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moneyeditorial
EDITORIAL
Lehren aus der
Börsengeschichte
Das englische Verb „to taper“ ist in die Börsengeschichte eingegangen.
Im Jahr 2013, als der damalige Chef der US-Notenbank Federal
Reserve (Fed), Ben Bernanke, immer von „tapering“ sprach
– in der Diskussion um eine mögliche Reduzierung der Anleihenkäufe,
mit denen die Fed 2008 in der Finanzkrise begonnen hatte. Erstmals hatte
er am 22. Mai 2013 angekündigt, dass die Fed das Volumen der monatlichen
Käufe reduzieren und schließlich sogar ganz beenden wolle.
Das hatte Folgen für die Märkte: Die Zinsen der US-Staatsanleihen begannen,
deutlich zu steigen, die Aktienmärkte in den Industriestaaten
korrigierten, allerdings nicht dramatisch (siehe Grafiken rechts).
Vergangene Woche sorgte die Fed für eine Überraschung. Viele der regionalen
Fed-Präsidenten im Zentralbankrat hatten höhere Inflationsprognosen
als vom Markt erwartet; gerechnet wird jetzt mit zwei Zinserhöhungen
2023. Fed-Chef Jerome Powell blieb aber bei der Linie, dass
die offiziellen Gespräche über Tapering später beginnen würden. Tapering,
das Schlüsselwort von 2013, ist also längst wieder in der Diskussion.
Derzeit kauft die Fed noch jeden Monat Anleihen im Volumen von
120 Milliarden Dollar an. Das wird auch in den USA kritischer gesehen,
bei einer Inflationsrate von fünf Prozent und einem Wirtschaftswachstum
in diesem Jahr, das an die Expansionsrate Chinas heranreichen soll.
Aktien in den USA und Europa stiegen weiter
Die Aussicht auf zwei Zinserhöhungen 2023 verunsicherte die Märkte
vergangene Woche leicht, hängen sie doch wie Süchtige an den Geldspritzen
der Notenbanken. Wenn also vielleicht schon ab Juli offener über Tapering
gesprochen wird – müssen sich Anleger große Sorgen machen?
Nicht nach den Erfahrungen von 2013/2014. Nach vorübergehenden
Einbußen (beim Einsetzen der Tapering-Diskussion und bei der tatsächlichen
Verminderung der monatlichen Anleihenkäufe) setzten die Aktienmärkte
ihren Aufstieg in den USA und Europa jeweils fort (die Schwellenländer-Aktien
allerdings litten stärker). Warum sollte das jetzt anders
sein, da die starke Post-Corona-Erholung die Gewinne der Unternehmen
weltweit kräftig steigen lässt, wie die im Juli einsetzenden Halbjahresberichte
erneut belegen werden? Die Experten von J.P. Morgan erwarten,
dass die Fed die Anleihenkäufe erst einmal sehr maßvoll von den besagten
120 Milliarden Dollar pro Monat auf 105 Milliarden Dollar
(Februar und März 2022), 90 Milliarden Dollar (April und Mai 2022) und
75 Milliarden Dollar (Juni und Juli 2022) senken wird, um im Februar
2023 bei 15 Milliarden Dollar anzulangen. Das wäre immer noch eine,
wie das so schön heißt, „akkommodierende Geldpolitik“. Und der Euro-
Stoxx-50, der damals ab Mitte 2014 lahmte, ist mit seinem hohen Anteil
an Zyklikern für die aktuelle Erholung besser positioniert.
Ihr
FRANK MERTGEN
STELLV. CHEFREDAKTEUR FOCUS-MONEY
Quelle: Bloomberg
Quelle: Bloomberg
Quelle: Bloomberg
Erst rauf, dann runter
Die Rendite der US-Staatsanleihen stieg mit
der Tapering-Ankündigung, sank aber mit Beginn
der Reduktion der Käufe wieder ab.
10-jährige US-Staatsanleihen 2013 bis 2014
Rendite in Prozent
Stetiger Aufstieg
Ankündigung und Vollzug des Tapering
drückten den US-Leitindex S&P-500 jeweils
nur kurz um rund sechs Prozent.
S&P-500 2013 bis 2014
Bernanke kündigt
Tapering an.
Bernanke kündigt
Tapering an.
2013 2014
Kursindex in Punkten
Tapering beginnt.
2013 2014
3,0
2,6
2,2
2000
1800
1600
1400
Dem US-Vorbild gefolgt
Ähnlich beim Euro-Stoxx-50: Nach Korrekturen
ging es bis Mitte 2014 weiter bergauf. Danach
bremsten Euro-Lands eigene Probleme.
Euro-Stoxx-50 2013 bis 2014
Kursindex in Punkten
Tapering beginnt.
Bernanke kündigt
Tapering an.
Tapering beginnt.
2013 2014
1,8
1,4
3300
3100
2900
2700
2500
FOCUS-MONEY 26/2021
Foto: S. Ugurlu/FOCUS-MONEY Composing: FOCUS-MONEY
3

moneyinhalt
23. JUNI 2021 www.money.de
moneykompakt
6 Brennpunkt Stahl: Konzerne, die
im Rohstoff-Superzyklus den
Funkenschlag in Ihr Depot bringen
30 IPO-Ticker: Die Kirsche auf der
IPO-Torte und bald im SDax?
34 Krypto-Ticker: Neue Gesetze und
Updates bei Bitcoin und Ethereum
sorgen für große Veränderungen
98 Andis Börsenbarometer:
Schneller als die Geldentwertung
sein dank Profi-Inflations-Konter
moneytitel
8
... wie Sie Gewinner werden!
Ganz nach oben, hoch an die Börsenspitze
– wer will dort nicht hin? Welchen Weg Sie für
den Gipfelsturm einschlagen müssen, verrät
FOCUS-MONEY auf den folgenden 15 Seiten
8 Wir sagen Ihnen, wie . . .: Sie
Geld erfolgreich investieren!
10 Reich durch Dividenden: Satte
elf Prozent Dividendenrendite?
Das ist möglich, mit der 10-11-12-
Methode
13 Money-Management: Autopilot
einschalten, vier Prozent Rendite
holen – und bei Marktkorrekturen
automatisch günstig nachkaufen
14 Einfach den Markt schlagen:
Wer will Mittelmaß, wenn europäische
Top-ETFs bis zu 3-mal mehr
Jahresrendite erwirtschaften?
16 Geld steuerfrei anlegen: Mithilfe
der Steuertipps lästige Abgaben
um bis zu 100 Prozent minimieren
und die Rendite maximieren
19 Nie mehr vergessen: Alzheimer-
Mittel gegen die bisher unheilbare
Krankheit machen es möglich
22 Wunderzertifikat: Bei steigenden
Kursen mitverdienen, bei fallenden
Notierungen nichts verlieren
moneymarkets
24 Interview: Hendrik Lebers
Einschätzung zum Bitcoin und zu
den Auswirkungen der Inflation
27 Value-Strategie: Alles entwickelt
sich weiter – auch die Börse. Der
neue Ansatz, um auf besonders
werthaltige Aktien zu setzen
31 Traumhaus: Wachstum, hohe
Rentabilität, sicheres Fundament
– ein Traum für Ihr D epot
32 SMT Scharf: Spannende Turnaround-Spekulationen
und die
Chance auf Kursverdopplung
36 Investitionsgüter: Die Weltwirtschaft
erholt sich, Kapazitäten
werden ausgebaut. Drei Unternehmen,
die enorm profitieren
40 Fonds: Hohe Renditechance für
die nächste Dekade sichern
43 Kolumne Tilmann Galler:
Rätselhafte Staatsanleihenmärkte
– was sollten Anleger kaufen?
44 Kreuzfahrten: Erholung für die
Passagiere und Anbieter. Bedeutet:
Riesige Kurschance für Sie!
52 CO 2 reduzieren: Mit fünf klimafreundlichen
Alternativen von der
Klimawende profitieren
54 Bikes: Zwei Börsengänge rücken
die Branche ins Rampenlicht
56 Asien: Chinas unaufhaltsamer
Aufstieg zur weltgrößten Volkswirtschaft
und wie Anleger
mitverdienen
4 Titelfoto: iStock
FOCUS-MONEY 26/2021

59 Musterdepots: Kursschwächen
nutzen; Silber zeigt sich stark
60 Zertifikate-Serie Teil 1: Zertifikate
sind nicht mehr wegzudenken
– FOCUS-MONEY klärt auf
27
moneyyou
46 Aktienanalyse: Anpfiff zum
großen Comeback? Die Aktie
Adidas unter der Lupe
49 Chartsignal: Aufwärtsimpulse
nach Doppelboden bei Qiagen
49 Börsenwissen: Contango und
Backwardation? Darauf sollten Sie
beim Rohstoffmarkt achten
Die E-value-tion
Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnis? Die klassischen Kennzahlen sind
längst überholt. Heutzutage glänzt die Profitable-Value-Strategie
moneyanlegerschutz
63 Neues Gesetz FISG: DSW sieht
Defizite in der „Lex Wirecard“
moneyservice
64 Budget-Tarife: Welche Policen im
Rahmen der betrieblichen
Krankenversicherung top sind
68 Kundenempfehlungs-Studie: Für
welche Unternehmen Verbraucher
heute ein gutes Wort einlegen
moneyanalyse
56
Die asiatische Dekade
Von der „Werkbank der Welt“ wandelt
sich Asien zur weltgrößten Wirtschaftsmacht.
Ihre Chance, als
Anleger daran teilzuhaben – einfach
mit einem Top-Fonds
81 Fonds
82 Deutsche Aktien
90 Internationale Aktien
96 ETFs
97 Zertifikate
moneyrubriken
3 Editorial
80 Leserbriefe – Impressum
98 Termine
44
Endlich Leinen los!
Eine Öffnung folgt der nächsten.
Die Reisebegeisterung ist
nach den Lockdowns und mit
Blick auf die sonnigen Temperaturen
kaum noch zu bremsen.
Kreuzfahrt-Konzerne bieten bis
zu 100 Prozent Kurschance
24
„Die Preise von Immobilien und Aktien
werden steigen, bis uns schwindlig wird“
HENDRIK LEBER, ACATIS-CHEF
Inhalt: Illustrationen: VectorStock, iStock Fotos: 123RF, Royal Caribbean, S. Ugurlu/FOCUS-MONEY 5

moneytitel
TITEL
WIE
Über 11 Prozent Dividendenrendite
kassieren, eine rein gewinnbringende
Strategie verfolgen und obendrein
auch noch im Kampf gegen
eine bislang unheilbare Krankheit
mitwirken? Klingt verlockend? Dann
sollten Sie dieser Verlockung nachgeben
– FOCUS-MONEY erklärt, wie
von VERENA SEPP
Mit dem angehenden Sommer drängt sich Ihnen mehr und
mehr der Gedanke einer Diät auf? Schieben Sie das erst einmal
beiseite – gerade jetzt sollten Sie zuschlagen! Auf dem
Menü stehen satte Dividenden, wahre Wunderzertifikate,
unschlagbare Sammelinvestments und, und, und. Sichern
Sie sich zum Beispiel mit der 10-11-12-Methode elf Prozent
jährliche Dividendenrendite (Seite 10) und investieren Sie in clever ausgewählte
Bonuszertifikate, womit Sie eigentlich nur gewinnen können (Seite
22). Apropos Zertifikat: Da kennen wir ein neues Angebot, mit dem Sie vier
Prozent kassieren und nur nachkaufen, wenn die Kurse günstig sind (Seite
13). FOCUS-MONEY erklärt Ihnen außerdem ab Seite 16, wie Sie mithilfe von
Steuersparmodellen lästige Abgaben minimieren und dadurch Ihre Renditechancen
maximieren.
Wer seinem Depot zu einem Durchbruch verhelfen möchte, der sollte sich
die Seiten 19 bis 21 nicht entgehen lassen. Denn: Diese Branche schaffte kürzlich
selbst den Durchbruch und sorgte für einen historischen Meilenstein im
Gesundheitssektor. Einzelaktien sind nichts für Sie? Kein Problem – auch hier
leistet FOCUS-MONEY Abhilfe. Mit diesen europäischen ETFs (Seite 14) stellen
Sie den Markt mühelos in den Schatten – einer ist zum Beispiel über drei
Jahre dreimal so gut wie der Markt – und langfristig noch besser.
8 Composing: FOCUS-MONEY
FOCUS-MONEY 26/2021

moneytitel
%
%
11
Prozent
Dividendenrendite.
Diese
Aktien machen
es möglich
STRATEGIE: Mit dieser
Strategie machen Dividendenjäger
alles richtig
%
DIVIDENDEN
Reich durch Dividenden
Elf Prozent Dividendenrendite! Klingt unrealistisch, ist aber möglich. Alles, was Sie brauchen: ein
cleveres System, die passenden Aktien und ein wenig Geduld. FOCUS-MONEY erklärt es Ihnen
von SINAN KRIEGER
Nein. Sie werden nicht sofort elf Prozent Dividendenrendite
kassieren. Das ist schlicht nicht möglich. Diese
Strategie geht seriöser an die Thematik heran.
Genauer gesagt, Marc Lichtenfeld. Seines Zeichens Hardcore-
Rationalist, der den Markt seit Jahrzehnten studiert. Jemand,
der Zahlen und Fakten liebt. Einer, der sich ganz konservativ
gegen jede Hochrisiko-Strategie stellt und lieber auf kontinuierliche
Ausschüttungen setzt. Nur eben mit Strategie.
Seine 10-11-12-Methodik hat es dabei in sich. Lichtenfelds
Anspruch: ein Depot an Dividendenaktien, das nach zehn
Jahren eine Dividendenrendite von elf Prozent einbringt und
bis zu diesem Zeitpunkt einen jährlichen Gesamtertrag von
durchschnittlich zwölf Prozent einfährt. Heißt im Klartext:
Anleger, die heute 50 000 Euro nach der 10-11-12-Methode
anlegen, würden im Jahr 2031 eine jährliche Dividendensumme
von circa 5500 Euro kassieren – und die Kursgewinne
sind dabei nicht mal mit eingerechnet. Die gute Nachricht:
In seinem Bestsellerbuch „Get Rich with Dividends“ gibt
Lichtenfeld einen tiefen Einblick in jene Strategie und erklärt,
warum sie wirklich funktioniert. Die noch bessere Nachricht:
FOCUS-MONEY hat das Buch genauestens studiert, erklärt
Ihnen die Funktionsweise der Methode und hat zudem noch
10 Illustrationen: VectorStock
Composing: FOCUS-MONEY
FOCUS-MONEY 26/2021

moneymarkets
INTERVIEW
Freihandelsabkommen RCEP
Die „Regional Comprehensive Economic Partnership“ ist die
größte Freihandelszone der Welt und umfasst neben Australien,
China, Japan, Südkorea und Neuseeland die ASEAN-Mitglieder
Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar,
Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam.
Die asiatische Dekade ko
Quelle: J.P. Morgan Asset Management Quelle: J.P. Morgan Asset Management
Beitrag zum realen globalen
Konsumwachstum
Anteile in Prozent
2001
bis 2010
16 4 4 11 20 16 29
2011
bis 2019
24 7 6 6 21 13 23
China Indien Lateinamerika
der Welt
USA Europa Rest
Südostasien
(ASEAN)
Unternehmen im MSCI-AC-Asia-Pacific*
Gewinn je Aktie, indexierte Entwicklung, 1.1.2010 = 100
mehr als 95 % des Umsatzes aus Inland
weniger als 70 % des Umsatzes aus Inland
2010 12 14 16 18 2020
350
300
250
200
150
100
50
Beeindruckt durch schiere Größe
Die asiatische Dekade ist eine der Superlative. Beispiele
gefällig? 90 Prozent der Menschen, die bis 2023 weltweit
in die Mittelschicht aufsteigen werden, stammen
aus der Region Asien-Pazifik. Das 15 Staaten umfassende
Freihandelsabkommen RCEP ist mit 2,2 Milliarden
Menschen und einem Drittel der Weltwirtschaft das
größte der Welt. Der Beitrag der Wirtschaft in der Region
zum globalen Wachstum beträgt mehr als 60 Prozent.
Das zeichnet sich noch lange nicht in der Zusammensetzung
des MSCI-All-Country-World-Index ab, der
alle für Anleger relevanten Aktienmärkte der Erde umfasst,
Asien aber nur einen Marktanteil von 21 Prozent
beimisst. Gemessen an der globalen Wirtschaftsleistung,
wären 39 Prozent angebracht.
CONTAINERHAFEN IN QINGDAO: von der „Werkbank der
Welt“ demnächst zur weltgrößten Wirtschaftsmacht
56
FOCUS-MONEY 26/2021

Aisa Ogoshi, Managerin des JPM Pacific Equity Fund, über den unaufhaltsamen Aufstieg
Chinas zur weltgrößten Volkswirtschaft und die Chancen für Anleger, daran teilzuhaben
Welche Sektoren sind davon vor allem betroffen?
Ogoshi: Der Halbleiter- und Gesundheitsbereich, die Lieferketten
der Elektromobilität und der Smartphone-Invon
HEIKE BANGERT
mt“
Etliche Investmenthäuser, darunter Ihres, haben zum Jahreswechsel
den neuen Wirtschaftszyklus zur „asiatischen Dekade“ geklärt.
Das bilden die Aktienmärkte derzeit nicht ab. Woran hakt’s?
Aisa Ogoshi: In der Tat hat sich die Dynamik in der Region
seit Februar verlangsamt. Das ist nicht ungewöhnlich. Auch
in der „amerikanischen Dekade“ seit der Finanzkrise gab es
immer wieder Phasen, in denen andere Regionen
besser gelaufen sind. Aber über den
längeren Zeitraum hat sich doch die USA
an die Spitze setzen können.
Wir erleben derzeit, dass China den Gürtel
wieder enger schnallt. Das Wachstum
der Kreditaufnahme geht zurück und der
Stimulus wird zurückgenommen. Damit ist
China als relevanteste Volkswirtschaft der
Region den großen Industrienationen einen
Schritt voraus. In den USA und auch in
Europa werden weiterhin große Konjunkturpakete
geschnürt, um die Wirtschaft zu
stimulieren. China hingegen hat die Konsolidierung
angetreten, was aus mittelfristiger
Sicht eine sehr kluge Entscheidung ist,
kurzfristig aber natürlich Momentum wegnimmt.
Wir rechnen aber weiterhin damit,
dass die Asien-Pazifik-Region als Gewinner
des neuen Zyklus hervorgeht.
Worauf gründet Ihre Überzeugung?
Ogoshi: Chinas Konsolidierungskurs mag kurzfristig ein
Gegenwind für die asiatischen Aktienmärkte sein, aber für
Investoren bietet die temporäre Schwächephase die Chance,
die strategischen Positionen in dieser Wachstumsregion auszubauen.
Technologischer Wandel und der Aufstieg von 1,2
Milliarden Menschen in die Mittelschicht in den nächsten
zehn Jahren bleiben die großen strukturellen Wachstumstreiber
der Region, die weiterhin intakt sind. Der Anteil Asiens
am globalen Konsum wächst, von 30 Prozent vor zehn
Jahren auf inzwischen 40 Prozent und das Wachstum geht
weiter. Davon profitieren vor allem heimische Unternehmen,
die auf den lokalen Märkten ihre Umsätze erzielen. Dies gilt
umso mehr durch das Mitte November 2020 verabschiedete
Freihandelsabkommen RCEP. Bis 2025 werden die Volkswirtschaften
im RCEP-Abkommen die Hälfte des globalen
BIP ausmachen, das ist also eine signifikante Entwicklung .
AISA OGOSHI, MANAGERIN DES
JPM PACIFIC EQUITY FUND
Hat Asien die Pandemie überwunden? In Indien sieht es nicht so aus . . .
Ogoshi: Sie haben recht, in Indien sind die Fallzahlen nach
wie vor hoch. Doch die Impfung geht schnell voran und mit
staatlicher Hilfe ist die Pandemie zu managen. Für China
würde ich sagen, dass die Corona-Krise überwunden ist.
Auch in anderen Industrieländern bessert sich die Lage zusehends . . .
Ogoshi: Absolut, aus taktischer Sicht schaffen Fortschritte
in der globalen Impfkampagne gerade für südasiatische Märkte
enormes Aufholpotenzial. Da die konjunkturelle Entwicklung
bereits vom frühen Zyklus in einen Mittzyklus übergeht,
profitiert die Region durch den hohen Anteil von verarbeitendem
Gewerbe und der Güterproduktion. Diese Region ist in der
aktuellen Phase des Konjunkturzyklus besonders interessant.
Und doch sind einige Aktien hoch bewertet. In
welchen Bereichen finden Sie derzeit günstige
Titel?
Ogoshi: Das stimmt, in einigen Bereichen
haben wir bereits spätzyklische Bewertungen.
Die Ertragserwartungen für
die nächsten Jahre müssen bei diesen Aktien
etwas zurückgenommen werden, da
schon einiges von der Erholung vorweggenommen
wurde. Grundsätzlich finden wir
aber eine Menge attraktiv bewerteter Aktien.
Bei J.P. Morgan Asset Management
decken wir rund 70 Prozent des A-Share-
Markts ab – darunter Internet-Werte, die
sich im Vorjahr schon sehr gut entwickelt
haben und zugegebenermaßen teuer erscheinen.
Wir finden aber weiterhin attraktive
„Quality Growth“-Titel, beispielsweise
im Industrie- und Zulieferbereich.
Viele Lieferketten werden neu aufgestellt – ist
das ein Risiko oder eine Chance für Anleger?
Ogoshi: Wir betrachten die Diversifikation der Lieferketten
als Chance. Chinas Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren
weiterentwickelt, von der „Werkbank“ hin zu Dienstleistungen.
Die Kosten für die Produktion in China sind gestiegen.
Das hatte vor der Pandemie dazu geführt, dass verstärkt außerhalb
von China nach Produktionsmöglichkeiten Ausschau
gehalten wurde, um die Kosten niedrig zu halten.
Durch die Pandemie und den Handelsstreit stieg die Notwendigkeit
zum „Re-Onshoring“, dass also gewisse Bereiche der
Produktionskette für wichtige Güter wieder zurück nach China
verlagert wurden. Dies ist ein kurz- bis mittelfristiger
Trend, auf den wir uns als Fondsmanager fokussieren.
FOCUS-MONEY 26/2021
Foto: Adobe Stock 57

moneyservice
TIPPGEBER:
Lobgesänge auf Unternehmen
aus Kundenmund – wissenschaftlich
ermittelt und
ausgewertet
STUDIE
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die Mundpropaganda-Profiteure
FOCUS-MONEY wollte wissen: Welche Unternehmen veranlassen ihre Kunden zu Weiterempfehlungen
und Lobeshymnen im Freundes- und Bekanntenkreis? Die komplette Liste aller Sieger
von GUNTHER MEYN
Marketingexperten wissen es längst: Nichts geht über
eine persönliche Empfehlung. Keine noch so clevere
und spektakulär inszenierte Marketingkampagne
wirkt so stark wie ein „heißer Tipp“ von Angesicht zu Angesicht.
Das bestätigt auch eine Studie des Marktforschungsinstituts
Nielsen. Demnach glauben Menschen einer persönlichen
Empfehlung zu 78 Prozent – gegenüber 62 Prozent bei
Online-Empfehlungen. „Wenn man jemandem in die Augen
schaut, kann man leichter erkennen, ob er die Wahrheit sagt
oder nicht“, sagt Anne M. Schüller, Autorin und Expertin für
Empfehlungsmarketing. „Eine persönliche Empfehlung ist
daher auch ein Aspekt großer Sicherheit.“ Das gilt erst recht
bei sensiblen Themen wie Geldanlage und Versicherungsschutz.
Für die Firmen ist positive Mund-zu-Mund-Propaganda
auch aus finanzieller Sicht ein echter Segen. Denn die Weiterempfehlungen
gibt’s umsonst. Kein Werbeprospekt, kein
Radio-Jingle, kein TV-Spot und keine teure Promo-Aktion
sind notwendig.
Renommierte Studie. Doch welche Unternehmen werden
in der Familie oder unter Freunden und Bekannten am häufigsten
weiterempfohlen? Wer gilt als „Geheimtipp“ im per-
68 Illustration: Adobe Stock
FOCUS-MONEY 26/2021