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einstige Mehrfamilienhaus, indem sie<br />
ihre Kindheit verbrachte, wurde später<br />
von ihrem, schon dam<strong>als</strong> bekannten,<br />
Lebensgefährten <strong>Die</strong>go Rivera gekauft und<br />
künstlerisch umgestaltet. In dem Haus, das<br />
durch seine leuchtend blaue Farbe unter<br />
dem Namen Casa azul bekannt ist, sind<br />
Möbel, Dokumente und einige Werke Kahlos<br />
ausgestellt, doch allein das Gebäude mit<br />
seinem Garten ist schon ein Kunstwerk für<br />
sich.<br />
Als wir México verlassen, wird mir bewusst,<br />
welch schöne Stadt diese Metropole doch<br />
ist. Und sollte sie ein Moloch sein, ist<br />
sie zumindest ein Grüner, denn in keiner<br />
anderen Großstadt habe ich bisher so viele<br />
Parks und mit riesigen Bäumen gesäumte<br />
Alleen gesehen, wie in dieser.<br />
San Cristóbal de las Casas<br />
Um die 20stündige Fahrt in den südlichsten<br />
Bundestaat Méxicos, nach Chiapas,<br />
besonders unabhängig bestreiten zu<br />
können, entscheiden wir uns mit dem Auto<br />
zu fahren. Nun sind wir zwar nicht mehr<br />
an Busfahrzeiten gebunden, dafür aber<br />
den Wegbeschreibungen der Mexikaner<br />
hoffnungslos ausgeliefert, welche uns, sei<br />
es durch Widersprüche, Ungenauigkeiten<br />
oder vertuschtes Unwissen, zwangsläufig<br />
und komplett in die Irre führen. Weitere<br />
Schwierigkeiten, die unseren Weg<br />
pflasterten, waren die so genannten topes,<br />
das sind kleine Erhebungen im Asphalt,<br />
die eine komplette Landstraße in eine<br />
Schritttempozone verwandeln können.<br />
Leider sind sie so schlecht zu erkennen,<br />
dass man sie oft übersieht und ziemlich<br />
FernSicht<br />
unbequem darüber hinweg hopst. <strong>Die</strong><br />
Möglichkeit überall abbiegen und an allen<br />
Taco-Ständen, die nach kurzer Zeit an jeder<br />
noch so unbefahrenen Straße auftauchen,<br />
anhalten zu können, entschädigt aber diese<br />
Unannehmlichkeiten. Nach einer langen<br />
Fahrt erreichen wir San Cristóbal. Nicht nur<br />
das meteorologische Klima – tropische Hitze<br />
und manchmal regnet es sogar – ist hier<br />
anders <strong>als</strong> im nördlichen Teil Mexikos: Mit<br />
der wachsenden Anzahl der an diesem Ort<br />
lebenden Indigene hat scheinbar auch die<br />
Quote der Touristen und Rucksackreisenden<br />
zugenommen – und gleichermaßen die der<br />
Verkaufsstände, an denen es traditionellen<br />
Schmuck und Stoffe gibt. An einem von<br />
diesen entdecke ich zapatistische Rebellen<br />
in Form kleiner, handgemachter Puppen,<br />
die sogar vollständig mit Kopfkapuze und<br />
Maschinengewehr ausgerüstet sind. <strong>Die</strong>s<br />
zeugt von der wichtigen Rolle, die die ELZN,<br />
die „Zapatistische Armee zur nationalen<br />
Befreiung“, in Chiapas spielt, da sie sich für<br />
die Rechte der benachteiligten indigenen<br />
Bevölkerung einsetzt, die besonders in<br />
den Dörfern rund um San Cristóbal leben.<br />
Auch wir kriegen diesen Einsatz zu spüren,<br />
denn jedesmal, wenn wir uns einen der<br />
zahlreichen Seen oder Wasserfälle in der<br />
Gegend ansehen wollten, werden wir auf<br />
der Straße angehalten und eine Gebühr für<br />
die Weiterfahrt von uns verlangt, ungeachtet<br />
dessen, dass ein paar Meter weiter ein<br />
offizieller Eintritt zu bezahlen ist. Prägend<br />
für San Cristóbal ist sein Markt. Für die<br />
umliegenden Dörfer ist die alte Koloni<strong>als</strong>tadt<br />
ein wichtiges Handelszentrum und der<br />
große Markt rund um die Kirche Santo<br />
Domingo wird dadurch ein essenzieller<br />
Bestandteil. Hier gibt es alles von Obst und<br />
Gemüse, über Stoffe bis zu handgemachten<br />
Instrumenten.<br />
Palenque<br />
Nicht weit von der San Cristóbal befinden<br />
sich die Ruinen von Palenque. Sie bildeten<br />
einst eine bedeutende Stadt der Maya. <strong>Die</strong><br />
Bauten, die sich über 16 Quadratkilometer<br />
hinziehen, wurden um 950 nach Chr. aus<br />
ungeklärten Gründen verlassen. Bis heute<br />
sind die zu besichtigenden Tempel nur<br />
ein Bruchteil der freigelegten Gebäude,<br />
die nun nicht mehr unter dem dichten<br />
Urwald ruhen. Zusammen mit den vielen<br />
anderen Besuchern kraxeln wir unter<br />
der gleißenden Sonne die vielen, steilen<br />
Stufen der Pyramiden hinauf und wieder<br />
herunter. Dabei schnappen wir von den<br />
vorbeilaufenden Führern auf, welche<br />
Steinzusammensetzungen früher die<br />
Toiletten waren und wo die wichtigen<br />
Versammlungen abgehalten wurden. Aber<br />
auch ohne diese Informationen ist es ein<br />
beeindruckendes Erlebnis diese Bauwerke<br />
aus nächster Nähe zu sehen.<br />
Nachts liege ich unter dem Strohdach einer<br />
der zahlreichen kleinen Hütten, die hier<br />
im Urwald <strong>als</strong> Übernachtungsmöglichkeit<br />
angeboten werden und lausche den<br />
vielen ungewohnten Geräuschen. Von<br />
der pulsierenden Riesenmetropole zur<br />
verlassenen Mayastätte: Jeder dieser Orte<br />
war für sich schon eine Reise wert.<br />
Text und Bilder: Sarah Kaes<br />
FernSicht