H 22 Zoom Der Referentencheck Neben Gerd Merkle (CSU) ist Reiner Erben (Bündnis 90 / Die Grünen) der einzige Referatsleiter aus der Riege der letzten Amtsperiode, der sein Amt weiterführen durfte. Das ist keine leichte Aufgabe, denn sein Referat hat nach der Flüchtlingskrise den Bereich Migration abgegeben, dafür aber kurz vor Corona das Thema Gesundheit dazu bekommen. Wir haben Reiner Erben zu Hause im Bismarckviertel besucht. Von Markus Krapf
Zoom 23 Reiner Erben, Referent für Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und Gesundheit Hallo Herr Erben, danke für die Einladung. Die ganzen Namen hier unten am Eingang sind beeindruckend, in diesem Haus wohnen ja richtig viele Augsburger Kulturschaffende... Das stimmt. Vor <strong>11</strong> Jahren hat Christiane Lembert-Dobler vom Augsburger Friedensbüro dieses Haus aufgetan, in dem damals gleich drei Wohnungen frei waren. Ich bin mit meiner Frau Susanne zuerst eingezogen, Christiane und ihr Mann, der Schriftsteller Franz Dobler, kamen dann ein bisschen später nach. Auch <strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>- Chefredakteur Walter Sianos wohnt hier mit seiner Familie, genau wie die DJs David Kochs und Aleksander Zylla, Sandro de Nobili von den San Antonio Kids oder Manuel Schill, Veranstaltungskoordinator der Stadt Augsburg. Zusammen mit allen anderen Mietern haben wir eine tolle Hausgemeinschaft mit eigener Signal-Gruppe. Man hilft sich auch mal gegenseitig aus, wenn etwas fehlt oder hält gemeinsam den Kontakt zum Vermieter. Haben Sie schon immer in diesem Teil der Stadt gewohnt? Während meines Studiums habe ich im Spickel gelebt, aber schon seit über 25 Jahren wohne ich jetzt in dieser Gegend rund um das Bismarck- und das Antonsviertel. Zuerst in der Morell- und der Moltkestraße und jetzt eben hier in diesem schönen und nicht so überrenovierten Altbau in der Von-der-Tann-Straße. Wir sind nahe an der Innenstadt, aber auch gleich im Grünen an Wertach und im Stadtwald und wohnen hier im 4. Stockwerk ohne Aufzug. Aber noch geht das. Sie sind ja auch fit wie ein Turnschuh. Ich hab Sie aber auch noch nie mit dem Auto fahren sehen, so wie sich das für einen Umweltreferenten gehört. Ich habe selber gar kein Auto und bin sehr froh, dass ich in der ebenerdigen Garage des Hauses, in der früher eine Autowerkstatt untergebracht war, Platz für mein E-Bike und den Anhänger habe. So muss ich mein Rad auch keine Treppen hinauf oder hinuntertragen. Ihre Frau Susanne Reng stammt aus Hamburg, auch sie gehört zur kulturellen <strong>Szene</strong> unserer Stadt. Susanne ist ausgebildete Schauspielerin und seit einigen Jahren künstlerische Leiterin des Jungen Theaters Augsburg, das seine Räume im Abraxas hat. Sie führt dort viel Regie und organisiert den Laden. Ich kenne sie schon sehr lange, viel länger übrigens als sie mich. Denn ich war Anfang der 90er oft in der Spielküche im Alten Hauptkrankenhaus zu Gast und habe sie dort spielen sehen. Über gemeinsame Freunde, die übrigens auch in diesem Haus hier wohnen, haben wir uns dann sozusagen richtig kennen gelernt ... ... und wurden zu einer echten Patchworkfamilie. Allerdings, wir haben fünf Kinder, zwei meine Frau, drei ich. Susannes Kinder haben teilweise sogar noch hier in dieser Wohnung gelebt, mittlerweile sind aber alle ausgezogen. Ist es richtig, dass bis vor Kurzem auch Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, hier wohnte? Das stimmt. Seit 1998 hatte Claudia eigentlich immer ein Zimmer in meinen Wohnungen, aber vor zwei Jahren hat sie sich dann eine eigene Bleibe mit Aufzug gesucht. Einen Teil Ihres Studiums haben Sie in Buenos Aires verbracht. Wie kam es dazu? Ich hatte damals einen Soziologie-Professor mit Verbindungen nach Argentinien. Peter Waldmann hielt Ende der 80er Vorlesungen an einer privaten Uni in Buenos Aires und so ist dieser Kontakt entstanden. Außerdem wohnte ich mit einer Krankengymnastin mit Kontakten zu einem Kollegen in der argentinischen Hauptstadt zusammen, ich hatte also auch einige private Anlaufpunkte. Nach dem Ende der Militärdiktatur 1986 entstand in Argentinien gerade eine junge Demokratie. Sicher spannend für den jungen Politikwissenschaftstudenten Reiner Erben? Das können sie laut sagen. Ich war dort für insgesamt ein Jahr, erst an einer privaten und dann an der staatlichen Uni. Die erste demokratisch gewählte Regierung musste damals die Diktatur aufarbeiten und es gab zu dieser Zeit sogar noch Aufstände der Militärs mit Panzern, die durch Buenos Aires rollten. In der Diktatur waren über 30.000 Menschen einfach so verschwunden und es stellte sich die Frage, wie man mit den Militärs umgehen sollte. Ich habe mit Unterstützung der argentinischen Professoren in meiner Magisterarbeit unter anderem herausgearbeitet, ob die junge Demokratie damals nicht härter mit den Militärs hätte umgehen müssen. Im Jahr 2004 wurden Sie Geschäftsführer der Tür an Tür–Integrationsprojekte gGmbH und sind seit 2014 Leiter des Umweltreferats in Augsburg. Was haben Sie zuvor beruflich gemacht? Nach meinem Studium habe ich bei Raimund Kamm, dem damaligen Landtagsabgeordneten der Grünen, und bei seinem Nachfolger von 1992 an insgesamt für sechs Jahre gearbeitet. Danach war ich im Wahlkreisbüro von Claudia Roth tätig, ein paar Monate davon sogar in Berlin in der Parteizentrale der Grünen am <strong>Neue</strong>n Tor, nachdem sie zur Parteivorsitzenden gewählt worden war. Sie sind schon seit 1991 Mitglied der Grünen. War es damals für Sie vorstellbar, dass Ihre Partei irgendwann in der Regierungsverantwortung stehen könnte? Ich habe mich nach dem Studium, wo ich auch schon in der Hochschulpolitik aktiv war, ganz bewusst dafür entschieden, bei den Grünen einzutreten. Schon an der Uni war ich der erste Friedensreferent beim AStA und die Grünen waren die einzige Partei, die meine politische Einstellung bei den Themen Asyl und Militäreinsätzen vertreten haben. 1998 gab es dann eine rotgrüne Bundesregierung und die ersten deutschen Militäreinsätze in Bosnien. Ich war auch auf dem Parteitag, als Joschka Fischer mit dem Farbbeutel beworfen wurde und kein Befürworter des Militäreinsatzes. Trotzdem gab es in meiner über 30-jährigen Parteizugehörigkeit bisher nie einen Punkt, an dem ich die Grünen verlassen wollte, weil die politische Zielsetzung in ihrer Gesamtheit stimmig für mich ist. Lassen sie uns etwas vorspulen und über die kommunalpolitische Gegenwart sprechen. Nach einer großen Koalition sind Sie jetzt Umweltreferent einer schwarz grünen Stadtregierung. Vergleichen Sie doch einmal beide Konstellationen. Aus meiner ganz persönlich Sicht kann ich dazu sagen, dass ich in der großen Koalition zusammen mit CSU und SPD als grüner Referent alleine war. Jetzt habe ich mit Martina Wild eine grüne Bürgermeisterin und mit Jürgen Enninger einen von den Grünen berufenen Kultur- und Sportreferenten an meiner Seite. Allein dadurch ergibt sich schon eine ganz andere Situation. Wir tauschen uns regelmäßig aus und können zu dritt auch ganz anders auftreten. Gravierend anders ist auch die Tatsache, dass wir einen ausführlichen