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Hautnah

Gesunde Haut ist nicht nur schön, sondern erfüllt anspruchsvolle Funktionen. Mit der Ausgabe „Hautnah“ zeigen wir, dass es dank kosmetischer und medizinischer Innovationen für jede Haut die geeignete Pflege und für jeden Schweregrad einer Hauterkrankung geeignete Therapien gibt. Und wir machen bewusst, wie wichtig Pflege und Therapien für die Erhaltung oder Wiederherstellung von Schönheit und Gesundheit unseres größten Organes sind.

Gesunde Haut ist nicht nur schön, sondern erfüllt anspruchsvolle Funktionen. Mit der Ausgabe „Hautnah“ zeigen wir, dass es dank kosmetischer und medizinischer Innovationen für jede Haut die geeignete Pflege und für jeden Schweregrad einer Hauterkrankung geeignete Therapien gibt. Und wir machen bewusst, wie wichtig Pflege und Therapien für die Erhaltung oder Wiederherstellung von Schönheit und Gesundheit unseres größten Organes sind.

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<strong>Hautnah</strong><br />

„Deutschland ist weltweit Vorbild<br />

bei der Versorgung“<br />

PSORIASIS | IM GESPRÄCH MIT NADINE EFFERT<br />

Prof. Dr. Matthias Augustin ist<br />

Facharzt für Dermatologie und<br />

Venerologie und Direktor des Instituts<br />

für Versorgungsforschung<br />

in der Dermatologie und Pflegeberufe<br />

(IVDP) am Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf.<br />

Er erläutert, wo es hierzulande –<br />

trotz hoher Versorgungsqualität<br />

– Defizite bei der Behandlung von<br />

Menschen mit Psoriasis gibt und<br />

erläutert, was hinter der „Teledermatologie“<br />

steckt.<br />

Was erwarten Patientinnen und<br />

Patienten mit Psoriasis von der<br />

Behandlung? Betroffene wünschen<br />

sich eine möglichst beschwerdefreie<br />

Haut, ein normales<br />

Leben ohne Stigma und mehr Lebensqualität.<br />

Dafür bedarf es eines<br />

maßgeschneiderten individuellen<br />

Behandlungsplans, der sich aus<br />

den zur Verfügung stehenden Therapien<br />

und konkreten Handlungsanweisungen<br />

zusammensetzt. Wie<br />

hat sich die Schuppenflechte entwickelt?<br />

Was sind die Auslösefaktoren<br />

für einen Schub? Wie sieht<br />

das klinische Bild aus? Was sind<br />

die persönlichen Bedürfnisse? Die<br />

Beantwortung dieser Fragen durch<br />

den Patienten bildet das Fundament<br />

für eine optimale individuelle<br />

Versorgung gemäß S3-Leitlinie zur<br />

Therapie der Psoriasis – und bei<br />

Bedarf etwaiger Begleiterkrankungen.<br />

Zu denen unter anderem sehr<br />

häufig die Psoriasis-Arthritis, aber<br />

auch kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

gehören.<br />

Wie ist die Versorgung von Betroffenen<br />

heute aufgestellt? Ein<br />

enormer Zugewinn ist die heutzutage<br />

vorhandene Bandbreite an<br />

Möglichkeiten zur äußeren und der<br />

modernen inneren Behandlung der<br />

Schuppenflechte. Der Grund für<br />

diese erfreuliche Entwicklung ist,<br />

dass wir inzwischen – dank intensiver<br />

Forschung in den letzten 20<br />

Jahren – viel mehr Wissen über<br />

die spezifischen Entzündungsmechanismen<br />

der Schuppenflechte<br />

haben. Es gibt daher selbst für<br />

mittelschwere bis schwere Fälle<br />

Medikamente, sogenannte Biologika,<br />

die gezielt spezifische körpereigene<br />

Botenstoffe hemmen, die für<br />

die Entzündung mitverantwortlich<br />

sind. Mein Rat lautete daher, dass<br />

Patienten sich gut über die, vor<br />

allem neuen, Therapieoptionen<br />

informieren und gegebenenfalls<br />

ihren Arzt oder ihre Ärztin proaktiv<br />

auf diese ansprechen sollten.<br />

Ist es denn keine Selbstverständlichkeit,<br />

dass ich als Betroffene<br />

in den Genuss neuer Therapieformen<br />

komme? Auch wenn sich<br />

immer mehr Dermatologen innovativen<br />

Therapien gegenüber<br />

öffnen, bietet nicht jeder Arzt die<br />

gesamte Bandbreite an und geht<br />

nach den aktuellen Behandlungsstandards<br />

vor, zum Beispiel aufgrund<br />

der Verschreibungsregeln.<br />

Diese münden in einer regionalen<br />

Ungleichheit beim Einsatz moderner<br />

Therapeutika. Denn die<br />

Möglichkeit für Dermatologen,<br />

diese Wirkstoffe uneingeschränkt<br />

Das A und O ist eine menschenzentrierte<br />

Versorgung.<br />

verschreiben zu können, hängt<br />

auch davon ab, welcher regionalen<br />

Kassenärztlichen Vereinigung<br />

(KV) sie angehören. Denn nicht in<br />

allen KV-Regionen werden Innovationen<br />

gleichermaßen unterstützt,<br />

sprich vergütet. So ist die Versorgungssituation<br />

– und damit auch<br />

die Lebensqualität – von Patienten<br />

in den nördlichen und östlichen<br />

Bundesländern besser als<br />

im Süden. In Baden-Württemberg<br />

setzen weniger als fünf Prozent der<br />

Dermatologen überhaupt Biologika<br />

bei Psoriasis ein – aus Angst<br />

vor hoher persönlicher finanzieller<br />

Haftung. In Mecklenburg-Vorpommern<br />

sind es 95 Prozent.<br />

Patienten können auch Medikamente<br />

mit Kortison verschrieben<br />

werden, damit sie bei schwereren<br />

Schüben Linderung erfahren.<br />

Eine gute Idee? Auf keinen<br />

Fall. Die innere Therapie mit kortisonhaltigen<br />

Arzneimitteln bringt<br />

nur einen schnellen Scheinerfolg,<br />

ist nicht für die Behandlung einer<br />

Schuppenflechte geeignet und<br />

wird in der Leitlinie nicht empfohlen.<br />

Langfristig schadet man dem<br />

Patienten damit sogar. Hausärzte<br />

werden dahingegen zwar aufgeklärt,<br />

dennoch stammt ein Großteil<br />

der Kortikosteroid-Verschreibungen<br />

von Allgemeinmedizinern und<br />

Internisten. Auch Patienten müssen<br />

hierfür sensibilisiert werden<br />

und dürfen dieser Verschreibungspraxis<br />

keinen Vorschub leisten.<br />

Ein spannender neuer Aspekt<br />

in der Versorgung von Patienten<br />

mit Hautkrankheiten ist das<br />

Thema Telemedizin ... Richtig,<br />

als stark visuell geprägtes Fach<br />

eignet sich die Dermatologie sehr<br />

gut für telemedizinische Anwendungen<br />

und ist eine große Chance,<br />

um Therapie, Therapiemanagement,<br />

Nachsorge und die Patientenschulungen<br />

zu verbessern.<br />

Deshalb wurde die S2k-Leitlinie<br />

„Teledermatologie“ auf dem Boden<br />

gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

entwickelt und vor Kurzem<br />

veröffentlicht, an deren Koordination<br />

auch ich und mein Team<br />

beteiligt waren. Sie empfiehlt zum<br />

Beispiel Verlaufskontrollen nicht<br />

nur bei Schuppenflechte, sondern<br />

auch bei Neurodermitis, Hautkrebs<br />

sowie akuten und chronischen<br />

Wunden. Auch kann die<br />

Telemedizin der Abklärung von unklaren<br />

Hautbefunden durch Dermatologen<br />

per Bilddaten dienen.<br />

Die Erstdiagnostik hingegen sollte<br />

bei Schuppenflechte und auch bei<br />

Neurodermitis nicht allein auf der<br />

Basis eines teledermatologischen<br />

Befundes erfolgen. Teledermatologie<br />

ist weder für Patient noch Arzt<br />

ein Muss, sondern eine optionale<br />

zeitgemäße Ergänzung für die Versorgung<br />

von Patienten mit Hautkrankheiten.<br />

Stichwort: Neurodermitis. Warum<br />

ist die Versorgungssituation<br />

noch nicht so gut wie im Fall der<br />

Schuppenflechte? Der Einsatz<br />

von Innovationen und die Weiterentwicklung<br />

der systematischen<br />

Versorgung bei Schuppenflechte<br />

in den vergangenen 15 Jahren ist in<br />

Deutschland vorbildlich, sogar laut<br />

WHO weltweit. Im Fall der Neurodermitis<br />

ist hingegen bis Ende<br />

2017 nichts an Innovationen in<br />

die Versorgung gekommen, da die<br />

Neurodermitis-Forschung hier fast<br />

auf der Stelle trat. Jetzt kommt<br />

aber Bewegung rein, insbesondere<br />

in Form monoklonaler Antikörper<br />

und kleiner Moleküle. Das Gute:<br />

Wir können uns der Erfahrungen<br />

mit der Schuppenflechte bedienen,<br />

was für eine bessere Versorgungsqualität<br />

zu tun ist. Quertransfers<br />

sind immer produktiv<br />

für die Versorgung. Davon werden<br />

Menschen mit starker Neurodermitis<br />

profitieren – und zwar rückblickend<br />

hoffentlich schneller als<br />

Patienten mit Schuppenflechte. <br />

iStock / nensuria

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