Rahlstedter Leben Februar 2022
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Zurück ins <strong>Leben</strong><br />
Anzeige<br />
Wie zwei Pastorinnen<br />
Trauernde in Rahlstedt<br />
unterstützen.<br />
Text & Fotos: Claudia JAnssen<br />
Trauergruppe<br />
in<br />
Rahlstedt<br />
Pastorin Beate<br />
Reinhard und<br />
Pastorin Wiebke<br />
Meers vor der<br />
Trinitatiskirche<br />
Ab dem 2. März gibt es eine<br />
neue Trauergruppe in der<br />
Markus Kirchengemeinde<br />
in der Trinitatiskirche.<br />
Liebe Leserinnen und liebe Leser,<br />
einen Text über eine Trauergruppe<br />
zu schreiben, ist nichts, was ich als<br />
“leicht” empfinden würde. Deshalb möchte<br />
ich euch vorab schon einmal darum<br />
bitten, dass - sollte ich nicht die richtige<br />
Wortwahl treffen - Milde walten zu lassen.<br />
Trauer ist ein langer und sehr individueller<br />
Prozess, in dem die Betroffenen<br />
verschiedene Reaktionen und Empfindungen<br />
zeigen - das wurde mir sehr deutlich<br />
bewusst, als ich mich mit Pastorin Beate<br />
Reinhard und Pastorin Wiebke Meers in<br />
der Trinitatiskirche treffe. Häufig, wenn<br />
ich versuche das Gesagte mit meinen Worten<br />
zusammenzufassen, lassen die beiden<br />
einfühlsamen Pastorinnen eine Verbesserung<br />
einfließen. Die richtigen Worte zu<br />
finden, fällt mir schwer.<br />
“Jeder Mensch trauert anders”, sagt Frau<br />
Pastorin Meers. “Seinen eigenen Weg mit<br />
der Trauer zu finden und zu gehen, findet<br />
häufig ganz im stillen Kämmerlein statt,<br />
in unserer Gesellschaft gibt es dafür wenig<br />
Raum und Verständnis. Nach einer<br />
gewissen Zeit wird erwartet, dass Mann<br />
oder Frau wieder funktioniert: „Das <strong>Leben</strong><br />
muss weitergehen, nützt ja nichts.!“<br />
„Kopf hoch, lach doch mal wieder, geh unter<br />
Leute. Du musst doch mal zurück ins<br />
<strong>Leben</strong> kommen!“ Solche oder ähnlich gut<br />
gemeinte Ratschläge müssen sich manche<br />
Trauernde anhören.<br />
Mir wird bewusst, dass wir tatsächlich<br />
heute unsere Trauernden drängen schnell<br />
wieder ins <strong>Leben</strong> zurückzukommen - egal,<br />
ob die Person den Verlust schon verarbeitet<br />
hat oder nicht. Dabei muss sich das<br />
<strong>Leben</strong> nach einem Trauerfall erst einmal<br />
wieder neu finden.<br />
„Denn wenn ein geliebter Mensch stirbt,<br />
fühlt es sich manchmal so an, als würde<br />
ein Teil von einem selbst mit sterben.<br />
Nach dem Verlust eines nahestehenden<br />
Menschens ist zunächst einmal nichts<br />
mehr, wie es war“, sagt Pastorin Meers.<br />
Denn wenn ein geliebter Mensch auf<br />
einmal nicht mehr am <strong>Leben</strong> teilnimmt,<br />
braucht es Zeit, um Gefühle und Verhältnisse<br />
neu zu ordnen. Mit ein paar Wochen<br />
ist es in der Regel nicht getan, wenn einen<br />
die Person den Großteil seines <strong>Leben</strong>s begleitet<br />
hat.<br />
“Noch vor einigen Jahrzehnten gab es<br />
ein sogenanntes Trauerjahr, in dem man<br />
sich nur schwarz kleidete. Damit gab die<br />
Gesellschaft den Trauernden die Möglichkeit<br />
in Ruhe ihren Verlust zu verarbeiten,”<br />
ergänzt die Pastorin.<br />
Um Personen, die mit einem Verlust umgehen<br />
müssen, auch heute mehr Raum zu<br />
geben, bieten Pastorin Beate Reinhard und<br />
Pastorin Wiebke Meers ab dem 2. März<br />
<strong>2022</strong> eine neue Trauergruppe an. Der Verlust<br />
sollte bereits mehr als sechs Monate<br />
her sein. “So viel Zeit sollte vergangen<br />
sein, um einen gewissen Prozess der Trauer<br />
schon in Gang gesetzt zu haben”, erklärt<br />
die Pastorin mit sanftem Blick.<br />
Die Trauergruppe schließt sich aus maximal<br />
acht Teilnehmern zusammen, die<br />
sich an zehn verschiedenen Abenden treffen.<br />
Das Angebot ist nicht offen, sondern<br />
bedarf einer Anmeldung.<br />
“Wir führen mit jedem Interessenten<br />
ein Gespräch, bevor wir eine Einladung<br />
zur Trauergruppe aussprechen. Das hat<br />
einen ganz einfachen Grund: Nicht alle<br />
Trauerfälle können wir in dieser Gruppe<br />
auffangen. Manchmal empfehlen wir den<br />
Trauernden eine andere Gruppe, in der sie<br />
besser aufgehoben sind.”<br />
Schneeglöckchen, ein<br />
erster Hoffnungsschimmer<br />
im dunklen Winter<br />
Außerdem, so erfahre ich, ist ein Trauerfall<br />
in jedem Fall eine sehr persönliche<br />
und einzigartige Erfahrung, für die es<br />
kein Patentrezept gibt. Genau deshalb ist<br />
es wichtig, dass die Interessenten sich einmal<br />
in einem persönlichen Kennenlernen<br />
mit Pastorin Reinhard besprechen.<br />
Im Gespräch mit den Pastorinnen kann<br />
ich mir sehr gut vorstellen, wie wohl und<br />
aufgefangen man sich fühlen muss, wenn<br />
man die Möglichkeit hat, hier seine Trauer<br />
mit Gleichgesinnten zu äußern. Sie strahlen<br />
beide Wärme, Verständnis, Vertrauen<br />
und viel Ruhe aus - genau das, was man<br />
als Trauernder benötigen kann.<br />
“Wichtig ist noch zu betonen, dass diese<br />
Trauergruppe ein geschützter Raum ist, in<br />
dem nichts, was miteinander geteilt wurde,<br />
den Raum verlassen sollte. „Vertrauen<br />
ist wichtig, um über den eigenen Schmerz<br />
sprechen zu können“, ergänzt Pastorin<br />
Meers.<br />
Das Angebot, dass die Pastorinnen Hinterbliebenen<br />
machen, dient dazu, den<br />
Geschichten Raum zu geben und den Personen<br />
durch das anonymisierte Umfeld<br />
hoffentlich freier und unbefangener über<br />
Gefühle sprechen zu können, die durch<br />
den Tod entstanden sind. n<br />
Wenn Sie gerne mit den Pastorinnen<br />
ein Gespräch über die Trauergruppe<br />
führen möchten, wenden Sie sich bitte<br />
per E-Mail oder telefonisch an Pastorin<br />
Reinhard:<br />
n beate.reinhard@martha-stiftung.de<br />
n 0176 723 069 64<br />
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