FOCUS-MONEY_2021-26-vorschau
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Aisa Ogoshi, Managerin des JPM Pacific Equity Fund, über den unaufhaltsamen Aufstieg<br />
Chinas zur weltgrößten Volkswirtschaft und die Chancen für Anleger, daran teilzuhaben<br />
Welche Sektoren sind davon vor allem betroffen?<br />
Ogoshi: Der Halbleiter- und Gesundheitsbereich, die Lieferketten<br />
der Elektromobilität und der Smartphone-Invon<br />
HEIKE BANGERT<br />
mt“<br />
Etliche Investmenthäuser, darunter Ihres, haben zum Jahreswechsel<br />
den neuen Wirtschaftszyklus zur „asiatischen Dekade“ geklärt.<br />
Das bilden die Aktienmärkte derzeit nicht ab. Woran hakt’s?<br />
Aisa Ogoshi: In der Tat hat sich die Dynamik in der Region<br />
seit Februar verlangsamt. Das ist nicht ungewöhnlich. Auch<br />
in der „amerikanischen Dekade“ seit der Finanzkrise gab es<br />
immer wieder Phasen, in denen andere Regionen<br />
besser gelaufen sind. Aber über den<br />
längeren Zeitraum hat sich doch die USA<br />
an die Spitze setzen können.<br />
Wir erleben derzeit, dass China den Gürtel<br />
wieder enger schnallt. Das Wachstum<br />
der Kreditaufnahme geht zurück und der<br />
Stimulus wird zurückgenommen. Damit ist<br />
China als relevanteste Volkswirtschaft der<br />
Region den großen Industrienationen einen<br />
Schritt voraus. In den USA und auch in<br />
Europa werden weiterhin große Konjunkturpakete<br />
geschnürt, um die Wirtschaft zu<br />
stimulieren. China hingegen hat die Konsolidierung<br />
angetreten, was aus mittelfristiger<br />
Sicht eine sehr kluge Entscheidung ist,<br />
kurzfristig aber natürlich Momentum wegnimmt.<br />
Wir rechnen aber weiterhin damit,<br />
dass die Asien-Pazifik-Region als Gewinner<br />
des neuen Zyklus hervorgeht.<br />
Worauf gründet Ihre Überzeugung?<br />
Ogoshi: Chinas Konsolidierungskurs mag kurzfristig ein<br />
Gegenwind für die asiatischen Aktienmärkte sein, aber für<br />
Investoren bietet die temporäre Schwächephase die Chance,<br />
die strategischen Positionen in dieser Wachstumsregion auszubauen.<br />
Technologischer Wandel und der Aufstieg von 1,2<br />
Milliarden Menschen in die Mittelschicht in den nächsten<br />
zehn Jahren bleiben die großen strukturellen Wachstumstreiber<br />
der Region, die weiterhin intakt sind. Der Anteil Asiens<br />
am globalen Konsum wächst, von 30 Prozent vor zehn<br />
Jahren auf inzwischen 40 Prozent und das Wachstum geht<br />
weiter. Davon profitieren vor allem heimische Unternehmen,<br />
die auf den lokalen Märkten ihre Umsätze erzielen. Dies gilt<br />
umso mehr durch das Mitte November 2020 verabschiedete<br />
Freihandelsabkommen RCEP. Bis 2025 werden die Volkswirtschaften<br />
im RCEP-Abkommen die Hälfte des globalen<br />
BIP ausmachen, das ist also eine signifikante Entwicklung .<br />
AISA OGOSHI, MANAGERIN DES<br />
JPM PACIFIC EQUITY FUND<br />
Hat Asien die Pandemie überwunden? In Indien sieht es nicht so aus . . .<br />
Ogoshi: Sie haben recht, in Indien sind die Fallzahlen nach<br />
wie vor hoch. Doch die Impfung geht schnell voran und mit<br />
staatlicher Hilfe ist die Pandemie zu managen. Für China<br />
würde ich sagen, dass die Corona-Krise überwunden ist.<br />
Auch in anderen Industrieländern bessert sich die Lage zusehends . . .<br />
Ogoshi: Absolut, aus taktischer Sicht schaffen Fortschritte<br />
in der globalen Impfkampagne gerade für südasiatische Märkte<br />
enormes Aufholpotenzial. Da die konjunkturelle Entwicklung<br />
bereits vom frühen Zyklus in einen Mittzyklus übergeht,<br />
profitiert die Region durch den hohen Anteil von verarbeitendem<br />
Gewerbe und der Güterproduktion. Diese Region ist in der<br />
aktuellen Phase des Konjunkturzyklus besonders interessant.<br />
Und doch sind einige Aktien hoch bewertet. In<br />
welchen Bereichen finden Sie derzeit günstige<br />
Titel?<br />
Ogoshi: Das stimmt, in einigen Bereichen<br />
haben wir bereits spätzyklische Bewertungen.<br />
Die Ertragserwartungen für<br />
die nächsten Jahre müssen bei diesen Aktien<br />
etwas zurückgenommen werden, da<br />
schon einiges von der Erholung vorweggenommen<br />
wurde. Grundsätzlich finden wir<br />
aber eine Menge attraktiv bewerteter Aktien.<br />
Bei J.P. Morgan Asset Management<br />
decken wir rund 70 Prozent des A-Share-<br />
Markts ab – darunter Internet-Werte, die<br />
sich im Vorjahr schon sehr gut entwickelt<br />
haben und zugegebenermaßen teuer erscheinen.<br />
Wir finden aber weiterhin attraktive<br />
„Quality Growth“-Titel, beispielsweise<br />
im Industrie- und Zulieferbereich.<br />
Viele Lieferketten werden neu aufgestellt – ist<br />
das ein Risiko oder eine Chance für Anleger?<br />
Ogoshi: Wir betrachten die Diversifikation der Lieferketten<br />
als Chance. Chinas Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren<br />
weiterentwickelt, von der „Werkbank“ hin zu Dienstleistungen.<br />
Die Kosten für die Produktion in China sind gestiegen.<br />
Das hatte vor der Pandemie dazu geführt, dass verstärkt außerhalb<br />
von China nach Produktionsmöglichkeiten Ausschau<br />
gehalten wurde, um die Kosten niedrig zu halten.<br />
Durch die Pandemie und den Handelsstreit stieg die Notwendigkeit<br />
zum „Re-Onshoring“, dass also gewisse Bereiche der<br />
Produktionskette für wichtige Güter wieder zurück nach China<br />
verlagert wurden. Dies ist ein kurz- bis mittelfristiger<br />
Trend, auf den wir uns als Fondsmanager fokussieren.<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>26</strong>/<strong>2021</strong><br />
Foto: Adobe Stock 57