Putzsymbiosen sind ein Beispiel für perfekt funktionierende - Natürlich

Schädlingsbekämpfung
Die Kunden wiederum suchen vom Morgengrauen
bis zum Sonnenuntergang die
Putzerstationen auf. Nicht selten müssen
sie regelrecht Schlange stehen, bis sie dort
bedient werden. Dass es sich bei Putzsymbiosen
um Beziehungen handelt, die
von beiderseitigem Vorteil sind und dass
die Putztätigkeit entscheidend zur Dezimierung
der Fischparasiten beiträgt, ist
inzwischen auch wissenschaftlich erwiesen.
Häufigste Parasiten sind Blut saugende
Asseln der Gruppe Gnathia. Sie attackieren
die Fische unablässig und machen dadurch
das Unterwasser-Putzgewerbe
auch ökologisch äusserst bedeutend. Und
sie halten die Putzer auf Trab.
Nach Grutter sind die Labroides-Putzerlippfische
die geschäftigsten kleinen
Fische im Riff. Ihre Mägen sind am Ende
eines Tages mit den blutsaugenden Asseln
vollgestopft. Genauer gesagt, sind es
die Larven der Asseln, die für die Fischkunden
die grosse Heimsuchung und für
die Putzerfische das grosse Fressen darstellen.
Die parasitischen Larven stürzen sich
auf die Fische, saugen sich mit Blut voll
und gehen im Riff wieder in Deckung.
Deshalb kommen viele Fische mehrmals
täglich zur Körperpflege an eine Putzerstation.
Ein einziger Putzer pickt dort
über den Tag rund 1200 Asseln von seinen
Kunden.
Foto: Okapia
Konkurrentenneid
Die Geschäfte im Riff boomen – nicht
wenige Putzerstationen sind daher Grossbetriebe.
Die Reinigungskräfte stehen oft
im Dutzend bereit. In der Karibik, wo die
meisten Putzerstationen von Putzergrundeln
betrieben werden, sind solche Reinigungskolonnen
besonders auffällig.
Denn die Putzergrundeln aus der Gattung
Gobiosoma hocken gut sichtbar auf Korallenköpfen.
Und auch bei Grosskunden
helfen nur Putzkolonnen: Einen Grossauftrag
stellen zum Beispiel Mantas dar,
die regelmässig zur Reinigung ans Riff
kommen.
Doch nicht jedem ist das rege Treiben
an den Putzerstationen willkommen. Als
Gefahr für das eigene Geschäft betrachten
viele territoriale Riffbarsche den Putzbetrieb
in ihrer Nachbarschaft, so auch
die Farmerfische der Gattung Stegastes:
Sie ernähren sich von Fadenalgen, die in
ihrem Areal gedeihen. Oft überschneiden
sich die Territorien der Farmerfische mit
dem Areal einer Putzerstation – dann
attackiert Stegastes die Kunden der Putzerstation.
Das hat zur Folge, dass die
Putzergrundeln weniger ungestörte Zeit
Infobox
Reportage NATUR
Grossauftrag: Die unechte Karettschildkröte
(Caretta caretta) gilt im Unterwasser-
Reinigungsgewerbe als Grosskunde
für ihre Kunden aufbringen können und
die Reinigungs-Sitzungen kürzer ausfallen.
Für die Putzergrundeln ist der Farmerfisch
also ein Störenfried. Umgekehrt
sieht Stegastes in der Putzerstation einen
Magneten für unliebsame Eindringlinge.
Dass der Farmerfisch selbst ein treuer
Kunde der Putzerstation ist, mag beide
Seiten besänftigen. ■
Literatur zum Thema
• Eichler: «Tropische Meerestiere – Bestimmungsbuch
für Taucher und Schnorchler»,
Verlag BLV 2005,
ISBN: 3-405-16999-2, Fr. 35.50
• Vilcinskas: «Meerestiere der Tropen»,
Kosmos Verlag 2000,
ISBN: 3-440-07943-0, Fr. 67.–
• Halls: «Tauchen weltweit – Der individuelle
Reiseführer», Verlag Geo-Center 2004,
ISBN: 3-9809607-0-6, Fr. 43.50
Internet
• www.geocities.com/dpirch/symbiose.htm
• www.seeteufel-hb.de/texte/artikel/
putzerfisch/index.htm
Natürlich | 11-2006 45