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Kurier zum Sonntag 24/2021

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REPORTAGE 12.6.2021 |Nummer 24

Endlich wieder Schule

OER-ERKENSCHWICK. Viele Menschen haben sich während des Corona-Lockdowns einen Vierbeiner zugelegt.

Dochdie Hundeschulen warenlangeZeit geschlossen. Jetzt ist der Nachholbedarf groß.

VonNilsDietrich

Dastehen sie, in Reih'

und Glied, und warten

darauf, dass die

Schule endlich beginnt.

Sieben Hunde und

zehn Menschen sind auf die

Hundewiese am Rand von

Oer-Erkenschwick gekommen

an diesem grauen

Samstagvormittag. Sie wollen

etwas für das Hundeleben

lernen, denn die richtige

Erziehung ist bekanntermaßen

maßgeblich für ein

funktionierendes Miteinander

von Vier- und Zweibeinern.

Katrin Lilienbecker ist die

Lehrerin andiesem Morgen.

Als eine der ersten Übungen

hat sie einen Hindernis-Parcours

auf der Wiese aufgebaut.

Die schwarze Labradordame

Arya nimmt direkt

Reißaus, nachdem sie von

der Leine gelassen wird. So

ist es eigentlich nicht gedacht,

aber die Hunde sind

ja zum Lernen da. „Das sind

aber auch viele Reize heute“,

erklärt Frauchen Ilona

entschuldigend. „Aber auch

das müssen sie lernen“, sagt

die Trainerin.

Kein Problem, deswegen

sind sie schließlich hier. Ilona

und Jörg sind zusammen

mit Arya extra aus Münster

gekommen, um an der

Schulstunde teilzunehmen.

Ihre Hündin gehört mit ihren

sechs Monaten zu den

älteren Semestern der Klasse.

Während des Lockdowns

nahmen sie Einzelstunden,

denn bei der Hundeerziehung

darf gerade im ganz

jungen Alter keine Zeit vergeudet

werden.

Als die Corona-Schutzmaßnahmen

kurz nach Ostern

erstmals gelockert wurden,

nahmen sie Karin Lilienbeckers

Hundeschule

mit ihrem Platz in Oer-Erkenschwick

in Anspruch,

denn im heimischen Münster

waren ähnliche Angebote

noch nicht erlaubt. „Wir

Kommen extraaus Münster nach Oer-Erkenschwick:

Jörg,Ilona undLabrador-Dame Arya.

FrauchenSigridaus Lüdinghausen mitihrer Austalian-Shepherd-Dame Fiene beim Hindernislauf.

wollen sie komplett in unseren

Alltag integrieren“, sagt

Herrchen Jörg. Doch dafür

braucht es noch ein paar

Schulstunden.

Der Weimaraner-Rüde Bex

aus Datteln steht mit seinen

elf Wochen noch ganz am

Anfang seiner schulischen

Ausbildung. Frauchen Nadine

wünscht sich, dass er

noch etwas ruhiger wird:

„Er soll hier Kontakt zu anderen

Hunden bekommen.

Wir wollen mal gucken, wie

das klappt.“ Sie selbst sei

manchmal nervöser als der

Hund.

Auch Sigrid ist mit ihrem

19 Wochen alten Australian

Shepherd Fiene extra aus

Lüdinghausen angereist. Für

das „Basisprogramm“, sagt

sie. Jeder Welpe sollte schon

früh mit Artgenossen in

Kontakt kommen und die

Grundregeln des Zusammenlebens

mit den Menschen

erlernen –das gilt für

Vier- und für Zweibeiner.

In den vergangenen eineinhalb

Jahren aber haben

sich viele Menschen einen

Hund zugelegt. Die Stadt

Recklinghausen beispielsweise

erklärte auf Anfrage,

dass die Zahl der registrierten

Hunde von Ende Dezember

2019 bis Ende März

2021 um drei Prozent auf

7.582 Vierbeiner angestiegen

sei.

Und die ganzen Hunde

müssen nun auch die Schule

gehen. Das sorgt jetzt, wo

die Hundeschulen wieder

geöffnet haben, für einen

deutlichen Andrang: „Ich

habe wahnsinnig viele Anfragen

derzeit“, sagt Trainerin

Karin Lilienbecker. Ab

November ging schließlich

gar nichts mehr – außer

Einzelstunden, aber die

kann sich nicht jeder Zweibeiner

leisten.

Die Situation kann mitunter

zu handfesten Problemen

führen, meint die Trainerin:

„Den Hunden fehlt

die Sozialisierung, das Miteinander

mit den Artgenossen

FOTOS: NILS DIETRICH

Hundetrainerin

KatrinLilienbecker FOTO:PRIVAT

wegen der Corona-Zeit.“

Problematisch ist es besonders

bei den älteren Tieren:

„Viele Hunde wurden im

letzten Jahr angeschafft, die

dann keine Erziehung hatten

und jetzt in die Pubertät

kommen, das ist schwierig."

Sie merke dann, dass auch

den Besitzern nach dieser

langen Zeit die Geduld

schwinde. Die Vierbeiner

auf der Hundewiese in Oer-

Erkenschwick haben die

Kurve – zeitlich gesehen –

also noch bekommen.

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