ZEBRA Journal - Der große Saisonrückblick 2020/2021
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BLICK ZURÜCK: EIN UNVERGESSLICHES JAHR<br />
<strong>Der</strong> Moment, als das kaum für möglich Gehaltene am Ende doch Gewissheit wurde: Durch eine 25:25-Zitterpartie bei den Rhein-Neckar Löwen<br />
machteder THW Kiel am letzten Spieltag doch noch die 22. deutsche Meisterschaft der Vereinsgeschichteperfekt. Alles endeteinMannheim in<br />
einer <strong>große</strong>n, ausgelassenen Jubeltraube.<br />
FOTO: SASCHA KLAHN<br />
Die Klasse von<strong>2021</strong><br />
Ja, wasdenn nun?! Erst<br />
Krimi, dann Drama, ganz<br />
viel Roadmovie, schließlich<br />
Tragödie,aber doch Thriller.<br />
Mit Happy End für den<br />
THW Kiel. Alter und<br />
neuer deutscher Meister,<br />
Europas Champion.<br />
Glückselig, gehetzt. Wo<br />
waren Sie eigentlich, als ...?<br />
VON TAMO SCHWARZ<br />
Vorsicht bei Übertreibungen! Wo waren<br />
Sie eigentlich, als der erste Mensch auf<br />
dem Mond landete? Als die Mauer fiel?<br />
Als der THW Kiel in einer denkwürdigen<br />
Saison unter dem Damoklesschwert<br />
der Corona-Pandemie deutscher<br />
Meister <strong>2021</strong>wurde? Zugegeben,<br />
aus neutralerSicht(und vielleicht sogar<br />
aus Sicht der Fans?) ist hier eine Etage<br />
zu hoch gegriffen im Regal historischer<br />
Ereignisse. Aber Spieler und Trainer<br />
des Rekordmeisters werden diesen Moment<br />
mit Sicherheit niemals vergessen.<br />
Das hat diese „Klasse von <strong>2021</strong>“ für<br />
immer zusammengeschweißt: die Rahmenbedingungen<br />
einer Krise mit drohender<br />
Infektion, Gehaltsverzicht, existenziellen<br />
Ängsten. Mit verschärften<br />
Hygiene- und Reisebedingungen, mit<br />
zweimaliger Quarantäne, als sich dann<br />
doch Spieler infizierthatten. Mit der daraus<br />
resultierenden terminlichen Verdichtung,<br />
englischen Wochen, englischen<br />
Monaten, einer irgendwie englischen<br />
Saison mit Spielen im Zweitages-,<br />
Dreitagestakt. Hinfliegen, in<br />
den Bus steigen, ankommen, umziehen,<br />
warmmachen, spielen, duschen,<br />
essen, Bus, Rückflug –prrrrrrrrrt! Wie<br />
im Daumenkino. „So lange wie möglich<br />
zu Hause zusein“, war dabei für Welthandballer<br />
Niklas Landin die gute Seite<br />
der Medaille. An substanzielles Training,<br />
Weiterentwicklung der Mannschaft<br />
war dabeinicht zu denken. Cheftrainer<br />
Filip Jicha machte der Irrsinn im<br />
Handball-Hamsterrad irgendwann<br />
„keinen Spaß mehr“. Also ging es nur<br />
noch darum, „Aufgaben ohne Emotionen<br />
abzuarbeiten“.<br />
Das klappte. Wenn auch nicht immer.<br />
In der aktuellen Königsklassen-Saison<br />
kam das Aus gegen Paris Saint-Germain.<br />
Im Pokal-Halbfinale leisteten<br />
sich die Zebras eine schwarze Halbzeit,<br />
mussten dem krassen Underdog TBV<br />
Lemgo Lippe den Vortritt ins Finale lassen.<br />
Champions-League-Sieger im<br />
nachgeholten Final Four der Vorsaison,<br />
deutscher Meister –das ging gut. Und<br />
wie! Mehr Spannung, mehr Zittern,<br />
mehr Thriller ging ja kaum ineinem<br />
Saisonfinale, indem wirklich bis zum<br />
allerletzten Spieltag, im allerletzten<br />
Match bei den Rhein-Neckar Löwen<br />
noch zwei Sekunden vor dem Schlusspfiff<br />
alles am seidenen Faden hing. Erst<br />
als dieser letzteWurf von Löwen-Regisseur<br />
Andy SchmidamKieler Torvorbeirauschte,<br />
wurde das zwischenzeitlich<br />
kaum für möglich Gehaltene Wirklichkeit.<br />
All das wird ein untrennbares Band<br />
zwischen den Mitgliedern der „Klasse<br />
von <strong>2021</strong>“ sein–den gesunden und verletzten,<br />
den jungen und alten, den etablierten<br />
und den so sehr gebrauchten<br />
„Aushilfen“, die alle ihrenAnteil an einer<br />
Saison mit zwei Titeln hatten. Alle!<br />
Sie werden in 20, 30, 40 Jahren nicht<br />
fragen „Wowarst du eigentlich, als ...?“<br />
Sie werden sich umarmen und sagen:<br />
„Weißt du noch, damals in der Corona-<br />
Saison <strong>2020</strong>/<strong>2021</strong>? Wir haben gelitten,<br />
wir sind weit über unsere Grenzen gegangen,<br />
wir haben es mit Verletzungen,<br />
Gehaltsverzicht, Strapazen und Entbehrungen<br />
teuer bezahlt. Aberwir werden<br />
es niemals vergessen.“<br />
4 | <strong>ZEBRA</strong> JOURNAL | JULI <strong>2021</strong>