Putzsymbiosen sind ein Beispiel für perfekt funktionierende - Natürlich
Putzsymbiosen sind ein Beispiel für perfekt funktionierende - Natürlich
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NATUR<br />
Reportage<br />
Ein dicker Zackenbarsch nähert<br />
sich <strong>ein</strong>em Korallenvorsprung.<br />
Vor ihm tanzt <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Garnele<br />
auffällig herum. Geradezu<br />
ideal als kl<strong>ein</strong>er Happen zwischendurch<br />
<strong>für</strong> den grossen Barsch. Doch <strong>ein</strong>e Handbreit<br />
vor der verm<strong>ein</strong>tlichen Beute stoppt<br />
der Räuber, dreht sich leicht zur Seite und<br />
verweilt in der seltsamen Stellung. Dieses<br />
überraschende Verhalten des Raubfisches<br />
40 <strong>Natürlich</strong> | 11-2006<br />
<strong>Putzsymbiosen</strong> <strong>sind</strong> <strong>ein</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>perfekt</strong> <strong>funktionierende</strong><br />
Marktwirtschaft im Korallenriff. Dabei geht es im submarinen<br />
R<strong>ein</strong>igungsgewerbe spannend zu und her.<br />
Text: Matthias Bergbauer Fotos: Kurt Amsler<br />
fasst die filigrane Garnele als Einladung<br />
auf. Rasch hüpft sie auf die Schnauze<br />
des Zackenbarsches und wuselt emsig<br />
auf s<strong>ein</strong>em Körper herum. Unbehelligt<br />
macht sich das filigrane Krabbeltier dabei<br />
selbst im geöffneten Maul des Zackenbarsches<br />
zu schaffen. Es klaubt Essensreste<br />
aus den Zähnen.<br />
Szenenwechsel: Unter <strong>ein</strong>er Tischkoralle<br />
steht <strong>ein</strong> stattlicher Fledermaus-<br />
Anstehen zur Körperpflege: Geduldig wartet der Husarenfisch<br />
an der Putzerstation, um s<strong>ein</strong>e Parasiten los zu werden<br />
fisch. Normalerweise ziehen diese Tiere<br />
tagsüber in kl<strong>ein</strong>en Gruppen im Freiwasser<br />
gemächlich vor dem Riff umher.<br />
Ein Blick aus der Nähe zeigt, dass der Fledermausfisch<br />
nicht all<strong>ein</strong> ist. Zwei blauschwarz<br />
gestreifte Fischl<strong>ein</strong> umkreisen<br />
ihn und sch<strong>ein</strong>en ihn immer wieder zu<br />
zwicken. Dabei zuckt der Fledermausfisch<br />
jedes Mal kurz zusammen, rührt sich aber<br />
unter der Tischkoralle nicht vom Fleck.<br />
Geschäftsbeziehungen<br />
unter Wasser<br />
Die beiden <strong>Beispiel</strong>e <strong>sind</strong> typische Szenen<br />
<strong>ein</strong>er so genannten Putzsymbiose. Im ersten<br />
<strong>Beispiel</strong> sorgt <strong>ein</strong>e Putzergarnele, im<br />
zweiten <strong>Beispiel</strong> <strong>ein</strong> Putzerlippfisch <strong>für</strong><br />
die Hautr<strong>ein</strong>igung der Fischkunden. Die<br />
beiden submarinen R<strong>ein</strong>igungskräfte gehen<br />
allerdings nicht uneigennützig zu<br />
Werke, wie der Ausdruck Putz-Symbiose<br />
bereits nahe legt.<br />
Denn: Sowohl Putzergarnele als auch<br />
Putzerfisch ernähren sich von Hautparasiten,<br />
abgestorbenen Hautfetzen und von<br />
Partikeln, die an der schleimigen Hautoberfläche<br />
ihrer Kunden haften. Klare<br />
Sache also: Der Kunde geniesst <strong>ein</strong> Ganzkörper-Peeling<br />
und wird s<strong>ein</strong>e lästigen<br />
Parasiten los. Und der Putzer bekommt<br />
im Gegenzug <strong>ein</strong>e sättigende Mahlzeit.<br />
Als Meeresbiologen unlängst begannen,<br />
diese sch<strong>ein</strong>bar so simple Symbiose<br />
genauer unter die Lupe zu nehmen,<br />
wurde deutlich, dass das submarine Putzgewerbe<br />
weitaus komplexer ist als bisher<br />
Putzerkolonne
Riskante Mission:<br />
Putzergarnele am geöffneten Maul<br />
<strong>ein</strong>es Husarenfisches<br />
marsch<br />
<strong>Natürlich</strong> | 11-2006 41
Eine saubere Sache:<br />
Putzergarnele am Maul <strong>ein</strong>er Muräne<br />
angenommen. Untersuchungen zeigten,<br />
dass der Ablauf des Hygiene-Prozedere<br />
glatt <strong>ein</strong>em Lehrbuch <strong>für</strong> den Einzelhandel<br />
entstammen könnte, denn bei <strong>Putzsymbiosen</strong><br />
geht es stets um Reklame und<br />
Tipp <strong>für</strong> Taucher<br />
Ein Tipp <strong>für</strong> Ihren nächsten Tauchgang:<br />
Putzerstationen werden meist erst beim<br />
unmittelbaren Vorbeischwimmen entdeckt.<br />
Dadurch hat man jedoch vielfach bereits<br />
den R<strong>ein</strong>igungsablauf gestört und Kunden<br />
wie auch Putzer verunsichert. Am besten<br />
dreht man erst <strong>ein</strong>mal ab und wartet in<br />
wenigen Metern Entfernung, bis sich die<br />
Tiere beruhigt haben. Danach lassen sich<br />
meist spannende Beobachtungen machen.<br />
42 <strong>Natürlich</strong> | 11-2006<br />
Foto: Okapia<br />
Konkurrenz im Korallenriff. Standortbedingungen,<br />
Service-Qualität und Kundenzufriedenheit<br />
<strong>sind</strong> <strong>für</strong> die Geschäftsbeziehungen<br />
zwischen Putzer und Kunde<br />
entscheidende Faktoren. Stets müssen die<br />
Putzer sich dabei auch auf geschäftsschädigende<br />
Nachbarschaft und unberechenbare<br />
Kundschaft gefasst machen.<br />
Rock ’n’ Roll im Riff<br />
Putzergarnelen wie auch Putzerfische haben<br />
<strong>ein</strong>en grossen Kundenstamm. Die<br />
Kunden gehören den unterschiedlichsten<br />
Fischgruppen an – harmlose Algenund<br />
Planktonfresser zählen ebenso dazu<br />
wie räuberische Fische, beispielsweise<br />
Schnapper und Zackenbarsche. Alle werden<br />
von den Putzern bedient – die friedfertigen<br />
ebenso wie die gefährlichen.<br />
Umso erstaunlicher, wenn man bedenkt,<br />
dass bei Schnappern kl<strong>ein</strong>e Krebse<br />
und Fische ganz oben auf dem Speiseplan<br />
stehen. Und vor Zackenbarschen ist bei<br />
den Krebsen und Fischen auch kaum <strong>ein</strong>er<br />
sicher. Dieses Phänomen zeigt: Im<br />
Laufe der Evolution der <strong>Putzsymbiosen</strong><br />
musste <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>deutige Verständigung<br />
zwischen Putzer und Kunden entwickelt<br />
werden, denn Missverständnisse würden<br />
<strong>für</strong> den Putzer tödlich enden. Als Signal<br />
der Verständigung, adressiert an die jeweiligen<br />
Kunden, gelten dabei – so fanden<br />
Meeresbiologen unlängst heraus –<br />
die auffälligen Tanzbewegungen <strong>ein</strong>iger<br />
Putzergarnelen. Tatsächlich sch<strong>ein</strong>en die<br />
Garnelen sich im Rhythmus <strong>ein</strong>er imaginären<br />
Rockmusik zu bewegen. Diese<br />
Körpersprache wurde bei Putzergarnelen<br />
der Gattung Urocaridella genauer untersucht.<br />
Der charakteristische Tanz der Putzergarnelen<br />
dient zum <strong>ein</strong>en der eigenen<br />
Sicherheit. Etwa in dem Sinne wie «Achtung!<br />
Friss mich nicht, ich bin <strong>ein</strong>e Putzergarnele».<br />
Zum anderen fungiert der<br />
Tanz als Werbung. Denn was nützt es, <strong>ein</strong><br />
tolles Produkt zu haben, wenn niemand
Ständige Begleiter: Ein Manta-Rochen<br />
(Manta birostris) mit Schiffshaltern im Schlepptau<br />
Furchtlos: Ein Putzerfisch pickt dem Rotmaulbarsch<br />
Essensresten zwischen den Zähnen raus<br />
Ein Schiffshalter (Echeneis naucrates) auf <strong>ein</strong>em Ammenhai:<br />
Lässt sich transportieren und betätigt sich nebenbei als Putzer<br />
von <strong>ein</strong>em Notiz nimmt? Also führen die<br />
Garnelen ihren auffälligen Tanz auf. S<strong>ein</strong><br />
Zweck ist vergleichbar mit <strong>ein</strong>em Reklameschild<br />
an <strong>ein</strong>em Geschäft. Die Botschaft<br />
aber ist noch ausgefeilter! Denn<br />
den potenziellen Kunden übermitteln<br />
die Tanzbewegungen der Putzergarnelen<br />
noch mehr – sie zeigen zugleich auch<br />
deren Motivation an.<br />
Reportage NATUR<br />
Australische Meeresbiologen aus der<br />
Arbeitsgruppe von Lexa Grutter von der<br />
University of Queensland im australischen<br />
Brisbane untersuchten das Putzverhältnis<br />
zwischen Urocaridella-Garnelen<br />
und Zackenbarschen im Detail. Dabei<br />
entdeckten sie, dass die Garnelen umso<br />
eifriger tanzen, je hungriger sie <strong>sind</strong>. Das<br />
bedeutet: Bei hungrigen Garnelen dauert<br />
Von Putzteufeln und Teufelsrochen<br />
Im submarinen R<strong>ein</strong>igungsgewerbe tummeln sich viele Anbieter. So gibt es all<strong>ein</strong><br />
in der Gattung Labroides gleich mehrere Arten, die ausschliesslich als Putzer<br />
leben. Dazu kommen zahlreiche weitere Putzerfische, die teils ebenfalls hauptberuflich<br />
tätig <strong>sind</strong>, teils nur nebenbei putzen. Unter den R<strong>ein</strong>igungskräften <strong>sind</strong><br />
auch viele Jungfische von Arten, die nur in ihrer Jugend putzen gehen und mit<br />
zunehmendem Alter <strong>ein</strong>em anderen Nahrungserwerb nachgehen. Dazu zählen<br />
zum <strong>Beispiel</strong> <strong>ein</strong>ige juvenile Kaiserfische. Auch bei den Garnelen ist die Vielfalt<br />
gross: Häufig <strong>sind</strong> zum <strong>Beispiel</strong> die Weissband-Putzergarnele und die Gebänderte<br />
Boxergarnele. Diese vollführen als Werbung k<strong>ein</strong>en Schwebetanz, sondern<br />
locken die Kundschaft mit Bewegungen ihrer überlangen Antennen.<br />
Oft sieht man an der Körperunterseite von Haien, Mantas und Schildkröten Fische<br />
in kl<strong>ein</strong>en Gruppen – die Schiffshalter (Echeneidae). In ihrer Jugend <strong>sind</strong> Schiffshalter<br />
noch frei schwimmend. Nach Erreichen <strong>ein</strong>er bestimmten Grösse heften sie<br />
sich dann mit <strong>ein</strong>er Saugscheibe, die sich an ihrem abgeflachten Kopf aus der<br />
ersten Rückenflosse entwickelt hat, an ihre Träger an und lassen sich mitziehen.<br />
Zudem betätigen sie sich bei ihren Transport-Tieren als Putzerfische.<br />
Auch Stachelmakrelen der Gattung Naucrates fungieren als Putz-Begleit-Service<br />
<strong>für</strong> Haie und Teufelsrochen: Bei Raubfischen schwimmt Naucrates ductor in Höhe<br />
der Rücken- oder Bauchflossen, bei den harmlosen Mantas auch vor dem Maul.<br />
<strong>Natürlich</strong> | 11-2006 43
Tanz um die Kundschaft: Ein Juwelen Zackenbarsch<br />
steht an der Putzerstation an (Mitte), lässt sich<br />
von Putzern umwerben um schliesslich der Putzergarnele<br />
den R<strong>ein</strong>igungsauftrag anzuvertrauen (unten)<br />
der Werbetanz länger und sie gehen dabei<br />
auch viel näher auf den potenziellen<br />
Putzkunden zu. Schliesslich gilt es, die<br />
Konkurrenz durch andere Putzer auszustechen<br />
und den Kunden zur eigenen<br />
Putzerstation zu locken.<br />
Top-Service<br />
Diese auffällige Werbestrategie zahlt sich<br />
aus. Die Zackenbarsche wissen die Zeichen<br />
zu deuten. Wenn sie die Wahl ha-<br />
ben, bevorzugen sie hochmotiviert tanzende<br />
Garnelen gegenüber den Standardtänzern.<br />
Als Empfänger der Werbebotschaft<br />
verstehen sie also, was sie bei den passionierten<br />
Tänzern erwartet. Und tatsächlich<br />
weist die Werbebotschaft nicht auf<br />
<strong>ein</strong>e Mogelpackung hin, sondern auf<br />
Qualität: Bis zu elfmal länger und entsprechend<br />
gründlich ist die Körperpflege<br />
des Kunden durch hungrige Garnelen,<br />
verglichen mit dem üblichen R<strong>ein</strong>igungs-<br />
Prozedere durch mehr oder weniger satte<br />
Garnelen. Der vielversprechenden Werbung<br />
folgen Top-Service und Top-Leistung.<br />
Perfekte Dienstleistung – zumindest<br />
im Riff gibt es sie also noch.<br />
Doch auch die Kunden zeigen, weshalb<br />
sie an den Putzerstationen vorbeikommen.<br />
Häufig ist zu beobachten, wie<br />
sie <strong>ein</strong>e Aufforderungs-Stellung <strong>ein</strong>nehmen,<br />
beispielsweise indem sie fast auf-<br />
44 <strong>Natürlich</strong> | 11-2006<br />
recht im Wasser stehen oder das Maul<br />
aufsperren und die Kiemendeckel abspreizen.<br />
Manchmal legen sie sich auch<br />
schräg zur Seite, und gelegentlich sieht<br />
man Kunden, die Kopf nach unten und<br />
Schwanzflosse in die Höhe vor dem Putzer<br />
stehen.<br />
Risikovorsorge<br />
Dass sie <strong>ein</strong>en gefährlichen Job machen,<br />
ist den Putzern durchaus bewusst – das<br />
zeigt beispielsweise das charakteristische<br />
Werbeverhalten der Putzerlippfische. Es<br />
besteht aus rhythmischem, tanzähnlichem<br />
Wippschwimmen. Verhaltensforscher<br />
sehen darin <strong>ein</strong>e ritualisierte Mischung<br />
aus Zuschwimmen auf den Kunden<br />
und Abwärtsflüchten vor diesem.<br />
Doch neben diesem auffordernden<br />
Auf-und-Ab-Hüpfen haben Putzerlipp-<br />
fische noch <strong>ein</strong>en weiteren Tanz im Repertoire.<br />
Die australische Meeresbiologin<br />
Lexa Grutter spricht hierbei von «tactile<br />
dancing», dem so genannten Berührungstanz.<br />
Dabei schwimmt der Putzerlippfisch<br />
direkt über der Körperoberfläche<br />
des Kunden und vollführt dabei leichte<br />
Auf- und Abbewegungen, sodass s<strong>ein</strong>e<br />
Beckenflossen vibrierende Massagebewegungen<br />
über die Haut des Kunden reiben.<br />
Die Forscherin vermutet, dass es sich dabei<br />
um <strong>ein</strong>e Beruhigungsgeste handelt,<br />
um potenziell gefährliche Kunden, beispielsweise<br />
Leoparden-Zackenbarsche, zu<br />
besänftigen.<br />
Die Wissenschaftler fanden in diesem<br />
Zusammenhang auch heraus, dass der<br />
Putzerlippfisch sogar erkennt, ob s<strong>ein</strong><br />
Kunde hungrig ist oder nicht. Denn der<br />
Berührungstanz kommt vor allem bei<br />
hungrigen Kunden zum Einsatz. Die beruhigenden<br />
Streichel<strong>ein</strong>heiten werden<br />
aber auch dann sofort verabreicht, wenn<br />
die Putzer den Zacki gepiesackt haben,<br />
etwa indem sie etwas von s<strong>ein</strong>er Haut abzupften.<br />
Diese Form der Beruhigung ist<br />
berechtigt, denn das stillschweigende<br />
Über<strong>ein</strong>kommen zwischen Putzer und<br />
gefährlichem Kunden ist nur <strong>ein</strong>es auf<br />
begrenzte Zeit und kann schnell beendet<br />
s<strong>ein</strong>. Einem jagenden Zacki sollte <strong>ein</strong><br />
Putzer lieber nicht vors Maul schwimmen,<br />
denn ausserhalb <strong>ein</strong>er R<strong>ein</strong>igungs-<br />
Aktion kann er durchaus auch zur Beute<br />
werden.
Schädlingsbekämpfung<br />
Die Kunden wiederum suchen vom Morgengrauen<br />
bis zum Sonnenuntergang die<br />
Putzerstationen auf. Nicht selten müssen<br />
sie regelrecht Schlange stehen, bis sie dort<br />
bedient werden. Dass es sich bei <strong>Putzsymbiosen</strong><br />
um Beziehungen handelt, die<br />
von beiderseitigem Vorteil <strong>sind</strong> und dass<br />
die Putztätigkeit entscheidend zur Dezimierung<br />
der Fischparasiten beiträgt, ist<br />
inzwischen auch wissenschaftlich erwiesen.<br />
Häufigste Parasiten <strong>sind</strong> Blut saugende<br />
Asseln der Gruppe Gnathia. Sie attackieren<br />
die Fische unablässig und machen dadurch<br />
das Unterwasser-Putzgewerbe<br />
auch ökologisch äusserst bedeutend. Und<br />
sie halten die Putzer auf Trab.<br />
Nach Grutter <strong>sind</strong> die Labroides-Putzerlippfische<br />
die geschäftigsten kl<strong>ein</strong>en<br />
Fische im Riff. Ihre Mägen <strong>sind</strong> am Ende<br />
<strong>ein</strong>es Tages mit den blutsaugenden Asseln<br />
vollgestopft. Genauer gesagt, <strong>sind</strong> es<br />
die Larven der Asseln, die <strong>für</strong> die Fischkunden<br />
die grosse Heimsuchung und <strong>für</strong><br />
die Putzerfische das grosse Fressen darstellen.<br />
Die parasitischen Larven stürzen sich<br />
auf die Fische, saugen sich mit Blut voll<br />
und gehen im Riff wieder in Deckung.<br />
Deshalb kommen viele Fische mehrmals<br />
täglich zur Körperpflege an <strong>ein</strong>e Putzerstation.<br />
Ein <strong>ein</strong>ziger Putzer pickt dort<br />
über den Tag rund 1200 Asseln von s<strong>ein</strong>en<br />
Kunden.<br />
Foto: Okapia<br />
Konkurrentenneid<br />
Die Geschäfte im Riff boomen – nicht<br />
wenige Putzerstationen <strong>sind</strong> daher Grossbetriebe.<br />
Die R<strong>ein</strong>igungskräfte stehen oft<br />
im Dutzend bereit. In der Karibik, wo die<br />
meisten Putzerstationen von Putzergrundeln<br />
betrieben werden, <strong>sind</strong> solche R<strong>ein</strong>igungskolonnen<br />
besonders auffällig.<br />
Denn die Putzergrundeln aus der Gattung<br />
Gobiosoma hocken gut sichtbar auf Korallenköpfen.<br />
Und auch bei Grosskunden<br />
helfen nur Putzkolonnen: Einen Grossauftrag<br />
stellen zum <strong>Beispiel</strong> Mantas dar,<br />
die regelmässig zur R<strong>ein</strong>igung ans Riff<br />
kommen.<br />
Doch nicht jedem ist das rege Treiben<br />
an den Putzerstationen willkommen. Als<br />
Gefahr <strong>für</strong> das eigene Geschäft betrachten<br />
viele territoriale Riffbarsche den Putzbetrieb<br />
in ihrer Nachbarschaft, so auch<br />
die Farmerfische der Gattung Stegastes:<br />
Sie ernähren sich von Fadenalgen, die in<br />
ihrem Areal gedeihen. Oft überschneiden<br />
sich die Territorien der Farmerfische mit<br />
dem Areal <strong>ein</strong>er Putzerstation – dann<br />
attackiert Stegastes die Kunden der Putzerstation.<br />
Das hat zur Folge, dass die<br />
Putzergrundeln weniger ungestörte Zeit<br />
Infobox<br />
Reportage NATUR<br />
Grossauftrag: Die unechte Karettschildkröte<br />
(Caretta caretta) gilt im Unterwasser-<br />
R<strong>ein</strong>igungsgewerbe als Grosskunde<br />
<strong>für</strong> ihre Kunden aufbringen können und<br />
die R<strong>ein</strong>igungs-Sitzungen kürzer ausfallen.<br />
Für die Putzergrundeln ist der Farmerfisch<br />
also <strong>ein</strong> Störenfried. Umgekehrt<br />
sieht Stegastes in der Putzerstation <strong>ein</strong>en<br />
Magneten <strong>für</strong> unliebsame Eindringlinge.<br />
Dass der Farmerfisch selbst <strong>ein</strong> treuer<br />
Kunde der Putzerstation ist, mag beide<br />
Seiten besänftigen. ■<br />
Literatur zum Thema<br />
• Eichler: «Tropische Meerestiere – Bestimmungsbuch<br />
<strong>für</strong> Taucher und Schnorchler»,<br />
Verlag BLV 2005,<br />
ISBN: 3-405-16999-2, Fr. 35.50<br />
• Vilcinskas: «Meerestiere der Tropen»,<br />
Kosmos Verlag 2000,<br />
ISBN: 3-440-07943-0, Fr. 67.–<br />
• Halls: «Tauchen weltweit – Der individuelle<br />
Reiseführer», Verlag Geo-Center 2004,<br />
ISBN: 3-9809607-0-6, Fr. 43.50<br />
Internet<br />
• www.geocities.com/dpirch/symbiose.htm<br />
• www.seeteufel-hb.de/texte/artikel/<br />
putzerfisch/index.htm<br />
<strong>Natürlich</strong> | 11-2006 45