HOMO Littera: Das Magazin, Ausgabe 5/2021
Vierteljährlich erscheinende Broschüre über Publikationen und Autoreninterviews aus dem Hause HOMO Littera
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sität zu zeigen; dass homosexuelle
Literatur genauso wichtig und
sichtbar ist, wie alle anderen Bücher
der Branche. Die „Kulturnation
Österreich“ hat so viel zu
bieten, da gehört Literatur aus
dem LGBTI + -Bereich eindeutig
dazu. Wir sollten uns von dem
Nischendenken verabschieden
und einen Riesenschritt Richtung
Gleichstellung, Akzeptanz und
Vielfältigkeit machen. Nur so
können wir zeigen, wie experimentierfreudig,
großzügig und
weltoffen die österreichische Literatur
ist.
Gab bzw. gibt es neben den
schönen Dingen des Verlags
auch Schattenzeiten?
Romy – Natürlich gibt es die.
Nicht immer ist alles wunderbar
oder das Gelbe vom Ei. Vor allem
als Nischenverlag, der sich auf
LGBTI + -Literatur konzentriert,
war und ist es oft schwierig. Zu
Beginn kamen auch viele Anfeindungen
– von den unterschiedlichsten
Seiten. Da gab es anonyme
Nachrichten mit Bibelzitaten,
in denen ich persönlich bis
hin zu allen Mitwirkenden des
Verlags in die Hölle verbannt
wurde. Es gab Negativkritik,
schlechte, bewusst geschriebene
Rezensionen, öffentliche Bloßstellungen
im Internet bis hin zu
Aussagen wie „Würde Hitler
noch leben …“ In den seltensten
Fällen hat es mich wirklich betroffen
gemacht, über die erwähnten
Bibelzitate, die mir jemand
über Facebook gesendet hat,
musste ich sogar lachen, weil sich
der anonyme Verfasser immer
herrlich aufregte, wenn ich mit
einem Gegenzitat aus der Bibel
antwortete. Der anonyme Schreiber
hatte sich wohl nicht genug
mit meiner Person beschäftigt,
sonst hätte er gewusst, dass ich
bibelbewandert bin, schließlich
habe ich Geschichte studiert –
und kein Geschichtestudent
kommt an der Bibel vorbei. Der
Nachrichtenwechsel endete
schließlich, in dem der anonyme
Verfasser mich in die Hölle verbannte
und ich ihm darauf antwortete:
„Macht nix, im Himmel
kenne ich ohnehin niemanden.“
Damit war das Gespräch für ihn
beendet.
Aber es gab leider auch Anfeindungen,
die mich wirklich trafen.
Dazu sollte ich erwähnen, dass
ich aus einem kleinen Dorf aus
Bezirk Liezen in der Steiermark
komme. Als die ersten Bücher im
Verlag erschienen, wurde meine
Familie deshalb mehrmals belästigt.
Ihnen wurde vorgehalten,
dass ich „Schweinekram“ verlegen
würde, bis hin zu der stummsinnigen
Unterstellung, ich würde
Pädophile unterstützen, weil
Schwule ja auf kleine Jungs stünden.
Der Höhepunkt dieser Anfeindungen
war, als Einheimische
meinem Großvater einen Sitzplatz
auf einer Holzbank verweigerten,
weil ich als seine Enkeltochter
„perverse Bücher“ verlegen würde.
Es war nicht der Kommentar
an sich, der mich traf, sondern
dass mein Großvater sich nicht
für einen Plausch zu ihnen gesellen
durfte – mich ärgerte der Ausschluss
aus der Gemeinschaft.
Mein Großvater nahm es relativ
gelassen, und dafür bewunderte
ich ihn wirklich.
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