- und Feiertagsfahrverbot).<br />

In Österreich gilt auf allen Straßenverkehrsanlagen im<br />

Zeitraum von 22.00 bis 05.00 Uhr ein Nachtfahrverbot<br />

für Lastkraftfahrzeuge mit einem hzG von über 7,5 t.<br />

Ausgenommen davon sind, nach StVO § 42 Abs. 6 u.a.<br />

Fahrten mit lärmarmen Fahrzeugen. „Lärmarm“ bedeu-<br />

tet nach KDV § 8B Abs. 1, dass der A-bewertete Schall-<br />

pegel 80 dB(A) nicht übersteigt. In Tirol auf einem Ab-<br />

schnitt der A12 bzw. der A13 wurde das Nachtfahrverbot<br />

ganzjährig auf neun Stunden ausgeweitet. Außerdem<br />

besteht auf der A12 ein ganzjähriges Fahrverbot für Sat-<br />

telkraftfahrzeuge und LKW mit Anhänger über 7,5t hzG<br />

mit Euro 0, 1 oder 2 Motoren. Zusätzlich wurden sekto-<br />

rale Fahrverbote für bestimmte Güter eingeführt (z.B.<br />

Abfälle, Kraftfahrzeuge, Stahl uvm.). Dies erfolgte im<br />

Rahmen des Immissionsschutzgesetz Lufts (IG-L). Es<br />

soll damit eine Verlagerung des Transportaufkommens<br />

auf die Schiene erreicht werden (LGBl. Nr. 2006/90 und<br />

BGBl. Nr. 1997/115). Zahlreiche regionale Fahrverbote<br />

schränken den LKW-Verkehr weiter ein.<br />

Nach der StVO § 42 Abs. 1-5 gilt an Samstagen ab 15.00<br />

bis an Sonnta-gen bis 22.00 Uhr, sowie an gesetzlichen<br />

Feiertagen von 00.00 – 22.00 Uhr gilt auf allen Straßen-<br />

verkehrsanlagen in Österreich ein sogenanntes Wochen-<br />

endfahrverbot für LKW mit einem hzG von 7,5 t bzw.<br />

für LKW mit Anhänger, wenn das hzG des LKW oder<br />

Anhängers 3,5 t übersteigt. Davon ausgenommen sind<br />

Fahrten im Rahmen des Kombinierten Verkehrs.<br />

Flexible und feste Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />

Für Kraftfahrzeuge deren hzG über 3,5 t liegt, gilt in<br />

Österreich eine Ge-schwindigkeitsbeschränkung von<br />

80 km/h auf Autobahnen und Schnellstraßen. Kraft-<br />

fahrzeuge welche vom Nachtfahrverbot ausgenom-men<br />

sind, unterliegen einer Geschwindigkeitsbeschränkung<br />

von 60 km/h in diesem Zeitraum (BGBl. Nr. 1989/527).<br />

Damit soll eine Reduzie-rung der Lärm- und Schad-<br />

stoffimmissionen zum Schutz der Bevölke-rung erreicht<br />

werden. Durch das IG-L ist es möglich, bei Überschrei-<br />

ten bestimmter Schadstoffgrenzwerte die vorgeschrie-<br />

bene Geschwindigkeit flexibel zu reduzieren (zumeist<br />

auf 100 km/h). Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf<br />

den Kraftfahrzeugverkehr über 3,5t hzG, da hier eine ge-<br />

nerelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h vor-<br />

geschrieben ist. Durch das IG-L (BGBl. Nr. 2007/302)<br />

wurde es jedoch auch möglich zeitliche und räumliche<br />

Beschränkungen in Hinblick auf den Schutz der Luftgü-<br />

te zu vollziehen, welche dann sehr wohl Auswirkungen<br />

auf den LKW-Verkehr haben.<br />

Gewichtsnormen<br />

In Österreich dürfen LKW ohne Anhänger ein höchst<br />

zulässiges Gesamt-gewicht von 32 t bzw. mit Anhänger<br />

von 40 t nicht überschreiten.<br />

Finanzpolitische Instrumente im Straßengüterverkehr<br />

Verkehrsspezifische Steuern<br />

Für den Straßengüterverkehr sind hier vor allem die<br />

Kraftfahrzeugsteuer (fahrleistungsunabhängig) und die<br />

Mineralölsteuer (fahrleistungsabhängig) von Bedeu-<br />

tung. Die Kraftfahrzeugsteuer wird für alle in Österrei-<br />

ch zugelassenen Kraftfahrzeuge erhoben und hat somit<br />

22 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

23


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

keinen transitverkehrsbeeinflussenden Charakter. Die<br />

Mineralölsteuer hingegen ist eine Territori<strong>als</strong>teuer, die<br />

allerdings durch das Auftanken in anderen Ländern um-<br />

gangen werden kann. Da sie sowohl von inländischen<br />

wie auch von ausländischen VerkehrsteilnehmerInnen<br />

zu entrichten ist, ist eine ausschließliche Beeinflussung<br />

des Transitverkehrs ebenfalls nicht möglich. Die Mine-<br />

ralölsteuer beträgt in Österreich 0,30 € pro Liter Diesel<br />

und liegt somit im unteren Drittel des EU-Durchschnitts<br />

[vgl. Kummer, 2006].<br />

Maut<br />

Unter einer Maut versteht man ein Entgelt für die Nut-<br />

zung von Straßen. Sie kann fahrleistungsabhängig oder<br />

zeitabhängig sein. Grundsätzlich ist jeder inländische<br />

wie auch ausländische VerkehrsteilnehmerInnen von<br />

der Maut betroffen [vgl. Kummer, 2006]. In Österreich<br />

richtet sich die Staffelung der Tarife nach der Anzahl der<br />

Achsen. Damit soll dem Verursacherprinzip Rechnung<br />

getragen werden. Diese Regelung betrifft alle Nutzfahr-<br />

zeuge wie Lastkraftwagen, Busse und schwere Wohn-<br />

mobile über 3,5 t hzG [vgl. www.asfinag.at, 2008].<br />

Die Höhe der festgelegten Mauttarife muss sich an dem<br />

Bau, dem Betrieb und dem Ausbau des betreffenden<br />

Verkehrsnetzes orientieren [vgl. EU-Wegekostenrichtli-<br />

nie]. Diese Regelung ermöglicht die Einhebung höherer<br />

Mauttarife auf Stre-cken, welche überdurchschnittlich<br />

hohe Kosten verursachen.<br />

Auf der A13, der Brennerautobahn, wird für LKW der<br />

Kategorie 4 zwischen 22:00 und 05:00 Uhr ein Nacht-<br />

tarif verlangt, der dem doppelten Tagestarif entspricht<br />

[vgl. www.asfinag.at, 2008].<br />

Die Einnahmen fließen der Autobahn- und Schnellstra-<br />

ßen Finanzierungs-AG (ASFINAG) zu und sollen vor-<br />

wiegend für die Schuldentilgung, den Betrieb, die Sanie-<br />

rung und den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes<br />

verwendet werden. Eine Querfinanzierung anderer Ver-<br />

kehrsträger ist somit bislang noch nicht vorgesehen. Das<br />

österreichische Mautsystem ist vollelektronisch und ba-<br />

siert auf dem Mikrowellensystem. Durch die Verwen-<br />

dung eines „Multilane-Free-Flow“-Systems fällt eine<br />

Stoppnotwendigkeit zur Abbuchung der Mautbeträge<br />

weg, was die Entstehung zusätzlicher Staus verhindert.<br />

Die zwei wesentlichsten Komponenten dieses Systems<br />

sind die on-board-unit im Fahrzeug, sowie die Mautbal-<br />

ken auf der Straße [vgl. Kummer, 2006].<br />

Strukturpolitische Instrumente im Schienengüterverkehr<br />

Ausbau der Schieneninfrastruktur<br />

Der Transitverkehr ist durchwegs Langstreckenverkehr<br />

– ein Segment, in dem die Bahn sich am ehesten gegen<br />

den Straßengüterverkehr behaup-ten kann. In Österreich<br />

erhofft sich die Verkehrspolitik durch den Ausbau der<br />

alpenquerenden Schienenwege eine Verlagerung des<br />

Transportauf-kommens von der Straße auf die Schiene.<br />

Der Generalverkehrsplan Ös-terreich sieht umfangreiche<br />

Ausbaumaßnahmen für die wichtigste alpenquerende<br />

Bahnverbindung, die Brennerbahnstrecke, vor. Die ge-<br />

schätzten Kosten belaufen sich bei einer geschätzten<br />

Bauzeit von acht Jahren auf 5,4 Milliarden Euro. Es<br />

ist eine Querfinanzierung aus den Mauteinnahmen des<br />

Schwerverkehrs über den Brenner vorgesehen. Auch<br />

Trassenentgelte der bestehenden Bahnen werden die neue<br />

Infrastruktur mitfinanzieren. All dies reicht aber bei wei-<br />

tem nicht aus und so ist derzeit geplant, dass Österreich<br />

und Italien je 40 % und die EU 20 % der Kosten über-<br />

nehmen wird. Naheliegend wäre, jene Wirtschaftsräume<br />

die von diesem Infrastrukturausbau profitieren auch an<br />

den Baukosten zu beteiligen. Ob der Ausbau der Schie-<br />

neninfrastruktur wirklich ein geeignetes Instrument zur<br />

Verlagerung des Transportaufkommens auf die Schiene<br />

ist, ist fraglich, da die be-stehenden Bahntrassen bisher<br />

kaum voll ausgelastet waren [vgl. Puwein, 2007].<br />

Deregulierung<br />

Durch die Richtlinie 91/440/EWG und den dazugehö-<br />

rigen Verordnungen der EU stand einer konsequenten<br />

Deregulierung des österreichischen Schienenverkehrs-<br />

marktes nichts mehr im Wege. Das Hauptaugenmerk lag<br />

auf der rechnerischen und organisatorischen Trennung<br />

von Betrieb und Infrastruktur [vgl. Kummer, 2006].<br />

Dies wurde in Österreich mit dem Strukturanpassungs-<br />

gesetz 1996 (BGBl. Nr. 1996/201) durchgeführt. Ein<br />

weiterer Schritt hin zum freien Wettbewerb am Eisen-<br />

bahnmarkt von Schienenverkehrsleistungen war das<br />

Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz welches im<br />

Juli 1999 vom Nationalrat beschlossen wurde. Ziel war<br />

die wirtschaftliche Nutzung der Schienenbahnen in Ös-<br />

terreich zu gewährleisten. Dies sollte geschehen durch<br />

[vgl. Schäfer, 2000]:<br />

Förderung des Wettbewerbs zwischen den EVU<br />

Förderung des Eintritts neuer EVU in den Schienen-<br />

verkehrsmarkt<br />

Sicherstellung des Zuganges zur Schieneninfrastruk-<br />

tur<br />

gegenseitige Verknüpfung der Schienenbahnen<br />

Die Deregulierung des österreichischen Schienenver-<br />

kehrsmarktes hat zu keiner großartigen Veränderung<br />

des Modal Splits zugunsten des Schienengüterverkehrs<br />

beigetragen. Dennoch konnte das Transportaufkommen<br />

im Schienengüterverkehr auf den wichtigen Bahntransi-<br />

trouten gesteigert werden und die Deregulierungsmaß-<br />

nahmen sind hierfür sicher mitverantwortlich.<br />

Prozesspolitische Instrumente im Schienengüterverkehr<br />

Das europäische Schienenverkehrsnetz ist historisch<br />

gewachsen und weist unterschiedliche Spurweiten, Si-<br />

cherungssysteme, Stromversor-gungssysteme uvm auf.<br />

Besonders im grenzüberschreitenden Verkehr ist es für<br />

nationale EVU schwierig diese technischen und orga-<br />

nisatorischen Hemmnisse zu überwinden [vgl. Schäfer,<br />

2000]. Notwendiges Umladen von Transporteinheiten,<br />

Umspuren von Waggons oder ein Wechsel des Zug-<br />

person<strong>als</strong> und die damit verbundenen Zeitverluste und<br />

Kosten stellen einen wesentlichen Nachteil im grenzü-<br />

berschreitenden Schienengüterverkehr gegenüber dem<br />

Straßengüterverkehr dar. Das European Train Control<br />

System (ETCS) ist eine Initiative der Europäischen Uni-<br />

on, welche eine europaweite Harmonisierung der Zug-<br />

sicherungssysteme in vier Schritten (Levels) zum Ziel<br />

hat. 1999 testete man auf der Strecke Wien-Budapest<br />

erfolgreich das ETCS. 2001 folgte die Einführung des<br />

ersten Levels des ETCS auf der Strecke Wien-Nickels-<br />

dorf. 2009 soll die Strecke Passau-Wels folgen. Die eu-<br />

ropaweite Einführung des ETCS wird nach Schätzungen<br />

aber noch 15-20 Jahre dauern und bis dahin haben EVU<br />

weiterhin mit den benachteiligenden Problemen der<br />

mangelnden Interoperabilität zu kämpfen [vgl. wikipe-<br />

dia, 2008].<br />

Finanzpolitische Instrumente im Schienengüterverkehr<br />

Trassenpreise bezeichnen das Entgelt für die Nutzung<br />

einer Kapazitäts-einheit (Zeitfenster) auf einer be-<br />

stimmten Bahnstrecke. Ziel des Trassen-preissystems<br />

ist es, eine gute Auslastung der Infrastrukturkapazität<br />

zu erreichen sowie den durch die Nutzung entstehenden<br />

Ressourcenverbrauch abzugelten. In Österreich richtet<br />

sich die Höhe der Trassenpreise nach der Strecke/Re-<br />

lation. Besonders hoch frequentierte Strecken wie z.B.<br />

die für den Transitverkehr maßgebliche Brenner- oder<br />

Tauernstrecke werden höher bepreist. Ob dies zweck-<br />

dienlich in Hinblick auf die Verlagerung des Transit-<br />

transportaufkommens auf die Schiene ist, ist fraglich.<br />

Die Einnahmen fließen ausschließlich dem Infrastruk-<br />

turbetrieb zu und eine Quersubventionierung zwischen<br />

den getrennten Geschäftsbereichen der Eisenbahn ist<br />

aufgrund der Richtlinie 91/440 EWG der EU verboten<br />

[vgl. Kummer, 2006].<br />

Auswirkungen der im Straßengüterverkehr angewandten<br />

Instrumente auf den Schienengüterverkehr<br />

Durch die bereits zu klein werdende Infrastrukturkapa-<br />

zität im alpenque-renden Straßentransit und den zusätz-<br />

lichen Verzicht auf den Bau neuer, hochrangiger Straßen<br />

in den Alpen wird der Transportzuwachs im Transit auf<br />

die Bahn ausweichen müssen.<br />

24 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

25


TRANSITvERkEHRSPOLITIk IN ÖSTERREIcH<br />

Fahrverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen und<br />

technische Normen „benachteiligen“ den Straßengüter-<br />

verkehr was wiederum zu einer erhöhten Attraktivität<br />

des Schienengüterverkehrs führt.<br />

Benützungsentgelte für Straßenverkehrsanlagen, die<br />

Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer erhöhen<br />

die Transportkosten im Straßenverkehr spürbar und sol-<br />

len den Straßentransit auf die Schiene „zwingen“.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Brenner-, Tauern- und Phyrnroute sind die wich-<br />

tigsten alpenqueren-den Transitrouten Österreichs und<br />

alle verzeichnen ein stetig wachsendes Transportauf-<br />

kommen. Die Verhältnisse zwischen Straße und Schiene<br />

könnten hierbei aber unterschiedlicher nicht sein.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Die vom Straßenverkehr verursachten Schadstoffemis-<br />

sionen und der hohe Energieverbrauch, der <strong>als</strong> sehr<br />

störend empfunden Straßenverkehrslärm, der hohe Flä-<br />

chenverbrauch von Straßenverkehrsanlagen und die da-<br />

raus resultierende Trennwirkung wirken sich belastend<br />

auf Mensch und Umwelt aus.<br />

Der Transitverkehr im Spannungsfeld zwischen der<br />

Forderung nach freiem Warenverkehr einerseits und<br />

der Forderung der Menschen nach hoher Lebensquali-<br />

tät zählt zu den größten Problemen der österreichischen<br />

Verkehrspolitik.<br />

Allianz pro Schiene: Umweltschonend mobil: Bahn, Auto, Flugzeug, Schiff im Umweltvergleich<br />

(Mai 2008), 2008<br />

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie: Verkehr in Zahlen: Ausgabe<br />

2007, Wien, 2007<br />

Cerwenka, Peter: Ein ungeliebtes Kind und seine Wiege: Der Transitver-kehr in seiner Umwelt,<br />

in: Halbmayr, Karl / Gürtlich, Gerhard (Hrsg.): ÖVG Spezial Band 6: Transitverkehr in<br />

Österreich, Wien, 1984, S 131-13<br />

Frerich, Johannes / Müller, Gernot: Europäische Verkehrspolitik: Von den Anfängen bis<br />

zur Osterweiterung der europäischen Union, Bonn, 2004<br />

Gürtlich, Gerhard / Halbmayr, Karl (Hrsg.): ÖVG Spezial Band 6: Tran-sitverkehr in Österreich,<br />

Wien, 1984<br />

Hainitz, Helmut: Struktur und Verteilung des Schienentransitverkehrs in Österreich, in:<br />

Halbmayr, Karl / Gürtlich, Gerhard (Hrsg.): ÖVG Spezial Band 6: Transitverkehr in Österreich,<br />

Wien, 1984, S 31-38<br />

Halbmayr, Karl: Begriffliche Abgrenzung und Problemstellung, in: Halb-mayr, Karl / Gürtlich,<br />

Gerhard (Hrsg.): ÖVG Spezial Band 6: Transitverkehr in Österreich, Wien, 1984, S 1-8<br />

Halbmayr, Karl: Verkehrspolitische Folgerungen aus der Transitfunktion Österreichs, in:<br />

Halbmayr, Karl / Gürtlich, Gerhard (Hrsg.): ÖVG Spezial Band 6: Transitverkehr in Österreich,<br />

Wien, 1984, S 151-153<br />

Hensler, Sabine: Probleme des Transitverkehrs über die Brennerroute, Wien, 1992<br />

Kummer, Sebastian: Einführung in die Verkehrswirtschaft, Wien, 2006<br />

Schäfer, Erich: Umweltverträgliche Verkehrspolitik mit rechtlichen Instru-menten, Wien,<br />

2000<br />

Steininger, Gotthard Maximilian: Ziele und Vorgaben der österreichischen Verkehrspolitik<br />

in den Koalitionsabkommen der Bundesregierung: Ein Zeitvergleich 1945-2007<br />

Tiwald, Wolfgang Alexander: Verkehrsprobleme Österreichs <strong>als</strong> Folge seiner Lage an der<br />

Grenze von zwei Wirtschaftsblöcken, Wien, 1987<br />

Puwein, Wilfried: Evaluierung von Regelungen für den Gütertransitverkehr durch die Alpen,<br />

in: WIFO Monatsberichte, 2007, 7, S 597-614<br />

Watzka, Nina: Neue Instrumente der österreichischen Verkehrspolitik: Vignette und Road<br />

Pricing, Wien, 1998<br />

WKOE: Aktuelle Lkw-Transitdiskussion: Wirtschaftskammer OÖ unterbreitet 8 Forderungen<br />

(6. November 2003), 2003<br />

Wolf, Winfried: Verkehr. Umwelt. Klima, Wien, 2007<br />

http://www.asfinag.at/index.php?idtopic=31<br />

http://www.bmvit.gv.at/verkehr/gesamtverkehr/statistik/aqgv.html<br />

http://www.europainfo.at/hm_a/detail.asp?show=27<br />

http://www.sattledet.oevp.at/ooe/frames/phyrnabfr/htm<br />

http://www.statisitk.at<br />

http://www.wikipedia.org<br />

26 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Dieses Bewusstsein entwickelte sich aber erst im Lau-<br />

fe der Zeit, denn bis zu den 70er Jahren wurden öko-<br />

logische Überlegungen in der Verkehrspolitik vernach-<br />

lässigt. Von 1970 bis Mitte der 80er Jahre wurde der<br />

Straßenbau besonders stark vorangetrieben und das auf<br />

der Straße transportiere Güteraufkommen explodierte<br />

regelrecht.<br />

Erst in den späten 80er Jahren begann die Politik die schon<br />

seit langem bestehenden Probleme auf den Transitrouten<br />

in Angriff zu nehmen. In den folgenden Jahren wurden<br />

Nacht- und Wochenendfahrverbote, fahr-leistungsunab-<br />

hängige Mauten und Sondermauten für besonders be-<br />

lastete Gebiete eingeführt. Der Transitvertrag, welcher<br />

den Transitverkehr zwischen Österreich und den Mit-<br />

gliedsstaaten der Europäischen Union regeln soll, sah<br />

unter anderem eine sogenannte Ökopunkteregelung vor.<br />

Jedoch blieben die erhofften Erwartungen aus.<br />

2004 wurde die fahrleistungsabhängige Maut für das<br />

hochrangige öster-reichische Straßennetz eingeführt.<br />

Mit ihr soll dem Verursacherprinzip Rechnung getragen<br />

werden. Seit kurzem diskutiert man die Einführung einer<br />

Alpentransitbörse, die das Transitverkehrsaufkommen<br />

reduzieren soll, indem Transitrechte gehandelt werden.<br />

Zur Zeit versucht die österreichische Verkehrspolitik<br />

durch den Verzicht auf den Bau neuer Alpenstraßen, Ge-<br />

schwindigkeitsbegrenzungen und Gewichtsnormen für<br />

den Schwerverkehr, Maut und mit Hilfe von zeitlichen<br />

Fahrverboten den Transitverkehr auf die Schiene zu ver-<br />

lagern. Gleichzeitig erhofft man sich vom Ausbau der<br />

Schieneninfrastruktur, der Deregulierung des Schienen-<br />

verkehrsmarktes und der Angleichung nationaler tech-<br />

nischer Normen an europäische Normen den Schienen-<br />

verkehr attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen.<br />

Das Grundproblem, das explodierende weltweite Güter-<br />

verkehrswachstum, kann dadurch aber nicht bekämpft<br />

werden und so wird auch weiterhin der Transitverkehr<br />

durch Österreich das Problemkind der nationalen Ver-<br />

kehrspolitik bleiben. Denn nur eine Vermeidung des<br />

Transportaufkommens könnte wirklich Abhilfe schaf-<br />

fen.<br />

?<br />

Foto kann leider nicht angezeigt werden.<br />

Marlene Zatl studierte an der Fachhochschule des bfi<br />

Wien den Studiengang „Logistik und Transportma-<br />

nagement“.


MEINUNG ZUM THEMA<br />

MEINuNG ZuM THEMA<br />

Auszüge reger Diskussionen zum Thema „Angebote der ÖBB“<br />

auf verkehrsforum.at<br />

Snow and Fun Ticket<br />

Takeshi Skifahren ohne Ende, der Winter samt dem<br />

Schnee ist da! Mit dem Ticekt kann man an- und ab-<br />

reisen mit der öbb, plus der Transfer zum Skigebiet ist<br />

drinnen. Gleichzeitig ist das Ticket auch eine Skitages-<br />

karte (kann man bei der Liftkassa dann umtauschen).<br />

Ist insgesamt auch nur an einem Tag gültig.<br />

Anonym Und was kostet der (Snow and) Fun? Eine<br />

Kombination von Anfahrt und Luftkarte ist sinnvoll.<br />

Schon durch die hinfällige Parkplatzsuche, aber wird<br />

damit auch die Liftkarte billiger?<br />

Takeshi Das ist ganz verschieden, der Preis setzt sich<br />

ja auch aus Anreise und co zusammen, einfach mal<br />

auf die hp klicken, da sind ceh ein paar Preisbeispiele<br />

drinne, ich bin letztens von Wels zum Kasberg ge-<br />

fahren und das waren samt den ticket und skipass so<br />

knappe 30 Euro.<br />

Anonym Gut, das ist nicht schlecht. Braucht man dazu<br />

eigentlich eine Vorteilscard oder lassens einen auch so<br />

mitfahrn ;)<br />

Takeshi Kann man auch sowohl mit <strong>als</strong> auch ohne bu-<br />

chen, aber klar dann wirds nochm<strong>als</strong> günstiger! Drum<br />

waren bei mir eben 30 - ich glaube ohne wären 5 euro<br />

mehr gewesen! Ach ja - auch wenn man sich was aus-<br />

borgen möchte, sollte man dann das herzeigen, da be-<br />

kommt man auch bis zu 15% Ermässigungen wenn<br />

man Skier oder Helm oder was braucht!<br />

Blackbird Hier noch einmal die Details bevor der<br />

Frühling kommt: Das Snow & Fun-Ticket beinhaltet:<br />

1) die An- und Abreise mit der Bahn<br />

2) den Transfer zum Skigebiet und retour<br />

(Bustransfer ist zeitlich immer auf die Snow&Fun-<br />

Züge abgestimmt.)<br />

3)Skitageskarte - ÖBB-Ticket ist gleichzeitig auch<br />

Skitageskarte!<br />

Nettes Detail am Rande: Dieses Jahr gab es sogar<br />

einen eigenen Apres-Ski Discobus. Da sind dann an-<br />

scheinend wirklich alle Skigaudifreunde auf ihre Ko-<br />

sten gekommen.<br />

Städtereisen der ÖBB<br />

Anonym Ich hab mir grad wieder die Angebote der<br />

ÖBB auf ihrer Seite angeschaut, und bin von den Städ-<br />

treisen sehr begeistert. Für einen Betrag von plus/mins<br />

45 Euro kann man in unterschiedlichen Städten eine<br />

Nacht verbringen. Sicher geht sich an diesen zwei<br />

Tagen nicht aus alles an Sehenswürdigkeiten zu se-<br />

hen, was so eine Stadt zu bieten hat, aber mit etwas<br />

Information kann man doch die wichtigsten Sachen,<br />

samt gutem Essen und Urlaubsfeeling unterbringen.<br />

Hat jemand von euch schon eines dieser Städtereise-<br />

angebote genutzt? Und würdet ihr das anderen auch<br />

empfehlen?<br />

Anonym Was ist denn in diesem Preis inkludiert? Und<br />

welche Städte stehen zur Auswahl? Manche kann man<br />

ja sehr wohl in 1-2 Tagen erkunden. Denn Stadt ist<br />

nicht gleich Stadt. Jede hat etwas anderes zu bieten<br />

und ob das viel oder wenig ist wird wohl auch der Rei-<br />

sende selbst entscheiden müssen.<br />

Takeshi Ach da ist von bis alles dabei an Städten -<br />

ganz unterschiedlich! Einfach mal auf die hp der rail-<br />

tours schaun! Und ich kanns nur empfehlen, kurzer<br />

schöner Städtetripp mit allem drum und dran, ich finds<br />

gut, besser <strong>als</strong> wenn mans im Reisebüro bucht da zahlt<br />

man sicher mehr!<br />

Anonym So weit ich weiß kann man sich zum selben<br />

Preis in den Reisebüros am Bahnhof beraten lassen.<br />

Aber um vorab die (Sonder)Angebote durchzustö-<br />

bern oder sich auch online zu entscheiden ist die Seite<br />

schon auch geeignet. So weit ich gesehen habe sind<br />

die meisten Reisen inklusive ausgewählter Hotels und<br />

Verpflegung. Sprich all inclusive.<br />

Takeshi Apropos Städtereise und ÖBB: die haben<br />

jetzt auch ein tolles Angebot für Budapest - man kann<br />

hin und retour fahren um 29 Euro! Es ist jedoch nur<br />

höchstens 4 Tage gültig und natürlich auf gewisse<br />

Züge beschränkt!<br />

Railjet<br />

Anonym Der neue Railjet der ÖBB ist nun schon bald<br />

einem Monat (seit 14.12.) im Einsatz. Zwischen Bu-<br />

dapest Wien und München verkehrt der neue Hochge-<br />

schwindigkeitszug à la TGV mit modernster Ausstat-<br />

tung, höchstem Komfort, zeitgemäßem Design und<br />

ein exklusivem Serviceangebot.<br />

28 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

29


INSTITUTIONALISIERTE RADvERkEHRSfREUNDLIcHkEIT?<br />

Institutionalisierte<br />

Radverkehrsfreundlichkeit?<br />

Intro<br />

Im Frühjahr 2009 sind in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit<br />

vermehrt verschiedenste Ideen, Forderungen<br />

und Ansätze für mehr Radverkehrsfreundlichkeit<br />

in der Straßenverkehrsordnung (StVO) diskutiert<br />

worden. Die Vorschläge reichten von der Aufhebung<br />

der Benützungspflicht von Radwegen über die Vereinfachung<br />

der (Vorrang-)Regelungen bis hin zur Idee,<br />

Radverkehrsstraßen einzuführen. Sie konnten somit<br />

statt den jedes Jahr in den Sommermonaten an die<br />

Oberfläche gelangenden Forderungen nach Fahrradkennzeichen<br />

einen differenzierteren Diskussionsinhalt<br />

zum Radverkehr einbringen.<br />

Institutionalisierte benachteiligung<br />

Wie sieht die Praxis der radverkehrsbezogenen Politik<br />

in Österreich aus?<br />

Auf der einen Seite wird der Radverkehr (RV) in den<br />

meisten Verkehrskonzepten <strong>als</strong> wesentlicher Bestandteil<br />

eines verträglichen zukünftigen Verkehrssystems<br />

angesehen – auf allen Ebenen, vom Bund über die<br />

Länder bis zu den Kommunen. Oftmalig und wiederholt<br />

wird hervor gestrichen, wie gut, wichtig, gesund<br />

und auch lustvoll Radfahren sei [vgl. Hiess H. et al.<br />

2003; Rosinak & Partner et al. 2006; Loimer H. et al.<br />

2008].<br />

Auf der anderen Seite wird der Radverkehr <strong>als</strong> solcher<br />

noch immer stiefmütterlich behandelt. Es gibt<br />

Tadej Brezina<br />

grundsätzlich keinen Grund vorab, den Freizeit- und<br />

Alltagsradverkehr nicht <strong>als</strong> mindestens gleichwertig<br />

anzusehen. Bislang ist im ländlichen und semiurbanen<br />

Raum das Hauptaugenmerk aber nur auf ersteren gerichtet<br />

worden. Der Radverkehr ist auf den mentalen<br />

Karten vieler Menschen noch immer etwas, das die<br />

große Masse nur in der Freizeit <strong>als</strong> Sport oder touristische<br />

Fortbewegung betreibt. In den Städten gibt es<br />

einen kleinen Bevölkerungsanteil, der das Rad auch<br />

für seine Alltagswege z.B. für Fahrten in die Arbeit<br />

verwendet.<br />

Viele kleine Initiativen, beispielsweise auf Gemeinde-<br />

oder Gemeindeverbandsebene agieren im Bereich<br />

der Radverkehrsförderung oft engagiert, aber selten<br />

koordiniert und an einem Strick in eine Richtung<br />

ziehend. Dennoch werden hie und da beachtliche Erfolge<br />

erreicht [vgl. Castro Fernández A. et al. 2009].<br />

Von einer Zusammenarbeit unter großer nationaler<br />

Schirmherrschaft jedoch kann keine Rede sein, eher<br />

von Flickwerk. Daraus lässt sich der generelle Befund<br />

ableiten, dass der Radverkehr, mit einigen städtischen<br />

Ausnahmen, nach wie vor eine geringe, dem motorisierten<br />

Individualverkehr (MIV) weit untergeordnete,<br />

Rolle spielt.<br />

Der Masterplan Radfahren [vgl. Koch H. 2006] <strong>als</strong> nationales<br />

Beispiel stellt einen guten Startpunkt dar – in<br />

den Niederlanden hat der Radverkehrsboom ja auch<br />

mit dem „Masterplan fiets“ ab Ende der 1980er Jahre<br />

sehr erfolgreich seine institutionalisierte Lenkung<br />

erfahren. Aber er stellt auch nur Absichten und keine<br />

verbindlichen Strukturen dar. Und engagierte und<br />

notwendig erscheinende Pläne im<br />

Bereich umweltbezogener Handlungsfelder<br />

hat es in Österreich<br />

schon viele gegeben, die in ihrer<br />

Umsetzung weit weniger engagiert<br />

voranschritten, ja direkt versandeten<br />

– z.B. der NUP, der Nationale<br />

Umweltplan aus dem Jahre 1995<br />

[vgl. BM f. Umwelt 1995].<br />

Grundlegende Änderungen des<br />

Verhaltens bedürfen einer grundlegenden<br />

Veränderung, eines<br />

Wechsels in den ihnen zu Grunde<br />

liegenden Strukturen – den sozialen<br />

Regelsystemen. Für einen tatsächlichen<br />

Umschichtungseffekt<br />

beim Modal Split wird daher eine<br />

verkehrspolitische Priorisierung<br />

notwendig sein, die sich nicht nur<br />

gedanklich, sondern vor allem gegenständlich<br />

manifestiert. Will<br />

man entsprechende Änderungen in<br />

den Daten des Modal Splits erreichen,<br />

ist eine Verhaltensänderung<br />

notwendig und diese ist wiederum<br />

nur zu erreichen über eine Veränderung<br />

der verkehrlichen Strukturen:<br />

bei den Gesetzen, den Finanzen<br />

und der gebauten Umwelt [vgl.<br />

Knoflacher H. 2007].<br />

Elemente der institutionalisierten<br />

Hemmung des Radverkehrs in Österreich<br />

sind:<br />

Die Radverkehrsförderung auf<br />

Ebene des Bundes wird vom<br />

Umweltministerium propagiert,<br />

das primär verantwortliche Verkehrsministerium<br />

hält sich zurück;<br />

Die Landesbauordnungen haben<br />

keine Vorschreibung von<br />

hochqualitativen Radabstellplätzen.<br />

Ausnahmen sind Oberösterreich,<br />

Salzburg und die<br />

Steiermark. Wobei nur in Oberösterreich<br />

die Regelungstiefe<br />

<strong>als</strong> zufriedenstellend, weil analog<br />

den PKW-Abstellplätzen,<br />

angesehen werden kann [vgl.<br />

Knoflacher H. et al. 2007];<br />

30 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 31


INSTITUTIONALISIERTE RADvERkEHRSfREUNDLIcHkEIT?<br />

Abb.1: Ist der Radverkehr in den verkehrswirksamen Strukturen nicht, oder nur<br />

aushilfsmäßig vertreten, so äußert sich das auch im entsprechenden Verhalten und dem<br />

Modal Split [modifiziert nach Knoflacher, 2007]<br />

Es besteht keine gesetzliche Möglichkeit, nicht gebrauchte<br />

PKW-Abstellplätze für den Radverkehr<br />

umzunutzen. Das Rechtssystem ist auf das Verkehrsmittel<br />

PKW fixiert.<br />

Die Benützungspflicht von Radverkehrsanlagen für<br />

alle Radfahrer. Ausnahmen sind: Rennräder bei Trainingsfahrten,<br />

mehrspurige Fahrräder, Fahrräder mit<br />

Anhängern für Personen und Lasten [vgl. Nationalrat<br />

1960]. Die Radbenützungspflicht ist ja eine Erfindung<br />

des Deutschen Reiches, um das Rad weg von<br />

der Fahrbahn zu bekommen [vgl. www.recht-fürradfahrer.de,<br />

2009] und dem Autoverkehr möglichst<br />

freie Fahrbahnen zu bieten.<br />

Nachdem die StVO die Radfahrer auf Radfahranlagen<br />

zwingt, nimmt sie ihnen generell die Vorfahrt:<br />

„Radfahrer, die eine Radfahranlage verlassen, haben<br />

anderen Fahrzeugen im fließenden Verkehr den Vorrang<br />

zu geben.“ [§ 19 Abs. 6a StVO 1960 idgF], bzw.<br />

zwingt sie zu niedrigeren Geschwindigkeiten <strong>als</strong> auf<br />

Fahrbahnen möglich wären: Die 10 km/h Regelung<br />

für Radfahrer auf nicht mit Lichtzeichen geregelten<br />

Radfahrüberfahrten [§ 68 Abs. 3a StVO 1960 idgF].<br />

Neben rechtlichen gibt es aber auch Schikanen der<br />

physischen Art, die die Geringschätzung des Fahrrades<br />

<strong>als</strong> Verkehrsmittel verdeutlichen, beispielsweise<br />

Gitter, Bordsteinkanten, Schranken, etc. (siehe<br />

Abb. 2). Vor allem Gitter werden mit dem Vorwand<br />

bzw. der Absicht des Schutzes montiert, z.B. vor dem<br />

zu querenden Autoverkehr mit hoher Geschwindigkeit,<br />

ohne jedoch am Kernproblem, der hohen Geschwindigkeit,<br />

was ändern zu wollen.<br />

Fahrradschleusen – aus Deutschland und Holland<br />

stammend – sind seit längerem auch in den Österreichischen<br />

Richtlinien verankert [vgl. Forschungsgemeinschaft<br />

Straße und Verkehr 2001]. In der Umsetzung<br />

sind aber diese Maßnahmen zur priorisierten<br />

und besser sichtbaren Aufstellung von Radfahrern<br />

im Kreuzungsbereich jedoch eher noch eine seltene<br />

Erscheinung.<br />

Bei den infrastrukturellen Maßnahmen kommt trotz<br />

Statements wie „Es geht nicht um den Bau von Radwegen,<br />

sondern ums Radfahren“ [vgl. Westhauser C.<br />

et al. 2007] dann doch im Regelfall „containment“<br />

[im Sinne einer Eingrenzung, Abgrenzung, Abschirmung]<br />

statt „inclusion“ heraus.<br />

Im institutionalisierten Verkehrsprozedere fehlt die<br />

Prüfung der Sicherheit und der zumutbaren Bedingungen<br />

für Radfahrer <strong>als</strong> physisch schwächste Benutzer<br />

von Fahrbahnen und dementsprechend eine<br />

konsequente Infrastrukturgestaltung gänzlich.<br />

Im Lichte der Erfolge anderer Länder und Städte, die<br />

international präsentiert werden, sollten in Österreich<br />

auch rechtlich-organisatorische Strukturen eingerichtet<br />

werden, die dem Radverkehr die tatsächliche Chance<br />

bieten, die Rolle in der Realität zu übernehmen, die ihm<br />

in diversen Konzepten, Plänen und politischen Bekundungen<br />

zugesprochen wird: <strong>als</strong> gleichberechtigtes Verkehrsmittel<br />

für jedermann und jederfrau eine Stütze für<br />

die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen in der<br />

Mobilität sein.<br />

32 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 33<br />

beispiele<br />

Drei exemplarische Beispiele dieser strukturellen Benachteiligung<br />

seien im Folgenden angeführt.<br />

Die Abstellmöglichkeit an Quelle und Ziel sind wesentliche<br />

Voraussetzungen für das Antreten eines Weges.<br />

Nun werden Radabstellplätze in Städten im überwiegenden<br />

Ausmaß dort errichtet, wo Flächen „übrig bleiben“<br />

oder von Fußgeherflächen abgezwackt werden<br />

können. Das Vorsehen von Abstellmöglichkeiten für das<br />

Fahrrad analog dem PKW am Fahrbahnrand stellt eine<br />

Ausnahme dar. Die Stadt Münster hat einen Rad-Modal-<br />

Split-Anteil von 35,2 % [vgl. www.muenster.de, 2009]<br />

und besitzt in ihrer Innenstadt ca. 8.000 Radabstellplätze.<br />

Bei 273.000 Einwohnern macht das ca. 0,03 Radabstellplätze<br />

pro Person in der Innenstadt. Wenn man eine<br />

ähnliche Radinfrastrukturqualität für Wien anbieten<br />

wollte, würde das bedeuten, dass allein in der Wiener<br />

Abb.2: Gitterabsperrungen am Thermenradweg südlich von Vösendorf,<br />

Kreuzung mit der Schönbrunner-Allee<br />

Abb.3: Skizze der dem Radverkehr zugemuteten Umwege am Bsp. LB17 bei Guntramsdorf<br />

Innenstadt – innerhalb des Gürtels – ca. 49.000 Radabstellplätze<br />

angeboten werden müssten. Zum Vergleich:<br />

in der gesamten Stadt gibt es heute 10.000 Stellplätze<br />

[derstandard.at, 2009]. Bei der Stadt Baden (ca. 24.000<br />

Einwohner) wären es 740 Abstellplätze im Vergleich zu<br />

den bestehenden 400 im Zentrum [Auskunft DI Michael<br />

Madreiter, Bauamt Baden, 2009].<br />

Als zweites Beispiel kann die Errichtung einer baulich<br />

getrennten Seitenfahrbahn (für einseitigen Zweirichtungsbetrieb<br />

für Fahrräder … aber auch landwirtschaftlichen<br />

Verkehr) auf der LB17 im Abschnitt nördlich von<br />

Guntramsdorf (NÖ) genannt werden. Dort wurde auf<br />

der Fahrbahn ein Radfahrverbot verhängt und die Seitenfahrbahn<br />

ursprünglich mit einer Wintersperre versehen.<br />

Mittlerweile wurde die Sperre nach Protesten wieder<br />

aufgehoben. Somit wurde in Kauf genommen, dem<br />

Radverkehr einfach eine Lücke im Netz „anzubieten“.<br />

Die Einbindungen im Norden und Süden sind keinesfalls<br />

für eine praxistaugliche Benützung ausgelegt (siehe<br />

Abb. 3). Die Benachteiligungen (für eine Wiedereingliederung<br />

schiebend auf Schutzstreifen mit Lichtsignalanlagen<br />

zwei Straßen queren, etc.) werden von Seiten<br />

der NÖ Landesregierung „<strong>als</strong> für Radfahrer unter den<br />

örtlichen Gegebenheiten zumutbarer Mehrweg“ gerechtfertigt<br />

[Verhandlungsschrift der BH Mödling vom


INSTITUTIONALISIERTE RADvERkEHRSfREUNDLIcHkEIT?<br />

26.11.2008].<br />

Zum Dritten sind die beiden Eisenbahnkreuzungen der<br />

Badener Bahn mit der LB17 im Bereich Wiener Neudorf<br />

zu nennen, die im Jahr 2002 grundlegend umgebaut worden<br />

sind. Dabei verbreiterte sich die Spurrille auf 77,5<br />

mm. An und für sich kein großes Hindernis für Radfahrer,<br />

wenn in annähernd rechtem Winkel befahren. Diese<br />

Eisenbahnkreuzungen sind jedoch durch ganz besonders<br />

schleifende Schnitte am Fahrbahnrand gekennzeichnet,<br />

da die Bahntrasse von der trassenparallelen Lage von der<br />

einen Seite auf die andere wechselt. Die durch den Winkel<br />

bedingte verbreiterte Spurrille, die komplexe Anordnung<br />

von vier zu querenden Rillen sowie der starke und<br />

schnell fahrende Autoverkehr, der kaum Raum lässt den<br />

Querungswinkel zu vergrößern stellen ein erhebliches<br />

Risiko und eine Stresssituation für Radfahrer dar. Die<br />

Behörde sieht hier keine entsprechende Risikostelle mit<br />

Notwendigkeit zur infrastrukturellen Vorsorge und ließ<br />

nach Beschwerden 2003 lediglich Warntafeln „Achtung<br />

Rillenschiene“ aufstellen [Auskunft Mag. Steinkellner,<br />

Amt der NÖ LReg. Abt. Verkehrsrecht, 2009]. Systembedingt<br />

wird so faktisch eine weitere Lücke im Grundnetz<br />

„angeboten“.<br />

Routenvorschlag: Radverkehrsfreundlichkeit<br />

institutionalisieren<br />

Welche Änderungen sind notwendig, um Radverkehrsfreundlichkeit<br />

auch institutionell zu verankern, sodass<br />

sie im Stande sind, den Radverkehr in Zukunft in allen<br />

verkehrsrelevanten Aspekten automatisch einzugliedern<br />

und somit mehr Radverkehr zu ermöglichen, zu stimulieren?<br />

Ein Routenvorschlag in zehn Punkten:<br />

1. Radabstellplätze auf der Fahrbahn statt Kampf um<br />

Knappheit auf Fußgängerflächen. Der § 68 Abs. 4 StVO<br />

spricht von Mindestbreiten zur Abstellung von Fahrrädern<br />

auf Gehsteigen. Es ist wichtig, den oftm<strong>als</strong> schon<br />

sehr beschränkten Platz für Fußgeher nicht noch durch<br />

Radabstellplätze auf Gehsteigen weiter zu beschneiden.<br />

Eine Gleichstellung von Fahrradparken und KFZ-Parken<br />

ist notwendig: generell auf dem Fahrbahnrand.<br />

2. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit [Pressekonferenz<br />

am 06.05.2009] forderte, dass eine juristische Regelung<br />

es den Gemeinden ermöglicht, bei individuellen<br />

Radverkehrsanlagen die Benützungspflicht aufzuheben.<br />

Um Radverkehr <strong>als</strong> gleichberechtigte Verkehrsart zu institutionalisieren,<br />

sollte vom Bundesgesetzgeber aus, die<br />

Radwegbenützungspflicht generell aufgehoben werden,<br />

sodass es jenen Radfahrern, die einen Radweg benutzen<br />

wollen – aus welchen Gründen auch immer – freigestellt<br />

ist, diesen zu benutzen. Von der Generalklausel sollte<br />

lediglich die Möglichkeit übrig bleiben, in bestimmten<br />

Einzelfällen eine Benützungspflicht zu verordnen. Bei<br />

dieser Einzelfallregelung ist es notwendig, sie an einen<br />

verbindlichen Kriterienkatalog zu verknüpfen, sodass<br />

ein qualitativer Mindeststandard gegeben ist. Rechtlich<br />

dürfte einer solchen Regelung nichts im Wege stehen,<br />

denn die Wiener Verkehrskonvention von 1968 [vgl.<br />

United Nations 1968, Art. 27 Abs. 4] beinhaltet beim<br />

Thema Trennung von Radverkehr und motorisierter Individualverkehr<br />

(MIV) lediglich eine Kann- und keine<br />

Muß-Bestimmung: „Where cycle tracks exist, Contracting<br />

Parties or subdivisions thereof may forbid cyclists<br />

to use the rest of the carriageway.“ Damit verbunden<br />

wäre der Effekt der „Safety in Numbers“. Mehr Radfahrer<br />

auf der Fahrbahn erhöhen die Aufmerksamkeit<br />

der motorisierten Verkehrsteilnehmer und führen so zu<br />

einem verträglicheren Miteinander und weniger Unfällen<br />

[vgl. Peck C. 2009; Raisman G. 2009].<br />

3. Die Organisation des Straßenverkehrs ist dominiert<br />

von Parametern des MIV. Dem Radverkehr wird im Regelfall<br />

dort Platz zugebilligt, wo er übrig bleibt. Um eine<br />

Verbesserung der Gestaltungsmöglichkeiten von Radverkehrsführungen<br />

zu erhalten, ist es an der Zeit, dass<br />

der Bundesgesetzgeber das Instrument „Fahrradstraße“<br />

analog wie in der BRD und Holland (fietsstraat) in die<br />

StVO einführt und damit eine Umkehrung der Prioritäten<br />

ermöglicht: Das KFZ wird zum Gast mit beschränkten<br />

Rechten.<br />

4. Die Öffnung von Einbahnen für den Radverkehr [§8a<br />

Abs. 2 StVO 1960 idgF] im Siedlungsgebiet hat sich<br />

<strong>als</strong> ausgesprochen wirkungsvolles Radverkehrsinstrument<br />

erwiesen, da es dem Radverkehr Teile jener Netzdurchlässigkeit<br />

zurück gibt, die vor der KFZ-verkehrsbedingten<br />

Einführung von Einbahnen bestanden haben.<br />

Grundsätzlich sollte jede Einbahn für den Radverkehr<br />

geöffnet werden, ausgenommen in Fällen eines verbindlich<br />

festzulegenden Kriterienkatalogs.<br />

5. Für alle Verkehrsteilnehmer sind einheitliche, klare<br />

und durchgehend logische Vorrangregeln zu schaffen.<br />

Eine Sonderbehandlung des Radverkehrs mit besonderen<br />

Regelungen ist nicht weiter zu verfolgen. Auch soll<br />

die Möglichkeit geschaffen werden, z.B. bei stark nachgefragten<br />

und priorisierten Radverbindungen die Vorrangregelungen<br />

zu Gunsten dieser Radverkehrsanlagen<br />

gestalten zu können (Z.B. Stoppschilder für KFZ-Verkehr<br />

bei Querung eines Radhighways).<br />

6. Die Verkehrsmittelwahl lebt und stirbt mit den Zugangsbedingungen<br />

zwischen Quell-/ Zielpunkt und Verkehrsmittel.<br />

Daher ist es notwendig, verbindliche Rege-<br />

lungen für Fahrrad-Abstellplätze von hoher Qualität in<br />

die Bauordnungen zu übernehmen. Diese Regelungen<br />

haben sowohl Neubauten <strong>als</strong> auch die Möglichkeiten<br />

der Nachrüstung von Altbauten zu berücksichtigen. Darin<br />

enthalten sind: Zugänglichkeit über externe Rampen<br />

oder ebenerdig ohne Ecken und Winkel; Abstellanlagenausmaße<br />

und -größen; Überdachung von Außenanlagen;<br />

Mindestentfernungen zur Anlage. Das heißt keine Notlösungs-Radabstellräume<br />

z.B. in Wohnhausanlagen, die<br />

über verwinkelte Wege und Stiegen erreichbar sind, sondern<br />

Schaffung von Abstellanlagen, wo Fahrräder in abfahrbereiter<br />

Position für Nutzer große Erleichterungen<br />

und auch große Attraktivität bieten. Oberösterreich hat<br />

hier bereits ein gutes Beispiel gegeben [Oö. Bautechnikgesetz<br />

1994 (LGBl. Nr. 67/1994) idgF].<br />

7. Qualitativ hochwertige Radabstellplätze sind nicht<br />

nur zu einem Instrument der Bauordnung, sondern auch<br />

der Wohnbauförderung zu machen.<br />

8. Die baulich rechtlichen Regelungen sind vom Grundtenor<br />

einer KFZ-gestützten Mobilität geprägt. Die Bauordnungen<br />

verpflichten zur Errichtung von Stellplätzen oder<br />

zu entsprechenden Ausgleichszahlung [vgl. Knoflacher<br />

H. et al. 2007]. Da die Verpflichtung zur Parkplatzerrichtung<br />

aber oftm<strong>als</strong> nicht mit der Realität der Mobilitätsgestaltung<br />

von Immobilienbesitzern übereinstimmt<br />

(und auch den ökologischen, energiepolitischen und<br />

raumplanerischen Zielsetzungen widerspricht), ist vom<br />

Gesetzgeber eine Regelung zu schaffen, die die Errichtung<br />

bzw. den Nachweis eines PKW-Stellplatzes an den<br />

KFZ-Besitz koppelt. Zugleich ist vorzusehen, dass bestehende,<br />

aber nicht in Anspruch genommene KFZ-Abstellplätze<br />

vom Besitzer legal anderweitigen Nutzungen<br />

zugeführt werden können, statt starr am Konzept eines<br />

„Zwangsparkplatzes“ festzuhalten.<br />

9. Der Vorschlag von NÖ.radlobby.at zur Einführung<br />

von Radverkehrs-Gemeinderäten sollte auch auf Fußgeher<br />

ausgeweitet werden. Analog zu den Umweltgemeinderäten<br />

bringt dieses weisungsungebundene Organ die<br />

zwingende Auseinandersetzung aller Gemeinderäte mit<br />

der Radverkehrs- und Fußgehersituation vor Ort.<br />

10. Schlussendlich bleibt zu konstatieren, dass, wollen<br />

die gesteckten Ziele beim Modal-Split ernsthaft verfolgt<br />

werden, eine Umschichtung der Anteile der Verkehrs-<br />

und Baubudgets der Gebietskörperschaften aliquot den<br />

angepeilten Modal-Split-Anteilen notwendig ist. Für die<br />

Organisation und die Anlagen des Umweltverbundes im<br />

gewünschten Ausmaß müssen entsprechende Finanzmittel<br />

zur Verfügung stehen. Denn wenn in den Finanzstrukturen<br />

nach wie vor business-as-usual vorherrscht,<br />

sind die gefassten Ziele nicht erreichbar, mehr noch, zei-<br />

gen sie doch den Zynismus in der Diskrepanz zwischen<br />

angekündigter und tatsächlich eingeschlagener Zielanpeilung.<br />

Dass es möglich ist, sinnvolle Änderungen von Strukturen,<br />

z.B. des Verkehrsrechtes, durch Grassroots-Bewegungen<br />

zu initiert, hat Portugal eindrucksvoll belegt<br />

[vgl. Alves M. 2009].<br />

Tadej Brezina hat<br />

sein Bauingenieur-Studium<br />

2004<br />

abgeschlossen und<br />

arbeitet derzeit <strong>als</strong><br />

wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im<br />

Forschungsbereich<br />

für Verkehrsplanung<br />

und Verkehrstechnik<br />

an der Technischen<br />

Universität Wien.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Nationalrat (1960); Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften<br />

über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960);<br />

BGBl. 159/1960;<br />

United Nations (1968); Convention on Road Traffic; http://www.unece.<br />

org/trans/conventn/crt1968e.pdf.<br />

Forschungsgemeinschaft Straße und Verkehr (2001); Radverkehr;<br />

RVS 03.02.13;<br />

Alves M. (2009); Licence to kill? A campaign to change the Portuguese<br />

Road Code; Velo-city 2009 - Re-cycling cities; Bruxelles; http://www.<br />

velo-city2009.com/.<br />

BM f. Umwelt (1995); NUP - Nationaler Umweltplan; Wien; Österreichische<br />

Bundesregierung.<br />

Castro Fernández A., Pfaffenbichler P. C., Regner K. (2009); Was<br />

Gemeinden für mehr und sicheren Radverkehr tun können; Wien; Bundesministerium<br />

für Verkehr, Innovation und Technologie.<br />

Hiess H., Oblak S., Rosinak W., Snizek S. (2003); Masterplan Verkehr<br />

Wien 2003 - Kurzfassung; Wien; Stadtentwicklung Wien - MA18.<br />

Knoflacher H. (2007); Grundlagen der Verkehrs- und Siedlungsplanung:<br />

Verkehrsplanung; Wien; Verlag Böhlau.<br />

Knoflacher H., Schopf J. M., Brezina T. (2007); Zusammenstellung und<br />

Analyse der Vorschriften und Richtlinien zu Anzahl und Organisation der<br />

Stellplätze im MIV für Österreich in Hinblickauf eine Verbesserung der<br />

Umweltverhältnisse; i.A. von: BMLFUW, Abt. V/5 - Verkehr, Mobilität,<br />

Siedlungswesen und Lärm; Wien;<br />

Koch H. (2006); Masterplan Radfahren - Strategie zur Förderung des<br />

Radverkehrs in Österreich; Wien; BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt<br />

und Wasserwirtschaft.<br />

Loimer H., Paula L., Prem J., Snizek S., Weitschacher H., Wessig R.<br />

(2008); NÖ Strategie Verkehr; St. Pölten; Amt der NÖ Landesregierung.<br />

Peck C. (2009); Safety in numbers - evidence from 101 local authorities<br />

in England; Velo-city 2009 - Re-cycling cities; Bruxelles; http://www.<br />

velo-city2009.com/.<br />

Raisman G. (2009); Bicycle Safety and Crash Reduction in Portland,<br />

Oregon, USA; Velo-city 2009 - Re-cycling cities; Bruxelles; http://www.<br />

velo-city2009.com/.<br />

Rosinak & Partner, Besch + Partner (2006); Mobil im Ländle - Verkehrskonzept<br />

Vorarlberg 2006; Bregenz; Amt der Vorarlberger Landesregierung.<br />

Westhauser C., Rauh W., Kodym A., Schadinger E., Merbaul H.,<br />

Längauer K. (2007); Radfahren im Alltag in Niederösterreich; St. Pölten;<br />

Amt der NÖ Landesregierung.<br />

34 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 35


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vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

38 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

VERbESSERuNG DER VERKEHRSSICHERHEIT DuRCH<br />

ROAD SAFETy AuDIT uND ROAD SAFETy INSPECTION<br />

Einleitung<br />

Remigiusz Moneta<br />

Der Fokus, welcher mit der vorliegenden Arbeit verfolgt wird, liegt auf der Verdeut-<br />

lichung, dass Verkehrssicherheit heutzutage eine große Rolle spielt. Die Erhöhung<br />

der Sicherheit muss nicht nur bei der Planung von neuen Projekten, sondern auch bei<br />

bestehender Infrastruktur berücksichtigt werden. Vor allem aufgrund von steigendem<br />

Verkehrsaufkommen, sowohl im Personen- <strong>als</strong> auch im Güterverkehr, müssen Maß-<br />

nahmen getroffen werden, um das sichere Vorankommen für alle Verkehrsteilnehmer<br />

auf dem Straßennetz zu ermöglichen.<br />

Außerdem werden in dieser Bachelorarbeit zwei mögliche Maßnahmen zur Verbes-<br />

serung der Verkehrssicherheit – Road Safety Audit und Road Safety Inspection – be-<br />

schrieben und anhand von Beispielen näher erläutert.<br />

Abschließend wird an einem, in der Praxis bereits umgesetztem, Modell gezeigt, wie<br />

mit Hilfe einer erfolgreich durchgeführten RSI (Road Safety Inspection) die Verkehrs-<br />

sicherheit in diesem Abschnitt verbessert wurde und welche Veränderungen (z.B.: Un-<br />

falldichte, Unfallrate) gezielt gesetzte Sicherheitsmaßnamen bewirkt haben.<br />

Relevanz der Themenstellung<br />

„In den 70er und 80er Jahren ist es durch eine Verbesserung des Sicherheitsstandards<br />

der Fahrzeuge und durch verkehrssicherheitspolitische Maßnahmen gelungen, die Zahl<br />

der Unfälle, im besonderen aber die Zahl der Verletzten und der Toten, abzusenken.<br />

Seit 1988 verzeichnen wir beim Unfallgeschehen eine Trendwende zum Schlech-<br />

teren. Vor allem muß [sic!] uns die Tatsache zu denken geben, daß [sic!] Österreich<br />

bei den Verkehrstoten in der europäischen Statistik im Vorderfeld angesiedelt ist und<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 39


ERObERN vERbESSERUNG DIE LOw DER cOST vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

cARRIER DEN LUfTvERkEHRSMARkT?<br />

die Gesamtentwicklung beweist die Notwendigkeit, uns<br />

fortwährend ernsthaft und rational mit den Fragen der<br />

Verkehrssicherheit auseinanderzusetzen und sinnvolle<br />

neue Maßnahmen gesetzlich zu verankern.“[Neisser/<br />

Kukacka, 1992]<br />

Um die Verkehrssicherheit zu verbessern und eine Re-<br />

duktion der Unfallhäufigkeit zu erlangen, sind neben der<br />

Verkehrsüberwachung auch straßenbauliche Maßnah-<br />

men notwendig [vgl. Neisser/Kukacka, 1992].<br />

Unfallprävention zu betreiben heißt natürlich auf der<br />

einen Seite Schritte zu setzen, um die Verkehrsüberwa-<br />

chung zu steigern (z.B.: Radar, Section Control) und auf<br />

der anderen Seite ist es auch wichtig, dass bereits bei der<br />

Planung der Infrastruktur dem Thema Verkehrssicherheit<br />

eine hohe Relevanz zukommt und dass Abweichungen,<br />

die durch f<strong>als</strong>che Planung entstehen, mithilfe baulicher<br />

Maßnahmen konsequent beseitigt werden [vgl. Neisser/<br />

Kukacka, 1992].<br />

„Momentan befindet sich ein Richtlinienvorschlag in<br />

der Diskussion, der sich mit einem Sicherheitsmanage-<br />

ment für die Straßenverkehrsinfrastruktur befasst […]<br />

durchgreifende Veränderungen im Planungsprozess und<br />

im Bestand von Straßen-(teil)netzen und Straßennetz-<br />

abschnitten mit sich bringen wird.“[Lacroix/Gerlach,<br />

2009]<br />

„Durch die konsequente, regelmäßige und vor allem<br />

flächendeckende Anwendung von Unfallhäufungsstel-<br />

lenmanagement, Road Safety Inspection, Road Safety<br />

Audit […] könnte nach Schätzungen des Kuratorium für<br />

Verkehrssicherheit die Zahl der getöteten Verkehrsteil-<br />

nehmer um bis zu 150 verringert werden.“[KfV, 2009]<br />

Diese Zitate bekräftigen die Wichtigkeit und Aktualität<br />

von Verkehrssicherheit in Europa. Diese Entwicklung<br />

ist nicht nur auf das ansteigende Verkehrsaufkommen,<br />

sondern auch auf die hohe Zahl der Verkehrsunfälle zu-<br />

rückzuführen.<br />

In einem Gespräch hat das KfV (Kuratorium für Ver-<br />

40 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

kehrssicherheit) festgehalten, dass RSA (Road Safety<br />

Audit) und RSI (Road Safety Inspection) bereits in an-<br />

deren Ländern erfolgreich betrieben werden und auch<br />

in Österreich verstärkt umgesetzt werden sollen. Ziel ist<br />

es, Unfallprävention zu betreiben, Planungsfehler aus-<br />

zubessern, um somit Unfälle zu verhindern und Kosten<br />

einzusparen.<br />

Forschungsfrage<br />

Wie kann die Verkehrssicherheit durch Road Safety Au-<br />

dit und Road Safety Inspection verbessert werden und<br />

wie können die, durch die Maßnahmen erzielten, Ver-<br />

änderungen mithilfe von Key Performance Indicators<br />

messbar gemacht werden?<br />

Methodische Vorgehensweise<br />

Für die Erstellung dieser Bachelorarbeit wurde sowohl<br />

deutsch- <strong>als</strong> auch englischsprachige Literatur verwen-<br />

det. Es wurden Bücher, Fachjournale, Zeitschriften, wis-<br />

senschaftliche Artikel und Dokumente aus dem Internet,<br />

sowie Konferenzberichte und Papers miteinbezogen.<br />

Ziel ist es auch, aktuelle Berichte und Pressemeldungen<br />

in die Arbeit mit einfließen zu lassen, um eine qualita-<br />

tiv hochwertige Recherche und Beantwortung der For-<br />

schungsfrage zu garantieren.<br />

Im ersten Abschnitt des Hauptteils wird zur Verdeutli-<br />

chung der Relevanz dieser Arbeit und zur allgemeinen<br />

Definition und Erläuterung des Begriffes „Verkehrssi-<br />

cherheit“ aus mehreren deutsch- und englischsprachigen<br />

Quellen zitiert.<br />

Anschließend werden in dieser Arbeit anhand von wis-<br />

senschaftlichen Artikeln und Dokumenten aus dem<br />

Internet sowie mithilfe von Berichten und Pressemel-<br />

dungen die Begriffe RSA und RSI erklärt und mit Bei-<br />

spielen veranschaulicht.<br />

Mit zur Verfügung gestellten Daten und Informationen<br />

der Firma ASFINAG (Autobahnen- und Schnellstra-<br />

ßen- Finanzierungs- Aktiengesellschaft), über die im<br />

Wechselabschnitt der A2 Süd-Autobahn durchgeführte<br />

RSI, wird der dritte Teil des Hauptkapitels beginnen.<br />

Weiter vertieft wird diese Thematik durch eine, vom<br />

KfV eigens für diesen Autobahnabschnitt erarbeiteten,<br />

unveröffentlichten Statistik. Anhand von umfassenden<br />

Unfalldaten, die mir vom KfV übermittelt worden sind,<br />

habe ich eine selbst erarbeitete Zusammenfassung von<br />

Vorher/Nachher-Unfallzahlen erstellt. Zum besseren<br />

Vergleich der Vorher/Nachher-Unfallzahlen in diesem<br />

Straßenabschnitt gibt es KPI (Key Performance Indica-<br />

tors). Die Unfalldichte und die Unfallrate habe ich <strong>als</strong><br />

Kennzahlen zum Vergleich herangezogen.<br />

Aufbau der Arbeit<br />

Im Hauptteil dieser Bachelorarbeit wird zunächst auf<br />

das Thema Verkehrssicherheit, anhand von einer Defini-<br />

tion, Unfallstatistiken und Erläuterung der momentanen<br />

Situation in Österreich im europäischen Vergleich, näher<br />

eingegangen.<br />

Danach folgt eine Beschreibung und ausführliche Erklä-<br />

rung von RSA und RSI mit einigen Beispielen zur bes-<br />

seren Veranschaulichung. Näher eingegangen wird unter<br />

anderem auf Begriffsbestimmungen, Zielsetzungen und<br />

den Ablauf von oben erwähnten Sicherheitsuntersu-<br />

chungen.<br />

Anschließend wird an einem reellen Beispiel analysiert,<br />

wie sich die Verkehrssicherheit in diesem Abschnitt ge-<br />

bessert hat, nachdem eine RSI durchgeführt worden ist.<br />

Konkret handelt es sich hier um den Wechselabschnitt<br />

(km 68,7 – km 95,3 in Fahrtrichtung Wien) der A2 Süd-<br />

Autobahn in Niederösterreich. Es wird, sowohl der An-<br />

lass für diese Sicherheitsuntersuchung, <strong>als</strong> auch die, zur<br />

Verbesserung der Verkehrssicherheit, gesetzten Maß-<br />

nahmen beschrieben. Einerseits werden Abbildungen,<br />

die Anzahl aller Unfälle in einem Zeitraum von acht<br />

Jahren darlegen und andererseits werden KPI – Unfall-<br />

dichte und Unfallrate – für dieses Teilstück berechnet<br />

und dadurch die Veränderung der Verkehrssicherheit ge-<br />

messen.<br />

Den Abschluss dieser Bachelorarbeit bilden eine kurze<br />

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und die Be-<br />

antwortung der Forschungsfrage, die in der Einleitung<br />

aufgeworfen wurde. Abschließend werden persönliche<br />

Bemerkungen zur allgemeinen Situation und zu dem<br />

konkret ausgearbeiteten Beispiel angeführt.<br />

Hauptteil<br />

“Worldwide, deaths and injuries from road accidents<br />

have reached epidemic proportions. Present indications<br />

are that about 0.5 million people are killed and 15 mil-<br />

lion injured on the world’s roads every year. […] road<br />

accidents are probably the third major cause of death in<br />

the developed world.” [O’Flaherty et al, 2006]<br />

“Road safety audits (RSAs) […] safety tools that offer<br />

promise in reducing roadway crashes and fatalities.”<br />

[Wilson/Lipinski, 2004]<br />

Unter Verkehrssicherheit wird der Grad der Zuverlässig-<br />

keit der Verkehrsmittel und –anlagen gesehen, die keine<br />

Gefährdungen und Unfälle im Verkehrsablauf verursa-<br />

chen [vgl. Schnabel et al, 1997].<br />

Verkehrssicherheit ist von folgenden grundlegenden<br />

Faktoren abhängig [vgl. Lexikon der Wirtschaft, 1972]:<br />

Art, Anzahl, technischer Zustand und Geschwindig-<br />

keit der Verkehrsmittel,<br />

Gestaltung und Zustand der Verkehrswege sowie<br />

Einfluss der Naturbedingungen (z.B. Witterung),<br />

Verkehrsdichte,<br />

Verhalten der Verkehrsteilnehmer.<br />

Als sichtbarer Ausdruck der Verkehrssicherheit bzw.<br />

Verkehrsunsicherheit kann das Unfallgeschehen heran-<br />

gezogen werden. Die Maßnahmen zur Erhöhung der Si-<br />

cherheit lassen sich in folgende 3 Gruppen einteilen:<br />

gesetzliche und polizeiliche Maßnahmen;<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 41


ERObERN vERbESSERUNG DIE LOw DER cOST vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

cARRIER DEN LUfTvERkEHRSMARkT?<br />

Verkehrserziehung;<br />

und ingenieurmäßige Maßnahmen [vgl. Schnabel et<br />

al, 1997].<br />

Mit Letzterem befassen sich die folgenden Abschnitte<br />

dieser Arbeit.<br />

unfallstatistiken<br />

2008 forderte der Straßenverkehr im Durchschnitt alle<br />

10 Minuten eine verunglückte Person, in 12,9 Stunden<br />

ein getöteter Mensch, hoch-gerechnet bedeutet das täg-<br />

lich durchschnittlich rund 107 Unfälle und beinahe 2<br />

Getötete [vgl. Statistik Austria, 2009].<br />

Wie Abbildung 1 verdeutlicht, verbessern sich diese<br />

Zahlen von Jahr zu Jahr, dennoch gibt es immer noch<br />

zu viele Unfälle auf dem österreichischen Straßennetz.<br />

Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit den Maßnah-<br />

men, die zur Verbesserung dieser Situation beitragen<br />

könnten.<br />

Im Jahr 2008 ereigneten sich auf Österreichs Straßen<br />

insgesamt 39.173 Verkehrsunfälle. Im Vergleich zu 2007<br />

ging die Anzahl um 4,7 % zurück. Bei der Betrachtung<br />

von Autobahnen und Schnellstraßen verringerten sich<br />

die Unfallzahlen 2008 um 13,3 % auf 1.854 und um 2,1<br />

% auf 237.<br />

Die Zahl der verletzten Personen im Straßenverkehr<br />

sank gegenüber 2007 um 5,1 % auf 50.521, jene der ge-<br />

töteten nur geringfügig auf 679.<br />

Mit 679 Todesopfern konnte 2008 zwar wieder der bis-<br />

her niedrigste Wert seit Beginn der einheitlich geführten<br />

Verkehrsunfallstatistik im Jahr 1961 verzeichnet wer-<br />

den, der Rückgang um 12 Getötete oder 1,7% fiel jedoch<br />

deutlich geringer <strong>als</strong> in den Jahren 2004 bis 2007 aus,<br />

in denen ein durchschnittlicher jährlicher Rückgang von<br />

7,7% verzeichnet wurde [vgl. www.statistik.at, 2009].<br />

Die Zielvorgabe des österreichischen Verkehrssicher-<br />

heitsprogramms ist es, die Zahl der Straßenverkehrs-<br />

unfälle bis zum Jahr 2010 auf rund 33.000 zu senken<br />

und jene der Verkehrstoten auf etwa 500. Die für das<br />

Jahr 2008 prognostizierten Zielvorgaben wurden jedoch<br />

deutlich überschritten: um rund 4.800 bei den Unfällen<br />

und um fast 100 bei den Verkehrstoten [vgl. www.stati-<br />

stik.at, 2009].<br />

Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei der An-<br />

zahl von Todesfällen je 1 Mio. Einwohner mit 83 Ver-<br />

kehrstoten im Mittelfeld, z.B. Frankreich (73), Deutsch-<br />

land (60), Schweden (52) können weniger getötete<br />

Personen im Straßenverkehr verzeichnen.<br />

Im Vergleich mit der EU 27 (86), EU 25 (84) und EU 15<br />

(73) liegt Österreich gleich auf. Details siehe Abbildung<br />

2.<br />

Sicherheitsuntersuchungen<br />

Die Österreichische Forschungsgesellschaft Straße<br />

– Schiene – Verkehr hat gemeinsam mit dem BMVIT<br />

(Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Tech-<br />

nologie), der ASFINAG und den Landesbaudirektionen<br />

der Bundesländer im September 2006 und März 2007 2<br />

Richtlinien zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf<br />

Österreichs Straßen herausgebracht.<br />

Road Safety Audit<br />

Die RVS (Richtlinien und Vorschriften für den Straßen-<br />

bau) 02.02.33 September 2006 regelt das Verkehrssi-<br />

cherheitsaudit und ist sowohl im Bereich der Landes-<br />

straßen, <strong>als</strong> auch außerhalb des Landesstraßenbereiches<br />

anzuwenden.<br />

Allgemeines<br />

Bei der Planung von neuen Projekten, ob jetzt Stra-<br />

ßen, Wohnanlagen oder Einkaufszentren, müssen<br />

viele verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen<br />

von unterschiedlichen Nutzern mitberücksichtigt<br />

werden. Sehr viele Sicherheitsdefizite auf Straßen<br />

sind auf Fehler in der Planungsphase zurückzufüh-<br />

Abb.1: Unfallgeschehen nach Straßenarten<br />

Abb.2: Anzahl an Todesfällen je 1 Million Einwohner<br />

42 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 43


44 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

ren. Durch Richtlinien und Gesetze sollen potentielle<br />

Unfall- bzw. Gefahrenstellen in der Planungsperio-<br />

de berücksichtigt werden, um dadurch eine Verbes-<br />

serung der Unfallprävention zu gewährleisten [vgl.<br />

RVS, 2006].<br />

Begriffsbestimmungen<br />

Bei RSA (Verkehrssicherheitsaudit) handelt es sich<br />

um ein Verfahren zur Prüfung der Sicherheitsaspekte<br />

während der Planung von Bauvorhaben und somit<br />

zur Vermeidung bzw. Verringerung von Unfallrisiken<br />

[vgl. RVS, 2006].<br />

Zielsetzungen<br />

Das generelle Ziel ist die optimale Gewährleistung<br />

der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer-<br />

gruppen. Um dieses Ziel bestmöglich umsetzen zu<br />

können, ist eine ganzheitliche Betrachtung der Situ-<br />

ation sowie die Berücksichtigung aller Nutzer und<br />

ihrer unterschiedlichen Ansprüche notwendig.<br />

Durch erfolgreiche RSAs können nicht nur volks-<br />

wirtschaftliche Unfallfolgekosten, sondern auch Ko-<br />

sten für nachträgliche Umbauten reduziert werden<br />

[vgl. RVS, 2006].<br />

Anwendungsbereich<br />

RSA wird für sicherheitsrelevante Neu- und Umpla-<br />

nungen von Straßen mit öffentlichem Verkehr ein-<br />

gesetzt. Die Entscheidung zur Durchführung dieses<br />

Audits obliegt dem Straßenerhalter.<br />

Verkehrssicherheitsaudits können außerdem bei al-<br />

len anderen Maßnahmen des Verkehrsmanagements,<br />

größeren Sanierungs- und Baustellenprojekten, sowie<br />

bei Fragen der Raumplanung und Flächenwidmung<br />

<strong>als</strong> Mittel zur Verbesserung der Verkehrssicherheit<br />

eingesetzt werden [vgl. RVS, 2006].<br />

Für eine optimale Erreichung der oben genannten<br />

Ziele sind sowohl prozess- <strong>als</strong> auch inhaltsorientierte<br />

Grundsätze zu beachten.<br />

Ablauf<br />

Die Beauftragung erfolgt grundsätzlich durch den<br />

Auftraggeber der Planung. Alle weiteren Berichte<br />

und Informationen werden über ihn verteilt. Eine di-<br />

rekte Zusammenarbeit zwischen Planer und Auditor<br />

ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen.<br />

Die Auditoren sind Experten mit Erfahrung auf dem<br />

Gebiet der Verkehrssicherheit, Verkehrstechnik und<br />

Verkehrs- und Straßenplanung. Darüber hinaus ha-<br />

ben sie Kenntnisse über Straßenbau und Straße-<br />

nerhaltung, Verkehrsmanagement und Verkehrs-<br />

verhalten aller Teilnehmer. Die Verkehrsexperten<br />

beurteilen unabhängig vom Planer ausschließlich<br />

die Verkehrssicherheit eines Projektes. Nach allen<br />

Untersuchungen muss der beauftragte Auditor alle<br />

festgestellten Mängel und erarbeiteten Lösungsvor-<br />

schläge in einem schriftlichen Mängelbericht bzw.<br />

Auditbericht dokumentieren und begründen. Der<br />

Auditbericht ist klar zu strukturieren und die aufge-<br />

zeigten Mängel und Lösungsvorschläge übersicht-<br />

lich in tabellarischer Form darzustellen [vgl. RVS,<br />

2006].<br />

Werden im Auditbericht angeführte Mängel vom<br />

Auftraggeber nicht behoben, muss er die Gründe für<br />

sein Handeln in einem Ausnahmebericht nachvoll-<br />

ziehbar offen legen [vgl. RVS, 2006].<br />

Der Regelfall bei einfachen Planungsverfahren ist,<br />

dass das Audit für die gesamte Planungsphase durch-<br />

geführt wird. Bei Großprojekten wird das Audit in<br />

einem mehrstufigen Verfahren durchgeführt, wobei<br />

eine Unterteilung der Planungsphase in 4 Phasen er-<br />

folgt.<br />

Die Schwerpunkte der Auditierung liegen vor allem<br />

auf der Untersuchung und Verbesserung der<br />

- Linienführung (z.B. enge Kurvenradien),<br />

- Querneigung der Straße – zur Verbesserung des<br />

Wasserabflusses,<br />

- bessere Erkennbarkeit der Beschilderung,<br />

- Markierungen,<br />

- Geschwindigkeitslimits,<br />

- Verkehrslichtsignalanlagen / Kreisverkehr,<br />

- Querungsmöglichkeiten für Fußgänger,<br />

- Planung Radverkehr,<br />

- Sichtbeziehungen (Bepflanzung, Lärmschutzein-<br />

richtungen…).<br />

Road Safety Inspection<br />

Die RVS 02.02.34 März 2007 befasst sich mit der Durch-<br />

führung von RSI von Straßen mit öffentlichem Verkehr.<br />

Allgemeines<br />

Die RSI soll ergänzend zur örtlichen Verkehrssi-<br />

cherheitsarbeit und Analyse für die Sanierung von<br />

Unfallhäufungs- und Gefahrenstellen, einen Beitrag<br />

zur Verbesserung der Sicherheit leisten [vgl. RVS,<br />

2007].<br />

Begriffsbestimmungen<br />

Unter RSI versteht man eine verkehrssicherheits-<br />

technische Bestandsprüfung für einen Abschnitt<br />

einer Straße unter Beachtung von Grundsätzen der<br />

Qualitätssicherung, um Unfallrisiken und Unfallge-<br />

fahren zu minimieren [vgl. RVS, 2007].<br />

Zielsetzungen<br />

Ziel ist es auf dem bestehenden Straßennetz,<br />

Schwachstellen zu finden und zu analysieren, um die<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 45


vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

46 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Verkehrssicherheit zu erhöhen, Unfälle zu vermeiden<br />

und Unfallfolgekosten zu verringern.<br />

Die RSI ist eine moderne Form der Qualitätssiche-<br />

rung für eine verkehrssichere und einheitliche Stra-<br />

ßenanlage, Straßenausstattung und Straßenausrü-<br />

stung und dient der Unfallprävention und Minderung<br />

der Unfallfolgen. Durch das Erreichen der Haupt-<br />

ziele kann ein hohes Maß an volkswirtschaftlichen<br />

Kosten eingespart werden. Eine RSI ist eine Sicher-<br />

heitsinspektion und nicht mit einer herkömmlichen<br />

Wartungsbefahrung vergleichbar [vgl. RVS, 2007].<br />

Anlässe für die Durchführung einer RSI<br />

Im Sinne der Qualitätssicherung erfolgt der Auftrag<br />

zur Durchführung einer RSI durch die Verkehrsbe-<br />

hörde oder durch den Straßenerhalter. Meistens wird<br />

diese Untersuchung an Unfallhäufungsstellen [vgl.<br />

O’Flaherty et al, 2006] und bei gleichartigen Unfäl-<br />

len über längere Streckenabschnitte (300–500m) ein-<br />

geleitet. Bremsspuren, umgefahrene Leitpflöcke und<br />

angefahrene Verkehrszeichen sind weitere Indizien,<br />

die eine genauere Untersuchung der Unfallstelle<br />

veranlassen können. Die Informationsbereitstellung<br />

durch die Polizei, die Straßenmeisterei, die Autofah-<br />

rerclubs und durch Bürger kann zur Verbesserung<br />

der Verkehrssicherheit führen [vgl. RVS, 2007].<br />

Grundsätze<br />

Für die Sanierung von Straßen sind einfache und<br />

rasch umsetzbare Sicherheitsmaßnahmen durchzu-<br />

führen. Wenn dies nicht möglich ist und endgültige<br />

Maßnahmen einer längeren Umsetzungszeit bedür-<br />

fen, sind Sofortmaßnahmen vorzunehmen.<br />

Bei der Durchführung der RSI sind folgende Prin-<br />

zipien von besonderer Bedeutung:<br />

- Ganzheitliche Betrachtung des Straßenraumes,<br />

- Berücksichtigung der Interaktion von Mensch,<br />

Fahrzeug und Straße,<br />

- Wechselwirkungen vom Umfeld und Fahrverhalten<br />

[vgl. RVS, 2007].<br />

Ablauf<br />

Bei der RSI erfolgt die Einleitung des Verfahrens<br />

durch die Verkehrsbehörde oder durch den Straßener-<br />

halter. Danach wird von den zuständigen RS-Inspek-<br />

toren die Sicherheitsprüfung und die Identifizierung<br />

von potenziellen Sicherheitsdefiziten durchgeführt<br />

und Lösungsvorschläge, die im Endbericht bzw.<br />

RSI-Bericht festgehalten werden, erarbeitet. Werden<br />

die aufgezeigten Mängel bzw. Vorschläge der RSI<br />

nicht umgesetzt, müssen in einem Ausnahmebericht<br />

durch den Straßenerhalter die Begründungen und die<br />

Verantwortlichkeiten klargestellt werden. Außerdem<br />

müssen Zeitpläne für Lösungsmöglichkeiten und de-<br />

ren Umsetzung ausgewiesen werden. Der Ausnahme-<br />

bericht ist wesentlicher Bestandteil des RSI-Verfah-<br />

rens und somit Teil der gesamten Sicherheitsprüfung<br />

[vgl. RVS, 2007].<br />

Für die Erstellung des RSI-Befundes wird der zu un-<br />

tersuchende Straßenabschnitt unter anderem auf fol-<br />

gende Schwerpunkte untersucht:<br />

- Sichtverhältnisse,<br />

- Straßenausrüstung (Bodenmarkierung, Wegwei-<br />

sung, Verkehrslichtsignalanlagen…),<br />

- Beleuchtung und Leuchtanordnung,<br />

- Störfaktoren (Blendungen, Maskierungen durch<br />

Leuchtreklamen),<br />

- Fahrbahnzustand (Aquaplaning, Fahrbahngriffig-<br />

keit…),<br />

- lok<strong>als</strong>pezifische meteorologische Zusammenhän-<br />

ge (Nebel, Wind-, Witterungseinflüsse u.dgl.) [vgl.<br />

RVS, 2007].<br />

Praxisbeispiel – A2 Süd-Autobahn am Wechsel in<br />

NÖ<br />

Wie bereits in der Einleitung beschrieben wird in die-<br />

sem Kapitel der Bachelorarbeit an einem reellen Bei-<br />

spiel – Teilstück der A2 Süd-Autobahn am Wechsel in<br />

Niederösterreich – analysiert, welche Verbesserungen<br />

der Verkehrssicherheit durch eine in diesem Abschnitt<br />

durchgeführte RSI erzielt wurden. Einerseits werden<br />

allgemeine Informationen über diese Sicherheitsunter-<br />

suchung dargelegt, und andererseits wird anhand von<br />

Unfallstatistiken und KPI versucht, die Veränderung<br />

messbar zu machen.<br />

Road Safety Inspection – A2 Süd-Autobahn<br />

Nachfolgende Unterkapitel werden mit zur Verfügung<br />

gestellten Daten und umfangreichen Informationen der<br />

Firma ASFINAG beschrieben.<br />

Anlass für die RSI<br />

Ausgangspunkt für diese RSI war das österreichische<br />

Verkehrssicherheitsprogram 2002–2010. In Abspra-<br />

che mit der ASFINAG wurden Ziele und Maßnah-<br />

men für das Autobahnen- und Schnellstraßennetz<br />

entwickelt, um die Verkehrssicherheit auf dem hoch-<br />

rangigen Straßennetz zu verbessern.<br />

Wie bereits beschrieben ist das Ziel der RSI die pe-<br />

riodische Überprüfung des gesamten Straßennetzes<br />

(inklusive Straßenumfeld) hinsichtlich potentieller<br />

Sicherheitsmängel, um Unfallprävention gezielter zu<br />

betreiben.<br />

One of the main tasks in a program for improving<br />

road safety is the identification of a list of hazardous<br />

locations that show evidence of high accident risk.<br />

Hazardous locations, referred to as black spots or hot<br />

spots, can be defined as places with high accident<br />

frequency or risk when involving both frequency and<br />

severity of the accidents [vgl. Miranda-Moreno et al,<br />

2005].<br />

Diese oben beschriebenen Orte werden <strong>als</strong> adäquate<br />

Kandidaten für technische Inspektionen und Sanie-<br />

rungsarbeiten, wie z.B. Aufstellung neuer Kontrol-<br />

leinrichtungen und Verbesserung der Geländegeo-<br />

metrie, betrachtet [vgl. Miranda-Moreno, 2005].<br />

In einer Untersuchung wurden, ausgehend von ei-<br />

ner detaillierten Unfallanalyse (Ausweisung von<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 47


vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

48 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Unfallhäufungsstellen, Unfallraten, Unfalltypen,<br />

Verletzungsschwere etc.) des österreichischen Au-<br />

tobahnen- und Schnellstraßennetzes, vier Untersu-<br />

chungsstrecken gemeinsam mit dem Auftraggeber<br />

ausgewählt, um eine detaillierte Überprüfung des<br />

Unfallgeschehens, der Anlageverhältnisse und des<br />

Fahrbahnzustandes durchzuführen.<br />

Der hier beschriebene Autobahnabschnitt am Wech-<br />

sel in Niederösterreich wurde aufgrund der erheblich<br />

höheren Unfallrate (Unfälle pro 1 Million Kfz-Kilo-<br />

meter), verglichen mit anderen Autobahnabschnitten,<br />

ausgewählt.<br />

Genauer Untersuchungsbereich der RSI war die A2<br />

Süd-Autobahn im Wechselabschnitt (km 68,7 – km<br />

95,3) in Fahrtrichtung Wien. Durchgeführt wurde<br />

diese Untersuchung durch das KfV in Zusammenar-<br />

beit mit dem Büro NAST 2003 (Berichtsabschluss<br />

2004).<br />

Maßnahmen<br />

Im Folgenden werden die wesentlichen Maßnahmen<br />

dieser Untersuchungsstrecke vorgestellt. Dabei wird<br />

zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Bestim-<br />

mungen unterschieden:<br />

Kurzfristige Maßnahmen sind z.B.<br />

- Section Control zwischen Edlitz und Grimmenstein<br />

(km 73,037 – km 67,093),<br />

- Aufstellung von Wechselverkehrszeichen zur Stre-<br />

ckenbeeinflussung,<br />

- Leitwinkel,<br />

- Markierung mit erhöhter Nachtsichtbarkeit bei<br />

Nässe,<br />

- Permanente Bestückung eines Radars,<br />

- Optimierung des Winterdienstes.<br />

Mittelfristige Maßnahmen sind z.B.<br />

- Verbesserung der Sichtverhältnisse durch Schaf-<br />

fung entsprechender Sichträume,<br />

- Verkehrsbeeinflussungsanlagen für kritische Witte-<br />

rungs- und Fahrbahnsituationen,<br />

- Verbesserte Kenntlichmachung der Straßenführung<br />

in Kurvenbereichen.<br />

Langfristige Maßnahmen sind z.B.<br />

- Änderung der Querneigungsverhältnisse zur voll-<br />

ständigeren Wahrnehmung der technischen Stan-<br />

dards,<br />

- Verlängerung der Querneigungswechselstrecke,<br />

- Verbreiterung des Pannenstreifens insbesondere aus<br />

betrieblichen Gründen.<br />

Section Control<br />

Die Errichtung der SC (Section Control) am Wechsel<br />

wurde in einer Verkehrsverhandlung am 13.10.2003<br />

beschlossen. Die Betriebsaufnahme erfolgte im Fe-<br />

bruar 2005 und in den nachfolgenden Jahren war die<br />

SC in Betrieb. Da jedoch in den Jahren 2006 und<br />

2007 Bauarbeiten im Bereich der SC-Anlage stattge-<br />

funden haben, war diese Sicherheitseinrichtung nicht<br />

immer in Betrieb.<br />

Aufgrund dieser Tatsache kann angenommen wer-<br />

den, dass die Analyse von Geschwindigkeiten bzw.<br />

Unfalldaten verzerrt ist und kritisch hinterfragt wer-<br />

den sollte. Dennoch sollte an dieser Stelle angemerkt<br />

werden, dass sich die Autofahrer beim Passieren<br />

dieses Bereiches vermutlich an die Höchstgeschwin-<br />

digkeit gehalten haben, da ihnen die Aktivität der SC<br />

ungewiss war und somit ist der Sinn und Zweck die-<br />

ser Sicherheitseinrichtung erfüllt worden.<br />

Unfallstatistik – A2 Süd-Autobahn<br />

In weiterer Folge wird die Unfallhäufigkeit und –schwe-<br />

re im Wechselabschnitt zwischen km 68,7–km 95,3 in<br />

Fahrtrichtung Wien betrachtet. Es werden Daten vor<br />

(d.h. 2001 bis 2004) und nach (d.h. 2005 bis 2008) der<br />

RSI gegenüber gestellt und verglichen.<br />

Dem Autor wurde eine, vom KfV eigens für diesen Au-<br />

tobahnabschnitt erarbeitete, unveröffentlichte Statistik<br />

in <strong>PDF</strong>-Format zur Verfügung gestellt. Anschließend<br />

wurde diese informationsreiche Ausarbeitung gefiltert,<br />

zusammengefasst und die Ergebnisse in Abbildung 3<br />

übersichtlich dargestellt.<br />

Der Vergleich dieses Autobahnabschnittes für einen Zeit-<br />

raum von jeweils 4 Jahren vor und nach der RSI führte<br />

zu folgendem Ergebnis: In den Jahren 2005 bis 2008<br />

ereigneten sich insgesamt 121 Verkehrsunfälle. Im Ver-<br />

gleich zum Zeitraum vor der Sicherheitsuntersuchung<br />

stieg die Anzahl um 18,6 % an. Diese Steigerung ist<br />

teilweise aber nicht ausschließlich auf das zunehmende<br />

Verkehrsaufkommen und die steigende Anzahl an PKW<br />

zurück zuführen [vgl. Statistik Austria, 2009]. Sondern<br />

auch auf die zu kurz gewählte Betrachtungsdauer, denn<br />

ein Vorher/Nachher-Vergleich über eine größere Zeit-<br />

spanne <strong>als</strong> 4 Jahre wäre aussagekräftiger.<br />

Bei der Betrachtung von Unfällen im SC Abschnitt ver-<br />

ringerten sich die Unfallzahlen prozentual zu den Ge-<br />

samtunfällen von 46 % auf 43 %.<br />

Eine positive Entwicklung ist bei der Unfallschwere zu<br />

beachten. Die Zahl der leicht verletzten, schwer verletz-<br />

ten und getöteten Personen ist prozentual zu den beteili-<br />

gten Personen niedriger <strong>als</strong> im Zeitraum 2001 bis 2004.<br />

Bei diesem Punkt muss kritisch hinterfragt werden, ob<br />

die gesamte Verbesserung bei den Unfallfolgen auf die<br />

RSI zurück zu führen ist. Ein sehr wesentlicher Faktor,<br />

der sicherlich zu dieser Entwicklung beigetragen hat, ist<br />

die ständige Weiterentwicklung und Verbesserung von<br />

aktiver und passiver Fahrzeugsicherheit durch die Au-<br />

tohersteller.<br />

Um dieser Unfallstatistik noch mehr Aussagekraft zu<br />

geben, sollte das Baujahr jedes Unfallfahrzeuges in das<br />

Endergebnis miteinbezogen werden.<br />

Key Performance Indicators<br />

In diesem Abschnitt werden Unfallrelativzahlen wie Un-<br />

falldichte und Unfallrate beschrieben. Mithilfe von KPI<br />

kann festgestellt werden, ob die durchgeführte RSI ihren<br />

Sinn und Zweck erfüllt hat, nämlich ob die Unfallraten<br />

www.verkehrsjournal.at<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 29


vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

50 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

gesunken sind und somit die Verkehrssicherheit verbes-<br />

sert wurde.<br />

Unfalldichte<br />

Der KPI „Unfalldichte UD“ gibt an, wie viel Unfälle<br />

sich jährlich, bezogen auf 1 km Streckenlänge, ereig-<br />

net haben [vgl. Schnabel et al, 1997].<br />

Im gesamten Wechselabschnitt lag eine durchschnitt-<br />

liche Unfalldichte UD in den Jahren 2001 bis 2004<br />

vor der RSI von 0,959 Unfälle/km vor. Durch die hö-<br />

here Anzahl von Unfällen im Beobachtungszeitraum<br />

nach der RSI erhöhte sich die UD auf 1,137 Unfäl-<br />

le/km.<br />

Unfallrate<br />

Mithilfe der „Unfallrate UR“ kann die Anzahl der<br />

Unfälle pro 1 Million Kfz-Kilometer, unter Berück-<br />

sichtigung der Verkehrsstärke berechnet werden.<br />

Abb.3: Unfallstatistik A2 Süd-Autobahn am Wechsel<br />

Dieser KPI bezieht – im Unterschied zur Unfalldichte<br />

UD – die Verkehrsmengen mit ein. Dies ermöglicht<br />

einen Vergleich zwischen verschiedenen Straßen,<br />

Straßennetzen und Ländern bzw. Aussagen über die<br />

Entwicklung des Unfallgeschehens in Abhängigkeit<br />

von der Entwicklung des Verkehrsgeschehens [vgl.<br />

BOKU, 2009].<br />

Für die Berechnung der Unfallrate UR wird zusätz-<br />

lich zu den bereits vorhanden Daten noch der DTV<br />

(durchschnittlich täglicher Verkehr) benötigt. Der<br />

für diese Arbeit relevante DTV (Montag–Sonntag,<br />

Kfz/24h) in Fahrtrichtung Wien für alle Kfz (PKW<br />

+ LKW) wird bei der Dauerzählstelle Grimmenstein<br />

km 67,23 gemessen. Alle nachfolgenden Daten und<br />

Informationen habe ich von der ASFINAG Autobahn<br />

Service GmbH Ost, Abteilung Verkehrsmanagement<br />

/ Verkehrsstatistik erhalten. Folgende Informationen<br />

sind für eine exakte Interpretation dieser Auswertung<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 51


vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

notwendig:<br />

Die Daten aus den Jahren 2001 bis 2007 wurden, im-<br />

mer auf die gleiche Weise, durch Induktionsschleifen<br />

[vgl. Schnieder et al, 2007] in der Fahrbahn ermit-<br />

telt.<br />

Ab dem Jahr 2008 werden alle Fahrzeuge mithilfe<br />

von Überkopfsensoren durch Radar, Infrarot und<br />

Ultraschall erfasst. Durch die, aus technischer Sicht,<br />

unterschiedliche Erfassung der Daten können diese<br />

nicht miteinander verglichen und somit keine Ver-<br />

kehrsentwicklung berechnet werden.<br />

Grundsätzlich haben alle verwendeten Sensoren eine<br />

hohe Genauigkeit. Jedoch kann nicht davon ausge-<br />

gangen werden, dass alle Technologien immer gleich<br />

zählen bzw. immer die gleiche Abweichung besitzen.<br />

Wenn bei den Induktionsschleifen eine Abweichung<br />

von +1 % auftritt und bei den Überkopfsensoren eine<br />

Verzerrung von -1 %, entsteht bei der Berechnung<br />

von Verkehrsentwicklungen ein großer Unterschied.<br />

Da die Daten aus dem Jahr 2008 nicht mit den vorhe-<br />

rigen Ergebnissen verglichen werden können, wird<br />

dieser Zeitraum für die Berechnung weggelassen.<br />

Somit ergibt sich ein neuer Betrachtungszeitraum<br />

von 3 Jahren vor und nach der RSI.<br />

Durch die Berechnung der Unfallrate UR für den<br />

Wechselabschnitt der A2 Süd-Autobahn kann dieser<br />

KPI für einen Vorher/Nachher-Vergleich, aber auch<br />

zum Vergleich des übrigen hochrangigen Straßen-<br />

netzes und anderen Ländern herangezogen werden.<br />

Wie bereits beschrieben, ermöglicht diese Kennzahl<br />

Aussagen über die Entwicklung des Unfallgesche-<br />

hens in Abhängigkeit von der Entwicklung des Ver-<br />

kehrsgeschehens.<br />

Zusammengefasst ergibt sich eine UR für 2002 bis<br />

2004 von 0,156 Unfälle/1 Million Kfz-km und für<br />

2005 bis 2007 nach der RSI von 0,164. Auch bei der<br />

Berechnung dieser Kennzahl ist ein Anstieg auf die<br />

m<br />

schon sehr hohe (im Vergleich zum gesamten ASFI-<br />

NAG Straßennetz) UR vor der RSI zu verzeichnen.<br />

Eine wichtige Anmerkung, die bei der Interpretation<br />

dieser Kennzahl zu beachten ist: Die Daten aus dem<br />

Jahr 2004 sind nicht vollständig, da die Dauerzähl-<br />

stelle in diesem Jahr nur 107 Tage eingeschaltet war.<br />

Die Anlage war am Anfang und Ende des Jahres ak-<br />

tiv. Dadurch fehlen bei diesem DTV die Sommermo-<br />

nate und somit auch der Urlaubsverkehr.<br />

Falls für das Jahr 2004 eine Annahme getroffen wird<br />

und mit einem DTV von circa 19000 die Unfallrate<br />

berechnet wird, ändert sich die Kennzahl wie folgt:<br />

Die UR vor der RSI beträgt jetzt 0,147 Unfälle/1<br />

Million Kfz-km. Der Vorher/Nachher-Unterschied<br />

ist jetzt geringfügig größer. Grundsätzlich kann fest-<br />

gehalten werden, dass bei der Betrachtung dieser<br />

Kennzahl es zu keiner Verbesserung der Verkehrssi-<br />

cherheit in diesem Abschnitt geführt hat.<br />

Verglichen mit der Zielvorgabe und der aktuellen<br />

Unfallrate am ASFINAG-Straßennetz von UR =<br />

0,087 weist der Wechselabschnitt auf der A2 Süd-<br />

Autobahn in Fahrrichtung Wien einen sehr hohen<br />

Wert auf (UR = 0,164).<br />

Durch diese sehr hohe Abweichung von 88,5 % wur-<br />

de dieser Abschnitt für eine RSI ausgewählt. Es han-<br />

delt sich hier um eine Unfallhäufungsstelle oder auch<br />

Black Spot genannt.<br />

Zusammenfassung & Ausblick<br />

Erhöhtes Verkehrsaufkommen und der drastische An-<br />

stieg von Unfällen, Verletzten und auch Toten lässt dem<br />

Thema Verkehrssicherheit eine immer höher werdende<br />

Bedeutung zukommen.<br />

Die Verkehrssicherheit kann durch Autohersteller und<br />

durch Verkehrsplaner in den Bereichen Straßenplanung<br />

und Straßenbau verbessert werden. Das KfV verspricht<br />

sich vor allem von Letzterem – „RSA“ und „RSI“ – eine<br />

Verbesserung der Situation und somit weniger Unfälle.<br />

Somit stellt sich die Frage: Wie kann die Verkehrssicher-<br />

heit durch Road Safety Audit und Road Safety Inspec-<br />

tion verbessert werden und wie können die, durch die<br />

Maßnahmen erzielten, Veränderungen mithilfe von Key<br />

Performance Indicators messbar gemacht werden?“<br />

Beide Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit<br />

– sowohl RSA <strong>als</strong> auch RSI – erfordern eine enge Zu-<br />

sammenarbeit der Auftraggeber, Planer und Auditoren.<br />

Die Abläufe dieser Sicherheitsuntersuchungen können<br />

wie folgt kurz zusammengefasst werden.<br />

Ablauf RSA:<br />

Auftragserteilung,<br />

Verkehrsexperten beurteilen die Verkehrssicherheit<br />

eines Projektes<br />

Darlegung eines Auditberichtes,<br />

Durchführung der im Auditbericht vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen bzw. Ablehnung mit dazugehöriger Be-<br />

52 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 53<br />

gründung.<br />

Ablauf RSI <strong>als</strong> Qualitätssicherung und Verkehrsicher-<br />

heitgewährleistung:<br />

Auftragserteilung,<br />

RS-Inspektoren führen die Sicherheitsprüfung und<br />

die Identifizierung von potenziellen Sicherheitsdefi-<br />

ziten durch,<br />

Umsetzung der im RSI-Bericht vorgeschlagenen Ver-<br />

besserungsmaßnahmen bzw. Ablehnung mit Begrün-<br />

dung und Abgrenzung der Verantwortlichkeiten.<br />

Erstellung von Zeitplänen für Lösungsmöglichkeiten<br />

und deren Umsetzung.<br />

Der Straßenverkehr <strong>als</strong> System muss ganzheitlich be-<br />

trachtet werden und auch die Interaktion von Mensch,<br />

Fahrzeug und Straße darf nicht außer Acht gelassen<br />

werden. Diese Grundsätze müssen bei der Planung und<br />

Durchführung beider Maßnahmen berücksichtig wer-<br />

den. Jede Maßnahme ist mit Aufwand – Zeit und Kapi-<br />

tal – verbunden. Deshalb müssen sie einen bestimmten<br />

Sinn und Zweck verfolgen und auch erfüllen. Das Ziel<br />

von RSA und RSI ist das Herabsenken von Risiken im<br />

Straßenverkehr und somit die Verbesserung der Ver-<br />

kehrssicherheit.<br />

Mithilfe von KPI kann klar definiert werden, welche<br />

Kennzahlen, Daten und Informationen in den Beurtei-<br />

lungsprozess der durchgeführten Maßnahmen einflie-<br />

ßen. Es kann festgestellt werden, ob die vorgegebenen<br />

Ziele erfüllt worden sind und ob somit die Sicherheits-<br />

maßnahmen ihren Sinn und Zweck erfüllt haben.<br />

KPI können die, durch die Maßnahmen erzielten, Verän-<br />

derungen messbar machen und somit ihre Aufgabe der<br />

Beurteilung der Maßnahmen fundiert wahrnehmen.<br />

Am Beispiel eines Praxisprojektes habe ich den Wech-<br />

selabschnitt auf der A2 Süd-Autobahn in Fahrtrichtung<br />

Wien (km 68,7 – km 95,3) untersucht. Aufgrund der<br />

erheblich höheren Unfallrate, verglichen mit anderen<br />

Autobahnabschnitten, wurde 2004 eine RSI in diesem<br />

Bereich durchgeführt.<br />

Das Ergebnis meiner Untersuchungen war sehr überra-<br />

schend. Obwohl Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt<br />

worden sind, war keine Verbesserung der Verkehrssi-<br />

cherheit die Folge – im Gegenteil, die Unfalldichte und<br />

Unfallrate nahmen im Zeitvergleich zu.<br />

An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass ein Vor-<br />

her/Nachher-Vergleich über eine größere Zeitspanne <strong>als</strong><br />

4 Jahre aussagekräftiger ist.<br />

Meiner Meinung nach sind alle Maßnahmen, die das<br />

Ziel Verkehrssicherheit verfolgen, so auch „RSA“ und<br />

„RSI“, von großer Bedeutung.<br />

Was mir jedoch im Zuge dieser Bachelorarbeit aufgefal-<br />

len ist, ist die Tatsache, dass es sowohl vor <strong>als</strong> auch nach<br />

der RSI auf der A2 zwei, drei markante Stellen gibt, die<br />

eine hohe Unfalldichte aufweisen.<br />

RS-Inspektoren sollten sich besonders für solche kri-


vERbESSERUNG DER vERkEHRSSIcHERHEIT<br />

tischen Bereiche, wo sich innerhalb eines Tages 3 Un-<br />

fälle bei der gleichen Kilometermarkierung ereignen,<br />

detailliertere Maßnahmen überlegen, um eine Verbesse-<br />

rung der Verkehrssicherheit zu gewährleisten.<br />

Literatur<br />

Bücher<br />

Neisser, Heinrich / Kukacka, Helmut: Verkehrssicherheit, Wien, 1992.<br />

O´Flaherty, Coleman A. u.a.: Transport Planning and Traffic Engineering,<br />

6. Auflage, Oxford / Burlington, 2006.<br />

Schnabel, Werner u.a.: Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der<br />

Verkehrsplanung / Band 1 Verkehrstechnik, 2. Auflage, Berlin, 1997.<br />

Schnieder, Eckehard u.a.: Verkehrsleittechnik / Automatisierung des<br />

Straßen- und Schienenverkehrs, Berlin, 2007.<br />

Papers von Institutionen<br />

Miranda-Moreno, Luis F. u.a.: Alternative Risk Models for Ranking<br />

Locations for Safety Improvement, in: Transportation Research Record /<br />

<strong>Journal</strong> of the Transportation Research Board / Transportation Research<br />

Board of the National Academies, 2005, No. 1908.<br />

Statistik Austria: Folder Straßenverkehrsunfälle 2006 bis 2008, 2009.<br />

Wilson, Eugene M. / Lipinski, Martin E.: Road Safety Audits / A<br />

Synthesis of Highway Practice, in: NCHRP National Cooperative<br />

Highway Research Program / <strong>Journal</strong> of the Transportation Research<br />

Board / Transportation Research Board of the National Academies, 2004,<br />

Synthesis 336.<br />

Richtlinien<br />

RVS 02.02.33, 2006: Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen<br />

/ Verkehrssicherheitsaudit, Wien, 2006.<br />

RVS 02.02.34, 1995: Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen<br />

/ Road Safety Inspection, Wien, 2007.<br />

Lexika<br />

Lexikon der Wirtschaft / Band Verkehr, transpress Verlag für Verkehrswesen,<br />

Berlin, 1972.<br />

Internet<br />

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/verkehr/strasse/unfaelle_mit_<br />

personenschaden/index.html [10.07.2009]<br />

http://www.rali.boku.ac.at/fileadmin/_/H85/H856/Downloads_Skripten/856101_D_Skriptum_09.pdf<br />

[Stand: 10.07.2009]<br />

http://www.kfv.at/fileadmin/Pressemappen/Verkehr/EuroRAP/PA-Euro-<br />

RAP.pdf [Stand: 10.07.2009]<br />

http://www.svpt.de/Publikationen/Sicherheitsmanagement.pdf [Stand:<br />

10.07.2009]<br />

http://www.asfinag.at/index.php?module=Pagesetter&func=viewpub&tid<br />

=308&pid=306&idtopic=140 [10.07.2009]<br />

http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/graphToolClosed.do?tab=graph<br />

&init=1&plugin=1&language=de&pcode=tsdtr420&toolbox=legend<br />

[10.07.2009]<br />

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/verkehr/strasse/unfaelle_mit_<br />

personenschaden/019877.html [10.07.2009]<br />

Remigiusz Moneta studiert an der Fachhochschule des bfi Wien berufsbeglei-<br />

tend „Logistik und Transportmanagement“, das er im Juni 2010 erfolgreich<br />

abschließen wird. Er hat zwei Jahre bei dem international tätigen Logistik-<br />

dienstleister LKW Walter in der Division Italien–Polen gearbeitet. Um seinen<br />

beruflichen Horizont zu erweitern und seine fachliche Ausbildung zu festigen,<br />

ist er seit Anfang 2009 beim Kosmetikunternehmen La Ric Cosmetics tätig.<br />

Als Logistikleiter dieses Mittelunternehmens ist er für die Organisation inter-<br />

nationaler Transporte und für Messeprojekte zuständig.<br />

54 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 55


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

TRANSITVERKEHRS-<br />

POLITIK DER SCHwEIZ<br />

56 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Michael Ertl<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 57


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

Einleitung<br />

Der Alpenraum leidet unter dem stetig steigenden Ver-<br />

kehrsaufkommen und die dadurch entstehenden Schäden<br />

und Kosten. Insbesondere die Schweiz, dessen geogra-<br />

phische Lage und das daraus resultierende Transitver-<br />

kehrsproblem, stellt die Verkehrspolitik des Landes vor<br />

große Herausforderungen.<br />

Die Schweiz gehört, im Gegensatz zu den beiden eben-<br />

falls vom Transit-verkehr betroffenen Alpenraumlän-<br />

dern Frankreich und Österreich, nicht der Europäischen<br />

Union an.<br />

Methodik<br />

Diese wissenschaftliche Arbeit basiert auf einer voran-<br />

gegangenen Literaturrecherche ausgewählter Werke<br />

aus den Bereichen Verkehr, Verkehrspolitik, Verkehrs-<br />

wirtschaft und Alpenverkehrspolitik. Die gewonnenen<br />

theoretischen Erkenntnisse werden mit statistischem<br />

Datenmaterial und im Vorfeld eingeholten Expertenmei-<br />

nungen verglichen und bewertet.<br />

Aufbau der Arbeit<br />

Die Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf den al-<br />

penquerenden Güterverkehr. Der Personenverkehr wird<br />

weitgehend außer Acht gelassen. Weiters werden die<br />

beiden Verkehrsträger Schiene und Straße näher be-<br />

leuchtet.<br />

Zunächst soll auf theoretische Grundlagen und auf De-<br />

finitionen sowie deren Abgrenzung eingegangen wer-<br />

den. Nach einer kurzen Umschreibung des Transitver-<br />

kehrsproblems folgt eine allgemeine Beschreibung der<br />

verkehrspolitischen Lage des Alpenraums und insbeson-<br />

dere der Schweiz. Ferner eine Übersicht der politischen<br />

Maßnahmen zur Verminderung des Transitverkehrs. An-<br />

schließend folgt ein Vergleich mit der österreichischen<br />

Verkehrspolitik. Abschließend wird ein kurzes Resümee<br />

gezogen.<br />

58 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Allgemeines<br />

In diesem einführenden Kapitel werden die wichtigsten<br />

Begriffe genauer definiert. Des Weiteren erfolgen ein<br />

kurzer Abriss der Schweizer Ge-schichte sowie ein ge-<br />

ografischer Überblick. Anschließend ein Abbruch der<br />

Entwicklung des Verkehrs in dieser Region sowie dessen<br />

Entwicklung der Straßen- und Schieneninfrastruktur.<br />

Definitionen<br />

Transitverkehr<br />

Im Einzelnen versteht man unter Verkehr alle Maßnah-<br />

men die der Orts-veränderungen von Gütern, Personen<br />

und Nachrichten dienen [vgl. Kummer, 2006]. Als Tran-<br />

sit bezeichnet man alle Verkehrs- und Warenströme, die<br />

ein Gebiet durchqueren ohne dass die physischen Güter<br />

zolltechnisch abgefertigt, werden [vgl. www.logistikwo-<br />

erterbuch.or.at, 2008]. Folglich wird unter dem Begriff<br />

Transitverkehr jener Verkehr innerhalb eines Staates<br />

verstanden, bei dem weder die Quelle (Versender) noch<br />

die Senke (Empfänger) in dem betreffenden Staat liegt<br />

[vgl. Kummer, 2006]. Abgrenzend dazu Verkehre deren<br />

Quelle und Senke innerhalb eines Staates liegen, diese<br />

werden <strong>als</strong> Binnenverkehr im engeren Sinne be-zeichnet<br />

[vgl. Kummer, 2006].<br />

Verkehrspolitik<br />

Unter Verkehrspolitik versteht man die Summe der Maß-<br />

nahmen eines Staates zur Gestaltung und Beeinflussung<br />

des Verkehrssystems. Eine effiziente Verkehrspolitik<br />

sollte zum Ziel haben, die Verkehrssituation für alle Be-<br />

teiligten möglichst optimal zu gestalten und dazu bei-<br />

tragen gesamtwirtschaftliche Ziele zu erreichen. Träger<br />

der Verkehrspolitik sind Institutionen in deren Rahmen<br />

Personen tätig sind, die verkehrspolitische Prozesse in<br />

Gang setzen und vollziehen [vgl. Kummer, 2006].<br />

Entwicklung des Verkehrs in der Schweiz<br />

Wie gut sich ein Land wirtschaftlich entwickelt, hängt<br />

von jeher eng mit seiner Verkehrserschließung zusam-<br />

men. Die Alpen stellen ein natürliches Hindernis zwi-<br />

schen den nördlichen und südlichen Wirtschaftssektoren<br />

Europas dar. Dieser Alpenriegel lässt nur wenig Über-<br />

gänge zu. Um die Beziehungen und den Handel zu för-<br />

dern wurden immer wieder neue und schnellere Wege<br />

durch die Alpen geschaffen. Einerseits ist die Schweiz<br />

<strong>als</strong> rohstoffarmes aber wirtschaftlich starkes Land auf<br />

eine gute Verkehrsverbindung angewiesen. Anderer-<br />

seits hat die Schweiz in der kürzeren Vergangenheit ein<br />

durchaus alarmierendes Verkehrswachstum erlebt [vgl.<br />

technik.geschichte-schweiz.ch, 2008].<br />

Die Schweiz besitzt eine wichtige Aufgabe <strong>als</strong> Transit-<br />

land für den europäischen Nord-Süd-Verkehr und hat<br />

viel in den Ausbau ihres Straßen- und Schienennetzes<br />

investiert. In den folgenden beiden Abschnitten wird die<br />

Entwicklung der beiden Infrastrukturnetze kurz erläu-<br />

tert.<br />

Abb.1:Nation<strong>als</strong>traßennetz Abb.2: Schienennetz<br />

Entwicklung des Straßenverkehrsnetzes<br />

1805 wurde der Simplonpass <strong>als</strong> erste europäische<br />

Hochalpenstraße für den Wagenverkehr eröffnet. Zwi-<br />

schen 1821 und 1823 wurden die Bünd-ner Pässe San<br />

Bernardino und Splügen für den Wagenverkehr ausge-<br />

baut und 1830 wurde der Gotthardpass eröffnet. Wäh-<br />

rend beispielsweise in Deutschland ab 1930 der Auto-<br />

bahnbau vom Staat gefördert wurde, begnügte sich die<br />

Schweiz zunächst mit Ausbauten der Hauptstraßen [vgl.<br />

technik.geschichte-schweiz.ch, 2008]. Das Straßenwe-<br />

sen war bis Anfang der fünfziger Jahre noch kantonal<br />

geregelt. Erst 1958 haben die Schweizer mit fast 85%<br />

einer Verfassungsänderung zugestimmt, die den Bau<br />

eines nationalen Straßennetzes ermöglichte. Das Nati-<br />

on<strong>als</strong>traßengesetz von 1960 legt die Nation<strong>als</strong>traßen <strong>als</strong><br />

Gemeinschaftswerk von Bund und Kantonen fest [vgl.<br />

Liechti, 2000]. Seither wurde das Netz kontinuierlich<br />

ausgebaut und erreichte Ende 2006 eine Gesamtlän-<br />

ge von 1758 Kilometer beziehungsweise 93% der ge-<br />

planten Gesamtlänge. Der festgelegte Ziel-wert liegt<br />

bei 1892 Kilometer und soll im Jahre 2020 erreicht sein<br />

[vgl. www.bfs.admin.ch, 2008]. Die nachfolgende Ab-<br />

bildung zeigt das derzeitige Straßennetz (Stand 2006),<br />

wobei das Nation<strong>als</strong>traßennetz grün darge-stellt ist. Die<br />

roten Pfeile weisen auf die geographische Lage der vier<br />

wichtigsten Alpenübergänge hin, auf die später noch nä-<br />

her eingegangen wird.<br />

Entwicklung des Schienenverkehrsnetzes<br />

Der Eisenbahnbau hat in der Schweiz vergleichsweise<br />

spät eingesetzt. Es wurde zwar bereits 1836 eine Eisen-<br />

bahngesellschaft gegründet, welche aus Geldmangel<br />

jedoch scheiterte. Erst 1847 wurde die erste Strecke von<br />

Zürich nach Baden eingeweiht. Die weitere Erschlie-<br />

ßung des Mittellandes schritt rasant voran. Nur die Alpen<br />

waren für die Eisenbahn vorerst unüberwindbar. Nach<br />

10 jähriger Bauzeit konnte der Gotthard-Eisenbahn-<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 59


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

60 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

tunnel 1882 fertig gestellt werden. 1898 wurde in einer<br />

Volksabstimmung „Die Schweizer Bahn dem Schweizer<br />

Volk“ schließlich die Übernahme der Eisenbahnen durch<br />

den Bund für gut geheißen. Mit der Fertigstellung der<br />

Lötschberg–Simplon-Achse 1913 wurde das transalpine<br />

Netz ergänzt und somit waren vermeintlich die Trans-<br />

portprobleme durch die schweizerischen Alpen gelöst.<br />

Doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stieg<br />

der Druck auf die Politik, das Schienenverkehrsnetz aus-<br />

zubauen [vgl. technik.geschichte-schweiz.ch, 2008]. In<br />

Abbildung zwei ist das Schweizer-Schienennetz (grüne<br />

Linien) dargestellt. Es umfasst heute mehr <strong>als</strong> 5.000<br />

Kilometer, wovon knapp 3000 Kilometer von der nach<br />

einer Volksabstimmung 1902 gegründeten Schweize-<br />

rischen Bundesbahn (SBB) benutzt werden [vgl. technik.<br />

geschichte-schweiz.ch, 2008]. Die roten Pfeile deuten<br />

auf die geographische Lage der zwei für den Schiene-<br />

verkehr ausgebauten Alpenübergänge hin.<br />

Transitverkehrsproblematik der Alpen-<br />

region<br />

Durch die Konzentration der Güterströme auf die geo-<br />

graphischen Barrie-ren verursacht der Transitverkehr<br />

ungleich größere Probleme <strong>als</strong> im Flachland. Das Öko-<br />

system dieser Region ist sensibel und rar besiedelbarer.<br />

Die Bündelung des Güterverkehrs auf wenige Routen<br />

bewirkt Kapazitätsengpässe, deren Folgen die Situation<br />

noch verschärft [vgl. Molitor, 1996]. Das gut ausgebaute<br />

Infrastrukturnetz hat letztlich die Voraussetzung für die<br />

rasante Verkehrsentwicklung im Alpenraum gefördert.<br />

Das stetige Wachstum des Güterverkehrs ist ein Zeichen<br />

für eine dynamische und gut funktionierende Wirtschaft.<br />

Die Schattenseiten dieser Entwicklung wie Lärmbela-<br />

stung, Luftverschmutzung oder Beeinträchtigung der re-<br />

gionalen Mobilität sollten nicht außer acht gelassen wer-<br />

den. Verkehr ist mit Umweltbelastungen verbunden, und<br />

besonders in den engen Tälern wirken sich diese verstär-<br />

kt auf das Ökosystem und die dort lebenden Menschen<br />

aus [vgl. Bundesamt für Raumentwicklung, 2001].<br />

Der Alpenbogen<br />

Der gesamte Alpenbogen erstreckt sich von Frankreich<br />

über die Schweiz bis nach Österreich oder anders gesagt<br />

von Ventimiglia bis ins Wiener Becken. Innerhalb dieses<br />

Bogens gibt es insgesamt 14 Übergänge für den alpen-<br />

querenden Güterverkehr relevant sind (siehe Abbildung<br />

3 nächste Seite).<br />

Der mit blauen Pfeilen gekennzeichnete Bereich, <strong>als</strong>o<br />

von Mont - Cenis / Frejus bis zum Brenner, steht unter<br />

besonderer Beobachtung. Dieser Be-reich wird <strong>als</strong> inne-<br />

rer Alpenbogen bezeichnet und ist aus Schweizer Sicht<br />

von besonderer Bedeutung, da sich die vier wichtigsten<br />

Alpenübergänge innerhalb dieses Bogens befinden. Die<br />

zwei nur für den Straßenverkehr ausgebauten der San<br />

Bernardino und der Großer St. Bernhard sowie die für<br />

den Straßen- und Schienenverkehr ausgebauten Über-<br />

gänge der Gotthard und der Simplonpass [vgl. Bundes-<br />

amt für Raumentwicklung, 2001].<br />

Das Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kom-<br />

munikation (UVEK) hat die Entwicklung des alpenque-<br />

renden Güterverkehrs auf Stra-ße und Schiene seit über<br />

25 Jahren in diesem inneren Alpenbogen aufgezeichnet<br />

[vgl. www.bav.admin.ch, 2008]. Die Ergebnisse dieser<br />

Erhebungen bilden eine wichtige Planungsgrundlage<br />

für die Transitverkehrspolitik der drei am stärksten vom<br />

Transitverkehr betroffenen Länder Frankreich, Österrei-<br />

ch und die Schweiz. Die nachfolgende Abbildung zeigt<br />

die Entwicklung des alpenquerenden Güterverkehrs von<br />

1980 bis 2007 im inneren Alpenbogen.<br />

Anhand von Abbildung 4 ist die prekäre Entwicklung des<br />

Transitverkehrs in der Alpenregion gut veranschaulicht.<br />

Im Jahr 2007 wurden auf Straße und Schiene insgesamt<br />

117 Millionen Tonnen Güter über den inneren Alpenbo-<br />

gen transportiert. Das ist eine Zunahme um 131% im<br />

Vergleich zum Referenzjahr 1980. Der Schienenanteil<br />

am gesamten alpenquerenden Güterverkehr auf dem<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

61


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

inneren Alpenbogen machte 35% aus. Der Transitver-<br />

kehrsanteil beträgt durchschnittlich 68%. Der ent-spre-<br />

chende Anteil beträgt in Frankreich 20%, in der Schweiz<br />

74% und in Österreich ganze 90% [vgl. Bundesamt für<br />

Verkehr, 2007]. Der alpenquerende Güterverkehr im in-<br />

neren Alpenbogen hat sich in den letzten 27 Jahren mehr<br />

62 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Abb.3: Der Alpenbogen<br />

Abb.4: Alpenquerender Güterverkehr auf Straße und Schiene 1980 - 2007<br />

<strong>als</strong> verdoppelt. Während die Schiene nur um ein Viertel<br />

zulegen konnte, ist die auf der Straße transportierte Gü-<br />

termenge fast um das dreifache gestiegen. Anteilsmäßig<br />

gewinnt die Straße gegenüber der Schiene immer mehr<br />

an Boden. Mit einem durchschnittlichen Jahreswachs-<br />

tum von 5% auf der Straße und nur 1% auf der Schiene<br />

erkennt man eine klare Tendenz hin zum Verkehrsträger<br />

Straße [vgl. Bundesamt für Raumentwicklung, 2001].<br />

Die Situation in der Schweiz<br />

Die Schweiz hat gewissermaßen eine Doppelbelastung.<br />

Einerseits der Alpenbogen, der einen natürlichen Riegel<br />

darstellt. Andererseits gibt es das wirtschaftlich bedeu-<br />

tende Entwicklungsband die sogenannte „Blaue Bana-<br />

ne“, welche nordwestlich Londons beginnt und sich<br />

über Mailand hinaus erstreckt. Dieser wirtschaftlich<br />

strukturstarke Raum gilt <strong>als</strong> Ader Europas. Innerhalb<br />

dieses Bandes befinden sich die wichtigsten Produkti-<br />

onsstätten Europas. Damit werden die altindustriellen<br />

Räume von Mittelengland und dem Ruhrgebiet genauso<br />

eingeschlossen, wie das Industriedreieck in Oberitalien<br />

[vgl. lexikon.freenet.de, 2008]. Die Überschneidung die-<br />

ser beiden Faktoren verstärkt das Problem der Schweiz<br />

<strong>als</strong> Transitland.<br />

Das auseinandergehen der Schere zwischen Schienen-<br />

verkehr und Stra-ßenverkehr ist insofern gut zu erken-<br />

nen <strong>als</strong> sich das Verhältnis zwischen den beiden Ver-<br />

kehrsträgern eindeutig in Richtung Straße bewegt: 1984<br />

lag der Schienenanteil noch bei knapp 88%, 2007 nur<br />

noch bei 64%.<br />

Auch der Anteil des Transitverkehrs am gesamten alpen-<br />

querenden Verkehr hat in den letzten Jahrzehnten zuge-<br />

nommen. Das liegt vor allem daran, dass der Transitver-<br />

kehrsanteil auf der Schiene deutlich zugenommen hat,<br />

während er auf der Straße nahezu unverändert geblieben<br />

ist.<br />

Schweizer Transitverkehrspolitik<br />

In Folge wird die Entwicklung der Schweizer Verkehrs-<br />

politik kurz erläu-tert. Es soll aufgezeigt werden, wie<br />

die Politik das Thema Transitverkehrsbelastung hand-<br />

habt und welche Ansätze sie <strong>als</strong> Schnittstelle zwischen<br />

Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt verfolgt.


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

Weißer Lkw oder ... ... nicht weißer Lkw?<br />

Historische Entwicklung<br />

Die schweizerische Verkehrspolitik ist durch zwei we-<br />

sentliche Merkmale gekennzeichnet. Erstes Merkmal<br />

ist die sektorielle Ausrichtung, die dafür verantwortlich<br />

war, dass sich die einzelnen Verkehrsträger unabhän-<br />

gig voneinander entwickelten. Zweites Merkmal ist die<br />

Bedeutung der Schweiz <strong>als</strong> Transitland, was einerseits<br />

auf die geografische Lage und andererseits auf den Al-<br />

penriegel zurückzuführen ist. Durch die Nachteile einer<br />

sektoriell ausgerichteten Verkehrspolitik sah sich der<br />

Bundesrat 1972 dazu veranlasst, die Ausarbeitung einer<br />

schweizerischen Gesamtverkehrskonzeption (GVK) in<br />

Auftrag zu geben.<br />

Basierend auf den Schlussfolgerungen verabschiedete<br />

64 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

der Bundesrat 1982 die Botschaft über die Grundlage<br />

einer koordinierten Verkehrspolitik (KVP), welche nach<br />

einer Volksabstimmung 1988 scheiterte. Somit waren<br />

die über zehnjährigen Anstrengungen einer gemein-<br />

samen Verkehrspolitik ergebnislos. Angesichts dieser<br />

Entwicklung stand man Ende der 1980´er vor neuen<br />

Herausforderungen. Die Schweiz wollte unbedingt dem<br />

Abkommen des Europäischen Wirtschaftraums (EWR)<br />

beitreten. Um ihrer traditionellen Aufgabe <strong>als</strong> Transit-<br />

land gerecht zu werden, stimmte man 1992 in einem<br />

Referendum dem Bau einer Neuen Eisenbahn-Alpen-<br />

transversale (NEAT) zu. Es folgten die Zustimmungen<br />

zur Alpeninitiative, zur leistungsabhängigen Schwer-<br />

verkehrsabgabe und der Bahnreform [vgl. Wicki, 1999].<br />

Diese Maßnahmen und Projekt prägen die Schweizer<br />

Verkehrspolitik heute noch stark.<br />

Schweizer Verlagerungspolitik<br />

In den letzten Jahren wurden in der Schweizer Ver-<br />

kehrspolitik wichtige Weichenstellungen vorgenom-<br />

men, welche die Entwicklung auch in den kommenden<br />

Jahren wesentlich beeinflussen werden. Die Schweizer<br />

Verkehrspolitik orientiert sich am Prinzip der Nachhal-<br />

tigkeit. Die Bevölkerung wünscht eine Verlagerung des<br />

Güterverkehrs auf die Schiene. Dieser Grundsatz wurde<br />

vom Souverän immer wieder bestätigt [vgl. www.bav.<br />

admin.ch, 2008].<br />

Anfang 1994 hat man die Alpenschutzinitiative in einer<br />

Egal. Hauptsache es wird auf der Schiene transportiert!<br />

Volksabstimmung angenommen. Damit wurde die so-<br />

genannte Verlagerungspolitik in der Bundesverfassung<br />

verankert. So vereint sich in der Verkehrsverlagerung die<br />

innige Beziehung der Schweizer zum Schienenverkehr,<br />

mit dem Willen zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik.<br />

Die Alpenschutzinitiative stellte im Kern hauptsächlich<br />

eine Antwort im Bezug auf die Transitfrage und man<br />

nahm dies zum Anlass, folgenden Artikel Verfassungs-<br />

recht werden zu lassen [vgl. Wicki, 1999].<br />

Laut Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge-<br />

nossenschaft Art. 84 Alpenquerender Transitverkehr<br />

[Bundesverfassung der Schweizer Eidge-nossenschaft,<br />

2008]:<br />

1. „Der Bund schützt das Alpengebiet vor den negativen<br />

Auswirkungen des Transitverkehrs. Er begrenzt die Be-<br />

lastungen durch den Transit-verkehr auf ein Mass, das<br />

für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie ihre Lebensräu-<br />

me nicht schädlich ist.“<br />

2.„Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze<br />

zu Grenze erfolgt auf der Schiene. Der Bundesrat trifft<br />

die notwendigen Massnahmen. Ausnahmen sind nur zu-<br />

lässig, wenn sie unumgänglich sind. Sie müssen durch<br />

ein Gesetz näher bestimmt werden.“<br />

3. „Die Transitstrassen-Kapazität im Alpengebiet darf<br />

nicht erhöht wer-den. Von dieser Beschränkung ausge-<br />

nommen sind Umfahrungsstrassen, die Ortschaften vom<br />

Durchgangsverkehr entlasten.“<br />

Die durch die Alpenschutzinitiative hervorgerufene<br />

Verlagerungspolitik hat <strong>als</strong> Ziel, möglichst viel alpen-<br />

querenden Güterschwerverkehr von der Straße auf die<br />

Schiene zu verlagern. Die Schweizer Verlagerungs-<br />

politik besteht aus einem Paket von aufeinander abge-<br />

stimmten Maßnahmen und Instrumenten welche in den<br />

folgenden Abschnitten genauer erläutert werden [vgl.<br />

www.bav.admin.ch, 2008]:<br />

die leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe<br />

(LSVA),<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

65


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT),<br />

das bilaterale Landverkehrsabkommen Schweiz und<br />

der Europäischen Union (EU)<br />

verschiedene flankierende Maßnahmen<br />

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe<br />

Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA)<br />

setzt das Verur-sacherprinzip und damit die Kostenwahr-<br />

heit im Schwerverkehr durch. Sie muss für alle Motor-<br />

fahrzeuge und deren Anhänger entrichtet werden, die ein<br />

zulässiges Gesamtgewicht von mehr <strong>als</strong> 3,5 Tonnen auf-<br />

weisen, dem Gütertransport dienen und das öffentliche<br />

Straßennetz der Schweiz befahren [vgl. Wicki, 1999].<br />

Mit der Einführung der LSVA (2001) und der Erhöhung<br />

der Gewichtsbe-schränkung von 28 Tonnen auf 40 Ton-<br />

nen (2005) hat sich die Produktivität im Straßenverkehr<br />

erhöht [vgl. www.bav.admin.ch, 2008]. Der Leerfahrten-<br />

anteil war mit 23% in der Schweiz ungleich höher <strong>als</strong><br />

beispielsweise in Frankreich (5%) und Österreich (8%).<br />

Mit der Einführung und der Erhöhung der LSVA wur-<br />

de dem gegengesteuert. Ebenfalls ist seit dem Jahr 2001<br />

ein Rückgang an Straßengüterfahrzeuge von 10% zu<br />

verzeichnen, was unter anderem auf die Einführung der<br />

LSVA zurückzuführen ist [vgl. Bundesamt für Raument-<br />

wicklung, 2001].<br />

Die Einnahmen aus der LSVA werden zu einem Groß-<br />

teil in den Bau der neuen Eisenbahn-Alpentransversale<br />

(NEAT) investiert.<br />

Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT)<br />

Nach 30 Jahre dauernden Vorarbeiten, Diskussionen und<br />

Entwürfen von Experten und Kommissionen stimmte<br />

das Schweizer Volk 1992 dem Bau der Neuen Eisen-<br />

bahn-Alpentransversale (NEAT) zu. Für die Verlage-<br />

rung des Güterschwerverkehrs von der Straße auf die<br />

Schiene muss die Schieneninfrastruktur modernisiert<br />

und ausgebaut werden. Die NEAT umfasst die beiden<br />

Jahrhundertwerke des Tunnelbaus. Den 2007 eröffneten<br />

Lötschberg - Basistunnel, der zusammen mit dem Sim-<br />

plontunnel die Lötschberg - Simplon - Basisstrecke bil-<br />

det. Von größerer Bedeutung für die Verlagerung wird<br />

indes der 57 Kilometer lange Gotthardbasistunnel sein,<br />

dessen endgültige Fertigstellung 2019 geplant ist.<br />

Die Erhöhung der Transitkapazität wird weiterhin mit<br />

den großen Investitionen in den kommenden Jahren<br />

gewährleistet. Ziel der beiden NEAT-Achsen ist es, lei-<br />

stungsfähige Bahnverbindungen für Güter zwischen der<br />

Nord- und der Südseite der Alpen zu schaffen [vgl. Bun-<br />

desamt für Raumentwicklung, 2001].<br />

Verlagerungsgesetz<br />

Der Verlagerungsauftrag in der Verfassung verlangt,<br />

einen möglichst großen Teil der alpenquerenden Güter-<br />

ströme statt auf der Straße auf der Schiene zu bewälti-<br />

gen. Das auf der Bundesverfassung der Schweizer Eid-<br />

genossenschaft gestützte Verlagerungsgesetz beinhaltet<br />

Folgendes [Bundesverfassung der Schweizer Eidgenos-<br />

senschaft, 2008]:<br />

1. „Der Bund ist bestrebt, zum Schutz des Alpengebietes<br />

in Zusammen-arbeit mit den Kantonen, den Bahnen und<br />

seinen europäischen Part-nern eine sukzessive Verlage-<br />

rung von alpenquerendem Güterschwerverkehr auf die<br />

Schiene zu erzielen.“<br />

2. „Für den auf den Transitstrassen im Alpengebiet ver-<br />

bleibenden alpenquerenden Güterschwerverkehr gilt<br />

eine Zielgrösse von 650 000 Fahrten pro Jahr, welche<br />

möglichst rasch, spätestens zwei Jahre nach Eröffnung<br />

des Lötschberg - Basistunnels erreicht werden soll.“<br />

3. „Falls das Verlagerungsziel nach den Absätzen 1 und<br />

2 gefährdet er-scheint, legt der Bundesrat Zwischen-<br />

schritte für die Verlagerung fest und trifft die notwen-<br />

digen Massnahmen oder beantragt diese der Bundesver-<br />

sammlung. Er schlägt nötigenfalls weitere Massnahmen<br />

im Rahmen der Botschaft für ein Ausführungsgesetz zu<br />

Artikel 84 der Bundesverfassung vor.“<br />

Die verkehrspolitisch angestrebte Reduzierung der Stra-<br />

ßensendungen auf 650.000 LKW-Sendungen pro Jahr<br />

bis 2009 wird nicht erreicht werden.<br />

Waren es im Jahr 2000 noch 1.430.000 Schwerfahr-<br />

zeuge, überquerten 2007 noch 1.263.000 Schwerfahr-<br />

zeuge die Schweizer Alpen auf der Straße. Die Richtung<br />

stimmt. Das Ziel zwei Jahre nach Eröffnung des Lötsch-<br />

berg - Basistunnels die Anzahl zu halbieren wurde aber<br />

verfehlt.<br />

Bilaterales Landverkehrsabkommen<br />

Das Landverkehrsabkommen der Schweiz mit der Euro-<br />

päischen Union sichert die nachhaltige Schweizer Ver-<br />

kehrspolitik gegenüber Europa ab und bringt eine koor-<br />

dinierte Politik zum Schutz des gesamten Alpenrau-mes<br />

[vgl. Wicki, 1999].<br />

Das NEAT-Konzept ist auch Bestandteil des Transitab-<br />

kommens von 1992 und des Landverkehrsabkommens<br />

zwischen der Schweiz und der EU. Das deutliche Ja von<br />

Volk und Ständen am 29. November 1998 hat entschei-<br />

dend dazu beigetragen, dass die Verhandlungen über das<br />

Landverkehrsabkommen abgeschlossen werden konnte.<br />

Fond für Infrastrukturprojekte (FinöV-Fond)<br />

Der seit 1998 bestehende FinöV - Fonds sichert außer-<br />

halb des ordentli-chen Bundesbudgets die Finanzierung<br />

der Eisenbahnprojekte. Der Fonds umfasst Bahninfra-<br />

strukturprojekte, die einander ergänzen und eine Lei-<br />

stungssteigerung beim öffentlichen Verkehr ermögli-<br />

chen. Dieses Vorhaben basiert auf dem Grundsatz der<br />

nachhaltigen Verkehrs- und Verlagerungspolitik, wie<br />

er in Volksabstimmungen wiederholt bestätigt worden<br />

ist. Der Finöv - Fonds des Bundes wird zu 2/3 aus den<br />

Einnahmen der LSVA finanziert, während die übrigen<br />

Gelder aus der Mehrwert- und aus der Mineralölsteuer<br />

stammen [vgl. www.bav.admin.ch, 2008].<br />

m<br />

Vergleich Schweiz - Österreich<br />

Die topografische und geographische Lage der bei-<br />

den Länder, und dass daraus resultierende Transitver-<br />

kehrsproblem, stellt deren jeweilige Ver-kehrspolitik vor<br />

große Herausforderungen. Die Probleme sind weitge-<br />

hend deckungsgleich, die Lösungsansätze jedoch größ-<br />

tenteils verschieden. Im Gegensatz zur Schweiz gehört<br />

Österreich seit 1995 der Europäischen Union (EU) an,<br />

was die Ausgangssituation entscheidend beeinflusst.<br />

Die Schweiz verzichtet seit einer Volksabstimmung<br />

1994 auf den Aus-bau der Kapazität der Transitstrassen,<br />

stattdessen wird die Verlagerung des Transitverkehrs auf<br />

die Schiene angestrebt. Wohingegen es in Öster-reich<br />

nicht so einfach funktioniert und man in vielen Punkten<br />

von der gemeinsamen Verkehrspolitik der EU abhängig<br />

ist. Allgemein bezieht die Schweiz das Volk viel stärker<br />

in verkehrspolitischen Entscheidungen mit ein. Wäh-<br />

rend in Österreich der Straßengüterverkehr weiter stark<br />

zunimmt, ist es der Schweizer Verkehrspolitik gelungen,<br />

das Wachstum zu verringern. Im alpenquerenden Güter-<br />

verkehr dominiert bezüglich der beförderten Menge in<br />

Österreich klar die Straße mit 73%. Wo hingegen in der<br />

Schweiz der Anteil der Straße nur 36% und der Schie-<br />

nenanteil 64% beträgt. In diesem Punkt hat Österreich<br />

sicherlich noch Aufholbedarf.<br />

Die Schweiz hat bereits im Jahr 2001 eine LKW-Maut<br />

eingeführt, die auf allen Straßen zu bezahlen ist und<br />

nicht wie in Österreich nur auf Autobahnen und Schnell-<br />

straßen. Auch ist die LKW-Maut in der Schweiz deutlich<br />

höher. In der Schweiz zahlen Lkw für jeden zurückge-<br />

legten Kilometer durchschnittlich 50 Cent. In Österrei-<br />

ch zahlen LKW nur für die hochrangigen Straßen ge-<br />

fahrenen Kilometer, und dort im Durchschnitt lediglich<br />

23 Cent pro Kilometer. Die daraus resultierenden Ein-<br />

nahmen fließen in der Schweiz direkt in den Ausbau der<br />

Schieneninfrastruktur. Wohingegen in Österreich damit<br />

der Ausbau der Schnellstraßen und Autobahnen finan-<br />

ziert wird.<br />

Zusammenfassung<br />

Im Herzen Europas gelegen besitzt die Schweiz eine<br />

66 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

67


TRANSITvERkEHRSPOLITIk DER ScHwEIZ<br />

wichtige Aufgabe <strong>als</strong> Transitland vor allem für den euro-<br />

päischen Nord-Süd-Verkehr. Einerseits ist die Schweiz<br />

<strong>als</strong> rohstoffarmes aber wirtschaftlich starkes Land auf<br />

eine gute Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Anderer-<br />

seits hat die Schweiz in der kürzeren Vergangenheit ein<br />

durchaus alarmierendes Verkehrswachstum erlebt. Wie<br />

gut sich ein Land wirtschaftlich entwickelt hängt eng<br />

mit seiner Verkehrserschließung zusammen.<br />

Die Schweiz hat seit Jahrzehnten eine nachhaltige, öko-<br />

logische und ökonomische Verkehrspolitik betrieben.<br />

Die wesentlichen Fakten und Entwicklungstendenzen<br />

zur Verkehrssituation wurden weitgehend behandelt. Im<br />

Transitverkehr sind die Weichen verbindlich gestellt. Bei<br />

jeder einzelnen Maßnahme – LSVA, NEAT, bilaterales<br />

Landverkehrsabkommen, FinöV-Fond – hat die Schweiz<br />

den Fokus auf umwelt- und sozialverträglichere Gestal-<br />

tung des Transitverkehrs gelegt. Ohne diese Lenkungs-<br />

maßnahmen würde der Prozentsatz von 65% Schienen-<br />

anteil nicht auf Dauer haltbar sein.<br />

Um den Ausweichverkehr über die Nachbarländer der<br />

Schweiz zu vermeiden, braucht es ein über den ganzen<br />

Alpenraum koordiniertes Vorgehen. Die Schweiz wird<br />

in den nächsten Jahren von den verkehrspolitischen<br />

Entscheidungen der EU beeinflusst werden, ohne dass<br />

sie direkten Einfluss auf diese Entscheidungen nehmen<br />

kann.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Brieber, Maria: Der Transitvertrag <strong>als</strong> ein Versuch der Reglementierung<br />

des Transitverkehrs, Wien, 2005<br />

Bundesverfassung der Schweizer Eidgenossenschaft: Vom April 1999<br />

(Stand Jänner 2008)<br />

Bundesamt für Raumentwicklung: Wege durch die Alpen, Bern, 2001<br />

Bundesamt für Verkehr: Alpeninfo 2007, Bern, 2008<br />

Ebenbichler, Barbara; Transitverkehr, Wien, 1996<br />

Friedli, Max: Verkehrspolitik der Schweiz, Bern, 2008<br />

Hummer, Waldemar: Alpenquerender Transitverkehr aus regionaler<br />

und überregionaler Sicht, Wien, 1993<br />

Kummer, Sebastian: Einführung in die Verkehrswirtschaft, Wien, 2006<br />

Kummer, Sebastian: Rollende Landstrasse nach der EU-Erweiterung,<br />

Wien, 2004<br />

Liechti, Markus: Privatisierung der Schweizer Nation<strong>als</strong>trassen, Bern,<br />

2000<br />

Molitor, Romain: Alpentransit–Güterzüge statt LKW-Kolonnen, Wien,<br />

1996<br />

Pfohl, Hans-Christian: Logistiksysteme (7. Auflage), Darmstadt, 2003<br />

Rütsche, Bernhard: Verkehrspolitik und Alpenraum, Bern, 1996<br />

Sarreschtehdari-Leodolter, Sylvia: EU-Erweiterung und Alpentransit,<br />

Wien, 2003<br />

Schubert, Alex: Volkswirtschaftliche Grundlagen der österreichischen<br />

Verkehrswirtschaft, Wien, 2006<br />

Wicki, Christof: Nachhaltige Alpenverkehrspolitik, Luzern, 1999<br />

http://www.bfs.admin.ch, Dezember 2008<br />

http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/11/07/04.html,<br />

Excel-File: Alpenquerender Güterverkehr nach Übergängen, Dezember<br />

2008<br />

http://www.essential.at/cms/index; Dezember 2008<br />

http://europa.eu/pol/trans/index_de.htm; Dezember 2008<br />

http://www.geschichte-schweiz.ch, November 2008<br />

http://www.giovannidanielli.ch/index.html, Dezember 2008<br />

http://www.lexikon.freenet.de/Blaue_Banane, Dezember 2008<br />

http://www.logistikwoerterbuch.or.at/dictionary, Dezember 2008<br />

http://www.swissworld.org/de, Dezember 2008<br />

http://www.uvek.admin.ch, Dezember 2008<br />

http://www.a9-vs.ch/deutsch/nstrnetz.html, November 2008<br />

Michael Ertl studiert an der FH des bfi Wien<br />

„Logistik und Transportmanagement“. Nach-<br />

dem er knapp 10 Jahre für die Österreichischen<br />

Bundesbahnen (ÖBB) gearbeitet hat, konnte<br />

er nicht nur bei den Austrian Airlines, sondern<br />

auch bei der Rail Cargo Austria Erfahrungen<br />

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veröffentlicht und widmet sich jeweils einem verkehrsspezifischen<br />

Schwerpunktthema.<br />

Nächste Ausgabe: Betriebliches Mobilitätsmanagement?<br />

68 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong> 73<br />

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KW 17


OffEN AUSGESPROcHEN - AUSGESPROcHEN OffEN<br />

SICHERHEIT uND VERKEHR<br />

Das Thema Sicherheit, welches die-<br />

ser Ausgabe des „Österreichischen<br />

Verkehrsjourn<strong>als</strong>“ zugrundeliegt, ist<br />

ein sehr vielschichtiges und ein sehr<br />

aktuelles Thema. Daher möchte ich<br />

versuchen, einige relevante Aspekte<br />

im Zusammenhang zwischen Si-<br />

cherheit und Verkehr anzusprechen.<br />

Der erste Bereich betrifft Verkehrs-<br />

sicherheit. Es ist glücklicherweise<br />

so, dass sich trotz - auf lange Sicht<br />

gesehen - steigenden Verkehrsauf-<br />

kommens Zahl und Schwere von<br />

Verkehrsunfällen verringern. Dies<br />

ist im Wesentlichen auf den tech-<br />

nologischen Fortschritt und die Si-<br />

cherheitsmerkmale von Fahrzeugen<br />

und auf Infrastrukturseite zurück-<br />

zuführen. Der zweite Faktor sind<br />

die einzuhaltenden Vorschriften. Es<br />

70 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Elmar Wilhelm M. Fürst<br />

lässt sich im langjährigen Verlauf<br />

der Verkehrsunfallstatistiken sehr<br />

schön und eindrucksvoll zeigen,<br />

welche Wirkungen die Einführung<br />

der Verwendung von Sicherheits-<br />

gurten, Helmen, Kindersitzen etc.<br />

entfaltet haben. Leider können aber<br />

weder die Technik noch die Gesetze<br />

etwas gegen Unachtsamkeit, Leicht-<br />

sinn und Ignoranz der Verkehrsteil-<br />

nehmer ausrichten. Bewusstseinsbil-<br />

dende Maßnahmen und Kampagnen<br />

können daher durchaus wirksam sein<br />

und zahlen sich aus, sobald sie einen<br />

Invaliden oder Verkehrstoten ver-<br />

hindert haben. Als Ökonom möchte<br />

ich an dieser Stelle auch noch be-<br />

tonen, dass aus menschlicher Sicht<br />

natürlich problematisch wirken mag<br />

und tatsächlich auch schwierig ist,<br />

Menschenleben bzw. Lebensqualität<br />

elmar.fuerst@verkehrsjournal.at<br />

monetär im Rahmen von Unfallko-<br />

stenrechnungen zu bewerten, den-<br />

noch muss der Gesellschaft und ih-<br />

ren Entscheidungsträgern vor Augen<br />

geführt werden, dass neben dem un-<br />

ermesslichen Leid durch Verkehrs-<br />

unfälle auch ein enormer wirtschaft-<br />

licher Schaden entsteht.<br />

Ein zweiter, großer und aktuell heiß<br />

diskutierter Bereich ist der Bereich<br />

des Schutzes vor Anschlägen und<br />

Entführungen, vor allem im Luft-<br />

verkehr, aber auch in anderen Ver-<br />

kehrsbereichen. Hier wird etwa die<br />

Einführung der „Nacktscanner“<br />

thematisiert oder das Verbot des<br />

Mitführens von Flüssigkeiten. Neue<br />

Regelungen scheinen hier „anlass-<br />

bezogen“ eingeführt zu werden, was<br />

mich bedenklich stimmt, sollte die<br />

Sicherheitspolitik nach Möglichkeit im Vor-<br />

hinein in der Lage sein, Gefahrenpotentiale<br />

auszumachen und abzustellen. Gleichzeitig<br />

sieht man, dass es manchen Leuten immer<br />

wiederum gelingt, Sicherheitsmaßnahmen zu<br />

umgehen. Hinzu kommt, dass Sicherheitsvor-<br />

kehrungen an unterschiedlichen Orten bzw. in<br />

unterschiedlichen Ländern auch unterschied-<br />

lich streng gehandhabt werden.<br />

An diesen Bereich schließt sich nahtlos die<br />

Frage des Datenschutzes an. Dies beginnt mit<br />

der Frage, wem welche Daten in welcher Form<br />

zur Verfügung gestellt werden sollten (Stich-<br />

wort „Fingerabdrücke“), reicht über Videoauf-<br />

zeichnungen im öffentlichen Raum (Bahnhöfe,<br />

Flughäfen, Verkehrsmittel) bis hin zur Frage<br />

der Datenerfassung für statistische Zwecke.<br />

Die Sicherheit der Fahrgäste im Öffentlichen<br />

Verkehr ist natürlich ebenfalls ein bedeutsames<br />

Thema, kommt es doch immer wieder zu Belä-<br />

stigungen bis hin zu tätlichen Angriffen. Hier<br />

sind effektive Maßnahmen ebenso gefragt,<br />

wie die Zivilcourage von anderen Fahrgästen<br />

und Mitarbeitern. Oft haben Menschen Angst,<br />

einzuschreiten, da sie befürchten, selbst zum<br />

Opfer zu werden. Die Psychologen raten in<br />

diesen Fällen, sich nach Möglichkeit mit ande-<br />

ren Personen zusammenzutun und gemeinsam<br />

vorzugehen.<br />

Schließlich soll hier auch noch das Thema<br />

Fahrzeugeinbrüche und -diebstähle erwähnt<br />

werden, da auch hierdurch ein beachtlicher<br />

Schaden entsteht.<br />

Es zeigt sich, dass Sicherheit und Verkehr auf<br />

vielfältige Weise miteinander verwoben sind.<br />

Jeder sollte seinen Beitrag leisten, damit der<br />

Verkehr und damit unser Leben sicherer wird<br />

und bleibt. Sicher ist sicher!


UMfRAGE<br />

ONLINE-uMFRAGE IM<br />

VERKEHRSFORuM.AT<br />

Vor kurzem wurde die vierte Section-Control-Anlage in Österreich (Kärnten) in Be-<br />

trieb genommen. Was halten Sie von diesen Anlagen?<br />

Section-Control erhöht die Verkehrssicherheit. 40,53%<br />

Section-Control reduziert die Verkehrssicherheit. 11,01%<br />

Section-Control soll Einnahmen für den Staat lukrieren. 19,82%<br />

Section-Control diskriminiert inländische Lenker. 14,98%<br />

Section-Control ist sinnlos. 9,69%<br />

Ich bin anderer Meinung. 2,64%<br />

Ich habe keine Meinung zum Thema/Thema ist mir egal. 1,33%<br />

72 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

n = 227<br />

Umfragezeitraum: Okt. 2009 - Jän. 2010<br />

Ihre Meinung zählt!<br />

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vERkEHR IN kÜRZE<br />

VERKEHR IN KüRZE [vgl. www.verkehrstelegramm.at]<br />

NOVEMbER 2009<br />

Neue Verkehrsbe-<br />

schränkungen?<br />

Einen Novellierungsent-<br />

wurf des IG-L (Immissi-<br />

onsschutzgesetz - Luft)<br />

hat das Umweltministeri-<br />

um versendet. Eine Reihe<br />

von Ausnahmen für den<br />

Verkehr sollen gestrichen<br />

werden wie zB die gene-<br />

relle Befreiung für Busse<br />

und Taxis, weiters (die<br />

für Straßengüterbeförde-<br />

rungen wichtigen) Ziel<br />

und Quellverkehre und<br />

bestimmte Fahrschul-<br />

fahrten. Erstm<strong>als</strong> werden<br />

Rahmenbedingungen<br />

zur Schaffung von Um-<br />

weltzonen in Österreich<br />

geschaffen wie die Kenn-<br />

zeichnung der Fahrzeuge<br />

nach Abgasklassen: rote<br />

Plakette/Abgasnorm bis<br />

EURO-2, gelbe Plakette<br />

EURO-3, grüne Plakette<br />

EURO-4 und jünger.<br />

Ausflaggung von<br />

Lkw nimmt zu<br />

Eine Studie des Instituts<br />

für Transportwirtschaft<br />

und Logistik an der WU<br />

Wien zeigt, dass es durch<br />

die Kfz-Steuer-Senkung<br />

im Jahre 2007 zwar ge-<br />

lungen ist, den Ausflag-<br />

gungstrend kurzfristig<br />

zu stoppen, dass mit der<br />

Krise 2008/09 leben aber<br />

die Ausflaggungsaktivi-<br />

täten wieder stark auf.<br />

Ausgeflaggt, das heisst<br />

im Ausland angemeldet,<br />

wurden von österrei-<br />

chischenTransportunter- nehmern im Jahr 2009<br />

fast 8000 Fahrzeuge. Für<br />

2010 werden 10.000 aus-<br />

geflaggte Lkw prognos-<br />

tiziert. Der öffentlichen<br />

Hand entstehen Kosten in<br />

der Höhe von 47.106,79<br />

€ pro Fahrzeug und Jahr<br />

je ausgeflaggtem Lkw.<br />

EU-Straßenver-<br />

kehrspaket<br />

Am 14.11.2009 wurden<br />

die drei Verordnungen<br />

des sogenannten Straßen-<br />

verkehrspakets, das eine<br />

Neuregelung des Berufs-<br />

und Marktzugangs für<br />

den Personen- und Güter-<br />

kraftverkehr vorsieht, im<br />

Amtsblatt der EU veröf-<br />

fentlicht. Geändert wird<br />

beispielsweise die Ka-<br />

botage, die nunmehr EU<br />

weit einheitlich geregelt<br />

wird und drei Kabotage-<br />

beförderungen innerhalb<br />

von sieben Tagen nach<br />

einer grenzüberschreiten-<br />

den Fahrt erlaubt. Diese<br />

neue Regelung gilt ab 14.<br />

Mai 2010. Ein weiterer<br />

Aspekt ist die Wieder-<br />

einführung der 12-Tage-<br />

Regelung bei Busreisen<br />

(in modifizierter Form)<br />

per 4. Juni 2010. Die<br />

übrigen Vorschriften<br />

gelten grundsätzlich<br />

ab 4. Dezember 2011.<br />

DEZEMbER 2009<br />

Neue Mauttarife<br />

ab 2010<br />

Ab 1. Jänner 2010 wird<br />

die Maut für Lkw und<br />

Busse ökologisiert. Die<br />

Höhe der Maut wird da-<br />

mit neben der Anzahl der<br />

Achsen auch vom Schad-<br />

stoffausstoß (Alter) des<br />

Fahrzeugs bestimmt. Ab<br />

Jahresbeginn zahlt ein<br />

Vierachser (häufigster<br />

Lkw) zwischen 30,24 und<br />

36,96 Cent je Kilometer.<br />

Den Tarifen 2010 liegt<br />

neben der zusätzlichen<br />

Spreizung auch eine Va-<br />

lorisierung um 1,4 Pro-<br />

zent zugrunde.<br />

Heuer bereits<br />

210.000 Lkw über<br />

Brenner auf die<br />

Schiene verladen<br />

Die ÖKOMBI hat mit 210<br />

000 Lkw heuer bereits<br />

die Vorjahresanzahl an<br />

Lkw übertroffen, die mit<br />

der Rollenden Landstraße<br />

durch Tirol befördert wur-<br />

den (Zuwachs um 10 Pro-<br />

zent). Auf der Brenner-<br />

achse sind derzeit täglich<br />

54 Züge mit Lkw‘s unter-<br />

wegs (38 Wörgl - Bren-<br />

ner, 10 Wörgl -Trient, 6<br />

Regensburg - Trient). Der<br />

Marktanteil der ROLA<br />

am gesamten Transit-<br />

verkehr von schweren<br />

LKW über den Brenner<br />

liegt 2009 bei 15 Prozent.<br />

Weitere Verschärfungen<br />

des sektoralen Fahrver-<br />

bots (Jahresmitte 2010),<br />

umfassendes Marketing<br />

und die Kooperation mit<br />

den Transportunterneh-<br />

men sollen es ermögli-<br />

chen, im nächsten Jahr<br />

mehr <strong>als</strong> 250 000 Lkw<br />

auf der RoLa zu beför-<br />

dern.<br />

JäNNER 2010<br />

IATA will Emis-<br />

sionen bis 2050<br />

halbieren<br />

m<br />

Die International Air<br />

Transport Associati-<br />

on (IATA) hat auf der<br />

Klimakonferenz in Ko-<br />

penhagen die Ziele der<br />

Luftfahrtbranche zum<br />

Klimaschutz bekräftigt.<br />

Fluggesellschaften, Flug-<br />

häfen, Flugsicherung und<br />

Hersteller fordern ein ein-<br />

heitliches Vorgehen welt-<br />

weit, um die Emissionen<br />

im Luftverkehr zu redu-<br />

zieren. Bis 2020 soll sich<br />

die Treibstoffbilanz jedes<br />

Jahr Im Schnitt um 1,5<br />

Prozent verbessern und<br />

der Schadstoffausstoß<br />

soll stabilisiert werden.<br />

Bis zum Jahr 2050 sollen<br />

die Emissionen im Ver-<br />

gleich zu 2005 halbiert<br />

werden.<br />

2010 zahlreiche<br />

neue Belastungen<br />

für Autofahrer<br />

Die Jahresvignette 2010<br />

wurde auf 76,20 Euro<br />

bzw um 2,40 Euro ver-<br />

teuert. Die Jahreskarten<br />

für die Sondermautstre-<br />

cken Pyhrn-, Tauern- so-<br />

wie Brenner Autobahn<br />

und Arlberg Schnellstra-<br />

ße (S16) werden erstm<strong>als</strong><br />

seit 20 Jahren um 3,2 Pro-<br />

zent erhöht. Ab 1. Jänner<br />

2010 greift der verschärfte<br />

CO2-Malus bei der NoVa<br />

für neu gekaufte Pkw<br />

schon ab einem CO2-<br />

Ausstoß von 160 g/km<br />

statt 180 g/km. Die NoVa<br />

erhöht sich daher um 500<br />

EURO für Pkw mit Emis-<br />

sionen von mehr <strong>als</strong> 180<br />

g CO2/km. Die Kfz-Ver-<br />

sicherungsprämienwer- den um 0,5% erhöht. Die<br />

Erhöhung des Kilometer-<br />

geldes (42 Cent/km) und<br />

des Pendlerpauschales<br />

(inkl Pendlerzuschlag)<br />

wurde bis Ende 2010 ver-<br />

76 <strong>Verkehrsjournal</strong> <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

77<br />

längert.


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