Journal als PDF - Verkehrsjournal
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INSTITUTIONALISIERTE RADvERkEHRSfREUNDLIcHkEIT?<br />
Institutionalisierte<br />
Radverkehrsfreundlichkeit?<br />
Intro<br />
Im Frühjahr 2009 sind in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit<br />
vermehrt verschiedenste Ideen, Forderungen<br />
und Ansätze für mehr Radverkehrsfreundlichkeit<br />
in der Straßenverkehrsordnung (StVO) diskutiert<br />
worden. Die Vorschläge reichten von der Aufhebung<br />
der Benützungspflicht von Radwegen über die Vereinfachung<br />
der (Vorrang-)Regelungen bis hin zur Idee,<br />
Radverkehrsstraßen einzuführen. Sie konnten somit<br />
statt den jedes Jahr in den Sommermonaten an die<br />
Oberfläche gelangenden Forderungen nach Fahrradkennzeichen<br />
einen differenzierteren Diskussionsinhalt<br />
zum Radverkehr einbringen.<br />
Institutionalisierte benachteiligung<br />
Wie sieht die Praxis der radverkehrsbezogenen Politik<br />
in Österreich aus?<br />
Auf der einen Seite wird der Radverkehr (RV) in den<br />
meisten Verkehrskonzepten <strong>als</strong> wesentlicher Bestandteil<br />
eines verträglichen zukünftigen Verkehrssystems<br />
angesehen – auf allen Ebenen, vom Bund über die<br />
Länder bis zu den Kommunen. Oftmalig und wiederholt<br />
wird hervor gestrichen, wie gut, wichtig, gesund<br />
und auch lustvoll Radfahren sei [vgl. Hiess H. et al.<br />
2003; Rosinak & Partner et al. 2006; Loimer H. et al.<br />
2008].<br />
Auf der anderen Seite wird der Radverkehr <strong>als</strong> solcher<br />
noch immer stiefmütterlich behandelt. Es gibt<br />
Tadej Brezina<br />
grundsätzlich keinen Grund vorab, den Freizeit- und<br />
Alltagsradverkehr nicht <strong>als</strong> mindestens gleichwertig<br />
anzusehen. Bislang ist im ländlichen und semiurbanen<br />
Raum das Hauptaugenmerk aber nur auf ersteren gerichtet<br />
worden. Der Radverkehr ist auf den mentalen<br />
Karten vieler Menschen noch immer etwas, das die<br />
große Masse nur in der Freizeit <strong>als</strong> Sport oder touristische<br />
Fortbewegung betreibt. In den Städten gibt es<br />
einen kleinen Bevölkerungsanteil, der das Rad auch<br />
für seine Alltagswege z.B. für Fahrten in die Arbeit<br />
verwendet.<br />
Viele kleine Initiativen, beispielsweise auf Gemeinde-<br />
oder Gemeindeverbandsebene agieren im Bereich<br />
der Radverkehrsförderung oft engagiert, aber selten<br />
koordiniert und an einem Strick in eine Richtung<br />
ziehend. Dennoch werden hie und da beachtliche Erfolge<br />
erreicht [vgl. Castro Fernández A. et al. 2009].<br />
Von einer Zusammenarbeit unter großer nationaler<br />
Schirmherrschaft jedoch kann keine Rede sein, eher<br />
von Flickwerk. Daraus lässt sich der generelle Befund<br />
ableiten, dass der Radverkehr, mit einigen städtischen<br />
Ausnahmen, nach wie vor eine geringe, dem motorisierten<br />
Individualverkehr (MIV) weit untergeordnete,<br />
Rolle spielt.<br />
Der Masterplan Radfahren [vgl. Koch H. 2006] <strong>als</strong> nationales<br />
Beispiel stellt einen guten Startpunkt dar – in<br />
den Niederlanden hat der Radverkehrsboom ja auch<br />
mit dem „Masterplan fiets“ ab Ende der 1980er Jahre<br />
sehr erfolgreich seine institutionalisierte Lenkung<br />
erfahren. Aber er stellt auch nur Absichten und keine<br />
verbindlichen Strukturen dar. Und engagierte und<br />
notwendig erscheinende Pläne im<br />
Bereich umweltbezogener Handlungsfelder<br />
hat es in Österreich<br />
schon viele gegeben, die in ihrer<br />
Umsetzung weit weniger engagiert<br />
voranschritten, ja direkt versandeten<br />
– z.B. der NUP, der Nationale<br />
Umweltplan aus dem Jahre 1995<br />
[vgl. BM f. Umwelt 1995].<br />
Grundlegende Änderungen des<br />
Verhaltens bedürfen einer grundlegenden<br />
Veränderung, eines<br />
Wechsels in den ihnen zu Grunde<br />
liegenden Strukturen – den sozialen<br />
Regelsystemen. Für einen tatsächlichen<br />
Umschichtungseffekt<br />
beim Modal Split wird daher eine<br />
verkehrspolitische Priorisierung<br />
notwendig sein, die sich nicht nur<br />
gedanklich, sondern vor allem gegenständlich<br />
manifestiert. Will<br />
man entsprechende Änderungen in<br />
den Daten des Modal Splits erreichen,<br />
ist eine Verhaltensänderung<br />
notwendig und diese ist wiederum<br />
nur zu erreichen über eine Veränderung<br />
der verkehrlichen Strukturen:<br />
bei den Gesetzen, den Finanzen<br />
und der gebauten Umwelt [vgl.<br />
Knoflacher H. 2007].<br />
Elemente der institutionalisierten<br />
Hemmung des Radverkehrs in Österreich<br />
sind:<br />
Die Radverkehrsförderung auf<br />
Ebene des Bundes wird vom<br />
Umweltministerium propagiert,<br />
das primär verantwortliche Verkehrsministerium<br />
hält sich zurück;<br />
Die Landesbauordnungen haben<br />
keine Vorschreibung von<br />
hochqualitativen Radabstellplätzen.<br />
Ausnahmen sind Oberösterreich,<br />
Salzburg und die<br />
Steiermark. Wobei nur in Oberösterreich<br />
die Regelungstiefe<br />
<strong>als</strong> zufriedenstellend, weil analog<br />
den PKW-Abstellplätzen,<br />
angesehen werden kann [vgl.<br />
Knoflacher H. et al. 2007];<br />
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