Yukiko Suzuki - MDR
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12<br />
Musik ist<br />
NIE ALT ODER JUNG, SIE IST<br />
lebendig<br />
Im <strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER treffen Generationen<br />
aufeinander. Das Alter der Instrumentalisten spielt<br />
offensichtlich keine Rolle, aber vielleicht macht es<br />
einen Unterschied, ein Neuling oder ein alter Hase<br />
zu sein? Fragen wir die erst voriges Jahr frisch von<br />
der Hochschule weg engagierte Geigerin <strong>Yukiko</strong><br />
<strong>Suzuki</strong> und den durch 40 Jahre Berufserfahrung<br />
versierten Schlagzeuger Gerd Schenker!<br />
Die beiden Profi musiker haben über die Themen<br />
Erfahrung und Alter miteinander noch nicht<br />
diskutiert. »Wir sitzen im Orchester wegen unserer<br />
Instrumentengruppen ja weit voneinander entfernt.«<br />
Ein Schmunzeln auf beiden Seiten, denn natürlich<br />
kennen sich alle Orchestermitglieder und wissen viel<br />
voneinander. Ob in den Probenpausen oder backstage<br />
vor Konzerten, auf den Reisen oder beim zufälligen<br />
Flurgespräch vor dem Büro des Orchestermanagers –<br />
es gibt genug Gelegenheiten, miteinander ins Gespräch<br />
zu kommen. Zum Thema Generationen und Wandel der<br />
Zeiten tauschen die zwei ungleichen Kollegen ihre Geschichten,<br />
Meinungen und Erlebnisse beim Extratreffen<br />
im Café aus. Auf dem Tisch eine Tasse Kaffee für Herrn<br />
Schenker und ein heißer Birnensaft für Frau <strong>Suzuki</strong>. Ihr<br />
Name, das erklärt die junge Japanerin mit temperamentvollem<br />
Kopfschütteln gleich, habe weder mit der<br />
Automarke noch mit der international bekannten Geigerschule<br />
zu tun. »<strong>Suzuki</strong> ist wie Müller.«<br />
Der neue Chefdirigent<br />
Kristjan Järvi im Interview<br />
» Seite 20<br />
Gerd Schenkers Familienname hingegen ist in der Musikwelt<br />
bekannt. Der Komponist und Posaunist Friedrich Schenker ist<br />
sein älterer Bruder und holte ihn in der thüringischen Heimat<br />
ins örtliche Blasorchester. Entspannt und auf die Erinnerungen<br />
besonnen lehnt sich der Jüngere zurück. »So bin ich zur kleinen<br />
Trommel gekommen und die Vielfalt des Schlagzeugs fasziniert<br />
mich immer noch.« Schon im Alter von 15 Jahren ging Gerd<br />
Schenker weg von daheim, zur Ausbildung nach Berlin: »Das<br />
war ein harter Schlag!«<br />
In Berlin hat auch <strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong> studiert: ein Aufbaustudium<br />
nach ihrer musikalischen Ausbildung in Lübeck, 9000 km Luftlinie<br />
von zuhause entfernt. Ist es schwer, am anderen Ende der<br />
Welt zu arbeiten? Ihre Antwort lässt keine Zweifel offen: »Musik<br />
ist mein Leben!« Sie schätzt den »Charakter deutscher Orchester«:<br />
»Ich mag das, ich höre das gern, es klingt besonders in<br />
Sachsen und beim <strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER so wunderbar<br />
feinduftig.« Grundsätzlich sind sich die beiden Musiker überraschend<br />
einig: ein Arbeitsplatz wie jeder andere. Gerd Schenkers<br />
Lachfalten vertiefen sich, als <strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong> mit einer pfeilschnellen<br />
Geste eine Besonderheit nachsetzt: »Die Uhr spielt eine große<br />
Rolle bei uns.« Ohne Pünktlichkeit und Disziplin geht nichts.<br />
Für ihre Orchesterstelle einer zweiten Geige beim <strong>MDR</strong> SINFO-<br />
NIEORCHESTER musste sie gegen die anderen Bewerber in drei<br />
Runden antreten. Sie erinnert sich gut an ihr Lampenfi eber.<br />
»Ich war sehr froh über die Anonymität beim Vorspielen!« Um die<br />
Chancen möglichst gerecht zu verteilen, fi nden Probespiele in der<br />
ersten Runde immer hinter einem Vorhang oder Paravent statt –<br />
die Kandidaten sind zu hören, aber keiner kann sie sehen.<br />
Gerd Schenker<br />
seit 1972 im Orchester<br />
Solo-Schlagzeuger<br />
geboren 1948<br />
aufgewachsen in Zeulenroda<br />
Musikstudium in Berlin<br />
<strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong><br />
seit 2011 im Orchester<br />
spielt 2. Violine<br />
geboren 1984<br />
aufgewachsen in Tokio, Japan<br />
Musikstudium in Lübeck<br />
und Berlin<br />
<strong>MDR</strong> KLASSIK 2012 | 13<br />
»Die Vielfalt des<br />
Schlagzeugs fasziniert<br />
mich immer noch.«<br />
<strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER<br />
<strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong>s Probespiele hinter und vor dem Vorhang<br />
überzeugten; das schließlich folgende obligatorische Probejahr<br />
war erfolgreich.<br />
Gerd Schenker kam schon mit 20 in den Beruf, erst zur Bühnenmusik,<br />
dann 1972 zum Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig, wie<br />
es damals noch hieß. »Insgesamt habe ich mich in meinem Leben<br />
durch 6 Probespiele durchkämpfen müssen.« In Leipzig engagierte<br />
ihn der damalige Chefdirigent Herbert Kegel, und heute hat<br />
Gerd Schenker die Position eines Solo-Schlagzeugers. Seit vierzig<br />
Jahren ist er jetzt dabei und schätzt sein »Handwerk«. Anfänger<br />
spüren die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit im Orchester<br />
und profi tieren davon, sagt <strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong>. Ihr älterer Kollege hat<br />
manche Tournee und andere Höhepunkte erlebt und weiß aus<br />
Erfahrung: »Auf einer Reise fi ndet man noch besser zusammen.«<br />
Auch die zahlreichen Kammermusik-Ensembles des <strong>MDR</strong> sind für<br />
das Orchester wichtig: »Kammermusik schärft die Sinne.« Das<br />
Leipziger Schlagzeugensemble, das Gerd Schenker mitgegründet<br />
hat, wird 2013 seinen 30. Geburtstag feiern können.<br />
»Musik ist mein Leben!«<br />
Die Zukunft des Orchesters ist für beide ein großes Thema. »Die<br />
ganze Situation von klassischer Musik müssen wir verändern.«<br />
Gerd Schenker versteht die Orchestertradition als erfolgreiche<br />
Hierarchie, aber freut sich außerordentlich über jeden Probenbesuch<br />
junger Leute, die mitten zwischen den Musikern sitzen und<br />
nicht nur frontal »einem Mann im Frack begegnen«. <strong>Yukiko</strong> <strong>Suzuki</strong><br />
stimmt zu, dass das Orchester fl exibel bleiben muss, doch wünscht<br />
sie sich viel öfter »ein existentielles Stück Bach« als Charakteristikum<br />
und Botschafter für Leipzig im Repertoirekoffer. Die neuen<br />
Generationen gewinnen, das ist der gemeinsame Wunsch.<br />
Tradition und Experimentierfreude<br />
Das <strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER<br />
Das älteste Radio-Orchester Deutschlands ist nicht nur Botschafter Mitteldeutschlands<br />
für die reichen Musiktraditionen von Johann Sebastian Bach<br />
bis Kurt Weill. Als moderne Klanginstitution von Rang überschreitet das<br />
<strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER mit zeitgenössischen Experimenten, neuesten<br />
Kompositionen und innovativen Formaten auch gern die klassischen Grenzen<br />
und verlässt den Konzertsaal.<br />
Weltweit sind die derzeit 115 Instrumentalisten auf Gastspielen und<br />
Tourneen oder über die Europäische Rundfunkunion zu hören. Für ihre<br />
Aufnahmen wurden sie mehrfach ausgezeichnet. Einen besonderen Stellenwert<br />
unter den Orchesteraufgaben hat das umfassende Musikangebot<br />
für Kinder und Jugendliche: Mit seinen musikpädagogischen Programmen<br />
gelingt es dem <strong>MDR</strong> SINFONIEORCHESTER immer wieder, die kommende<br />
Generation zu begeistern und so als Publikum zu gewinnen.<br />
Neuer Chefdirigent und damit Nachfolger von Jun Märkl wird in der<br />
Saison 2012 | 13 der international erfolgreiche Dirigent Kristjan Järvi.